1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 21.08.2020, Az. 12 O 485/19, abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheiten in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 14.994,00 EUR festgesetzt.
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| Gegenstand des Rechtsstreits sind Ansprüche aus Vermittlung von zwei Leiharbeitnehmern aus und im Zusammenhang mit einer Arbeitnehmerüberlassung. |
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| Die Klägerin betreibt gewerblich Arbeitnehmerüberlassung. Die Beklagte ist Inhaberin eines Betriebes für Metallbau und Schlosserei. Am 14.08.2018 schlossen die Parteien einen Arbeitnehmerüberlassungsvertrag (Anlage K 1, im Folgenden: AÜV), der eine Laufzeit ab 15.08.2018 bis 14.02.2020 vorsah. Der AÜV enthält in § 11 (Übernahme von Mitarbeitern / Vermittlung / Provision) folgende Bestimmungen: |
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| 1. Eine Vermittlung liegt vor, wenn der Auftraggeber oder ein mit ihm rechtlich oder wirtschaftlich verbundenes Unternehmen während der Dauer des Arbeitnehmerüberlassungsvertrages mit dem Arbeitnehmer der sky Personal ein Arbeitsverhältnis eingeht. Eine Vermittlung liegt auch dann vor, wenn der Auftraggeber oder ein mit ihm rechtlich oder wirtschaftlich verbundenes Unternehmen innerhalb von 6 Monaten nach Beendigung der Überlassung, mit dem Arbeitnehmer ein Arbeitsverhältnis eingeht. ... |
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| 5. In den Fällen der 11.1 und 11.2 hat der Auftraggeber eine Vermittlungsprovision an die sky Personal zu zahlen. Befristete Arbeitsverhältnisse sind im gleichen Umfang provisionspflichtig wie unbefristete Arbeitsverhältnisse. Die sky Personal erhält eine Vermittlungsprovision nach folgender Staffelung: |
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| - bis 4 Monate Überlassungsdauer 300 Std. x Verrechnungssatz - bis 8 Monate Überlassungsdauer 200 Std. x Verrechnungssatz - bis 12 Monate Überlassungsdauer 100 Std. x Verrechnungssatz - Nach dem 12. Monate ununterbrochener Überlassungsdauer ist keine Provision mehr zu entrichten. |
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| 6. Berechnungsgrundlage der Vermittlungsprovision ist der zwischen dem Auftraggeber und der sky Personal angebotene bzw. vereinbarte Verrechnungssatz. Bei Unterbrechungen ... Die Vermittlungsprovision ist zzgl. der gesetzlichen Mehrwertsteuer zu zahlen. Die Fälligkeit der Vermittlungsprovision richtet sich nach § 6.1. ... |
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| Auf Grundlage dieses Vertrags überließ der Kläger der Beklagten die beiden Leiharbeitnehmer Ko. und Ku.. Die Beklagte teilte mit Schreiben vom 18.11.2018 der Klägerin mit, dass der Einsatz der beiden Mitarbeiter am 21.12.2018 ende und diese am 07.01.2019 wiederkommen sollen (Anlage K 5). Zum 21.12.2018 endete die Beschäftigung der Leiharbeitnehmer bei der Beklagten. Der Kläger kündigte mit Schreiben vom 05.12.2018 den Leiharbeitnehmern zum 21.12.2018 (Anlage B 2). Ob die Mitteilung der Beklagten vom 18.11.2018 Grund für die Kündigung ist, ist zwischen den Parteien umstritten. Der Kläger fertigte neue Arbeitsverträge vom 12.12.2018 mit den beiden Leiharbeitnehmern mit Arbeitsbeginn 07.01.2019 (Anlagen K 6 und 7). Ob sie an die Mitarbeiter gesandt wurden, ist umstritten. Mit Schreiben vom 21.12.2018 kündigte die Beklagte sodann den AÜV zum 04.01.2019 (Anlage K 8). Ob der Kläger sodann den Einsatz der beiden Mitarbeiter bei einer anderen Firma in G. geplant hat, ist zwischen den Parteien ebenfalls umstritten. |
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| Zum 07.01.2019 stellte die Beklagte die beiden Mitarbeiter bei sich ein, der Zeitpunkt des Arbeitsvertragsschlusses ist streitig, ebenso ob die Mitarbeiter zu diesem Zeitpunkt noch in einem Arbeitsvertrag zur Klägerin standen. |
