1. Die sofortige Beschwerde der Kläger gegen den - das Berufungsverfahren betreffenden - Kostenfestsetzungsbeschluss V der Rechtspflegerin beim Landgericht Stuttgart vom 10.3.2003 wird zurückgewiesen.
2. Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss V vom 10.3.2003 wird zurückgewiesen.
3. Die Beklagte einerseits und die Kläger andererseits tragen jeweils die Hälfte der Gerichtskosten.
Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegen einander aufgehoben.
4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen, soweit die Beschwerde der Beklagten zurückgewiesen worden ist.
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1. Gegenstand dieses Beschwerdeverfahrens ist ausschließlich der von beiden Seiten angegriffene Kostenfestsetzungsbeschluss V, durch den die Kosten des Berufungsverfahrens festgesetzt worden sind, denn nur insoweit hat die Rechtspflegerin eine Abhilfe geprüft und die Sache durch Beschluss vom 9.4.2003 dem Senat vorgelegt. Über die (gesonderte) sofortige Beschwerde der Beklagten vom 4.4.2003 gegen die die I. Instanz betreffenden Kostenfestsetzungsbeschlüsse I bis IV ebenfalls vom 10.3.2003 muss die Rechtspflegerin noch die Abhilfe prüfen (§ 572 Abs. 1 ZPO).
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Gegen das in einem markenrechtlichen Rechtsstreit um Beleuchtungsgeräte am 26.11.2002 verkündete und am 29.11.2002 zugestellte klagabweisende Urteil des Landgerichts haben die Kläger mit Schriftsatz vom 20./27.12.2002 Berufung eingelegt und deren Begründung einem gesonderten Schriftsatz vorbehalten, der jedoch ausgeblieben ist. Durch Verfügung des Vorsitzenden vom 31.1.2003 hat der Berufungssenat den Parteien mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, die Berufung als unzulässig zu verwerfen, nachdem eine Berufungsbegründung in der durch § 520 ZPO bestimmten Frist nicht eingegangen ist. Daraufhin haben die Kläger die Berufung mit (am gleichen Tag eingegangenem) Schriftsatz vom 3.2.2003 zurückgenommen.
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Durch Beschluss vom 4.2.2003 hat der Berufungssenat zu Lasten der Kläger über die Kosten des Berufungsverfahrens entschieden. Rechtsmittelrücknahme und Kostenbeschluss sind am 7.2.2003 bei Gericht abgefertigt und dem Beklagten frühestens am 8.2.2003 zugegangen. Mit Schriftsatz vom 5.2.2003, bei Gericht eingegangen am 7.2.2003, hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten zum einen mitgeteilt, dass er deren Vertretung auch für das Berufungsverfahren übernommen habe und dass die im Briefkopf näher bezeichneten Patentanwälte (derselben Kanzlei) „weiterhin mitwirken“; außerdem hat er zur Hinweisverfügung des Gerichts Stellung genommen und die beabsichtigte Verwerfung als unzulässig befürwortet.
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Im nachfolgenden Kostenfestsetzungsverfahren hat die Rechtspflegerin durch den im Tenor näher bezeichneten Kostenfestsetzungsbeschluss V antragsgemäß eine 13/10-Prozessgebühr in Höhe von 1,359,80 EUR zuzüglich der Pauschale gemäß § 26 BRAGO, insgesamt 1.379,80 EUR, festgesetzt; den weiteren Festsetzungsantrag der Beklagten in gleicher Höhe für die Mitwirkung des Patentanwalts hat sie abgelehnt mit der Begründung, in diesem Verfahrensstadium sei die Einschaltung eines Patentanwalts „nicht notwendig“ gewesen.
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Gegen diesen Kostenfestsetzungsbeschluss wenden sich zum einen die Kläger mit der als Erinnerung bezeichneten sofortigen Beschwerde vom 17./18.3.2003 mit dem Einwand, die Kosten seien „nicht erstattungsfähig, da eine Prozessgebühr dann nicht anfallen kann, wenn es keinen Prozess (mehr) gibt.“
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Die Beklagte wendet sich mit ihrer sofortigen Beschwerde vom 4.4.2003 gegen die Absetzung der Patentanwaltskosten; die Erstattungsfähigkeit der Patentanwaltskosten ergebe sich unmittelbar aus § 140 Abs. 5 MarkenG, so dass für eine Notwendigkeitsprüfung kein Raum sei.
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Die Rechtspflegerin hat beiden Beschwerden ohne weitere Begründung nicht abgeholfen und die Sache durch Beschluss vom 9.4.2003 vorgelegt.
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2. Beide Kostenrechtsmittel sind statthaft und zulässig, aber in der Sache ohne Erfolg.
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a) Soweit sich die Kläger gegen die Erstattungsfähigkeit jeglicher Kosten im Berufungsverfahren wenden mit dem Einwand, das Verfahren sei vor Tätigwerden des Beklagtenvertreters bereits durch Rechtsmittelrücknahme beendet gewesen, vermag dies nicht durchzugreifen.
