Urteil vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 3d A 754/12.O
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der am 17. Mai 1951 in N. geborene Beklagte war nach dem Abitur für zwei Jahre als Soldat auf Zeit bei der Bundeswehr. Vom Wintersemester 1971/72 bis zum Wintersemester 1976/77 studierte er die Fächer Deutsch und Erdkunde. Das Erste Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien bestand der Beklagte am 18. November 1976 mit Auszeichnung. Den Vorbereitungsdienst absolvierte er ab September 1977. In der Zweiten Staatsprüfung für das Lehramt an Gymnasien erzielte er am 13. März 1979 die Gesamtnote „gut“. Er wurde mit Wirkung vom 3. August 1979 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Studienrat z. A. ernannt. Mit Wirkung vom 3. August 1981 wurde ihm die Eigenschaft eines Beamten auf Lebenszeit verliehen. Durch Verfügung vom 5. Juni 1987 wurde er zum Oberstudienrat, unter dem 22. November 1995 zum Studiendirektor als Fachleiter zur Koordinierung schulfachlicher Aufgaben und mit Wirkung vom 1. August 1997 zum Studiendirektor als ständiger Vertreter des Leiters eines voll ausgebauten Gymnasiums mit mehr als 360 Schülern ernannt. Ab August 1998 war er mit der Wahrnehmung der Aufgabe des Leiters eines voll ausgebauten Gymnasiums mit mehr als 360 Schülern am Städtischen Gymnasium im Schulzentrum B. in C. T. beauftragt. Am 19. Juli 1999 erfolgte die befristete Ernennung zum Oberstudiendirektor und Schulleiter, die mit Wirkung zum 2. August 2001 für die Dauer von acht Jahren verlängert wurde. Mit Schreiben vom 27. Januar 2006 verzichtete der Beklagte auf die ihm nach Vollendung des 55. Lebensjahres zustehende Altersermäßigung, da er beabsichtigte, von der Möglichkeit der Altersteilzeit ab Vollendung des 59. Lebensjahres Gebrauch zu machen.
3Im Frühjahr 2006 wurde beim Beklagten eine Lungenkrebserkrankung diagnostiziert. Der im pathologischen Befund vom 26. Juni 2006 als „typisches Carcinoid“ bezeichnete Tumor wurde bei einer Operation am 22. Juni 2006 vollständig entfernt. Nach den Schulferien (23. Juni bis zum 8. August 2006) war der Beklagte bis zu seiner Suspendierung am 4. Juli 2008 weiter als Schulleiter tätig. Am 21. September 2006 wurde bei dem Beklagten ein Grad der Behinderung von 80 mit Wirkung vom 31. Juli 2006 festgestellt. Der Beklagte nahm daraufhin die ihm zustehende Regelermäßigung i. H. v. 3 Wochenstunden ab dem 16. Oktober 2006 in Anspruch. Zusätzlich machte er einen Bedarf i. H. v. drei weiteren Wochenstunden für die Dauer der Gültigkeit des Schwerbehindertenausweises bis September 2011 geltend. Dies begründete er damit, dass er an den Auswirkungen eines Teilverlusts der Lunge im Stadium der Heilungsbewährung leide und unter ständiger medizinischer Betreuung stehe. Um Fehlzeiten auszuschließen, benötige er die weitere Reduktion dringend. Seinem Antrag wurde unter dem 26. September 2006 in vollem Umfang stattgegeben. Ein amtsärztliches Gutachten vom 10. September 2009 stellte einen Zustand nach Lungentumor und Operation sowie eine depressive Entwicklung fest. Der Beklagte wurde mit Ablauf des 31. Dezember 2009 wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt.
4Nach der dienstlichen Beurteilung vom 6. Mai 1998 entsprachen die Leistungen des Beklagten den Anforderungen im besonderen Maße (sehr gut). Die Beurteilung vom 25. Juli 2001 anlässlich eines Beamtenverhältnisses auf Zeit als Oberstudiendirektor als Schulleiter eines Gymnasiums kam zu dem Ergebnis, dass der Beklagte sich während der zweijährigen Leitungstätigkeit bewährt hatte.
5Der Beklagte ist in zweiter Ehe verheiratet. Aus dieser Ehe ist ein 1983 geborener Sohn hervorgegangen. Er ist mit einem Grad der Behinderung von 80 schwerbehindert.
6Mit Ausnahme des hier zu beurteilenden Sachverhalts ist der Beklagte bisher weder straf- noch disziplinarrechtlich in Erscheinung getreten.
7Am 10. Mai 2006 teilte die T1. – Medien AG aus C1. dem dortigen Polizeipräsidium mit, dass im Rahmen einer Überprüfung wegen Auffälligkeiten im Datentransfervolumen auf ihrem Server kinderpornographisches Bildmaterial festgestellt worden sei. Durch das Landeskriminalamt C1. wurden die Benutzerdaten zu den zugeordneten Log-Files angefragt. In diesem Zusammenhang wurde festgestellt, dass am 6. Mai 2006 zwischen 17:18 Uhr und 17:43 Uhr und am 7. Mai 2006 von 20:25 Uhr bis 20:38 Uhr und erneut um 21:05 Uhr von einer IP-Adresse, die dem Sohn des Beklagten zugeordnet war, Bilddateien von der betroffenen Domain heruntergeladen worden waren. Von diesen Dateien sind rund 80 Bilder ausgedruckt und als Bildanlage dem Bericht des LKA C1. vom 14. Juni 2007 beigefügt worden. Unter diesen Bildern sind auch einige, bei denen das Geschlechtsorgan der abgebildeten Mädchen in den Vordergrund gerückt ist. U. a. handelt es sich um die Dateien JANETH–07_S.JPG, LOLA121_S.JPG,LP–1640_S.JPG, 9_S.JPG, 0016_S.JPG, 00001_S.JPG und LP.0934_S.JPG.
8Am 14. Dezember 2007 wurde im Rahmen einer Hausdurchsuchung der Computer des Beklagten sichergestellt. Auf seiner Festplatte wurden u. a. mehr als 15.000 Bilddateien mit sexuellem Inhalt gefunden. Der Beklagte hatte diese Bilddateien in mehreren Unterverzeichnissen abgelegt. So gab es einen Ordner „LOL“, dessen Inhalt, der offenbar nach dem Alter der abgebildeten Mädchen sortiert war, nach der im Rahmen der Auswertung des Computers erstellter „Auflistung der Ordnerpfade“ lautete:
9„LOL
10---11
11---12
12---12 + 14 Strand
13---12 _ 13 – Ficken
14---12-Ficken
15---13
16---13 F+B (Comic)
17---13_16 Möse_Arsch lecken_
18---14
19---Nackt 14
20---15
21---15-bM
22---15–nT
23---Neuer Ordner
24---Neuer Ordner 14
25---16
26---16–bM
27---16–bM 2
28---16–bM 3
29---Miriam P._
30---bruschwe A_
31---Lesben–Vergew
32---LOL
33---13 + 15 – blanke Mösen (Tür)
34---lol001
35---12–bM
36---lsm02–05–046
37---Marina (bek) verzerrt
38---Schwägerin
39---Sigrun
40---Strip Bambusvase
41---Strip Garage
42---Transfer
43---15-Annablanke Möse
44---15-blanke Möse
45---15-n“
46Des Weiteren gab es einen Ordner „Junge Girls“, in dem sich unter anderem folgende Unterordner befanden:
47„Junge Girls
48---10
49---10–Alina–blanke Pflaume_+
50---10–Beate–blanke Pflaume_+
51---10-Carmen_+
52---10–Eva–blanke Pflaume_
53---10-Linda-blanke Pflaume_+
54---10-Paula-blanke Pflaume_
55---10-Ricarda-blanke Pflaume _+
56---10-Sandra-blanke Pflaume_
57---Originale
58---10-Svenja-blanke Pflaume_
59---10-Vera-blanke Pflaume_
60---10-Yvonne-blanke Pflaume“
61Weitere Unterordner lauteten „14“, „15“, „16“ und „17“.
62Dem Vermerk der Direktion Kriminalität KK31, IT–Ermittlungsunterstützung, vom 13. März 2008 wurde außerdem ein Ausdruck der in dem Unterordner „10-Alina–blanke Pflaume_+“ abgelegten Dateien beigefügt. In dem Vermerk ist aufgeführt, dass die Abbildungen unter den folgenden Dateinamen abgespeichert waren:
63„Zeig mir gleich deinen kleinen Schlitz, Alina“„Zieh dich ganz aus! Zeig mir deine Spalte richtig!“
64„Mach die Beine breit und zeig deine Pflaume vor!“
65„Zieh dich gleich nackt aus, Alina!“
66„Nimm die Beine weit auseinander!“
67„Ja, so kann ich deine Spalte gut sehen!“
68„Eine schön geschlitzte Pflaume hast du, Alina!“
69„Eine schön geschlitzte Pflaume hast du, Alina!_“
70„Mach die Beine ganz breit + zeig diene Pflaume vor!“
71„Nimm die Hände hinter den Kopf!“
72Am 22. Dezember 2008, rechtskräftig seit dem 11. August 2009, verurteilte das Amtsgericht E. (Az.: 2 Ds 41 Js 613/07 – 695/08) den Beklagten wegen des Besitzes kinderpornographischer Schriften zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen, wobei es auf Grund der Beweisaufnahme folgenden Sachverhalt feststellte:
73„II.Anlässlich einer von Polizeibeamten am 14. Dezember 2007 vorgenommenen Durchsuchung seiner Wohnung befand sich der Angeklagte im Besitz eines PC, auf dessen Festplatte sich – abgesehen von ca. 15.000 strafrechtlich nicht zu beanstandenden pornografischen Dateien und Pornografie mit Darstellungen im Grenzbereich zur Kinderpornografie – 8 eindeutig kinderpornografische Bilddateien befanden. Diese Dateien zeigten zur sexuellen Stimulierung des entsprechend veranlagten Betrachters unbekleidete Mädchen, die ersichtlich jünger als 14 Jahre alt waren, die sexuell missbraucht werden und in von außen veranlasster anreißerischer Pose vaginalen bzw. oralen Geschlechtsverkehr ausführen.
