Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 6 B 1381/13
Tenor
Die Gegenvorstellung wird zurückgewiesen.
1
G r ü n d e :
2Über die von den Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin bei verständiger Würdigung der Gesamtumstände im eigenen Namen erhobene Gegenvorstellung entscheidet gemäß § 87a Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3 VwGO die Berichterstatterin. Die Gegenvorstellung bezieht sich auf die Streitwertfestsetzung im Einstellungsbeschluss vom 14. April 2014, der durch die Berichterstatterin erlassen wurde. Es würde der mit § 87a VwGO bezweckten Straffung des Verfahrens und der Entlastung der Gerichte widersprechen, bei einem nachgehenden “Rechtsbehelf“, hier in Form der Gegenvorstellung gegen eine Streitwertfestsetzung in einem Einstellungsbeschluss, die Zuständigkeit des gesamten Spruchkörpers anzunehmen.
3Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. November 2011 - 13 A 3064/08 -, juris.
4Die Gegenvorstellung gibt keine Veranlassung, die mit ihr angegriffene Streitwertfestsetzung zu ändern.
5Gegenstand des seit November 2013 anhängigen Beschwerdeverfahrens 6 B 1381/13 war ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Inhalt, dem Antragsgegner zu untersagen, die beiden streitbefangenen Beförderungsstellen der Besoldungsgruppe A 13 BBesO mit den Beigeladenen zu besetzen, bis über die Bewerbung der Antragstellerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden ist. Die mit Beamtenstatussachen befassten Senate des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen gehen in einem Verfahren solcher Art seit Längerem davon aus, dass der Streitwert, falls das Verfahren vor dem 1. August 2013 anhängig geworden ist, sich nach §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1, Abs. 5 Satz 2 GKG in der bis zum 31. Juli 2013 geltenden Fassung (im Folgenden: GKG a.F.) bestimmt und auf die Hälfte des 6,5-fachen Betrages des Endgrundgehalts des angestrebten Amtes festzusetzen ist,
6vgl. Beschlüsse des 6. Senats vom 19. März 2012 - 6 E 1406/11 -, IÖD 2012, 98, - 6 E 162/12 -, NVwZ-RR 2012, 663, und des 1. Senats vom 27. März 2012 - 1 E 45/12 -, juris,
7bzw. falls das Verfahren - wie hier - nach dem 31. Juli 2013 anhängig geworden ist, sich nach §§ 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG, 52 Abs.1, Abs. 5 Satz 4 i.V.m. Satz 1 Nr. 1, Sätze 2 und 3 GKG in der ab dem 1. August 2013 geltenden Fassung (vgl. § 71 Abs. 1 Satz 2 GKG), im Folgenden: GKG n.F., bestimmt und auf ein Viertel der Summe der für das laufende Jahr zu zahlenden Bezüge - mit Ausnahme nicht ruhegehaltfähiger Zulagen - festzusetzen ist.
8Vgl. Beschlüsse des 6. Senats vom 7. November 2013 - 6 B 1034/13 -, juris, und des 1. Senats vom 15. April 2014 - 1 B 29/14 -, juris.
9Dem liegt im Ausgangspunkt die Überlegung zu Grunde, dass der jeweilige Antragsteller mit der vorläufigen Freihaltung der zu besetzenden Stelle(n) die Sicherung seines in der Hauptsache verfolgten Anspruchs auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über sein Beförderungsbegehren - die Verleihung eines anderen Amtes im Sinne von § 52 Abs. 5 Satz 2 GKG a.F. bzw. § 52 Abs. 5 Satz 4 GKG n.F. - angestrebt hat. Die darin liegende Verknüpfung des Gegenstands des Eilrechtsschutzes mit dem des Hauptsacheverfahrens rechtfertigt es, für die Bemessung des Streitwertes im vorläufigen Rechtsschutzverfahren dieselbe Grundlage wie im Hauptsacheverfahren heranzuziehen, zumal das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zur Sicherung des Bewerbungsverfahrensanspruchs in Teilen die Funktion des Hauptsacheverfahrens übernimmt und daher mit Blick auf die sich aus Art. 19 Abs. 4 GG ergebenden Anforderungen nach Prüfungsmaßstab, -umfang und -tiefe nicht hinter dem Hauptsacheverfahren zurückbleiben darf.
10Vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Oktober 2011 - 2 VR 4.11 -, NVwZ-RR 2012, 241, m.w.N. (ständige Rechtsprechung).
11Aus dem Umstand, dass der Antragsteller im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes lediglich die vorläufige Freihaltung der streitigen Stelle(n) beanspruchen kann und keinen unmittelbaren Ausspruch über die Verpflichtung zur Neubescheidung seines Beförderungsbegehrens, folgt nichts anderes. Insoweit unterscheidet sich der Bewerbungsverfahrensanspruch nicht von anderen Ansprüchen, die - ihre Begründetheit unterstellt - wegen des Verbots der Vorwegnahme der Hauptsache nicht bereits im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes in vollem Umfang zugesprochen, sondern nur gesichert werden können.
12Der sich hier in Anwendung von § 52 Abs. 5 Satz 4 i.V.m. Satz 1 Nr. 1, Sätze 2 und 3 GKG n.F. ergebende Betrag ist allerdings im Hinblick auf den im Eilrechtsschutz lediglich angestrebten Sicherungszweck um die Hälfte zu reduzieren. Dieser Wert ist, obwohl die Besetzung von zwei Stellen verhindert werden sollte, nur einfach anzusetzen, weil im Hinblick auf die Stellenbesetzung ein im Wesentlichen einheitliches Verfahren durchgeführt worden ist und die Vergabe der Stellen durch eine einheitliche Auswahlentscheidung erfolgen sollte.
13Vgl. Senatsbeschluss vom 19. März 2012 - 6 E 162/12 -, a.a.O.
14An der dargestellten Reduzierung halten die mit Beamtenstatussachen befassten Senate des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen,
15vgl. Beschlüsse des 1. Senats vom 24. September 2013 - 1 E 681/13 - und des 6. Senats vom 8. Juli 2014 - 6 E 312/14 -.
16auch in Anbetracht des Umstands fest, dass das Bundesverwaltungsgericht,
17vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 22. November 2012- 2 VR 5.12 -, BVerwGE 145, 112, vom 3. Juli 2012 - 2 VR 3.12 -, juris, und vom 20. Juni 2013 - 2 VR 1.13 -, IÖD 2013, 194; diesem folgend OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 23. Dezember 2013 - 2 B 11209/13 -, IÖD 2014, 42,
18in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes der hier in Rede stehenden Art eine solche Reduzierung nicht vorgenommen hat.
19Ausgangspunkt der vorzunehmenden (fiktiven) Berechnung der Bezüge war das von der Antragstellerin angestrebte Amt der Besoldungsgruppe A 13 BBesO. Nach der Neufassung des § 52 Abs. 5 GKG ist im Weiteren das sich nach der von ihr erreichten Erfahrungsstufe bemessende Grundgehalt dieser Besoldungsgruppe zu Grunde zu legen und damit nicht mehr, wie bisher, das Endgrundgehalt.
20Die von den Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin angeführte gegenteilige Auffassung des OVG Rheinland-Pfalz,
21vgl. Beschluss vom 23. Dezember 2013 - 2 B 11209/13 -, a.a.O.,
22überzeugt schon deshalb nicht, weil sie im Wortlaut der Neuregelung keinen Anhalt findet. § 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 GKG n.F. knüpft nicht wie § 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 GKG a.F. an den 13-fachen Betrag des Endgrundgehalts - zuzüglich ruhegehaltfähiger Zulagen -, sondern an die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge - mit Ausnahme nicht ruhegehaltfähiger Zulagen -.
23Auch der Begründung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts ist entgegen den Ausführungen des OVG Rheinland-Pfalz im Beschluss vom 23. Dezember 2013 - 2 B 11209/13 -, a.a.O., kein verlässlicher Hinweis darauf zu entnehmen, dass es Wille des Gesetzgebers war, am Endgrundgehalt als maßgebenden Bezugspunkt der Streitwertberechnung festzuhalten.
