Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern (2. Senat) - 2 M 14/10

Tenor

Die Beschwerden gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin

- 1. Kammer - vom 13.01.2010 werden zurückgewiesen.

Der Antragsgegner und die Beigeladenen tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu je 1/3.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 26.018,46 Euro festgesetzt.

Gründe

1

Durch Beschluss vom 13.01.2010 hat das Verwaltungsgericht dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung bis zur bestandskräftigen Entscheidung über den Widerspruch der Antragstellerin gegen ihre Nichtberücksichtigung im Auswahlverfahren vorläufig untersagt, die u.a. in der Zeitschrift "Die Zeit" am 26.06.2008 an der Hochschule N. im Fachbereich Gesundheit, Pflege, Management, ausgeschriebene Professur W2 "Zivil-, Arbeits- und Sozialrecht" mit dem Beigeladenen zu 1. oder anderweitig endgültig zu besetzen.

2

Die dagegen eingelegten Beschwerden des Antragsgegners und der beiden Beigeladenen bleiben ohne Erfolg.

3

1. Die Beschwerde des Beigeladenen zu 1. ist allerdings nicht - wie die Antragstellerin meint - bereits wegen Versäumung der Beschwerdefrist unzulässig.

4

Ausweislich des vorliegenden Empfangsbekenntnisses ist die erstinstanzliche Entscheidung dem Prozessbevollmächtigten des Beigeladenen zu 1. am 14.01.2010 zugestellt worden, so dass die zweiwöchige Beschwerdefrist (vgl. § 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO) am 28.01.2010 abgelaufen ist. An diesem Tag - also rechtzeitig - ist der Beschwerdeschriftsatz des Prozessbevollmächtigten des Beigeladenen zu 1. vom 28.01.2010 per Fax beim Verwaltungsgericht eingegangen. Dass es in dem Schriftsatz heißt "... vertreten wir den Beigeladenen zu 2.", ändert nichts daran, dass die Beschwerde von vornherein dem Beigeladenen zu 1. zuzuordnen war.

5

Zum notwendigen Inhalt einer Rechtsmittelschrift gehört allerdings auch die Angabe, für welchen Beteiligten das Rechtsmittel eingelegt wird. Bei verständiger Würdigung des gesamten Vorgangs der Rechtsmitteleinlegung muss jeder Zweifel an der Person des Rechtsmittelführers ausgeschlossen sein. Enthält die Rechtsmittelschrift nicht selbst die eindeutige Angabe, für welchen Beteiligten das Rechtsmittel eingelegt wird, so handelt es sich gleichwohl um ein zulässiges Rechtsmittel, sofern sich die Zuordnung eindeutig im Wege der Auslegung unter Berücksichtigung der sonst bei den Gerichtsakten vorliegenden Unterlagen ergibt (vgl. BGH, Beschl. v. 22.09.2009 - VI ZB 76/05 -; BAG, Urt. v. 25.01.1968 - 2 A ZR 161/67 -; beide zit. nach juris).

6

Enthält die rechtzeitig eingegangene Rechtsmittelschrift im Hinblick auf den Beteiligten, für den das Rechtsmittel eingelegt sein soll, einen offensichtlichen Schreibfehler, der erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist korrigiert wird, so ändert dies nichts an der Bewertung des Rechtsmittels durch das Rechtsmittelgericht als fristgerecht, wenn trotz des Schreibfehlers von vornherein eindeutig zu erkennen war, für welchen Beteiligten das Rechtsmittel eingelegt werden sollte.

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Nach diesen Maßstäben ist die Beschwerde des Beteiligten zu 1. rechtzeitig eingelegt worden.

