Urteil vom Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern (3. Senat) - 3 K 25/11

Tenor

Die Landesverordnung über das Regionale Raumentwicklungsprogramm Vorpommern vom 19. August 2010 wird hinsichtlich der Festsetzung Ziffer 6.5 „Energie“ Absatz 7 insoweit für unwirksam erklärt, als sie Geltung für die beantragte Vorschlagsfläche C. beansprucht.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe der Festsetzung vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Wirksamkeit einer Festlegung in der Landesverordnung über das Regionalen Raumentwicklungsprogramms Vorpommern vom 19. August 2010.

2

Die Antragstellerin betreibt an mehreren Standorten in Mecklenburg-Vorpommern Windenergieanlagen. Sie plant die Errichtung weiterer Windenergieanlagen auf einer Fläche in den Gemarkungen D. und E.. Wegen der Belegenheit der Fläche wird auf die Eintragung der „Vorschlagsfläche C.“ in der Karte auf Blatt 462 der Gerichtsakte verwiesen. Die Antragstellerin beantragte mit Schreiben vom 2. September 2011 beim Staatlichen Amt für Landwirtschaft und Umwelt Stralsund einen Vorbescheid gemäß § 9 BImSchG für die Errichtung und den Betrieb von acht Windenergieanlagen auf mehreren Grundstücken der genannten Vorschlagsfläche, hinsichtlich derer sie zum Teil Nutzungsverträge mit den Grundstückseigentümern geschlossen hat, die ihr Vorhaben bürgerlich-rechtlich gestatten. Für den anderen Teil bestehen Optionsverträge über den Abschluss von Pachtverträgen bzw. eine entsprechende Absichtserklärung der Grundstückseigentümerin.

3

Die Verbandsversammlung des Regionalen Planungsverbandes Vorpommern beschloss am 19. Januar 2004 die Neuaufstellung des Regionalen Raumentwicklungsprogramms. Der Entwurf des Regionalen Raumentwicklungsprogramms Vorpommern mit Stand vom 10. Januar 2007 wurde im Zeitraum vom 26. März bis zum 29. Juni 2007 mit der Gelegenheit zur Äußerung öffentlich ausgelegt. Die F. bR beantragte daraufhin mit Schreiben vom 25. Juni 2007 die Aufnahme einer näher beschriebenen Fläche mit einer Größe von ca. 145 Hektar als Eignungsgebiet für Windenergieanlagen in das Raumentwicklungsprogramm. Die Fläche sollte sich nördlich der Bundesautobahn 20 an das bestehende und mit Windenergieanlagen bebaute Eignungsgebiet G. anschließen, das im Regionalen Raumentwicklungsprogramm Mecklenburgische Seenplatte festgesetzt worden war. Einen entsprechenden Vorschlag machte die Fa. H. GmbH mit Schreiben vom 29. Juni 2007.

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In der Abwägungsdokumentation zur ersten Stufe des Beteiligungsverfahrens sind die eingegangenen Stellungnahmen vom Regionalen Planungsverband Vorpommern dahingehend abgewogen, dass der Vorschlag für die Ausweisung eines neuen Eignungsgebietes nicht berücksichtigt werde. Die Flächen, die in der Planungsregion Vorpommern lägen, befänden sich innerhalb des Bauschutzbereiches des Flugplatzes I. Aufgrund der geplanten Ausweitung des Eignungsgebietes in östlicher Richtung komme es zu einer Beeinträchtigung des Flugbetriebes, so dass eine Erweiterung nicht möglich sei. Darüber hinaus habe sich die Gemeinde J. gegen weitere Eignungsgebiete für Windenergie auf ihrem Territorium ausgesprochen.

5

Der Entwurf zum Regionalen Raumentwicklungsprogramm Vorpommern mit Stand vom 23. April 2008 enthielt dementsprechend das streitige Eignungsgebiet nicht. Er wurde vom 1. Juli bis zum 30. Oktober 2008 mit einer Frist zur Stellungnahme öffentlich ausgelegt. Die Gemeinde J. beantragte mit Schreiben vom 30. September 2008, das Windeignungsgebiet G. auf Flächen in ihrem Gemeindegebiet zu erweitern. Auch die F. bR regte mit Schreiben vom 28. Oktober 2008 die Erweiterung des schon bebauten Eignungsgebietes bei G. um ca. 110 Hektar an. Die Luftfahrtbehörde habe mitgeteilt, dass sich das Gebiet innerhalb einer militärischen Nachttiefflugzone befinde und eine maximale Bauhöhe von 182 Metern über NN eingehalten werden müsse, für diesen Fall jedoch eine Zustimmung in Aussicht gestellt. Eine entsprechende Stellungnahme fertigte die Fa. H. GmbH am 30. Oktober 2008. Zu den Akten des Planungsträgers wurde zudem eine sachverständige Stellungnahme des Herrn K. vom 19. April 2009 gereicht, die sich mit der Frage befasst, wie weit eine Bauschutzzone des Sonderlandeplatzes I. reicht.

6

Die Stellungnahmen zur Erweiterung des Windeignungsgebietes G. sind der Abwägungsdokumentation zum zweiten Beteiligungsverfahren ablehnend abgewogen. Die Lage des Vorschlaggebietes im Baubeschränkungsbereich des Sonderlandeplatzes I. stehe einer Erweiterung trotz der durch den Einwender zugesicherten und durch die Luftfahrtbehörde des Landes Mecklenburg-Vorpommern geforderten Absenkung der Bauhöhe der Windenergieanlagen in einer solchen Schwere entgegen, dass eine Erweiterung des Eignungsgebietes G. nicht in Erwägung gezogen werde. Zu dieser Sichtweise habe in nicht unerheblichem Maße der tödliche Unfall zweier erfahrener Flieger im April 2009 beim Anflug auf den Sonderlandeplatz I. beigetragen.

