Urteil vom Hamburgisches Oberverwaltungsgericht (3. Senat) - 3 Bf 96/15

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11. März 2015 insoweit, als darin der Klage stattgegeben wird und soweit es die Rücknahme erfolgter „Bewilligungen“ betrifft, geändert.

Die Klage wird insoweit, als sich der Kläger gegen die Rücknahme erfolgter „Bewilligungen“ in dem Bescheid vom 11. Januar 2008 und dem Widerspruchsbescheid vom 21. April 2009 wendet, abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens und des erstinstanzlichen Verfahrens, soweit dieses die Rücknahme erfolgter „Bewilligungen“ betrifft.

Hinsichtlich der Kosten ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung von Leistungsbewilligungen.

2

Der Kläger ist examinierter Altenpfleger. Er war in der Vergangenheit – bis Juli 2007 – Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr Hamburg. Nachdem er bis Juli 2002 in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden hatte, war er in der Folgezeit – vom 2. Juli 2002 bis zum 23. November 2003 – krankgeschrieben und bezog Krankengeld.

3

Der Kläger nahm als Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr im Mai 2003 – während des Bezugs von Krankengeld – an einem viertägigen Lehrgang teil. Am 16. Mai 2003 beantragte er die Gewährung eines pauschalen Anerkennungsbetrages gemäß § 14 Abs. 4 FeuerwG in Höhe von insgesamt 920,-- Euro (4 Tage á 230,-- Euro [Tageshöchstbetrag gemäß § 35 FeuerwV]) und gab dabei an, beruflich selbständig zu sein und regelmäßige Arbeitszeiten montags bis freitags jeweils von 8.00 Uhr bis 16.30 Uhr und samstags und sonntags jeweils von 20.00 Uhr bis 6.00 Uhr zu haben. Die Beklagte zahlte an den Kläger den pauschalen Anerkennungsbetrag wie beantragt aus. Ein schriftlicher Bewilligungsbescheid erging nicht.

4

Im September 2003 – ebenfalls noch während des Bezugs von Krankengeld – nahm der Kläger an einem Einsatz der Freiwilligen Feuerwehr teil und beantragte in der Folge hierfür die Gewährung eines pauschalen Anerkennungsbetrages in Höhe von 230,-- Euro. Auch hierbei gab er an, beruflich selbständig zu sein und regelmäßige Arbeitszeiten von 8.15 Uhr bis 16.00 Uhr zu haben. Die Beklagte zahlte an den Kläger den pauschalen Anerkennungsbetrag wie beantragt aus. Ein schriftlicher Bewilligungsbescheid erging nicht.

5

Im November 2003 unterzeichnete der Kläger einen Arbeitsvertrag mit einem Intensiv-Pflegedienst, in dem er sich verpflichtete, dort ab dem 1. Januar 2004 in Vollzeit (40 Stunden an sechs Tagen) zu arbeiten. Der Arbeitsbeginn wurde später einvernehmlich auf den 12. Januar 2004 verschoben.

6

Vom 9. Dezember 2003 bis 11. Januar 2004 war der Kläger arbeitslos gemeldet. Er bezog in dieser Zeit Arbeitslosengeld.

7

Nachdem der Kläger am 12. Januar 2004 seine neue Stelle angetreten hatte, wurde ihm bereits am 13. Januar 2004 mit sofortiger Wirkung gekündigt und er wurde bis zum 31. Januar 2004 von der Arbeit freigestellt. In dieser Zeit erhielt der Kläger den vereinbarten Lohn und er war krankenversichert.

8

Am 17. Januar 2004 erlitt der Kläger im Rahmen eines Einsatzes der Freiwilligen Feuerwehr eine Verletzung des Sprunggelenks. In der hierzu gefertigten Unfallanzeige vom 19. Januar 2004 ist als Beruf des Klägers „selbständig“ angegeben.

9

Erstmals unter dem 4. Februar 2004 beantragte der Kläger bei der Beklagten wegen des Unfalls vom 17. Januar 2004 die Gewährung eines pauschalen Anerkennungsbetrages wegen Verdienstausfalls in der Zeit vom 18. Januar 2004 bis zum 13. Februar 2004. In dem Antragsformular bezeichnete er sich als „beruflich Selbständiger“ und gab 22 (fiktive) Arbeitstage sowie seine tägliche regelmäßige Arbeitszeit mit „20.00 bis 6.00 Uhr“ an. Dem Antrag legte er eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für den Zeitraum vom 19. Januar 2004 bis zum 13. Februar 2004 bei. Die Beklagte zahlte an den Kläger auf der Grundlage einer entsprechenden internen Auszahlungsanordnung den pauschalen Anerkennungsbetrag wie beantragt und unter Zugrundelegung des Tageshöchstbetrags in Höhe von insgesamt 5.060,-- Euro (22 x 230,-- Euro) aus. Dabei gingen die Sachbearbeiter bei der Beklagten davon aus, dass ein pauschaler Anerkennungsbetrag auch für Zeiten dienstunfallbedingter Arbeitsunfähigkeit gezahlt werden könne. Ein schriftlicher Bewilligungsbescheid erging nicht.

10

In der Folgezeit beantragte der Kläger bei der Beklagten wiederholt die Gewährung eines pauschalen Anerkennungsbetrages, legte jeweils Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vor und ging im Übrigen wie bei seinem Antrag vom 4. Februar 2004 vor. Die Beklagte erließ keine schriftlichen Bewilligungsbescheide, sondern zahlte an den Kläger auf der Grundlage entsprechender interner Auszahlungsanordnungen insgesamt 113.984,-- Euro wie folgt aus:

11


lfd. Nr.


Antrag


Zeitraum


Auszahlung-AO


Betrag (Euro)