74III.Dieser Sachverhalt steht nach Durchführung der Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung fest, deren Umfang sich aus dem Sitzungsprotokoll ergibt. Der Angeklagte hat eingeräumt, dass es sich bei dem PC mit den inkriminierten Dateien um seinen PC handelte, den er genutzt hat. Im Übrigen hat sich der Angeklagte nicht zur Sache eingelassen. Er ist der Tatbegehung, insbesondere auch der Kenntnis von den kinderpornografischen Dateien, durch die Beweisaufnahme überführt. Nach dem detaillierten Bericht des mit der Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten befassten Zeugen C2. fanden sich schon beim Hochfahren des PC auf dem Desktop pornografische Darstellungen. Auch im Schreibtisch des Angeklagten lagen pornografische Bilder. Der Angeklagte habe auch gleich beim Betreten des Arbeitszimmers mit den Polizeibeamten die Tür hinter sich zugezogen, um zu verhindern, dass seine Frau und sein Sohn ihnen folgen. Die Interessen des Angeklagten gingen somit eindeutig in den Bereich der Pornografie. Die Auswertung des dann durch die Polizei sichergestellten PC durch den Zeugen X. ergab dann, dass ein Benutzer „k. i. “, also mit dem Namen des Angeklagten, eingerichtet war. Zu diesem Benutzer sind Ordner und Unterordner angelegt worden. Insgesamt seien 15.000 pornografische Dateien gespeichert gewesen. Die Ordner und Unterordner waren entsprechend ihrem Darstellungsinhalt benannt. Zum Beispiel seien in dem Ordner „W. und X1. “ tierpornografische Szenen gespeichert. Die Ordnerbezeichnung Vato sei die Abkürzung für Vater/Tochter mit entsprechenden pornografischen Szenen. Zudem seien eindeutige Dateinamen vergeben worden. All diese Ordner–, Unterordner und Dateinamen zeugten von einer peniblen Akribie, mit der über einen längeren Zeitraum hier Datenträger gesammelt, sortiert, den entsprechenden Themen zugeordnet und benannt wurden. Es waren Unterordner mit Zahlen benannt, z. B. „13 + 15“, wobei die Zahlen für das scheinbare Alter der abgebildeten Kinder standen. Aus diesen Gründen ist es ausgeschlossen, dass dem Angeklagten die auf seiner Festplatte gespeicherten acht kinderpornografischen Dateien, wie sie auf den Lichtbildern Bl. 53 und 54 der Gerichtsakte ersichtlich sind, nicht bekannt gewesen sind. Zudem fanden sich unter den gespeicherten Dateien zahlreiche Bilddateien auf der Grenze zur Kinderpornografie, Bl. 19 ff. der Gerichtsakte, was belegt, dass die Interessenrichtung des Angeklagten in diesem Bereich lag. Der Zeuge X. hat klar bekundet, dass es weitere Bilddateien gab, auf denen pornografische Szenen dargestellt waren und auf denen Kinder abgebildet waren, die an den pornografischen Handlungen direkt nicht beteiligt waren. Das Gericht hat keinerlei Veranlassung, den klaren Angaben des Zeugen, die auch belegt werden durch das in der Akte befindliche weitere Bildmaterial, nicht zu glauben. Es ist auszuschließen, dass der Angeklagte etwa über das kinderpornografische Angebot nur „gestolpert“ wäre. Vielmehr hat e[r] sich für die Bilddateien interessiert und sie heruntergeladen.
75Der Angeklagte hat sich damit des Besitzes kinderpornografischer Schriften gemäß § 184 Buchst. b IV StGB strafbar gemacht. Es handelte sich bei den acht Bilddateien um pornografische Schriften, die den Missbrauch von Kindern zum Gegenstand haben, da die Personen ersichtlich unter 14 Jahre alt sind. Der Angeklagte hatte Besitz an diesen Dateien, da er sie auf seiner Festplatte gespeichert hatte. Er war sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme des Besitzes dieser Schriften ebenso bewusst wie ihres kinderpornografischen Inhalts.“
76Die acht der Verurteilung zugrunde liegenden Bilddateien, die in der Strafakte auf den Seiten 53 und 54 als kinderpornographisch markiert worden waren, wurden am 3. Januar 2006 (vier Bilder), am 6. April 2006 (ein Bild), am 12. April 2007 (zwei Bilder) und am 8. Dezember 2007 (ein Bild) auf der Festplatte des Computers des Beklagten gespeichert.
77Nach Bekanntwerden des strafrechtlichen Vorwurfs leitete die Bezirksregierung E1. am 21. April 2008 gegen den Beklagten ein Disziplinarverfahren ein. Durch Verfügung vom 4. Juli 2008 wurde er nach § 38 Abs. 1 Satz 1 LDG NRW vorläufig des Dienstes enthoben. 25 % seiner Dienstbezüge wurden einbehalten.
78Nachdem der Beklagte die Berufung gegen das Strafurteil zurückgenommen hatte, teilte ihm der Kläger am 4. März 2010 mit, dass die tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts E. aus dem Urteil vom 22. Dezember 2008 der Entscheidung im Disziplinarverfahren zugrunde gelegt würden. In der mündlichen Anhörung am 14. Juni 2010 räumte der Beklagte die gegen ihn erhobenen Vorwürfe ein, soweit sie durch das Strafurteil bereits festgestellt waren. Er habe die Taten an einem einzigen Wochenende Anfang Mai 2006 begangen, nachdem er aufgrund blutigen Auswurfs beim Husten die Vermutung gehabt habe, an Lungenkrebs erkrankt zu sein. Er habe die erotischen Bilder im Internet als Ablenkung betrachtet. In einer ergänzenden Stellungnahme vom 21. Juni 2010 machte er geltend, in einer psychischen Ausnahmesituation “in Vollzug einer nicht bewusst gesteuerten Ablenkungsstrategie“ gehandelt zu haben. Der ihn behandelnde Psychotherapeut erkläre dieses Verhaltensmuster als in derartigen psychischen Ausnahmesituationen typische negative Verstärkung. Er habe in dieser Situation exzessiv gesurft und auf den genannten Internetseiten durch entsprechende Verlinkung unkritisch Dateien kinderpornographischen Inhalts heruntergeladen. Im Rahmen dieses extrem hohen Anspannungszustands und unter der beherrschenden Angst, an einer bösartigen Erkrankung zu leiden, seien solche Strategien zum Spannungsabbau durchaus plausibel. Dies werde im Übrigen nicht zuletzt dadurch bestätigt, dass er an die konkreten Dateien keinerlei Erinnerung habe. Das Herunterladen der strafrechtlich relevanten Dateien habe sich auf ein Wochenende konzentriert. Auch dies bestätige, dass er nicht schuldfähig bzw. allenfalls beschränkt schuldfähig gewesen sei. Er sei in dem damaligen konkreten Zeitpunkt, in der seinerzeitigen affektiven Episode, in der damaligen psychischen Befindlichkeit nicht wie sonst in der Lage gewesen, sein Verhalten zu steuern. Ihm habe das Bewusstsein dafür gefehlt, dass er an dem fraglichen Wochenende auch kinderpornographische Bilddateien heruntergeladen und abgespeichert habe. Zum Beweis dieser Zusammenhänge möge sein Therapeut, Dr. G. , vernommen werden.
79Die Klägerin lehnte den Beweisantrag mit Schreiben vom 18. August 2010 unter Bezugnahme auf die Bindungswirkung des strafgerichtlichen Urteils und mit einem Hinweis darauf, warum ihres Erachtens Anhaltspunkte für eine Schuldunfähigkeit bzw. verminderte Schuldfähigkeit zur Tatzeit fehlten, ausführlich begründet ab. Die Gleichstellungsbeauftragte teilte unter dem 23. März 2011 mit, keine Einwände gegen die Erhebung der Disziplinarklage zu haben. Der Vorsitzende des Personalrats erklärte unter dem 7. April 2011, dass der Personalrat der Erhebung der Disziplinarklage zustimme. Nachdem der Beklagte auf Anfrage die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung gewünscht hatte, stimmte der Vertrauensmann der schwerbehinderten Lehrkräfte an Gymnasien unter dem 1. Mai 2011 der Erhebung der Disziplinarklage zu.
80Am 7. Mai 2011 hat der Kläger Disziplinarklage erhoben. Dabei hat er als Dienstvergehen zunächst auch den Besitz von insgesamt 102 Bilddateien angeführt, bei denen es sich in der Mehrheit um zum Tatzeitpunkt nicht von § 184b StGB erfasste sog. „Posing–Bilder“ gehandelt habe. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat der Kläger klargestellt, dass lediglich der Besitz der acht der strafrechtlichen Verurteilung zugrunde liegenden Bilddateien Gegenstand der Anschuldigung sein soll.
81Der Kläger hat beantragt,
82dem Beklagten das Ruhegehalt abzuerkennen.
83Der Beklagte hat beantragt,
84auf eine mildere Disziplinarmaßnahme unterhalb der Aberkennung des Ruhegehalts zu erkennen.
85Er habe im Zeitpunkt der strafrechtlich geahndeten Tat – am Wochenende des 6./7. Mai 2006 – in einer einmaligen psychischen Ausnahmesituation aufgrund der seinerzeit zeitgleich diagnostizierten Krebserkrankung gehandelt. Er sei nicht oder allenfalls eingeschränkt in der Lage gewesen, sein Verhalten verantwortlich zu steuern und sei nicht oder nur vermindert schuldfähig gewesen. Er habe seit dem Auftreten der Symptome, im weiteren durch die nachfolgenden bestätigenden Diagnosen, an bisher nicht gekannten, schwerwiegenden depressiven Stimmungsschwankungen, an starken Ängsten und existenziellen Sorgen gelitten. Im Übrigen seien die sozialen Auswirkungen des Geschehens für ihn und seine Familie verheerend. Es habe eine exzessive Medienberichterstattung gegeben. Eine rechtsradikale Gruppierung habe Flugblätter mit seinem Bild verteilt und vor seinem Haus mit der Forderung „Todessstrafe für Kinderschänder“ demonstriert. Hinzu kämen die soziale Isolation und der Verlust aller vorher in Vereinen und Parteien bzw. im kommunalpolitischen Raum innegehabten Funktionen, Ämter und Bezüge. Diese Umstände wirkten sich mildernd aus. Auch sei zu berücksichtigen, dass er infolge all der Geschehnisse schwerwiegend psychisch erkrankt sei. Zudem habe das in seiner Lunge festgestellte Karzinoid einen Durchmesser von knapp sechs Zentimetern besessen. Es sei bekannt, dass Karzinoide vermehrt das Hormon Serotonin, das auch die Sexualfunktionen mit beeinflusse, ausstießen. Angesichts der festgestellten Größe des Karzinoids sei davon auszugehen, dass es regelmäßig relativ hohe Mengen an Serotonin ausgeschüttet habe, er sich mithin nicht nur in einem psychischen, sondern auch einem physischen Ausnahmezustand befunden habe.