7

Die rechtliche Situation des Flugplatzes I. stellt sich wie folgt dar:

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Der Ministerrat der DDR genehmigte am 6. März 1984 den Betrieb des Flugplatzes I. bis zum 31. Dezember 1988. Diese Genehmigung wurde am 7. Dezember 1988 bis zum 31. Dezember 1993 verlängert. In der Genehmigung wurde dem Flugplatz der Baubeschränkungsbereich „Klasse B“ gemäß der Anordnung vom 5. März 1971 über Baubeschränkungsbereiche (Sicherheitszonen) in der Umgebung von Flugplätzen (Sonderdruck GBl. DDR Nr. 699) zugeordnet, der 6.500 Meter betrug. Der Wirtschaftsminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern verlängerte die Genehmigung mit einem an die Gemeindeverwaltung L. adressierten Bescheid vom 14. Dezember 1993 bis zum 30. Juni 1994. Am 22. Dezember 1994 erteilte er dem M. Club e.V. mit der Angleichung der Genehmigung zum Betrieb des Flugplatzes I. gemäß § 107 LuftVZO eine Genehmigung zum Betrieb des Sonderlandeplatzes I. für die Durchführung von Flügen nach Sichtflugregeln bei Tage. In den Bescheid ist der Hinweis aufgenommen, dass der dem Flugplatz I. gemäß Anordnung vom 5. März 1971 über Baubeschränkungsbereiche (Sicherheitszonen) in der Umgebung von Flugplätzen zugeordnete Baubeschränkungsbereich Klasse B von der Angleichung unberührt bleibt. Mit Bescheid vom 4. Dezember 2012 schließlich wurde dem N. Club e.V. eine Änderungsgenehmigung für die Anlage und den Betrieb einer Start- und Landebahn (Gras) erteilt und zugleich die Genehmigung für eine andere Start- und Landebahn aufgehoben.

9

Am 2. Juli 2009 beschloss die Verbandsversammlung des Regionalen Planungsverbandes Vorpommern das Regionale Raumentwicklungsprogramm Vorpommern, die Abwägungsdokumentation der Stellungnahmen aus dem zweiten Beteiligungsverfahren und den Umweltbericht.

10

Die Antragstellerin wandte sich mit Schriftsatz vom 19. August 2009 an das Ministerium für Verkehr, Bau und Landesentwicklung Mecklenburg-Vorpommern und stellte darin dar, aus welchen Gründen sie die Abwägungsentscheidung des Regionalen Planungsverbandes für fehlerhaft halte. Die Antragstellerin bat darum, diese Entscheidung zu überprüfen. In einem ministeriellen Vermerk vom 12. Februar 2010 heißt es dazu, die geplante Erweiterungsfläche liege außerhalb des beschränkten Bauschutzbereichs nach § 17 LuftVG, jedoch mit einem kleineren Teil innerhalb des Hindernisbegrenzungsbereichs gemäß den Richtlinien des Bundes für die Anlage und den Betrieb von Flugzeugen im Sichtflugbetrieb (Stand: 2. November 2001 – NfL I-327/01). Die Errichtung von Bauwerken innerhalb der Bauschutz- und Hindernisbegrenzungsbereiche gemäß den Richtlinien des Bundes sei nicht generell ausgeschlossen, bedürfe jedoch immer einer flugsicherungsbezogenen Einzelfallprüfung durch die zuständige Flugsicherungsorganisation. Innerhalb des Hindernisbegrenzungsbereichs sei nach der Richtlinie zum Zwecke der Neuaufstellung, Änderung und Ergänzung Regionaler Raumentwicklungsprogramme in Mecklenburg-Vorpommern keine Eignungsgebietsausweisung möglich. Das Ministerium für Verkehr, Bau und Landesentwicklung Mecklenburg-Vorpommern schrieb unter dem 8. April 2010 an die Antragstellerin, dass für den Flugplatz I. ein beschränkter Bauschutzbereich gemäß § 17 LuftVG festgesetzt sei, der einen Bereich von 1,5 Kilometer Halbmesser um den Flugplatzbezugspunkt umfasse. Zudem bestimmten die Richtlinien des Bundes für die Anlage und den Betrieb von Flugplätzen im Sichtflugbetrieb die Notwendigkeit weiterer Hindernisfreiheiten. Für die Ausweisung von Eignungsgebieten für Windenergieanlagen seien daher jene Bereiche ungeeignet, in denen Bauhöhenbeschränkungen zur Gewährleistung der Sicherheit und Leichtigkeit des Flugbetriebs zu beachten seien.

11

Das angegriffene Regionale Raumentwicklungsprogramm Vorpommern – RREP VP – wurde mit der Landesverordnung über das Regionale Raumentwicklungsprogramm Vorpommern (RREP VP-LVO) vom 19. August 2010 (GVOBl. M-V S. 453) aufgrund des § 9 Abs. 5 des Landesplanungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. Mai 1998 (GVOBl. M-V S. 503, 613), zuletzt geändert durch Art. 8 des Gesetzes vom 12. Juli 2010 (GVOBl. M-V S. 366), festgestellt (§ 1 Abs. 1 Satz 1) und sodann im Amtsblatt Mecklenburg-Vorpommern vom 20. Oktober 2010, Seite 645 veröffentlicht. Die Verordnung trat am Tag nach der Verkündung in Kraft (§ 2 RREP VP-LVO).

12

Im Kapitel 6.5 Energie ist in Absatz 7 als Zielfestlegung bestimmt, dass die Errichtung von Windenergieanlagen und der Ersatz sowie die Erneuerung bestehender Anlagen ausschließlich innerhalb der in der Gesamtkarte ausgewiesenen Eignungsgebiete für Windenergieanlagen zulässig sind (Satz 1). Innerhalb der Eignungsgebiete kann im Flächennutzungsplan eine flächenmäßige Ausformung stattfinden, wobei die teilweise Einschränkung zu begründen ist und das Ziel der Windenergienutzung erhalten bleiben muss (Satz 2). In Ausnahmefällen dürfen Windenergieanlagen außerhalb von Eignungsgebieten errichtet werden, wenn dies zu Forschungs- und Entwicklungszwecken eines raumansässigen Windenergieanlagenherstellers erforderlich ist und die Nähe von Produktionsstandort und Teststandort zum einfacheren und schnelleren Monitoring der Anlagen erforderlich ist; ein Raumordnungsverfahren für den Teststandort ist durchzuführen (Satz 3). In der in Bezug genommenen Gesamtkarte ist die zwischen den Beteiligten streitige Erweiterung des Windeignungsgebiets G. nicht eingezeichnet.

