I.
Bei dem Landgericht Regensburg ist seit 2017 ein Rechtsstreit anhängig, der die Zahlung rückständiger und zukünftiger Leistungen aus einer zwischen den Parteien bestehenden Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung zum Gegenstand hat.
Am 24.01.2018 hat das Landgericht vor mündlicher Verhandlung einen Beweisbeschluss erlassen und die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens über die vom Kläger behaupteten Erkrankungen und deren Auswirkungen auf die berufliche Tätigkeit des Klägers angeordnet. Als Sachverständiger wurde der Arzt Dr. D. beauftragt (Bl. 31 ff. d.A.). Dieser Sachverständige erstattete am 24.04.2018 ein erstes fachorthopädisches Gutachten (Bl. 42 ff. d.A.). Eine ergänzende schriftliche Stellungnahme des Sachverständigen erfolgte am 16.07.2018 (Bl. 113 ff. d.A.).
Das Landgericht hat anschließend Zeugenbeweis über die Ausgestaltung der beruflichen Tätigkeit des Klägers erhoben (Bl. 149 ff. d.A.) und daraufhin den Sachverständigen Dr. D. erneut mit einer schriftlichen Stellungnahme beauftragt, die dieser am 04.03.2019 erstattete (Bl. 152 ff. d.A.).
Weiterhin hat das Landgericht mit Beweisbeschluss vom 16.05.2019 ein berufskundliches Gutachten in Auftrag gegeben, das die Sachverständige H. am 22.08.2019 erstattete (Bl. 187 ff. d.A.).
Ohne zunächst weiteren Beweis zu erheben, hat das Landgericht die Klage mit Endurteil vom 05.08.2020 abgewiesen (Bl. 229 ff. d.A., BeckRS 2020, 41851). Auf die Berufung des Klägers hat der Senat diese Entscheidung mit Urteil vom 22.02.2021 (8 U 2845/20, BeckRS 2021, 2223) aufgehoben und die Sache an das Landgericht zurückverwiesen.
Sodann hat das Landgericht am 29.06.2021 einen weiteren Beweisbeschluss erlassen und den Sachverständigen K. mit einer Erstattung eines berufskundlichen Gutachtens beauftragt (Bl. 265/266 d.A.). Das Beweisthema wurde mit Beschluss vom 07.07.2021 erweitert (Bl. 269 d.A.).
Der Sachverständige K. teilte mit Schreiben vom 25.08.2021 gegenüber dem Landgericht mit, dass er bis Ende Juni 2020 Mitglied der Geschäftsleitung der R. GmbH gewesen sei. Dieses Unternehmen habe berufskundliche Recherchen für verschiedene Versicherungsgesellschaften durchgeführt. Es sei auch in der vorliegenden Sache im Auftrag der Beklagten eingebunden gewesen. Er selbst - der Sachverständige K. - sei nicht in die Bearbeitung involviert gewesen und habe jetzt erstmals Kenntnis von dem Sachverhalt erlangt (Bl. 273 d.A.).
Daraufhin lehnte der Kläger den Sachverständigen K. unter Bezugnahme auf §§ 406, 41 Nr. 1 ZPO und wegen Besorgnis der Befangenheit ab (Bl. 274/275 d.A.). Die Beklagte hat hierzu mit Schriftsatz vom 13.09.2021 Stellung genommen (Bl. 276 ff. d.A.).
Das Landgericht hat den Ablehnungsantrag des Klägers mit Beschluss vom 15.09.2021 für unbegründet erklärt (Bl. 279 ff. d.A.). Gegen diesen formlos übermittelten Beschluss hat der Kläger mit einem am 30.09.2021 eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde erhoben (Bl. 284/285 d.A.).
Diesem Rechtsmittel hat das Landgericht mit Beschluss vom 30.09.2021 nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht Nürnberg zur Entscheidung vorgelegt (Bl. 286/287 d.A.).
II.
1. Die sofortige Beschwerde des Klägers ist statthaft gemäß §§ 406 Abs. 5, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Sie wurde darüber hinaus form- und fristgerecht eingelegt (§ 569 Abs. 1 und 2 ZPO). Über das Rechtsmittel entscheidet der Senat durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter (§ 568 Satz 1 ZPO).
2. In der Sache hat die sofortige Beschwerde keinen Erfolg. Das Landgericht hat das gegen den Sachverständigen K. gerichtete Ablehnungsgesuch zu Recht für unbegründet erklärt. Ein Ablehnungsgrund gemäß §§ 406 Abs. 1 Satz 1, 42 Abs. 1 ZPO liegt nicht vor.
a) Der Sachverständige steht zu keiner der beiden Parteien im Verhältnis einer regresspflichtigen Person (§§ 406 Abs. 1 Satz 1, 41 Nr. 1 Alt. 2 ZPO). Zwar war der Sachverständige K. bis zum 30.06.2020 einer der Geschäftsführer der R. GmbH und dieses Unternehmen ist im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Versicherungsfall für die Beklagte tätig gewesen. Aus diesem Umstand vermag sich jedoch allenfalls eine Regresspflicht der R. GmbH - einer juristischen Person (§ 13 Abs. 1 GmbHG) - gegenüber der Beklagten ergeben. Für etwaige gegenüber den Gläubigern der GmbH bestehende Verbindlichkeiten haftet grundsätzlich nur die Gesellschaft mit ihrem Vermögen (§ 13 Abs. 2 GmbHG; Grundsatz der Haftungskonzentration). Eine persönliche Haftung der (ehemaligen) Geschäftsführer gegenüber solchen Gläubigern kommt nur in besonders zu begründenden Ausnahmefällen in Betracht (vgl. hierzu etwa BeckOK-GmbHG/ Ziemons, § 43 Rn. 412 ff. [Stand: 01.08.2021]). Eine solche Konstellation ist hier jedoch nicht ersichtlich, zumal der Sachverständige K. während seiner Tätigkeit als Geschäftsführer mit dem streitgegenständlichen Versicherungsfall nicht befasst war und demnach keinerlei Entscheidungen zu treffen hatte.