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| Mit Rechnung vom 25.02.2019 stellte der Kläger der Beklagten insgesamt 14.994 Euro brutto, die Klageforderung, als Vermittlungsprovision in Rechnung, berechnet auf Grundlage des § 11 Abs. 5 AÜV. Das von der Klägerin beauftragte Inkassobüro forderte unter Vorlage der Rechnung die Bezahlung mit Schreiben vom 18.03.2019 an. Diese darin geforderte Vermittlungsprovision ließ die Beklagte mit Schreiben vom 20.03.2019 zurückweisen. Der Kläger ließ mit Anwaltsschreiben vom 11.04.2019 die Rechnung vergeblich anmahnen. |
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| Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen und den Anträgen in erster Instanz wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils verwiesen. |
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| Das Landgericht hat der auf Vergütung gerichteten Klage im Wesentlichen stattgegeben. Der Kläger sei aktivlegitimiert. Es sei eine Vermittlungsprovision von 14.994 Euro geschuldet. Rechtsgrundlage sei § 11 Ziff. 1 und 5 AÜV. Die überlassenen Arbeitnehmer seien innerhalb von 6 Monaten nach Beendigung der Überlassung ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten eingegangen. Aus dem Begriff Übernahme ergebe sich nichts anderes. Sinn und Zweck der Vermittlungsprovision sprächen auch nicht dagegen. Für das Verständnis sei der gesamte Regelungsgehalt des § 11 AÜV maßgeblich. Der Begriff Übernahme finde sich nur in der Überschrift der Vertragsklausel. Ein begriffliches Verständnis von Übernahme sei mit § 11 Ziff. 1 S. 2 AÜV nicht vereinbar. Die Vermittlungsprovision solle nicht wirtschaftliche Nachteile ausgleichen, sondern die Vermittlungstätigkeit honorieren. § 9 Ziff. 3 Hs 2 AÜG stehe dem nicht entgegen. Die Vermittlungsprovision hänge nicht von der Art des Beendigungstatbestandes ab. Dieses Vertragsverständnis sei für die Beklagte auch erkennbar gewesen. Zwischen Vermittlung und Vertragsschluss bestehe eine Kausalität. § 11 AÜV sei auch nicht gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 3 Hs 2 AÜG unwirksam. Anspruch auf Verzugszinsen habe der Kläger dagegen nicht, nur auf Prozesszinsen. Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten könne der Kläger aus § 280 Abs. 1 BGB ersetzt verlangen. |
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| Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils verwiesen. |
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| Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie den ursprünglichen Klageabweisungsantrag weiterverfolgt. Der vertragliche Tatbestand einer Vergütungspflicht sei nicht erfüllt. Eine Übernahme der beiden Mitarbeiter durch die Beklagte habe nicht stattgefunden. Die Mitarbeiter seien bei Einstellung bei der Beklagten vertraglos gewesen. |
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| Darüber hinaus verstoße die Vertragsklausel gegen § 9 Nr. 3 Hs 1 AÜG und sei unwirksam. § 9 Nr. 3 AÜG erfasse nur den Fall, dass der Leiharbeitnehmer das Arbeitsverhältnis kündige bzw. die Beendigung veranlasse. Dem Leiharbeitnehmer solle das Finden einer Arbeitsstelle nicht erschwert werden. Bei Kündigung durch den Leiharbeiter wäre diesem das Auffinden einer neuen Arbeitsstelle erschwert, weil der neue Arbeitgeber eine Provision zahlen müsse. Leiharbeitnehmer würden auch häufig bei verschiedenen Entleihern eingesetzt. Eine unterschiedliche Behandlung von eigen- und fremdbestimmter Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei angemessen. Der Schutz des Leiharbeitnehmers vor einem sozialen Abstieg überwiege das Interesse des Verleihers an einer Vergütung, für die Arbeitnehmerüberlassung habe der Verleiher bereits eine Vergütung erhalten. Die Vertragsklausel hätte danach differenzieren müssen, ob der Leiharbeitnehmer von dem Entleiher abgeworben werde oder selbst das Arbeitsverhältnis zum Verleiher kündige und dann vom Entleiher eingestellt werde. Die Kündigung durch den Verleiher löse keine Provisionspflicht aus. |
