Beschluss vom Oberlandesgericht Naumburg (1. Zivilsenat) - 1 W 41/13

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landgerichts Magdeburg vom 30. September 2013 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Der Antragsgegner ist Zahnarzt und übernahm die komplette prothetische Versorgung von Ober- und Unterkiefer der Antragstellerin. Da die Antragstellerin Probleme mit ihrem Zahnersatz hat, vermutet sie eine fehlerhafte zahnärztliche Behandlung, zumal die Prothese nicht dem Heil- und Kostenplan des Antragsgegners entspräche. Soweit die sachverständig beratene Krankenversicherung von einer ordnungsgemäßen Versorgung der Antragstellerin ausgeht, ist die Patientin anderer Meinung.

2

Sie betreibt deshalb im selbständigen Beweisverfahren die schriftliche Begutachtung durch einen Sachverständigen. Mit Beschluss vom 30. 9. 2013 hat das Landgericht Magdeburg unter Ablehnung weiterer Beweisfragen ohne Beiziehung von Behandlungsunterlagen das Einholen eines Sachverständigengutachtens angeordnet, um zu klären, ob die Antragstellerin entsprechend den Regeln der zahnärztlichen Kunst prothetisch versorgt sei und wenn nein, mit welchem Aufwand dieses Ergebnis erzielt werde.

3

Gegen diese, ihrem Bevollmächtigten am 14.10.2013 zugestellte Entscheidung wendet sich die Antragstellerin mit der am 23. 10.2013 beim Landgericht eingegangenen sofortigen Beschwerde, der die Kammer am 18.11.2013 nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt hat.

II.

4

Die nach § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde (§ 569 Abs. 1 Sätze 1 und 2, Abs. 2 ZPO) hat in der Sache keinen Erfolg. Die Beweisanordnung des Landgerichts entspricht den gesetzlichen Vorgaben. Mehr kann in dem von der Antragstellerin eingeleiteten Verfahren nicht festgestellt werden (§§ 490 Abs. 2 Satz 1, 485 Abs. 2 Satz 1, 487 Nrn. 2 u. 3 ZPO).

5

Der Antrag ist nach § 485 Abs. 2 ZPO zulässig. Für die Besorgnis des Verlustes oder der erschwerten Benutzung eines Beweismittels ist nichts glaubhaft gemacht (§§ 485 Abs. 1, 487 Nr. 4 ZPO). Auch in Arzthaftpflichtfällen ist die schriftliche Begutachtung durch einen Sachverständigen zur Vermeidung eines Rechtsstreits möglich (BGH, Beschluss vom 24.9.2013, VI ZB 12/13 - BeckRS 2013, 17808; NJW 2003, 1741, 1742; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.1.2010, 1 W 71/09 - BeckRS 2010, 02649; OLG Koblenz NJOZ 2002, 561, 562; Senat, Beschluss vom 9.2.2001, 1 W 25/00 - zitiert in juris; OLG Stuttgart NJW 1999, 874, 875; Zöller/Herget, ZPO, 30. Aufl., § 485 Rdn. 9). Es lässt sich feststellen, ob ein Behandlungsfehler vorliegt, insbesondere ob eine fehlerhafte prothetische Versorgung auf eine standardwidrige Behandlung zurückzuführen ist (BGH a.a.O.; OLG Köln VersR 2003, 375; OLG Karlsruhe VersR 2003, 374; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl., § 485 Rdn. 24).

6

Die ausschließlich möglichen Gegenstände der sachverständigen Feststellungen ergeben sich aus § 485 Abs. 2 Satz 1 ZPO (Zöller/Herget, § 485 Rdn. 9). Beweis lässt sich über den Zustand der Antragstellerin und ihrer prothetischen Versorgung (Nr. 1), die Ursachen eines insoweit festzustellenden Mangels oder Schadens (Nr. 2) und den Beseitigungsaufwand (Nr. 3) erheben (Martis/Winkhart, Arzthaftungsrecht, 3. Aufl., Rdn. B523; Wenzel, Der Arzthaftungsprozess, Kap. 2 Rdn. 3528, 3537). Das hat das Landgericht zutreffend gesehen und dementsprechend die dahingehenden Beweisfragen nach § 490 Abs. 2 Satz 1 ZPO formuliert. Ob die Fragen 6, 9 und 10 der Antragsschrift deshalb unberücksichtigt bleiben durften, weil sie auf eine Ausforschung gerichtet sind, wie das Landgericht im Nichtabhilfe- und Vorlagebeschluss vertreten hat (vgl. hierzu bspw. OLG Oldenburg r + s 2008, 492; KG NJW-RR 20000, 468, 469; OLG Jena OLG-NL 1998, 118, 119; OLG Frankfurt a.M. NJW-RR 1995, 831), kann offen bleiben. Zumindest betreffen sie mit dem Heil- und Kostenplan, dem Verlauf des tatsächlichen Behandlungsgeschehens und dessen Vergleich mit der vom Antragsgegner der Krankenversicherung gegenüber abgegebenen Schilderung seiner Tätigkeit Gegenstände, die im selbständigen Beweisverfahren keiner Begutachtung durch einen Sachverständigen zugänglich sind (OLG Köln, Beschluss vom 23.4.2004, 5 W 51/04 - zitiert in juris).

7

Das Landgericht hat es im Übrigen auch zutreffend abgelehnt, sich die Behandlungsunterlagen vorlegen zu lassen. Eine derartige Anordnung entbehrt im selbständigen Beweisverfahren einer gesetzlichen Grundlage. Für die analoge Anwendung von § 142 ZPO oder § 422 ZPO (dafür Martis/Winkhart Rdn. B522 m.w.N.) fehlt es an einer planwidrigen Lücke. Der Urkundenbeweis ist im selbständigen Beweisverfahren ausdrücklich nicht vorgesehen.

III.

8

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

9

Anlass, nach § 574 Abs. 1 Satz Nr. 2, Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 ZPO die Rechtsbeschwerde zuzulassen, sieht der Senat nicht.


Verwandte Urteile

Keine verwandten Inhalte vorhanden.

Referenzen