Urteil vom Oberlandesgericht Stuttgart - 9 U 159/13

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Tübingen - Einzelrichter - vom 05.07.2013, Az. 7 O 181/12, wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagten tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil des Landgerichts und dieses Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

 
I.
Eines Tatbestandes bedarf es gem. § 313a ZPO nicht.
II.
Die gem. § 511 ZPO statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und mit einer Begründung versehene Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Die Klägerin hat gem. § 17 Abs. 1, 2 i.V.m. §§ 7, 11 StVG einen auf sie gem. § 86 VVG übergegangenen Schadensersatzanspruch, der mindestens in der Höhe des vom Landgericht zugesprochenen Betrages noch besteht.
Zwischen den Parteien ist der Gesamtschaden in Höhe von 50.713,06 EUR unstreitig. Die Beklagte hat Leistungen in Höhe von 10.807,24 EUR und 6.298,92 EUR, insgesamt also 17.106,16 EUR erbracht. Das Landgericht hat auf der Basis einer Haftungsverteilung von 50:50 der Klägerin einen restlichen Erstattungsanspruch in Höhe von 8.017,37 EUR zugesprochen. Es ließ sich zu Gunsten der Beklagten kein Sachverhalt feststellen, der eine niedrigere Quote gerechtfertigt hätte.
Der Unabwendbarkeitsbeweis gem. § 17 StVG wurde von keiner Partei geführt. Weder konnte die Klägerin den Nachweis führen, dass sie nicht vorschriftswidrig überholt bzw. die Mittellinie überfahren hatte, noch konnten die Beklagten nachweisen, dass der Beklagte zu 2 berechtigt auf einen verkehrsordnungswidrigen Überholvorgang des Rettungswagens reagiert und nicht angesichts der weiten Sichtstrecke unaufmerksam gefahren ist.
Auch nach vollständiger Durchführung der Beweisaufnahme ließ sich nicht eine unfallursächlich erhöhte Betriebsgefahr des Rettungswagen zur Überzeugung des Senats feststellen, die eine andere Haftungsverteilung als die vom Landgericht gewählte rechtfertigen würde. Die Zeugen Kl. und Kn. gaben an, dass der Rettungswagen den Überholvorgang bereits beendet hatte, als es zur Begegnung mit dem Beklagtenfahrzeug gekommen sei. Der Zeuge Kn. räumte allerdings den Widerspruch zu seiner Aussage bei der Polizei ein, wonach der Rettungswagen sich noch im Überholvorgang befunden haben soll. Belastbare Angaben zu dem konkreten Fahrverlauf des Rettungswagens mit Bezug auf das Beklagtenfahrzeug sowie die Position der überholten Fahrzeuge haben die Zeugen nicht gemacht. Insbesondere ließ sich nicht feststellen, in welchem zeitlichen und räumlichen Abstand und in welcher räumlichen Einordnung auf den Fahrbahnen der Beklagte zu 2 den Rettungswagen wahrgenommen hat und wie er darauf hätte reagieren können. Der Zeuge T. konnte keine Angaben zu der Fahrweise des Rettungswagens machen, offenbar weil er sich auf das vor ihm fahrende Beklagtenfahrzeug konzentriert hat. Er gab allerdings an, dass er ca. 50m hinter dem Beklagtenfahrzeug mittig auf seiner Fahrspur gefahren sei und mühelos und ohne sich bedroht zu fühlen den Rettungswagen passiert habe. Bei den festgestellten Geschwindigkeiten (Beklagter ca. 100 km/h, Rettungswagen ca. 75 km/h) bedeutet dies, dass er den Rettungswagen ca. 1 Sekunde nach dem Beklagtenfahrzeug passiert hat. Dies spricht für eine Fahrweise des Rettungswagens, die dem Beklagten zu 2 keinen Anlass für die starke Lenkreaktion mit Abkommen von der Straße gegeben hat, zumal auch nach Angaben des Sachverständigen W. eine Sichtstrecke von ca. 400m bestanden hat. Die Umstände sprechen vielmehr für ein unaufmerksames Fahren des Beklagten zu 2 und damit für einen Fahrfehler. Jedenfalls lässt sich ein überwiegender Verursachungsanteil des Rettungswagens nicht feststellen.
Soweit die Beklagten im Schriftsatz vom 03.12.2013 erneut auf die früheren Aussagen der Zeugen Kn. und T. verweisen, gab dies keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gem. § 156 ZPO. Insbesondere bleibt, wie dargelegt, die Entfernung im Unklaren, in der der Beklagte zu 2 erstmalig den überholenden Rettungswagen wahrnehmen und darauf angemessen reagieren konnte. Das Aussageverhalten der Zeugen lässt eine Tatsachenfeststellung mit der gebotenen Überzeugung des Senats nicht zu, da die Zuverlässigkeit der Erinnerungen nicht ausreichend sicher erscheint.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Die Revision war nicht gem. § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern. Die Entscheidung weicht nicht von Entscheidungen anderer Obergerichte oder des Bundesgerichtshofs ab und beruht im Wesentlichen auf den Umständen des Einzelfalls.

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