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| Sie hält die Vertragsklausel auch für mit § 307 BGB unvereinbar. Eine Provisionspflicht bestehe nach dem AÜV unabhängig von der Dauer des eingegangenen Arbeitsverhältnisses zum Entleiher und der auszuführenden Arbeit beim Entleiher. Dies begründe die Unwirksamkeit der Vertragsklausel. Es werde von wesentlichen gesetzlichen Grundgedanken, wie § 87 HGB, abgewichen. |
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| unter Abänderung des Urteils des LG Stuttgart vom 21.08.2020 - Az. 12 O 485/19 wird die Klage abgewiesen. |
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| die Berufung zurückzuweisen. |
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| Der Kläger verteidigt die Entscheidung erster Instanz. Die vertraglich geregelten Voraussetzungen, an die eine Vergütungspflicht angeknüpft seien, seien erfüllt. Die Mitarbeiter seien übernommen worden. Die vertragliche Bestimmung sei nicht unwirksam. |
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| Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes zweiter Instanz wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. |
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| Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Die Klägerin kann von der Beklagten keine Vermittlungsprovision verlangen und mangels Hauptforderung nicht die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. |
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| Nach § 11 Abs. 1 AÜG kann der Verleiher eine Provision verlangen, wenn während der Dauer des Arbeitnehmerüberlassungsvertrags der Entleiher mit dem Arbeitnehmer ein Arbeitsverhältnis eingeht oder wenn innerhalb von 6 Monaten nach Beendigung der Überlassung ein Arbeitsverhältnis eingegangen wird. Das Arbeitsverhältnis der beiden Arbeiter Ko. und Ku. wurde hier während des bestehenden Arbeitnehmerüberlassungsvertrages mit der Beklagten eingegangen. |
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| Die beiden Leiharbeitnehmer haben während des bestehenden Arbeitnehmerüberlassungsvertrages mit der Beklagte einen Arbeitsvertrag geschlossen. |
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| Zum Zeitpunkt des Abschlusses der Arbeitsverträge mit den (früheren) Leiharbeitnehmern des Klägers bestand der Arbeitnehmerüberlassungsvertrag zwischen den Parteien noch, weil die Kündigung der Beklagten vom 20.12.2018 (Anl. K8) unwirksam ist. Die Parteien hatten nach § 5 Nr. 2 sowie § 12 Nr. 1 AÜV einen befristeten Vertrag abgeschlossen. Ein solcher befristeter Vertrag kann nicht ordentlich nach § 12 Nr. 2 AÜV, sondern nur aus wichtigem Grund gekündigt werden. Ein solcher wichtiger Grund ist nicht vorgetragen. Insbesondere kann ein außerordentlicher Kündigungsgrund nicht daraus hergeleitet werden, dass die beiden Leiharbeitnehmer Ku. und Ko. für eine weitere Arbeitnehmerüberlassung durch den Kläger nicht mehr zur Verfügung gestanden wären. Denn der AÜV lässt einen Austausch der Leiharbeitnehmer zu (§§ 5 Abs. 3, 8 Abs. 4, 5 AÜV) und ist nicht auf die beiden benannten Leiharbeitnehmer beschränkt. |
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| Selbst wenn der Arbeitnehmerüberlassungsvertrag wirksam gekündigt worden wäre, schuldete die Beklagte aufgrund des zeitlichen engen Zusammenhangs zwischen der Beendigung des Arbeitnehmerüberlassungsvertrags und dem Abschluss der Arbeitsverträge mit den (früheren) Leiharbeitnehmern des Klägers nach § 11 Abs. 1 S. 1 AÜV eine Vermittlungsprovision. Bei der Übernahme eines Arbeitnehmers "aus der Überlassung" - also während eines bestehenden Überlassungsvertrags oder in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit einem solchen (beendeten) Überlassungsvertrag - ist die Kausalität der Überlassung für die nachfolgende Übernahme typischerweise und in aller Regel gegeben und kommt