13

Am 9. September 2011 hat die Antragstellerin einen Normenkontrollantrag gestellt. Zu dessen Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, sie sei als Inhaberin der Rechte zum Betrieb von Windenergieanlagen auf den Plangrundstücken von der fehlenden Ausweisung negativ betroffen. Ihre Belange seien bei der Planaufstellung nicht in der gebotenen Weise berücksichtigt worden. Daraus ergebe sich ihre Antragsbefugnis.

14

Der Antrag sei auch begründet. Sowohl die Beschlussfassung über das Regionale Raumentwicklungsprogramm als auch der Erlass der angegriffenen Landesverordnung beruhten auf einer rechtsfehlerhaften Abwägung. Die Plangeber seien zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Ausweisung der betreffenden Flächen als Eignungsgebiet für Windenergieanlagen mit den Anforderungen und Bedürfnissen des Sonderlandeplatzes I. unvereinbar seien. Es bestehe gemäß § 49 LuftVZO kein Bauschutzbereich nach § 12 LuftVG. Der sog. kleine Bauschutzbereich nach § 17 LuftVG sei wegen des Abstands der fraglichen Grundstücke zum Landeplatz nicht betroffen, dies würde selbst für einen Bauschutzbereich mit einem Radius von vier Kilometern gelten. Soweit zum 1. Februar 1999 ein von den Bestimmungen des LuftVG abweichender Bauschutzbereich bestanden haben sollte, würden gemäß Art. 9 Satz 1 des Elften Gesetzes zur Änderung des Luftverkehrsgesetzes vom 25. August 1998 seitdem jedenfalls nur noch die gesetzlichen Bauschutzbereiche gelten. Der Umfang des Bauschutzbereichs sei eine Rechtsfrage und unterliege nicht der Disposition der Verwaltung. Soweit sich der Plangeber auf die Flugzeugabstürze im April 2009 bezogen habe und der Antragsgegner sich auf einen weiteren Absturz im Juli 2013 beziehe, hätten diese andere Ursachen gehabt. Der Planungsverband habe seiner Entscheidung sachfremde Kriterien zugrunde gelegt.

15

Die Antragstellerin beantragt,

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die Landesverordnung über das Regionale Raumentwicklungsprogramm Vorpommern vom 19. August 2010 hinsichtlich der Festsetzung Ziffer 6.5.Energie Absatz 7 insoweit für unwirksam zu erklären, als darin die beantragte Vorschlagsfläche C. gemäß der in dem beigefügten Plan rot umrandeten Fläche nicht aufgenommen worden ist.

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Der Antragsgegner beantragt,

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den Antrag zurückzuweisen.

19

Der Antragsgegner trägt im Wesentlichen vor, der Antrag sei unzulässig. Der Antragstellerin fehle die Antragsbefugnis. Es sei nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin in ihrem Recht auf ordnungsgemäße Abwägung ihrer Belange verletzt sein könnte. Die betrieblichen Interessen der Antragstellerin seien dem Planungsverband bei der Planaufstellung nicht bekannt geworden. Den immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid habe die Antragstellerin erst nach Inkrafttreten des Raumentwicklungsprogramms beantragt. Soweit die Antragstellerin im Verfahren Nutzungsverträge vorgelegt habe, sei nicht erkennbar, dass sich diese auf die streitige Erweiterungsfläche bezögen. Es bestehe auch kein Rechtsschutzbedürfnis. Die Unwirksamkeitserklärung des angegriffenen Regionalen Raumentwicklungsprogramms würde nur dazu führen, dass die Wirkungen von § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB aufgrund des dann geltenden vormaligen Regionalen Raumordnungsprogramms Vorpommern aus dem Jahre 1998 eintreten würden. Die Aufhebung dieses Raumordnungsprogramms sei bewusst nicht in die streitgegenständliche Verordnung über das Regionale Raumentwicklungsprogramm Vorpommern aufgenommen worden.

20

Das Regionale Raumentwicklungsprogramm Vorpommern sei ohne Verstoß gegen formelles und materielles Recht zustande gekommen. Der Verordnungsgeber habe sich im Rechtssetzungsverfahren an den ihm zugewiesenen Entscheidungsbefugnissen als staatliche Planaufsichtsbehörde rechtsfehlerfrei orientiert. Die Prüfung habe ergeben, dass die von der Antragstellerin behaupteten Abwägungsdefizite bei der Ermittlung von Potentialflächen für die Windenergienutzung nicht vorgelegen hätten.

21

Die Ermittlung der Potentialfläche unterliege weder einem Antragsprinzip noch diene die Regionalplanung der Befriedigung von individuellen Interessen. Der Plangeber habe sich an den in der Richtlinie des Antragsgegners zum Zwecke der Aufstellung, Änderung und Ergänzung der Regionalen Raumentwicklungsprogramme in Mecklenburg-Vorpommern vorgegebenen Abstandsflächen zur Wohnbebauung und der Bauschutzzone nach § 17 LuftVG orientieren dürfen. Der Regionale Planungsverband Vorpommern sei nicht nur befugt, sondern auch verpflichtet gewesen, sein Planungskonzept an landesweit einheitlich und pauschalierend festgelegten Kriterien zu Tabuflächen nebst Pufferzonen auszurichten. Nach der genannten Richtlinie des Antragsgegners gehörten Flug- und Landeplätze mit der in der Phase 1 zu berücksichtigenden Bauschutzzone zu den Ausschlussgebieten, was für die Einordnung als harte Tabuzone im Rahmen der Ermittlung von Potentialflächen für die Windenergie spreche. Aus Gründen der luftverkehrsrechtlichen Vorsorge sei der Schutzradius von vier Kilometern landesweit einheitlich angewendet worden. Die Ausweisung eines Eignungsgebietes für Windenergie wäre in diesem Bereich vollzugsunfähig und damit unzulässig. Die Regionalplanung dürfe nicht in bestehende und ausgenutzte Plangenehmigungen zum Betrieb von Flugplätzen eingreifen. Die von der Antragstellerin begehrte Windenergieeignungsfläche liege in Verlängerung der Startbahn des Flugplatzes mit Richtung 330 Grad und würde eine erhebliche Gefahr für die Flugsicherheit darstellen.

