Urteil vom Oberlandesgericht Stuttgart - 1 Not 3/14

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der Beigeladenen zu tragen.

3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte oder die Beigeladene vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Streitwert: 25.000,- EUR

Tatbestand

Der am ... geborene Kläger wurde im Jahr 1991 in ... zum Notar bestellt, wo er bis März 2010 tätig war. Am 1.4.2010 wurde ihm eine Stelle als freier Notar in ... übertragen.
Der Präsident des Landgerichts ... leitete am 16.7.2012 gegen den Kläger ein Disziplinarverfahren ein, das in der Folge mehrfach erweitert wurde. Mit Schreiben der Beklagten vom 19.2.2014 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass seine vorläufige Amtsenthebung geprüft und für diesen Fall die Bestellung eines Vertreters oder Notariatsverwalters erwogen werde. Gleichzeitig erhielt er Gelegenheit, zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen Stellung zu nehmen, was er mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 17.3.2014 auch tat.
Mit Verfügung der Beklagten vom 9.4.2014 wurde der Kläger vorläufig und mit sofortiger Wirkung bis zum unanfechtbaren Abschluss des Disziplinarverfahrens des Amtes enthoben. Die Beklagte macht dem Kläger insbesondere zum Vorwurf, in drei Fällen gegen Verwahrungsbestimmungen verstoßen zu haben, indem er den treuhänderisch verwahrten Kaufpreis auf Zuruf der Vertragsparteien ohne Einhaltung der Verwahrungsbestimmungen der finanzierenden Banken ausbezahlt habe. Zudem habe er seine Tätigkeit nicht verweigert, obwohl es sich offensichtlich um Geschäfte gehandelt habe, die betrügerisch zum Nachteil der finanzierenden Banken abgeschlossenen worden seien, was jeweils mit der Gefahr des Verlustes des verwahrten Geldes verbunden gewesen sei. Daneben wird dem Kläger zur Last gelegt, er habe sich in der Zeit von 16.4.2010 bis 15.5.2013 in mindestens 1.950 Fällen der Gebührenüberhebung schuldig gemacht, indem er vorsätzlich überhöhte Betreuungsgebühren gemäß § 147 Abs. 2 KostO abgerechnet habe. Wegen der weiteren Vorwürfe und der Einzelheiten der Begründung wird auf die Verfügung vom 9.4.2014 Bezug genommen.
Der Antrag des Klägers, die vorläufige Amtsenthebung auszusetzen, ist Gegenstand des beim Senat geführten Parallelverfahrens 1 Not 5/14.
Am 30.4.2014 bestellte die Beklagte die Beigeladene für die Dauer der vorläufigen Amtsenthebung zur Notariatsverwalterin für das Notaramt des Klägers. Zur Begründung hat die Beklagte ausgeführt, dass gegen die Bestellung eines Notarvertreters die größere Möglichkeit der Einflussnahme des Klägers auf den Kanzleibetrieb und damit mittelbar auf die Amtstätigkeit des Vertreters spreche. Der Verwalterbestellung sei bei schwerwiegenden Verstößen des Notars gegen grundlegende Amtspflichten der Vorzug zu geben. Auch unter Berücksichtigung der Interessen des Klägers sowie des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit sei deshalb die Bestellung eines Notariatsverwalters geboten.
Im Hinblick auf das noch nicht abgeschlossene Strafverfahren wurde das Disziplinarverfahren ausgesetzt.
Mit Urteil des Landgerichts ... – auswärtige Strafkammer ... – vom 27.11.2014 - ... - wurde der Kläger wegen Gebührenüberhebung in 1678 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 9 Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Ferner stellte die Strafkammer fest, dass der Kläger aus den Taten einen Geldbetrag in Höhe von insgesamt 250.557,52 EUR erlangt habe. Nur im Hinblick auf die Ansprüche der jeweils geschädigten Kostenschuldner wurde nicht auf den Verfall von Wertersatz erkannt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Der Kläger wendet sich mit seiner Klage gegen die Bestellung der Beigeladenen zur Notariatsverwalterin. Zur Begründung trägt er vor, die Voraussetzungen für eine Verwalterbestellung gemäß § 56 Abs. 4 BNotO lägen nicht vor, weil bereits die vorläufige Amtsenthebung zu Unrecht erfolgt sei. Unabhängig davon sei die Bestellung eines Notarvertreters gemäß § 39 Abs. 2 S. 1 BNotO zweckmäßig und als milderes Mittel geboten gewesen.