ihr Fehlen wenn überhaupt, so nur für äußerst fern liegende, rein theoretisch denk- oder "konstruierbare" Fallgestaltungen in Betracht (BGH, Urteil vom 10. November 2011 – III ZR 77/11 –, Rn. 33, juris). Für das Entstehen der Provisionspflicht genügt es deshalb, wenn die Übernahme des Arbeitnehmers durch die Beklagte während des bestehenden Überlassungsvertrags oder in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem - beendeten - Überlassungsvertrag zwischen den Parteien erfolgt ist (BGH, Urteil vom 10. November 2011 – III ZR 77/11 –, Rn. 38, juris). Letzteres ist hier unstreitig der Fall. |
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| Ob das Leiharbeitsverhältnis zuvor vom Kläger gekündigt worden ist, ist unerheblich. |
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| Die Beklagte wendet ein, von dieser Klausel sei der Fall schon nicht erfasst, dass der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt des Eingehens des Arbeitsverhältnisses mit dem Überlasser kein Vertragsverhältnis mehr hat. Die Klausel differenziert aber nicht danach, wie sich das Vertragsverhältnis zwischen dem Entleiher und dem Arbeitnehmer weiter entwickelt hat. Ob zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrags mit der Beklagten die beiden Leiharbeitnehmer noch einen wirksamen Vertrag mit dem Kläger hatten, kann dahingestellt bleiben. Nach der neuesten Rechtsprechung des BGH ist die Vermittlungshonorarklausel auch dann einschlägig, wenn zunächst der Verleiher das Arbeitsverhältnis mit dem Leiharbeitnehmer durch Kündigung beendet und dieser anschließend ein Arbeitsverhältnis mit dem (vormaligen) Entleiher begründet (BGH, Urteil vom 05. November 2020 – III ZR 156/19 –, Rn. 20, juris). Die von der Beklagten vorgebrachten Argumente hat der BGH geprüft, erörtert und für nicht durchgreifend erachtet. Diese Entscheidungsgründe des BGH macht sich der Senat zu eigen. |
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| § 11 Nr. 1 S. 2 hält einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB nicht stand. Diese Bestimmung bewirkt eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners (hier: des Entleihers), weil diesem die Möglichkeit des Nachweises, dass es an der nötigen Kausalität der Überlassung für die spätere Übernahme des Arbeitnehmers fehle, genommen wird (BGH, Urteil vom 10. November 2011 – III ZR 77/11 –, Rn. 34, juris). |
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| Die Vertragsklausel ist an § 9 Abs. 1 Nr. 3 AÜG (vgl. BT-Drs. 15/6008 S. 11; BT-Drs. 15/1749 S. 29; BT-Drs. VI/2303 S. 11) und § 307 BGB zu messen. |
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| Es handelt sich um eine von der Klägerin gestellte Geschäftsbedingung, die unter § 305 BGB fällt. Nach § 307 Abs. 1 BGB ist eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteilige. Nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 AÜG ist eine Vereinbarung, die dem Entleiher untersagt, den Leiharbeitnehmer zu einem Zeitpunkt einzustellen, in dem dessen Arbeitsverhältnis zum Verleiher nicht mehr besteht, unwirksam; dies schließt die Vereinbarung einer angemessenen Vergütung zwischen Verleiher und Entleiher für die nach vorangegangenem Verleih oder mittels vorangegangenem Verleih erfolgte Vermittlung nicht aus. |
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| § 9 Abs. 1 Nr. 3 Hs 1 AÜG erfasst das Eingehen eines neuen Arbeitsverhältnisses nach Ende des Leiharbeitsverhältnisses zwischen Mitarbeiter und Verleiher, nicht das Eingehen eines Arbeitsverhältnisses während des bestehenden Leiharbeitsverhältnisses. Der letzte Fall stellt schon eine unlautere Arbeitnehmerabwerbung und für den Entleiher gegenüber dem Verleiher eine Vertragsverletzung dar, soweit er den Mitarbeiter zum Vertragsbruch gegenüber dem Verleiher verleitet (ErfK-Wank, 21. Aufl. 2021, § 9 AÜG Rn. 14; beckOK Arbeitsrecht-Kock, Stand: 01.12.2020,3 § 9 AÜG Rn. 50). Das