8

Der erwähnte Schriftsatz war jedenfalls nach den Gesamtumständen der Rechtsmitteleinlegung eindeutig dem Beigeladenen zu 1. zuzuordnen. Nur dieser Beteiligte ist (bislang) von dem Prozessbevollmächtigten, der die Beschwerdeschrift verfasst hat, vertreten worden. Wenn der bereits zitierte Hinweis auf "den" Beigeladenen zu 2. hätte bedeuten sollen, dass der Prozessbevollmächtigte die Beschwerde nicht für den bisher von ihm vertretenen, sondern für einen bislang nicht von ihm vertretenen Beteiligten hätte einlegen wollen, wäre zu erwarten gewesen, dass auf so einen ungewöhnlichen Vorgang deutlich hingewiesen worden wäre, zumindest hätte es etwa heißen müssen, "vertreten wir nunmehr" oder "vertreten wir jetzt auch". Außerdem hätte es daran anschließend nicht "den Beigeladenen ...", sondern "die Beigeladene ..." (nämlich die beigeladene Fachhochschule) heißen müssen. Es kommt hinzu, dass die - erstinstanzlich nicht anwaltlich vertretene - Beigeladene zu 2. bereits zuvor selbst Beschwerde eingelegt hatte, nämlich mit vom dortigen "Justiziar" unterzeichneten Schriftsatz vom 25.01.2010, eingegangen am 27.01.2010, ohne dabei zu erkennen zu geben, dass in zweiter Instanz eine anwaltliche Vertretung vorgesehen wäre. Dass ein- und derselbe Beteiligte zwei Beschwerden einlegen würde, wäre zwar nicht abwegig aber zumindest ungewöhnlich. Die mit Schriftsatz vom 28.01.2010 eingelegte Beschwerde ist ohne weitere Rückfrage beim Oberverwaltungsgericht als Beschwerde des Beigeladenen zu 1. angesehen und registriert worden; der Prozessbevollmächtigte ist mit der OVG-Eingangsverfügung vom 08.02.2010 lediglich "um Klarstellung" gebeten worden, "dass die Beschwerde für den Beigeladenen zu 1. eingelegt worden ist". Diese Klarstellung war zu dieser Zeit aber bereits erfolgt, nämlich mit auch an das Verwaltungsgericht gerichteten Schriftsatz vom 29.01.2010, der am 11.02.2010 zum OVG gelangt ist. Auch das Verwaltungsgericht ist im Übrigen ersichtlich von vornherein davon ausgegangen, dass auch der Beigeladene zu 1. Beschwerde eingelegt hat, was sich aus der Abgabemitteilung vom 01.02.2010 ergibt.

9

2. In der Sache bleiben die drei Beschwerden erfolglos. Die von den Beschwerdeführern dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen nicht die Änderung des angefochtenen Beschlusses.

10

Nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO muss die Beschwerdebegründung die Gründe darlegen, aus denen die (angefochtene) Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der Entscheidung auseinandersetzen. Das Darlegungserfordernis verlangt von dem Beschwerdeführer, dass die Beschwerdebegründung auf die rechtlichen oder tatsächlichen Erwägungen eingeht, auf die das Verwaltungsgericht seine Entscheidung gestützt hat. Die Beschwerdebegründung muss an die tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts anknüpfen und aufzeigen, weshalb sich diese aus der Sicht des Beschwerdeführers nicht als tragfähig erweisen bzw. aus welchen rechtlichen oder tatsächlichen Gründen der Ausgangsbeschluss unrichtig sein soll und geändert werden muss. Dies erfordert eine Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffs und damit eine sachliche Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Beschlusses. Der Beschwerdeführer muss sich insofern an der Begründungsstruktur der angegriffenen Entscheidung orientieren. Grundsätzlich reicht eine bloße Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens ohne Eingehen auf die jeweils tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts ebenso wenig aus wie bloße pauschale oder formelhafte Rügen. Stützt das Verwaltungsgericht sein Ergebnis alternativ auf mehrere Begründungen, muss die Beschwerde alle Begründungen aufgreifen, sich mit diesen auseinandersetzen und sie in Zweifel ziehen. Geht die Beschwerdebegründung auf nur eine Erwägung nicht ein, die die angefochtene Entscheidung selbstständig trägt bzw. lässt sie unangefochten, bleibt der Beschwerde schon aus diesem Grund der Erfolg versagt. Diese Anforderungen an die Beschwerdebegründung sind für einen Beschwerdeführer auch zumutbar. Mit Blick auf den Vertretungszwang ist sichergestellt, dass Beschwerdeführer rechtskundig vertreten sind (vgl. Beschl. des Senats v. 06.01.2010 - 2 M 211/09 -, m.w.N.).