22

Die Verbandsversammlung des Regionalen Planungsverbandes Vorpommern beschloss am 8. Januar 2014 den Entwurf der Zweiten Änderung des Regionalen Raumentwicklungsprogramms Vorpommern für die erste Öffentlichkeitsbeteiligung. Der Entwurf enthält die Erweiterung des Eignungsgebietes G. um eine Fläche von ca. 107 Hektar im Sinne des Antragsbegehrens.

23

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vom Antragsgegner übersandten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlungen.

Entscheidungsgründe

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Der Normenkontrollantrag ist zulässig (1.) und begründet (2.).

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1. a) Festlegungen des Regionalen Raumentwicklungsprogramms Vorpommern 2010 können im Grundsatz Gegenstand einer Normenkontrolle nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 13 AGGerStrG M-V sein, da dieses Programm gemäß § 9 Abs. 5 Satz 1 LPlG M-V von der Landesregierung in Form einer Rechtsverordnung für verbindlich erklärt worden ist und somit förmlichen Rechtssatzcharakter hat (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 03.04.2013 – 4 K 24/11 –, juris Rn. 49).

26

b) Der Eingang des Antrages beim Oberverwaltungsgericht am 9. September 2011 wahrte die Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO unabhängig davon, ob man für den Beginn der Frist auf die Bekanntmachung der Landesverordnung im Gesetz- und Verordnungsblatt vom 17. September 2010 oder auf die nachfolgende Veröffentlichung des vollständigen Raumentwicklungsprogramms selbst im Amtsblatt vom 20. Oktober 2010 abstellt (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 19.06.2013 – 4 K 27/10 –, juris Rn. 57).

27

c) Die Antragstellerin ist ferner antragsbefugt. Sie kann geltend machen, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO).

28

Für die aus dem planungsrechtlichen Abwägungsgebot herzuleitende Antragsbefugnis zur Stellung eines Normenkontrollantrags gegen einen raumordnungsrechtlichen Plan gelten im Grundsatz dieselben Anforderungen wie etwa im Falle eines Normenkontrollantrags gegen einen Bebauungsplan. Ein Antragsteller muss also hinreichend substantiiert Tatsachen vortragen, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch bestimmte Regelungen des raumordnungsrechtlichen Plans oder deren Anwendung in seinem Recht auf ordnungsgemäße Abwägung seiner Belange verletzt wird. Das wiederum setzt voraus, dass er einen eigenen Belang als verletzt benennt, der für die Abwägung überhaupt zu beachten war (BVerwG, Beschl. v. 13.11.2006 – 4 BN 18/06 –, juris Rn. 6).

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Die Antragstellerin bringt insoweit vor, dass sie nicht nur die ernsthafte Absicht verfolgt, in dem fraglichen Gebiet Windenergieanlagen zu errichten, sondern zu gegebener Zeit auch die durch Pachtverträge mit den Grundstückseigentümern vermittelte zivilrechtliche Möglichkeit haben wird, dieses Vorhaben in die Tat umzusetzen. Das stellt einen abwägungserheblichen Belang dar (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 14.05.2014 – 12 KN 29/13 –, juris Rn. 96).

30

Unerheblich ist, dass die Antragstellerin ihr Bauvorhaben im Planaufstellungsverfahren nicht selbst im Rahmen der zweimaligen Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 9 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 7 Abs. 2 und 3 LPlG M-V vorgebracht hat. Zwar sind gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 ROG in der hier maßgeblichen (vgl. dazu OVG Greifswald, Urt. v. 03.04.2013 – 4 K 24/11 –, juris Rn. 69 im Anschluss an Spannowsky, in: Spannowsy/Runkel/Goppel, ROG, § 12, Rn. 58) seit dem 30. Juni 2009 geltenden Fassung bei der Aufstellung der Raumordnungspläne die öffentlichen und privaten Belange nur insoweit gegeneinander und untereinander abzuwägen, wie sie auf der jeweiligen Planungsebene erkennbar und von Bedeutung sind. Die Interessen der Unternehmen der Windenergiewirtschaft, windhöffige Gebiete für die Errichtung und den Betrieb von Windenergieanlagen zu nutzen, waren vom regionalen Planungsverband jedoch schon als typisierter und gleichgerichteter Belang in aggregierter Weise bei der Abwägungsentscheidung zu berücksichtigen. Der Planungsträger ist berechtigt, das Privatinteresse an der Nutzung der Windenergie auf geeigneten Flächen im Planungsraum verallgemeinernd zu unterstellen und als typisierte Größe in die Abwägung einzustellen (BVerwG, Urt. v. 13.03.2003 – 4 C 4/02 –, juris Rn. 33; Gatz, Windenergieanlagen in der Verwaltungs- und Gerichtspraxis, 2. Auflage, Rn. 177 ff., 550). Dieser (allgemeine) private Belang ist für die Planungsbehörden unabhängig von konkreten Stellungnahmen im Beteiligungsverfahren erkennbar und zu berücksichtigen. Vorliegend tritt noch hinzu, dass ein dem wirtschaftlichen Interesse der Antragstellerin entsprechender Belang im Planaufstellungsverfahren von der F. bR und der H. GmbH geltend gemacht worden ist (vgl. zu einer entsprechenden Konstellation OVG Lüneburg, Urt. v. 12.12.2012 – 12 KN 311/10 –, juris Rn. 15). Dementsprechend ist das Interesse an der Errichtung und dem Betrieb von Windenergieanlagen im streitigen Erweiterungsgebiet vom Regionalen Planungsverband Vorpommern in seine konkrete Abwägungsentscheidung auch eingestellt worden.

