Beschluss vom Oberlandesgericht Rostock (Vergabesenat) - 17 Verg 2/20

Tenor

1. Unter Zurückweisung der Beschwerde des Antragstellers im Übrigen wird der Beschluss der 3. Vergabekammer bei dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit Mecklenburg-Vorpommern vom 21.02.2020 – Az.: 3 VK 11/19 – abgeändert und festgestellt, dass der Antragsteller in seinen Rechten dadurch verletzt ist, dass der Antragsgegner beabsichtigt, Bieter auf der Zuschlagsebene umso besser zu bewerten, je mehr Intensivtransporthubschrauber sie an anderen Standorten betreiben. Das streitbefangene Vergabeverfahren wird in den Stand vor Beginn der Angebotswertung zurückversetzt. Dem Antragsgegner wird bei fortbestehender Beschaffungsabsicht aufgegeben, das streitbefangene Vergabeverfahren unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats beginnend mit der Angebotswertung zu wiederholen. Dem Antragsgegner wird dabei untersagt, die Vergabe von Punkten auf der Zuschlagsebene von der Zahl der Hubschrauber abhängig zu machen, die ein Bieter an anderen Standorten betreibt, solange der Einsatz von standortexternen Hubschraubern am hier verfahrensgegenständlichen Standort im Bedarfsfall nicht gesichert ist.

2. Die Kosten der Vergabekammer tragen Antragsteller und Antragsgegner je zur Hälfte; die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich des Eilverfahrens gemäß § 173 Abs. 1 Satz 3 GWB tragen der Antragsgegner zur Hälfte und im Übrigen der Antragsteller und die Beigeladene zu 2) als Gesamtschuldner. Rechtsverfolgungskosten aus dem Verfahren vor der Vergabekammer und außergerichtliche Kosten aus dem Verfahren vor dem Senat werden nicht erstattet.

3. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu ... € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten um eine Konzessionsvergabe.

2

Der Antragsgegner – das Land Mecklenburg-Vorpommern – beabsichtigt, für das Versorgungsgebiet des Landes eine Konzession zur Durchführung von Intensivtransporten im Rettungsdienst mit einem Intensivtransporthubschrauber für die Dauer von vier Jahren zu erteilen. Er hat hierfür mit Bekanntmachung vom 31.10.2019 – VG-Vr. MV EU 4/2019 – eine entsprechende Ausschreibung veranlasst. Der Antragsteller, der aktuell bereits am Standort ... Luftintensivtransporte durchführt, bemüht sich um diese Konzession. Hintergrund der in dieser Form erstmaligen Konzessionsvergabe ist eine zum 01.05.2019 in Kraft getretene Novelle des Rettungsdienstgesetzes für Mecklenburg-Vorpommern (RDG M-V). Seit dem 01.05.2019 ist der Intensivtransport, der gemäß §§ 17 ff., 26 RDG M-V einer behördlichen Genehmigung bedarf, gesetzlich als neuer Leistungsbereich geregelt. Gegenstand des Intensivtransportes ist die arztbegleitete Verlegung von Patientinnen oder Patienten unter intensivmedizinischen Bedingungen und von Hochrisikopatientinnen oder -patienten in eine andere Behandlungseinrichtung (§ 2 Abs. 4 RDG M-V). Bei Inkrafttreten der Regelung bestehende Genehmigungen berechtigten übergangsweise bis zu deren Auslaufen auch zu Intensivtransporten. Darüber hinaus werden derzeit Intensivtransporte ohne Genehmigung geduldet.

3

Die „Anlage 2 – Eignungs- und Zuschlagskriterien“ zu den „Verfahrensbedingungen“ des Antragsgegners verweist auf Seite 12 auf die „Bewertungsmatrix (Anlage 4)“ mit den dort aufgeführten Bewertungskriterien. Dort wird zu Ziffer 5.2.2 der Leistungsbeschreibung in der Kriteriengruppe „4. Hubschraubergestellung“ für das Kriterium „Eigener Hubschrauber“ – betreffend den Primärhubschrauber – eine erreichbare Punktzahl von 50 ausgewiesen, während für die „Gestellung des Hubschraubers über Partnerunternehmen“ lediglich 30 Punkte zu erreichen sind. Eine gleichlautende Differenzierung ergibt sich unter Ziffer 5.5.2 für den Ersatzhubschrauber. Unter Ziffer 5.6.2 ist eine Staffelung der erzielbaren Punkte in Abhängigkeit von der „Anzahl der Hubschrauber im Intensivtransport, die an anderen Standorten im Intensivtransport betrieben werden“, vorgesehen. Ab fünf vorhandenen Hubschraubern an anderen Standorten sind zwei Punkte zu erreichen, ab zehn Hubschraubern vier Punkte, ab 15 Hubschraubern sechs Punkte und ab 20 Hubschraubern acht Punkte. Der Antragsgegner will mithin tendenziell solche Anbieter bevorzugen, die einerseits die vorliegend auftragsbezogenen Hubschrauber in eigener Hand betreiben, insoweit also nicht auf Partner- oder Subunternehmen zurückgreifen, und die andererseits über den vorliegend ausschreibungsgegenständlichen Standort hinaus eine möglichst große Gesamtflotte vorhalten.

4

Neben zumindest anfänglich streitig gewesenen Ausschreibungsvorgaben zum Typ der vom Konzessionsnehmer einzusetzenden Hubschrauber hat der Antragsteller sich gegen die beiden vorbezeichneten Kriterien für die Punktevergabe mit dem Argument gewandt, es liege eine unzulässige Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien vor. Die Gestaltung des Punktesystems wirke diskriminierend. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass kleineren Unternehmen die Möglichkeit offenstehe, eine Bietergemeinschaft zu bilden. Letztlich knüpfe der Antragsgegner auf der Zuschlagsebene erneut an die Eignung im Sinne des konkreten Eignungsmaßes an. Das sei vergaberechtlich unzulässig. Im Übrigen sei nicht erkennbar, dass der Ausschluss von Subunternehmern das Ausfallrisiko reduziere. Im Gegenteil sei regelmäßig davon auszugehen, dass mit den vertraglichen Druckmechanismen aus dem Subunternehmerverhältnis – insbesondere etwaigen Vertragsstrafeansprüchen – eine bessere Absicherung der Verfügbarkeit gewährleistet sei als mit den oftmals nur begrenzten arbeitsrechtlichen Einflussnahmemöglichkeiten gegenüber eigenem Personal. Auch eine Reduzierung des Ausfallrisikos durch das bloße Vorhandensein einer größeren Gesamtflotte erscheine nicht plausibel.

