Beschluss vom Oberlandesgericht Rostock (Vergabesenat) - 17 Verg 6/20
Tenor
1. Der Beschluss des Senats vom 11.01.2021 über die vorläufige Verlängerung der aufschiebenden Wirkung wird aufgehoben.
2. Der Antrag der Antragstellerin auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
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Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist ein Nachprüfungsantrag im Zusammenhang mit der Ausschreibung von Planungsleistungen für die Erschließung im Rahmen des Bebauungsplans Nr. ... – „...“ – der Antragsgegnerin, einer amtsfreien Gemeinde im Einzugsgebiet von ... Sowohl die Antragstellerin als auch der Beigeladene betreiben ein Architekturbüro.
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Auf dem planungsgegenständlichen Areal soll unter anderem ein Verteilungszentrum eines großen Versandhandelsunternehmens entstehen. Im Rahmen der Erschließung spielen unter anderem Fragen der Ferngasversorgung bzw. einer Ferngasleitung sowie der Niederschlagsentwässerung eine Rolle. Der insofern „vorbefasste“ Beigeladene hat die Leistungen der HOAI-Leistungsphasen 1 und 2 im Wesentlichen erbracht. Gegenstand des hier streitbegriffenen Folgeauftrags sind im Kern Leistungen der Leistungsphasen 3 bis 9, bezogen auf dasselbe Vorhaben, daneben in Teilen auch unerledigte Aspekte der Leistungsphasen 1 und 2.
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Die Antragsgegnerin hat das Vorhaben im Jahr 2019 europaweit zur Ausschreibung gebracht. Auf die Vergabebekanntmachung aus der Anlage BF 2 (Band I Blatt 44 ff. d.A.) wird Bezug genommen. Im Frühjahr 2020 ist daraufhin nach Eingang entsprechender Angebote im Verhandlungsverfahren eine erste Wertungsentscheidung erfolgt, die sich aus dem Prüfbericht vom 12.05.2020 (Band I Blatt 153 ff. d.A.) ergibt. Hier lag der Beigeladene auf dem ersten Platz, die Antragstellerin auf dem dritten. Gegen die beabsichtigte Beauftragung des Beigeladenen in diesem „ersten Durchgang“ hat die Antragstellerin sich vor der Vergabekammer in dem dortigen Verfahren 3 VK 2/20 erfolgreich gewehrt; mit Beschluss vom 30.07.2020 (Anlage BG 2 = Band I Blatt 163 ff. d.A.) hat die Vergabekammer der hiesigen wie dortigen Antragsgegnerin aufgegeben, die Angebotswertung unter Beachtung der Rechtsauffassung der Kammer zu wiederholen. Im Ergebnis der erneuten Angebotswertung, für die auf den Prüfbericht vom 10.09.2020 (Band II Blatt 3 ff. d.A.) Bezug genommen wird, nimmt der Beigeladene erneut den ersten Platz ein, die Antragstellerin nunmehr den zweiten Platz. Während die Antragstellerin zuvor für das Zuschlagskriterium 3.1 (“Vorstellung des Projektteams, Personaleinsatz, Personalverfügbarkeit“) drei Punkte erhalten hatte, sind ihr hierfür nun vier Punkte zuerkannt worden. Unverändert geblieben ist die Bewertung des antragstellerischen Angebots mit vier Punkten hinsichtlich des Kriteriums 1.1 (“Überlegungen/Vorstellungen zur Realisierung des Objektes und zur Berücksichtigung der Vorgaben der konkreten Örtlichkeit“) sowie fünf Punkten hinsichtlich des (Preis-) Kriteriums 5.1 (“Honorarübersicht“). Der Beigeladene hat in beiden „Durchgängen“ jeweils fünf Punkte für die Kriterien 1.1 und 3.1 erhalten; hinsichtlich des Kriteriums 5.1 hat er sich von vier Punkten auf 4,8 Punkte gesteigert.
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Der erneute Nachprüfungsantrag der Antragstellerin - 3 VK 8/20 - ist erfolglos geblieben; die Vergabekammer hat ihn mit Beschluss vom 14.12.2020 (Band I Blatt 15 ff. d.A.), auf den Bezug genommen wird, zurückgewiesen.
