1. Der Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsbegründungsfrist wird zurückgewiesen.
2. Die Berufung des Klägers gegen das am 31. Januar 2006 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Ulm - 6 O 14/05 - wird als unzulässig
3. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
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| Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger als Inhaber der früheren Firma S. Ausgleichsansprüche nach § 28 Abs. 4 Rettungsdienstgesetz gegen den Beklagten zustehen wegen Einsätzen in der Notfallrettung, die die Firma S. in der Zeit vom 1. Januar 1999 bis 15. Februar 2000 durchgeführt hat. |
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| Das Landgericht hat die Klage durch das dem Kläger am 9. Februar 2006 zugestellte (Bl. 246 d.A.) Urteil abgewiesen. Dagegen hat der Kläger am 9. März 2006 (Bl. 255 d.A.) Berufung eingelegt. Mit am Dienstag, dem 11. April 2006, eingegangenem Schriftsatz vom selben Tag hat der Kläger Wiedereinsetzung in die Berufungsbegründungsfrist beantragt und zugleich sein Rechtsmittel begründet. |
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| Zur Wiedereinsetzung stützt sich der Klägervertreter auf ein dem Kläger nicht zurechenbares Versehen seiner langjährigen und äußerst zuverlässigen Rechtsanwaltsfachangestellten I. M. Er habe den korrigierten Berufungsbegründungsschriftsatz am frühen Montagnachmittag des 10. April 2006 unterschrieben und Frau M. angewiesen, den Schriftsatz wegen des Fristablaufs „noch heute“ vorab per Fax an das Oberlandesgericht Stuttgart zu übermitteln. Frau M. habe sodann die Tagespost fertig gemacht, indem sie sie einkuvertiert und frankiert habe. Anschließend habe sie sich auf den Weg gemacht, um das Gerichtsfach der Kanzlei - wohl beim Amtsgericht Göppingen - zu leeren. Hierbei habe sie die frankierte Post in den auf dem Weg gelegenen Briefkasten eingeworfen. Nach der Rückkehr in die Kanzlei habe sie im Fristenkalender die Erledigung der Gerichtspost vermerkt. Da sie die Berufungsbegründungsschrift im vorliegenden Fall in den Briefkasten eingeworfen habe, habe sie auch hier einen Erledigungsvermerk im Fristenkalender angebracht, wobei sie die Faxübermittlung vergessen habe. |
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| Der Klägervertreter hat ausgeführt, die Fristenkontrolle sei so geregelt, dass nach Erbringung der zur Fristwahrung erforderlichen Leistung die Frist im Kalender mit einem Haken versehen werde. Bei einer Übermittlung per Telefax dürfe dies erst nach Ausdruck eines beizuheftenden Sendeprotokolls mit dem Vermerk „OK“ erfolgen. Im Falle des Postversands werde der Erledigungsvermerk angebracht, sobald der frankierte Brief in der Postausgangsmappe liege, die regelmäßig um 18.00 Uhr zur Post gebracht werde. |
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| Nach der kanzleiinternen Regelung für Fristen hätte der Erledigungsvermerk im Fristenkalender wegen der Anweisung, den Schriftsatz „noch heute“ per Telefax zu übermitteln, nur nach Ausdruck eines mit „OK“-Vermerk versehenen Sendeprotokolls angebracht werden dürfen. |
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| Der Beklagte ist dem Wiedereinsetzungsgesuch entgegengetreten. |
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| 1. Der Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsbegründungsfrist ist zurückzuweisen. |
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| Der Klägervertreter hat nicht hinreichend dargetan, dass die Berufungsbegründungsfrist nicht ohne sein Verschulden versäumt worden ist, § 233 ZPO. Dieses Versäumnis seines Prozessbevollmächtigen muss sich der Kläger nach § 85 Abs. 2 ZPO wie ein eigenes Verschulden zurechnen lassen. |
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| a) Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. u.a. Beschluss vom 4. November 2003 - VI ZB 50/03, NJW 2004, 688) muss ein Rechtsanwalt durch geeignete organisatorische Maßnahmen dafür Vorsorge treffen, dass eventuelle Fehler von Büroangestellten möglichst ohne Folgen bleiben. Wird eine Fachangestellte mündlich angewiesen, eine ihr nur mündlich mitgeteilte Berufungsfrist in den Fristenkalender einzutragen, muss durch ausreichende organisatorische Maßnahmen sichergestellt werden, dass dies nicht in Vergessenheit gerät und die Fachangestellte die Eintragung der Frist in den Fristenkalender vergisst (BGH aaO mit Hinweis weitere Beschlüsse des BGH vom 17. September 2002 - VI ZR 43/87, NJW 2002, 3782, 3783 und vom 5. November 2002 - VI ZR 