31

d) Schließlich steht der Antragstellerin für ihren Antrag auch das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis zur Seite. Auch wenn man annimmt, dass mit der begehrten Unwirksamkeitserklärung die Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB aus dem mit Verordnung vom 29. September 1998 (GVOBl. M-V S. 833) für verbindlich erklärten Regionalen Raumordnungsprogramm Vorpommern folgen würde, welches auf der streitigen Vorschlagsfläche gleichfalls keine Zielfestlegung über ein Eignungsgebiet für die Errichtung von Windenergieanlagen enthält, kann die Antragstellerin mit der Erklärung der Unwirksamkeit der angegriffenen Regelung ihre Rechtsstellung verbessern. Die Planungsbehörden wären dann gemäß § 4 Abs. 2 LPlG M-V zur räumlichen Fortschreibung des Raumordnungsprogramms verpflichtet und hätten dabei die vom Senat in einem stattgebenden Urteil festgestellten rechtlichen Anforderungen zu beachten (vgl. OVG Bautzen, Urt. v. 25.03.2014 – 1 C 4/11 –, juris Rn. 37).

32

2. Der Antrag ist auch begründet. Die streitgegenständliche Planungsentscheidung enthält einen beachtlichen Abwägungsfehler. Das führt zu einer räumlich beschränkten Unwirksamkeitserklärung der Landesverordnung über das Regionale Raumentwicklungsprogramm Vorpommern vom 19. August 2010.

33

a) Der Senat geht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.04.2013 – 4 CN 2.12 –, juris Rn. 5 im Anschluss an BVerwG, Urt. v. 13.12.2012 – 4 CN 1.11 –, BVerwGE 145, 231) davon aus, dass das Abwägungsgebot nach § 7 Abs. 2 Satz 1 ROG die Entwicklung eines schlüssigen Gesamtkonzepts verlangt, wenn eine planerische Entscheidung die Wirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB auslösen soll. Ein solcher Fall liegt bei der Festlegung von Eignungsgebieten für Windenergieanlagen, wie sie hier vorgenommen wurde (§ 4 Abs. 9 Satz 1 Nr. 3 LPlG M-V), vor.

34

Danach hat sich die Ausarbeitung des Planungskonzepts abschnittsweise zu vollziehen. In einem ersten Arbeitsschritt sind diejenigen Bereiche als „Tabuzonen“ zu ermitteln, die für die Nutzung der Windenergie nicht zur Verfügung stehen. Die Tabuzonen lassen sich in „harte“ und „weiche“ untergliedern. Der Begriff der harten Tabuzonen dient der Kennzeichnung von Teilen des Planungsraums, die für eine Windenergienutzung, aus welchen Gründen immer, nicht in Betracht kommen, mithin für eine Windenergienutzung „schlechthin“ ungeeignet sind. Mit dem Begriff der weichen Tabuzonen werden Bereiche des Plangebiets erfasst, in denen nach dem Willen des Plangebers aus unterschiedlichen Gründen die Errichtung von Windenergieanlagen „von vornherein“ ausgeschlossen werden. Die Potentialflächen, die nach Abzug der harten und weichen Tabuzonen übrig bleiben, sind in einem weiteren Arbeitsschritt zu den auf ihnen konkurrierenden Nutzungen in Beziehung zu setzen, das heißt die öffentlichen Belange, die gegen die Ausweisung eines Landschaftsraums als Konzentrationszone sprechen, sind mit dem Anliegen abzuwägen, der Windenergienutzung an geeigneten Standorten eine Chance zu geben, die ihrer Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB gerecht wird. Der Plangeber muss schließlich die weichen Tabuzonen einer erneuten Betrachtung und Bewertung unterziehen, wenn er als Ergebnis seiner Untersuchung erkennt, dass er für die Windenergienutzung nicht substanziell Raum schafft (vgl. in diesem Sinne auch OVG Greifswald, Urt. v. 03.04.2013 – 4 K 24/11 –, juris Rn. 74).

35

b) Es kann für diese Entscheidung offenbleiben, ob das Teilprogramm Windenergie in Ziffer 6.5 Energie Absatz 7 des Regionalen Raumentwicklungsprogramms Vorpommern in Gestalt der Ersten Änderung des Regionalen Raumentwicklungsprogramms Vorpommern in der Form, in der es durch die Landesverordnung über das Regionale Raumentwicklungsprogramm Vorpommern vom 19. August 2010 (GVOBl. M-V S. 453) festgestellt und für verbindlich erklärt wurde, nach diesen Maßgaben insgesamt unwirksam ist.

36

Das Teilprogramm Windenergie ist jedenfalls im Umfang des Normenkontrollantrags unwirksam und insoweit auch räumlich teilbar. Der Senat musste deshalb nicht prüfen, ob er bei seiner Entscheidung über die beantragte Erklärung nur der Teilunwirksamkeit der Verordnung über das Raumentwicklungsprogramm über den gestellten Antrag hinauszugehen hat, weil der antragsgemäß für unwirksam zu erklärende Teil mit anderen, nicht angegriffenen Teilen des Programms in einem untrennbaren Zusammenhang steht (vgl. zu einem Bebauungsplan BVerwG, Beschl. v. 20.08.1991 – 4 NB 3/91 –, juris).

37

Die für den regionalen Planungsverband erkennbaren und bedeutsamen öffentlichen und privaten Belange sind gegeneinander und untereinander jedenfalls insoweit nicht fehlerfrei abschließend abgewogen worden (§ 7 Abs. 2 Satz 1 ROG), als die Zielfestlegung in Ziffer 6.5 Absatz 7 des Regionalen Raumentwicklungsprogramms Vorpommern auch für die Vorschlagsfläche C. Geltung beansprucht.