1       

4.2.2004

18.1.2004 – 13.2.2004

5.2.2004

5.060,--

2       

4.3.2004

13.2.2004 – 5.3.2004

10.3.2004

4.140,--

3       

3.4.2004

19.3.2004 – 26.3.2004

27.4.2004

1.610,--

4       

23.4.2004

6.3.2014 – 18.3.2004

1.6.2004

2.070,--

5       

23.4.2004

27.3.2004 – 30.3.2004

1.6.2004

920,--

6       

23.4.2004

1.4.2004 – 30.4.2004

1.6.2004

5.060,--

7       

21.5.2004

1.5.2004 – 25.5.2004

1.6.2004

5.060,--

8       

24.6.2004

1.6.2004 – 26.6.2004

29.6.2004

5.060,--

9       

26.6.2004

28.6.2004 – 16.7.2004

29.6.2004

4.140,--

10    

20.7.2004

16.7.2004 – 20.8.2004

26.7.2004

6.440,--

11    

20.8.2004

20.8.2004 – 29.8.2004

25.8.2004

2.070,--

12    

30.8.2004

30.8.2004 – 30.9.2004

30.9.2004

5.750,--

13    

5.10.2004

1.10.2004 – 19.10.2004

3.11.2004

3.680,--

14    

19.10.2004

19.10.2004 – 1.11.2004

3.11.2004

2.760,--

15    

2.11.2004

1.11.2004 – 26.11.2004

29.11.2004

5.520,--

16    

7.12.2004

    27.11.2004 – 14.12.2004

22.12.2004

3.450,--

17    

14.12.2004

15.12.2004 – 5.1.2005

22.12.2004

3.680,--

18    

17.1.2005

6.1.2005 – 20.1.2005

3.2.2005

2.806,--

19    

3.2.2005

21.1.2005 – 16.2.2005

22.2.2005

4.994,--

20    

23.2.2005

16.2.2005 – 7.3.2005

23.3.2005

3.458,--

21    

9.3.2005

8.3.2005 – 22.3.2005

23.3.2005

2.842,--

22    

23.3.2005

22.3.2005 – 4.4.2005

27.4.2005

2.226,--

23    

28.4.2005

4.4.2005 – 29.4.2005

3.5.2005

4.838,--

24    

28.4.2005

29.4.2005 – 4.5.2005

3.5.2005

846,--

25    

4.5.2005

4.5.2005 – 19.5.2005

6.6.2005

2.382,--

26    

19.5.2005

20.5.2005 – 27.5.2005

6.6.2005

1.536,--

27    

11.6.2005

28.5.2005 – 6.7.2005

25.7.2005

7.220,--

28    

14.7.2005

7.7.2005 – 31.8.2005

2.9.2005

10.448,--

29    

7.9.2005

1.9.2005 – 21.9.2005

8.12.2005

3.918,--

12

Parallel zu der Gewährung pauschaler Anerkennungsbeträge bezog der Kläger bei der Hanseatischen Feuerwehr-Unfallkasse wegen des am 17. Januar 2004 erlittenen Unfalls im Zeitraum vom 19. Januar 2004 bis zum 17. Mai 2005 Verletztengeld in Höhe von insgesamt 43.309,-- Euro zzgl. Mehrleistungen. Auch hier hatte er bei der Antragstellung angegeben, beruflich selbständig zu sein. Ferner beantragte der Kläger im März 2004 – obwohl er fortlaufend krankgeschrieben war – bei der Bundesagentur für Arbeit einen monatlichen Existenzgründungszuschuss, der ihm für zwölf Monate in Höhe von monatlich 600,-- Euro (insgesamt 7.200,-- Euro) gewährt wurde. Zuvor hatte er im Februar 2004 ein Gewerbe angemeldet, das im Dezember 2004 wieder abgemeldet wurde.

13

Im Juni 2007 beantragte der Kläger bei der Beklagten erneut die Gewährung eines pauschalen Anerkennungsbetrages wegen des Unfalls vom 17. Januar 2004, weil er in der Zeit vom 14. Mai 2007 bis zum 30. Juni 2007 krankgeschrieben war. Dieser Antrag veranlasste die Beklagte zu einer Überprüfung der Angelegenheit.

14

Mit Bescheid vom 23. Oktober 2007 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Gewährung eines weiteren pauschalen Anerkennungsbetrages ab: Die Leistung nach § 14 Abs. 4 FeuerwG werde nur an beruflich Selbständige geleistet. Der Kläger sei aber im Zeitpunkt seines Unfalls nicht selbständig gewesen. Im Übrigen werde nach § 14 Abs. 4 FeuerwG kein unfallbedingter Verdienstausfall gewährt. Derartige Leistungen würden von der Unfallversicherung gewährt. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch.

15

Auf die Mitteilung der Beklagten, dass beabsichtigt sei, die in der Vergangenheit erfolgten Bewilligungen aufzuheben, machte der Kläger geltend, er habe zum 5. Januar 2004 seine Stelle auf 50 % reduziert und habe sich ab dem 13. Januar 2004 vollständig auf seine Selbständigkeit konzentriert.

16

Mit Bescheid vom 11. Januar 2008 hob die Beklagte alle bislang ergangenen „Bescheide“ über die Gewährung eines pauschalen Anerkennungsbetrages auf und forderte ihn zur Rückzahlung von insgesamt 115.134,-- Euro bis zum 8. Februar 2008 zzgl. (Verzugs-) Zinsen in Höhe des Basiszinssatzes ab dem 8. Februar 2008 für den Fall nicht rechtzeitiger Zahlung auf. Als Daten der „Bescheide“ gab sie für solche Auszahlungen, die nach dem Unfall des Klägers erfolgt waren, da jeweilige Datum der Auszahlungsanordnung an. Für die aufgrund der Einsätze im Mai 2003 und im September 2003 erfolgten Auszahlungen gab die Beklagte als Daten der „Bescheide“ das Datum der jeweiligen Antragstellung des Klägers an. Zur Begründung der Aufhebung und der Rückforderung verwies die Beklagte auf § 48 Abs. 2 HmbVwVfG und darauf, dass der Kläger wahrheitswidrig angegeben habe, beruflich selbständig zu sein. Auch gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Widerspruch.

17

Mit Widerspruchsbescheid vom 20. April 2009 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid vom 23. Oktober 2007 zurück.

18

Mit Widerspruchsbescheid vom 21. April 2009 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 11. Januar 2008 zurück: Die Aufhebung der Bewilligungen beruhe auf § 48 Abs. 1 und 2 HmbVwVfG. Mangels Selbständigkeit habe der Kläger keinen Anspruch auf Leistungen nach § 14 Abs. 4 FeuerwG gehabt. Im Mai 2003 bzw. im September 2003 sei er abhängig beschäftigt gewesen bzw. arbeitsunfähig krankgeschrieben gewesen. Zur Zeit des Dienstunfalls im Januar 2004 sei er abhängig beschäftigt gewesen. Seine anderslautenden Beteuerungen seien nicht glaubhaft. Für die ab Februar 2004 gewährten Leistungen komme hinzu, dass die Leistung nach § 14 Abs. 4 FeuerwG keine krankheitsbedingten Ausfallzeiten erfasse. Auch eine entsprechende Anwendung der Vorschrift scheide aus. Auf Vertrauen könne sich der Kläger wegen § 49 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 und 2 VwVfG nicht berufen. Die fehlerhafte rechtliche Bewertung durch die Beklagte trete hinter der vorsätzlichen Täuschung durch den Kläger zurück. Die Rückforderung zu viel gezahlter Leistungen beruhe auf § 49a Abs. 1 HmbVwVfG. Der geltend gemachte Zinsanspruch werde gemäß § 49a Abs. 3 HmbVwVfG festgesetzt und bleibe sowohl hinsichtlich des Zeitraums, für den er geltend gemacht werde, als auch hinsichtlich der Höhe hinter dem nach § 49a Abs. 3 HmbVwVfG Möglichen zurück.

19

Mit Urteil vom 21. April 2010 – nachdem die vorliegende Klage anhängig geworden ist – verurteilte das Amtsgericht Hamburg-St. Georg den Kläger wegen versuchten Betruges in 26 Fällen sowie wegen Betruges zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, deren Vollstreckung es zur Bewährung aussetzte. Auf die Berufungen des Klägers und der Staatsanwaltschaft verurteilte das Landgericht Hamburg den Kläger mit Urteil vom 10. Februar 2011 wegen vollendeten Betruges in 27 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren ohne Bewährung. Dieses Urteil änderte das Hanseatische Oberlandesgericht mit Beschluss vom 17. August 2011 im Schuldspruch dahin, dass der Kläger des (vollendeten) Betruges in 23 Fällen schuldig sei; im Rechtsfolgenausspruch hob es das landgerichtliche Urteil mit den zugehörigen Feststellungen auf. Mit Urteil vom 6. Dezember 2011 verurteilte das Landgericht Hamburg den Kläger wegen Betruges in 23 Fällen und unter Einbeziehung einer (Freiheits-) Strafe aus einem im April 2010 gegen den Kläger wegen gemeinschaftlichen Betrugs ergangenen amtsgerichtlichen Urteil zu einer Gesamtfreiheitsstraße von zwei Jahren, deren Vollstreckung es zur Bewährung aussetzte.

