Beschluss vom Oberlandesgericht Stuttgart - 8 W 241/11

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Beteiligten Ziff. 1 wird die Zwischenverfügung der Rechtspflegerin des Amtsgerichts Stuttgart - Registergericht - vom 21.06.2011, HRB 723334,

aufgehoben.

2. Die Registersache wird zur Behandlung und Entscheidung in eigener Zuständigkeit über die Anmeldung vom 07.04.2011 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats an das

Amtsgericht Stuttgart - Registergericht - (HRB 723334) zurückgegeben.

3. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

4. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf EUR 3.000,00 festgesetzt.

Gründe

 
I.
Mit Eingang vom 07.04.2011 meldete die Beteiligte Ziff. 1 das Ausscheiden des seitherigen Geschäftsführers ... und die Bestellung des Beteiligten Ziff. 2 als neuer Geschäftsführer der Gesellschaft zur Eintragung im Handelsregister an. Mit Schreiben vom 11.04.2011 bat die Rechtspflegerin des Amtsgerichts Stuttgart - Registergericht - um Nachreichung der Versicherung des neuen Geschäftsführers gemäß § 39 Abs. 3 Satz 1 GmbHG in Verbindung mit § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 und 3, Satz 3 GmbHG. Daraufhin wurde folgende öffentlich beglaubigte Versicherung des Beteiligten Ziff. 2 eingereicht:
Der neu bestellte Geschäftsführer Herr ..., geb. am …1971, wohnhaft ... 19, CH-... ,,, versichert aufgrund der Belehrung des Notars Dr. ... in S... vom 02.03.2011, dass keine Umstände vorliegen, die seiner Bestellung nach § 6 Abs. 2 S. 2 und 3 GmbHG entgegenstehen und er über seine unbeschränkte Auskunftspflicht gegenüber dem Gericht durch Notar Dr. ... belehrt worden ist.
        
Zürich, den 27.04.2011
        
(Unterschrift)
        