5

Den außergerichtlich erhobenen Rügen des Antragstellers hat der Antragsgegner – soweit hier verfahrensgegenständlich – nicht abgeholfen. Der Antragsteller hat daraufhin mit Schriftsatz vom 23.12.2019, eingegangen am 27.12.2019, einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer des Landes Mecklenburg-Vorpommern gestellt.

6

Im Verfahren vor der Vergabekammer hat der Antragsteller beantragt,

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1. den Antragsgegner zu verpflichten, es im Rahmen der Wertung der Zuschlagskriterien angemessen zu berücksichtigen, wenn ein Bieter als Primär- und Ersatzhubschrauber Maschinen einsetzt, die bei gleichzeitig größerer Reichweite über einen deutlich größeren Innenraum verfügen als die im Sinne einer Mindestanforderung definierte Innenraumgröße eines Hubschraubers des Typs Airbus H145;

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2. den Antragsgegner zu verpflichten, im Rahmen der Wertung der Zuschlagskriterien Bieter, die bezüglich des einzusetzenden Primärhubschraubers den luftfahrtrechtlichen Betrieb über einen Unterauftragnehmer durchführen, nicht gegenüber solchen Bietern zu benachteiligen, die den luftfahrtrechtlichen Betrieb im eigenen Unternehmen durchführen;

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3. den Antragsgegner zu verpflichten, im Rahmen der Wertung der Zuschlagskriterien Bieter, die bezüglich des einzusetzenden Ersatzhubschraubers den luftfahrtrechtlichen Betrieb über einen Unterauftragnehmer durchführen, nicht gegenüber solchen Bietern zu benachteiligen, die den luftfahrtrechtlichen Betrieb im eigenen Unternehmen durchführen;

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4. den Antragsgegner zu verpflichten, es im Rahmen der Wertung zu unterlassen, Bieter dahingehend zu bevorteilen, an wie vielen anderen Standorten sie weitere Hubschrauber im Intensivtransport betreiben;

11

5. die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers für notwendig zu erklären und dem Antragsgegner die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung des Antragstellers aufzuerlegen.

12

Der Antragsgegner hat beantragt,

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1. den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen;

14

2. die Kosten des Verfahrens dem Antragsteller aufzuerlegen;

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3. festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten für den Antragsgegner notwendig war.

16

Er hat den Nachprüfungsantrag teilweise – betreffend die Anforderung an den Hubschraubertyp – für unzulässig und insgesamt für unbegründet gehalten.

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Hinsichtlich der Anforderungen an den einzusetzenden Hubschraubertyp sei der Antragsteller nicht antragsbefugt, weil er insoweit nicht beschwert sei. Bereits nach eigenem Vorbringen verfüge der Antragsteller über Hubschrauber des Typs H155, also über Modelle mit einem größeren Innenraum als Hubschrauber vom Typ H145. Damit (über-) erfülle der Antragsteller die Mindestanforderungen an den Hubschraubertyp.

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Die beanstandeten Kriterien für die Punktevergabe seien nicht zu beanstanden. Es handele sich nicht um eine verkappte Rückanknüpfung an die Eignung, sondern um zulässige Eignungskriterien. In der vergaberechtlichen Rechtsprechung sei anerkannt, dass gerade im rettungsdienstlichen Bereich der Aspekt der Ausfallsicherheit ein zulässiges Zuschlagskriterium darstelle.

19

Die beiden Beigeladenen haben im Verfahren vor der Vergabekammer keinen Antrag gestellt.

20

Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Verfahren vor der Vergabekammer wird ergänzend auf die Sachverhaltsdarstellung in dem angefochtenen Beschluss der Kammer (Seiten 3 ff. = Blatt 28 ff. d.A.) Bezug genommen.

21

Mit Beschluss vom 21.02.2020 – dem Antragsteller zugestellt am 26.02.2020 – hat die Vergabekammer den Nachprüfungsantrag zurückgewiesen, dem Antragsteller die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten des Antragsgegners zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung auferlegt und die Hinzuziehung von Verfahrensbevollmächtigten durch den Antragsgegner für erforderlich erklärt.

22

Zur Begründung hat die Vergabekammer ausgeführt, der Nachprüfungsantrag sei zwar zulässig, sachlich jedoch nicht begründet. Der Antragsteller sei antragsbefugt. Er habe sein Interesse am Auftrag und einen drohenden Schaden dargelegt. Dem Antragsgegner sei es jedoch rechtlich möglich gewesen, für den Einsatz von Unterauftragnehmern eine geringere Punktezahl in der Wertungsmatrix vorzusehen und für eine möglichst große Anzahl an Hubschraubern an anderen Standorten eine höhere Punktezahl zu vergeben. Bei beiden Kriterien handele es sich um zulässige Zuschlagskriterien. Eine unzulässige Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien liege nicht vor. Es gehe um den Gesichtspunkt der Leistungs- bzw. Ausfallsicherheit und damit um anerkanntermaßen taugliche Zuschlagskriterien. Insbesondere stelle die Flottenstärke eine spezielle konzeptionelle Erwägung zur Ausfallsicherheit dar. Für die Abgrenzung zwischen Eignungs- und Zuschlagskriterien sei wesentlich, ob ein Kriterium gleichsam automatisch zum Ausschluss des Angebots führe, weil der Bieter schon im Ansatz ausscheide. Verbleibe noch ein Spielraum auf der Wertungsebene, sei regelmäßig von einem Zuschlagskriterium auszugehen. Für die Zulässigkeit des Abstellens auf eine Ausführung in eigener Regie ohne Subunternehmereinsatz spreche im Sinne eines Erstrechtschlusses, dass unter zumindest sinngemäßer Heranziehung des Grundgedankens des § 47 Abs. 5 VgV der Antragsgegner hier sogar ein Selbstausführungsgebot habe ausbringen können. Die Berücksichtigung einer Selbstausführung immerhin und zugleich auch nur auf der Ebene der konkreten Punktevergabe sei als Minus eingeschlossen. Zu den verfahrensrechtlichen Nebenentscheidungen hat die Vergabekammer ausgeführt, dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes durch den Antragsgegner notwendig gewesen sei. Hierbei sei auf die spezifischen Besonderheiten des Vergabenachprüfungsverfahrens abzustellen. Vorliegend stünden Fragen des materiellen Vergaberechts in Rede. Damit sei die Notwendigkeit zur Hinzuziehung eines Rechtsanwalts im Zweifel zu bejahen. Die Beigeladenen hätten ihre Aufwendungen jeweils selbst zu tragen, da sie sich am Verfahren weder durch eine Antragstellung noch in sonst relevanter Weise beteiligt hätten.

