Urteil vom Oberlandesgericht Naumburg (1. Zivilsenat) - 1 U 113/14
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 4. September 2014 verkündete Urteil des Landgerichts Halle abgeändert und der Beklagte verurteilt, an die Klägerin 9.847,21 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für das Jahr seit dem 18. April 2013 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
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Die Klägerin, eine im Prozess vom Aufsichtsrat vertretene Gesellschaft der Stadt S., nimmt den Beklagten auf Schadensersatz wegen der von ihm ohne Beteiligung des Aufsichtsrats oder der Gesellschafterin initiierten vorzeitigen Beendigung des seinen Dienstwagen betreffenden Leasingvertrags in Anspruch. In Abwicklung dieses Geschäftes kaufte die Klägerin das Altfahrzeug für brutto 32.933,25 EUR und verkaufte es drei Tage später für brutto 26.500,00 EUR weiter. Nach Auffassung der Klägerin habe der Beklagte damit nicht nur gegen die innergesellschaftliche Kompetenzordnung verstoßen, sondern auch die Grundsätze ordnungsgemäßer Geschäftsführung missachtet.
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Der Beklagte hat sich demgegenüber darauf berufen, seinen dienstvertraglichen Anspruch auf ein funktionsfähiges Dienstfahrzeug umgesetzt zu haben, was vor dem Hintergrund nicht mehr bestandener Gewährleistungsansprüche nur durch die vorzeitige Beendigung des Leasingverhältnisses möglich gewesen sei. Das alte Dienstfahrzeug des Beklagten habe ein nicht zu behebendes technisches Problem aufgewiesen. Beim Beschleunigen sei ein unerklärlicher Leistungsabfall aufgetreten. Der An- und Verkauf des Altfahrzeuges hätten in diesem Zusammenhang der Schadensminderung gedient, da der ... -Vertragshändler bei einem leasingvertraglichen Restwert von netto 27.675,00 EUR für das Fahrzeug nur 20.000,00 EUR angeboten habe.
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Das Landgericht ist dem Beweisangebot des Beklagten zur Fehlerhaftigkeit des Fahrzeuges und zur drohenden finanziellen Einbuße durch Vernehmung des Zeugen N. nachgegangen. Mit Urteil vom 4.9.2014 hat die Kammer für Handelssachen die Klage abgewiesen.
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Hiergegen richtet sich die Klägerin mit der Berufung unter Hinweis auf ihren vom Landgericht zum eingetretenen Schaden teilweise übergangenen Sachvortrag.
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Der Beklagte hält das Rechtsmittel bereits für unzulässig. Er verteidigt das Urteil des Landgerichts. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei das Fahrzeug reparaturbedürftig gewesen und habe zurückgegeben werden müssen. Das Landgericht habe deshalb richtig festgestellt, dass der Klägerin kein Schaden entstanden sei. Das nicht verkehrstaugliche Fahrzeug habe bei ordnungsgemäßer Erfüllung des Leasingvertrages zu einem geminderten Restwert führen müssen.
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Von einer Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen wird im Übrigen nach §§ 540 II; 313a I 1 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 1 EGZPO abgesehen.
II.
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Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache Erfolg. Das Urteil des Landgerichts beruht in seiner Schadensbetrachtung auf einer Rechtsverletzung (§ 513 I ZPO). Tatsächlich ist der Klägerin ein Vermögensschaden in Höhe von 9.847,21 EUR entstanden, für den der Beklagte nach § 43 II, I GmbHG einzustehen hat.
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1. Die Berufung ist - entgegen der Auffassung des Beklagten - in der gesetzlichen Form eingelegt worden (§§ 522 I 1; 519 II ZPO). Das angegriffene Urteil wurde in der Berufungsschrift ausreichend bezeichnet.
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Richtig ist, dass die Klägerin in der Berufungsschrift angegeben hat, sich gegen das am 4.9.2014 in der Parallelsache der Parteien verkündete Urteil mit dem Aktenzeichen 8 O 10/14 zu wenden, und erst mit dem Schriftsatz vom 29.10.2014 das Aktenzeichen der angefochtenen Entscheidung (8 O 9/14) berichtigte. Gemäß § 519 II Nr. 1 ZPO muss die Berufungsschrift das Urteil, gegen das sich das Rechtsmittel richtet, eindeutig bezeichnen. Dazu gehört auch die Angabe des zutreffenden Aktenzeichens. Diesbezügliche Fehler sind allerdings dann unschädlich, wenn der daraus folgende Identitätszweifel beseitigt werden kann, weil sich das richtige Aktenzeichen aus der gemäß § 519 III ZPO beigefügten Kopie des angefochtenen Urteils ergibt (BGH NJW 2006, 1003; Zöller/Heßler, ZPO, 30. Aufl., § 519 Rdn. 33 m.w.N.; Wulf, in: BeckOK-ZPO, Stand: 1.1.2015, § 519 Rdn. 12). Wie die Klägerin im Schriftsatz vom 29.10.2014 ausgeführt hat, war der (auch per Telefax eingereichten) Berufungsschrift eine beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils beigefügt, die das Aktenzeichen 8 O 9/14 aufwies. Im Zweifel sollte das beigefügte Urteil angefochten werden.