86Der Beklagte hat im Rahmen der Klageerwiderung einen ärztlichen Befundbericht vom 23. Juni 2009 „zur Vorlage beim amtsärztlichen Dienst bei Antrag auf vorzeitige Versetzung in den Ruhestand aus beruflichen Gründen“ des Dr. med. K. G. , ärztlicher Psychotherapeut, vorgelegt. Hierin wurde eine „mittelgradige depressive Episode (ICD-10 F 32.1) bei narzisstischen Persönlichkeitsanteilen als Reaktion auf berufliche Veränderung und Z. n. Lungenteilresektion wegen Lungenkarzinoids 2006 (pT2 pNO G1 RO MO)“ diagnostiziert. In den Ausführungen heißt es unter anderem:
87„Der 57jährige, normgewichtige und altersentsprechend gekleidete Schulleiter eines Gymnasiums kam im Juli 2008 auf Anraten seines Hausarztes mit dem Wunsch nach Beginn einer ambulanten Psychotherapie und berichtete dabei: ‚Mein Leben ist in den letzten beiden Jahren kaputt gegangen‘. 2006 sei bei ihm Lungenkrebs festgestellt worden. Zuvor sei er nie krank gewesen, habe vielleicht drei Tage gefehlt. Er habe nach der erforderlichen Lungenteilentfernung auf eine Kur verzichtet und gleich nach den Ferien wieder den Dienst aufgenommen. Er habe sich durch die Arbeit gut ablenken können. Jetzt sei er ‚völlig abgeklappt‘, da man ihn wegen eines gegen ihn laufenden Strafverfahrens vom Dienst freigestellt habe. Für ihn sei eine Welt zusammen gebrochen, er weine seither oft, sei völlig nah am Wasser gebaut, mitunter fühle er sich von Emotionen überwältigt, Stichwörter und bestimmte Gedanken reichten schon als Auslöser für Weinanfälle.“
88Zudem legte der Beklagte eine ärztliche Stellungnahme desselben Arztes vom 25. April 2010 „zur mutmaßlichen Situation im April/Mai 2006“ vor. Hierin heißt es:
89„Wie Ihnen Herr I. bereits selbst dargelegt haben dürfte, kam es Ende April 2006 erstmalig aus heiterem Himmel zu sog. Hämoptysen (Blutbeimengungen im Auswurf). Er hat daraufhin im Internet über die möglichen Ursachen solcher Blutbeimengungen recherchiert und kam dabei u. a. auf die dann später ja auch zutreffende Diagnose eines möglicherweise bösartigen Lungentumors… Dass es sich ‚nur‘ um ein Lungenkarzinoid, also einen praktisch nie metastasierenden Lungentumor handelte, konnte er zu diesem Zeitpunkt ja noch nicht wissen.
90Die extrem hohe Anspannung in diesen Tagen zwischen eigenen Recherchen (konsekutive Gedanken wie ‚ich habe sehr wahrscheinlich einen bösartigen Lungentumor und sterbe womöglich bald‘) und weiterführender Diagnostik mit Computertomografie und Lungenspiegelung konnte Herr I. dabei durch ablenkendes Surfen auf erotischen und pornografischen Internetseiten reduzieren, eine Ablenkungsstrategie, die er auch im Vorfeld, wenn auch nicht so häufig und intensiv, bei Stress zum Anspannungsabbau erfolgreich verwendet hatte.
91Verhaltenstherapeutisch formuliert handelt es sich dabei um sog. Negative Verstärkung, d.h. ein Verhalten (hier: exzessives Betrachten pornografischer Bilder) wird dadurch häufiger, dass eine negative Konsequenz (hier: eine extrem hohe innere Anspannung, z.B. als Folge des Verdachtes, an einer bösartigen Krankheit zu leiden) wegfällt.
92Dass es Anfang Mai, also im besagtem Zeitraum zwischen ersten Symptomen und Diagnosestellung beim exzessiven Surfen auf oben genannten Internetseiten durch entsprechende Verlinkung zum unkritischen Herunterladen kinderpornografischer Seiten kam, ist m.E. im Rahmen dieses extrem hohen Anspannungszustandes bei Angst, an einer bösartigen Erkrankung mit womöglich schnell zum Tode führenden Verlauf zu leiden, durchaus nachvollziehbar.
93Andere Strategien zum Spannungsabbau standen ihm damals offensichtlich nicht zur Verfügung.“
94Das Verwaltungsgericht hat u. a. einen Screenshot der Verzeichnisstruktur der in den Strafakten befindlichen Datensicherungs-DVD zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.
95Mit Urteil vom 16. Februar 2012, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das Verwaltungsgericht dem Beklagten das Ruhegehalt aberkannt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Beklagte habe sich durch den strafbaren Besitz kinderpornographischer Schriften eines sehr schweren Dienstvergehens schuldig gemacht. Ein solches (außerdienstliches) Verhalten sei von seinem Gewicht her grundsätzlich geeignet, einen endgültigen Vertrauens- und Ansehensverlust herbeizuführen und damit die Verhängung der Höchstmaßnahme zu rechtfertigen. Auf Milderungsgründe, die ausnahmsweise ein Absehen von der Dienstentfernung rechtfertigen könnten, könne sich der Beklagte nicht erfolgreich berufen. Insbesondere könne er nicht darauf verweisen, dass er sich zum Zeitpunkt des Herunterladens der Bilder aufgrund der zuvor diagnostizierten Krebserkrankung in einer psychischen Ausnahmesituation befunden habe, die möglicherweise selbst seine Schuldfähigkeit tangiert habe. Ihn entlaste auch nicht erheblich, dass nur eine relativ geringe Anzahl kinderpornographischer Bilder Gegenstand der Verurteilung gewesen sei. Dem Beklagten komme schließlich nicht der Milderungsgrund der freiwilligen vorbehaltslosen und vollständigen Offenbarung vor Tatentdeckung zugute. Zu Lasten des Beklagten müsse gewertet werden, dass er als Schulleiter nicht nur eine herausgehobene Stellung an seiner Schule gehabt habe, sondern bis zu seiner Suspendierung gerade auch für Kinder in dem Alter verantwortlich gewesen sei, die zu dem von § 184b StGB geschützten Personenkreis gehörten.
96Gegen das ihm am 21. Februar 2012 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 21. März 2012 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er vor, er habe im erstinstanzlichen Verfahren angegeben, dass er die Bilddateien, die Gegenstand der strafrechtlichen Verurteilung gewesen seien, an einem bestimmten Wochenende und im zeitlichen Zusammenhang mit der Offenbarung seiner Krebsdiagnose heruntergeladen habe. Dies sei die vermeintliche Erkenntnis aus den Akten des Strafverfahrens gewesen. Hiervon sei er auch ausgegangen, weil er sich konkret an die fraglichen Bilddateien und ihre Bedeutung nicht habe erinnern können. Es sei für ihn die einzige Erklärung gewesen, eben weil er keine Affinität zu kinderpornographischen Darstellungen habe. Sowohl er selbst als auch sein Anwalt hätten es dabei bewenden lassen und darauf verzichtet, die Bilddateien konkret und gesondert auszuwerten. Für ihn in Betracht kommende Milderungsgründe seien nicht ausreichend berücksichtigt worden. Eine Kürzung seiner Ruhestandsbezüge sei tat- und schuldangemessen. Das Fehlverhalten sei eindeutig dem außerdienstlichen Bereich zuzuordnen. Es fehle an einem unmittelbaren dienstlichen Zusammenhang. Es gehöre zudem zum höchstpersönlichen privaten, nicht über seine Intimsphäre hinausgehenden Bereich. Es habe an jedweder Außenwirkung gefehlt, wenngleich der Schutzzweck der Strafrechtsnorm sich auf den vorausgegangenen anderweitig verwirklichten Missbrauch der Minderjährigen beziehe, die bei der Aufnahme der Bilddateien geschädigt worden seien. Gegenstand der strafrechtlichen Sanktionen sei zudem eine vergleichsweise geringe Anzahl von Bilddateien gewesen. Vor dem Hintergrund der Vielzahl von persönlich gesammelten erotischen oder in Einzelfällen pornographischen Bilddateien, die jedenfalls nicht strafrechtlich relevant und für sich genommen einer disziplinarrechtlichen Würdigung nicht zugänglich seien, könne keine besondere Ausprägung und auch keine spezifische Orientierung angenommen werden. Deshalb sei von einer gemilderten Schuld auszugehen. Auch die sozialen Folgen seien nicht hinreichend berücksichtigt worden. Dies gelte vor allem für die soziale Entwurzelung im vorhandenen Umfeld und die öffentlich-mediale, übersteigerte Vernichtung seines Ansehens. Eine Würdigung der elementaren und schicksalhaften Folgen des Fehlverhaltens für seine berufliche und soziale Existenz und die seiner Familie könnten es im konkreten Zusammenhang als ausreichend und noch angemessen erscheinen lassen, statt der Aberkennung der Ruhestandsbezüge eine Kürzung vorzunehmen.
97Der Beklagte hat beantragt,
98das angefochtene Urteil zu ändern und auf eine mildere Disziplinarmaßnahme zu erkennen.
99Der Kläger hat beantragt,
100die Berufung zurückzuweisen.
101Mit Urteil vom 28. September 2016 hat der Senat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Er hat u. a. festgestellt, dass der Beklagte die acht strafrechtlich relevanten kinderpornographischen Darstellungen nicht an einem einzigen Wochenende Anfang Mai 2006, sondern vier Bilder am 3. Januar, ein Bild am 6. April 2006 und zwei weitere Bilder am 12. April 2007 sowie ein Bild am 8. Dezember 2007 heruntergeladen hat. Vor diesem Hintergrund könne nicht von einer so genannten negativen Lebensphase ausgegangen werden. Anzeichen für eine verminderte Schuldfähigkeit des Beklagten fehlten. Auch ein etwaig erhöhterSerotoninspiegel aufgrund einer Produktion dieses Botenstoffs durch das Karzinoid, das sich in der Lunge des Beklagten gefunden habe, führe zu keinem anderen Ergebnis. Dass Auswirkungen einer solchen Hormonausschüttung zu einer krankhaften seelischen Störung, einer tief greifenden Bewusstseinsstörung, Schwachsinn oder einer schweren anderen seelischen Abartigkeit geführt hätten, sei weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich. Derartiges erscheine auch angesichts der unbeanstandeten Wahrnehmung des Dienstes durch den Beklagten kaum nachvollziehbar. Das gelte auch, soweit Serotonin nach Auffassung des Beklagten ausgerechnet zum Herunterladen und Abspeichern kinderpornographischer Darstellungen habe führen sollen. Dessen ungeachtet habe Serotonin primär eine hemmende Wirkung auf das Sexualverhalten und die Sexualfunktionen.
102Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten hat das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 28. Februar 2017 das Urteil des Senats vom 28. September 2016 aufgehoben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen. Der Senat habe das Vorbringen des Beklagten zum Vorliegen einer krankhaften Störung nicht unter Hinweis auf einen Wikipedia-Eintrag und die auch ohne sachverständige Begutachtung sichere Überzeugung des Senats abtun dürfen. Vielmehr habe er die Frage einer Minderung der Schuldfähigkeit des Beklagten aufklären müssen. Hierzu bedürfe es in der Regel besonderer ärztlicher Sachkunde. Für die in Rede stehenden medizinischen Fachfragen gebe es keine eigene, nicht durch entsprechende medizinische Sachverständigengutachten vermittelte Sachkunde des Richters. Ferner könne das Vorliegen einer krankhaften Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit auch unterhalb der Schwelle einer seelischen Abartigkeit im Sinne der §§ 20, 21 StGB für die Gesamtwürdigung von Bedeutung sein. Dies gelte vorliegend umso mehr, als die Verhängung der disziplinaren Höchstmaßnahme für ein außerdienstlich begangenes Dienstvergehen, das von den Strafgerichten nur mit einer Geldstrafe im unteren Bereich geahndet worden sei, nur ausnahmsweise und bei Vorliegen disziplinarrechtlich bedeutsamer Umstände in Betracht komme. Diese dürften sich jedenfalls nicht aus den Umständen der Tatbegehung ergeben. Nach Anzahl, Art und Inhalt der abgeurteilten Bilddateien, dem Alter der betroffenen Kinder und der Form des abgebildeten Missbrauchs lägen die vom Beklagten begangenen Taten im deutlich unteren Bereich der möglichen Begehungsformen einer Straftat nach § 184 Buchst. b Abs. 4 StGB a. F. und wiesen daher für sich genommen noch nicht den für die Verhängung der disziplinarrechtlichen Höchstmaßnahme erforderlichen Schweregrad auf.
103In dem fortgeführten Berufungsverfahren hat der Beklagte in einer persönlichen schriftlichen Erklärung zunächst u. a. Folgendes geltend gemacht:
104„Ich befand mich seit 1998 in einer lang andauernden Überlastungssituation auf der Arbeit, da ich neben meiner neu übernommenen Schulleitertätigkeit auch noch Moderator für Schulleiter Fortbildungen war. Ich hatte also erheblichen Druck dadurch, was ich für meinen Dienstherrn zu leisten hatte. Darüber hinaus machte ich mir persönlich noch besonderen Druck, da ich einen sehr hohen Anspruch an meine dienstliche Aufgabenverrichtung hatte und alles optimal machen wollte. Dasselbe Leistungsverständnis führte mich auch dazu, die ärztlich empfohlene Reha-Maßnahme nach meiner Krebsoperation auszuschlagen, um meiner Schule zum Schuljahresbeginn zur Verfügung zu stehen. Während meiner Krebserkrankung habe ich meiner Erinnerung nach nur neun Tage gefehlt. Ich erwähne diese Beispiele nur, um zu illustrieren, dass ich mich schon eine erhebliche Zeit vor den Vorfällen in einer starken beruflichen Belastungssituation befunden habe.
105Zu meinem Gemütszustand 2006 und 2007: Mir ging es rückblickend schon Jahre vorher kontinuierlich schlechter. Ich erinnere mich, dass meine Frau zu mir sagte, ich sei „anders“. Ich war unruhig und ängstlich und stetig gestresst. Ich weiß noch, dass ich – deutlich vor der Krebsdiagnose – ständig eine innere Unruhe, Angstzustände und Schlafstörungen hatte. Ich ging ursprünglich davon aus, dass das ursprünglich an der Überlastung lag. Seit der Feststellung meiner Erkrankung bin ich davon überzeugt, dass das Karzinoid und die durch dieses ausgeschütteten Hormone für die sich ständig steigernden Unruhe- und Angstzustände verantwortlich war oder zumindest auf diese erheblich verstärkend wirkte.Ich hatte es schon lange als beruhigend empfunden - gerade während schlafloser Nächte -, mir im Internet erotische Fotos anzusehen. In dieser für mich beruflich schwierigen Zeit habe ich vermehrt die Betrachtung und Sammlung dieser Dateien und die Verortung davon in elektronischen Ordnern betrieben. Diese Tätigkeit war für mich - warum auch immer - sehr beruhigend und es war für mich eine - so empfand ich dies - wohltuende Entlastung. Diese von mir wohl als Eskapismus gepflegte Ablenkung wurde damals - ich glaube rückblickend schon 2005 - stärker. In der Phase Anfang 2006 bis Ende 2007 habe ich - wie das Verwaltungsgericht es ja ausgeführt hat - zahlreiche Bilder heruntergeladen und diese archiviert. Ich bedaure es selbstverständlich heute zutiefst und es erfüllt mich mit Entsetzen, dass ich auch die hier nun erheblichen acht kinderpornographischen Bilder „mitgesammelt“ habe. Mein Verhalten ist mir heute unbegreiflich und ich schäme mich sehr.
106Als man das Karzinoid im Juni 2006 aus meiner Lunge entfernte, hatte es eine erhebliche Größe. Das kann man auch dem Pathologiebericht der Praxis von Dr. med. C3. -X2. entnehmen. Dieser bösartige Tumor muss also eine erhebliche Zeit vor Juni 2006 gewachsen sein und auf mich gewirkt haben. Ich kann natürlich nicht beschwören und ich vermute, dass dies auch durch jemand anderen heute schwer aufklärbar ist, wie genau wann das Karzinoid auf mich gewirkt hat. Ich kann nur sagen, dass es mir bereits Ende 2005 ausgesprochen schlecht ging. Ich erinnere mich, dass ich - im Wunsch meinem Alltag zu entfliehen - verstärkt auf erotischen/pornographischen Internetseiten gesurft und Bilder gesammelt habe. Als dann im Laufe 2006 durch die Krebsdiagnose noch konkrete Todesängste hinzukamen, die auch nicht mit der Entfernung des Tumors aufgehört haben, da ich ja nicht damit rechnen konnte, den Krebs besiegt zu haben, sondern stetig zu Nachuntersuchungen musste, deren potentielles Ergebnis mich ebenfalls schwer belastete, hat sich dieses Eskapismus suchende Verhalten auch erst später wieder reguliert. Ich gehe persönlich fest davon aus, dass in diesem Zeitraum, den ich durchaus als seelischen Dauerausnahmezustand beschreiben würde, das Herunterladen der acht Bilder gefallen ist.“
107Zusammenfassend sei davon auszugehen, dass hormonelle Veränderungen für das Interesse an Kinderpornographie ursächlich gewesen seien. Der Tumor habe zu erheblicher Unruhe und Angstzuständen bzw. Todesängsten geführt. Dem habe er durch das Herunterladen und Sammeln erotisch/pornographischer Bilder zu entfliehen versucht. Aufgrund des Grundsatzes „in dubio pro reo“ könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Voraussetzungen für eine erheblich geminderte Schuldfähigkeit zum jeweiligen Tatzeitpunkt vorgelegen hätten. Die Steuerungsfähigkeit sei durch eine erhebliche berufliche Überlastungssituation bei nicht auszuschließender gesundheitlicher Belastung durch eine Hormonausschüttung aufgrund der Krebserkrankung sowie im Hinblick auf die nach der Diagnose dieser Erkrankung eingetretene konkrete Todesangst deutlich beeinträchtigt gewesen. Dies sei nicht hinreichend durch das vom Senat eingeholte Gutachten aufgeklärt worden.
108Der Beklagte beantragt,
109das angefochtene Urteil zu ändern und auf eine mildere Disziplinarmaßnahme zu erkennen.
110Der Kläger beantragt,
111die Berufung zurückzuweisen.
112Er gehe weiterhin nicht davon aus, dass der Beklagte im Tatzeitraum an einer Krankheit gelitten habe, die seine Fähigkeit, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, vermindert habe.
113Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens des Ärztlichen Leiters des Funktionsbereichs Spezielle Endokrinologie Prof. Dr. T2. am Universitätsklinikum E2. zu einer möglichen Ausschüttung des Hormons Serotonin durch den beim Beklagten festgestellten Tumor und zur Wirkungsweise dieses Hormons. Bezüglich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten Bl. 308ff. und 345ff. der Gerichtsakte Bezug genommen.
114In der mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten Gelegenheit erhalten, sich die in der Beiakte Heft 2 erfassten, mit Blatt 19 bis 28, Bl. 53 bis 56 paginierten Fotos – insbesondere hinsichtlich Darstellung und weiterem Inhalt – zu vergegenwärtigen. Sie haben ferner Gelegenheit gehabt, den Inhalt des Vermerks der Direktion Kriminalität KK31, IT-Ermittlungsunterstützung, vom 13. März 2008, insbesondere Bl. 52 der Beiakte Heft 2 sowie die Auflistung der Ordnerpfade, die in Beiakte Heft 3 ausgedruckt sind, zur Kenntnis zu nehmen. Das gilt auch für einen Ausdruck der Auswertung der in Beiakte Heft 2 befindlichen DVD in Bezug auf den jeweiligen Zeitpunkt, zu dem die Dateien, die Gegenstand der strafgerichtlichen Verurteilung gewesen sein, heruntergeladen wurden. Die Prozessbevollmächtigte des Beklagten und der Vertreter des Klägers haben hiervon Gebrauch gemacht.
115Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte sowie auf die in dem Protokoll der mündlichen Verhandlung im einzelnen bezeichneten Beiakten, wie sie dem Senat vorgelegen haben, Bezug genommen.
116Entscheidungsgründe
117Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat dem Beklagten zu Recht wegen eines sehr schwer wiegenden Dienstvergehens, durch das er das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren hat, das Ruhegehalt aberkannt.
118I. In tatsächlicher Hinsicht geht das Gericht von den im Tatbestand wiedergegebenen Feststellungen des Amtsgerichts E. in seinem rechtskräftigen Strafurteil vom 22. Dezember 2008 (Az.: 2 Ds 41 Js 613/07 – 695/08) aus, die für den Disziplinarsenat nach § 56 Abs. 1 Satz 1 LDG NRW bindend sind. Der Beklagte hat die durch das Strafgericht festgestellten Vorwürfe im Verlauf des Disziplinarverfahrens eingeräumt. Es besteht kein Anlass, sich von diesen Feststellungen nach § 56 Abs. 1 Satz 2 LDG NRW zu lösen. Die Bindungswirkung besteht dabei hinsichtlich sämtlicher tatsächlicher Feststellungen, die den Strafausspruch gegen den Beklagten im Strafurteil tragen; sie umfasst auch die Feststellung, dass der Beklagte die Tat nicht im Zustand der Schuldunfähigkeit i.S.v. § 20 StGB begangen hat. Anderenfalls hätte seine Verurteilung nicht erfolgen können.