23

Mit seiner am 06.03.2020 eingegangenen Beschwerde verfolgt der Antragsteller seinen Nachprüfungsantrag weiter, soweit es um die Frage der Kriterieneignung geht. Dabei wiederholt und vertieft er seine bereits im Verfahren vor der Vergabekammer entwickelte Sichtweise.

24

Die von Seiten der Vergabekammer herangezogenen Maßstäbe zur Abgrenzung zwischen Eignungs- und Zuschlagskriterien fänden in der vergaberechtlichen Rechtsprechung keine Stütze. Abgesehen davon bleibe es dabei, dass weder der Ausschluss eines Subunternehmereinsatzes noch eine möglichst große Gesamtflotte die Ausfallsicherheit erhöhen würden. Der Zustand etwa der Helikopterflotte der Bundeswehr illustriere vielmehr anschaulich, dass große Flotten tendenziell auch mit größeren Ausfallproblemen verbunden seien. Der Antragsteller bezieht sich insoweit auf einen Artikel aus SPIEGEL-Online vom 18.11.2019 (Seite 16 der Beschwerdeschrift = Blatt 18 d.A.). Im Übrigen habe der Antragsgegner die Möglichkeit ungenutzt gelassen, eine größere Flottenstärke als Eignungskriterium festzulegen. Auf Zuschlagsebene komme die Flottenstärke als Anknüpfungspunkt nicht in Betracht, zumal die bloße Aufzählung von an anderen Standorten stationierten Transporthubschraubern ersichtlich keinen Bezug zu der streitbegriffenen Konzessionierung aufweise. Die Entscheidung der Vergabekammer in der Sache könne daher keinen Bestand haben.

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Unabhängig davon sei die Entscheidung der Vergabekammer aber auch in den verfahrensrechtlichen Nebenpunkten fehlerhaft. Weder lasse sich die durch die Vergabekammer festgesetzte Gebühr nachvollziehen noch habe für den mit ausreichend versiertem Personal ausgestatteten Antragsgegner eine Notwendigkeit zur Einschaltung anwaltlichen Beistandes bestanden.

26

Auf entsprechenden Eilantrag des Antragstellers hat der Senat mit Beschluss vom 28.04.2020 (Blatt 78 f. d.A.) die aufschiebende Wirkung der Beschwerde bis zum Erlass einer den Rechtszug abschließenden Entscheidung in der Sache verlängert.

27

Der Antragsteller beantragt, in der Sache wie folgt zu erkennen:

28

1. Der Beschluss der 3. Vergabekammer bei dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit Mecklenburg-Vorpommern vom 21.02.2020 wird aufgehoben.

29

2. Es wird festgestellt, dass der Antragsteller in seinen Rechten dadurch verletzt ist, dass

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a) der Antragsgegner beabsichtigt, Bieter, die mit dem Betrieb der einzusetzenden Intensivtransporthubschrauber einen vertraglich gebundenen Unterauftragnehmer beauftragen wollen, gegenüber Bietern, die den Betrieb im eigenen Unternehmen wahrnehmen wollen, auf der Zuschlagsebene zu benachteiligen und

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b) der Antragsgegner beabsichtigt, Bieter auf der Zuschlagsebene umso besser zu bewerten, je mehr Intensivtransporthubschrauber sie an anderen Standorten betreiben.

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3. Es werden geeignete Maßnahmen getroffen, um die festgestellten Rechtsverletzungen zu beseitigen.

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4. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens vor der 3. Vergabekammer bei dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit Mecklenburg-Vorpommern einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen des Antragstellers sowie die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

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5. Die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers im Verfahren vor der 3. Vergabekammer bei dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit Mecklenburg-Vorpommern wird für notwendig erklärt.

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Der Antragsgegner beantragt,

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1. die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss der Vergabekammer vom 21.02.2020 – 3 VK 11/19 – zurückzuweisen;

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2. auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich des Eilverfahrens dem Antragsteller aufzuerlegen.

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Er verteidigt den angegriffenen Beschluss der Vergabekammer, ebenfalls im Wesentlichen unter Wiederholung und Vertiefung der bereits im Verfahren vor der Vergabekammer erfolgten Ausführungen. Für die näheren Einzelheiten hierzu wird Bezug genommen auf die Schriftsätze vom 17.03.2020 (Blatt 56 ff. d.A.) und 27.03.2020 (Blatt 74 ff. d.A.) sowie den weiteren Schriftsatz vom 24.06.2020 (Blatt 105 f. d.A.), mit dem der Antragsgegner zu der vorläufigen Einschätzung des Senates aus dem Beschluss vom 28.04.2020 (Blatt 78 f. d.A.) Stellung bezogen hat.

39

Die Beigeladene zu 2) hat sich der Beschwerde des Antragstellers einschließlich der durch den Antragsteller formulierten Anträge angeschlossen. Sie vertritt den Standpunkt, der Rechtsgedanke des § 47 Abs. 5 VgV könne auf eine Konzessionsvergabe nicht übertragen werden. Die Situation unterscheide sich grundlegend von einer herkömmlichen Auftragsvergabe. Dem Konzessionsnehmer, der auf Basis der Konzession erst von dritter Seite eine Vergütung erwirtschaften müsse, komme ein durch die Vergabestelle zu wahrendes Selbstbestimmungsrecht zu. Er könne nicht deshalb benachteiligt werden, weil er dieses Recht dahingehend ausübe, sich eines Subunternehmers zu bedienen. Abgesehen davon sei Gegenstand der Vergabe vorliegend in Wahrheit eine Rahmenvereinbarung im Sinne des § 21 VgV.

40

Die Beigeladene zu 1) hat sich insgesamt nicht geäußert.

II.

41

Die insgesamt zulässige Beschwerde hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang auch in der Sache Erfolg.

42

1. Bedenken gegen die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags – soweit er zur Entscheidung durch den Senat ansteht – bestehen nicht.

43

a) Insbesondere liegt die notwendige Antragsbefugnis (§ 160 Abs. 2 Satz 1 GWB) vor. Insoweit nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss.