Die wirtschaftlichen Konsequenzen der vorläufigen Amtsenthebung seien für ihn, seine Familie und auch die betroffenen Mitarbeiterinnen gravierend. Dabei sei insbesondere zu berücksichtigen, dass die Kosten nach der Verwalterbestellung weiterlaufen würden, etwa die Miete für die Räume, in denen die Kanzlei betrieben werde.
10 
Der Kläger beantragt:
11 
Der Bescheid des Justizministeriums vom 30.4.2014 wird ganz aufgehoben.
12 
Hilfsweise:
13 
Der Bescheid wird dahingehend abgeändert, dass statt der Notariatsverwalterin nach § 56 Abs. 1 BNotO eine Vertreterin bzw. ein Vertreter gemäß § 39 Abs. 2 S. 1 BNotO zu bestellen ist, der/die auf Rechnung des Klägers arbeitet.
14 
Die Beklagte beantragt,
15 
die Klage abzuweisen.
16 
Sie verteidigt die von ihr getroffene Maßnahme unter Vertiefung der Begründung der angefochtenen Verfügung. Ergänzend verweist sie auf neue Erkenntnisse, wonach der Kläger heimlich und ohne Kenntnis der Aufsichtsbehörden das einzige notarielle Geschäftskonto, über das sämtliche Einnahmen und Ausgaben gebucht worden seien, als Treuhandkonto zugunsten eines Dritten eingerichtet habe. Dies belege die berechtigte Befürchtung, der Kläger werde weiterhin versuchen, auf den Kanzleibetrieb Einfluss zu nehmen.
17 
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die eingereichten Schriftsätze und Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
I.
18 
Der Hauptantrag der Klage ist zulässig, in der Sache aber nicht begründet.
1.
19 
Der Hauptantrag ist als Anfechtungsklage zulässig. Bei dem Streit um die Rechtmäßigkeit der Verwalterbestellung handelt es sich um eine verwaltungsrechtliche Notarsache im Sinne von § 111 Abs. 1 BNotO, für die gemäß § 111 b Abs. 1 BNotO die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend gelten. Der Kläger wendet sich gegen die Anordnung der Notariatsverwaltung als Verwaltungsakt, der ihn belastet, weil die Bestellung eines Notarvertreters die wirtschaftlich weniger einschneidende Maßnahme darstellen würde. Gegen diese Maßnahme ist deshalb die Anfechtungsklage (§ 113 VwGO) statthaft. Eines Vorverfahrens bedurfte es gemäß § 68 Abs. 1 S.2 Nr. 1 VwGO nicht. Die Klagefrist von einem Monat (§ 74 VwGO) ist gewahrt.
2.
20 
Die Klage ist nicht begründet. Die Voraussetzungen, unter denen gemäß § 56 Abs. 4 BNotO im Falle der vorläufigen Amtsenthebung des Notars ein Notariatsverwalter bestellt werden kann, sind gegeben.
a)
21 
Der Tatbestand der Ermächtigungsgrundlage ist erfüllt, nachdem der Kläger gemäß §§ 96 Abs. 1 S. 1 BNotO, 38 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BDG wirksam vorläufig des Amtes enthoben wurde. Die Rechtmäßigkeit der vorläufigen Amtsenthebung ist insoweit nicht zu prüfen (BGH v. 20.7.1998 – NotZ 33/97). Im Übrigen bestehen an der Rechtmäßigkeit der vorläufigen Amtsenthebung auch keine Zweifel. Nach dem bisherigen Ergebnis des Strafverfahrens besteht der hinreichende Verdacht, dass der Vorwurf der Gebührenüberhebung berechtigt ist. Bestätigt sich am Ende des Disziplinarverfahrens, dass der Kläger in einer Vielzahl von Fällen unter Vorspiegelung ordnungsgemäßer Abrechnung vorsätzlich den ihm bei der Geltendmachung seiner Kosten eingeräumten Beurteilungsspielraum überschritten hat und damit zum Nachteil der Kostenschuldner einen Gesamtschaden von mindestens 250.557,52 EUR verursacht hat, ist zu erwarten, dass der Kläger endgültig des Amtes enthoben wird. Auf die Gründe des im Parallelverfahren 1 Not 5/14 ergangenen Beschluss des Senats vom 6.3.2015 wird insoweit Bezug genommen.