119Vgl. OVG NRW, Urteil vom 27.04.2016 – 3d A 1890/14.0 –, juris Rn. 56 ff.
120Im Einzelnen geht der Senat von folgenden Feststellungen aus:
1211. Der Beklagte besaß am 17. Dezember 2007 – neben ca. 15.000 pornographischen Dateien, die teils Erwachsene zeigten teils seinerzeit strafrechtlich nicht zu beanstandenden Darstellungen im Grenzbereich zur Kinderpornographie betrafen – acht kinderpornographische Bilddateien auf der Festplatte seines privaten Computers. Diese Dateien zeigten zur sexuellen Stimulierung des entsprechend veranlagten Betrachters unbekleidete Mädchen und Jungen, die ersichtlich jünger als 14 Jahre alt waren, die sexuell missbraucht werden und in von außen veranlasster anreißerischer Pose vaginalen bzw. oralen Geschlechtsverkehr ausführen.
122Dem Beklagten war nach Betrachten der Bilder spätestens beim Abspeichern bewusst, dass es sich um kinderpornographisches Material handelte. Der Beklagte handelte vorsätzlich und schuldhaft.
123Die acht der Verurteilung zugrunde liegenden Bilddateien, die in der Strafakte auf den Seiten 53 und 54 als kinderpornographisch markiert sind, wurden am 3. Januar 2006 (vier Bilder), am 6. April 2006 (ein Bild), am 12. April 2007 (zwei Bilder) und am 8. Dezember 2007 (ein Bild) gespeichert. Das Verzeichnis der Dateien des Beklagten mit pornographischem Inhalt enthält u. a. einen Unterordner „LOL“ sowie einen Unterordner „Junge Girls“, in dem Bilder in Unterverzeichnissen abgelegt sind, die entsprechend dem angenommenen Alter der abgebildeten Kinder und Jugendlichen mit den Zahlen von 10 bis 17 bezeichnet sind. In diesem Unterverzeichnis befindet sich auch der Unterordner „10-Alina-blanke Pflaume_+“. Die in diesem Ordner gespeicherten Bilddateien befanden sich unter der im Tatbestand zitierten jeweiligen Bezeichnung der einzelnen Darstellung auf dem Computer des Beklagten.
124Die Feststellungen zum Zeitpunkt des Speicherns der acht Bilddateien beruhen auf dem Dateiverzeichnis der Datensicherungs-DVD in der oben genannten Strafakte (Az.: 2 Ds 41 Js 613/07 – 695/08), die Feststellungen zum Dateiverzeichnis des Beklagten auf der Inaugenscheinnahme der „Auflistung der Ordnerpfade“, die das Verwaltungsgericht als Beiakte zum Verfahren genommen hat. Die Bezeichnung einzelner Bilddateien aus dem Unterordner „10-Alina-blanke Pflaume_+“ ergibt sich aus dem Vermerk der Direktion Kriminalität KK31, IT-Ermittlungsunterstützung, vom 13. März 2008. Der Inhalt der betreffenden Dateien ist in dem Ausdruck derselben auf Bl. 55 und 56 der Strafakte niedergelegt.
125Durch das festgestellte Verhalten hat sich der Beklagte jedenfalls des Besitzes kinderpornographischer Schriften gemäß § 184b Abs. 4 Satz 2 StGB in der bis zum 4. November 2008 geltenden Fassung (a. F.) schuldig gemacht. Es spricht im Übrigen Einiges dafür, dass der Beklagte auch wegen des Sich-Verschaffens gemäß § 184b Abs. 4 Satz 1 StGB a. F. in mehreren Fällen, gegenüber dem der Besitz kinderpornographischer Schriften subsidiär ist,
126vgl. BGH, Beschluss vom 03.09.2015 – 1 StR 255/15 –, juris Rn. 10,
127hätte verurteilt werden können. Diese Frage der strafrechtlichen Bewertung kann jedoch auf sich beruhen, da sie für den disziplinarrechtlichen Vorwurf nicht entscheidend ist.
128II. Der Beklagte hat durch den Besitz acht kinderpornographischer Bilddateien auf der Festplatte seines Computers ein schwerwiegendes einheitliches außerdienstliches Dienstvergehen begangen. Sein Verhalten war in besonderem Maße geeignet, Achtung und Vertrauen in einer für sein Amt oder das Ansehen des öffentlichen Dienstes bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Als noch im Dienst befindlicher Beamter hätte er aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden müssen. Daher ist ihm das Ruhegehalt abzuerkennen.
129Der Beklagte hat durch den Besitz von acht kinderpornographischen Schriften die ihm obliegende Dienstpflicht verletzt, durch sein Verhalten außerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Beruf erfordert (§ 83 Abs. 1 Sätze 1 und 2 i. V. m. § 57 LBG NRW a. F.). Maßgeblich ist dabei die Rechtslage zum Tatzeitpunkt, weil sich aus dem Inkrafttreten des Beamtenstatusgesetzes vom 17. Juni 2008 am 1. April 2009 kein materiellrechtlich günstigeres Recht ergibt.
130Vgl. BVerwG, Urteile vom 25.03.2010 – 2 C 83.08 –, juris Rn. 17, und vom 19.08.2010 – 2 C 5.10 –, juris Rn. 8; OVG NRW, Urteil vom 07.03.2012 – 3d A 317/11.O –, juris Rn. 39, m. w. N.
131Der Beklagte hat das Dienstvergehen außerdienstlich begangen, weil sein pflichtwidriges Verhalten nicht in sein Amt und in die damit verbundene dienstliche Tätigkeit eingebunden war.
132Vgl. BVerwG, Urteil vom 25.08.2009 – 1 D1.08 –, juris Rn. 54.
133Er hatte die einschlägigen Dateien ausschließlich auf seinem privaten Computer abgespeichert. Sein außerdienstliches Fehlverhalten erfüllt jedoch die besonders qualifizierenden Voraussetzungen des § 83 Abs. 1 Satz 1 LBG NRW a. F. Das Verhalten eines Beamten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die sein Beruf erfordert (§ 83 Abs. 1 Sätze 1 und 2 i. V. m. § 57 LBG NRW a. F.). Gegen diese Pflicht verstößt ein Beamter, wenn er vorsätzlich kinderpornographische Schriften im Sinne von § 11 Abs. 3 StGB besitzt.
134Vgl. BVerwG, Urteil vom 19.08.2010 – 2 C 13.10 –, juris Rn. 16 f., und Beschluss vom 26.06.2012 – 2 B 28.12 –, juris Rn. 8 ff.
135Dadurch hat er außerhalb des Dienstes ein Verhalten gezeigt, das nach den Umständen des Einzelfalles in besonderem Maße geeignet ist, Achtung und Vertrauen in einer für sein Amt oder das Ansehen des Beamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.
136Zwar wird von einem Beamten außerdienstlich kein wesentlich anderes Sozialverhalten erwartet als von jedem Bürger. Hier übersteigt jedoch das Fehlverhalten des Beamten das einer jeden außerdienstlichen Pflichtverletzung innewohnende Mindestmaß an disziplinarischer Relevanz deutlich und erfüllt damit die besonderen Anforderungen an ein Dienstvergehen im Sinne von § 83 Abs. 1 Satz 1 LBG NRW a. F. Maßgebend hierfür ist die Eignung des Fehlverhaltens, das Vertrauen in besonderem Maße zu beeinträchtigen. Die mögliche Beeinträchtigung muss sich entweder auf das Amt des Beamten im statusrechtlichen Sinne oder auf das Ansehen des Berufsbeamtentums als Sachwalter einer stabilen und gesetzestreuen Verwaltung beziehen.
137Vgl. BVerwG, Urteil vom 18.06.2015 – 2 C 9.14 –, juris Rn. 11 f. und 16 ff.
138Dies zugrunde gelegt, ist der außerdienstlich begangene Besitz kinderpornographischer Schriften als Dienstvergehen des Beklagten zu bewerten, weil diese Straftat in besonderem Maße geeignet ist, das in ihn gesetzte Vertrauen in einer für sein Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen,
139Bei Lehrern weist der außerdienstliche Besitz kinderpornographischen Materials stets einen dienstlichen Bezug auf. Denn ein derartiges Verhalten gibt begründeten Anlass zu Zweifeln an der Eignung für den Lehrerberuf. Ein Lehrer, der sich wegen eines solchen Verhaltens strafbar gemacht hat, bietet keine Gewähr dafür, dass er die ihm obliegenden Erziehungsaufgaben mit der erforderlichen Autorität erfüllen kann.
140Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 19.03.2013 – 2 B 17.12 –, juris Rn. 7 und vom 25.05.2012 – 2 B 133.11 –, juris Rn. 11.
141Im Übrigen wäre, selbst wenn kein Dienstbezug bestünde, mit Rücksicht auf den Strafrahmen ein hinreichendes Maß der disziplinarrechtlich relevanten Ansehensschädigung gegeben. Die Disziplinarwürdigkeit eines erstmaligen außerdienstlichen Verhaltens eines Beamten im Sinne von § 83 Abs. 1 Satz 1 LBG NRW a. F. ist regelmäßig anzunehmen, wenn das außerdienstliche Verhalten im Strafgesetzbuch als Vergehen mit einer Freiheitsstrafe im mittleren Bereich belegt ist. Durch das Gesetz zur Änderung der Vorschriften über die Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung und zur Änderung anderer Vorschriften vom 27. Dezember 2003 (BGBl I S. 3007) hat der Gesetzgeber den Strafrahmen für den Besitz kinderpornographischer Schriften von einem auf zwei Jahre Freiheitsstrafe erhöht. Gemessen an den Kriterien des Strafgesetzbuches handelt es sich um eine Strafandrohung im mittleren Bereich.
142Vgl. BVerwG, Urteil vom 19.08.2010 – 2 C 13.10 –, juris Rn. 17f.
143III. Das vom Beklagten begangene Dienstvergehen führt nach einer Gesamtwürdigung sämtlicher zu berücksichtigender Gesichtspunkte zur Aberkennung des Ruhegehalts.
144Die Auswahl der im Einzelfall erforderlichen Disziplinarmaßnahme richtet sich gemäß § 13 Abs. 2 Sätze 1 bis 3, Abs. 3 Satz 1 LDG NRW nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung. Dazu sind die genannten Bemessungskriterien mit dem ihnen im Einzelfall zukommenden Gewicht zu ermitteln und in die Entscheidung einzustellen, um dem im Disziplinarverfahren geltenden Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Übermaßverbot) zu genügen. Die Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen.
145Vgl. BVerwG, Urteil vom 25.07.2013 – 2 C 63.11 –, juris Rn. 13 (zu § 13 BDG), OVG NRW, Urteil vom 21.05.2014 – 3d A 1614/11.O –, juris Rn. 41.