44

Ergänzend und klarstellend ist lediglich auszuführen, dass an die Voraussetzungen der Antragsbefugnis mit Rücksicht auf das Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG) generell keine überspannten Anforderungen zu stellen sind. Prinzipiell ist das Interesse am Auftrag als zentrale Voraussetzung der Antragsbefugnis weit auszulegen (BVerfG, Beschluss vom 29.07.2004 – 2 BvR 2248/03, NZBau 2004, 564 [565]; Möllenkamp, in: Kulartz/Kus/Portz/Prieß, GWB-Vergaberecht, 04. Aufl. 2016, § 160 Rn. 43; Dicks, in: Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 03. Aufl. 2018, GWB § 160 Rn. 8). Im Regelfall indiziert bereits das abgegebene Angebot das Interesse am Auftrag. Vor diesem Hintergrund erübrigen sich hier weitergehende Überlegungen. Der Antragsteller hat ein Angebot zwar tatsächlich erst zu einem hier nicht genau bekannten Zeitpunkt nach Einleitung des Nachprüfungsverfahrens abgegeben, nicht ausschließbar erst nach Erlass der angegriffenen Entscheidung. Unbestritten ist aber, dass der Antragsteller bereits vor Abschluss des Nachprüfungsverfahrens vor der Vergabekammer eine Angebotsabgabe beabsichtigt und die spätere tatsächliche Angebotsabgabe die Ernsthaftigkeit dieser Absicht bestätigt hat, so dass sich – etwaige – Fragen nach der Berücksichtigungsfähigkeit neuer tatsächlicher Umstände im Beschwerderechtszug hier nicht stellen.

45

b) Ob der Nachprüfungsantrag auch in Bezug auf die Vorgaben zum Hubschraubertyp zulässig gewesen ist, hat der Senat nicht zu entscheiden. Aus dem Schriftsatz des Antragstellers vom 24.01.2020 ergibt sich zwar, dass der Antragsteller im Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer an seiner diesbezüglichen Monierung hat festhalten wollen. Insbesondere ist der entsprechende Antrag zu Ziffer 1 vor der Vergabekammer bis zuletzt nicht zurückgenommen worden. Der hier angefochtene Beschluss der Vergabekammer hat sich mit diesem Themenkreis aber nicht befasst und die im Beschwerderechtszug gestellten Anträge des Antragstellers beinhalten die Thematik ebenfalls nicht mehr. Auch die Begründung der Beschwerde liefert keinen Anhaltspunkt dafür, der Antragsteller wolle weiter an dieser Monierung festhalten und sie dem Senat zur Entscheidung unterbreiten. Vor diesem Hintergrund ist diese Frage jedenfalls nicht Streit- und Entscheidungsstoff für das Verfahren vor dem Senat, ohne dass es auf die im Einzelnen streitige Frage (vgl. Möllenkamp, in: Kulartz/Kus/Portz/Prieß, GWB-Vergaberecht, 04. Aufl. 2016, § 178 Rn. 8 ff., m.w.N.) nach dem genauen Umfang einer Bindung des Senates an die Parteianträge (§§ 308 Abs. 1, 525 Satz 1, 528 ZPO analog) oder – zumindest – das materielle Parteibegehren (§ 88 VwGO analog) ankäme. Jedenfalls bei der vorliegenden Sachlage besteht keine Veranlassung, diesem Gesichtspunkt weiter nachzugehen.

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2. Der Vergabenachprüfungsantrag ist begründet, soweit er sich gegen das Bewertungskriterium der Gesamtflottenstärke richtet. Insoweit ist der Antragsteller in seinem wehrfähigen subjektiven Recht auf Einhaltung der vergaberechtlichen Vorschriften (§ 97 Abs. 6 GWB) verletzt. Ohne Erfolg bleibt die Beschwerde hingegen, soweit der Nachprüfungsantrag die Punktevergabe in Abhängigkeit vom (Nicht-) Einsatz von Subunternehmern zum Gegenstand hat.

47

a) An die Gesamtflottenstärke kann der Antragsgegner nicht in zulässiger Weise anknüpfen, ohne dass es – insoweit – darauf ankäme, ob eine unzulässige Vermischung von Eignungs- und Zuschlagsebene vorliegt. Jedenfalls nämlich ist das Kriterium der Gesamtflottenstärke in der hier ohne weitere Spezifizierung verwendeten allgemeinen Form mit den Maßgaben des § 152 Abs. 3 Satz 2 GWB unvereinbar.

48

Der Senat hat hierzu in seinem Beschluss vom 28.04.2020 ausgeführt:

49

„Der Senat gibt dem Eilantrag - über den bislang mit Beschluss vom 19.03.2020 nur vorläufig entschieden worden ist - nunmehr endgültig statt, weil die sofortige Beschwerde nach summarischer Prüfung jedenfalls teilweise Aussicht auf Erfolg hat und überwiegende Interessen des Antragsgegners bzw. der Allgemeinheit eine abweichende Entscheidung nicht gebieten (§ 173 Abs. 2 Satz 4 GWB).

50

Der Senat kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt offen lassen, ob es sich bei den beanstandeten Zuschlagskriterien - (Eigen-) Betrieb der Rettungshubschrauber ohne Subunternehmereinsatz einerseits und Gesamtflottenstärke über den hier ausschreibungsgegenständlichen Standort hinaus andererseits - um als solche dem Grunde nach zulässige Zuschlagskriterien handelt oder ob nicht vielmehr, wie der Antragsteller meint, in unzulässiger Weise auf der Zuschlagsebene an das Eignungsmaß im Sinne einer Mehreignung (rück-) angeknüpft und damit eine Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien herbeigeführt wird.

51

Das Kriterium der Gesamtflottenstärke dürfte unabhängig davon rechtlicher Nachprüfung nicht standhalten, weil es nicht mit dem Konzessionsgegenstand in Verbindung steht (§ 152 Abs. 3 Satz 2 GWB). Ausgehend von den Ausschreibungsunterlagen soll eine möglichst große Flottenstärke ohne Weiteres eine bessere Bewertung nach sich ziehen. Das lässt eine konkrete und objektiv (§ 152 Abs. 3 Satz 1 GWB) nachvollziehbare Verbindung zu den anzubietenden Leistungen am hier verfahrensgegenständlichen Standort - bzw. zu deren Qualität unter dem Gesichtspunkt der Ausfallsicherheit - nicht erkennen, womit der Antragsgegner trotz seines im Grundsatz weiten Gestaltungsspielraumes (vgl. Siegel, in: Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 03. Aufl. 2018, GWB § 152 Rn. 11 m.w.N.), den der Senat nicht verkennt, den Rahmen eines zulässigen Ausschreibungsinhalts hier überschritten haben dürfte. Nach dem Ausschreibungsinhalt kommt es nicht darauf an, dass der Bieter den Einbezug von - ggf. anderweitig vertraglich gebundenen - Hubschraubern von anderen Standorten zur Gewährleistung eines möglichst ausfallsicheren Betriebes am hier ausgeschriebenen Standort verbindlich zusichert. Auch spielt nach der Ausschreibung z. B. die Frage nach der Entfernung zwischen den Standorten keine Rolle. Damit will der Antragsgegner letztlich einen Bieter auch dann bevorzugt behandeln, wenn aus rechtlichen und / oder tatsächlichen Gründen nur eine völlig ungesicherte - abstrakte - Chance oder Hoffnung besteht, dass sich die Gesamtflottenstärke zu Gunsten des ausgeschriebenen Standortes auswirkt. Das begegnet vergaberechtlichen Bedenken. (...)“

52

An dieser Einschätzung hält der Senat fest.

