Beschluss vom Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken - 9 UF 45/10

Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Saarbrücken vom 22. Januar 2010 - 40 FH 59/09 VU - wird als unzulässig kostenpflichtig verworfen.

Der Antrag des Antragsgegners auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.

Dem Antragsteller wird für das Beschwerdeverfahren mit Wirkung vom 21. April 2010 Verfahrenskostenhilfe ohne Ratenzahlungen bewilligt.

Beschwerdewert: 3.744 EUR.

Gründe

Mit am 20. November 2009 eingegangenem Antrag vom 16. November 2009 beantragte der Antragsgegner als Beistand des am 1. März 2002 geborenen Kindes N. M. A. S. die Festsetzung des Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe gegen den Antragsgegner, den Vater des betroffenen Kindes.

Nachdem die Rechtspflegerin beim Amtsgericht – Familiengericht- Saarbrücken mit Verfügung vom 24. November 2009 dem Antragsgegner unter anderem den Antrag nebst Berechnungen des rückständigen Unterhalts, Hinweisblatt und Einwendungsvordruck, dem Antragsgegner zugegangen am 27. November 2009 (Bl. 11 d.A.), übermittelt und der Antragsgegner sich nicht geäußert hatte, setzte diese mit dem angefochtenen Beschluss vom 22. Januar 2010 den Unterhalt, den der Antragsgegner an das betroffene Kind zu zahlen hat, für die Zeit ab dem 1. Dezember 2009 auf 100 % des Mindestunterhalts der zweiten Altersstufe und für die Zeit ab dem 1. März 2014 auf 100 % des Mindestunterhalts der dritten Altersstufe – jeweils abzüglich des hälftigen Kindergeldes - nebst rückständigem Unterhalt für die Zeit vom 1. Oktober bis 30. November 2009 in Höhe von 480 EUR fest (Bl. 13, 14 d.A.).

Gegen den ihm am 27. Januar 2010 zugestellten Beschluss hat der Antragsgegner mit am 17. Februar 2010 eingegangenem Schriftsatz das Rechtsmittel der Beschwerde eingelegt und diese damit begründet, dass der Zeitraum und die Höhe des Unterhalts nicht richtig berechnet seien. Was den Zeitraum anbelange, sei zu berücksichtigen, dass bei der Berechnung des rückständigen Unterhalts mit Blick auf vier unterhaltsberechtigte Kinder eine Mangelfallberechnung geboten gewesen sei. Dies gelte auch für die Höhe der bestehenden Unterhaltsansprüche, zumal am 28. Februar 2010 aller Voraussicht nach ein weiteres Kind aus seiner Beziehung mit seiner jetzigen Lebensgefährtin geboren werde. Dies habe das Familiengericht nicht berücksichtigt. Da er nur über ein Nettoeinkommen in Höhe von 1.260 EUR monatlich, bereinigt um die Fahrtkosten und weitere – näher bezeichnete – Belastungen in Höhe von 1.022,39 EUR verfüge, sei er unter Berücksichtigung seines Selbstbehalts (900 EUR) nicht leistungsfähig (Bl. 19 ff, 30 ff d.A.).

Mit Beschluss vom 26. März 2010 hat das Familiengericht der Beschwerde nicht abgeholfen. Bei den vorgetragenen Einwendungen handele es sich um solche nach § 252 Abs. 2 FamFG. Gemäß § 256 FamFG könne die Beschwerde nicht auf Einwendungen nach § 252 Abs. 2 FamFG gestützt werden, die nicht bereits vor Erlass des Festsetzungsbeschlusses erhoben gewesen seien. Da der Antragsgegner nicht bereits gegen den Festsetzungsantrag Einwendungen erhoben habe, sei dieser Vortrag im Beschwerdeverfahren unbeachtlich. Auch habe der Antragsgegner nicht erläutert, aus welchen Gründen der Zeitraum des Unterhalts nach Maßgabe der Festsetzung unrichtig berechnet sei (Bl. 33 d.A.).