146Hat ein Beamter durch ein Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren, ist er aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen (§ 13 Abs. 3 Satz 1 LDG NRW). Der endgültige Verlust des Vertrauens ist anzunehmen, wenn aufgrund der prognostischen Gesamtwürdigung auf der Grundlage aller im Einzelfall bedeutsamen be- und entlastenden Gesichtspunkte der Schluss gezogen werden muss, der Beamte werde auch künftig in erheblicher Weise gegen Dienstpflichten verstoßen oder die durch sein Fehlverhalten herbeigeführte Schädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums sei bei einer Fortsetzung des Beamtenverhältnisses nicht wiedergutzumachen.
147Vgl. BVerwG, Beschluss vom 05.07.2010 – 2 B 121.09 –, juris Rn. 5.
148Das Ruhegehalt ist abzuerkennen, wenn der Beamte als noch im Dienst befindlicher Beamter aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen (§ 13 Abs. 3 Satz 2 LDG NRW). So liegt der Fall hier. Denn der Beklagte hat durch das Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren (§ 13 Abs. 3 Satz 1 LDG NRW).
1491. Für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme ist die Schwere des Dienstvergehens richtungweisend. Die Schwere beurteilt sich nach objektiven Handlungsmerkmalen wie Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzungen, den besonderen Umständen der Tatbegehung sowie Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens, nach subjektiven Handlungsmerkmalen wie Form und Gewicht des Verschuldens des Beamten, den Beweggründen für sein Verhalten sowie nach den unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte. Das Dienstvergehen ist nach der festgestellten Schwere einer der im Katalog des § 5 LDG NRW aufgeführten Disziplinarmaßnahmen zuzuordnen. Gemäß § 13 Abs. 3 Satz 1 LDG NRW ist aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, wer durch ein Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Ob dies der Fall ist, ist anhand der oben genannten Kriterien zu beurteilen.
150Davon ausgehend kommt es darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Maßnahme geboten ist.
151Vgl. BVerwG, Urteil vom 28.07.2011 – 2 C 16.10 –, juris Rn. 29.
152Das festgestellte (außerdienstliche) Dienstvergehen – Besitz kinderpornographischer Schriften – wiegt generell sehr schwer. Der Straftatbestand schützt die ungestörte sexuelle Entwicklung von Kindern. Denn auch derjenige, der sich kinderpornographische Materialien beschafft und besitzt, trägt dazu bei, dass Kinder sexuell missbraucht werden. Nur weil diese Produkte „konsumiert“ werden, besteht ein Anreiz für Hersteller und Vertreiber, diese auf den „Markt“ zu bringen und zu diesem Zweck Kinder zu missbrauchen oder missbrauchen zu lassen. Im Hinblick auf den mit der Herstellung solcher Materialien verbundenen Kindesmissbrauch trifft den Verbraucher eine starke mittelbare Verantwortlichkeit.
153Vgl. RegE BT-Drs. 12/3001, S. 5.
154Der sexuelle Missbrauch eines Kindes ist in hohem Maße persönlichkeits- und sozialschädlich. Er greift in die sittliche Entwicklung eines jungen Menschen ein und gefährdet die harmonische Bildung seiner Gesamtpersönlichkeit sowie seine Einordnung in die Gemeinschaft, weil ein Kind wegen seiner fehlenden oder noch nicht hinreichenden Reife intellektuell und gefühlsmäßig das Erlebte in der Regel gar nicht oder nur schwer verarbeiten kann. Zudem degradiert der Täter die sexuell missbrauchten kindlichen Opfer zum bloßen auswechselbaren Objekt geschlechtlicher Begierde oder Erregung.
155Vgl. BVerwG, Urteile vom 19.08.2010 – 2 C 5.10 –, juris Rn. 16, und vom 06.07.2000 – 2 WD 9.00 –, juris Rn. 10.
156Der mit § 184b Abs. 4 StGB verfolgte Schutzzweck, die „Märkte“ für kinderpornographische Materialien einzudämmen, um so Kinder vor sexuellen Übergriffen zu bewahren und ihre ungestörte sexuelle Entwicklung zu gewährleisten, ist ein Anliegen, das von der Allgemeinheit, jedenfalls einer überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung – trotz „Liberalisierung“ der gesellschaftlichen Anschauungen auf sexuellem Gebiet – nach wie vor besonders ernst genommen wird. Verstöße gegen die einschlägigen strafrechtlichen Schutzbestimmungen setzen den Täter in hohem Maße der Missachtung aus. Deshalb führt die Verurteilung eines Beamten wegen des Besitzes kinderpornographischen Materials in der Vorstellungswelt eines vorurteilsfrei wertenden Betrachters zu einer erheblichen Ansehensbeeinträchtigung des Beamten, wenn nicht zu einem völligen Ansehensverlust.
157In besonderem Maße gilt dies für Lehrer, denen als dienstliche Aufgabe die Erziehung von Kindern und Jugendlichen anvertraut ist. Mit Rücksicht auf die Variationsbreite der Begehungsformen ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine Regeleinstufung für den Besitz kinderpornographischer Schriften allerdings auch dann nicht angezeigt, wenn das strafbare Verhalten einen Bezug zu den dienstlichen Pflichten des Beamten aufweist.
158Vgl. BVerwG, Urteile vom 19.08.2010 – 2 C 5.10 –, juris Rn. 22, und vom 18.06.2015 – 2 C 9.14 –, juris Rn. 30 und – 2 C 25.14 –, juris Rn. 31.
159Vielmehr ist von einem Orientierungsrahmen auszugehen. Die Ausschöpfung des maßgeblich in Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung gebildeten Orientierungsrahmens (a) kommt grundsätzlich nur in Betracht, wenn dies auch dem Schweregehalt des vom Beamten konkret begangenen Dienstvergehens (b) entspricht. Ein wie auch immer gearteter Schematismus verbietet sich hierbei.
160Vgl. BVerwG, Urteil vom 18.06.2015 – 2 C 25.14 –, juris Rn. 37, m. w. N.
161a) Zur Bestimmung der disziplinaren Maßnahme ist bei einem außerdienstlichen Dienstvergehen, das ein strafbares Verhalten zum Gegenstand hat, in einer ersten Stufe auf den Strafrahmen zurückzugreifen, weil der Gesetzgeber mit der Strafandrohung seine Einschätzung zum Unwert eines Verhaltens zum Ausdruck gebracht hat.
162Vgl. BVerwG, Urteil vom 10.12.2015 – 2 C 50.13 –, juris Rn. 15.
163Der Besitz kinderpornographischer Schriften ist eine schwerwiegende Straftat. Dies zeigt schon die Strafandrohung – Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren – die der Gesetzgeber seit 2004 – in Verschärfung der zuvor geltenden Strafandrohung in § 184 Abs. 5 StGB a. F. – in § 184b Abs. 4 Satz 1 und 2 StGB für den hier in Rede stehenden Tatzeitraum ausgesprochen hat.
164Bezogen auf den bis zum 26. Januar 2015 geltenden Strafrahmen des § 184b Abs. 4 StGB von bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe ist für die Maßnahmebemessung grundsätzlich auf einen Orientierungsrahmen bis zur Zurückstufung abzustellen, wenn das (außerdienstliche) Dienstvergehen keinen Bezug zu den dienstlichen Aufgaben des Beamten aufweist.
165Vgl. BVerwG, Urteile vom 10.12.2015 – 2 C 50.13 –, juris Rn. 16, vom 18.06.2015 – 2 C 9.14 –, juris Rn. 32, und vom 19.08.2010 – 2 C 13.10 –, juris Rn. 26, sowie Beschluss vom 25.05.2012 – 2 B 133.11 –, juris Rn. 10.
166Weist ein Dienstvergehen demgegenüber einen solchen Bezug zu den dienstlichen Aufgaben des Beamten auf, reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme bei mittelschweren Straftaten, für die die Strafgesetze eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren vorsehen, bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis.
167Vgl. BVerwG, Urteile vom 10.12.2015 – 2 C 6.14 –, juris Rn. 18, und vom 18.06.2015 – 2 C 9.14 –, juris Rn. 33, sowie Beschluss vom 08.06.2017 – 2 B 5.17 –, juris Rn. 10.
168Bei Lehrern, die sich wegen außerdienstlichen Besitzes kinderpornographischer Schriften strafbar gemacht haben, ist dies angesichts der besonderen Dienstpflichten dieser Beamten der Fall.
169Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 08.06.2017 – 2 B 5.17 –, juris Rn. 10, vom 19.03.2013 – 2 B 17.12 –, juris Rn. 4, und vom 25.05.2012 – 2 B 133.11 –, juris Rn. 10, sowie Urteile vom 19.08.2010 – 2 C 5.10 –, juris Rn. 24, und vom 10.12.2015 – 2 C 6.14 –, juris Rn. 18.
170Ein Lehrer, der sich nach § 184b Abs. 4 StGB strafbar gemacht hat, verstößt gegen seine Pflicht, als Lehrer im Rahmen seines Erziehungsauftrags insbesondere die geistige und sittliche Entwicklung der ihm anvertrauten Kinder und Jugendlichen fördern und schützen.
171b) Zur Bestimmung der Schwere des im Einzelfall begangenen Dienstvergehens kann bei einer außerdienstlich begangenen Straftat auf einer zweiten Stufe indiziell auf die von den Strafgerichten ausgesprochene Sanktion zurückgegriffen werden. Dies folgt zunächst aus § 24 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG, der direkt und ausschließlich an den Strafausspruch der Strafgerichte anknüpft. Unterhalb der in dieser Vorschrift genannten Schwelle kommt der strafgerichtlichen Aburteilung zwar keine unmittelbare Verbindlichkeit für die disziplinarrechtliche Beurteilung zu. Auch bei weniger gravierenden Verurteilungen kann der Ausspruch der Strafverfolgungsorgane aber als Indiz für die Schwere einer außerdienstlich begangenen Straftat und für Abstufungen innerhalb des Orientierungsrahmens herangezogen werden. Unbeschadet der unterschiedlichen Zwecke von Straf- und Diszi-plinarrecht kommt in dem Strafausspruch die Schwere und Vorwerfbarkeit der begangenen Handlung zum Ausdruck. Sie ist auch für die disziplinarrechtliche Beurteilung von maßgeblicher Bedeutung. Ist von den Strafgerichten nur auf eine Geldstrafe erkannt oder das Strafverfahren eingestellt worden und sind die Strafverfolgungsorgane nicht von einer besonderen Schwere der individuellen Schuld ausgegangen, bedarf der Ausspruch einer statusberührenden Disziplinarmaßnahme einer besonderen Begründung der Disziplinargerichte zur Schwere der Verfehlung. Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis kommt hier nur ausnahmsweise und bei Vorliegen disziplinarrechtlich bedeutsamer Umstände in Betracht. Außerdem dürfen für den Beamten keine entlastenden Umstände von erheblichem Gewicht sprechen.