53

Insbesondere beinhaltet der Schriftsatz des Antragsgegners vom 24.06.2020 insoweit nichts Durchgreifliches. Soweit dort auf eine Vertragsstrafebewehrung für den Fall fehlender Einsatzbereitschaft verwiesen wird, ändert dies nichts daran, dass auf der Grundlage der hier konkret gewählten Ausschreibungsgestaltung der Einsatz von Hubschraubern von anderen Standorten am hier ausschreibungsgegenständlichen Standort rechtlich und auch tatsächlich nicht gesichert und damit letztlich vage ist. Abgesehen davon ist bei lebensnaher Betrachtung davon auszugehen, dass analoge Vertragsstrafeabsprachen auch im Verhältnis zu den Konzessionsgebern an den anderen Standorten bestehen, womit sich der wirtschaftliche Druck, im Bedarfsfall standortübergreifend Hubschrauber einzusetzen, insofern relativiert, als auch der Abzug von Hubschraubern von anderen Standorten zu empfindlichen wirtschaftlichen Einschnitten für den Konzessionsnehmer führen kann.

54

Auch der durch den Antragsgegner in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat herangezogene Gesichtspunkt, dass letztlich bei jeder vergaberechtlich zu betrachtenden Leistung nur eine Chance vorliege, weil die Leistungserbringung nie gesichert sei, verfängt nicht. Auf die Leistungserbringung besteht infolge der Zuschlagserteilung in Verbindung mit dem Angebot des Bieters (§§ 145 ff. BGB) regelmäßig ein klagbarer vertraglicher Rechtsanspruch. Insoweit mag zwar richtig sein, dass eine ggf. im Vollstreckungswege zu erwirkende tatsächliche Erbringung der geschuldeten Leistung – nicht anders als bei der Abwicklung von Verträgen außerhalb des Anwendungsbereiches des Vergaberechts – nie gänzlich sicher erscheint. Vorliegend fehlt es nach den insoweit unzweideutigen Ausschreibungsbedingungen aber schon an einem durch die Bezuschlagung zu begründenden Rechtsanspruch auf den tatsächlichen Einsatz standortexterner Hubschrauber.

55

b) Keinen Erfolg haben kann der Nachprüfungsantrag hingegen, soweit es um die Berücksichtigung des (Nicht-) Einsatzes von Subunternehmern geht. Die durch den Antragsteller monierte Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien bzw. verkappte erneute (Mehr-) Eignungsprüfung auf der Zuschlagsebene liegt jedenfalls in Bezug auf die Punktevergabe in Abhängigkeit vom (Nicht-) Einsatz von Subunternehmern nicht vor. Auch sonst ist dieses Kriterium nicht zu beanstanden.

56

aa) Dass die Bevorzugung eines Bieters wegen einer Mehreignung auf der Zuschlagsebene auf eine Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien hinausläuft und vor diesem Hintergrund mit dem abgestuften System der jeweiligen Wertungsvorschriften – hier im Besonderen §§ 24 ff. KonzVgV – unvereinbar ist, entspricht bzw. entsprach jedenfalls bis in die jüngere Vergangenheit gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung (EuGH, Urteil vom 12.11.2009 – C-199/07, ZfBR 2010, 98 [Juris; Tz. 50 ff.]; BGH, Urteil vom 15.04.2008 – X ZR 129/06, VergabeR 2008, 641 [Juris; Tz. 11]; Horn, in: Heiermann/Zeiss/Summa, jurisPK-VergabeR, 05. Aufl. 2016 [Stand: 27.06.2019], EU VOB/A § 2 Rn. 42 m.w.N.). In jüngster Zeit lassen sich vereinzelt Tendenzen in der Rechtsprechung ausmachen, diese herkömmliche strikte Trennung von Eignungs- und Zuschlagskriterien aufzuweichen (vgl. EuGH, Urteil vom 26.03.2015 – C-601/13, VergabeR 2015, 540 [Juris; Tz. 22 ff.]; Mutschler-Siebert/Kern, in: Gabriel/Krohn/Neun, Handbuch Vergaberecht, 02. Aufl. 2017, § 32 Rn. 20 ff., m.w.N.).

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Eine unzulässige „vermischende“ Kriteriengestaltung liegt hier jedoch – selbst bei Anlegung des tradierten strengen Maßstabes – nicht vor.