Verbot erstreckt sich inhaltlich auf alle Vereinbarungen, die den Wechsel des Leiharbeitnehmers zum Entleiher verhindern oder wesentlich erschweren (BGH NZA-RR 2012, 67, 68). Nach der gesetzlichen Regelung des § 9 Abs. 1 Nr. 3 Hs 2 AÜG ist die Vereinbarung einer Vermittlungsgebühr grundsätzlich zulässig und vom Einstellungsverbot gem. Hs 1 nicht umfasst (beckOK Arbeitsrecht-Kock, § 9 AÜG Rn. 51). Vor Einführung dieser Regelung wurde eine solche Vergütungsvereinbarung als unzulässig angesehen, weil sie einen für einen Arbeitsplatzwechsel erschwerende Wirkung hat (BGH NZA 2003, 1025 zu § 9 Nr. 4 AÜG a.F. für eine Vereinbarung zwischen Verleiher und Entleiher, die den Wechsel des Leiharbeitnehmers zum Entleiher verhindern soll oder wesentlich erschwert wie eine Vermittlungsprovision, die der Entleiher an den Verleiher zu zahlen hat). Die nach Hs 2 zulässige Honorierung der Vermittlung stellt einen teilweisen Ausgleich dafür dar, dass der ungeplante Wechsel zum Entleiher erhebliche wirtschaftliche Nachteile für den Verleiher bringt, wenn er einen qualifizierten Arbeitnehmer verliert (Schüren / Hamann-Schüren, 5. Aufl. 2018, § 9 AÜG Rn. 173). Vermittlungsprovisionen können von Abs. 1 Nr. 1 erfasst sein, die sich der Verleiher für den Fall der Übernahme des Arbeitnehmers durch den Entleiher versprechen lässt; deren Höhe darf in ihrer wirtschaftlichen Wirkung nämlich nicht einer Untersagung gleichkommen (beckOK Arbeitsrecht-Kock, Stand: 01.12.2020, § 9 Rn. 50). |
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| Hs 2 erfasst die Vermittlung nach oder mittels vorangegangenem Verleih und damit eine Einstellung des Leiharbeitnehmers beim Entleiher während oder nach Ende des Leiharbeitsverhältnisses. |
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| Zwar ist die streitgegenständliche Provisionsklausel nicht deshalb unwirksam, weil sie nach der Dauer des neuen Arbeitsverhältnisses nicht differenziert. |
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| Die Beklagte hält die Provisionsklausel für unwirksam, weil diese nicht nach der Dauer des neuen Arbeitsverhältnisses differenziert. Der Dauer des Arbeitsverhältnisses beim Entleiher wird in Literatur und Rechtsprechung sowie in der gesetzgeberischen Begründung (vgl. BT-Drs. 15/1749 S. 29; BT-Drs. 15/6008 S. 11), soweit ersichtlich, keine maßgebliche Bedeutung eingeräumt. Dafür spricht, dass auch ein unbefristetes Arbeitsverhältnis im Lauf der Probezeit ohne Gründe gekündigt werden kann. Andererseits kann bei einem befristeten Arbeitsvertrag die Dauer durch eine Verlängerung des Vertrags oder den Abschluss eines Anschlussvertrags erheblich erweitert werden. Angesichts dieser Unwägbarkeiten und den damit verbundenen Missbrauchsmöglichkeiten muss der Verleiher nicht unmittelbar auf die Dauer des Arbeitsverhältnisses bei der Höhe der Provision abstellen. Im Übrigen wäre bei dem als Beispiel herangeführten, nur theoretischen Beispiel einer Anschlussbeschäftigung nur für einen Tag dem sozialpolitisch gewünschten Wechsel eines Leiharbeitnehmers zum Entleiher nicht ausreichend Rechnung getragen. Sozialpolitisch werden dauerhafte oder langfristige Arbeitsverträge angestrebt. |
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| Die Klausel enthält die nach der Rechtsprechung des BGH erforderliche degressive Staffelung nach der Verweildauer, die der Einstellung durch den Entleiher vorangegangen ist (BGH, Urteil vom 05. November 2020 – III ZR 156/19 –, Rn. 29, juris; BGH, Urteil vom 11. März 2010 – III ZR 240/09 –, juris zu Rn. 13 ff.; BGH, Urteil vom 10. November 2011 – III ZR 77/11 –, juris zu Rn. 18; beckOK Arbeitsrecht-Kock, § 9 AÜG Rn. 53). |
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| Auch wird eine Provision, die an eine Dauer der der Übernahme vorangehenden Überlassung von bis zu 1 Jahr anknüpft, von der Rechtsprechung toleriert (BGH NZA-RR 2012, 67 zu Rn. 25). Hier ist die Vermittlungsprovision nach der Überlassungsdauer bis zu 12 Monaten begrenzt. |