172Vgl. BVerwG, Urteile vom 18.06.2015 – 2 C 9.14 –, juris Rn. 37 f. und – 2 C 25.14 –, juris Rn. 39, Beschluss vom 16.03.2017 – 2 B 42.16 –, juris Rn. 30.
173In seinem Zurückverweisungsbeschluss vom 28. Februar 2017 – 2 B 85.16 – hat das Bundesverwaltungsgericht ferner deutlich gemacht, dass die konkrete Tatbegehung einen von mehreren disziplinarrechtlich bedeutsamen Umständen darstellt, die es auch in Fällen, in denen durch Strafgerichte das Verfahren eingestellt wurde oder eine Geldstrafe verhängt wurde, die Verhängung der Höchstmaßnahme rechtfertigen können. Das folgt aus der Formulierung, dass „diese“, nämlich die disziplinarrechtlich bedeutsamen Umstände, “sich vorliegend jedenfalls nicht aus den Umständen der Tatbegehung ergeben [dürften]“ (Hervorhebung durch den Senat). Solche Tatumstände können die Höchstmaßnahme rechtfertigen, wenn das pflichtwidrige Verhalten aufgrund dessen, insbesondere also Anzahl, Art und Inhalt der Darstellungen, als besonders verwerflich einzustufen ist.
174Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 25.05.2012 – 2 B 133.11 –, juris Rn. 11, vom 19.03. 2013 – 2 B 17.12 –, juris Rn. 5, und vom 16.03.2017 – 2 B 42.16 –, juris Rn.12; vgl. ferner betreffend Polizeibeamte: Urteil vom 18.06.2015 – 2 C 9.14 –, juris Rn. 36.
175Dies zugrunde gelegt, kommt im Streitfall aus mehreren Gründen eine Ausschöpfung des Orientierungsrahmens bis zur Höchstmaßnahme in Betracht, obwohl vom Strafgericht lediglich auf eine Geldstrafe erkannt worden ist.
176Zu berücksichtigen ist zunächst, dass die Verhängung „nur“ einer Geldstrafe im Streitfall jedenfalls nicht als Indiz für die Einschätzung des Strafgerichts gewertet werden kann, es handle sich um eine Straftat, deren Schweregrad als gering einzustufen ist. Das verdeutlichen die Strafzumessungserwägungen des Amtsgerichts E. in seinem Urteil vom 22. Dezember 2008:
177„V.§ 184 b IV StGB sieht als Strafe eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe vor. Für den Angeklagten sprach, dass er noch keine Vorstrafen hatte und teilweise geständig war. Besitz ist zudem milder zu bestrafen als eine Verbreitung der Schriften, die dem Angeklagten hier nicht nachgewiesen werden konnte. Gegen den Angeklagten sprach, dass er in seinem Beruf eine Vorbildfunktion inne hat und ihm eine besondere Fürsorgepflicht obliegt. Er ist tatsächlich mit Kindern dieses Alters zusammen, die ihm anvertraut sind. Das Vertrauen der Kinder und Eltern in sein Verantwortungsgefühl hat er durch diese Tat enttäuscht. Unter Abwägung aller Umstände wurde vorliegend eine Geldstrafe von 50 Tagessätzen als erforderlich und angemessen angesehen. Die Höhe eines Tagessatzes wurde nach dem Einkommen des Angeklagten von derzeit 3.500,– Euro netto unter Berücksichtigung seiner Unterhaltsverpflichtungen gegenüber dem Sohn und der Ehefrau auf 80,- Euro festgesetzt.“
178Damit hat das Strafgericht deutlich gemacht, warum es – entgegen dem auf Freispruch oder hilfsweise Entscheidung gemäß § 59 StGB gerichteten Antrag des Verteidigers des Beklagten – trotz der „nur“ acht eindeutig kinderpornographischen Bilder den Kläger zu immerhin 50 Tagessätzen verurteilt und nicht lediglich eine Verwarnung ausgesprochen hat.
179Unabhängig davon wiegt das Dienstvergehen des Beklagten aufgrund disziplinarrechtlich bedeutsamer Gesichtspunkte so schwer, dass die Höchstmaßnahme ungeachtet dessen angezeigt ist, dass das Strafgericht „nur“ eine Geldstrafe verhängt hat. Das folgt bereits eigenständig tragend aus dem besonders engen Dienstbezug, der bei außerdienstlichem Besitz kinderpornographischer Schriften, dessen sich der Beklagte als Lehrer strafbar gemacht hat, vorliegt.
180Wer kinderpornographische Schriften besitzt, trägt durch seine Nachfrage nach solchen Darstellungen zum sexuellen Missbrauch von Kindern und damit zum Verstoß gegen ihre Menschenwürde und körperliche Unversehrtheit bei. Ein Lehrer ist gemäß § 57 Abs. 1 SchulG NRW nach dem umfassenden Bildungsauftrag der Schule (§ 2 SchulG NRW) nicht nur verpflichtet, Wissen zu vermitteln, sondern auch, die Kinder und Jugendlichen zu erziehen. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SchulG NRW fördert die Schule u. a. die Achtung vor der Würde des Menschen als vornehmstes Ziel der Erziehung. Die Schülerinnen und Schüler sollen gemäß § 2 Abs. 4 Satz 3 SchulG NRW befähigt werden, verantwortlich am sozialen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, beruflichen, kulturellen und politischen Leben teilzunehmen und ihr eigenes Leben zu gestalten. Entsprechend haben Lehrer die geistige und sittliche Entwicklung der ihm anvertrauten Kinder und Jugendlichen fördern und schützen. Mit dem Besitz kinderpornographischen Materials handelt eine Lehrkraft dem Lehr- und Erziehungsauftrag diametral zuwider. Deshalb ist dieses außerdienstliche Fehlverhalten in besonderem Maße geeignet, Achtung und Vertrauen in einer für das Amt eines Lehrers oder das Ansehen des öffentlichen Dienstes schwerwiegenden Weise zu beeinträchtigen. Es ist mit dem Bildungsauftrag der Schule unvereinbar und lässt dessen Erfüllung durch den Beamten grundlegend zweifelhaft erscheinen.
181Vgl. BVerwG, Urteil vom 19.08.2010 – 2 C 5.10 –, juris Rn. 16 f.
182Außerdem bietet ein Lehrer, der kinderpornographische Schriften besitzt, keine Gewähr, dass er die ihm obliegenden Erziehungsaufgaben mit der erforderlichen Autorität erfüllen kann.
183Vgl. BVerwG, Beschluss vom 25.05.2012 – 2 B 133.11 –, juris Rn. 11.
184Der Beklagte hat durch den Besitz kinderpornographischer Schriften besonders schwerwiegend gegen für sein Amt herausragend bedeutsame Dienstpflichten verstoßen. Damit hat er ein Dienstvergehen begangen, dem unabhängig davon, dass gegen ihn „lediglich“ eine Geldstrafe verhängt wurde, grundsätzlich die disziplinarische Ahnung mit der Höchstmaßnahme gebührt.
185Diese Maßnahme ist hier auch mit Rücksicht darauf angezeigt, dass der Beklagte, als er das Dienstvergehen begangen hat, seit August 1998 eine leitende, mit Vorgesetztenfunktionen einhergehende Tätigkeit innehatte, und dass er ab Juli 1999 als Oberstudiendirektor ein statusrechtliches Amt bekleidete, dem eine herausgehobene Stellung innerhalb der Beamtenschaft zukommt. Der Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts geht davon aus, dass ein Soldat umso mehr Achtung und Vertrauen genießt, je höher er in den Dienstgradgruppen steigt, und dass damit auch die an seine Zuverlässigkeit, sein Pflichtgefühl und sein Verantwortungsbewusstsein zu stellenden Anforderungen steigen, so dass Pflichtverletzungen umso schwerer wiegen.
186Vgl. BVerwG vom 08.11.2001 – 2 WD 29.01 –, juris Rn. 17f., und vom 11.02.2003 – 2 WD 35.02 –, juris Rn. 20.
187Diese Grundsätze lassen sich hier zwar nicht unmittelbar anwenden, weil eine signifikante Einteilung der Beamten – vergleichbar der Unterscheidung von Mannschaftsgraden und Mitgliedern des Offizierskorps – nicht möglich ist. Der Gesichtspunkt, dass Amtsträger, denen Vorgesetzteneigenschaft zukommt oder die sonst eine leitende Stellung innehaben, einem gesteigerten Anforderungsprofil unterliegen, beansprucht jedoch auch im Beamtenrecht Geltung.
188Vgl. Bay. VGH, Urteil vom 02.12.2009 – 16a D 08.509 –, juris Rn. 103.
189Allerdings ist die Bandbreite möglicher Leitungsfunktionen so groß – sie reicht von Führungspositionen in obersten Dienstbehörden des Staates bis zu im Aufgabenbereich weniger anspruchsvoll zugeschnittenen Dienstposten –, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eine Differenzierung gebietet. Besondere Bedeutung kommt deshalb der Frage zu, inwieweit die Leitungsfunktion im konkreten Fall zu einer herausgehobenen Position des Beamten führt.
190Vgl. Bay. VGH, Urteil vom 02.12.2009 – 16a D 08.509 –, juris Rn. 104.
