Urteil vom Oberlandesgericht Stuttgart - 12 U 193/03

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der Einzelrichterin der 23. Zivilkammer des LG Stuttgart vom 23.9.2003 - 23 O 224/02 - abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Kostenbetrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 25.564,59 Euro.

Gründe

 
I. Der Kläger verlangt von der Beklagten Auszahlung eines Preises. Streitig ist zwischen den Parteien, ob eine Gewinnmitteilung von der Beklagten stammt bzw. ob die Beklagte aus anderen Gründen für diese Mitteilung einstehen muss.
Im Juni 2001 erhielt der Kläger per Post eine „Auszahlungs-Benachrichtigung” bezüglich einer „Bargeld-Auszahlung über DM 50.000,00” (Anlage K 1, Bl. 6/7 d.A.). Ein Herr R P, Delegierter der Geschäftsleitung, teilte mit, er verwalte den gewonnenen Bargeldgewinn. Dieser könne nur ausgezahlt werden, wenn der Kläger die beiliegende Bargeld-Gewinn-Anforderung übersende. Das Schreiben wurde ausweislich des Briefumschlags in Kehl zur Post gegeben. Weder das Schreiben noch der dazugehörige Briefumschlag weist einen Absender aus, es ist auch keine Anschrift genannt, an die die Gewinnanforderung übersandt werden könnte. Der Kläger schickte die Bargeld-Gewinn-Anforderung ab, wobei unklar ist, an welchen Empfänger und an welche Anschrift er seine Anforderung richtete.
Sowohl auf dem Briefumschlag als auch auf dem Schreiben ist das nebenstehende Symbol einer Weltkugel mit dem Schriftzug „Kunst & Leben” aufgedruckt.
Vor und nach der streitgegenständlichen Mitteilung erhielt der Kläger zahlreiche andere Schreiben, wonach er diverse Preise gewonnen habe (Bargeld, Schmuck, Fernseher, etc., Bl. 40 ff. d.A.). Auf allen Schreiben findet sich das oben dargestellte Markenzeichen der Weltkugel mit dem Schriftzug „Kunst & Leben”. Handelnde Personen und Absender sind jedoch unterschiedlich. Nur Schreiben aus der Zeit ab Oktober 2001 nennen die Beklagte als Absender (u.a. Bl. 71, 91 d.A.)
Mit Anwaltsschreiben vom 14.2.2002 (Anlage K 2, Bl. 8 d.A.) wandte sich der Kläger an eine Firma „Kunst & Leben, 68640 Bürstadt” und forderte Auszahlung seines Gewinns i.H.v. 50.000 DM. Dieses Schreiben erreichte die Beklagte, die zu dieser Zeit in Bürstadt ein Postfach angemietet hatte. Die Beklagte bat zunächst um Zusendung weiterer Unterlagen. Danach teilte sie mit Schreiben vom 22.4.2002 mit (Anlage K 4, Bl. 11 d.A.), die Unterlagen beträfen nicht ihre Firma, der Kläger möge sich an „die betreffende Firma” wenden.
Wegen des im ersten Rechtszug gehaltenen Parteivorbringens sowie der dort gestellten Anträge wird auf die Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Durch Urteil vom 23.9.2003 hat das LG die Beklagte zur Zahlung von 25.564,79 Euro nebst Zinsen verurteilt und damit mit Ausnahme eines geringen Teils der Zinsforderung dem Klagantrag entsprochen.
Das LG hat seine internationale Zuständigkeit angenommen und hat dargelegt, das Schreiben vom Juni 2001 erfülle die Voraussetzungen des § 661a BGB. Hinsichtlich der Passivlegitimation der Beklagten wird ausgeführt, es könne dahingestellt bleiben, ob die streitgegenständliche Gewinnmitteilung von der Beklagten versandt worden sei. Ihr sei jedenfalls die Versendung durch ein unter „Kunst & Leben” auftretendes Unternehmen auch dann zuzurechnen, wenn dieses in rechtlich selbständiger Weise organisiert wäre. Insbesondere die Verwendung des „Labels” „Kunst & Leben” sowie die Identität des Stamms der Kundennummer auf allen an den Kläger gerichteten Mitteilungen und die Gleichheit der handelnden Personen lasse bei dem Adressaten der Gewinnmitteilungen den Eindruck entstehen, es handele sich möglicherweise um mehrere Unternehmen, die jedoch gemeinsam als Gesellschaft bürgerlichen Rechts den Versandhandel unter „Kunst & Leben” betrieben. Analog § 128 HGB sei die Beklagte haftbar für die vertraglichen Verpflichtungen der Gesellschaft bzw. des „Konglomerats” an Unternehmen.
Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
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Mit der form- und fristgerecht eingelegten Berufung verfolgt die Beklagte ihr Ziel einer vollständigen Klagabweisung weiter.
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Die Beklagte wiederholt, die streitgegenständliche Mitteilung stamme nicht von ihr, sie sei erst ab Herbst 2001 als Versandhändlerin und Veranstalterin von Gewinnspielen tätig geworden. Sie könne auch nicht aus anderen Gründen in Anspruch genommen werden, insb. nicht wegen der Beteiligung an einer angeblichen Gesellschaft. „Kunst & Leben” sei ein Warenzeichen, eine im Versandhandel bekannte Marke. Verschiedene rechtlich selbständige Unternehmen, darunter die Beklagte, nutzten diese Marke, vertrieben einheitliche „Kunst & Leben-Produkte” und nutzten vorhandene einheitliche bzw. ähnliche Vertriebsformen, was die ähnlich gelagerten Werbestrategien und die im Kern gleiche Kundennummer des Klägers bei allen an ihn gerichteten Schreiben erkläre. Die Werbesendungen der Beklagten ließen jedoch den Absender stets deutlich erkennen.
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Die Beklagte beantragt, das landgerichtliche Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
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Er verteidigt das landgerichtliche Urteil und vertritt die Ansicht, die vom LG genannten Indizien drängten geradezu den Schluss auf, die Gewinnzusage sei durch die Beklagte veranlasst worden. Jedenfalls sei die Beklagte im Rahmen der allgemeinen Rechtsscheinhaftung außerhalb der gesetzlich normierten Fälle verantwortlich, da sie neben anderen Verwendern von „Kunst & Leben” als scheinbarer Veranlasser der Gewinnmitteilung in Frage komme. Damit stehe die Schuld der Beklagten, die nach deutschem Recht zu beurteilen sei, fest. Ob die Beklagte hingegen hafte, sei eine Frage des Vollstreckungsverfahrens, die möglicherweise nach französischem Recht zu beurteilen sei.
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Wegen des Weiteren Vorbringens der Parteien im zweiten Rechtszug wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
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Im Termin vom 16.3.2004 wurde dem Kläger ein Schriftsatznachlass bis 30.3.2004 gewährt (Bl. 153 d.A.). Der Kläger reichte einen Schriftsatz ein (Bl. 154/171 d.A.), der jedoch erst am 31.3.2004 bei Gericht eingegangen ist.
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II. Auf die zulässige Berufung war das landgerichtliche Urteil abzuändern.
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1. Die deutschen Gerichte sind, was auch in der Berufung von Amts wegen zu prüfen ist, international zuständig. Dies ergibt sich aus Art. 15 Abs. 1 lit. c i.V.m. Art. 16 Abs. 1 EuGVVO, jedenfalls aus Art. 5 Nr. 3 EuGVVO (BGH v. 28.11.2002 - III ZR 102/02, BGHZ 153, 82 = MDR 2003, 348 = BGHReport 2003, 248; v. 16.10.2003 - III ZR 106/03, BGHReport 2004, 44 = MDR 2004, 83 = NJW 2003, 3620; Urt. v. 19.2.2004 - III ZR 226/03).
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2. Auf das Schuldverhältnis findet das Bürgerliche Gesetzbuch in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung Anwendung (Art. 229 § 5 S. 1 EGBGB). Das deutsche BGB ist jedenfalls aufgrund einer Rechtswahl der Parteien anzuwenden, nachdem beide Parteien ihrem Vortrag deutsches Recht, insb. § 661a BGB, zugrunde gelegt haben.