38

Für die gerichtliche Kontrolle der Abwägung ist nach § 12 Abs. 3 Satz 1 ROG die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über das Raumentwicklungsprogramm maßgeblich. Der regionale Planungsverband hat für seine Entscheidung, innerhalb der Vorschlagsfläche kein Eignungsgebiet für Windenergie auszuweisen, das Abwägungsmaterial fehlerhaft zusammengestellt. Dieses stellt sich zum Teil als unrichtige rechtliche Annahme und zum anderen Teil als nicht abwägungserheblicher Belang dar. Das macht die Abwägungsentscheidung fehlerhaft.

39

aa) Grundlage der Planung war ausweislich der Begründung des Kapitels Windenergie im Raumentwicklungsprogramm (vgl. Seite 106 f.) und des Umweltberichts 2010 zum Regionalen Raumentwicklungsprogramm Vorpommern (vgl. Seite 89 f.) die auf § 9 Abs. 2 LPlG M-V beruhende Richtlinie des Ministeriums für Arbeit, Bau und Landesentwicklung Mecklenburg-Vorpommern zum Zwecke der Neuaufstellung, Änderung oder Ergänzung Regionaler Raumentwicklungsprogramme in Mecklenburg-Vorpommern (RL-RREP) mit Stand vom Juli 2008. Danach waren die Potentialflächen, die für die zielförmige Neuausweisung von Eignungsgebieten für die Nutzung der Windenergie in Betracht kamen, in einer ersten Phase als Suchräume unter Beachtung genereller Tabubereiche zu ermitteln. Die Tabubereiche wurden räumlich durch Ausschluss- und Abstandskriterien definiert, die in den ersten beiden Spalten einer Tabelle beschrieben waren. Dazu zählten auch Flugplätze mit ihrer Bauschutzzone. Die Planungsbehörde hat von der Ausweisung eines Erweiterungsgebietes zum (außerhalb des Planungsgebietes liegenden) Windeignungsgebiet G. ausweislich der Abwägungsdokumentation deshalb abgesehen, weil das Vorschlagsgebiet im Baubeschränkungsbereich des Sonderlandeplatzes I. liege. Der regionale Planungsverband ist dabei von einer fehlerhaften Annahme ausgegangen.

40

Zwar war dem Flugplatz I. mit der Genehmigung des Ministerrates der DDR vom 6. März 1984 der Baubeschränkungsbereich B nach der Anordnung über Baubeschränkungsbereiche (Sicherheitszonen) in der Umgebung von Flugplätzen vom 5. März 1971 zugeordnet worden und dieser Verwaltungsakt zunächst nach Art. 19 Satz 1 EV wirksam geblieben. Auch der gemäß § 109 Abs. 3 LuftVZO ergangene Angleichungsbescheid des Wirtschaftsministers des Landes Mecklenburg-Vorpommern vom 22. Dezember 1994 ließ den festgesetzten Baubeschränkungsbereich ausdrücklich unberührt.

41

Eine Rechtsänderung trat jedoch durch Art. 9 Satz 1 des Elften Gesetzes zur Änderung des Luftverkehrsgesetzes vom 25. August 1998 (BGBl. I S. 2432, 3127) ein. Nach dieser Vorschrift richteten sich die Form und die Abmessungen bisher bestehender und von diesem Gesetz abweichender Bauschutzbereiche ab dem 1. Februar 1999 nach den Vorschriften des Luftverkehrsgesetzes über den Bauschutzbereich. Diese Übergangsregelung trat zum 1. März 1999 in Kraft (Art. 12 Abs. 1 des Änderungsgesetzes). Damit wurde der Baubeschränkungsbereich des Sonderlandeplatzes I. i.S.d. § 49 Abs. 2 Nr. 2 LuftVZO vorliegend auf einen beschränkten Bauschutzbereich im Umkreis von 1,5 Kilometern Halbmesser um den dem Flughafenbezugspunkt entsprechenden Punkt reduziert, § 17 Satz 1 LuftVG i.d.F. der Bekanntmachung der Neufassung des Luftverkehrsgesetzes vom 27. März 1999. Das war gerade Ziel des Gesetzes. Mit der Vorschrift sollten die „Bauschutzbereiche“ nach altem DDR-Recht an das geltende Luftrecht angepasst werden, ohne damit Änderungsverfahren nach den §§ 6 ff. LuftVG zu veranlassen (vgl. Gesetzentwurf des Bundesregierung, Bundesratsdrucksache 611/97 S. 45 f.). Zwar konnte die zuständige Luftfahrtbehörde auf Antrag des Flugplatzunternehmers den bisherigen Bauschutzbereich abweichend von Satz 1 aufrechterhalten, soweit öffentliche Interessen nicht entgegenstanden (Art. 9 Satz 3 des Elften Gesetzes zur Änderung des Luftverkehrsgesetzes). Den Akten ist allerdings nichts dafür zu entnehmen, dass ein solcher Antrag gestellt und positiv beschieden worden wäre. Soweit der Antragsgegner dazu im Schriftsatz vom 21. August 2013 vorgetragen hat, dass der Flugplatzbetreiber und die Planungsbehörde gleichermaßen von einem Fortbestehen der alten Bauschutzbereiche ausgegangen sind, mag das zutreffen. Die Rechtslage ändert es nicht.

42

Aus dem Urteil des OVG Bautzen vom 25. Oktober 2006 (– 1 D 3/03 –, juris Rn. 55 ff.) ergibt sich nichts Abweichendes. Der dortige Senat ist für das betreffende Plangebiet nach den ihm vorgelegten Unterlagen davon ausgegangen, dass die übernommenen Bauschutzbereiche gemäß Art. 9 Satz 3 Elftes Gesetz zur Änderung des Luftverkehrsgesetzes durch Einzelfallentscheidungen auf Antrag der Flugplatzunternehmer aufrechterhalten worden sind. Für den hier zu beurteilenden Bauschutzbereich des Flugplatzes I. liegt der Sachverhalt anders.