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Mit ihrer vorliegenden sofortigen Beschwerde vom 22.12.2020 wendet sich die Antragstellerin gegen diese Entscheidung und beantragt Verlängerung der aufschiebenden Wirkung. Mit so genanntem Hängebeschluss vom 11.01.2021 (Band II Blatt 48 / 48-Rs. d.A.) hat der Senat die aufschiebende Wirkung vorläufig verlängert.
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Die Angriffe der Antragstellerin richten sich gegen die Wertung in Bezug auf die Kriterien 1.1, 3.1 und 5.1. Für die dahingehenden Einzelheiten wird auf die Ausführungen in der Beschwerdeschrift (dort Seiten 6 ff. = Band I Blatt 8 ff. d.A.) verwiesen.
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Antragsgegnerin und Beigeladener haben sich geäußert.
II.
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Für eine – weitere – Verlängerung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 173 Abs. 1 Satz 3 GWB ist mit Rücksicht auf die in erster Linie maßgeblichen Erfolgsaussichten der sofortigen Beschwerde (§ 173 Abs. 2 Satz 4 GWB; vgl. Senat, Beschluss vom 21.01.2019 – 17 Verg 8/18 [Juris; Tz. 15]) kein Raum; die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist zwar zulässig, wird aber aus den nachfolgend ausgeführten Gründen absehbar in der Sache ohne Erfolg bleiben.
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1. Der Senat kann offenlassen, ob die Beschwerde schon deshalb erfolglos bleiben muss, weil der zum ... vollzogene Asset Deal – der dem Senat aus dem Verfahren ... bereits bekannt und in vorliegender Sache durch die Antragsgegnerin und den Beigeladenen mit Schriftsatz vom 26.01.2021 bzw. 28.01.2021 eingewandt worden ist – möglicherweise die Eignung der Antragstellerin in Zweifel zieht. Jedenfalls nämlich ist der Nachprüfungsantrag im Rahmen der Wertung auf der Zuschlagsebene zurecht zurückgewiesen worden.
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2. Bezüglich des Kriteriums 1.1 sieht der Senat keine durchgreifenden Bedenken gegen die neuerliche – im Ergebnis sowohl für die Antragstellerin als auch für den Beigeladenen unveränderte – Wertung.
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a) Dass die Antragsgegnerin im Rahmen des Prüfberichts vom 10.09.2020 (Anlage BG 3 = Band II Blatt 3 ff. d.A.) – dort in der anliegenden „Prüfliste 'Auftragsverfahren'“ (Band II Blatt 11 d.A.) – „konkrete konstruktive Vorschläge“ von Seiten der Antragstellerin vermisst, dem Beigeladenen hingegen „konkrete Ausführungen“ attestiert, stellt eine für sich betrachtet nachvollziehbare Einschätzung dar, die jedenfalls nicht die Grenzen des Beurteilungsspielraums sprengt, auf den sich der öffentliche Auftraggeber bei der Wertung stützen kann, dies insbesondere unter Berücksichtigung des Umstands, dass durch die Antragsgegnerin maßgeblich darauf abgehoben wird, dass allein der Beigeladene die Notwendigkeit zur Berücksichtigung der Ferngasleitung gesehen und gerade auch diesbezüglich sowie zum Themenkreis der Niederschlagsentwässerung „konkrete Vorschläge“ unterbreitet habe. Bei dieser Sachlage der Antragstellerin vier Punkte zuzuweisen und dem Beigeladenen fünf, erscheint nicht unschlüssig. Nicht zu beanstanden ist hierbei insbesondere, dass die Antragsgegnerin gerade dem Aspekt der Ferngasleitung besonderes Augenmerk gewidmet hat. Mit Blick auf die beabsichtigte Nutzung des Areals liegt hier ein sicherlich zentraler Punkt.