Es fehlt somit an der erforderlichen unmittelbaren Beziehung zum Streitgegenstand (vgl. hierzu Musielak/Voit/Heinrich, ZPO, 18. Aufl., § 41 Rn. 8 m.w.N.). Einer weiter ausdehnenden Auslegung ist der Begriff des „Regresspflichtigen“ wegen des erschöpfenden Charakters der Ausschlussvorschriften von § 41 ZPO nicht zugänglich (vgl. BGH, Urteil vom 04.12.1989 - RiZ 5/89, NJW 1991, 425 m.w.N.).
b) Es liegen auch keine Gründe vor, aus denen sich eine Besorgnis der Befangenheit gegen den Sachverständigen ergibt (§§ 406 Abs. 1 Satz 1, 42 Abs. 2 ZPO). Die im Juni 2020 beendete Tätigkeit des Sachverständigen bei der R. GmbH ist aus Sicht einer vernünftigen Partei für sich allein nicht geeignet, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Sachverständigen zu rechtfertigen.
aa) Zwar können enge geschäftliche Kontakte des Sachverständigen zu einer Partei oder ein eigenes - und sei es auch nur mittelbares - wirtschaftliches Interesse am Ausgang des Rechtsstreits Anlass zu der Befürchtung geben, der Sachverständige stehe der Sache nicht unvoreingenommen gegenüber (vgl. etwa OLG München, MDR 1998, 858). Ob dies anzunehmen ist, entzieht sich aber einer schematischen Betrachtungsweise und kann nur aufgrund der Umstände des jeweiligen Einzelfalls entschieden werden (vgl. BGH, Beschluss vom 06.06.2019 - III ZB 98/18, NJW 2020, 691 Rn. 21; Jäckel, Das Beweisrecht der ZPO, 3. Aufl., Rn. 576).
bb) Im Streitfall die Frage zu verneinen:
Der Sachverständige selbst ist in der vorliegenden Sache noch nicht für den beklagten Versicherer tätig gewesen und er hat insbesondere noch nicht zu der nunmehr klärungsbedürftigen Beweisfrage Stellung genommen oder sich in anderer Weise festgelegt. Es steht daher nicht die Befürchtung im Raum, der Sachverständige werde nicht geneigt sein, bei der gerichtlich angeordneten Begutachtung von einer früheren Stellungnahme abzuweichen oder sich gar in Widerspruch zu dieser zu setzen.
Darüber hinaus hat der Sachverständige seine Tätigkeit als (Mit-)Geschäftsführer der R. GmbH zum 30.06.2020 beendet. Es kann ausgeschlossen werden, dass gegenwärtig oder im weiteren Verlauf des Rechtsstreits eine wirtschaftliche Abhängigkeit des Sachverständigen von der Beklagten bestehen wird (vgl. OLG Rostock, OLGR 2002, 79; OLG Düsseldorf, BeckRS 2014, 9329).
Dass der Sachverständige gleichwohl einseitig Rücksichtnahme auf den Auftraggeber seines früheren Arbeitgebers nehmen könnte, ist nur bei Hinzutreten weiterer, die Unvoreingenommenheit des Sachverständigen in Frage stellender Umstände zu befürchten. Solche sind hier aber weder glaubhaft gemacht noch ersichtlich. Dies gilt namentlich für das vom Kläger geltend gemachte „besondere Näheverhältnis“ des Sachverständigen zur Versicherungswirtschaft. Es ist nicht außergewöhnlich, dass gerade qualifizierte berufskundliche Sachverständige für Versicherungsunternehmen im Bereich der Berufsunfähigkeitsversicherung tätig werden. Man würde diese Sachverständige disqualifizieren, wenn man ihnen als gerichtliche Sachverständige in Rechtsstreitigkeiten, in denen ein Versicherungsunternehmen Partei ist, generell mit Misstrauen gegen ihre Unparteilichkeit begegnete (vgl. OLG Celle, NJW-RR 2003, 135; OLG Koblenz, NJW-RR 1992, 1470, 1471). Der vorliegende Fall gebietet keine andere Sichtweise.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
4. Eine Festsetzung des Streitwertes ist nicht veranlasst, weil für die Gerichtskosten eine wertunabhängige Festgebühr erhoben wird (Nr. 1812 KV GKG). Für die anwaltliche Tätigkeit im Beschwerdeverfahren ist der volle Wert der Hauptsache maßgebend (vgl. OLG Frankfurt, OLGR 2009, 574, 575).
5. Gründe für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor (§ 574 Abs. 2 und 3 ZPO).