Beschluss vom Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken - 9 WF 28/10

Tenor

Auf die Beschwerde des Verfahrensbeistands wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – in Neunkirchen vom 26. Januar 2010 teilweise dahin abgeändert, dass die dem Verfahrensbeistand Rechtsanwalt R. M. für die Wahrnehmung seiner Aufgaben aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung auf 1.100 EUR festgesetzt wird.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

I.

In der am 8. September 2009 aufgrund einer Mitteilung des beteiligten Jugendamtes gemäß §§ 8 a, 3 SGB VIII/1666 BGB vor dem Amtsgericht – Familiengericht – in Neunkirchen eingeleiteten Kindschaftssache wurde der Rechtsanwalt R. M. mit Beschluss vom 9. September 2009 zum Verfahrensbeistand der betroffenen Kinder bestellt. Dem Verfahrensbeistand waren Aufgaben nach § 158 Abs. 4 Satz 3 FamFG übertragen.

Nach Abschluss des Verfahrens hat der Verfahrensbeistand beantragt, seine Vergütung gemäß § 158 Abs. 7 FamFG auf (2 * 550 EUR =) 1.100 EUR festzusetzen.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat die Rechtspflegerin des Familiengerichts nach Abschluss des Verfahrens den dem Verfahrensbeistand für seine Tätigkeit aus der Staatskasse zu erstattenden Anspruch auf 550 EUR festgesetzt und gegen diese Entscheidung die Beschwerde zugelassen.

Gegen die teilweise Nichtfestsetzung wendet sich der Verfahrensbeistand mit seiner Beschwerde, mit der er seinen Antrag weiterverfolgt. Er vertritt die Auffassung, dass die gemäß § 158 Abs. 7 FamFG vorgesehene Fallpauschale für jedes der beiden Kinder in Ansatz kommen müsse.

Der Bezirksrevisor bei dem Landgericht in Saarbrücken bittet um Zurückweisung der Beschwerde.

Die Rechtspflegerin hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und die Sache dem Saarländischen Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die vom Gericht des ersten Rechtszuges zugelassene (§ 61 Abs. 2 FamFG) Beschwerde des Verfahrensbeistands ist auch im Übrigen zulässig (§§ 11 RPflG, 58 Abs. 1, 63 Abs. 1, 64 FamFG).

Die Beschwerde ist begründet und führt zur Abänderung des angefochtenen Beschlusses. Die dem Verfahrensbeistand aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung ist auf 1.100 EUR festzusetzen.

Gemäß § 158 Abs. 7 Satz 3 FamFG erhält der Verfahrensbeistand für die Wahrnehmung seiner Aufgaben nach § 158 Abs. 4 FamFG bei - wie hier -berufsmäßiger Führung der Verfahrensbeistandschaft in jedem Rechtszug eine einmalige Vergütung in Höhe von 350,- EUR, die sich gemäß § 158 Abs. 7 Satz 4 FamFG im Falle der Übertragung von Aufgaben nach § 158 Abs. 4 Satz 3 FamFG - wie vorliegend - auf 550,- EUR erhöht. Diese Fallpauschale ist indes nicht nur einmal, sondern für jedes der beiden Kinder gesondert anzusetzen. Der auf der Stellungnahme des Bezirksrevisors vom 23. Dezember 2009 beruhenden gegenteiligen Auffassung des Familiengerichts vermag der Senat nicht beizutreten. Nach der zu § 158 Abs. 7 FamFG bislang ergangenen obergerichtlichen Rechtsprechung – eine unmittelbar gegen § 158 Abs. 7 FamFG gerichtete Verfassungsbeschwerde wurde vom Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 9. November 2009 – 1 BvR 2146/09 – unter Verweis auf die vorrangige fachgerichtliche Klärung nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG, FamRZ 2010, 185) - erhält der berufsmäßige Verfahrensbeistand bei Bestellung für mehrere Geschwister als aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung für die Wahrnehmung seiner Aufgaben die Fallpauschale des § 158 Abs. 2 Satz 2 FamFG für jedes Kind gesondert (OLG Stuttgart, Beschluss vom 21. Januar 2010 – 8 WF 14/10 -, zitiert nach juris; OLG Celle, Beschluss vom 8. März 2010 – 10 UF 44/10 -, zitiert nach juris; OLG Rostock, Beschluss vom 18. März 2010 – 10 WF 44/10 -, zitiert nach juris; vgl. auch Keidel/Engelhardt, FamFG, 16. Aufl., § 158, Rz. 47; FA-FamR/Maier, 7. Aufl., Kap 4, Rz. 334). Dieser Auffassung schließt sich der Senat an. Gemäß § 158 Abs. 1 FamFG wird der Verfahrensbeistand dem minderjährigen Kind in einer Kindschaftssache bestellt. Er hat gemäß § 158 Abs. 4 Satz 1 und 2 FamFG das Interesse des Kindes festzustellen, im gerichtlichen Verfahren zur Geltung zu bringen und das Kind über Ablauf und möglichen Ausgang des Verfahrens zu informieren. Bei Bestellung für mehrere Kinder hat er die Interessen jedes einzelnen Kindes festzustellen und zur Geltung zu bringen, die nicht notwendig deckungsgleich sein müssen, sondern einander widersprechen können. Das bedeutet, dass der Verfahrensbeistand für jedes Kind grundsätzlich in gleichem Umfang tätig werden muss. Er mag eine gewisse Zeitersparnis dadurch haben, dass er mehrere Kinder in einem Haushalt - in Einzelfällen auch gemeinsam - anhören kann. Die wesentliche Arbeit muss der Verfahrensbeistand aber für jedes Kind leisten. Da es sich bei einer Fallpauschale um eine Mischkalkulation ohne Bezug zum tatsächlichen Aufwand des Einzelfalles handelt, kann es nicht entscheidend darauf ankommen, dass der Verfahrensbeistand durch zufällige Konstellationen im Einzelfall Arbeitserleichterungen hat. Andererseits kann insoweit – nicht zuletzt auch unter verfassungsrechtlichen Aspekten – der Gesichtspunkt zu berücksichtigen sein, dass ein mehrfaches Entstehen der Fallpauschale für in einem Verfahren betroffene Geschwisterkinder im Rahmen dieser Mischkalkulation unzulängliche Einnahmen in anderen Fällen ausgleichen könnte (BVerfG, a.a.O.). Dem entspricht es auch, dass die Fallpauschale für jede Instanz in gleicher Höhe zu zahlen ist, obwohl im Durchschnitt der Aufwand des Verfahrensbeistandes in der Beschwerdeinstanz geringer sein dürfte als in der ersten Instanz (OLG Celle, a.a.O.).

Nach alldem war der angefochtene Beschluss wie aus der Entscheidungsformel ersichtlich abzuändern.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen (§ 70 FamFG).

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