11

Die Anwendung dieser Maßstäbe führt nicht zu einem für die Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis.

12

Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass bei der am Maßstab des Art. 33 Abs. 2 GG gebotenen Auswahl unter den Bewerbern für ein öffentliches Amt unter dem Gesichtspunkt von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung dem (künftigen) Dienstherrn zwar ein Beurteilungsspielraum zusteht. Die Auswahlentscheidung sei jedoch gerichtlich daraufhin überprüfbar, ob der Dienstherr den gesetzlichen Rahmen seiner Beurteilungsermächtigung beachtet habe, ob er von einem falschen Sachverhalt ausgegangen sei, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht berücksichtigt, sachwidrige Erwägungen angestellt habe oder verfahrensfehlerhaft vorgegangen sei.

13

Diesen rechtlichen Ausgangspunkt ziehen die Beschwerdebegründungen nicht in Zweifel, so dass er bereits deshalb auch der Senatsentscheidung zugrunde zu legen ist (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6

14

VwGO).

15

Das Verwaltungsgericht hat sodann festgestellt, dass die Antragstellerin glaubhaft gemacht habe, dass in dem Berufungsverfahren Verfahrensfehler gemacht worden seien. Einen Fehler hat es darin gesehen, "dass die Berufungskommission fehlerhaft besetzt gewesen sein dürfte". Als Vorsitzender habe ein Kommissionsmitglied mitgewirkt, gegen dessen Mitwirkung unter dem Gesichtspunkt der unparteiischen Amtsausübung aus der Sicht der Betroffenen Bedenken bestanden haben dürften. In diesem Zusammenhang wird wegen der Einzelheiten der Argumentation in der angefochtenen Entscheidung auf Seite 8 f. des Beschlussabdrucks verwiesen.

16

Diese vom Verwaltungsgericht angestellten und die angefochtene Entscheidung selbstständig tragenden Erwägungen vermögen die Beschwerdeführer nicht ernsthaft in Zweifel zu ziehen.

17

Auch in diesem Zusammenhang ist zunächst vorauszuschicken, dass die Beschwerdeführer nicht in Frage stellen, dass ein Verfahrensfehler der (auf gesetzlicher Grundlage, vgl. § 59 Abs. 3 LHG M-V tätigen) Berufungskommission auf die vom Antragsgegner beabsichtigte Ernennung durchschlagen kann (so für das jeweils einschlägige Landesrecht offenbar auch: OVG Münster, Beschl. v. 09.02.2009 - 6 B 1744/07; OVG Koblenz, Beschl. v. 28.09.2007 - 2 B 10825/07, 2 E 1024/07 -, zit. n. juris).

18

Soweit allerdings die Beigeladene zu 2. meint, es komme in Ermangelung entsprechender einschlägiger verfahrensrechtlicher Regelungen nicht darauf an, ob im Verfahren der Berufungskommission ein befangenes Mitglied mitgewirkt hat, kann ihr nicht gefolgt werden.

19

Zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass im Berufungskommissionsverfahren ein Mitglied der Berufungskommission nicht mitwirken darf, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine unparteiische Amtsausübung zu rechtfertigen. Hierfür ist allerdings nicht lediglich - wie das Verwaltungsgericht angenommen hat - auf die "Grundgedanken der §§ 20, 21 VwVfG M-V" zurückzugreifen; vielmehr sind die genannten Regelungen unmittelbar anwendbar.