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3. Die Ausführungen des LG zu den Voraussetzungen des § 661a BGB dahingehend, dass beim Kläger der Eindruck erweckt wurde, er habe 50.000 DM gewonnen (2.a), b) und d) des Urteils, S. 4 und S. 7 f.) sind zutreffend und werden von der Beklagten auch nicht angegriffen.
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Die Beklagte ist jedoch nicht passivlegitimiert.
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Dem Kläger ist der ihm obliegende Beweis nicht gelungen, dass die Beklagte die Versenderin der streitgegenständlichen Gewinnmitteilung ist oder für das Handeln des tatsächlichen, mit der Beklagten nicht identischen Versenders einstehen muss.
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a) Das vom Kläger in 1. Instanz vorgelegte Konvolut an Gewinnmitteilungen (Bl. 40 ff. d.A.) umfasst Schreiben aus der Zeit von April 2001 bis April 2002. Allen Schreiben ist gemeinsam, dass sie das Symbol der Weltkugel mit dem Schriftzug „Kunst & Leben” tragen.
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Die Schreiben und Unterlagen aus der Zeit von April 2001 bis August 2001 (Bl. 82, 93/94, 79/81, 83/68, 76 d.A.), darunter auch die streitgegenständliche Mitteilung vom Juni 2001 (Bl. 6/7 d.A.), nennen als Bearbeiter einen Herrn R P, handelnd für die Geschäftsleitung, im letzten Schreiben sind auch noch die Leitung der Finanzabteilung und der Gewinnvergabe mit nicht entzifferbaren Namenszügen angegeben. Eine Unterlage im Zusammenhang mit einem Gewinn von 50.000 DM (Bl. 81 d.A.) nennt eine Firma „Kunst & Leben France SARL”. Im Übrigen findet sich auf den Schreiben nur das bekannte Symbol. Der Name der Beklagten taucht auf keiner der Unterlagen aus dieser Zeit auf. Die Schreiben sind in Ettenheim und Kehl zur Post gegeben worden (Bl. 93, 6 d.A.). Bei den Preisen handelt es sich um Schmuck oder Bargeld (25.000 DM, die streitgegenständlichen 50.000 DM, 17.200 DM sowie 45.000 DM).
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Schreiben und Unterlagen aus der Zeit von Oktober 2001 bis April 2002 (Bl. 63/64, 69/72, 61/62, 73/74, 67, 91/92, 42/43, 49/54, 56, 58, 84, 40/41, 59/60, 85/88 d.A.) zeigen wieder die Weltkugel nebst dem Schriftzug „Kunst & Leben”, jedoch mit dem Zusatz als Zeichen der geschützten Marke. Zahlreiche Schreiben und Unterlagen weisen die Beklagte, VH France S. A. S. U., als Absender auf. Handelnde Personen sind A Pe, D H und R W, die für die Geschäftsleitung, die Geschenkvergabe und die Bargeldvergabe auftreten. Die Schreiben sind in Mannheim (Bl. 69), später aber vor allem in Bürstadt zur Post gegeben worden (Bl. 54, 40, 59). Gewinne sind wiederum Bargeld, zudem ein Fernseher, ein Hochdruckreiniger, ein Fernsehsessel und ein Geschenk aus dem Bereich HV-Video-TV.
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b) Der Kläger konnte nicht beweisen, dass die streitgegenständliche Gewinnmitteilung, die vom Juni 2001 datiert, von der Beklagten versandt wurde.
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Die Gewinnmitteilung selbst nennt den Namen der Beklagten nicht. In den vom Kläger vorgelegten Unterlagen findet sich der Name der Beklagten erstmals auf Schreiben vom Oktober 2001. Umgekehrt allerdings hat der Kläger Gewinn-Bedingungen vorgelegt (Bl. 81 d.A.), hinsichtlich derer viel dafür spricht, dass sie - was auch das LG angenommen hat, ohne dass der Kläger sich dagegen gewandt hat, - zur streitgegenständlichen Mitteilung gehören, da darin auch von 50.000 DM die Rede ist. Diese Gewinn-Bedingungen nennen als Veranstalter des Gewinnspiels eine „Kunst & Leben France SARL”, also gerade nicht die Beklagte.