20

Mit seiner am 18. Mai 2009 erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht: Der Rückforderungsbescheid sei nicht hinreichend bestimmt, weil der Gesamtbetrag nicht nachvollziehbar aufgeschlüsselt werde. Er – der Kläger – sei zum Zeitpunkt seines Unfalls freiberuflich und damit selbständig tätig gewesen. § 14 Abs. 4 FeuerwG setze zudem gar keine Selbständigkeit voraus. Die Vorschrift sei im Übrigen auch einschlägig, wenn Angehörige der Freiwilligen Feuerwehr Dienstausfall wegen eines Unfalls im Einsatz erlitten. Die Beklagte habe den Sachverhalt unzureichend ermittelt. Es werde die Einrede der Verjährung erhoben.

21

Der Kläger hat beantragt,

22

1. den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid der Beklagten vom 11. Januar 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. April 2009 aufzuheben,

23

2. die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 23. Oktober 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. April 2009 zu verpflichten, dem Kläger einen Anerkennungsbetrag in Höhe von 8.773,-- Euro zu leisten.

24

Die Beklagte hat beantragt,

25

die Klage abzuweisen.

26

Die Beklagte ist dem Vorbringen des Klägers in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht entgegen getreten. Sie hat die Auffassung vertreten, es sei maßgeblich darauf abzustellen, dass der Kläger im Zeitpunkt des Dienstunfalls abhängig beschäftigt gewesen sei.

27

Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11. März 2015 den Bescheid vom 11. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. April 2009 aufgehoben und die Klage im Übrigen abgewiesen: Die angefochtenen Bescheide könnten, soweit darin Bewilligungsbescheide für die Vergangenheit aufgehoben würden, nicht auf § 48 HmbVwVfG gestützt werden. Die Beklagte habe gegenüber dem Kläger keine Verwaltungsakte erlassen. Bei den erstellten „Auszahlungsanordnungen“ handele es sich nicht um Verwaltungsakte. Gleiches gelte für die von der Landeshauptkasse veranlassten Buchungen zugunsten des Bankkontos des Klägers. Es sei auch kein „konkludenter“ Verwaltungsakt erlassen worden. Da die Beklagte mithin keine Verwaltungsakte habe aufheben können, gehe auch die auf § 49a HmbVwVfG gestützte Rückforderung ins Leere. Demgegenüber könne der Kläger nicht verlangen, dass die Beklagte ihm für den Zeitraum 14. Mai 2007 bis zum 30. Juni 2007 einen pauschalen Anerkennungsbetrag auszahle. § 14 Abs. 4 FeuerwG gebe keinen Anspruch bei dienstunfallbedingter Arbeitsunfähigkeit.

28

Das Berufungsgericht hat mit Beschluss vom 17. August 2016 die Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts zugelassen.

29

Mit ihrer am 12. September 2016 eingegangenen Berufungsbegründung macht die Beklagte insbesondere und vertiefend Ausführungen zu ihrer Auffassung, bei den jeweils auf die Anträge des Klägers hin erfolgten Auszahlungen habe es sich um Verwaltungsakte gehandelt.

30

Die Beklagte hat zunächst angekündigt, sie wolle beantragen, das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11. März 2015 insoweit, als darin der Klage stattgegeben wird, zu ändern und die Klage (insgesamt) abzuweisen. Nachdem der Kläger mitgeteilt hat, dass über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden sei, hat der Senat das Verfahren mit Beschluss vom 7. Juni 2017 insoweit abgetrennt, als sich der Kläger gegen die Rückforderung (zzgl. Zinsen) in dem Bescheid der Beklagten vom 11. Januar 2008 und dem Widerspruchsbescheid vom 21. April 2009 wendet. Das Berufungsverfahren ist, soweit es den abgetrennten Gegenstand betrifft, nunmehr unter dem Aktenzeichen 3 Bf 113/17 anhängig.

31

Die Beklagte beantragt in dem vorliegenden Verfahren,

32

das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11. März 2015 insoweit, als darin der Klage stattgegeben wird und soweit es die Rücknahme erfolgter „Bewilligungen“ betrifft, zu ändern und die Klage insoweit, als sich der Kläger gegen die Rücknahme erfolgter „Bewilligungen“ in dem Bescheid vom 11. Januar 2008 und dem Widerspruchsbescheid vom 21. April 2009 wendet, abzuweisen.

33

Der Kläger beantragt,

34

die Berufung zurückzuweisen.

35

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte dieses Verfahrens, auf die Gerichtsakte des abgetrennten Verfahrens (3 Bf 113/17), auf die Sachakten der Beklagten (zwei Bände) sowie auf die beigezogen Akten des Strafverfahrens (insgesamt fünf Bände) Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

36

Der Senat ist nicht gehindert, über die vorliegende Berufung zu entscheiden, obwohl über das Vermögen des Klägers das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Zwar wird gemäß § 173 Satz 1 VwGO, § 240 Satz 1 ZPO das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Partei unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Auf die Anfechtung der von der Beklagten verfügten Aufhebung von Verwaltungsakten erstreckt sich die Unterbrechung indes nicht. Denn die Aufhebung begünstigender Verwaltungsakte ist ein rechtsgestaltender Akt, der den Erstattungsanspruch durch Beseitigung des Rechtsgrundes für die ursprüngliche Leistung erst entstehen lässt. Die Aufhebung stellt, anders als die Rückforderung, daher nicht die Verfolgung einer Forderung auf Befriedigung aus der Insolvenzmasse dar, die nur nach Maßgabe der insolvenzrechtlichen Vorschriften erfolgen darf, sondern sie ist Voraussetzung für eine solche Forderung und hiervon zu unterscheiden (vgl. zum Vorstehenden bereits OVG Hamburg, Beschl. v. 7.6.2017, 3 Bf 96/15, juris Rn. 4, m.w.N.).

37

Die zulässige Berufung ist begründet. Zu Unrecht hat das Verwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung der Klage – in dem Umfang, in dem sie Gegenstand dieses Berufungsverfahrens ist – stattgegeben und den Rücknahmebescheid der Beklagten vom 11. Januar 2008 und den Widerspruchsbescheid vom 21. April 2009 aufgehoben. Denn die Klage ist, soweit sie Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens ist, unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind, soweit sie Gegenstand dieses Berufungsverfahrens sind, rechtmäßig (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), weil die Beklagte darin die gegenüber dem Kläger erfolgten Bewilligungen zu Recht zurückgenommen hat.

I.

38

Rechtsgrundlage für die Rücknahme der zugunsten des Klägers erfolgten Bewilligungen ist § 48 Abs. 1 HmbVwVfG. Danach kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt zurückgenommen werden, bei begünstigenden Verwaltungsakten allerdings nur unter den Voraussetzungen von § 48 Abs. 2 bis 4 HmbVwVfG. Die Rücknahmevoraussetzungen sind vorliegend erfüllt: Die Beklagte hat gegenüber dem Kläger begünstigende Verwaltungsakte erlassen (hierzu 1.). Diese waren rechtswidrig (hierzu 2.). Der Rücknahme steht kein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers entgegen (hierzu 3.). Die Rücknahme war auch nicht verfristet (hierzu 4.). Die Beklagte hat das Rücknahmeermessen fehlerfrei ausgeübt (hierzu 5.).