20

Nach § 1 Abs. 1 VwVfG M-V gilt dieses Gesetz u.a. für Behörden und Körperschaften des Landes, soweit nicht landesrechtliche Vorschriften inhaltsgleiche oder entgegenstehende Bestimmungen enthalten. Daraus folgt, dass die verfahrensgesetzlichen Regelungen nicht nur für den Antragsgegner, sondern auch für die Beigeladene zu 2. gelten, da es sich bei ihr um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts (und zugleich um eine staatliche Einrichtung) des Landes handelt (vgl. § 2 Abs. 1 LHG M-V). Die Ausnahmevorschriften des § 2 VwVfG M-V schließen die Anwendbarkeit der bereits zitierten Mitwirkungsregelungen nicht aus. Nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG M-V gelten für die Tätigkeit der Behörden bei der Besetzung von Professorenstellen u.a. die §§ 20 und 21 VwVfG M-V und für die Tätigkeit der Hochschulen gelten u.a. ebenfalls die §§ 20 und 21 VwVfG M-V (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG M-V). Auch aus § 2 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG M-V lässt sich der Schluss ziehen, dass abgesehen von der darin geregelten Beschränkung des Akteneinsichtsrechts die genannten Mitwirkungsregeln gerade auch "bei der Besetzung von Stellen für wissenschaftliches und künstlerisches Personal einschließlich Berufungsverfahren" gelten.

21

Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass es hier um ein Verfahren der Berufungskommission geht. Auch wenn es sich dabei um einen Ausschuss im Sinne von §§ 88 ff. VwVfG M-V handelt, würde dies nichts an der Anwendbarkeit der §§ 20, 21 Abs. 1 VwVfG M-V ändern, wie sich u.a. aus §§ 20 Abs. 4 und 20 Abs. 2 VwVfG M-V ergibt (vgl. auch: OVG Koblenz, a.a.O.).

22

Dass es bezüglich der Frage von Mitwirkungshindernissen hochschulrechtliche Spezialregelungen gäbe, wird von keiner Seite vorgetragen und ist im Übrigen auch sonst nicht ersichtlich.

23

Ohne Erfolg wird in den Beschwerdebegründungen geltend gemacht, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht angenommen, dass der Vorsitzende der Berufungskommission am Berufungsverfahren nicht habe teilnehmen dürfen. Auch unter Berücksichtigung des Vortrags der Beschwerdeführer erweist sich der vom Verwaltungsgericht angelegte Maßstab wie auch die Anwendung dieses Maßstabs auf den konkreten Fall als richtig.

24

Im Ansatz allerdings zutreffend gehen die Beschwerdeführer davon aus, dass ein ähnlicher Maßstab anzulegen ist wie bei der Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit. Dies setzt nach §§ 54 VwGO, 42 Abs. 2 ZPO voraus, dass "ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen." Die zitierten Wendungen finden sich in ähnlicher Form in der hier maßgeblichen Vorschrift des § 20 Abs. 1 VwVfG M-V. Auch was die Weisungsunabhängigkeit angeht, dürften zwischen Richtern und Mitgliedern einer Berufungskommission Parallelen festzustellen sein.

25

Für die Beurteilung der Frage, ob das genannte Mitwirkungshindernis vorliegt, kommt es weder auf die subjektive Sicht desjenigen an, der die Rüge erhebt, noch darauf, ob sich derjenige, gegen den sich die Rüge richtet, persönlich für befangen hält. Maßgeblich ist vielmehr, ob bei vernünftiger Betrachtung nach den konkreten Umständen des Falles die Besorgnis der Befangenheit berechtigt ist.