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Nach gefestigter Senatsrechtsprechung ist der Rechtsmittelbeklagte kostenrechtlich befugt, sich sofort nach Rechtsmitteleinlegung des Beistands eines Rechtsanwalts für das Berufungsverfahrens zu bedienen mit der Folge, dass die damit anfallende halbe Prozessgebühr jedenfalls erstattungsfähig ist (Senat Die Justiz 1984,300 = JurBüro 1984,1185; Die Justiz 1998, 170 = RPfl 1998,261). Dies gilt selbst dann, wenn das Rechtsmittel ausdrücklich nur zur Fristwahrung eingelegt ist - was hier jedoch nicht gegeben ist. Nur hinsichtlich der Stellung von Sachanträgen, die die zweite Hälfte der Prozessgebühr auslösen, ist der Rechtsmittelbeklagte kostenrechtlich verpflichtet, Zurückhaltung zu üben und den Gegner vor der Belastung mit vermeidbaren Kosten zu bewahren. Diese - ganz überwiegend vertretene (vgl. Zöller/Herget, ZPO 23.Aufl. § 91 Rn 13 „Berufung“) - Rechtsansicht hat der Bundesgerichtshof vor kurzem bestätigt (Beschl. v. 17.12.2002 - X ZB 9/02 - NJW 2003,756 = MDR 2003,530 = RPfl 2003,217 = JurBüro 2003,257 u.a.; ebenso für das Revisionsverfahren Beschl. v. 17.12.2002 - X ZB 27/02 - NJW 2003, 1324 = MDR 2003,414 = RPfl 2003,216 = JurBüro 2003,255 u.a.).
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Im vorliegenden Fall ist der Erstattungsanspruch der Beklagten allerdings nicht nach § 32 Abs. 1 BRAGO auf eine halbe Prozessgebühr beschränkt, weil das vor Kenntnis der Berufungsrücknahme verfasste Schreiben des Beklagtenvertreters vom 5.2.2003, mit dem er entsprechend der gerichtlichen Aufforderung vom 31.1.2003 zur Frage der Zulässigkeit des Rechtsmittels Stellung genommen und Antrag auf Verwerfung gestellt hat, den Erfordernissen eines Schriftsatzes mit Sachanträgen genügt und damit einen Erstattungsanspruch auf die von der Rechtspflegerin zuerkannte volle Prozessgebühr begründet. Ohne diesen Schriftsatz wäre es - unabhängig vom Verstreichen der Berufungsbegründungsfrist - bei einer halben Prozessgebühr geblieben.
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b) Zu Recht hat die Rechtspflegerin jedoch die Erstattungsfähigkeit einer weiteren Prozessgebühr für die Mitwirkung eines Patentanwalts am Berufungsverfahren verneint.
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Zwar entspricht es nicht nur gefestigter Senatsrechtsprechung, sondern auch herrschender Ansicht, dass in Rechtsstreitigkeiten um Markenrechte (Kennzeichenstreitsachen) die in § 140 Abs. 3 (früher: Abs. 5) MarkenG enthaltene kostenrechtliche Sonderregelung (ebenso wie bei anderen Rechtsstreitigkeiten um gewerbliche Schutzrechte im engeren Sinne - § 143 PatG, § 27 GebrMG, § 15 GeschmMG, § 11 HalblSchG, § 38 SortSchG ua) zur Folge hat, dass grundsätzlich nicht die Notwendigkeit der Mitwirkung eines Patentanwalts zu prüfen ist (Senat Die Justiz 1983,77 = RPfl 1983,173 = JurBüro 1983,766; Die Justiz 1996,228 = RPfl 1996,371; unveröff. Beschlüsse 8 W 316/02 und 8 W 420+421/02 v. 22.10.2002; KG GRUR 2000,803; OLG Frankfurt OLGRep 1998,154 = GRUR 1998,1034; ebenso die weitere vom Beklagtenvertreter in der Beschwerdeschrift zitierte Rechtsprechung). In anderen Rechtsstreitigkeiten dagegen, insbesondere solchen, in denen es nur um Ansprüche nach UWG, UrhG oder BGB geht, ist die Notwendigkeit der Zuziehung eines Patentanwalts jeweils im Einzelfall zu prüfen; nur dann, wenn schwierige rechtliche oder technische Fragen aus dem Bereich der gewerblichen Schutzrechte im engeren Sinne eine zentrale Rolle spielen und Ausführungen zu technischen Sachverhalten, insbesondere Patenten und Gebrauchsmustern, Gegenstand des Verfahrens sind, kommt eine Erstattung der Mehrkosten für die Mitwirkung eines Patentanwalts in Betracht (vgl. z.B. OLG Düsseldorf MittPatAnw 2000,372; 1994,219; OLG Frankfurt JurBüro 1997,559 (obiter); OLG München NJW-RR 1986,615; Baumbach/Hefermehl, WettbR 22. Aufl, UWG Einl. Rn 570; Köhler/Piper, UWG 3. Aufl, Rn 365 vor § 13; Fezer, MarkenR, 3. Aufl., § 140 Rn 14; MünchKommZPO/Belz, 2. Aufl., § 91 Rn 70 aE).