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Der Kläger konnte letztlich auch nicht erklären, wieso er überhaupt auf die Idee kam, die Beklagte habe ihm die Gewinnmitteilung zugesandt. Es kann nur vermutet werden, dass er ohne entsprechende tatsächliche Anhaltspunkte annahm, die Firma, die ihm Anfang des Jahres 2002, als er sich zum Anwalt begab, Gewinnmitteilungen zukommen ließ, nämlich die Beklagte, sei auch im Juni 2001 bereits tätig gewesen.
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c) Daraus folgt zugleich, dass beim Kläger auch nicht der Eindruck entstanden sein kann, als habe die Beklagte diese Mitteilung versandt, so dass sie als „Schein-Versenderin” aus § 661a BGB verantwortlich wäre.
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Abzustellen ist auf den Zeitpunkt, in dem der Kläger die Gewinnmitteilung erhielt, also Juni 2001. In diesem Zeitpunkt konnte der Kläger schon deshalb nicht glauben, die Beklagte habe ihm diese Mitteilung zukommen lassen, da er die Beklagte damals noch gar nicht kannte, insb. noch keine Schreiben von ihr erhalten hatte. Er hatte nur ein Schreiben von einer Firma Kunst & Leben France SARL erhalten. Diese ist jedoch nicht identisch mit der Beklagten, es handelt sich vielmehr um verschiedene Gesellschaftsformen nach französischen Recht, wie das LG zutreffend ausgeführt hat (S. 5 oben des Urteils). Der Kläger behauptet auch keine Identität der Gesellschaften.
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Die Beklagte ist zwar ab Oktober 2001 ggü. dem Kläger aufgetreten, jedoch kann der Kläger daraus keine Rechtsscheinhaftung für das Schreiben vom Juni 2001 herleiten. Es fehlt schon an einem Zurechnungskriterium, das die Beklagte in den Augen des Klägers rückwirkend zur Schein-Versenderin machen würde. Das bloße Auftreten am Markt unter einem bestimmten Markenzeichen kann keine Verantwortung für Schreiben begründen, die andere Nutzer des Markenzeichens vor diesem Marktauftritt der Beklagten versandt haben. Anderenfalls müsste man von der Beklagten verlangen, im Zeitpunkt ihres Marktauftritts sofort klarzustellen, dass sie für Geschehnisse vor ihrem Marktauftritt nicht verantwortlich ist. Diese Vorstellung ist abwegig.
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d) Der Kläger hat auch nicht behauptet, die Beklagte sei Rechtsnachfolgerin des Unternehmens, das die Gewinnmitteilung vom Juni 2001 verschickte, oder habe dessen Schuld aus § 661a BGB übernommen.
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e) Dem Sachverhalt sind auch entgegen der Auffassung des LG keine zureichenden Anhaltspunkte für eine wie auch immer geartete gesellschaftsrechtliche Verantwortlichkeit der Beklagten für das Schreiben vom Juni 2001 zu entnehmen.
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Eine tatsächlicher gesellschaftsrechtlicher Zusammenschluss zwischen dem Versender der Gewinnmitteilung vom Juni 2001 und der Beklagten ist vom Kläger nicht bewiesen worden.