26

Nach der Rechtsprechung des Senats ist gelegentliches berufliches Zusammenwirken, wie dies etwa bei der Zugehörigkeit zu ein und derselben Dienststelle stattfindet, allein nicht ausreichend, um die Unparteilichkeit in Zweifel zu ziehen. Auch gelegentliche private Kontakte sind insoweit nicht ausreichend. Etwas anderes kann aber dann gelten, wenn sich aus dem beruflichen Zusammenwirken eine "besondere kollegiale Nähe" sowie "freundschaftliche Kontakte" entwickeln (vgl. Beschl. d. Senats v. 18.01.2001 - 2 M 4/01 -, Rn. 9, 15, zit. nach juris). Eine berufliche bzw. fachliche Zusammenarbeit begründet danach die Besorgnis der Befangenheit, wenn sich aus ihr ein besonderes Näheverhältnis entwickelt hat (OVG Hamburg, Beschl. v. 09.10.1998 - 1 Bs 214/98 -, zit. nach juris). Diese obergerichtliche Rechtsprechung steht in Einklang mit der des Bundesverwaltungsgerichts, wonach ebenfalls langjährige enge Zusammenarbeit jedenfalls in Verbindung mit freundschaftlicher Verbundenheit die Besorgnis der Befangenheit begründen kann (vgl. Beschl. v. 27.04.2005 - BVerwG 2 AV 2.05 -, zit. nach juris). Von diesem Maßstab abzurücken bietet die Größe der Hochschule, um die es bei der Beigeladenen zu 2. geht, entgegen der von ihr geäußerten Auffassung keine Veranlassung. Ob dies anders zu beurteilen wäre, wenn die Berufungskommission nicht mehr handlungsfähig würde, kann hier auf sich beruhen, da es im vorliegenden Verfahren lediglich um die Mitwirkung eines einzelnen Mitglieds (von 9) geht. Ersichtlich hat das Verwaltungsgericht keinen anderen Maßstab zugrunde gelegt, in dem es auf ein "Näheverhältnis durch die berufliche Tätigkeit ... über Jahre hinweg" und die "enge fachliche und persönliche Verbundenheit" bzw. "freundschaftliche" Verbundenheit abgestellt hat (vgl. S. 9 Beschlussabdruck). Zur Erläuterung dieser Auffassung verweist das Verwaltungsgericht insbesondere darauf, dass der Vorsitzende der Berufungskommission und der Beigeladene zu 1. gemeinsam wissenschaftliche Assistenten bei einem Professor der Christian-Albrechts Universität zu Kiel gewesen seien und gemeinsam publiziert und Gutachten erstellt hätten. Diese tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts werden von den Beschwerdeführern teilweise ausdrücklich bestätigt, zumindest aber nicht substantiiert in Zweifel gezogen. Der Beigeladene zu 1. selbst räumt ausdrücklich ein, dass der Vorsitzende der Berufungskommission ihre Mitglieder darauf hingewiesen habe, dass er mit ihm "eng beruflich verbunden sei". Auch die Feststellung des Verwaltungsgerichts, der Beigeladene zu 1. und der Vorsitzende der Berufungskommission seien neben der beruflich-fachlichen Verbundenheit "auch freundschaftlich verbunden", wird von den Beschwerdeführern nicht in Abrede gestellt. Indirekt räumt der Beigeladene zu 1. die "Freundschaft" sogar ein, indem er die Auffassung äußert, dass Freundschaft allein nicht ausreiche, um Befangenheit anzunehmen.