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| Der Einwand, die vereinbarte Vermittlungsvergütung sei nicht mehr angemessen im Sinne des § 9 Nr. 3 Halbsatz 2 AÜG (aF), wenn sie auch nach einer Eigenkündigung des Verleihers "in unverminderter Höhe" anfallen solle, weil von einem ausgleichsbedürftigen ungeplanten Wechsel des Arbeitnehmers zum Entleiher mit entsprechenden Nachteilen für den Verleiher keine Rede mehr sein könne, wenn der Verleiher von sich aus das Arbeitsverhältnis gekündigt habe, greift nicht durch. Der Zulässigkeit der Vermittlungsvergütung liegt - neben anderem - zwar auch zugrunde, dass der ungeplante Wechsel des Leiharbeitnehmers zum Entleiher erhebliche wirtschaftliche Nachteile für den Verleiher bringen "kann"; dass ein Wechsel dem Verleiher auch im jeweiligen Einzelfall tatsächlich wirtschaftliche Nachteile bringt, setzt sie hingegen nicht voraus. Vielmehr kommt es entscheidend darauf an, dass der sozialpolitisch erwünschte Wechsel des Arbeitnehmers in ein reguläres Arbeitsverhältnis erfolgt und der vormalige Entleiher einen wirtschaftlichen Vorteil erhält, indem er einen offensichtlich geschätzten Arbeitnehmer zu günstigeren Konditionen als zuvor beschäftigen kann, den er bereits während der Überlassung erfolgreich erprobt hat (BGH, Urteil vom 05. November 2020 – III ZR 156/19 –, Rn. 30, juris). |
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| § 11 Nr. 5 orientiert sich im Hinblick auf die Höhe der Vermittlungsprovision neben der bisherigen Überlassungsdauer am bisher vereinbarten Verrechnungssatz des Entleihers. Damit berücksichtigt die Klausel in ausreichender Weise die Qualifikation und die bisherige Tätigkeit des betroffenen Arbeitnehmers. |
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| Zu beanstanden ist aber, dass die Provisionshöhe nicht an den Bruttoverdienst des Arbeitnehmers beim neuen Arbeitgeber, dem Entleiher, anknüpft. |
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| (1) Ob und unter welchen Voraussetzungen eine Provisionshöhe wie die streitgegenständliche angemessen ist, ist höchstrichterlich nicht geklärt. |
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| Das Saarländische Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 15. Oktober 2014 – 1 U 113/13 –, juris hatte es mit einer Provision in Höhe von zwei Kundenmonatsumsätze je Mitarbeiter zu tun. Diese Höhe hat das OLG (Rn. 34) als nicht unangemessen angesehen, die dortige Beklagte hatte gegen die Höhe keine Einwendungen erhoben, eine weitere Problematisierung der Höhe erfolgt nicht. Auch Schüren hält eine Orientierung am zwischen Verleiher und Entleiher vereinbarten Stundenverrechnungssatz für zulässig (Schüren/Hamann-Schüren, 5. Aufl. 2018, § 9 AÜG Rn. 183). |
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| Das OLG Oldenburg (Oldenburg), Urteil vom 30. Oktober 2014 – 1 U 42/14 –, juris, das sich dem Urteil des LG Flensburg (Urteil vom 06. Dezember 2013 – 2 O 89/13 –, juris) angeschlossen hat, hatte mit einer Provisionsregelung zu tun, die hinsichtlich der Höhe der streitgegenständlichen Regelung entspricht. Wird ausschließlich auf den zwischen der Klägerin als Verleiherin und der Beklagten als Entleiherin vereinbarten Stundenverrechnungssatz für die Überlassung angeknüpft, so bleibt der „Marktwert“ des vom Entleiher übernommenen Mitarbeiters und des damit vom Entleiher gewonnenen wirtschaftlichen Vorteils bei der Bemessung der Höhe Provision völlig außer Betracht. Eine derartige Provision, die das zweifache des Bruttoeinkommens übersteigt, ist unangemessen (Rn. 23 ff.). |