...
Die in Bezug genommene Belehrung vom 02.03.2011 nebst Anlage (bei Bl. 34 d.A.) wurde ebenfalls vorgelegt.
Mit Schreiben an den Beteiligten Ziff. 3 vom 21.06.2011 teilte die Rechtspflegerin des Registergerichts mit, die Bestellungshindernisse seien in der Versicherung im Einzelnen zu verneinen. Die Aufzählung der Bestellungshindernisse nach § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 und Satz 3 GmbHG könne lediglich dann entfallen, wenn der Geschäftsführer versichere, dass er noch nie, weder im Inland noch im Ausland, wegen einer Straftat verurteilt worden ist. Die Rechtspflegerin hat insoweit auf den Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 17.05.2010 (GmbHR 2010, 812) verwiesen. Die im vorliegenden Fall nachgereichte, pauschale Versicherung sei nicht ausreichend.
Das Registergericht setzte in dem Schreiben vom 21.06.2011 eine Frist von 4 Wochen zur Nachreichung einer Versicherung mit dem verlangten Inhalt, kündigte die Zurückweisung der Anmeldung für den Fall eines ergebnislosen Fristablaufs an und erteilte eine Rechtsmittelbelehrung.
Gegen die vorgenannte Zwischenverfügung des Registergerichts wendet sich die Beteiligte Ziff. 1 mit ihrer am 29.06.2011 beim Registergericht eingegangenen Beschwerde. Das Registergericht hat dieser nicht abgeholfen und die Akten dem Oberlandesgericht Stuttgart zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die gemäß §§ 382 Abs. 4 Satz 2, 58 ff. FamFG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde der Beteiligten Ziff. 1 hat in der Sache Erfolg.
1.
Der Zulässigkeit der Beschwerde steht nicht entgegen, dass die angegriffene Zwischenverfügung des Registergerichts vom 21.06.2011 nicht in der Form eines Beschlusses ergangen ist. Es handelt sich in der Sache gleichwohl um eine verbindliche Entscheidung im Sinne des § 382 Abs. 4 Satz 1 FamFG.
2.
Die Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Das vom Registergericht in der angegriffenen Zwischenverfügung angenommene Eintragungshindernis besteht nicht.
10 
Weder nach dem Wortlaut des § 8 Abs. 3 GmbHG beziehungsweise des § 39 Abs. 3 Satz 1 GmbHG noch nach dem Sinn und Zweck dieser Regelungen ist die ausdrückliche Benennung jedes einzelnen Bestellungshindernisses gemäß § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 und 3, Satz 3 GmbHG erforderlich. Die Vorschriften des § 8 Abs. 3 GmbHG bei der Anmeldung der Gesellschaft und § 39 Abs. 3 GmbHG bei Änderungen in der Person des Geschäftsführers dienen der Erleichterung des Anmeldungs- und Prüfungsverfahrens. Mit der Einführung der in diesen Vorschriften normierten Versicherung wollte der Gesetzgeber verhindern, dass das Registergericht zur Überprüfung der Umstände, die gemäß § 6 Abs. 2 Satz 2 und 3 GmbHG einer Stellung als Geschäftsführer entgegenstehen, selbst Auskunft aus dem Zentralregister einholen muss (vgl. BGH GmbHR 2010, 812). Hingegen ist es nicht die Funktion der Versicherung, auch erkennen zu lassen, dass dem Erklärenden Inhalt und Umfang seiner Erklärungspflicht bewusst sind. Die Richtigkeit und Vollständigkeit der Versicherung wird vielmehr zum Einen dadurch sichergestellt, dass der Geschäftsführer einer strafrechtlichen Verantwortung unterworfen wird (§ 82 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG), zum anderen dadurch, dass der Erklärende gemäß § 8 Abs. 3 Satz 1 GmbHG beziehungsweise § 39 Abs. 3 Satz 1 GmbHG über seine unbeschränkte Auskunftspflicht vom Gericht oder den in § 8 Abs. 3 Satz 2 GmbHG genannten rechtskundigen Personen zu belehren ist, was er wiederum zu versichern hat (BGH GmbHR 2010, 812).
11 
Der Bundesgerichtshof hat in dem zitierten Beschluss vom 17.05.2010 (GmbHR 2010, 812) entschieden, dass mit der in jenem Fall in Rede stehenden Versicherung des Geschäftsführers, er sei „noch nie, weder im Inland noch im Ausland, wegen einer Straftat verurteilt worden“, der oben genannte alleinige Gesetzeszweck vollständig erreicht ist, nämlich dem Registergericht auf schnelle und einfache Art diejenigen Informationen zu vermitteln, die es sich ansonsten durch ein Auskunftsersuchen gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 1 BZRG selbst verschaffen müsste. Das bedeutet aber entgegen der Auffassung des Registergerichts nicht, dass gerade die zitierte Formulierung verwendet werden muss. Vielmehr muss das Gleiche für die im vorliegenden Fall verwendete, dem Gesetzestext wörtlich entsprechende Versicherung (wonach keine Umstände vorliegen, die der Bestellung nach § 6 Abs. 2 Satz 2 und 3 GmbHG entgegenstehen) gelten, die im vorliegenden Fall zudem unter Bezugnahme auf die vorgelegte umfassende Belehrung durch den Beteiligten Ziff. 3 abgegeben worden ist. Die Begründung des Bundesgerichtshofes passt ohne weiteres auch auf diesen Fall, weshalb eine solche Versicherung als zulässig anzusehen ist (vgl. ebenso Wachter, ZIP 2010, 1339 [Anmerkung zu der zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofes)]. Weder der Gesetzeswortlaut noch - wie gezeigt - der Gesetzeszweck verlangen eine weitergehende Versicherung.
3.
12 
Die Kostenentscheidung im Beschwerdeverfahren beruht auf § 131 Abs. 3, 7 KostO.. Anlass für einen Ausspruch über eine Kostenerstattung besteht nicht.
13 
Die Festsetzung des Gegenstandswertes des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 131 Abs. 4 KostO in Verbindung mit § 131 Abs. 1 KostO.
4.
14 
Gründe für die Zulassung einer Rechtsbeschwerde gemäß § 70 FamFG bestehen nicht.

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