43

Der Regionale Planungsverband Vorpommern hat nach dem Wortlaut der Abwägungsdokumentation, die den Rechtsbegriff des „Baubeschränkungsbereichs“ verwendet, die durch das Elfte Gesetzes zur Änderung des Luftverkehrsgesetzes vom 25. August 1998 eingetretene Rechtsänderung außer Acht gelassen und ist daher bei seiner Abwägungsentscheidung von einer fehlerhaften Tatsachengrundlage ausgegangen. Zum maßgeblichen Zeitpunkt des Planbeschlusses am 2. Juli 2009 war der vormalige Baubeschränkungsbereich gesetzlich in einen beschränkten Bauschutzbereich nach § 17 Satz 1 LuftVG i.d.F. vom 10. Mai 2007 mit einer Ausdehnung eines Umkreises von 1,5 Kilometern Halbmesser um den dem Flughafenbezugspunkt entsprechenden Punkt übergeleitet worden. Dieser Bauschutzbereich betraf die streitige Vorschlagsfläche gleichfalls nicht, so dass sich die Erwägung des Plangebers auch nicht mit der Überlegung halten lässt, er habe in seiner Abwägungsentscheidung den Rechtsbegriff des „Baubeschränkungsbereichs“ untechnisch im Sinne von § 17 LuftVG verwendet.

44

Die durch Art. 1 Nr. 3 des Vierzehnten Gesetzes zur Änderung des Luftverkehrsgesetzes vom 8. Mai 2012 (BGBl. I S. 1032) eingetretene Rechtsänderung betraf die hier zur Überprüfung gestellte Planungsentscheidung schon in zeitlicher Hinsicht nicht. Zudem besteht der durch diese Vorschrift eingeführte beschränkte Bauschutzbereich nach § 17 Satz 1 Nr. 2 LuftVG im Umkreis von vier Kilometern Halbmesser um den Flugplatzbezugspunkt für die Errichtung von Bauwerken, die eine Höhe von 25 Meter, bezogen auf den dem Flughafenbezugspunkt entsprechenden Punkt, überschreiten, nicht schon von Gesetzes wegen, sondern setzt eine entsprechende Festsetzung der Luftfahrtbehörde voraus. Selbst dieser Bauschutzbereich würde die in Rede stehende Erweiterungsfläche im Übrigen nicht berühren.

45

bb) Soweit der regionale Planungsverband seine Entscheidung auch auf den Umstand gestützt hat, dass im April 2009 zwei Personen bei einem Landemanöver auf dem Flugplatz I. tödlich verunglückt sind, hat er nicht dargelegt, dass es sich dabei um einen abwägungserheblichen Belang handelte. Es ist aus den zu den Akten gereichten Unterlagen nicht zu erkennen, dass dieser Unfall in einem Zusammenhang mit anderen Windenergieanlagen im Eignungsgebiet G. oder mit topographischen Besonderheiten des Flugplatzes I. stand. Zudem wurde dieser Umstand vom Planungsverband ausweislich des Wortlauts der Einzelabwägung („in einer solchen Schwere“; „nicht in Erwägung gezogen“) nur zur Verstärkung der entscheidungstragenden (fehlerhaften) Annahme eines berührten Baubeschränkungsbereichs herangezogen.

46

c) Der Abwägungsfehler ist auch beachtlich.

47

Gemäß § 12 Abs. 3 Satz 2 ROG, § 5 Abs. 5 Satz 1 LPlG M-V sind Mängel im Abwägungsvorgang nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Das ist hier der Fall. Offensichtlich ist ein Mangel, wenn er auf objektiv feststellbaren Umständen beruht und ohne Ausforschung der Entscheidungsträger über deren Planungsvorstellungen für den Rechtsanwender erkennbar ist (BVerwG, Urt. v. 11.04.2013 – 4 CN 2/12 –, juris Rn. 9). Der dargestellte Abwägungsfehler ist ohne Weiteres aus der Abwägungsdokumentation ersichtlich.

48

Der Mangel war auch von Einfluss auf das Abwägungsergebnis. Ein offensichtlicher Mangel ist dann auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen, wenn nach den Umständen des Einzelfalls die konkrete Möglichkeit eines solchen Einflusses besteht. Dabei kommt es einerseits nicht auf den positiven Nachweis eines Einflusses auf das Abwägungsergebnis an. Auf der anderen Seite genügt aber auch nicht die (wohl stets zu bejahende) abstrakte Möglichkeit, dass ohne den Mangel anders geplant worden wäre (vgl. BVerwG, Beschl. v. 09.10.2003 – 4 BN 47/03 –, juris Rn. 4 zu § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB). Eine solche konkrete Möglichkeit besteht vielmehr erst dann, wenn sich anhand der Planunterlagen oder sonst erkennbarer oder naheliegender Umstände die Möglichkeit abzeichnet, dass der Mangel im Abwägungsvorgang von Einfluss auf das Abwägungsergebnis gewesen sein kann. Hat sich der Planungsträger von einem unzutreffend angenommenen Belang leiten lassen und sind andere Belange, die das Abwägungsergebnis rechtfertigen könnten, weder im Planverfahren angesprochen noch sonst ersichtlich, so ist die unzutreffende Erwägung auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 20.01.1992 – 4 B 71/90 –, juris Rn. 13 im Anschluss an BVerwG, Urt. v. 21.08.1981 – 4 C 57/80 –, BVerwGE 64, 33).