399/01, NJW 2003, 435, 436). Weist ein Rechtsanwalt eine Fachangestellten an, eine schon fertig gestellte und im Original von ihm unterschriebene Berufungsbegründungsfrist noch am selben Tag per Fax an das Gericht zu versenden, wird den an die Organisation einer Rechtsanwaltskanzlei zu stellenden Anforderungen nur dann ausreichend Rechnung getragen, wenn geeignete Maßnahmen getroffen werden, die einem möglichen Vergessen der mündlichen Anweisung entgegenwirken. Solche Maßnahmen können in der allgemeinen Anweisung an die Fachangestellte bestehen, eine Einzelweisung zur Übermittlung eines versandfertigen und unterschriebenen fristgebundenen Schriftsatzes per Fax entweder sofort auszuführen oder sofort im Fristenkalender einen Vermerk über die gebotene Versendung per Fax anzubringen, damit die Fachangestellte bei einer späteren Kontrolle des Fristenkalenders erkennen kann, ob der Schriftsatz der Einzelanweisung entsprechend per Fax herausgegeben worden ist und ein eventuelles Versäumnis noch innerhalb der Frist nachgeholt werden kann. |
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| b) Diesen Anforderungen an die Organisation der Erledigung einer Einzelanweisung zur Übermittlung eines fristgebundenen Schriftsatzes per Fax werden die vom Klägervertreter geschilderten Regelungen zur Fristenorganisation in seinem Büro nicht gerecht. Die Fachangestellte konnte die Einzelanweisung zur Übermittlung der Berufungsbegründungsschrift per Fax nur deswegen vergessen, weil der Klägervertreter nicht durch organisatorische Maßnahmen sichergestellt hat, dass die Befolgung der Einzelanweisung sichergestellt ist. Hätte der Klägervertreter solche generellen Anweisungen erteilt, hätte die Fachangestellte bei der Fristenkontrolle bemerkt, dass der Schriftsatz nicht - wie angewiesen - per Fax versandt worden ist. Sie hätte in diesem Fall Zeit gehabt, den Faxversand noch fristgerecht nachzuholen. |
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| Der Klägervertreter hat nicht durch geeignete organisatorische Maßnahmen sichergestellt, dass die Fachangestellte rechtzeitig erkennen konnte, falls sie die Einzelanweisung zur Übermittlung der vom Klägervertreter unterschriebenen versandfertigen Berufungsbegründungsschrift noch am selben Tag per Fax vergessen würde. Die Fachangestellte, die nicht angewiesen war, die Einzelanweisung zur Faxübermittlung sofort, d.h. vor jeder anderen Tätigkeit, auszuführen, war auch nicht durch eine generelle Anweisung dazu angehalten, die besondere Versandart sofort im Fristenkalender kenntlich zu machen, damit sie bei der abendlichen Fristenkontrolle erkennen konnte, dass der Schriftsatz noch nicht per Fax versandt wurde. Hätte eine solche Anweisung bestanden, hätte die Fachangestellte aufgrund der vom Klägervertreter geschilderten Anweisung, dass per Fax zu übermittelnde Schriftstücke erst ausgetragen werden dürfen, wenn ein den Versand als „OK“ bestätigendes Sendeprotokoll vorliegt, festgestellt, dass das Sendeprotokoll fehlte und der Schriftsatz nicht per Fax das Büro verlassen hatte. |
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| c) Diesen Organisationsmangel seines Klägervertreters muss sich der Kläger nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen mit der Folge, dass das Fristversäumnis nicht als unverschuldet anzusehen und der Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsbegründungsfrist zurückzuweisen ist, § 233 ZPO. |
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| 2. Die Berufung des Klägers ist als unzulässig zu verwerfen. |
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| a) Ohne Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsbegründungsfrist hat der Kläger sein Rechtsmittel verspätet eingelegt. Gemäß § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO beginnt die zweimonatige Frist zur Berufungsbegründung unter anderem mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils zu laufen. Das Urteil wurde dem Klägervertreter am 9. Februar 2006 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt. Die Frist zur Begründung des Rechtsmittels lief somit wegen § 222 Abs. 2 ZPO am Montag, dem 10. April 2006, ab. Die im Rahmen des Wiedereinsetzungsantrags vorgelegte Berufungsbegründung ging bei Gericht erst am 11. April 2006, und damit verspätet, ein. |
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| b) Die Verwerfung der Berufung als unzulässig hat zur Folge, dass der Kläger die Kosten des Rechtsmittels zu tragen hat, § 97 Abs. 1 ZPO. |
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