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2. Das Landgericht hat ausgeführt, der von der Klägerin geltend gemachte finanzielle Schaden in Höhe von 9.847,21 EUR sei nicht auf die vorzeitige Beendigung des Leasingvertrages zurückzuführen. Schaden eines vorzeitig gekündigten Leasinggeschäfts sei der Ausgleichsanspruch des Leasinggebers, zu dem die Klägerin nichts vortrage. Die Klägerin stütze sich auf die der Abwicklung der Vertragsbeendigung dienenden Kaufverträge, wohingegen eine Vergleichsrechnung anhand der eingegangenen Leasingverträge anzustellen sei. Der Ankauf des alten Fahrzeuges selbst sei nur dann ein Schaden, wenn er zu einem überhöhten Preis geschehen sei. Hierzu hätte die Klägerin den Verkehrswert des ... darlegen müssen. Gleiches gelte für den Weiterverkauf.
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Dies hält einer Nachprüfung durch das Berufungsgericht nicht stand.
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3. Zumindest war die Schadensbetrachtung des Landgerichts neu und die angefochtene Entscheidung unter Verstoß gegen Art. 103 I GG und § 139 I 2, II 1 ZPO überraschend. Auf Grund der durchgeführten Beweisaufnahme konnte die Klägerin von einer schlüssigen Klage ausgehen. Dann doch ohne Rücksicht auf das Beweisergebnis und ohne Hinweis an die Klägerin zu entscheiden, ist ein prozessualer Fehler.
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Das Landgericht übergeht Sachvortrag der Klägerin. Der aus dem Kauf und Weiterverkauf folgende Schaden bedurfte keiner weiteren Darlegung, weil zumindest eines der Geschäfte nicht dem Marktwert des Fahrzeuges entsprochen haben kann. Jede andere Sicht verstößt gegen die Gesetze der Logik und Erfahrungssätze. Zwischen dem Ankauf und dem Verkauf durch die Klägerin lagen drei Tage. In dieser Zeit tritt kein Wertverlust eines Fahrzeuges von netto 5.406,09 EUR ein. Das Fahrzeug wurde entweder zu teuer eingekauft oder zu günstig verkauft. Beides wäre am Ende mit einem Vermögensschaden der Klägerin verbunden.
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Letztlich verkennt das Landgericht bei seiner rein formalen Unterscheidung zwischen vorzeitiger Leasingvertragsbeendigung (die gerade keine Kündigung war) und den Kaufverträgen den Kern des Vorbringens der Klägerin, der zwischen den Parteien nicht einmal im Streit steht. Danach bildete das Ganze aus Sicht der vermeintlich geschädigten Klägerin einen einheitlichen Vorgang. Sogar der Beklagte hat behauptet, Ankauf und Weiterverkauf seien nur dazu gedacht gewesen, den Schaden für die Klägerin zu mindern. Nichts anderes stellt im Grunde das Landgericht fest, wenn es die Kaufverträge im Urteil als Abwicklung der Vertragsbeendigung bezeichnet. Der dann naheliegende Schluss auf einen daraus folgenden Beendigungsschaden wird fehlerhaft nur nicht gezogen.
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4. Die Klägerin wird zutreffend vom Aufsichtsrat vertreten.
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Wie seit der Vorlage der Anlage K21 unstreitig ist, hat die einzige Gesellschafterin der Klägerin die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen und die Prozessführung des Aufsichtsrats gegen den Beklagten beschlossen (vgl. § 46 Nr. 8 GmbHG i.V.m. § 14 II f) der Satzung). Dies kann sogar nachträglich geschehen. Der Aufsichtsrat vertritt die Klägerin sowieso nach § 52 I GmbHG i.V.m. § 112 1 AktG, selbst im Falle des bereits ausgeschiedenen Geschäftsführers (BGH NJW 2004, 1528; DStR 2007, 1358, 1359; NZG 2008, 104, 105; 2013, 297; OLG Brandenburg NZG 2000, 143, 144; Habersack, in: MünchKomm.-AktG, 4. Aufl., § 112 Rdn. 12 m.w.N.; Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG; 20. Aufl., § 46 Rdn. 66).