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(1) Dabei muss der Senat hier letztlich insgesamt zu dem abstrakten Ansatz der Vergabekammer zur Abgrenzung von Eignungs- und Zuschlagskriterien und dessen Vereinbarkeit mit der herkömmlichen Rechtsprechung der Vergabesenate nicht Stellung beziehen. Richtig und dem Antragsteller im Ausgangspunkt zuzugeben ist jedenfalls, dass sich die Abgrenzung von Eignungs- und Zuschlagskriterien nach wohl einhelliger Auffassung in der vergaberechtlichen Rechtsprechung nach dem jeweiligen Schwerpunkt richtet. Es ist also entscheidend, ob die betreffenden Kriterien schwerpunktmäßig – „im Wesentlichen“ – mit der Beurteilung der Leistungsfähigkeit und der fachlichen Eignung der Bieter für die Ausführung des betreffenden Auftrags (§§ 122 Abs. 1, 152 Abs. 2 GWB) oder mit der Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebots zusammenhängen (OLG Celle, Beschluss vom 12.01.2012 – 13 Verg 9/11, ZfBR 2012, 394 [Juris; Tz. 23]; OLG Naumburg, Beschluss vom 12.04.2012 – 2 Verg 1/12, VergabeR 2012, 749 [Juris; Tz. 75]; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.01.2013 – VII-Verg 35/12, NZBau 2013, 329 [Juris; Tz. 37], m.w.N.; vgl. auch OLG München, Beschluss vom 10.02.2011 – Verg 24/10, VergabeR 2011, 739 [Juris; Tz. 63 f.]). Die Prüfung der Eignung dient dabei dazu, diejenigen Bieter zu ermitteln, die zur Erbringung der konkret nachgefragten Leistung nach Fachkunde und Leistungsfähigkeit generell in Betracht kommen, und die unzureichend qualifizierten Bieter auszusondern. Sie dient nicht der Ermittlung qualitativer Unterschiede zwischen den einzelnen Bewerbern. Die Wirtschaftlichkeitsprüfung bezieht sich dagegen nicht auf die konkurrierenden Unternehmen, sondern auf ihre Angebote (OLG Celle, a.a.O. [Tz. 23], m.w.N.). Wenn für die Bewertung der Leistung Maßstäbe aufgestellt werden, die nur zum Ausdruck bringen, wie sich die Eignung des Bieters auf dessen Leistungen auswirkt, handelt es sich nicht um Zuschlags-, sondern um Eignungskriterien. Wenn sie überwiegend – schwerpunktmäßig – ein Mehr oder Weniger an persönlicher Eignung des Bieters auf dessen Leistungen beziehen, sind sie unzulässig, weil es – nach herkömmlichem Verständnis – mit dem System der Wertungsvorschriften nicht zu vereinbaren ist, unterschiedliche Eignungsgrade von Bietern bei der Entscheidung über den Zuschlag zu berücksichtigen (OLG Celle, a.a.O. [Tz. 24], m.w.N.). Andererseits wird die persönliche Qualifikation – also die „Eignung“ – eines Bieters regelmäßig auch Einfluss auf die Qualität seiner Leistungen haben. Das kann aber nicht zur Folge haben, dass als Zuschlagskriterium nur der niedrigste Preis, nicht aber qualitative Gesichtspunkte in Betracht kämen. Auch ein „geeigneter“ Bieter kann schlechte oder gar völlig ungeeignete Leistungen anbieten. Solche Angebote sind, wenn sie nicht von vornherein bereits in der ersten Wertungsstufe auszuschließen sind, nach den bekannt gegebenen Zuschlagskriterien zu bewerten. Maßgeblich muss sein, ob sich die Qualitätsmerkmale, die zu Zuschlagskriterien gemacht werden, im Wesentlichen aus den im Rahmen der Eignungsprüfung getroffenen Feststellungen zu Fachkunde und Leistungsfähigkeit des Bieters ergeben oder ob für sie unabhängig davon ein Wertungsspielraum verbleibt, der den jeweiligen Leistungen unterschiedliche Qualität zumessen kann (OLG Celle, a.a.O. [Tz. 25], m.w.N.).

59

(2) Ausgehend von diesen Maßstäben trifft die Einschätzung der Vergabekammer, es handele sich bei dem beanstandeten Kriterium „Eigenbetrieb“ um ein zulässiges Zuschlagskriterium, im Ergebnis zu. Unterstellt man die – hier im Folgenden noch zu behandelnde – Prognose des Antragsgegners, der Eigenbetrieb der Hubschrauber durch den Bieter selbst ohne Subunternehmereinsatz reduziere das Ausfallrisiko, als richtig, betrifft dies jedenfalls im Schwerpunkt die „Qualität“ dessen, was der Antragsteller an Leistung anbieten kann bzw. angeboten hat. Damit ist das beanstandete Kriterium zumindest schwerpunktmäßig auftrags-, nicht bieterbezogen (allgemein zur Ausfallsicherheit als taugliches Zuschlagskriterium insbesondere bei rettungsdienstlichen Leistungen: OLG Celle, Beschluss vom 11.06.2015 – 13 Verg 4/15, VergabeR 2015, 689 [Juris; Tz. 63 / 70]; OLG Naumburg, Beschluss vom 14.03.2013 – 2 Verg 8/12, VergabeR 2013, 777 [Juris; Tz. 96]). Dass hier eine gewisse inhaltliche Nähe zur Eignungsebene bestehen mag, führt nach den oben skizzierten Grundsätzen nicht dazu, dass eine unzulässige Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien vorläge. Eine solche Vermischung wäre erst anzunehmen, wenn neben der primär auftragsbezogenen konkreten Ausstattungssituation beim jeweiligen Bieter auch die abstrakte Eignung des Bieters – etwa im Hinblick auf die generelle fachliche Qualifikation seines Personals oder die generelle wirtschaftliche oder technische Leistungsfähigkeit des Unternehmens – zum Bewertungskriterium auf der Zuschlagsebene erhoben würde. Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor.

60

bb) Der somit zutreffend als Zuschlagskriterium aufzufassende Aspekt des Eigenbetriebes ist auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Dabei hat der Senat ebenso wie die Vergabekammer das – grundsätzlich weite – Recht des Antragsgegners, den Leistungsgegenstand und dessen Eigenschaften zu bestimmen, zu respektieren. Der Senat ist von daher auf eine Plausibilitäts- bzw. Vertretbarkeitsprüfung beschränkt. Erforderlich und ausreichend ist, dass der öffentliche Auftraggeber für seine Entscheidung nachvollziehbare objektive und diskriminierungsfreie Gründe angibt (OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 01.09.2016 – 11 Verg 6/16, VergabeR 2017, 80 [Juris; Tz. 62]; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 14.09.2016 – 15 Verg 7/16 [Juris; Tz. 34]; Ziekow, in: Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 03. Aufl. 2018, GWB § 127 Rn. 6 m.w.N.).