39

1. Die Beklagte hat gegenüber dem Kläger begünstigende Verwaltungsakte erlassen, indem sie ihm auf seine entsprechenden Anträge hin pauschale Anerkennungsbeträge gemäß § 14 Abs. 4 FeuerwG bewilligt hat.

40

Allerdings hat das Verwaltungsgericht zu Recht festgestellt, dass gegenüber dem Kläger keine schriftlichen (Bewilligungs-) Bescheide ergangen sind. Ebenfalls zutreffend ist es, dass es sich bei den von der Beklagten gefertigten (internen) Auszahlungsanordnungen nicht um Verwaltungsakte i.S.v. § 35 Satz 1 HmbVwVfG gehandelt hat, weil diese nicht auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet gewesen sind. Der erkennende Senat teilt demgegenüber nicht die Auffassung des Verwaltungsgerichts, auch in den von der Beklagten auf die jeweiligen Anträge des Klägers hin veranlassten Auszahlungen des Geldes lägen keine außenwirksamen Regelungen i.S.v. § 35 Satz 1 HmbVwVfG.

41

Der Auszahlung von Geld, auch wenn sie – wie hier – in unbarer Form durch Überweisung erfolgt, fehlt allerdings für gewöhnlich die für das Vorliegen eines Verwaltungsaktes konstitutive Regelungswirkung. Denn die Behörde hat die auf die Begründung eines Anspruchs des Empfängers gerichteten Willenserklärungen regelmäßig bereits im Vorwege durch Bescheid (oder Vertrag) abgegeben. In derartigen Fällen ist die Auszahlung einer Geldleistung für den Zahlungsempfänger nach ihrem objektiven Sinngehalt gerade nicht auf eine unmittelbare und verbindliche Festlegung von Rechten und Pflichten gerichtet, sondern es handelt sich um eine bloße schlicht-hoheitliche Maßnahme ohne Regelungswirkung, d.h. um eine Maßnahme, die den Vollzug einer zuvor ergangenen Regelung darstellt.

42

Anders kann es aber dort sein, wo der Auszahlung keine (schriftliche oder anderweitig zum Ausdruck gebrachte) Bewilligung vorausgeht. Wird eine Leistung beantragt, und erfolgt daraufhin eine Auszahlung der Leistung, ohne dass zuvor eine ausdrückliche Bewilligung vorgenommen wurde, so kommt es in Betracht, die Zahlung nicht lediglich als einen schlicht-hoheitlichen Realakt, sondern (auch) als konkludenten Verwaltungsakt anzusehen. Denn die Zahlung schließt dann die Entscheidung ein, ob und in welcher Höhe gezahlt werden soll. Mit ihr wird gleichzeitig festgestellt, dass dem Leistungsempfänger der der Zahlung zugrunde liegende Anspruch zusteht. Dies kann jedenfalls und zumal dann gelten, wenn der Auszahlung – wie hier aufgrund der Notwendigkeit, im Antrag verschiedene Angaben zu machen, um die Berechtigung und die Höhe des Anspruchs beurteilen zu können – eine behördliche Prüfung vorausgeht und dies für den Leistungsempfänger erkennbar ist (vgl. hierzu OVG Weimar, Urt. v. 18.11.2009, 1 KO 693/07, BauR 2010, 893, juris Rn. 26; siehe auch OVG Berlin, Urt. v. 27.3.1981, 2 B 21/79, NVwZ 1982, 253, juris Ls). In derartigen Fällen muss auch der Leistungsempfänger die Auszahlung regelmäßig dahin verstehen, dass mit ihr gleichzeitig die Bekanntgabe einer auf seinen Antrag hin erfolgten Bewilligungsentscheidung verbunden ist, d.h. die konkludente Mitteilung, dass seinem Antrag stattgegeben wird (vgl. BSG, Urt. v. 25.3.2003, B 1 KR 36/01 R, BSGE 91, 39, juris Rn. 11, m.w.N. [Auszahlung von Krankengeld]; BFH, Urt. v. 1.3.1974, VI R 253/70, BFHE 111, 457, juris Rn. 7 [Erstattung von Steuern]; VG Magdeburg, Urt. v. 5.12.2012, 1 A 142, 11, juris Rn. 17 [Auszahlung von Lohnersatzleistungen]; VG München, Urt. v. 1.3.2011, M 16 K 10.6145, juris Rn. 32 ff. [Auszahlung einer Prüfervergütung]; VG Braunschweig, Urt. v. 6.3.2003, 3 A 95/01, juris Rn. 18 [Auszahlung von Sozialleistungen]; vgl. auch FG Münster, Urt. v. 12.6.2013, 10 K 1551/11 Kg, juris Rn. 20 [Auszahlung von Kindergeld]; s. ferner Kopp/Ramsauer, VwVfG, 17. Aufl. 2016, § 37 Rn. 20; Tiedemann, in: Bader/Ronellenfitsch, BeckOK VwVfG, Stand: 1. Januar 2017, § 37 Rn. 34; offen gelassen bei BVerwG, Urt. v. 14.7.1998, 5 C 2.97, DVBl. 1998, 1135, juris Rn. 11; anders – zu einem anders gelagerten Sachverhalt –: OVG Weimar, a.a.O.; Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 35 Rn. 89; W.-R. Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, Anh. § 42 Rn. 26).

43

Nach den vorstehenden Maßgaben misst der erkennende Senat den von der Beklagten auf die jeweiligen Anträge des Klägers hin veranlassten Auszahlungen des Geldes Verwaltungsaktqualität i.S.v. § 35 Satz 1 HmbVwVfG zu. Der Kläger hat jeweils die Gewährung von pauschalen Anerkennungsbeträgen beantragt und hierbei Angaben über die Zeiträume, für die die Leistung beantragt wird, über die Höhe der beanspruchten Leistung sowie über weitere anspruchsrelevante Umstände (Beschäftigungsstatus, Krankschreibung) gemacht. Die Beklagte hat daraufhin Auszahlungen zu Gunsten des Klägers getätigt, ohne zuvor gesonderte Bewilligungsbescheide zu erlassen. Aufgrund seiner gestellten Anträge und der darin von ihm gemachten Angaben musste sich dem Kläger aufdrängen, dass nach dem objektiven Erklärungsgehalt der zu seinen Gunsten erfolgten Auszahlungen mit diesen auch entsprechende Bewilligungen seiner Anträge verbunden waren (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 14.7.1998, 5 C 2.97, DVBl. 1998, 1135, juris Rn. 11). Er selber hatte wiederholt bei der Beklagten nachgefragt, ob dort alle für die Auszahlung erforderlichen Unterlagen und Angaben vorhanden seien oder ob Weiteres nachgereicht werden müsse. Davon, dass die Beklagte die Auszahlungen nicht soz. automatisch vornahm, sondern die Anträge einer – in vielerlei Hinsicht unzutreffenden und unzureichenden (hierzu i.E. sogleich unter 2.) – Prüfung unterzog, ging demnach auch der Kläger aus. Dem kann, anders als dies der Bevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung vertreten hat, nicht entgegen gehalten werden, dass den Auszahlungen der Inhalt der damit verbundenen Regelungen und die hierbei angenommenen tatsächlichen und rechtlichen Umstände nicht entnommen werden konnten. Gegenstand der Regelungen war nur die jeweilige Bewilligung der zuvor jeweils beantragten Leistung in einer bestimmten Höhe. Diese Regelungsinhalte ergaben sich aus den Auszahlungen ohne Weiteres. Die den Bewilligungsentscheidungen zugrunde liegenden tatsächlichen und rechtlichen Umstände sind nicht Teil der jeweiligen Regelung, sondern sie betreffen ihre – vorliegend verzichtbare (vgl. § 39 Abs. 2 Nr. 1 und 2 HmbVwVfG) – Begründung.