27

Ob ihm in seiner Rechtsauffassung im Ansatz zu folgen ist, bedarf hier allerdings keiner weiteren Klärung, da es hier gerade nicht allein um Freundschaft, sondern - wie ausgeführt - um Freundschaft sowie enge berufliche Verbundenheit geht, was nach den hier anzuwendenden Maßstäben - wie dargelegt - ausreicht, um die Besorgnis der Befangenheit zu begründen. Vor diesem Hintergrund war es auch nicht geboten, die Intensität der Freundschaft konkreter zu beschreiben, wie dies der Antragsgegner und die Beigeladene zu 2. wohl meinen. Im Übrigen ist in diesem Zusammenhang anzumerken, dass die Beschwerdeführer nicht genügend berücksichtigen, dass ihnen die von ihnen vermissten Spezifizierungen weit eher möglich gewesen wären als etwa der Antragstellerin bzw. dem Verwaltungsgericht. Beim Beigeladenen zu 1. liegt dies als dem einen Partner der hier in Rede stehenden Freundschaft ohne weiteres auf der Hand. Aber auch der Antragsgegner und die Beigeladene zu 2. hätten die Möglichkeit gehabt, zu diesem Thema eine dienstliche Stellungnahme des Vorsitzenden der Berufungskommission einzuholen. Tatsächlich ist auch innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist eine Stellungnahme vorgelegt worden, die vom Vorsitzenden der Berufungskommission stammen soll, von diesem allerdings nicht unterzeichnet worden ist. Nach entsprechendem gerichtlichen Hinweis ist die Unterschrift nachgeholt worden, allerdings wohl erst mehr als zwei Wochen nach dem Hinweis, so dass es auch für einen Wiedereinsetzungsantrag zu spät gewesen sein könnte (vgl. § 60 Abs. 2 VwGO). Inwieweit die Stellungnahme danach überhaupt berücksichtigt werden darf (vgl. § 146 Abs. 4 S. 6 VwGO), kann aber auf sich beruhen. Denn sie enthält lediglich Angaben zur beruflichen Verbundenheit des Vorsitzenden der Berufungskommission mit dem Beigeladenen zu 1., nicht aber zur persönlichen Freundschaft. Dass die vom Verwaltungsgericht getroffenen Feststellungen unrichtig wären, ist der Stellungnahme jedoch nicht zu entnehmen. Ebensowenig ergibt sich aus ihr, dass der Vorsitzende die Berufungskommission umfassend über seine Nähe zum Beigeladenen zu 1. informiert hätte. Lediglich "die gemeinsame Tätigkeit in Kiel", so heißt es, sei "in der Kommission angesprochen" worden. Demgegenüber trägt die Beigeladene zu 2. mit Schriftsatz vom 12.04.2010 vor, dass "die gemeinsame Gutachtertätigkeit" des Beigeladenen zu 1. und des Vorsitzenden der Berufungskommission "nie Gegenstand der Beratungen in der Berufungskommission gewesen" seien.

28

Im Hinblick auf die berufliche Verbundenheit ist anzumerken, dass der Senat eine besondere Bedeutung auch denjenigen vom Beigeladenen zu 1. angegebenen und von der Berufungskommission berücksichtigten wissenschaftlichen Arbeiten beimisst, die dieser gemeinsam mit dem Vorsitzenden der Berufungskommission verfasst hat. Dabei liegen Interessenkollisionen nahe, weil von Außenstehenden nicht zwischen den Arbeitsanteilen des Beigeladenen zu 1. und denen des Vorsitzenden der Berufungskommission unterschieden werden kann, und damit eine Bewertung eigener wissenschaftlicher Leistung untrennbar mit der Würdigung einhergeht.

29

Soweit das Verwaltungsgericht den Versuch unternimmt, aus dem Verhalten des Vorsitzenden der Berufungskommission dessen tatsächliche Befangenheit konkret abzuleiten, bedarf es keiner Prüfung im vorliegenden Beschwerdeverfahren, ob die daran von den Beschwerdeführern geäußerte Kritik berechtigt ist. Denn nach den obigen Ausführungen kommt es nur darauf an, ob nach den konkreten Umständen des Falles für die Antragstellerin bei vernünftiger Betrachtung die Besorgnis der Befangenheit berechtigt war. Dies ist aber bereits - wie ausgeführt - wegen der besonderen beruflichen und persönlichen Nähe des Vorsitzenden der Berufungskommission zum Beigeladenen zu 1. zu bejahen.

30

Ohne Erfolg berufen sich die Beigeladenen darauf, dass die Antragstellerin ihr Recht, die Befangenheit des Vorsitzenden der Berufungskommission zu rügen, verwirkt habe.