Der Senat hat mit Verfügung vom 8. April 2010 die Parteien darauf hingewiesen, dass in dem vorliegenden Verfahren weder Anwaltszwang besteht noch eine Abhilfemöglichkeit gegeben ist und Gelegenheit gegeben, zu dem Beschluss vom 26. März 2010 Stellung zu nehmen (Bl. 34 d.A.).

Der Antragsgegner hat daraufhin geltend gemacht, dass er Einwendungen nach § 251 Abs. 1 Ziffer 3 FamFG erhoben habe, die auch unabhängig von dem Versuch einer außergerichtlichen gütlichen Einigung im Beschwerdeverfahren zulässig seien, dass nämlich mit Blick auf fünf unterhaltsberechtigte Kinder eine Mangelfallberechnung geboten gewesen sei, also die Höhe der Unterhaltsverpflichtung im Streit sei; der Unterhaltsanspruch dem Grunde nach sei nie bestritten worden.

Der Antragsgegner beantragt,

den Unterhaltsfestsetzungsbeschluss vom 22. Januar 2010 aufzuheben und den Antrag des Antragstellers auf Festsetzung von Unterhalt zurückzuweisen.

Der Antragsteller beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Antragsteller verweist darauf, dass der Antragsgegner mit den erhobenen Einwendungen gemäß § 256 FamFG ausgeschlossen sei, auch habe er ungeachtet des Umstandes, dass er bereits mit am 30. Oktober 2009 zugestelltem Schreiben vom 28. Oktober 2009 unter Fristsetzung unter anderem zum Nachweis über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse aufgefordert worden sei (Bl. 37, 44-46 d.A.), nicht bereits gegen den Festsetzungsantrag Einwendungen erhoben.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde, die an sich form- und fristgerecht erhoben worden ist, ist im Übrigen unzulässig und unterliegt demnach der Verwerfung (§§ 256 FamFG, 58 ff FamFG).

Die von dem Antragsgegner erstmals im Beschwerdeverfahren erhobenen Einwendungen können nicht in zulässiger Weise mit der Beschwerde geltend gemacht werden.

Gemäß § 256 FamFG, der § 652 Abs. 2 ZPO a.F. im Wesentlichen wortgleich übernommen hat, kann mit der Beschwerde gegen den Unterhaltsfestsetzungsbeschluss neben der Unzulässigkeit des vereinfachten Festsetzungsverfahrens (§ 252 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 FamFG = § 648 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO a.F.), einer unrichtigen Berechnung des Unterhalts nach Zeitraum und Höhe (§ 252 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und 3 FamFG = § 648 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und 3 ZPO a.F.) und einer Unrichtigkeit der Kostengrundentscheidung (§ 252 Abs. 1 S. 2 FamFG = § 648 Abs. 1 S. 2 ZPO a.F.) oder Kostenfestsetzung lediglich geltend gemacht werden, dass das Familiengericht die Zulässigkeit von Einwendungen nach § 252 Abs. 2 FamFG (= § 648 Abs. 2 ZPO a.F.) unrichtig beurteilt habe. Wird das Rechtsmittel nicht auf diese Anfechtungsgründe gestützt, ist es unzulässig (vgl. Zöller- Philippi, ZPO, 28. Aufl., § 256, Rz. 3; zu §§ 652, 648 ZPO a.F.;Senat, Beschl.v. 29. Januar 2010, 9 WF 8/10, m.z.w.N.).