35 
Der Kläger hat nicht einmal vorgetragen, um was für eine Gesellschaftsform es gehen soll, wann diese Gesellschaft gegründet worden sein soll, wann die Beklagte Gesellschafter geworden sein soll, wer - abgesehen von der Beklagten - die anderen Gesellschafter und wer die handelnden Organe sein sollen, dass die handelnden Organe jenes Schreiben vom Juni 2001 veranlasst haben etc. Auch führt die Annahme einer Gesellschaft nicht ohne weiteres zur Haftung ihrer Gesellschafter für Gesellschaftsschulden; nach deutschem Gesellschaftsrecht wäre dies nur bei Personengesellschaften der Fall, nicht jedoch bei Kapitalgesellschaften, bei denen regelmäßig nur die Gesellschaft selbst in Anspruch genommen werden kann. Es darf auch nicht übersehen werden, dass die Beklagte erstmals im Oktober 2001 ggü. dem Kläger aufgetreten ist und bestritten hat, bereits im Juni 2001 als Versandhändlerin tätig gewesen zu sein. Selbst wenn die Beklagte in der Zeit ab Oktober 2001 einer bestehenden Gesellschaft beigetreten ist oder mit irgend jemandem eine Gesellschaft gegründet haben sollte, ist damit nicht klar, dass sie auch für Altschulden haftet, die in der Zeit vor ihrem Beitritt oder vor der Gründung der Gesellschaft entstanden sind. Auch hierzu fehlt jeglicher Vortrag des Klägers. Unterstellt man - wie das LG - eine BGB-Gesellschaft, führt ein etwaiger Beitritt der Beklagen nicht zu deren Haftung nach § 130 HGB analog, da diese Norm nach neuer Rechtsprechung zwar auch auf die BGB-Gesellschaft Anwendung findet, jedoch aus Gründen des Vertrauensschutzes erst für Beitrittsfälle nach der entsprechenden Entscheidung des BGH vom 7.4.2003 gilt (BGH v. 7.4.2003 - II ZR 56/02, MDR 2003, 756 = BGHReport 2003, 740 = NJW 2003, 1803).
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Die Behauptung des Klägers, bei „Kunst & Leben” handele es sich um eine Firmierung im handelsrechtlichen Sinne, entbehrt jeder tatsächlichen Grundlage. Die Beklagte hat bereits in der Klagerwiderung vorgetragen, „Kunst & Leben” sei ein Markenzeichen (Bl. 30 d.A. unten). Dem über das Internet allgemein zugänglichen Markenregister des Deutschen Patent- und Markenamts (https://dpinfo.dpma.de/) kann entnommen werden, dass „Kunst & Leben” mitsamt der Weltkugel eine eingetragene Wort- und Bildmarke ist (Registernummer).
37 
f) Der Kläger kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, er habe auf den Rechtsschein einer gesellschaftlichen Zusammenarbeit aller Unternehmen vertraut, die die Marke „Kunst & Leben” verwenden. Anknüpfungspunkte für einen solchen Rechtsschein sind lediglich die Stammkundennummer und die Marke, und dies ist nicht hinreichend.
38 
Die Beklagte verwendet für den Kläger dieselbe Stammkundennummer wie der Versender der Gewinnmitteilung vom Juni 2001. Sie hat dazu erklärt, dies beruhe auf einem ähnlichen Warenangebot und der Nutzung ähnlicher Vertriebsstrukturen. Ob diese Erklärung sonderlich plausibel ist, mag dahinstehen. Jedenfalls sind für die gleiche Stammkundennummer zahlreiche Erklärungen denkbar, z.B. die Einschaltung desselben Mailingunternehmens, das einem bestimmten Adressaten - hier dem Kläger - immer dieselbe Stammnummer zuordnet, egal für welchen Versender Schreiben erfolgen, Verwaltung der Kundendaten durch dasselbe EDV-Serviceunternehmen etc. Der Schluss auf eine Form gesellschaftsrechtlicher Zusammenarbeit ist nur eine von mehreren möglichen, keinesfalls die einzige und damit zwingende Erklärung.
39 
Dazuhin erscheint ausgesprochen fraglich, ob die Identität der Stammkundennummer überhaupt geeignet ist, einen Rechtsschein zu begründen, da der typische Empfänger auf dieses Merkmal nicht achtet. Der Kläger behauptet selbst nicht, ihm sei dies schon vor Erhebung der Klage aufgefallen, er erwähnt dies nicht einmal in der Klageschrift, sondern erstmals im Schriftsatz vom 29.8.2003 (Bl. 38 d.A.).