b)
22 
Die Entscheidung der Beklagten, dass die Bestellung eines Notarvertreters gemäß § 39 Abs. 2 S. 1 BNotO nicht zweckmäßig erscheint, ist rechtmäßig. § 56 Abs. 4 BNotO räumt der Justizverwaltung ein Ermessen ein, ob sie anstelle eines Vertreters einen Verwalter bestellt. Ein grundsätzlicher Vorrang für die Vertreter- oder Verwalterbestellung besteht nicht. Ein Verwalter kann bestellt werden, wenn nur ein sachlicher Grund für die Unzweckmäßigkeit einer Vertreterbestellung vorliegt (Schippel/Bracker, BNotO, 9. Aufl., § 56 Rn.32).
23 
Dass die Beklagte ihr Ermessen fehlerhaft ausgeübt hätte, kann nicht festgestellt werden. Die Erwägung, dass die Bestellung eines Notarvertreters gemäß § 39 Abs. 2 S. 1 BNotO unter Abwägung aller Umstände nicht zweckmäßig ist, ist nachvollziehbar und nicht zu beanstanden. Aufgrund des hinreichenden Verdachts eines gravierenden, auch strafrechtlich relevanten Dienstvergehens des Klägers, bei dem ein Verbleib des Klägers im Amt nicht tragbar wäre, kann es nicht als ermessenfehlerhaft angesehen werden, dass die Beklagte mit der Verwalterbestellung die Maßnahme ergriffen hat, die den zuverlässigsten Schutz gegen etwaige Einflussnahmen des Antragstellers auf den Amtsbetrieb gewährleistet.
24 
Die Beklagte überschreitet den ihr eingeräumten Ermessensspielraum nicht, wenn sie annimmt, dass der mit den Verfehlungen des Notars zutage getretene Eignungsmangel nicht nur die Gefahr der Wiederholung ähnlicher Verstöße nahe legt, sondern auch die Gefahr einer Beeinflussung eines auf Rechnung des Notars arbeitenden Notarvertreters. Der Vorwurf der Gebührenüberhebung betrifft mit den Kostenabrechnungen gerade einen Teilaspekt der wirtschaftlichen Verwaltung, sodass es sachlich gerechtfertigt ist, den Kläger davon so weit wie möglich auszuschließen.
25 
Erhärtet wird der Verdacht, der Kläger könne versuchen, trotz der vorläufigen Amtsenthebung auf den Amtsbetrieb Einfluss zu nehmen, durch den Umstand, dass der Kläger während des laufenden Disziplinarverfahrens ohne Kenntnis der Aufsichtsbehörden unstreitig das einzige notarielle Geschäftskonto in ein Treuhandkonto eines Dritten umgewandelt hat. Ob dies tatsächlich von der Absicht getragen war, die Gelder dem Zugriff seiner Gläubiger zu entziehen, ist in diesem Zusammenhang nicht entscheidend. Sachliche Gründe für diese Maßnahme nennt der Kläger nicht.
26 
Mildere Mittel, eine Einflussnahme des Klägers auszuschließen, standen der Beklagten nicht zur Verfügung, sodass es nach den gesamten Umständen auch verhältnismäßig war, von der Bestellung eines Vertreters abzusehen. Die wirtschaftlichen Nachteile, die für den Kläger mit der Bestellung der Beigeladenen verbunden sind und die von der Beklagten bei der Abwägung berücksichtigt wurden, hat der Kläger als Konsequenz der rechtmäßigen vorläufigen disziplinarrechtlichen Maßnahmen hinzunehmen.
27 
Insgesamt lässt die angefochtene Maßnahme Ermessenfehler nicht erkennen. Nach den Umständen war es auch nach Auffassung des Senats zweckmäßig, dem Kläger seine Amtsbefugnisse und die wirtschaftliche Verwaltung der auf seine Kosten geführten Notarstelle nicht zu belassen, sondern die zweifelsfrei geeignete Beigeladene als Verwalterin zu bestellen.
II.
28 
Auch der Hilfsantrag des Klägers ist nicht begründet. Da die Verwalterbestellung rechtmäßig ist, kann der noch weitergehende Hilfsantrag des Klägers, mit dem er die Verpflichtung der Beklagten erreichen möchte, einen Vertreter zu bestellen, keinen Erfolg haben.