44

Die Gründe, die das Verwaltungsgericht zu seiner anderslautenden, die Eigenheiten des vorliegenden Einzelfalls von vornherein unbeachtet lassenden Auffassung veranlasst haben, vermögen den erkennenden Senat nicht zu überzeugen. Die Annahme, dass „die Rechtsfigur eines ´konkludenten Verwaltungsaktes` (...) mit den gesetzlichen Vorschriften über das Verwaltungsverfahren nicht im Einklang“ stehe, übersieht, dass ein Verwaltungsakt nach § 37 Abs. 2 Satz 1 HmbVwVfG nicht nur schriftlich und mündlich, sondern auch in anderer Weise – etwa durch konkludentes Verhalten – erlassen werden kann. Es überzeugt auch nicht, aus dem Vorliegen schriftlicher Anträge abzuleiten, dass eine Bewilligung dieser Anträge stets nur in schriftlicher Form habe erfolgen können. Für die Annahme, dass über schriftliche Anträge nur schriftlich entschieden werden kann, gibt es keine gesetzlichen Anknüpfungspunkte (anders – ohne nähere Begründung – aber Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 37 Rn. 50).

45

2. Die Bewilligungen pauschaler Anerkennungsbeträge nach § 14 Abs. 4 FeuerwG waren rechtswidrig. Ein Anspruch auf Zahlung eines pauschalen Anerkennungsbetrages besteht von vornherein nicht für krankheitsbedingte Ausfallzeiten (hierzu a]). Dessen ungeachtet hatte der Kläger im gesamten vorliegend relevanten Zeitraum keinen Verdienstausfall i.S.v. § 14 Abs. 4 Satz 1 FeuerwG, der die Auszahlung pauschaler Anerkennungsbeträge hätte rechtfertigen können (hierzu b]).

46

a) Ein Anspruch auf Zahlung eines pauschalen Anerkennungsbetrages nach § 14 Abs. 4 FeuerwG besteht von vornherein nicht für krankheitsbedingte Ausfallzeiten.

47

Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift. Nach § 14 Abs. 4 Satz 1 FeuerwG ist Voraussetzung für die Gewährung des pauschalen Anerkennungsbetrages, dass erwerbstätige Angehörige der Freiwilligen Feuerwehren einen Verdienstausfall „durch Ausübung des Dienstes im Sinne des Absatz 2 Satz 1“ erleiden. Hierunter fallen nach § 14 Abs. 2 Satz 1 FeuerwG nur Einsätze, Übungen, Lehrgänge, Aus- oder Fortbildungen oder sonstige dienstliche Veranstaltungen. Berufliche Ausfallzeiten aufgrund von Krankheit – auch wenn diese mittelbar auf einem „Dienst“ i.S.v. § 14 Abs. 2 Satz 1 FeuerwG beruhen – sind demgegenüber in § 14 Abs. 2 Satz 1 FeuerwG nicht genannt, sondern sie werden in § 15 Abs. 1 Buchstabe b) FeuerwG von Dienstzeiten i.S.v. § 14 Abs. 2 Satz 1 FeuerwG unterschieden. Sie führen danach weder dazu, dass Arbeitnehmer einen Freistellungs- und Lohnfortzahlungsanspruch gegen ihre Arbeitgeber nach § 14 Abs. 2 FeuerwG haben, noch dazu, dass erwerbstätige Angehörige der Freiwilligen Feuerwehren, die nicht Arbeitnehmer i.S.v. § 14 Abs. 2 FeuerwG sind, einen Anspruch auf den pauschalen Anerkennungsbetrag nach § 14 Abs. 4 FeuerwG haben.

48

Auch systematisch-teleologische Erwägungen sprechen dagegen, dass § 14 Abs. 4 FeuerwG einen Anspruch auf den pauschalen Anerkennungsbetrag im Fall krankheitsbedingter Ausfallzeiten bereitstellt. § 14 Abs. 4 FeuerwG dient dem Zweck, Benachteiligungen von erwerbstätigen Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehr zu vermeiden, die nicht Arbeitnehmer sind und deshalb – anders als Angehörige der Freiwilligen Feuerwehr, die Arbeitnehmer sind – keinen Lohnfortzahlungsanspruch gegen den Arbeitgeber nach § 14 Abs. 2 Satz 2 FeuerwG haben. Die Vorschrift will die erwerbstätigen Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehr, die nicht Arbeitnehmer sind, aber auch nicht gegenüber Arbeitnehmern privilegieren. Dies wäre indes die Folge, wäre § 14 Abs. 4 FeuerwG auch im Fall krankheitsbedingter Ausfallzeiten einschlägig. Wie § 15 Abs. 1 FeuerwG, der zwischen Ausfallzeiten nach § 14 Abs. 2 FeuerwG und solchen aufgrund von Arbeitsunfähigkeit unterscheidet, nämlich deutlich macht, haben Angehörige der Freiwilligen Feuerwehr, die Arbeitnehmer sind, nach § 14 Abs. 2 Satz 2 FeuerwG gerade keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit, die auf den Dienst in einer Freiwilligen Feuerwehr zurückzuführen ist.

49

Weitere teleologische Erwägungen stützen die vorstehende Auslegung. Die Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehren sind in der gesetzlichen Unfallversicherung, deren Träger die Feuerwehr-Unfallkassen sind (vgl. § 114 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 SGB VII), pflichtversichert. Erleiden sie (in Ausübung ihres Dienstes) einen Unfall und werden sie in der Folge arbeitsunfähig, haben sie Anspruch auf Verletztengeld (§§ 45 ff. SGB VII). Dieses wird grundsätzlich für die gesamte Zeit der Arbeitsunfähigkeit gezahlt (vgl. § 46 Abs. 3 SGB VII) und orientiert sich seiner Höhe nach am Krankengeld nach §§ 44 ff. SGB V (vgl. § 47 SGB VII). Es handelt sich bei dem Verletztengeld danach, ebenso wie beim Krankengeld, um eine Entgeltersatzleistung, die den Ausfall von Einkommen infolge krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit ausgleichen soll (vgl. BSG, Urt. v. 1.3.2011, B 7 AL 26/09 R, BSGE 108, 1, juris Rn. 16). Die Existenz dieser Leistung – die der Kläger im Übrigen ebenfalls in Anspruch genommen hat – lässt es als ausgeschlossen erscheinen, dass eine gleichgelagerte Leistung auch auf landesrechtlicher Ebene zur Verfügung gestellt wird. Es ist nicht ersichtlich, dass der (Landes- ) Gesetzgeber – ungeachtet der Frage, ob er hierfür überhaupt die Kompetenz hätte (vgl. Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG) – die Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehren insoweit doppelt absichern wollte mit der Folge, dass diese im Fall dienstunfallbedingter Ausfallzeiten in der Summe einen Zahlungsanspruch hätten, der den regulären Verdienst bei Weitem übersteigen würde.

50

b) Ungeachtet der unter a) angestellten Erwägungen hatte der Kläger im gesamten vorliegend relevanten Zeitraum keinen Verdienstausfall i.S.v. § 14 Abs. 4 Satz 1 FeuerwG, der die Auszahlung pauschaler Anerkennungsbeträge hätte rechtfertigen können.

