Beschluss vom Hamburgisches Oberverwaltungsgericht (4. Senat) - 4 Bf 196/14.Z

Tenor

Der Antrag des Klägers, ihm für das zweitinstanzliche Verfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt zur Vertretung beizuordnen, wird abgelehnt.

Die Entscheidung ist unanfechtbar.

Gründe

I.

1

Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung der Bewilligung von Ausbildungsförderung und gegen die Rückforderung geleisteter Ausbildungsförderung.

2

Die Beklagte hatte zu Gunsten des Klägers in der Vergangenheit Ausbildungsförderung bewilligt. Dabei war sie davon ausgegangen, dass der Kläger nicht bei seinen Eltern lebe bzw. der von ihm bewohnte Wohnraum nicht im Eigentum der Eltern stehe. Nachdem die Beklagte Anhaltspunkte dafür erlangt hatte, dass die von dem Kläger bewohnte Wohnung seinem Vater gehört, nahm sie mit Bescheid vom 8. April 2013 und Widerspruchsbescheid vom 4. Juli 2013 die für den Zeitraum März 2012 bis Februar 2013 erfolgte Bewilligung von Ausbildungsförderung teilweise zurück und forderte die Rückzahlung geleisteter Ausbildungsförderung in Höhe von 2.100,-- Euro.

3

Die hiergegen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 3. November 2014 abgewiesen. Das Urteil ist dem früheren Bevollmächtigten des Klägers am 6. November 2014 zugestellt worden. Zuvor hatte das Verwaltungsgericht dem Kläger mit Beschluss vom 4. März 2014 Prozesskostenhilfe bewilligt und seinen früheren Bevollmächtigten zur Vertretung beigeordnet. Dem hatte eine unter dem 3. März 2014 ausgefüllte Formblatterklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zugrunde gelegen.

4

Am 5. Dezember 2014 hat der Kläger persönlich „Einspruch“ gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts erhoben hat. Weiter heißt es in dem Schreiben: „Ich würde Sie (...) bitten, (mir) Prozesskosten-Hilfe zu genehmigen. Meine Einkünfte sind offen bei Ihnen (...)“. Eine Formblatterklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ist dem Schreiben nicht beigefügt gewesen. Der Senat hat dem Kläger mitgeteilt, dass das Schreiben als Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts für einen beabsichtigten Antrag auf Zulassung der Berufung angesehen werde.

II.

5

Der Antrag hat keinen Erfolg.

6

Gemäß § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

7

Vorliegend kann offen bleiben, ob der Kläger i.S.v. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO bedürftig ist. Denn der von dem Kläger beabsichtigten Rechtsverfolgung fehlt die hinreichende Aussicht auf Erfolg i.S.v. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Ein noch zu stellender Antrag auf Zulassung der Berufung wird voraussichtlich zu verwerfen sein, weil er unzulässig wäre.

8

Der Kläger hat die Frist zur Einlegung seines Antrags auf Zulassung der Berufung versäumt. Gemäß § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO ist die Zulassung der Berufung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen, wenn sie nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen worden ist. Das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 3. November 2014, gegen das sich der Kläger mit seinem beabsichtigten Zulassungsantrag wendet, ist seinem früheren Bevollmächtigten am 6. November 2014 zugestellt worden. Der Zulassungsantrag hätte deshalb gemäß § 57 Abs. 2 VwGO, § 222 Abs. 1 und 2 ZPO, §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB spätestens am 8. Dezember 2014 – einem Montag – bei dem Verwaltungsgericht gemäß § 124a Abs. 4 Satz 2 VwGO eingereicht werden müssen, und hierbei hätte sich der Kläger gemäß § 67 Abs. 4 Satz 2 VwGO durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen müssen. Dies ist unterblieben.

9

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 60 Abs. 1 VwGO wird dem Kläger nicht mehr gewährt werden können. Ist einer Partei wegen ihrer Mittellosigkeit die fristgerechte Einlegung eines Rechtsmittels durch einen Rechtsanwalt nicht zuzumuten, so darf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 60 VwGO nur dann gewährt werden, wenn die Partei bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist ein vollständiges Prozesskostenhilfegesuch mit allen dazugehörigen Unterlagen eingereicht hat und dieses lediglich nicht innerhalb der Frist beschieden worden ist. Denn nur unter diesen formellen Voraussetzungen hat die Partei alles getan, was von ihr zur Wahrung der Frist erwartet werden konnte, und ist es gerechtfertigt, die dennoch eingetretene Fristversäumnis als unverschuldet anzusehen. Welche Unterlagen und Angaben der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe enthalten muss, ergibt sich aus § 117 ZPO. Danach ist dem Antrag eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst entsprechenden Belegen beizufügen (§ 117 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Dabei hat sich die mittellose Partei gemäß § 117 Abs. 3 und 4 ZPO eines Vordrucks zu bedienen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 28.1.2004, 6 PKH 15.03, NVwZ 2004, 888, juris Rn. 5 f.).

10

Diesen Voraussetzungen genügt der innerhalb der Zulassungsfrist vorgelegte Prozesskostenhilfeantrag des Klägers nicht. Seinem Schreiben vom 5. Dezember 2014 war eine Formblatterklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht beigefügt. Er hat zwar der Sache nach auf seine im erstinstanzlichen Prozesskostenhilfeverfahren vorgelegte Erklärung Bezug genommen, indem er darauf hingewiesen hat, dass seine Einkünfte dem Gericht bekannt seien. Indes ist eine Bezugnahme auf eine in der Vorinstanz eingereichte Erklärung nur dann ausnahmsweise zuzulassen, wenn das Verlangen, eine neue Erklärung vorzulegen, lediglich eine überflüssige Förmelei darstellen würde. Das ist dann der Fall, wenn der Antragsteller im Zusammenhang mit der Bezugnahme auf die frühere Erklärung unmissverständlich mitteilt, es habe sich seither nichts geändert und eine neue Erklärung müsse denselben Inhalt haben (vgl. BGH, Beschl. v. 27.11.1996, XII ZB 84/96, NJW 1997, 1078, juris Rn. 5, m.w.N.; OVG Magdeburg, Beschl. v. 12.4.2010, 4 O 79/10, juris Rn. 11). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt, denn aus den Angaben des Klägers in seinem Schreiben vom 5. Dezember 2014 lässt sich nicht ohne Weiteres und ohne dass es einer Rückfrage bedürfte schließen, dass sich seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse seit Vorlage der Formblatterklärung in der ersten Instanz nicht geändert haben. Angesichts der seitdem verstrichenen Zeit und mit Blick darauf, dass der Kläger verheiratet ist und sich auch die Einkommensverhältnisse seiner Ehefrau u.U. geändert haben können, konnte es der Senat auch nicht als anderweitig offenkundig ansehen, dass die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers weiterhin unverändert sind.

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