24In der Begründung des Gesetzentwurfs (vgl. Bundestagsdrucksache 17/11471, S. 246, zu Art. 3 - Änderung des GKG -, Abs. 1, Nr. 18 - § 52 GKG -, Buchst. b) heißt es:
25„(…) Die Wertvorschrift für Statusstreitigkeiten im öffentlichen Dienst vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit bedarf der Anpassung. Die geltende Regelung entstammt dem bis zum 30. Juni 2004 geltenden Gerichtskostengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Dezember 1975 (BGBl. I. S. 3047), das zuletzt durch Artikel 2 Absatz 5 des Gesetzes vom 12. März 2004 (BGBl. I S. 390) geändert worden ist. In diese Fassung des Gerichtskostengesetzes ist die Regelung durch Artikel 1 Nummer 7 des Kostenrechtsänderungsgesetzes 1994 vom 24. Juni 1994 (BGBl. I S. 1325) als § 13 Absatz 4 eingefügt worden. Nach der Begründung des Regierungsentwurfs beinhaltet der 13fache Betrag des Endgrundgehalts pauschal die durchschnittlich in einem Jahr zu gewährenden Bezüge einschließlich der jährlichen Sonderzuwendungen. Das Endgrundgehalt ist gewählt worden, um ohne Rücksicht auf den Familienstand und Dienstalter für alle Ämter, die den gleichen Besoldungsgruppen zugewiesen sind, zu einer einheitlichen Streitwertberechnung zu gelangen (Bundestagsdrucksache 12/6962 S. 62).
26Mittlerweile sind die Sonderzuwendungen je nach Bundesland unterschiedlich reduziert und zum Teil - wie auch beim Bund - in die monatlichen Bezüge eingerechnet worden. Durch die den Ländern im Zuge der Föderalismusreform übertragene Gesetzgebungskompetenz für die Landesbeamten können sich die Regelungen weiterhin sehr unterschiedlich entwickeln. Dabei können sich auch Begrifflichkeiten ändern. Daher wird vorgeschlagen, auf den Jahresbetrag der Bezüge abzustellen. Soweit Sonderzuwendungen gezahlt werden, sind diese in dem Jahresbetrag enthalten. Familienstatusbezogene Elemente der Bezüge sollen auch künftig unberücksichtigt bleiben, damit die Zahl unterhaltspflichtiger Kinder ohne Einfluss auf den Streitwert bleibt. Um einen eindeutigen Jahreszeitraum festzulegen, soll auf das laufende Kalenderjahr abgestellt werden. Nach § 40 GKG ist für die Wertberechnung der Zeitpunkt der Antragstellung maßgebend. Dies bedeutet, dass die zu diesem Zeitpunkt geltenden Bezüge für ein Kalenderjahr zu berechnen sind. Zu dem maßgebenden Zeitpunkt bereits gesetzlich bestimmte Änderungen, die noch im laufenden Kalenderjahr in Kraft treten, sind zu berücksichtigen. Änderungen der Bezügeansprüche in der Person des Klägers sind nicht zu berücksichtigen.“
27Es spricht wenig dafür, dass der Gesetzgeber, wie das OVG Rheinland-Pfalz meint, auch mit der Neuregelung des § 52 Abs. 5 GKG das Ziel verfolgt hat, den Kostendeckungsgrad in verwaltungs- und finanzgerichtlichen Verfahren zu verbessern und die als zu niedrig angesehenen Streitwerte zu erhöhen, und deshalb am Endgrundgehalt als maßgebenden Bezugspunkt der nach § 52 Abs. 5 GKG vorzunehmenden Streitwertberechnung festhalten wollte. Die Begründung des Gesetzentwurfs deutet vielmehr darauf hin, dass wegen der unterschiedlichen Entwicklung der Besoldungsbestimmungen des Bundes und der Länder Anlass zu einer „strukturellen Änderung“ des § 52 Abs. 5 GKG gesehen wurde (vgl. auch Bundestagsdrucksache 17/11471, S. 144).
28Im Übrigen bietet der letzte Satz der oben zitierten Begründung des Gesetzentwurfs einen Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber im Rahmen des § 52 Abs. 5 GKG entgegen der Auffassung des OVG Rheinland-Pfalz an die individuellen Bezüge des jeweiligen Klägers/Antragstellers anknüpfen wollte. Dort wird ausdrücklich auf die „Bezügeansprüche in der Person des Klägers“ abgestellt. Nicht berücksichtigt werden sollen hiernach lediglich die Änderungen dieser Bezügeansprüche.
29Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
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