51

Voraussetzung für die Gewährung des pauschalen Anerkennungsbetrages ist nach § 14 Abs. 4 Satz 1 FeuerwG, dass das Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr, das den Anspruch geltend macht, einen Verdienstausfall erlitten hat, der im Übrigen glaubhaft zu machen ist. Einen Verdienstausfall aufgrund seiner Tätigkeit im Dienst der Freiwilligen Feuerwehr und später aufgrund seiner dienstunfallbedingten Arbeitsunfähigkeit – unterstellt, Letzteres könnte dem Grunde nach einen Anspruch auf den pauschalen Anerkennungsbetrag nach § 14 Abs. 4 FeuerwG begründen – hat der Kläger aber nicht glaubhaft gemacht, weil er gar keinen Verdienstausfall erlitten hat:

52

aa) Dies gilt zunächst für die Zeiten im Mai 2003 und im September 2003, in denen der Kläger an einem Lehrgang bzw. an einem Einsatz der Freiwilligen Feuerwehr teilgenommen hat. Der Kläger war seinerzeit nicht erwerbstätig, sondern er war krankgeschrieben und bezog Krankengeld. Dass er, hätte er nicht an dem betreffenden Lehrgang (Mai 2003) bzw. an dem betreffenden Einsatz (September 2003) teilgenommen, (selbständig) erwerbstätig gewesen wäre und einen Verdienst erzielt hätte, ist mit Blick auf den durchgängigen, auch nach dem Lehrgang bzw. Einsatz jeweils ohne Unterbrechung fortgesetzten Bezug von Krankengeld nicht ersichtlich und wird auch von dem Kläger selbst nicht vorgetragen. Für seine auf den entsprechenden Antragsformularen vom 16. Mai 2003 bzw. vom 30. September 2003 eingetragenen „regelmäßigen Arbeitszeiten“ gibt es, zumal mit Blick darauf, dass der Kläger bereits seit Juli 2002 krankgeschrieben war und Krankengeld bezog, keine Grundlage.

53

bb) Für die Zeit vom 18. Januar 2004 bis zum 31. Januar 2004 hat der Kläger auch keinen Verdienstausfall erlitten. Er war in dieser Zeit abhängig beschäftigt und bezog das vereinbarte Arbeitsentgelt, und zwar auch während der Zeit seiner einsatzbedingten Verhinderung (§ 14 Abs. 2 Satz 1 FeuerwG) und für die nachfolgende Zeit seiner unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit (§ 3 Abs. 1 Satz 1 EntgFG). Auch für eine „nebenberufliche“ selbständige Tätigkeit mit der Möglichkeit zusätzlicher Einnahmen in dem vorstehend genannten Zeitraum gibt es keine Anhaltspunkte (vgl. hierzu nachfolgend unter cc]), zumal der Kläger hierzu arbeitsvertraglich gar nicht berechtigt gewesen wäre, da es hierfür der schriftlichen Zustimmung des Arbeitsgebers bedurft hätte (vgl. Bl. 222 der Akte des Strafverfahrens), die nicht vorlag (vgl. hierzu das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 10. Februar 2011, dort S. 5, 18 [Bl. 404 der Akte des Strafverfahrens]).

54

cc) Auch in der Zeit ab 1. Februar 2004 (bis zum 21. September 2005) hat der Kläger keinen Verdienstausfall erlitten. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger in dieser Zeit selbständig tätig gewesen wäre und einen Verdienst erzielt hätte, wäre er nicht arbeitsunfähig gewesen.

55

Der Kläger war seit Juli 2002 und bis Ende November 2003 krankgeschrieben und bezog in dieser Zeit Krankengeld. Dass er in dieser Zeit selbständig tätig gewesen ist oder auch nur Aktivitäten zur Vorbereitung einer selbständigen Tätigkeit entfaltet hat, ist nicht erkennbar und wird auch vom Kläger nicht ernsthaft behauptet (s.o. unter aa]). Anschließend war er für ca. zwei Wochen weder beschäftigt, noch bezog er anderweitige Leistungen, bevor er ab dem 9. Dezember 2003 und bis zum Beginn seiner abhängigen Beschäftigung zum 12. Januar 2004 Arbeitslosengeld bezog. Eine selbständige Tätigkeit ist auch in diesem Zeitraum nicht zu verzeichnen.

56

Der gegenteiligen Behauptung des Klägers, er sei nach dem Ende seiner Krankschreibung selbständig tätig gewesen bzw. er habe seine zukünftige selbständige Tätigkeit (für die Zeit nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses) vorbereitet, schenkt der erkennende Senat keinen Glauben. Vielmehr folgt der Senat den überzeugenden und nachvollziehbaren Feststellungen in dem insoweit rechtkräftig gewordenen Urteil des Landgerichts Hamburg vom 10. Februar 2011 (dort vor allem S. 6 ff., 13 ff., Bl. 392 ff., 400 ff. der Akte des Strafverfahrens). Dieses hat insbesondere belegt, dass der Kläger seine angebliche selbständige Tätigkeit und seinen hierbei erzielten Verdienst durch Vorlage von vier Rechnungen zu beweisen versucht hat, die sich allerdings als Totalfälschungen entpuppt haben. Es hat ferner festgestellt, dass es – abgesehen von den gefälschten Rechnungen – keine Hinweise oder gar Belege dafür gibt, der Kläger sei nach seiner bis November 2003 andauernden Krankschreibung selbständig tätig gewesen. Anhaltspunkte dafür, dass die im Strafverfahren getroffenen Feststellungen unrichtig sind, liegen nicht vor. Auch der Kläger trägt keine neuen Gesichtspunkte vor, die die vom Landgericht getroffenen Feststellungen als zweifelhaft erscheinen ließen. Vor diesem Hintergrund kann der Senat seiner Entscheidung die Feststellungen aus dem Urteil des Landgerichts Hamburg vom 10. Februar 2011 ohne weitere eigene Ermittlungen zugrunde legen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 28.9.1981, 7 B 188.81, Buchholz 442.10 § 4 StVG Nr. 60, juris Rn. 7; VGH München, Beschl. v. 5.3.2014, 22 ZB 12.2174, GewArch 2014, 444, juris Rn. 28; siehe auch OVG Koblenz, Urt. v. 9.5.1989, 6 A 124/88, NJW 1990, 1553, juris Rn. 40).

57

War der Kläger danach bis zu seinem Dienstunfall nicht selbständig tätig, so fehlt jede Grundlage dafür, eine – durch den Dienstunfall vereitelte – selbständige Tätigkeit und entsprechende Einnahmen hieraus für die Zeit nach dem Dienstunfall anzunehmen. Die von dem Kläger in den jeweiligen Antragsformularen eingetragenen „regelmäßigen Arbeitszeiten“ und der darin angegebene angebliche Verdienstausfall entbehren erneut jeder Grundlage, weil der Kläger zu keinem Zeitpunkt – weder vor noch nach seinem Unfall – in dieser Weise und in entsprechendem Umfang selbständig tätig gewesen ist. Allein die Vorstellung des Betroffenen, während der „Dienstzeiten“ i.S.v. § 14 Abs. 4 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 FeuerwG in einer bestimmten Weise, in einem bestimmten Umfang und mit einem fiktiv ersonnenen Verdienst beruflich tätig sein zu können, ohne dass es hierfür einen Anknüpfungspunkt in der bisherigen Erwerbsbiographie gibt, kann einen Anspruch auf den pauschalen Anerkennungsbetrag nach § 14 Abs. 4 FeuerwG weder ganz noch teilweise begründen. Denn diese Leistung dient der Kompensation eines tatsächlich erlittenen und nicht eines allenfalls theoretisch denkbaren Verdienstausfalls.