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5. Der Beklagte haftet der Klägerin auf Schadensersatz (§ 43 II GmbHG).
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a) Es kann offen bleiben, ob der Beklagten mit der Beendigung des Leasingvertrages bereits seine Kompetenzen als Geschäftsführer entgegen § 37 I GmbHG und §§ 1 I 2; 2 X; 3 seines Dienstvertrages; § 7 I 1 der Satzung überschritt. Dagegen könnte sprechen, dass auch der Leasingvertrag vom 10.12.2007 (K5) vom Beklagten abgeschlossen worden war (I/13), was sich mit § 2 I des Dienstvertrages vereinbaren ließe. Der Beklagte hat unabhängig davon mit der vorzeitigen Beendigung des Leasingvertrages gegen seine Geschäftsführerpflichten i.S.v. § 43 II, I GmbHG verstoßen. Was ein Geschäftsführer zu tun oder zu unterlassen hat, folgt insbesondere aus der Satzung der Gesellschaft und aus seinem Anstellungsvertrag. Der Beklagte hatte nach § 7 III des Anstellungsvertrages einen dienstvertraglichen Anspruch auf das Leasingfahrzeug. Ein solches Fahrzeug war angeschafft und musste nicht neu geleast werden. Schon nach der Satzung war der Beklagte gehalten, die Fahrzeugkosten in angemessenen Grenzen zu halten (§ 17 I). Dies ist eine spezielle Form der Pflicht zur Wahrung der Gesellschaftsinteressen i.S.v. § 1 IV des Anstellungsvertrages. Daraus lässt sich insgesamt das Verbot herleiten, überflüssige oder ansonsten nachteilige Dienstwagengeschäfte zu tätigen (Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, § 43 Rdn. 17). Da es sich bei der Beendigung des Altvertrages um keine durch mehrere rechtmäßige Handlungsalternativen geprägte unternehmerische Entscheidung handelte, ist das Verhalten des Beklagten voll nachprüfbar.
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Der Beklagte hatte zum Zeitpunkt der Beendigung des Leasingvertrages als Folge der Anschaffung eines neuen Leasingfahrzeuges keinen Anspruch auf den neuen Wagen. Sein dienstvertraglicher Anspruch war befriedigt. Ein neues Fahrzeug stellte im Vergleich hierzu einen besonderen Vorteil dar, den sich der Beklagte grundsätzlich nicht gewähren durfte (vgl. § 2 Nr. 10 1 des Anstellungsvertrages). Für die Gesellschaft war dies zudem mit der Restwertforderung aus dem Altvertrag verbunden, auch wenn sonst die Leasingkonditionen von Alt- und Neuvertrag nahezu identisch blieben. Der Geschäftsführer darf seine Stellung nicht zu seinen Gunsten und gegen die Interessen der Gesellschaft ausnutzen; die Pflicht ist verletzt, wenn er darauf hinwirkt, sich einen ihm nicht zustehenden Vergütungsbestandteil einzuräumen (BGH NZG 2008, 104).
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b) Bei der Prüfung der Pflichtwidrigkeit des Beklagtenhandelns ist entsprechend den Grundsätzen über die Darlegungs- und Beweislast im Geschäftsführerhaftungsprozess das zugrunde zu legen, was der Beklagte zur Rechtfertigung seiner nachteiligen Entscheidung vorbringt (BGH NZG 2008, 104, 105 m.w.N.). Insofern stellt der Beklagte auf eine Fehlerhaftigkeit des Leasinggutes ab, die zur Auflösung des Vertrages Anlass gab. Es kann offen bleiben, ob das Vorbringen des Beklagten zu den nicht behebbaren Beschleunigungsproblemen angesichts der unstreitigen Tatsache erheblich ist, dass im Hause der Klägerin weder Rechnungen über die Reparaturversuche noch ein Schriftwechsel mit dem Hersteller oder Leasinggeber aufzufinden sind, die auf einen Fahrzeugmangel hinweisen könnten. Die Beweisaufnahme des Landgerichts hat jedenfalls nach dem Inhalt der protokollierten Bekundungen des Zeugen N. das Vorbringen des Beklagten nicht bestätigt. Das kann der Senat ohne nochmalige Vernehmung des Zeugen beurteilen. Das Landgericht hat keine abweichende Beweiswürdigung vorgenommen und es kommt lediglich auf den Wortlaut der Aussage und nicht auf die Glaubwürdigkeit des Zeugen an.