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Soweit die Antragstellerin ausführt, sie habe durchaus verschiedene konkrete Lösungsvorschläge entwickelt, ergibt sich aus den in der Beschwerdeschrift (dort Seiten 7 f. = Band I Blatt 9 f. d.A.) ausdrücklich aufgezählten Vorschlägen insgesamt nichts zur Ferngasleitung und jedenfalls nichts Konkretes zur Niederschlagsentwässerung. Mehr als das allgemein gehaltene – und sich im Grunde in einer planerischen Selbstverständlichkeit erschöpfende – Schlagwort: „Vorausschauende Dimensionierung des Abwassersystems (mehr Aussagen an dieser Stelle nicht möglich)“ findet sich zu dem Fragenkomplex der Abwasserbehandlung nicht, zumal ein spezifischer Bezug gerade zum Niederschlagswasser nicht erkennbar wird.
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b) Der Senat teilt auch nicht die Einschätzung der Antragstellerin, konkrete Lösungsvorschläge könnten im Rahmen der Angebotsabgabe nicht erwartet werden, weil damit bereits in die erst zu beauftragende Planung selbst eingetreten werde. Richtig mag sein, dass ein auf das betreffende Vorhaben zugeschnittener – individueller – Lösungsvorschlag ab einem gewissen Konkretisierungsgrad bereits mehr oder minder ausgeprägte Züge einer „Planung“ trägt. Dass ein solcher Grad hier bereits erreicht bzw. als Voraussetzung einer höheren Bepunktung erwartet worden wäre, ist aber nicht zu ersehen. Ungeachtet einer ggf. vorhandenen – letztlich wohl unvermeidbaren – Grauzone darf ein öffentlicher Auftraggeber jedenfalls darauf abstellen, ob das Angebot konkrete Lösungsvorschläge beinhaltet (die dann im Zuge der eigentlichen Planung vertieft werden).
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c) Vor diesem Hintergrund vermag auch der Einwand, nähere – konkretere – Ansätze hätten mit Rücksicht auf § 77 Abs. 2 VgV nicht erwartet werden dürfen, nicht durchzudringen. Mit Blick auf den Normzweck und in Anbetracht insbesondere auch der beispielhaften Aufzählung von „Entwürfen, Plänen, Zeichnungen, Berechnungen oder anderen Unterlagen“ sind nur solche „Lösungsvorschläge“ gesondert zu vergüten, die im Rahmen einer ordnungsgemäßen Angebotserstellung regelmäßig nicht zu erwarten sind (Voppel, in: Voppel/Osenbrück/Bubert, VgV, 04. Aufl. 2018, § 77 Rn. 9; jurisPK-Vergaberecht/Hillmann, 05. Aufl. 2016 [Stand: 01.10.2016], VgV § 77 Rn. 12, m.w.N.; vgl. – zu § 632 Abs. 2 BGB – auch OLG Nürnberg, Urteil vom 18.02.1993 – 12 U 1663/92, NJW-RR 1993, 760 = CR 1993, 553 [Juris; Tz. 71 ff.]). Davon kann nach dem zuvor Ausgeführten hier nicht ausgegangen werden. Die der Wertung zu Grunde liegende Erwartung der Antragsgegnerin war gerichtet und zugleich beschränkt auf ein möglichst konkretes vorhabenbezogenes Angebot; die Angebotsebene selbst ist damit nicht verlassen worden. Für Gegenteiliges liefern weder die Vergabevorgänge noch das Beschwerdevorbringen einen Anhaltspunkt.