III.
29 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 111 b Abs. 1 BNotO, 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus §§ 111 b Abs. 1 BNotO, 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO. Ein Grund, gemäß § 111 d BNotO i.V.m. §§ 124, 124a VwGO die Berufung zuzulassen, besteht nicht.
30 
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 111g BNotO, 52 GKG. Gemäß § 111g Abs. 2 BNotO ist in Verfahren, die die Amtsenthebung betreffen, ein Streitwert von 50.000 Euro anzunehmen, wobei unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache sowie der Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Klägers, ein höherer oder einen niedrigerer Wert festgesetzt werden kann. Da hier nur ein - allerdings wirtschaftlich bedeutsamer - Nebenaspekt betroffen ist, ist der Ansatz des halben Werts angemessen.

Gründe

 
I.
18 
Der Hauptantrag der Klage ist zulässig, in der Sache aber nicht begründet.
1.
19 
Der Hauptantrag ist als Anfechtungsklage zulässig. Bei dem Streit um die Rechtmäßigkeit der Verwalterbestellung handelt es sich um eine verwaltungsrechtliche Notarsache im Sinne von § 111 Abs. 1 BNotO, für die gemäß § 111 b Abs. 1 BNotO die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend gelten. Der Kläger wendet sich gegen die Anordnung der Notariatsverwaltung als Verwaltungsakt, der ihn belastet, weil die Bestellung eines Notarvertreters die wirtschaftlich weniger einschneidende Maßnahme darstellen würde. Gegen diese Maßnahme ist deshalb die Anfechtungsklage (§ 113 VwGO) statthaft. Eines Vorverfahrens bedurfte es gemäß § 68 Abs. 1 S.2 Nr. 1 VwGO nicht. Die Klagefrist von einem Monat (§ 74 VwGO) ist gewahrt.
2.
20 
Die Klage ist nicht begründet. Die Voraussetzungen, unter denen gemäß § 56 Abs. 4 BNotO im Falle der vorläufigen Amtsenthebung des Notars ein Notariatsverwalter bestellt werden kann, sind gegeben.
a)
21 
Der Tatbestand der Ermächtigungsgrundlage ist erfüllt, nachdem der Kläger gemäß §§ 96 Abs. 1 S. 1 BNotO, 38 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BDG wirksam vorläufig des Amtes enthoben wurde. Die Rechtmäßigkeit der vorläufigen Amtsenthebung ist insoweit nicht zu prüfen (BGH v. 20.7.1998 – NotZ 33/97). Im Übrigen bestehen an der Rechtmäßigkeit der vorläufigen Amtsenthebung auch keine Zweifel. Nach dem bisherigen Ergebnis des Strafverfahrens besteht der hinreichende Verdacht, dass der Vorwurf der Gebührenüberhebung berechtigt ist. Bestätigt sich am Ende des Disziplinarverfahrens, dass der Kläger in einer Vielzahl von Fällen unter Vorspiegelung ordnungsgemäßer Abrechnung vorsätzlich den ihm bei der Geltendmachung seiner Kosten eingeräumten Beurteilungsspielraum überschritten hat und damit zum Nachteil der Kostenschuldner einen Gesamtschaden von mindestens 250.557,52 EUR verursacht hat, ist zu erwarten, dass der Kläger endgültig des Amtes enthoben wird. Auf die Gründe des im Parallelverfahren 1 Not 5/14 ergangenen Beschluss des Senats vom 6.3.2015 wird insoweit Bezug genommen.
b)
22 
Die Entscheidung der Beklagten, dass die Bestellung eines Notarvertreters gemäß § 39 Abs. 2 S. 1 BNotO nicht zweckmäßig erscheint, ist rechtmäßig. § 56 Abs. 4 BNotO räumt der Justizverwaltung ein Ermessen ein, ob sie anstelle eines Vertreters einen Verwalter bestellt. Ein grundsätzlicher Vorrang für die Vertreter- oder Verwalterbestellung besteht nicht. Ein Verwalter kann bestellt werden, wenn nur ein sachlicher Grund für die Unzweckmäßigkeit einer Vertreterbestellung vorliegt (Schippel/Bracker, BNotO, 9. Aufl., § 56 Rn.32).