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Die Aussage war schon inhaltlich nicht ergiebig, sodass der Beklagte beweisfällig blieb. Wenn die Berufungserwiderung ohne Begründung vom Gegenteil ausgeht, vermag der Senat nicht nachzuvollziehen, woraus sich diese Sicht des Beweisergebnisses rechtfertigt. Der Zeuge N. hat zwar eingangs seiner Bekundungen technische Probleme am Fahrzeug bestätigt. Zu deren Art und Reichweite konnte er aber ebenso wenig sagen, wie zu deren Einfluss auf die vorzeitige Beendigung des Leasingvertrages.
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c) Dieses Beweisergebnis deckt sich mit den Zweifeln, die angesichts des Sachvortrages des Beklagten in Bezug auf den behaupteten Fahrzeugfehler angebracht sind. Selbst wenn ein Mangel vorgelegen haben sollte, ließen sich weitere Pflichtverletzungen des Beklagten feststellen.
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Der Beklagte bezeichnet das Fahrzeug teils als reparaturbedürftig, an anderer Stelle wieder als verkehrsuntauglich. Geht es nur um einen Leistungsabfall beim Beschleunigen, beeinträchtigt das die Verkehrstauglichkeit zunächst einmal nicht. Schließlich ist der Beklagte vom Zeitpunkt der Erstbewertung des Fahrzeuges am 29.1.2010 (so die vom Zeugen N. übergebene Gebrauchtfahrzeugbewertung - I/153) noch bis Ende Juli 2010 mit dem Fahrzeug gefahren. Anschließend wurde das Fahrzeug ohne Hinweis auf Mängel weiterverkauft und zwar zu einem höheren Preis, als ihn die Fahrzeugbewertung des Autohauses L. ergeben hatte. In dieser Fahrzeugbewertung spielten nach den Bekundungen des Zeugen N. technische Probleme keine Rolle. Es ist danach nicht nachzuvollziehen, wie ein verkehrsuntaugliches Fahrzeug bei einem Weiterverkauf einen höheren Betrag erzielt haben soll. Dieser Widerspruch lässt sich nur dadurch auflösen, dass es keine technischen Probleme gab, denn die Erwerberin hat ersichtlich keine Mangelansprüche gegen die Klägerin geltend gemacht.
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War das Fahrzeug nur reparaturbedürftig, hätte der Beklagte es in die Werkstatt bringen müssen. Wie bereits dargestellt, liegen der Klägerin keine darauf hindeutenden Belege vor. Auch der Zeuge hat trotz Aufforderung durch das Landgericht keine Reparaturrechnungen mitbringen können (Seite 2 des Protokolls vom 14.7.2014). Soweit der Beklagte in der mündlichen Verhandlung wohl zwei Rechnungen vorgelegt hat, ist nicht vorgetragen, was diese mit dem motivbildenden Fehler zu tun haben.
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Der Beklagte trägt nicht einmal vor, wann der Fehler erstmalig auftrat und was er danach unternahm. Nach der Gebrauchtfahrzeugbewertung wurde das Altfahrzeug am 6.12.2007 erstmalig zugelassen. Was sich aus der Neuwagengarantie ergab, lässt der Beklagte offen. Zumindest lief die zweijährige Gewährleistungsfrist (§ 438 I Nr. 3 BGB), auf die es wegen der leasingtypischen Abtretungskonstruktion wohl auch hier ankommt, nicht vor Dezember 2009 ab. Ende Januar 2010 ließ der Beklagte das Fahrzeug bereits bewerten, wobei die 20.000,00 EUR ermittelt wurden, die dann auch dem Rücknahmeangebot des Händlers zugrunde lagen. Das Fahrzeug soll mit Blick auf das streitgegenständliche Geschäft bewertet worden sein. Dann war also der Fehler schon zuvor aufgetreten. Geht man davon aus, dass der Beklagte einen nicht behebbaren Mangel geltend macht, wären mehrere erfolglose Reparaturversuche zu vermuten. Soll sich der Mangel außerhalb der Gewährleistungsfrist gezeigt haben, kämen nach alledem dafür nur Teile des Monats Dezember 2009 und der Januar 2010 in Betracht. Stellt sich bei einem Leasingvertrag mit einer Herstellerleasinggesellschaft so kurz nach Ablauf der Gewährleistungsfrist ein derart gravierender Mangel heraus, wie ihn der Beklagte behauptet, liegt eine Kulanzregelung nicht fern. Diese nicht angestrebt zu haben, wäre ein Pflichtverstoß des Beklagten. Nach dem unstreitigen Verlauf hat sich VW nicht kulant gezeigt, was nicht verständlich ist und ebenfalls entschieden gegen das Vorbringen des Beklagten spricht.