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d) Es begegnet auch keinen Bedenken, dass die Antragsgegnerin in dieser konkreten sprachlichen Form erstmals in dem Prüfbericht vom 10.09.2020, also im „zweiten Anlauf“, auf „konkrete konstruktive Vorschläge“ abgehoben hat. Der Sache nach war dieser Ansatz nämlich schon von den (Unter-) Kriterien des „ersten Anlaufs“ gedeckt, so dass eine – rechtlich ggf. problematische – Kriterienveränderung nicht vorliegt. In beiden Prüfberichten – 12.05.2020 und 10.09.2020 – werden „Überlegungen/Vorstellungen zur Realisierung des Objektes und zur Berücksichtigung der Vorgaben der konkreten Örtlichkeit“ verlangt und eine Vergabe der Höchstpunktzahl u.a. von „konstruktiven Vorschlägen“ abhängig gemacht. Es war also jeweils ein auf das Vorhaben zugeschnittener – konkreter – Lösungsvorschlag gefragt. Dass nur bzw. erst der jüngere Prüfbericht die gebotene Konkretheit des Lösungsvorschlags indirekt durch die erstmalige Formulierung: „3P bei pauschalen Aussagen zur Realisierung“ nochmals hervorhebt, fällt nicht ins Gewicht. Damit ist nur – rückschließend – unterstrichen worden, was schon zuvor erkennbarer Inhalt der Kriteriengestaltung war. Darin lag der Sache nach nichts „Neues“.
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3. Hinsichtlich des Kriteriums 3.1 hat der Senat den Ausführungen der Vergabekammer (Seiten 13 ff. des angefochtenen Beschlusses = Band I Blatt 27 ff. d.A.) im Grunde nichts hinzuzufügen. Mit Rücksicht auf § 58 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 VgV durfte auf die individuelle Qualifikation des konkret mit der vorliegenden Auftragsausführung betrauten bzw. zu betrauenden Personals abgestellt werden, ohne dass dies eine unzulässige Berücksichtigung einer „Mehreignung“ auf der Zuschlagsebene (dazu allgemein Senat, Beschluss vom 12.08.2020 – 17 Verg 2/20 [Juris; Tz. 56 ff.], m.w.N.) darstellt. Dass die Referenzen, deren Beibringung die Antragstellerin ersichtlich auch weiterhin nicht herbeiführen kann oder will, nicht nachgefordert werden durften, folgt – eben weil es sich angesichts der insoweit unmissverständlichen Wertung des § 58 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 VgV trotz einer gewissen Nähe zur Eignungsprüfung letztlich um ein Zuschlagskriterium handelt – aus § 56 Abs. 3 Satz 1 VgV.
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4. Die angefochtene Entscheidung begegnet auch insoweit keinen Bedenken, als die Vergabekammer die Neubewertung des Kriteriums 5.1 – also des Preises – nach Maßgabe linearer Interpolation mit Bruchteilspunktwerten unbeanstandet gelassen hat.
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a) Als unbedenklich erweist sich insoweit zunächst, dass die (neue) Preisumrechnungsformel den Bietern nicht vorab bekannt gemacht worden ist, sondern erstmalig in dem Prüfbericht vom 10.09.2020 (Anlage BG 3 = Band II Blatt 3 ff. d.A.), dort Seite 7, kundgemacht wird, also im Rahmen des Vergabevermerks. Die Umrechnungsformel muss nämlich – was im Ausgangspunkt auch die Antragstellerin nicht in Zweifel zieht – nach zutreffender herrschender und obergerichtlich sogar einhelliger Auffassung nicht vorab bekannt gegeben werden (OLG München, Beschluss vom 21.05.2010 – Verg 2/10, VergabeR 2010, 992 = ZfBR 2010, 606 [Juris; Tz. 101 i.V.m. 121]; OLG Schleswig, Beschluss vom 02.07.2010 – 1 Verg 1/10 [Juris; Tz. 29]; Wiedemann, in: Röwekamp/Kus/Portz/Prieß, GWB-Vergaberecht, 05. Aufl. 2020, § 127 Rn. 98; vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.03.2017 – VII-Verg 39/16, VergabeR 2017, 381 = NZBau 2017, 296 [Juris; Tz. 43 f.]; a. A.: VK Sachsen, Beschluss vom 12.06.2015 – 1/SVK/016-15 [Juris; Tz. 52 f.]; VK Karlsruhe, Beschluss vom 18.10.2016 – 1 VK 41/16 [Juris; Tz. 130]). Nur für die „Zuschlagskriterien und deren Gewichtung“ ordnet § 127 Abs. 5 GWB eine Aufführung in der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen – also im Vorfeld der Angebotsabgabe – an. Von daher war es ausreichend, das Kriterium – „Preis“ – und dessen Gewichtung – „... %“ – vorab mitzuteilen, dies jedenfalls für den Fall, dass – wie hier – letztlich eine Umrechnungsformel verwendet wird, die üblich ist bzw. sich im Grunde als nächstliegend aufdrängt und mit deren Verwendung die Bieter insofern ohne Weiteres rechnen mussten (OLG München, a.a.O., Tz. 103). Allenfalls die beabsichtigte Verwendung einer nichtlinearen und deshalb aus Sicht eines durchschnittlichen Bieters nicht ohne Weiteres erwartbaren Methode – wie hier im „ersten Anlauf“ – hätte im Vorfeld kommuniziert werden müssen (OLG Schleswig, a.a.O., Tz. 29).