31

Zutreffend ist allerdings, dass ein Verfahrensbeteiligter einen ihm bekannten Ablehnungsgrund unverzüglich geltend zu machen hat. Dieser allgemeine Verfahrensgrundsatz gilt unabhängig davon, ob die Regelung des § 71 Abs. 3 VwVfG M-V hier direkt anwendbar ist oder die Anwendbarkeit

32

- wie die Antragstellerin meint - ausgeschlossen ist, weil es sich hier nicht um ein förmliches Verwaltungsverfahren i.S.v. §§ 63 ff. VwVfG M-V handelt und außerdem § 71 VwVfG M-V auch in der Aufzählung der für Hochschulen geltenden Vorschriften (vgl. § 2 Abs. 3 VwVfG M-V) nicht enthalten ist (vgl. OVG Koblenz, a.a.O. Rn.11). Die Antragstellerin hätte also möglicherweise tatsächlich die Befangenheitsrüge verwirkt, wenn sie - wie die Beigeladenen wohl meinen - schon vor den Sitzungen der Berufungskommission im Oktober 2008, in denen die Probelehrveranstaltungen abgehalten wurden oder jedenfalls vor der Sitzung am 10.12.2008, in der die Berufungsliste beschlossen worden ist, von dem Ablehnungsgrund Kenntnis gehabt hätte. Dass der Fall so liegt, lässt sich nach den Beschwerdebegründungen aber nicht feststellen. Diese verweisen insbesondere auf den Schriftsatz der Antragstellerin vom 10.07.2009, den die Beigeladenen so interpretieren, dass die Antragstellerin eingeräumt habe, bereits 2008 von der Freundschaft zwischen dem Vorsitzenden der Berufungskommission und dem Beigeladenen zu 1. gewusst zu haben. Dabei handelt es sich aber ersichtlich um ein Missverständnis. Im Schriftsatz vom 10.07.2009 heißt es u.a., 2008 sei "unter Insidern" bekannt gewesen, dass sich der Beigeladene zu 1. bewerben würde. Dies soll - wie der Zusammenhang mit den davor stehenden Ausführungen nahelegt - wohl bedeuten, dass den "Insidern" damals auch die "langjährige Freundschaft" bekannt gewesen sei. Es gibt aber keine Anhaltspunkte dafür, dass sich die Antragstellerin selbst zu diesen "Insidern" gezählt haben könnte.

33

Soweit die Beigeladene zu 1. auf die bei der Antragstellerin im März 2009 vorhandenen Kenntnisse über den Ablehnungsgrund hinweist, sind diese nicht geeignet, um ihr Rügerecht in Frage zu stellen. Zum einen war zu der Zeit die Entscheidung der Berufungskommission - wie erwähnt - bereits getroffen. Zum anderen hat die Antragstellerin ihre damaligen Kenntnisse über die von ihr eingeschaltete Gleichstellungsbeauftragte am13.03.2009 an den Antragsgegner weitergegeben (vgl. Bl. 219 Beiakte A). Einer weiteren Mitteilung an die Beigeladene zu 2. bedurfte es nicht; die Antragstellerin konnte davon ausgehen, dass die Informierung des Antragsgegners ausreichend sei. Abgesehen davon geht aus der Beschwerdebegründung des Beigeladenen zu 1. auch nicht hervor, dass der Antragstellerin im März 2009 bereits die enge fachliche bzw. berufliche Nähe zwischen dem Vorsitzenden der Berufungskommission und dem Beigeladenen zu 1. bekannt gewesen wäre.

34

Schließlich können die Beschwerdeführer nicht mit Erfolg geltend machen, dass der vom Verwaltungsgericht festgestellte Verfahrensfehler nicht ursächlich für die umstrittene Personalentscheidung gewesen sei.

35

Ersichtlich ist das Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang davon ausgegangen, dass der übergangene Bewerber in einem Konkurrentenverfahren nicht glaubhaft machen muss, dass ihm die umstrittene Stelle übertragen worden wäre, wenn das Verfahren ordnungsgemäß durchgeführt worden wäre. Um in einem Konkurrentenverfahren erfolgreich zu sein, genügt es nach Auffassung des Verwaltungsgerichts, wenn der übergangene Bewerber glaubhaft macht, in einem fehlerfreien Auswahlverfahren "nicht chancenlos" zu sein.