58

3. Der mit den angefochtenen Bescheiden verfügten Rücknahme steht kein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers entgegen.

59

Allerdings kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung gewährt, gemäß § 48 Abs. 2 Satz 1 HmbVwVfG nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Verwaltungsakt vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Gemäß § 48 Abs. 2 Satz 2 HmbVwVfG ist das Vertrauen in der Regel schutzwürdig, wenn – was vorliegend anzunehmen ist – der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht hat oder nicht mehr (ohne Weiteres) rückgängig zu machende Vermögensdispositionen getroffen hat.

60

Der Kläger kann sich indes nicht auf Vertrauen berufen. Auf Vertrauen kann sich nicht berufen, wer den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung erwirkt hat (§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 HmbVwVfG), wer den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren (§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 HmbVwVfG), oder wer die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 HmbVwVfG). Alle der in § 48 Abs. 2 Satz 3 HmbVwVfG genannten Tatbestände sind vorliegend erfüllt:

61

a) Eine arglistige Täuschung i.S.v. § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 HmbVwVfG liegt dann vor, wenn der Täuschende erkennt und in Kauf nimmt, dass die Behörde auf Grund seines Verhaltens für sie wesentliche Umstände als gegeben ansieht, die in Wahrheit nicht vorliegen (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.9.1985, 2 C 30.84, DVBl. 1986, 148, juris Rn. 24).

62

Der Kläger hat gegenüber der Beklagten im Rahmen seiner Anträge wahrheitswidrig angegeben, er sei beruflich selbständig, und hierbei „regelmäßige“ Arbeitszeiten angegeben, die jeder Grundlage entbehren. Diese Angaben des Klägers haben bei der Beklagten zu der irrtümlichen Vorstellung geführt, der Kläger habe als beruflich Selbständiger Anspruch auf die Leistung nach § 14 Abs. 4 FeuerwG. Dass es für die Beklagte – und für den Kläger erkennbar – entscheidend auf die Selbständigkeit ankam, zeigt sich bereits daran, dass sich die dortigen Antragsformulare ausdrücklich an „beruflich Selbständige“ richten. Dem kann nicht mit Erfolg entgegen gehalten werden, dass – worauf der Bevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung zutreffend hingewiesen hat – bei der Beklagten nicht geprüft bzw. in Frage gestellt worden ist, ob die Angabe des Klägers, beruflich selbständig zu sein, tatsächlich zutrifft. Denn dies ändert nichts daran, dass die handelnden Sachbearbeiter bei der Beklagten davon ausgegangen sind, die Angaben des Klägers zu seiner angeblichen beruflichen Selbständigkeit träfen zu. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn auch die Sachbearbeiter bei der Beklagten davon ausgegangen wären, dass der Kläger in Wahrheit nicht beruflich selbständig war, seine Angaben also unrichtig waren. Hierfür gibt es aber keine Anhaltspunkte, und namentlich das Landgericht Hamburg hat in seinem insoweit rechtskräftig gewordenen Urteil vom 10. Februar 2011 auch keine dahingehenden Feststellungen getroffen, sondern im Gegenteil festgestellt, die Sachbearbeiter bei der Beklagten hätten „der weitergehenden Behauptung des Angeklagten, er würde als beruflich Selbständiger dienstbedingten Arbeitsausfall erleiden“, vertraut, „ohne dass sie (...) die angebliche Selbständigkeit noch weiter überprüften“ (vgl. UA S. 7 [Bl. 393 der Akte des Strafverfahrens]). Einen anderen diesbezüglichen Sachverhalt hat im Übrigen auch das Amtsgericht Hamburg-St. Georg in seinem später geänderten Urteil vom 21. April 2010 nicht festgestellt, sondern den betreffenden Sachverhalt lediglich abweichend (straf-) rechtlich gewürdigt (vgl. UA S. 6 f. und 15 f. [Bl. 303 ff. der Akte des Strafverfahrens]).

63

Die Unrichtigkeit seiner Angaben war dem Kläger auch bekannt. Dies wird nicht zuletzt dadurch deutlich, dass er im Strafverfahren die behauptete Selbständigkeit mithilfe von Unterlagen zu belegen versucht hat, bei denen es sich um Totalfälschungen handelte. Ein bloßer Rechts- oder Subsumtionsirrtum, d.h. ein Irrtum darüber, was unter beruflicher Selbständigkeit zu verstehen ist, erscheint vor diesem Hintergrund ausgeschlossen (vgl. hierzu auch das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 10. Februar 2011, dort S. 18 [Bl. 404 der Akte des Strafverfahrens]).

64

Es fehlt auch nicht an der nach § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 HmbVwVfG erforderlichen Kausalität („... durch arglistige Täuschung erwirkt“). Zwar hätte der Kläger – ungeachtet des Fehlens einer selbständigen Erwerbstätigkeit – ohnehin keinen Anspruch nach § 14 Abs. 4 FeuerwG gehabt, weil ein Anspruch auf den pauschalen Anerkennungsbetrag nicht für krankheitsbedingte Ausfallzeiten besteht (vgl. oben zu 2 a]). Indes kann die Täuschung des Klägers nicht hinweggedacht werden, ohne dass die von der Beklagten vorgenommenen Bewilligungen entfielen. Hätte der Kläger nämlich offenbart, dass er nicht beruflich selbständig war und hierdurch auch keinen entsprechenden Verdienstausfall erlitten hat, hätte die Beklagte den pauschalen Anerkennungsbetrag ungeachtet ihres Rechtsirrtums nicht bewilligt. Umgekehrt hätte die Fehlvorstellung der Beklagten, dass der pauschale Anerkennungsbetrag auch für Zeiten dienstunfallbedingter Arbeitsunfähigkeit gewährt werden kann, nicht die Bewilligungen zu Gunsten des Klägers zufolge gehabt, wenn dieser nicht angegeben hätte, beruflich Selbständiger sei.

65

b) Der Kläger hat die mit den angefochtenen Bescheiden zurückgenommenen Bewilligungen durch Angaben erwirkt, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren, § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 HmbVwVfG. Er hat im Rahmen seiner Antragstellungen angegeben, er sei beruflich selbständig, habe – jeweils konkret bezeichnete – regelmäßige Arbeitszeiten und aufgrund seiner dienstunfallbedingten Arbeitsunfähigkeit einen Verdienstausfall erlitten. Diese Angaben waren unrichtig. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen unter a) sowie unter 2. b) Bezug genommen. Dass der Kläger die Unrichtigkeit seiner Angaben auch kannte, spielt im Rahmen des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 HmbVwVfG keine Rolle, denn die Vorschrift setzt ein Verschulden nicht voraus und es kommt somit nicht darauf an, ob der Betroffene die Unrichtigkeit der in seiner Sphäre liegenden Angaben, auf die die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts zurückzuführen ist, kannte oder hätte kennen müssen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 12.5.1998, 9 B 1134.97, juris Rn. 5; Urt. v. 14.8.1986, 3 C 9.85, BVerwGE 74, 357, juris Rn. 29).