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Hieran ändert insbesondere der Umstand nichts, dass die Antragstellerin mittlerweile von der im „ersten Anlauf“ von Seiten der Antragsgegnerin zu Grunde gelegten anderen – nichtlinear gestuften – Umrechnungsformel, wie sie sich aus dem Prüfbericht vom 12.05.2020 (Anlage BG 1 = Band I Blatt 153 ff. d.A.), dort Seite 6, ergibt, wusste. Unabhängig von der Frage der Rechtmäßigkeit dieser ursprünglich zu Grunde gelegten – auch damals im Vorfeld der Vergabeentscheidung nicht offengelegten – Formel ergab sich aus der bloßen zwischenzeitlichen Kenntnis der Antragstellerin jedenfalls kein Vertrauensschutz des Inhalts, dass der Wechsel des Umrechnungssystems einer Vorabbekanntmachung bedurft hätte. Dass der Wechsel der Umrechnungsmethode für die Antragstellerin überraschend gewesen sein mag, begründet jedenfalls keinen selbständigen – formellrechtlichen – Mangel der zweiten Auswahlentscheidung unter dem Gesichtspunkt von Bekanntgabeobliegenheiten (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.03.2017 – VII-Verg 39/16, VergabeR 2017, 381 = NZBau 2017, 296 [Juris; Tz. 45]; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02.05.2018 – VII-Verg 3/18, VergabeR 2019, 425 = NZBau 2018, 779 [Juris; Tz. 30 i. V. m. 54 f.]).
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b) Aber auch materiell-inhaltlich begegnet es keinen Bedenken, dass die Antragsgegnerin nunmehr auf ein lineares Interpolationsmodell umgestellt hat.
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Die Antragstellerin selbst konzediert zutreffend, dass die Vergabestelle, die – wie hier – aus Anlass eines erfolgreichen ersten Nachprüfungsantrags eine erneute Angebotswertung vorzunehmen hat, bei dieser Gelegenheit auch solche Vergabefehler (mit-) korrigieren darf, die nicht Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens gewesen bzw. bislang nicht gerügt worden sind. Es spricht einiges dafür, dass die im „ersten Anlauf“ der Wertung zu Grunde gelegte Umrechnungsformel nicht hätte herangezogen werden dürfen, womit jedenfalls ein Vergabefehler vorgelegen hätte, der korrigiert worden wäre. Grundsätzlich hat nämlich die Umrechnungsformel zu gewährleisten, dass der relative Preisabstand zwischen den verschiedenen Angeboten angemessen abgebildet wird. Anderenfalls besteht die Gefahr einer den Prinzipien des § 97 Abs. 1 Satz 1 GWB zuwiderlaufenden Wettbewerbsverzerrung. Pointiert formuliert muss sich – jedenfalls von einem strengen Standpunkt aus – „jeder gesparte EURO immer gleichermaßen auswirken“ (VK Lüneburg, Beschluss vom 07.02.2014 – VgK-51/2013 [Juris; Tz. 84]), der zu vergebende Punktwert also mit dem jeweiligen konkreten Preisunterschied „linear fallen“ (VK München, Beschluss vom 16.08.2016 – Z3-3-3194-1-28-07/16 [Juris; Tz. 115]). Zumindest