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| Das LG Flensburg (Urteil vom 06. Dezember 2013 – 2 O 89/13 –, juris) hält eine derartige Klausel für unangemessen und unwirksam. Die Bestimmung der Höhe des Vermittlungshonorars erfolge ohne Berücksichtigung der Verkehrsüblichkeit der vereinbarten Vergütung, des Marktniveaus einer funktionsgleichen Vermittlungsleistung sowie der Qualifikation des betroffenen Arbeitnehmers. Diese Gesichtspunkte würden auch nicht mittelbar berücksichtigt, weil die Vergütungshöhe nicht an das Bruttoeinkommen des Leiharbeitnehmers geknüpft werde. Unter Zugrundelegung der genannten Entscheidung des Bundesgerichtshofs wäre eine solche undifferenzierte Vergütungsregelung allenfalls dann als noch „angemessen“ zu beurteilen, wenn sich die danach bestimmte maximale Vergütung innerhalb der branchenüblichen Sätze, gemessen am Bruttoeinkommen des Leiharbeitnehmers, bewegte. |
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| (2) Der Senat legt bei der Prüfung der Angemessenheit die höchstrichterliche Rechtsprechung zugrunde. In der Rechtsprechung des BGH wird ein die Grenze von zwei Bruttomonatsgehältern nicht überschreitender Provisionshöchstsatz selbst dann noch im Rahmen des Angemessenen im Sinne von § 9 Nr. 3 Halbsatz 2 AÜG akzeptiert, wenn die Vergütungsregelung - wie hier - undifferenziert und ohne Beschränkung auf bestimmte Tätigkeitsbereiche sämtliche Segmente des Arbeitsmarkts erfasst (BGH, Urteil vom 10. November 2011 – III ZR 77/11 –, Rn. 22, juris). |
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| Der BGH (BGH, Urteil vom 10. November 2011 – III ZR 77/11 –, juris zu Rn. 17 f.) misst die Höhe der Provision an folgenden Kriterien: Einerseits ist die Vermittlungsvergütung ein teilweiser Ausgleich für einen erheblichen wirtschaftlichen Nachteil, den der Verleiher durch den ungeplanten Wechsel zum Entleiher erleidet, der durch die Einstellung des Arbeitnehmers einen wirtschaftlichen Vorteil erhält, andererseits soll die Berufsfreiheit des Arbeitnehmers und das Recht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes nicht durch unangemessene Vermittlungsvergütungen wesentlich erschwert werden. Vor diesem Hintergrund soll die Höhe der Vergütung die Dauer des vorangegangenen Verleihs, die Höhe des vom Entleiher für den Verleih bereits gezahlten Entgeltes und dem Aufwand für die Gewinnung eines vergleichbaren Arbeitnehmers berücksichtigen (BT-Dr. 15/1749 S. 29). Die Verkehrsüblichkeit der vereinbarten Vergütung, das Marktniveau einer funktionsgleichen Vermittlungsleistung und die Qualifikation des Arbeitnehmers sind zu berücksichtigen. |
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| Diesen Kriterien wird die streitgegenständliche Provisionsklausel auf den ersten Blick gerecht, indem die Provision aus dem Produkt von Arbeitsstunden und Verrechnungssatz errechnet und die Arbeitsstunden maximal 300 Arbeitsstunden und damit nicht mehr als die Arbeitsstunden von zwei Monaten betragen, wenn man von einer 40 Wochenstunden ausgeht. |
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| Jedoch stellt die vorliegende Klausel nicht auf das künftige Jahresbruttoeinkommen der Arbeitnehmer bei der Beklagten ab, sondern legt unabhängig von der Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses immer die von der Überlassungsdauer abhängige Stundenzahl multipliziert mit dem bislang angesetzten Verrechnungssatz zu Grunde. Die Klausel berücksichtigt, indem sie nicht auf das künftige Bruttogehalt des Arbeitnehmers abstellt, nicht hinreichend den wirtschaftlichen Vorteil, den der Entleiher erhält, und schränkt mit dieser Klausel die Berufsausübungsfreiheit der Arbeitnehmer unangemessen ein. Dies wird insbesondere dann deutlich, wenn der Entleiher mit den Arbeitnehmern nur einen Teilzeitvertrag abschließt. Erhalten die Arbeitnehmer nur einen Vertrag mit einer Teilzeitbeschäftigung von 50 %, kann der Provisionssatz des Klägers gemäß § 11 Abs. 5 AÜV vier Bruttomonatsgehälter erreichen oder sogar übersteigen. Gleiches gilt, wenn der Verrechnungssatz gemäß § 5 Abs. 2 AÜV im Vergleich zur vertraglich versprochenen Vergütung der Arbeitnehmer aus den Arbeitsverträgen mit dem Entleiher überhöht war, z.B. weil der Entleiher kurzfristig und dringend auf die Arbeitnehmer im Rahmen der Überlassung angewiesen war und der Verleiher damit höhere Preise durchsetzen konnte und der Stundenlohn beim Entleiher im neuen Arbeitsvertrag entsprechend niedrig ist. |
