Beschluss vom Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht (3. Senat für Familiensachen) - 12 UF 83/11
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Kindesvaters wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Ahrensburg vom 22. März 2011 geändert und wie folgt neu gefasst:
Der Kindesvater wird zum Verfahren hinzugezogen.
Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben; außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
Dem Kindesvater wird für das Beschwerdeverfahren ratenfreie Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt … in Hamburg bewilligt.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.000,00 € festgesetzt.
Gründe
I.
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Die Beteiligten zu 1. und 2. sind die Eltern des betroffenen Kindes X, geb. …1998, das bei der Kindesmutter lebt. Die Kindeseltern waren nie verheiratet; eine gemeinsame Sorgeerklärung wurde nicht abgegeben.
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Nachdem jahrelang kein bzw. nur ganz unregelmäßiger Kontakt zwischen X und dem Kindesvater stattgefunden hatte, beantragte der Kindesvater in den vorangegangenen Verfahren 20 F 186/09 und 20 F 245/10 vor dem Familiengericht Ahrensburg die Einräumung eines Umgangsrechtes. Nach Einholung von Sachverständigengutachten einigten die Kindeseltern sich aufgrund der darin ausgesprochenen Empfehlung dahingehend, dass vor Durchführung eines Umganges des Kindesvaters mit X für diesen zunächst eine kindertherapeutische Maßnahme und zwischen den Eltern zur Verbesserung ihres Verhältnisses eine Beratung durchgeführt werden sollte.
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Da im Laufe des Verfahrens Auffälligkeiten bei X festgestellt worden waren, leitete das Familiengericht zudem von Amts wegen ein Verfahren nach § 1666 BGB zur Überprüfung ein, ob das Kindeswohl durch die Sorgerechtsausübung seitens der Kindesmutter gefährdet sei. Der Kindesvater, der bislang an diesem Verfahren nicht beteiligt worden ist, beantragt seine Hinzuziehung gemäß § 7 FamFG.
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Das Familiengericht hat den Antrag des Kindesvaters mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen, da er durch das Verfahren nicht unmittelbar in seinen Rechten betroffen sei.
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Gegen diese Entscheidung wendet der Kindesvater sich mit seiner sofortigen Beschwerde.
II.
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Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 7 Abs. 5 Satz 2 FamFG iVm §§ 567 ff. ZPO statthaft und zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt.
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Sie hat auch in der Sache Erfolg, da der Kindesvater durch das vorliegende Verfahren, das die Prüfung des Sorgerechtsentzuges der Kindesmutter (§ 1666 BGB) zum Gegenstand hat, unmittelbar in eigenen Rechten betroffen ist (§ 7 Abs. 2 Nr. 1 FamFG), auch wenn er nicht Inhaber der elterlichen Sorge ist (vgl. auch OLG Schleswig, Beschluss vom 19.11.2010 – 12 UF 153/10, nicht veröffentlicht).
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Insoweit kann dahinstehen, ob dem Kindesvater allein aufgrund seines Elternrechtes aus Art. 6 Abs. 2 GG das Recht zusteht, die vom Familiengericht zu treffende Entscheidung, insbesondere im Falle der Ablehnung von Maßnahmen nach § 1666 BGB, durch Einlegung eines Rechtsmittels überprüfen zu lassen (abgelehnt noch durch BGH FamRZ 2009, 220; ausdrücklich offengelassen nunmehr in BGH FamRZ 2010, 1242). Jedenfalls begründen die §§ 1680 Abs. 3, Abs. 2 Satz 2 BGB – danach hat das Familiengericht dem Kindesvater im Fall des Sorgerechtsentzugs der gemäß § 1626a Abs. 2 BGB alleinsorgeberechtigten Kindesmutter die elterliche Sorge zu übertragen, wenn dies dem Wohl des Kindes dient – ein subjektives Recht des Vaters, aus dem sich auch dessen Beschwerdeberechtigung ergibt (vgl. BGH FamRZ 2010, 1242 zu § 20 FGG a.F.).
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Entgegen der Auffassung der Kindesmutter gilt dies auch vorliegend. Zwar übt der Kindesvater aufgrund einer Einigung der Kindeseltern derzeit keinen Umgang mit X aus und ist der Sachverständige Dr. Y in seinem Gutachten vom 15.07.2010 im Verfahren 20 F 245/10 zu dem Ergebnis gekommen, dass das krankheitsbedingte Zustandsbild des Kindesvaters ein Aufwachsen Xs bei ihm unmöglich mache. Dennoch schließt dies eine (Teil-)Sorgerechtsausübung des Kindesvaters für den Fall, dass der Kindesmutter das Sorgerecht oder Teile davon entzogen werden sollten, nicht von vornherein zwingend aus, da unter bestimmten Umständen auch eine Sorgerechtsausübung ohne gleichzeitige persönliche Betreuung des Kindes denkbar wäre. Jedenfalls kann eine entsprechende Prüfung, für die derzeit auch noch kein Anlass besteht, nicht in das Verfahren über die Hinzuziehung des Kindesvaters verlagert werden. Dieser ist vielmehr durch das Verfahren nach § 1666 auch als nichtsorgeberechtigter Vater stets in eigenen Rechten unmittelbar betroffen.
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Über den weiteren, noch nicht beschiedenen Antrag des Kindesvaters auf Akteneinsicht hat das Familiengericht nach § 13 Abs. 1 FamFG zu entscheiden.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 81 Abs. 1 FamFG, die Entscheidung über die Festsetzung des Gegenstandswertes aus § 45 Abs. 3 FamGKG.
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Referenzen
- FamGKG § 45 Bestimmte Kindschaftssachen 1x
- 12 UF 153/10 1x (nicht zugeordnet)
- BGB § 1666 Gerichtliche Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls 3x
- §§ 567 ff. ZPO 1x (nicht zugeordnet)
- FamFG § 81 Grundsatz der Kostenpflicht 1x
- BGB § 1626a Elterliche Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern; Sorgeerklärungen 1x
- 20 F 186/09 1x (nicht zugeordnet)
- § 20 FGG 1x (nicht zugeordnet)
- FamFG § 13 Akteneinsicht 1x
- FamFG § 7 Beteiligte 3x
- 20 F 245/10 2x (nicht zugeordnet)
- BGB § 1680 Tod eines Elternteils oder Entziehung des Sorgerechts 1x