aber dürfen sich – will man einen weniger strengen Maßstab anlegen – keine wesentlichen Disproportionalitäten ergeben; mehr als geringfügig darf die Abweichung zwischen den konkreten Preisabständen einerseits und den darauf entfallenden Punkten andererseits jedenfalls nicht sein (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02.05.2018 – VII-Verg 3/18, VergabeR 2019, 425 = NZBau 2018, 779 [Juris; Tz. 56]; VK Karlsruhe, Beschluss vom 18.10.2016 – 1 VK 41/16 [Juris; Tz. 130]). Die vergaberechtliche Spruchpraxis hat daher wiederholt solche Umrechnungsformeln „kassiert“, die den konkreten jeweiligen Abstand zwischen den Angebotspreisen nicht – zumindest im Wesentlichen – proportional und damit unverzerrt in die Punktebewertung einfließen lassen. Der Nachprüfung nicht standgehalten haben beispielsweise Umrechnungsformeln, die auf einer festen Spreizung zwischen preisgünstigstem und teuerstem Angebot – etwa 10 / 3 oder 100 / 0 Punkte – beruhen, selbst wenn dann innerhalb dieser Spreizung ein linearer Betrachtungswinkel angelegt wird (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.04.2015 – VII-Verg 35/14, VergabeR 2015, 678 = ZfBR 2015, 596 [Juris; Tz. 81 ff.]; OLG Schleswig, Beschluss vom 02.07.2010 – 1 Verg 1/10 [Juris; Tz. 40]; VK Bund, Beschluss vom 24.10.2014 – VK 2 - 85/14 [Juris; Tz. 88 f.]; Beck’scher Vergaberechtskommentar/Opitz, 03. Aufl. 2017, GWB § 127 Rn. 130), und solche Umrechnungsformeln, die ausgehend von einem Fixpunktewert für das preisgünstigste Angebot – im konkreten Fall: 40 – für das jeweils nächst teurere Angebot unabhängig vom relativen Abstand einen statischen Punktabzug – im konkreten Fall: jeweils 8 – vornehmen (VK Lüneburg, a.a.O., Tz. 85). Ausgehend von diesen Maßstäben liegt die Einschätzung, das ursprünglich durch die Antragsgegnerin zu Grunde gelegte Umrechnungssystem verstoße gegen das Prinzip des – unverzerrten – Wettbewerbs gemäß § 97 Abs. 1 Satz 1 GWB, nicht fern. Dann aber wäre der Wechsel zur linearen Interpolation folgerichtig schon vom rechtlichen Standpunkt der Antragstellerin aus – jedenfalls dem Grunde nach – nicht zu beanstanden. Der dann noch verbleibende Einwand der Antragstellerin, es müsse eine Auf- oder Abrundung auf „glatte“ – ganze – Punktwerte erfolgen, verfängt jedenfalls nicht. Dass lineare Interpolationen auf zumindest eine oder auch zwei Nachkommastellen genau erfolgen dürfen und mit Rücksicht auf die wettbewerbliche Zielrichtung, eine möglichst proportionale Abbildung der konkreten relativen Preisunterschiede zu gewährleisten, auch sollten mit der Folge, dass sich gebrochene Punktwerte ergeben, ist in der vergaberechtlichen Spruchpraxis anerkannt (statt aller OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.03.2018 – VII-Verg 54/17, VergabeR 2019, 92 = ZfBR 2019, 74 [Juris; Tz. 61 ff.]).