66

Der Kläger hat die zurückgenommenen Bewilligungen auch durch seine unrichtigen Angaben „erwirkt“. Der Grund für die Rechtswidrigkeit der Bewilligungen, die die Beklagte zur Rücknahme veranlasst haben, liegt in den falschen Angaben des Klägers. Hätte der Kläger keine unzutreffenden Angaben gemacht, hätte die Beklagte den pauschalen Anerkennungsbetrag nicht wiederholt zugunsten des Klägers bewilligt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen unter a) Bezug genommen.

67

c) Der Kläger kannte überdies die Rechtswidrigkeit der von der Beklagten zu seinen Gunsten vorgenommenen Bewilligungen des pauschalen Anerkennungsbetrages, § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 HmbVwVfG. Dies muss schon deshalb angenommen werden, weil er bewusst falsche Angaben gemacht hat (s.o. unter a]). Damit kann er nur den Zweck verfolgt haben, eine Leistung zu erhalten, auf die er andernfalls keinen Anspruch gehabt hätte, denn sonst hätte kein Grund bestanden, derartige Angaben zu machen. Auch der Umstand, dass der Kläger im Strafverfahren seine angebliche Selbständigkeit mithilfe von Unterlagen zu belegen versucht hat, bei denen es sich um Totalfälschungen handelte, macht deutlich, dass dem Kläger bewusst war, in Wahrheit keinen Anspruch auf den pauschalen Anerkennungsbetrag nach § 14 Abs. 4 FeuerwG gehabt zu haben.

68

4. Die Rücknahme war nicht verfristet. Abgesehen davon, dass die Jahresfrist aus § 48 Abs. 4 Satz 1 HmbVwVfG vorliegend wegen § 48 Abs. 4 Satz 2 HmbVwVfG ohnehin nicht gilt, weil der Kläger i.S.v. § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 HmbVwVfG arglistig getäuscht hat, hat die Beklagte den angefochtenen Rücknahmebescheid vom 11. Januar 2008 innerhalb der Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 HmbVwVfG erlassen.

69

Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 HmbVwVfG beginnt erst zu laufen, wenn der Behörde sämtliche für die Rücknahmeentscheidung erheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind. Erforderlich ist also zunächst die Kenntnis derjenigen Tatsachen, aus denen sich die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts ergibt. Das sind die Tatsachen, die den im Einzelfall unterlaufenen Rechtsanwendungsfehler und die Kausalität dieses Fehlers für den Inhalt des Verwaltungsakts ausmachen. Schon der Wortlaut der Vorschrift stellt allerdings klar, dass die Erkenntnis der Rechtswidrigkeit für sich allein den Fristenlauf nicht auszulösen vermag, sondern hierzu die vollständige Kenntnis des für die Entscheidung über die Rücknahme des Verwaltungsakts erheblichen Sachverhalts nötig ist. Hierzu gehören alle Tatsachen, die im Falle des § 48 Abs. 2 HmbVwVfG ein Vertrauen des Begünstigten in den Bestand des Verwaltungsakts entweder nicht rechtfertigen oder ein bestehendes Vertrauen als nicht schutzwürdig erscheinen lassen, sowie die für die Ermessensausübung wesentlichen Umstände (vgl. BVerwG, Beschl. v. 29.8.2014, 4 B 1.14, BRS 82 Nr. 174, juris Rn. 11, unter Bezugnahme auf BVerwG [GS], Beschl. v. 19.12.1984, GrSen 1/84 und GrSen 2/84, BVerwGE 70, 356, juris). Bei der in § 48 Abs. 4 Satz 1 HmbVwVfG geregelten Rücknahmefrist handelt es sich danach nicht um eine Bearbeitungs-, sondern um eine reine Entscheidungsfrist (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 17. Aufl. 2016, § 48 Rn. 156).

70

Vorliegend veranlasste erst der neuerliche Antrag des Klägers im Juni 2007 die Beklagte zu einer Überprüfung der Angelegenheit. Im Zuge dieser Überprüfung erhielt die Beklagte erstmals Kenntnis davon, dass der Kläger in den Zeiten, für die er den pauschalen Anerkennungsbetrag geltend gemacht hatte, nicht beruflich selbständig tätig gewesen war. Bereits wenige Monate später verfügte die Beklagte die angefochtene Rücknahme der in der Vergangenheit vorgenommenen Bewilligungen.

71

5. Die Beklagte hat das ihr nach § 48 Abs. 1 Satz 1 HmbVwVfG zukommende Rücknahmeermessen fehlerfrei ausgeübt.

72

Grundsätzlich steht die Entscheidung, einen rechtswidrigen Verwaltungsakt zurückzunehmen, gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 HmbVwVfG im Ermessen der Behörde. Für die Rücknahme begünstigender Verwaltungsakte gilt gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 HmbVwVfG allerdings ergänzend § 48 Abs. 2 HmbVwVfG. Nach § 48 Abs. 2 Satz 4 wird in den Fällen des § 48 Abs. 2 Satz 3 HmbVwVfG – die vorliegend allesamt einschlägig sind (s.o. unter 3.) – der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Diese Regelung bezieht sich nicht nur auf die Frage, ob der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit oder nur mit Wirkung für die Zukunft zurückgenommen werden soll, sondern auch auf die logisch vorrangige Frage, ob er überhaupt zurückgenommen werden soll. Liegt danach kein Ausnahmefall vor, so ist die Rücknahme die Regel und sind weitergehende Ermessenserwägungen nicht anzustellen. Nach § 48 Abs. 2 Satz 4 HmbVwVfG besteht kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung ein intendiertes Ermessen (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 26.11.2015, OVG 7 B 4.15, juris Rn. 29; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 17. Aufl. 2016, § 48 Rn. 127b).

73

Vorliegend sind Gründe, von der Rücknahme der rechtswidrigen Bewilligungen ausnahmsweise abzusehen, nicht gegeben. Für das Vorliegen eines Regelfalls spricht schon, dass nicht nur einer, sondern alle drei der vertrauensschutzbeseitigenden Tatbestände aus § 48 Abs. 2 Satz 3 HmbVwVfG erfüllt sind, darunter der Arglist-Tatbestand des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 HmbVwVfG. Es gibt auch keinen Grund, eine Ausnahme deshalb zu machen, weil die Beklagte selbst einem Rechtsirrtum unterlegen ist und die Bewilligungen auch ungeachtet der vorsätzlichen Falschangaben nicht hätte vornehmen dürfen. Denn dies ändert an der Kausalität der bewussten Falschangaben des Klägers für die unrichtigen Bewilligungen nichts: Hätte er nicht angegeben, beruflich selbständig zu sein, hätte die Beklagte die Bewilligungen nicht vorgenommen. Der bloße Rechtsirrtum der Beklagten hat im Übrigen kein der vorsätzlichen Täuschung durch den Kläger vergleichbares Gewicht. Der Kläger hat sich den bei der Beklagten bestehenden Rechtsirrtum zunutze gemacht, um durch bewusste Falschangaben an eine Leistung zu gelangen, auf die er keinen Anspruch hatte.

II.

74

Die in dem Bescheid der Beklagten vom 11. Januar 2008 und dem Widerspruchsbescheid vom 21. April 2009 ebenfalls enthaltene Rückforderung (zzgl. Zinsen) ist, nachdem das Verfahren insoweit abgetrennt worden ist (3 Bf 113/17), nicht mehr Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens.

III.

75

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

76

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Abwendungsbefugnis folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

77

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO bestehen nicht.

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