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Allerdings geht diese Erörterung der Notwendigkeit nur um die Frage, ob der inhaltliche Gegenstand des Rechtsstreits die Zuziehung des Patentanwalts rechtfertigt, also um eine materiellrechtliche Prüfung der Notwendigkeit, die bei den eingangs genannten speziell geregelten Gegenständen entfallen kann. Daneben ist jedoch in allen Verfahren zu prüfen, ob die Zuziehung eines weiteren Spezialanwalts auch verfahrensrechtlich - schon - notwendig ist. Auch in einer Markenstreitsache (und ebenso in den anderen kostenrechtlich ausdrücklich privilegierten Streitsachen des gewerblichen Rechtsschutzes) sind die Mehrkosten eines Patentanwalts nach Ansicht des Senats dann nicht zu erstatten, wenn eine kostenbewusste Partei nach dem Stand des Verfahrens von der Heranziehung eines zusätzlichen Anwalts abgesehen hätte. Denn die grundsätzliche Verpflichtung zur kostenschonenden Prozessführung (vgl. z.B. Zöller/Herget aaO § 91 Rn 12; Belz aaO § 91 Rn 17/18) gilt auch für die Streitsachen des gewerblichen Rechtsschutzes.
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Diese verfahrensrechtliche Notwendigkeitsprüfung ergibt hier, dass für eine Mitwirkung eines Patentanwalts zur Wahrnehmung der Interessen der Beklagten kein Raum war. Solange nicht durch Einreichung der gesetzlich vorgeschriebenen Rechtsmittelbegründung (§ 520 ZPO) geklärt ist, ob das Rechtsmittelverfahren überhaupt durchgeführt wird, besteht für die Rechtsmittelbeklagte kein begründeter Anlass, über einen Prozessanwalt hinaus sofort einen Patentanwalt mit der Interessenwahrnehmung zu beauftragen. Auch für die Stellungnahme zur gerichtlichen Verfügung vom 31.1.2003 bezüglich der beabsichtigten Verwerfung der Berufung bedurfte es einer Mitwirkung eines Patentanwalts nicht. Hier gelten die Grundsätze, die der Bundesgerichtshof bezüglich der Notwendigkeit von Sachanträgen vor Begründung des Rechtsmittels festgeschrieben hat (Beschl. v. 17.12.2002 aaO), in noch stärkerem Maße. Die kostenrechtlichen Sondervorschriften im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes zugunsten der Mitwirkung eines Patentanwalts sind kein Freibrief für verfahrensrechtlich nicht notwendige Kosten. Demgemäß hat der Senat auch die Erstattungsfähigkeit von Terminsteilnahmekosten eines zunächst mitwirkungsberechtigten Patentanwalts verneint, nachdem der Gegner auf die Weiterverfolgung seiner markenrechtlichen bzw. geschmacksmusterrechtlichen Ansprüche verzichtet und sich auf UWG-Ansprüche beschränkt hatte (Beschl. v. 22.10.2002 - 8 W 316/02). Beim hier gegebenen Verfahrensablauf ist auch nicht ansatzweise ersichtlich, was - abgesehen von einer erhöhten Kostenbelastung der Berufungskläger - durch die Zuziehung eines Patentanwalts in diesem Verfahrensstadium bewirkt werden könnte.
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c) Somit waren die Rechtsmittel beider Parteien als unbegründet zurückzuweisen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 i.V.m. § 97 Abs. 1 ZPO. Für die Gerichtskosten gilt Nr. 1957 KV/GKG. Dabei waren die Werte beider Beschwerden zusammenzurechnen (Markl/Meyer, GKG 5. Aufl., Rn 74,86 zum KV; Oestreich/Winter/Hellstab, GKG (Losebl.Slg) Rn 19,20 zu Nr. 1911 ff KV).
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d) Hinsichtlich der Zurückweisung der Beschwerde der Kläger liegen die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof (§ 574 ZPO) nicht vor; die einschlägigen Rechtsfragen sind bereits höchstrichterlich entschieden.
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Dagegen hat die hier vertretene, zur Zurückweisung der Beschwerde der Beklagten führende Beschränkung des § 140 Abs. 3 MarkenG durch das Erfordernis einer verfahrensrechtlichen Notwendigkeit der Patentanwalts-Mitwirkung Bedeutung über den vorliegenden Fall hinaus. Deshalb hat der Senat die Rechtsbeschwerde für die Beklagte wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.
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