Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 5 E 967/09
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln vom 29. Juni 2009 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfah-rens; außergerichtliche Kosten werden nicht erstat-tet.
1
G r ü n d e :
2Die Beschwerde des Klägers ist unbegründet.
3Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt H. T. aus L. zu Recht abgelehnt, weil die Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO). Zur Begründung nimmt der Senat gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO Bezug auf die Ausführungen des angegriffenen Beschlusses und des Beschlusses vom 18. Mai 2009 (VG Köln, 20 L 260/09), die durch das Beschwerdevorbringen nicht erschüttert werden.
4Die Festsetzung eines Zwangsgeldes zur Durchsetzung der vollziehbaren Wohnungsverweisung mit Rückkehrverbot vom 4. Februar 2009 wird sich im Hauptsacheverfahren voraussichtlich als rechtmäßig erweisen. Die Rüge des Klägers, das Verwaltungsgericht gehe von der erkennbar falschen Voraussetzung aus, er habe zum Tatzeitpunkt eine Blutalkoholkonzentration von 0,6 ‰ gehabt, greift nicht durch. Die polizeilichen Unterlagen, auf die er sich bezieht, geben keinen Wert von 1,6 ‰ an, sondern von 0,66 mg/l. Vor diesem Hintergrund besteht kein Anhaltspunkt dafür, die Polizeibeamten könnten zu Unrecht angenommen haben, der Kläger habe ihren Fragen trotz deutlicher Alkoholisierung problemlos folgen können. Für die Richtigkeit dieser Annahme spricht bereits das Beschwerdevorbringen, der Kläger habe am Morgen des 4. Februar 2009 überlegt, wo er die Nacht verbringen könne. Anlass für eine solche Überlegung hatte der Kläger nur, weil er die Bedeutung der schriftlich bestätigten mündlichen Wohnungsverweisung mit Rückkehrverbot verstanden hatte.
5Selbst wenn der im Bekanntgabezeitpunkt alkoholisierte Kläger die Anordnung nicht vollständig erfasst haben sollte, bestehen keine Zweifel am Wirksamwerden der Grundverfügung ihm gegenüber gemäß § 43 Abs. 1 VwVfG NRW. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung reicht es zur Bekanntgabe eines Verwaltungsakts aus, dass die Behörde seinen Inhalt willentlich dem Adressaten zur Kenntnis bringt. Zur Kenntniserlangung bedarf es lediglich der Handlungsfähigkeit des Empfängers gemäß § 12 VwVfG NRW, die mit seiner Geschäftsfähigkeit nach bürgerlichem Recht einhergeht.
6Vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Februar 1994 − 2 B 173.93 −, NJW 1994, 2633.
7Geschäftsunfähig ist gemäß § 104 Nr. 2 BGB, wer sich in einem die freie Willensbildung ausschließenden, nicht nur vorübergehenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet. Dagegen führt nicht einmal der vorübergehende völlige Ausschluss der freien Willensbestimmung, der nach § 105 Abs. 2 BGB der Wirksamkeit von Willenserklärungen entgegen steht,
8vgl. dazu BGH, Urteil vom 5. Juni 1972 − 2 ZR 119/70 −, WM 1972, 972,
9zur Geschäfts- und Handlungsunfähigkeit. Selbst ein solcher − hier nicht ansatzweise ersichtlicher − vorübergehender Zustand hindert nicht die wirksame Bekanntgabe von Verwaltungsakten nach den hierauf entsprechend anwendbaren allgemeinen Regeln über den Zugang von Willenserklärungen nach bürgerlichem Recht.
10Vgl. Ellenberger, in: Palandt, BGB, 68. Aufl. 2009, § 131 Rn. 1 und § 130 Rn. 13 f., Schmitt, in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd. 1, 4. Aufl. 2001, § 105 Rn. 43 sowie BVerwG, Beschluss vom 22. Februar 1994 − 4 B 212.93 −, Buchholz 316 § 41 VwVfG Nr. 2.
11Danach dürfte bereits der mündlich ausgesprochene Verwaltungsakt wirksam geworden sein, weil die Polizeibeamten nach den für sie erkennbaren Umständen davon ausgingen, der Kläger habe ihren Ausführungen folgen können. Spätestens jedoch durch die Übergabe der schriftlichen Bestätigung ist die Wohnungsverweisung gegenüber dem Kläger wirksam bekannt gegeben worden.
12Für eine Unverhältnismäßigkeit des hier zur Durchsetzung der polizeilichen Anordnung gewählten Zwangsgeldes, insbesondere eine Ungeeignetheit dieses Beugemittels auf Grund des Alkoholeinflusses des Klägers, spricht unter den gegebenen Umständen nichts.
13Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 166 VwGO i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.
14Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.
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