49

Nach diesen Maßstäben ist davon auszugehen, dass der Mangel in der Abwägung von Einfluss auf das Abwägungsergebnis war. Soweit erstmals im Rechtssetzungsverfahren auf die Hindernisbegrenzungsflächen nach Ziffer 5 der Richtlinien für die Anlage und den Betrieb von Flugplätzen für Flugzeuge im Sichtflugbetrieb vom 2. November 2001 (nunmehr: Ziffer 5 der Gemeinsamen Grundsätze des Bundes und der Länder für die Anlage und den Betrieb von Flugplätzen für Flugzeuge im Sichtflugbetrieb vom 3. August 2012 = NfL I 92/13) abgestellt worden ist, wurde dieser Belang erst mit der Richtlinie zum Zwecke der Neuaufstellung, Änderung und Ergänzung Regionaler Raumentwicklungsprogramme vom 22. Mai 2012 als Tabukriterium für die Ermittlung von Potentialflächen für die Nutzung der Windenergie aufgenommen. Vom Planungsverband ist dieser Belang nicht erwogen worden. Das Planungsergebnis könnte er nur dann rechtfertigen, wenn die Hindernisbegrenzungsflächen als Planungshindernis im Sinne einer harten Tabuzone anzusehen wären und eine andere Planungsentscheidung damit ausscheiden würde. Gegen die Annahme eines harten Tabukriteriums spricht aber, dass die Vorschriften der Richtlinie nicht zwingend sind, sondern für Landeplätze Abweichungen zulassen (Ziffer 1.2 Satz 2) und stets die Einholung einer gutachterlichen Stellungnahme der für die Flugsicherheit zuständigen Stelle gemäß § 31 Abs. 3 LuftVG voraussetzen (Ziffer 1.3). Eine solche Stellungnahme, die den Umfang der Hindernisbegrenzungsfläche feststellt, ist im Planungsverfahren nicht eingeholt worden. Zudem werden auch die im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren eine Beteiligung des Luftverkehrsbehörden auslösenden Bauschutzbereiche – die in räumlicher Hinsicht hinter den Hindernisbegrenzungsflächen zurückbleiben können – lediglich als weiche Tabuzonen behandelt (OVG Bautzen, Urt. v. 07.04.2005 – 1 D 2/03 –, juris Rn. 104; Tyczewski, BauR 2014, 934, 939 f.).

50

Dieser Fehler im Abwägungsvorgang ist auch nicht nach § 12 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 ROG unbeachtlich geworden, da bei Inkraftsetzung des Programms nicht auf die Voraussetzungen für die Geltendmachung der Verletzung von Vorschriften sowie auf diese Rechtsfolgen hingewiesen worden ist (§ 12 Abs. 5 Satz 2 ROG). Der Hinweis im Amtsblatt Mecklenburg-Vorpommern vom 20. Oktober 2010 auf Seite 646 bezieht sich nur auf Verfahrensfehler, nicht aber auf Fehler im Abwägungsvorgang (§ 12 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 12 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 ROG).

51

d) Die Landesverordnung über das Regionale Raumentwicklungsprogramm Vorpommern vom 19. August 2010 ist sachlich und räumlich im Sinne des Normenkontrollantrags teilbar. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass die Unwirksamkeit eines Teils eines Plans die Unwirksamkeit des gesamten Plans nicht zur Folge hat, wenn die verbleibenden Festlegungen ohne den unwirksamen Teil noch eine sinnvolle Ordnung bewirken können und mit der gebotenen Sicherheit anzunehmen ist, dass der Planungsträger den Plan auch mit dem eingeschränkten Inhalt beschlossen hätte (BVerwG, Beschl. v. 30.07.2014 – 4 BN 1.14 –, juris Rn. 15). So liegt es hier.

52

Das Regionale Raumentwicklungsprogramm Vorpommern bewirkt auch ohne räumliche Geltung des Teilplans Windenergie im Bereich der im Normenkontrollantrag näher bestimmten (vgl. die Eintragung in der Karte auf Blatt 462 der Gerichtsakte) Vorschlagsfläche C. noch eine sinnvolle Raumordnung. § 4 Abs. 3 LPlG M-V erlaubt die Aufstellung räumlicher und sachlicher Teilprogramme. Ein Planungsverfahren, in dem der Plangeber Flächen bestimmt, für die es an einer abschließenden raumordnerischen Entscheidung fehlt, ist zulässig (vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.07.2014 – 4 BN 1.14 –, juris Rn. 16; BVerwG, Beschl. v. 28.11.2005 – 4 B 66.05 –, juris Rn. 7). Wenn der Plangeber ein Raumentwicklungsprogramm schaffen könnte, in dem der Teilplan Windenergie für bestimmte Flächen keine Geltung beansprucht, kann auch das Normenkontrollgericht durch eine teilweise Unwirksamkeitserklärung der die Verbindlichkeit des Raumentwicklungsprogramms herstellenden Rechtsverordnung eine entsprechende Rechtslage schaffen. Der Senat verkennt dabei nicht, dass Konzentrations- und Ausschlussflächen in einem komplementären Verhältnis zueinander stehen und materiell-rechtlich miteinander verzahnt sind, weil das Abwägungsgebot die Entwicklung eines schlüssigen gesamträumlichen Konzepts verlangt und der Windenergienutzung auf den Konzentrationsflächen substantiell Raum verschafft werden muss (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.01.2013 – 4 CN 1.12 -, juris Rn. 22). Allerdings kann angesichts des Größenverhältnisses zwischen dem Plangebiet und der hier fraglichen Vorschlagsfläche nicht davon die Rede sein, dass durch die Herausnahme der letzteren aus der Verbindlichkeitsanordnung der verbleibende Teilplan Windenergie keine sinnvolle Steuerungswirkung mehr entfalten würde. Der der Windenergienutzung zur Verfügung stehende Raum wird durch diese Entscheidung gleichfalls nicht verkürzt.

53

Der Senat geht schließlich davon aus, dass eine teilweise Unwirksamkeitserklärung der Verordnung dem Willen des Planungsträgers eher als eine Gesamtunwirksamkeit entspricht. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Entscheidung über eine Zielfestlegung auf der Vorschlagsfläche für den Regionalen Planungsverband Vorpommern so bedeutend war, dass er davon andere Entscheidungen im Kapitel Windenergie im Plangebiet abhängig gemacht hat und etwa wegen der Nichtausweisung im streitigen Gebiet eine anderweitige Festlegung eines Eignungsgebietes für die Nutzung der Windenergie vorgenommen hätte.

54

Damit ist nichts zu der Frage gesagt, ob das Regionale Raumordnungsprogramm Vorpommern aus dem Jahre 1998 für die streitgegenständliche Fläche Rechtswirkungen entfaltet.

55

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Vollstreckbarkeitsentscheidung beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 709 Satz 1 ZPO. Es bestehen keine Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO.

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