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Letztlich beantwortet der Beklagte die Frage nicht, wieso es ihm, der am 31.12.2010 planmäßig ausscheiden sollte und zumindest bis Juli 2010 das angeblich mangelhafte Fahrzeug noch fahren konnte, nicht möglich gewesen sein soll, die Nutzung des Altfahrzeuges bis zum Ende des Jahres fortzusetzen. Auch diese Beschränkung wäre zur Abwendung von Nachteilen für die Gesellschaft zu verlangen gewesen.
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d) Anhaltspunkte für fehlendes Verschulden des Beklagten gibt es nicht. Hätte der Beklagte die einem ordentlichen Geschäftsmann möglichen Überlegungen angestellt und sich den Interessen der Klägerin verpflichtet gesehen (vgl. § 43 I GmbHG), wäre ihm das Unterlassen des nachteiligen Geschäfts möglich gewesen.
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6. Dass sich die Aufhebung des Leasingvertrages nachteilig auf die finanzielle Situation der Klägerin auswirkte, war in erster Instanz unstreitig. Der Beklagte meinte nur, nicht pflichtwidrig gehandelt zu haben.
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Der Schaden lässt sich wie folgt ermitteln:
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Die Klägerin musste an VW-Leasing den Ablösebetrag von brutto 32.933,25 EUR entrichten. Von diesem Betrag konnte sie nur 15,54% der Umsatzsteuer (5.258,25 EUR) als Vorsteuer geltend machen, also 817,13 EUR. Der Erwerbsaufwand entspricht damit 32.116,12 EUR. Verkauft wurde das Fahrzeug für brutto 26.500,00 EUR. Die Mehrwertsteuer hatte die Klägerin abzuführen, womit ihr zur Kompensation nur noch 22.268,91 EUR zur Verfügung standen. Die Differenz von 9.847,21 EUR ist der Schaden.
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7. Soweit der Beklagte in erster Instanz auf seine jährliche Entlastung anspielte, steht diese einem Schadensersatzanspruch nicht entgegen. Entlastung setzt Rechenschaftslegung über das Geschäft, zumindest dessen Erkennbarkeit voraus. Unstreitig hat der Beklagte den Aufsichtsrat nie über die vorzeitige Auflösung des Leasingvertrages und dessen Folgen unterrichtet.
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8. Mit der Berufungserwiderung wird in Anknüpfung an die Ausführungen des Landgerichts behauptet, der Schaden wäre angesichts des Fahrzeugzustandes auch bei Erfüllung des Leasingvertrages eingetreten.
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Dies ist zunächst neu i.S.v. § 531 II 1 ZPO. Der Beklagte trägt nicht vor, warum der Senat diesen Sachvortrag noch zu berücksichtigen hätte. In der Behauptung des Fahrzeugmangels war dieser Sachvortrag nicht enthalten. Ob ein Fehler des Fahrzeuges zu einem Anspruch des Leasinggebers bei Rückgabe führt, ist eine leasingvertragliche Frage, die in erster Instanz nachlässigerweise nicht thematisiert wurde.
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Da der Beklagte aber selbst in zweiter Instanz dazu nichts vorträgt, ist sein Einwand auch nicht erheblich. Aus der Anlage K5 ergeben sich zudem Hinweise auf die Folgen von Gebrauchsspuren und Schäden bei der Fahrzeugrückgabe. Daraus ist nicht ersichtlich, dass ein technisch bedingter Leistungsverlust den Leasingnehmer belastet.
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Der Beklagte hat indes, wie oben dargestellt, schon den Mangel des Fahrzeuges nicht bewiesen. Mit der Behauptung, die Klägerin hätte den Schaden bei ordnungsgemäßer Rückgabe des Dienstfahrzeuges angesichts des Leistungsverlustes beim Beschleunigen ebenso erlitten, stützt sich der Beklagte auf ein pflichtgemäßes Alternativverhalten, für dessen Folgen er die Darlegungs- und Beweislast trägt (BGH NZG 2008, 104, 105 m.w.N.; Palandt/ Grüneberg, vor § 249 Rdn. 66). Das ist weder neu noch überraschend und musste deshalb nicht zu einem Hinweis und einem Schriftsatznachlass für den Beklagten führen.
III.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 I 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10; 713 ZPO.
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Die Revision lässt der Senat nicht zu. Die Sache wirft keine entscheidungserheblichen Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung auf und weder die Fortbildung des Rechts noch die Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung verlangen nach einer Entscheidung des Revisionsgerichts (vgl. § 543 II 1 ZPO).
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