36

Soweit die Beschwerdeführer einen strengeren Maßstab anlegen wollen, ist ihnen nicht zu folgen. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts entspricht der allgemein in der Rechtsprechung vertretenen (vgl. Beschl. des Senats v. 02.09.2009 - 2 M 97/09 -; OVG Münster, Beschl. v. 30.10.2009 - 1 B 134/09 -; OVG Magdeburg "offensichtlich chancenlos" - Beschl. v. 26.08.2009 - 1 M 52/09 -; OVG Berlin-Brandenburg "in jedem Fall chancenlos", Beschl. v. 06.06.2007 - 4 S 14.07 -; OVG Koblenz, Beschl. v. 08.09.2000 - 2 B 11405/00 -; alle zit. nach juris, zum Teil m.w.N.). Die obergerichtliche Rechtsprechung steht in Einklang mit der des Bundesverfassungsgerichts zum aus Art. 33 Abs. 2 GG entwickelten Bewerberverfahrensanspruch.

37

Danach setzt der verwaltungsgerichtliche Eilrechtsschutz lediglich voraus, dass die Aussichten des übergangenen Bewerbers, im Falle eines ordnungsgemäßen Auswahlverfahrens zum Zuge zu kommen, offen sind, d.h. seine Auswahl muss als möglich erscheinen (Beschl. v. 01.08.2006 - 2 BvR 2364/03 -, zit. nach juris).

38

Auch unter Berücksichtigung der Beschwerdebegründungen erweist sich die Feststellung des Verwaltungsgerichts, die Antragstellerin sei in einem ordnungsgemäßen Berufungsverfahren nicht chancenlos, als zutreffend.

39

Soweit die Beschwerdeführer meinen, die Antragstellerin erfülle bereits die Bewerbungsvoraussetzungen nicht, steht dies im Widerspruch zu den von der Berufungskommission selbst getroffenen Feststellungen. Sowohl die Berufungskommission wie auch - dieser folgend - der Fachbereichsrat haben die Antragstellerin auf Platz 2 des Berufungsvorschlags gesetzt. Im Hinblick auf die in der Ausschreibung geforderte "qualifizierte berufliche Praxis" von mindestens drei Jahren "außerhalb des Hochschulbereichs" ist anzumerken, dass es nicht Sache des vorliegenden Eilverfahrens sein kann, über die sich in diesem Zusammenhang stellenden und zum Teil kontrovers diskutierten Fragen, etwa ob und gegebenenfalls in welchem Umfang Teilzeitbeschäftigungen und Tätigkeiten während des Referendariats einzubeziehen sind, abschließend zu befinden. Soweit die Beteiligte zu 2. meint, die Antragstellerin habe die von ihr angegebenen Zeiten nicht nachgewiesen, ist anzumerken, dass auf diese Weise eine Chancenlosigkeit der Antragstellerin nicht dargetan werden kann. Wenn entsprechende Nachweise tatsächlich fehlen sollten, müsste der Antragstellerin im neu durchzuführenden Berufungskommissionsverfahren Gelegenheit gegeben werden, diese Nachweise vorzulegen. Die bisherige Berufungskommission hat offenbar keine Nachweise vermisst; sonst hätte die Antragstellerin nicht auf Platz 2 der Berufungsliste gesetzt werden können.

40

Ob das Verfahren der Berufungskommission - wie das Verwaltungsgericht angenommen hat - noch in weiterer Hinsicht fehlerhaft verlaufen ist, kann nach den obigen Ausführungen auf sich beruhen. Soweit die Beschwerdeführer noch nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist Argumente vortragen, um die Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung in Zweifel zu ziehen, sind diese vom Senat nicht zu berücksichtigen (vgl. § 146 Abs. 4 S. 6 VwGO).

41

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2 und 3, 159 Satz 1 VwGO, 100 Abs. 1 ZPO, die Streitwertfestsetzung auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG.

42

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 GKG).

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