40 
Die Verbindung durch die einheitliche Marke „Kunst & Leben” ist in den Augen eines Empfängers sicher auffällig, rechtfertigt aber nicht die Annahme und das Vertrauen, alle Unternehmen, die diese Marke nutzten, gehörten in irgendeiner Form dergestalt zusammen, dass der Empfänger einer Gewinnmitteilung jedes beliebige Unternehmen, das Schreiben mit dieser Marke versendet, verklagen kann, ohne Rücksicht darauf, wer die streitgegenständliche Gewinnmitteilung verschickt hat. Der Verbraucher, der eine Gewinnmitteilung erhält und den versprochenen Gewinn einklagen will, muss ein Mindestmaß an Aufmerksamkeit aufwenden. Dies kann auch billigerweise von ihm verlangt werden, nachdem es nicht um Leistungen geht, die sich der Verbraucher teuer erkaufen musste, um Gewährleistungsansprüche etc., sondern um die Geltendmachung eines Gewinns, der dem Verbraucher lediglich aufgrund der gesetzlichen Regelung des § 661a BGB zuteil wird, ohne dass er dafür Aufwendungen hatte oder irgendwelche Leistungen erbringen musste. Hätte der Kläger bzw. sein Prozessbevollmächtigter vor Erhebung der Klage die dem Kläger vorliegenden Unterlagen vollständig durchgelesen, nachdem die Beklagte ja bereits vorprozessual ihre fehlende Passivlegitimation gerügt hatte, wäre unschwer festzustellen gewesen, dass es mindestens zwei verschiedene Unternehmen gibt, nämlich die Beklagte und die Kunst & Leben France SARL. Damit besteht aus der Sicht des Verbrauchers nicht mehr das ununterscheidbare Konglomerat „Kunst & Leben”, sondern ihm treten verschiedene Unternehmen gegenüber, die jeweils für ihr eigenes Handeln - aber auch nur dafür - verantwortlich sind. Ob die Beklagte ihren Namen erst am Ende oder zu Beginn von Anschreiben nennt, kann dabei keine Rolle spielen.
41 
Weitere Anhaltspunkte für eine Verbindung der Unternehmen, die die Marke „Kunst & Leben” nutzen, sind nicht vorhanden. Insbesondere kann nichts daraus hergeleitet werden, dass die Namenszüge des Herrn P, der die Schreiben aus der Zeit vom April 2001 bis August 2001 unterzeichnete, und des für die Beklagte handelnden Herrn Pe, der Schreiben ab Oktober 2001 unterzeichnete, ausgesprochen ähnlich sind. Vermutlich handelt es sich um computergenerierte Unterschriften, für die dieselbe Schriftart verwendet wurde. Die Verwendung desselben Fonts ist jedoch ohne jede Aussagekraft, nachdem derartige Schrifttypen im Internet massenweise - oft kostenlos - heruntergeladen werden können.
42 
g) Schließlich kann sich der Kläger nicht darauf berufen, § 661a BGB sei eine spezielle Form der Rechtsscheinshaftung. Zweck der Vorschrift ist es keinesfalls, dem Verbraucher in jedem Fall einen Anspruch auf einen Gewinn zu verschaffen, auch wenn ihm der Nachweis nicht gelingt, dass das von ihm in Anspruch genommene Unternehmen ihm ggü. überhaupt als Versender einer Gewinnmitteilung aufgetreten ist oder in zurechenbarer Weise einen entsprechenden Rechtsschein gesetzt hat.
43 
Nach alledem kann der Kläger von der Beklagten nicht die Auszahlung des versprochenen Gewinns verlangen, weshalb das landgerichtliche Urteil wie geschehen abzuändern war.
44 
Der nach Ablauf der gesetzten Schriftsatzfrist eingegangene Schriftsatz des Klägers vom 30.3.2004 (Bl. 154/171 d.A.) gab keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung. Der Kläger äußert darin lediglich Rechtsansichten zu Fragen, die in der mündlichen Verhandlung vom 16.3.2004 ausweislich der Sitzungsniederschrift (Bl. 153 d.A.) ausführlich erörtert wurden. Bei den vom Kläger als Anlage zu dem Schriftsatz vorgelegten Gewinnmitteilungen handelt es sich um die Originale zu den bereits in 1. Instanz vorgelegten Kopien (Bl. 40 ff. d.A.), in der Sache also nicht um neue Unterlagen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
46 
Ein Grund, die Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, besteht nicht, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung, deren Gegenstand die Aufklärung und Beurteilung eines tatsächlichen Geschehensablaufs war.

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