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| Der Klägerin steht nach der Rechtsprechung des BGH bei Unwirksamkeit des § 11 Abs. 5 AÜV, der nur die Höhe der Provision regelt, nicht eine angemessene oder übliche Provision zu. |
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| Eine Reduzierung der Vermittlungsprovision auf das angemessene Maß nach § 655 Satz 1 BGB scheidet im vorliegenden Fall aus. Die Vorschrift ist nicht anwendbar. Voraussetzung dafür wäre, dass für den Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss eines Dienstvertrags oder für die Vermittlung eines solchen ein unverhältnismäßig hoher Maklerlohn vereinbart worden ist. Eine Nachweis- oder Vermittlungsleistung hat die Klägerin hier jedoch nicht erbracht. Der von der Klägerin und der Beklagten geschlossene Arbeitnehmerüberlassungsvertrag / Personalvermittlungsvertrag richtete sich primär auf die Arbeitnehmerüberlassung. Die Vermittlungsprovision ist allein daran geknüpft, dass die entleihende Beklagte mit dem Leiharbeitnehmer ein Beschäftigungsverhältnis begründet (BGH, Urteil vom 11. März 2010 – III ZR 240/09 –, Rn. 17, juris). |
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| Im Übrigen steht der Schutzzweck des § 9 Abs. 1 Nr. 3 AÜG einer Anwendung des § 655 BGB entgegen. Das Verbot, dem Entleiher zu untersagen, den Leiharbeitnehmer zu einem Zeitpunkt einzustellen, in dem dessen Arbeitsverhältnis zum Verleiher nicht mehr besteht, dient dem Zweck, dem Leiharbeitnehmer die Chance des Wechsels auf einen anderen Arbeitsplatz - möglichst einen Dauerarbeitsplatz beim Entleiher - zu wahren. Die Verhinderung des sozialpolitisch durchaus wünschenswerten Wechsels zum Entleiher ist bereits durch die Vereinbarung einer überhöhten Vermittlungsprovision beeinträchtigt, selbst wenn diese gemäß § 655 BGB auf eine angemessene Provision reduziert werden könnte. Zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Übernahme des Leiharbeitnehmers weiß der Entleiher nicht, welche Kosten ihm tatsächlich entstehen, so er denn nicht bereit ist, die überhöhte Vermittlungsprovision zu zahlen. Allein diese Unsicherheit ist geeignet, den Entleiher davon abzuhalten, den Leiharbeitnehmer einzustellen. Die Berufsfreiheit des Leiharbeitnehmers, deren Schutz das Gesetz ganz wesentlich im Blick hat (vgl. BGHZ 155, 311, 313 f.), wird deshalb bereits durch die Vereinbarung der überhöhten Provision beeinträchtigt, auch wenn eine Reduzierung im gerichtlichen Verfahren später möglich wäre. Der Schutz der Berufsfreiheit des Leiharbeitnehmers, sein Recht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes und insbesondere auf Eingehung eines Arbeitsverhältnisses mit dem Entleiher nach Beendigung des Leiharbeitsverhältnisses steht deshalb einer Anwendung des § 655 BGB entgegen (BGH, Urteil vom 11. März 2010 – III ZR 240/09 –, Rn. 18, juris). |
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| Aus dem gleichen Grund scheidet auch eine geltungserhaltende Reduktion der die Vermittlungsprovision beinhaltenden Allgemeinen Geschäftsbedingung aus (BGH, Urteil vom 11. März 2010 – III ZR 240/09 –, Rn. 19, juris). |
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| Die Revision wird zugelassen. Die Frage der Angemessenheit der Provisionshöhe hat grundsätzliche Bedeutung iSd. § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO. Die hier streitgegenständliche Provisionsklausel ist nicht unüblich. Eine höchstrichterliche Klärung der Angemessenheit liegt bislang nicht vor. Die Klärung der Frage hat Bedeutung für die betroffenen Verkehrskreise. |
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