So liegt der Fall hier. Der von dem Antragsgegner im Beschwerdeverfahren erhobene Einwand, Zeitraum bzw. Höhe des Unterhalts seien mit Blick auf seine Leistungsfähigkeit falsch berechnet, weil weitere unterhaltsberechtigte Kinder keine Berücksichtigung gefunden hätten, unterfällt der Regelung des § 252 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Nr. 3 FamFG (= § 648 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Nr. 3 ZPO a.F.) und kann im vereinfachten Verfahren nach §§ 249 ff FamFG (= §§ 645 ff ZPO a.F.) nur geltend gemacht werden, wenn der Unterhaltspflichtige zugleich unter Verwendung des eingeführten Vordrucks (§ 259 FamFG) Auskunft über seine Einkünfte, sein Vermögen und seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse im Übrigen erteilt und über seine Einkünfte Belege vorlegt, bevor der Festsetzungsbeschluss verfügt ist ( 252 Abs. 2 Satz 3, Abs. 3 FamFG = § 648 Abs. 2 S. 3, Abs. 3 ZPO a.F.). Die Beschwerde kann gemäß § 256 Satz 2 FamFG auf solche Einwendungen nach § 252 Abs. 2 FamFG nur gestützt werden, wenn diese Einwendungen jeweils bereits erhoben waren, bevor der Festsetzungsbeschluss verfügt war. Dies ist nach Lage der Akten vorliegend nicht der Fall.

Entgegen der Auffassung des Antragsgegners liegen auf der Grundlage des sich im Beschwerdeverfahren darstellenden Sach- und Streitstandes auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass es ihm vor Verfügung des Festsetzungsbeschlusses nicht möglich gewesen war, (zugleich) unter Verwendung des eingeführten Vordrucks (§ 259 FamFG) Auskunft über seine Einkünfte, sein Vermögen und seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse im Übrigen zu erteilen und über seine Einkünfte Belege vorzulegen. Ausweislich der Postzustellungsurkunde vom 27. November 2009 (Bl. 11 d.A.) sind dem Antragsgegner unter anderem der Antrag vom 16. November 2009 nebst Berechnungen des rückständigen Unterhalts, Hinweisblatt und Einwendungsvordruck gemäß der Verfügung vom 24. November 2009 zugestellt worden. Dass ihm der Antrag vom 16. November 2009 nebst Berechnungen des rückständigen Unterhalts, Hinweisblatt und Einwendungsvordruck nicht zugegangen sind, hat der Antragsgegner, der sich in seinen Schriftsätzen vom 3. Mai 2010 und 2. Juni 2010 ausschließlich mit dem Zugang eines Schreibens des Jugendamtes vom 28. Oktober 2009, der im Übrigen wirksam gemäß § 180 ZPO erfolgt ist, auseinandersetzt, nicht dargetan. Im Übrigen liegen auch keine belastbaren Anhaltspunkte dafür vor, dass dem Antragsgegner weder der Antrag vom 16. November 2009 nebst Berechnungen des rückständigen Unterhalts, Hinweisblatt und Einwendungsvordruck, noch das Schreiben den Jugendamtes vom 28. Oktober 2009, mit dem der Antragsgegner zur Vorlage der erforderlichen Nachweise über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse aufgefordert worden ist, nicht zugegangen sind. Die nach § 182 Abs.1 ZPO errichteten Postzustellungsurkunden begründen nach § 418 ZPO den vollen Beweis für die Zustellung des Schriftstückes. Der Antragsgegner hat keine hinreichenden Umstände vorgetragen, die einer wirksamen Ersatzzustellung entgegenstehen; insbesondere genügt hierfür nicht das pauschale Bestreiten des Zugangs (vgl. OLG Brandenburg, Rpfleger 2004, 101).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG.

Die Wertfestsetzung beruht auf § 51 FamFG.

Der Antrag des Antragsgegners auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren war mangels Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung zurückzuweisen (§ 76 Abs. 1 FamFG, §§ 114, 119 ZPO).

Dem Antragsteller war für das Beschwerdeverfahren Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen (§ 76 Abs. 1 FamFG, §§ 114, 119 ZPO).

Die Rechtsbeschwerde wird mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen nicht zugelassen.

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