61

Das ist hier zu bejahen:

62

(1) Dass ein Eigenbetrieb die unmittelbaren Zugriffs- und Einflussnahmemöglichkeiten des Bieters auf die konkreten Betriebsabläufe im Allgemeinen erhöht oder jedenfalls typischerweise erhöhen kann, liegt auf der Hand. Auch lässt sich nicht von der Hand weisen, dass mit der Einschaltung eines Subunternehmers jedenfalls abstrakt eine Kumulierung von Insolvenzrisiken einhergeht, die sich – potentiell – als zusätzliches Ausfallrisiko erweisen kann. Dass sich der Einsatz eines Subunternehmers hinsichtlich der Frage der Ausfallsicherheit in einzelnen Hinsichten auch neutral oder sogar umgekehrt risikoeinschränkend auswirken kann, wie der Antragsteller meint, fällt nicht ausschlaggebend ins Gewicht. Einerseits durfte und musste der Antragsgegner insoweit im Ergebnis selbst bei Zugrundelegung des vorstehenden Ansatzes eine Abwägungsentscheidung treffen, die mit Blick auf das vorstehend Ausgeführte jedenfalls nicht unvertretbar erscheint, sondern sich als sachlich zumindest nachvollziehbar erweist. Und andererseits erscheinen – unabhängig davon – die vom Antragsteller herangezogenen Argumente nur bedingt einleuchtend. Insbesondere der Einwand, die (werk-) vertraglichen Druckmechanismen im Subunternehmerverhältnis seien im Zweifel sogar stärker als die arbeitsrechtlichen Einwirkungsmöglichkeiten auf bietereigenes Personal, übersieht, dass sich insoweit nur die Personal- bzw. Personalausfallrisiken im Innenverhältnis zwischen Bieter und Subunternehmer verschieben, im Außenverhältnis gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber aber unverändert zu Buche schlagen.

63

(2) Auch eine Diskriminierung bestimmter Bieter (vgl. § 25 Abs. 2 KonzVgV) ist nicht zu erkennen. Insoweit kommt es letztlich nicht entscheidend auf die Frage an, ob und mit welchen Effekten sich der Rechtsgedanke des § 47 Abs. 5 VgV – insbesondere vor dem etwaigen Hintergrund der spezifischen Eigenheiten eines konzessionsrechtlichen Dreiecksverhältnisses und ggf. aus ihm abzuleitender spezifischer Handlungsspielräume des Konzessionsnehmers – heranziehen lässt. Unabhängig davon, ob ein öffentlicher Auftraggeber eine Selbstausführung des Auftrags durch den Bieter ohne Subunternehmereinsatz nach dem spezifischen Maßstab des § 47 Abs. 5 VgV sogar zwingend vorschreiben – und nicht lediglich besser bewerten – könnte, hat der Antragsgegner hier, wie bereits ausgeführt, für seine Bewertungsmatrix sachlich nachvollziehbare Überlegungen angestellt. Anhaltspunkte für eine Diskriminierung sind insoweit nicht zu erkennen. Auch die in der Beschwerdeschrift aufgegriffene Problematik der Bildung von Bietergemeinschaften ist letztlich nicht ausschlaggebend. Unabhängig davon, ob kleinere Betreiber über die Bildung von Bietergemeinschaften tatsächlich in ausreichendem Maße in den Stand versetzt werden, potentiell zuschlagsfähige Angebote abzugeben, liegt eine Diskriminierung schon deshalb nicht vor, weil die Möglichkeit besteht, Defizite im Bereich des hier in Rede stehenden Zuschlagskriteriums durch Qualitätsvorsprünge in anderen bewertungsrelevanten Bereichen zu kompensieren. Die Bewertungsmatrix lässt insoweit ausreichend Raum für Wettbewerb.

64

(3) Auch ergibt sich ein Vergaberechtsverstoß nicht daraus, dass der Antragsgegner die spezifisch konzessionsvergaberechtlichen Bestimmungen zum Subunternehmereinsatz missachtet hätte. Aus den insoweit einschlägigen Vorschriften – insbesondere §§ 25 Abs. 3 Satz 1, 33 Abs. 1 Satz 1 KonzVgV – ergibt sich lediglich, das Bieter im Allgemeinen auf Subunternehmer zurückgreifen können. Hiermit steht die lediglich wertende Berücksichtigung von Unterschieden zwischen selbstausführenden und unterbeauftragenden Bietern nicht in Widerspruch.

65

(4) Der Senat muss vorliegend nicht darüber befinden, ob und ggf. in welchen Grenzen eine bessere Bewertung eines die Leistungserbringung ohne Subunternehmereinsatz gewährleistenden Bieters im Allgemeinen – etwa in dem durch den Antragsteller in der mündlichen Verhandlung exemplarisch skizzierten Fall der Stellung eines Baukranes im Zusammenhang mit der Erbringung von Bauleistungen – zulässig ist. Jedenfalls im Rahmen der hier in Rede stehenden rettungsdienstlichen Leistungen kommt dem Gesichtspunkt der Ausfallsicherheit eine herausgehobene Bedeutung nicht zuletzt mit Rücksicht auf die Verpflichtung des Staates zum Schutz von Leben und Gesundheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) zu, die den vorliegend streitbegriffenen Inhalt der Bewertungsmatrix rechtfertigt.

66

c) An der vorstehenden Einschätzung ändert sich auch dann nichts, wenn man der von Beigeladenenseite vertretenen Auffassung folgen würde, es liege in Wahrheit gar keine Konzession, sondern eine Rahmenvereinbarung im Sinne des § 21 VgV vor. Bei Anwendung der dann anstelle der §§ 148 ff. GWB heranzuziehenden Vorschriften der §§ 119 ff. GWB – konkret insbesondere des § 122 Abs. 2 Satz 1 GWB sowie des mit § 152 Abs. 3 Satz 2 GWB in dem hier maßgeblichen Punkt des In-Verbindung-Stehens inhaltsgleichen § 127 Abs. 3 Satz 1 GWB – böte sich kein anderes Bild.

67

3. Erfolglos bleibt die Beschwerde auch insoweit, als sie sich unabhängig vom Erfolg oder Misserfolg des Nachprüfungsantrags gegen die verfahrensrechtlichen Nebenentscheidungen der Vergabekammer richtet.

68

a) Dabei muss der Senat infolge der nunmehr getroffenen Kostenentscheidung, bei der eine Erstattung von Rechtsanwaltskosten zwischen den Beteiligten schon im Ansatz ausscheidet, zu den Voraussetzungen des § 182 Abs. 4 Satz 4 GWB i.V.m. § 80 Abs. 2 VwVfG M-V letztlich nicht Stellung beziehen. Ob auf Seiten des Antragsgegners eine anwaltliche Vertretung notwendig war, kann daher offenbleiben.

69

b) Nicht zu beanstanden ist die Einschätzung der Vergabekammer jedenfalls hinsichtlich der Gebührenfestsetzung für das Nachprüfungsverfahren. Die Vergabekammer hat eine Gebühr in Höhe von 9.925,00 € festgesetzt (§ 182 Abs. 1 Satz 1 GWB) und sich hierbei ohne spezifische Zu- oder Abschläge an der Tabelle der Vergabekammern des Bundes orientiert. Ausgehend von dem grundsätzlich weiten gesetzlichen Ermessensrahmen für die Gebührenfestsetzung – der im Regelfall von 2.500,00 € bis 50.000,00 € reicht (§ 182 Abs. 2 GWB) – ist diese Entscheidung nicht zu beanstanden.