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Selbst wenn man hingegen davon ausginge, die Antragsgegnerin habe sich mit der ursprünglich verwendeten Preisumrechnungsformel trotz ihrer Disproportionalität zumindest noch im Rahmen ihres nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraums (vgl. BGH, Beschluss vom 04.04.2017 – X ZB 3/17, VergabeR 2017, 460 = ZfBR 2017, 607 [Juris; Tz. 33]; Ziekow, in: Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 04. Aufl. 2020, GWB § 127 Rn. 46; BeckOK Vergaberecht/v. Bechtolsheim, 18. Edition [Stand: 30.04.2020], GWB § 127 Rn. 7d) bewegt, wäre mit der Umstellung auf eine lineare Interpolation, die nicht an das tatsächliche teuerste Angebot anknüpft, sondern – wie hier – auf ein fiktives teuerstes Angebot in Höhe des doppelten Preises des niedrigsten tatsächlichen Angebots abstellt, ein unzweifelhaft zulässiges (Standard-) Modell (OLG Celle, Beschluss vom 19.03.2015 – 13 Verg 1/15 [Juris; Tz. 108]; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.04.2015 – VII-Verg 35/14, VergabeR 2015, 678 = ZfBR 2015, 596 [Juris; Tz. 91]; OLG Schleswig, a.a.O., Tz. 30 i.V.m. 35; VK Bund, a.a.O., Tz. 90; VK Lüneburg, a.a.O., Tz. 86; Beck’scher Vergaberechtskommentar/Opitz, 03. Aufl. 2017, GWB § 127 Rn. 130) an die Stelle eines mindestens höchst zweifelhaften Berechnungsverfahrens gesetzt worden. Das läge jedenfalls im Interesse eines möglichst transparenten und unverzerrten Vergabeverfahrens. Der Senat hat zumindest eine gewisse Neigung, eine solche Beseitigung rechtlicher Zweifel im Ergebnis nicht anders zu behandeln als den Fall einer Korrektur eines unzweifelhaft feststehenden Fehlers. Ginge man hiervon aus, wäre der Wechsel des Umrechnungsmodus auch dann nicht zu beanstanden, wenn der ursprüngliche Modus – noch – zulässig gewesen sein sollte.
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c) Letztlich kommt es darauf nicht entscheidend an. Die in Rechtsprechung und Literatur vor dem Hintergrund der Manipulationsvermeidung diskutierten Einschränkungen für nachträgliche Änderungen – die im hier in Rede stehenden Verhandlungsverfahren ohnehin weniger eng ausfallen (Wiedemann, in: Röwekamp/Kus/Portz/Prieß, GWB-Vergaberecht, 05. Aufl. 2020, § 127 Rn. 93, m.w.N.) – beziehen sich, ebenso wie das Bekanntmachungserfordernis des § 127 Abs. 5 GWB, auf die Zuschlagskriterien und deren Gewichtung (Wiedemann, a.a.O., Rn. 89 ff.), nicht aber auf die Umrechnungsformel, die als Bewertungsmethode dem – eigentlichen – Wertungsakt zu Grunde liegt. An dem Kriterium „Preis“ als solchem hat sich vorliegend ebenso wenig etwas geändert wie an dessen Gewichtung mit „... %“.
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5. Im Kostenpunkt ist die Beschwerde zwar begründet. Die Antragstellerin weist zutreffend – und von Antragsgegnerin und Beigeladenem unbeanstandet – darauf hin, dass die Vergabekammer bei der hier – zulässig – erfolgten tabellengestützten Bemessung der Gebühr zu Unrecht auf die anrechenbaren Erschließungskosten abgestellt hat anstatt auf die für den vorliegenden Auftrag (Planungs-, nicht Bauleistungen!) maßgeblichen – geringeren – Planungskosten. Die Angebotssumme (vgl. § 50 Abs. 2 GKG) beträgt daher nicht (geschätzte) ... Euro, sondern (durch das Angebot der Antragstellerin konkret betragsmäßig fixierte) ... €. Die von der Vergabekammer auf ... € festgesetzte Gebühr ist daher auf ... € zu ermäßigen. Eine Verlängerung der aufschiebenden Wirkung würde aber eine zumindest partielle Erfolgsaussicht der Beschwerde in der Sache voraussetzen. Das aber ist aus den ausgeführten Gründen nicht der Fall; außerhalb des Kostenpunkts – und auch dort ist nur die Festsetzung der Gebührenhöhe betroffen – hat die Beschwerde insgesamt keinen Erfolg.
III.
- 25
Über die Kosten des vorliegenden Eilverfahrens ist erst mit der Hauptsacheentscheidung zu erkennen (Senat, Beschluss vom 21.07.2017 – 17 Verg 3/17, VergabeR 2018, 171 [Juris; Tz. 10]).
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