23 
Dass die Beklagte ihr Ermessen fehlerhaft ausgeübt hätte, kann nicht festgestellt werden. Die Erwägung, dass die Bestellung eines Notarvertreters gemäß § 39 Abs. 2 S. 1 BNotO unter Abwägung aller Umstände nicht zweckmäßig ist, ist nachvollziehbar und nicht zu beanstanden. Aufgrund des hinreichenden Verdachts eines gravierenden, auch strafrechtlich relevanten Dienstvergehens des Klägers, bei dem ein Verbleib des Klägers im Amt nicht tragbar wäre, kann es nicht als ermessenfehlerhaft angesehen werden, dass die Beklagte mit der Verwalterbestellung die Maßnahme ergriffen hat, die den zuverlässigsten Schutz gegen etwaige Einflussnahmen des Antragstellers auf den Amtsbetrieb gewährleistet.
24 
Die Beklagte überschreitet den ihr eingeräumten Ermessensspielraum nicht, wenn sie annimmt, dass der mit den Verfehlungen des Notars zutage getretene Eignungsmangel nicht nur die Gefahr der Wiederholung ähnlicher Verstöße nahe legt, sondern auch die Gefahr einer Beeinflussung eines auf Rechnung des Notars arbeitenden Notarvertreters. Der Vorwurf der Gebührenüberhebung betrifft mit den Kostenabrechnungen gerade einen Teilaspekt der wirtschaftlichen Verwaltung, sodass es sachlich gerechtfertigt ist, den Kläger davon so weit wie möglich auszuschließen.
25 
Erhärtet wird der Verdacht, der Kläger könne versuchen, trotz der vorläufigen Amtsenthebung auf den Amtsbetrieb Einfluss zu nehmen, durch den Umstand, dass der Kläger während des laufenden Disziplinarverfahrens ohne Kenntnis der Aufsichtsbehörden unstreitig das einzige notarielle Geschäftskonto in ein Treuhandkonto eines Dritten umgewandelt hat. Ob dies tatsächlich von der Absicht getragen war, die Gelder dem Zugriff seiner Gläubiger zu entziehen, ist in diesem Zusammenhang nicht entscheidend. Sachliche Gründe für diese Maßnahme nennt der Kläger nicht.
26 
Mildere Mittel, eine Einflussnahme des Klägers auszuschließen, standen der Beklagten nicht zur Verfügung, sodass es nach den gesamten Umständen auch verhältnismäßig war, von der Bestellung eines Vertreters abzusehen. Die wirtschaftlichen Nachteile, die für den Kläger mit der Bestellung der Beigeladenen verbunden sind und die von der Beklagten bei der Abwägung berücksichtigt wurden, hat der Kläger als Konsequenz der rechtmäßigen vorläufigen disziplinarrechtlichen Maßnahmen hinzunehmen.
27 
Insgesamt lässt die angefochtene Maßnahme Ermessenfehler nicht erkennen. Nach den Umständen war es auch nach Auffassung des Senats zweckmäßig, dem Kläger seine Amtsbefugnisse und die wirtschaftliche Verwaltung der auf seine Kosten geführten Notarstelle nicht zu belassen, sondern die zweifelsfrei geeignete Beigeladene als Verwalterin zu bestellen.
II.
28 
Auch der Hilfsantrag des Klägers ist nicht begründet. Da die Verwalterbestellung rechtmäßig ist, kann der noch weitergehende Hilfsantrag des Klägers, mit dem er die Verpflichtung der Beklagten erreichen möchte, einen Vertreter zu bestellen, keinen Erfolg haben.
III.
29 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 111 b Abs. 1 BNotO, 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus §§ 111 b Abs. 1 BNotO, 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO. Ein Grund, gemäß § 111 d BNotO i.V.m. §§ 124, 124a VwGO die Berufung zuzulassen, besteht nicht.
30 
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 111g BNotO, 52 GKG. Gemäß § 111g Abs. 2 BNotO ist in Verfahren, die die Amtsenthebung betreffen, ein Streitwert von 50.000 Euro anzunehmen, wobei unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache sowie der Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Klägers, ein höherer oder einen niedrigerer Wert festgesetzt werden kann. Da hier nur ein - allerdings wirtschaftlich bedeutsamer - Nebenaspekt betroffen ist, ist der Ansatz des halben Werts angemessen.

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