70

aa) Soweit der Antragsteller einwendet, die Vergabekammer habe es versäumt, darzulegen, auf welcher Berechnungsgrundlage sie zu dem von ihr zu Grunde gelegten Schätzwert gelangt sei, liefert der Antragsteller selbst keinen Anhaltspunkt für eine abweichende – geringere – Wertannahme. Aus den vom Antragsteller selbst im Rahmen der Antragsschrift vom 23.12.2019 getätigten Angaben (dort Seite 5) ergibt sich, dass der gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 1 KonzVgV maßgebliche voraussichtliche (Netto-) Gesamtumsatz jedenfalls oberhalb des Schwellenwertes von 5.548.000,00 € liegen muss. Das steht im Einklang mit der Schätzung des Konzessionswertes durch den Antragsgegner (vgl. § 2 Abs. 1 KonzVgV). Insofern ist u.a. zu verweisen auf den Vergabevorvermerk des Antragsgegners unter Ziffer 3. Bei dieser Sachlage besteht keine Veranlassung, von einem niedrigeren Konzessionswert auszugehen.

71

bb) Auch das weitere Argument des Antragstellers, die Sache sei in einem Maße einfach gelagert, dass eine angemessene Herabsetzung der aus der Gebührenstaffel ermittelten Basisgebühr geboten erscheine, überzeugt den Senat nicht. Es ist nicht zu erkennen, dass der vorliegende Nachprüfungsantrag derart deutlich aus dem Rahmen dessen fiele, was ein durchschnittlicher Nachprüfungsantrag in Bezug auf Sach- und Personalaufwand auf Seiten der Vergabekammer nach sich zieht.

72

(1) Hieran ändert insbesondere der Umstand nichts, dass der Antragsteller geltend macht, Gegenstand des vorliegenden Nachprüfungsantrags sei nicht eine drohende Zuschlagserteilung bzw. eine bereits erfolgte Beauftragung eines Konkurrenten, sondern lediglich die Überprüfung zweier untergeordneter Kriterien im Rahmen der vorgelagerten Angebotswertung. Auch hieraus lässt sich nicht ableiten, für die Vergabekammer habe sich ein deutlich aus der Art schlagender unterdurchschnittlicher Verwaltungsaufwand ergeben.

73

(2) Auch der durch den Antragsteller weiter herangezogene Gesichtspunkt, dass im vorliegenden Fall nicht die unmittelbare Vergabe eines zivilrechtlichen Auftrages in Rede stehe, sondern eine Konzession, bei der der Bieter erst nach Erteilung überhaupt die Möglichkeit erhalte, gegenüber Dritten Umsätze zu generieren, für die der Konzessionsgeber im Grunde nur einen Rahmen schaffe, lässt keinen Bezug zum Umfang des Bearbeitungsaufwandes auf Seiten der Vergabekammer als der für die Gebührenbemessung maßgeblichen Referenzgröße erkennen. Dieser Aspekt mag – bestenfalls – das Gewicht des wirtschaftlichen Interesses betreffen, das auf Seiten des auf Nachprüfung antragenden Antragstellers zu Buche schlägt. Das aber ist bzw. wäre ein Aspekt, der strukturell das gedanklich vorgelagerte Terrain der Wertfestsetzung beträfe, wäre diese nicht durch die vergaberechtliche Sondervorschrift des § 50 Abs. 2 GKG auf einen festen Prozentsatz der Bruttoauftragssumme vertypt. Für die Bestimmung der Höhe der aus einem für sich genommen bereits feststehenden Gegenstandswert zu ermittelnden Gebühr kann hierauf nicht abgestellt werden.

III.

74

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 78 Satz 1 u. 2, 175 Abs. 2 GWB, die Wertfestsetzung aus §§ 34 Abs. 1 Satz 2, 50 Abs. 2, 63 Abs. 2 Satz 1 GKG. Beide beziehen sich neben dem Beschwerdeverfahren als solchem auch auf das mit Beschluss vom 28.04.2020 abgeschlossene Eilverfahren (Senat, Beschluss vom 02.10.2019 – 17 Verg 3/19, VergabeR 2020, 180 [Juris; Tz. 84 i.V.m. Tz. 88], m.w.N.).

75

Infolge des sachlichen Teilerfolges der Beschwerde hinsichtlich einer von zwei in etwa gleichwertigen Monierungen hinsichtlich der Bewertungskriterien waren die Kosten der Vergabekammer sowie die Kosten des gerichtlichen Verfahrens vor dem Senat dem Antragsteller und dem Antragsgegner – dessen Gebühren- (§ 182 Abs. 1 Satz 2 GWB i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 2 VwKostG) bzw. Kostenfreiheit (§ 2 Abs. 1 Satz 1 GKG) im Zuge der vorliegenden Kostengrundentscheidung unberücksichtigt bleiben kann (vgl. OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 20.01.2016 – 11 Verg 8/15 [Juris; Tz. 6]; Summa, in: Heiermann/Zeiss/Summa, jurisPK-Vergaberecht, 05. Aufl. 2016 [Stand: 25.05.2020], GWB § 182 Rn. 70) – zu gleichen Teilen aufzuerlegen. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten – insbesondere solcher für die anwaltliche Vertretung der Beteiligten – findet insgesamt, auch im Verhältnis zu den Beigeladenen, nicht statt. Das entspricht einer Kostenaufhebung (§ 92 Abs. 1 ZPO bzw. § 155 Abs. 1 VwGO) und gilt sowohl für das Verfahren vor der Vergabekammer als auch für den Rechtszug vor dem Senat. Nachdem die Beigeladene zu 2) sich im Beschwerderechtszug – jedoch erst und nur hier – den Anträgen des Antragstellers angeschlossen hat, erscheint es in Anlehnung an die Wertung des § 154 Abs. 3 VwGO sachgerecht, sie gesamtschuldnerisch (vgl. § 100 Abs. 4 Satz 1 ZPO bzw. § 182 Abs. 3 Satz 2 GWB) an demjenigen – hälftigen – Anteil der Gerichtskosten für das (Sach- und Eil-) Verfahren vor dem Senat zu beteiligen, der auf die von ihr unterstützte Hauptpartei, mithin auf den Antragsteller, entfällt (vgl. Frister, in: Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 03. Aufl. 2018, GWB § 175 Rn. 26 m.w.N.).

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