191Das ist beim Beklagten sowohl mit Blick auf den Dienstposten eines Schulleiters eines voll ausgebauten Gymnasiums mit mehr als 360 Schülern, den er seit dem August 1998 innehatte, als auch im Hinblick auf das zuletzt bekleidete statusrechtliche Amt eines Oberstudiendirektors zu bejahen. Um ein solches Amt angemessen ausfüllen zu können, genügt nicht eine besondere fachliche Qualifikation. Vielmehr werden auch an die charakterliche Integrität hohe Anforderungen gestellt. Das gilt umso mehr, als Schulleitern eines Gymnasiums zugleich die Funktion von Vorgesetzten zukommt. Entsprechend sind im Rahmen der dienstlichen Beurteilung unter dem Gesichtspunkt „dienstliches Verhalten“ u. a. folgende Aspekte entscheidend:
192„Verantwortungsbewusstsein, Pflichterfüllung, Fähigkeiten zur Leitung einer Schule (z. B. Menschenführung, Organisation – und Koordinationsvermögen, Initiative, Verantwortungsbewusstsein, Umgang und Zusammenarbeit mit Vorgesetzten, Kolleginnen bzw. Kollegen, Eltern, Elternvertretern, mit dem Schulträger, gegebenenfalls Betrieben und anderen Stellen, Vertretung der Schule nach außen)“
193Gemäß § 59 SchulG NRW in der Fassung vom 1. August 2005 obliegt der Schulleitung die Vertretung nach außen (Abs. 2 Satz 1). Die Schulleitung ist verantwortlich für die Erfüllung des Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule (Abs. 2 Satz 2). Sie kann in Erfüllung dieser Aufgaben als Vorgesetzter allen an der Schule tätigen Personen Weisungen erteilen und nimmt das Hausrecht wahr (Abs. 2 Satz 3). Zu den Aufgaben der Schulleitung gehören insbesondere u. a. die Personalführung und Personalentwicklung (Abs. 3). Im Rahmen der übertragenen Zuständigkeiten wirkt die Schulleitung in Personalangelegenheiten mit und trifft selbst Personalentscheidungen, soweit ihr diese Befugnis übertragen sind (Abs. 4). Dieses – vom Beklagten in seiner abschließenden Stellungnahme vor dem Senat angedeutete – Aufgabenprofil verdeutlicht, dass ein Schulleiter eine Schlüsselposition auch insofern innehat, als er als Bindeglied zwischen dem Kollegium und der Schülerschaft einerseits und der Schulverwaltung andererseits fungiert. Eine ähnliche Rolle hat er im Verhältnis zur Öffentlichkeit, der gegenüber er die von ihm geleitete Schule repräsentiert und als Kontaktperson maßgeblich in Erscheinung tritt. Um sämtliche ihm obliegenden Aufgaben erfolgreich wahrnehmen zu können, ist ein Schulleiter in erheblichem Umfang auf persönliche Autorität angewiesen, die wesentlich u. a. aus seiner persönlichen Lauterkeit und Vorbildwirkung folgt. Eine Verletzung der jedem Lehrer obliegenden Kernpflichten ist bei einem Schulleiter zusätzlich aufgrund seiner herausgehobenen Funktion von erheblicher disziplinarrechtlicher Bedeutung.
194Disziplinarrechtlich bedeutsame Gesichtspunkte ergeben sich im Übrigen auch aus Folgendem:
195Die acht Bilder, die Gegenstand der Disziplinarklage sind, zeigen in zwei Fällen vaginalen Geschlechtsverkehr, bei dem eine männliche Person vollständig bzw. weitgehend in das betroffene Mädchen eindringt, ferner eine männliche Person, die im Begriff ist, ein Mädchen zu penetrieren und in einem weiteren Fall eine erwachsene Frau, die ein Mädchen zum oralen Geschlechtsverkehr durch physische Einwirkung bestimmt, wobei es sich bei dem weiteren Opfer wahrscheinlich um einen Jugendlichen handelt. Ein weiteres Bild zeigt drei unbekleidete Personen. Auf der Brust eines auf dem Rücken liegenden Kindes sitzt eine männliche Person, die das eigene Geschlecht in den Mund des Kindes eingeführt hat. Hinter dem Sitzenden hockt die dritte Person, die von dessen Rücken weitgehend verdeckt ist und ihren Kopf auf der Höhe des Geschlechtsorgans des liegenden Kindes hat. Ob und auf welche Weise an dem Geschlecht des liegenden Kindes, das sich nicht bewegen kann, sexuelle Handlungen vorgenommen werden, ist nicht zu erkennen.
196Der Hinweis des Bundesverwaltungsgerichts, nach Anzahl, Art und Inhalt der abgeurteilten Bilddateien, dem Alter der betroffenen Kinder und der Form des abgebildeten Missbrauchs dürften die vom Beklagten begangenen Taten im deutlich unteren Bereich der möglichen Begehungsformen einer Straftat nach § 184b Abs. 4 StGB a. F. liegen,
197vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.02.2017 – 2 B 85.16 –, juris Rn. 11,
198betrifft eine dem Tatsachengericht vorbehaltene sachliche Würdigung. Ungeachtet dessen binden diese Erwägungen nicht, weil sie nicht tragend für die Zurückverweisung gewesen sind.
199Das Gericht ordnet nach eigener Würdigung den Besitz der acht kinderpornographischen Bilddateien, die der Beklagte auf seinem Computer gespeichert hatte, wegen des Inhalts des dargestellten Missbrauchs jedenfalls dem mittleren Bereich im Spektrum kinderpornographischer Darstellungen zu. Gerade die Form des abgebildeten Missbrauchs, der sämtlich in der vollendeten bzw. beginnenden Penetration der Vagina einerseits und des Mundes der missbrauchten Kinder andererseits besteht, stellt einen schweren Eingriff in die körperliche Integrität der Opfer dar. Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs führt zur Bedeutung des Eindringens des Geschlechtsglieds in den Körper des Opfers – soweit es für den vorliegenden Fall erheblich ist – Folgendes aus:
200„Der Begriff „Eindringen in den Körper” in § 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB umschreibt besonders nachhaltige Begehungsweisen und stellt sie unter erhöhte Strafdrohung (Senat, Urteil vom 16. Juni 1999 - 2 StR 28/99, BGHSt 45, 131, 132). […] Nach der Begründung des Gesetzentwurfs sollte dieses qualifizierende Merkmal im Wesentlichen dem durch das 33. StrÄndG vom 1. Juli 1997 (BGBl. I S. 1607) in § 177 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB (heute § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB) eingeführten Regelbeispiel eines besonders schweren Falls der Vergewaltigung nachgebildet werden (BT-Drucks. 13/8587, S. 31 f.). Hiernach sollte „vor allem das Eindringen des Geschlechtsgliedes in den Körper als orale oder anale Penetration erfasst” werden (BT-Drucks. 13/2463, S. 7 und BT-Drucks. 13/7324, S. 6; BGH, Beschluss vom 14. September 1999 - 4 StR 381/99, NStZ 2000, 27). […] Anders als das Regelbeispiel des § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB stellt § 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB nicht auf die besondere Erniedrigung des Opfers ab, sondern allein auf das Eindringen in den Körper, welches - soweit beischlafähnlich - als schwerwiegende Beeinträchtigung der körperlichen Integrität anzusehen ist (Senat, Beschluss vom 19. Dezember 2008- 2 StR 282/08, BGHSt 53, 118, 120). “
201Vgl. BGH, Urteil vom 09.07.2014 – 2 StR13/14 –, juris Rn. 25 bis 27.
202Eine für den Beklagten günstigere Einschätzung ergibt sich auch nicht im Hinblick auf das Alter der abgebildeten Opfer. Es handelt sich zwar offensichtlich nicht um Kleinkinder, sondern um Mädchen und einen Jungen im Alter von 10 bis 13 Jahren. Davon ist auch der Beklagte ausgegangen, wie die Benennung von Unterordnern mit „11“, „12_13–Ficken“ zeigen. Dass der Beklagte als Lehrer und Schulleiter einer weiterführenden Schule kinderpornographische Darstellungen von Opfern, die von ihrem Alter aus gesehen ihm als Schülerinnen und Schüler anvertraut gewesen sind, besessen hat, verleiht dem Besitz solcher Bilder ein disziplinarrechtlich besonders bedeutsames Gewicht. Darauf hat im Übrigen auch das Strafgericht bei seiner Strafzumessung abgestellt.
203Die Schwere des Vergehens wird auch nicht dadurch gemindert, dass es sich nur um acht Bilddateien gehandelt hat, wegen derer der Beklagte verurteilt worden ist. Zunächst handelt es sich bei acht Dateien nicht von vorneherein um eine unerhebliche Anzahl. Diese Dateien hat der Beklagte auch nicht nur bei einer Gelegenheit gewissermaßen „versehentlich“ heruntergeladen, sondern über einen Zeitraum von über einem Jahr gesammelt und in entsprechend bezeichneten Dateiordnern sorgfältig abgelegt. Insoweit spricht auch der Zeitraum von mehr als einem Jahr, in dem der Beklagte die Dateien auf seinem Computer gespeichert hatte, für eine besondere Schwere seines Fehlverhaltens. Dass die acht Dateien mit kinderpornographischem Inhalt lediglich einen Bruchteil der insgesamt ca. 15.000 Dateien pornographischen bzw. erotischen Inhalts ausmachten, kann die Schwere der Verfehlung des Beklagten nicht relativieren.
2042. Ist demzufolge die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bzw. beim Beklagten als Ruhestandsbeamten die Aberkennung des Ruhegehalts Ausgangspunkt der Maßnahmebemessung, so kommt es für die Bestimmung der im konkreten Einzelfall zu verhängenden Disziplinarmaßnahme darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild des Beklagten und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung nach § 13 Abs. 2 Sätze 2 und 3 LDG NRW derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere indizierte Maßnahme geboten ist.
205Vgl. BVerwG, Urteil vom 25.07.2013 – 2 C 63.11 –, juris Rn. 17 m. w. N., Beschluss vom 01.03.2012 – 2 B 140.11 –, juris Rn. 9.
206Damit wird zugleich der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Rechnung getragen, derzufolge eine Verhängung der Höchstmaßnahme bei Besitz kinderpornographischer Schriften auch im Fall von Lehrern nur in Betracht kommt, wenn für den Beamten keine entlastenden Umstände von erheblichem Gewicht sprechen.
207Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 25.05.2012 – 2 B 133.11 –, juris Rn. 11, vom 19.03.2013 – 2 B 17.12 –, juris Rn. 5, und vom 16.03.2017 – 2 B 42.16 –, juris Rn.12.
208Im Hinblick auf das Persönlichkeitsbild des Beklagten zu berücksichtigende Umstände liegen hier allenfalls insofern vor, als die Maßnahme zu verschärfen ist. Das führte im Übrigen auch dann schon selbstständig tragend zur Höchstmaßnahme, wenn man davon ausginge, dass im Hinblick auf einen am konkreten Strafmaß ausgerichteten Orientierungsrahmen eine unterhalb der Höchstmaßnahme liegende Maßnahme indiziert wäre.
209a) Das Bemessungskriterium „Persönlichkeitsbild des Beamten“ gemäß § 13 Abs. 2 Satz 2 LDG NRW erfasst dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges dienstliches Verhalten vor, bei und nach Tatbegehung. Es erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder ob es etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder psychischen Ausnahmesituation davon abweicht.
210Vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.12.2013 – 2 B 35.13 –, juris Rn. 6.
211Daher können bzw. müssen auch Feststellungen zu Verhaltensweisen des Beamten getroffen werden, die nicht Gegenstand des zur Last gelegten Dienstvergehens sind.
212Vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.06.2010 – 2 B 84.09 –, juris Rn. 14 [für § 13 Abs. 1 Satz 3 BDG].
213aa) Von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entwickelte persönlichkeitsbezogene Milderungsgründe, die zum Absehen von der Höchstmaßnahme führen können, liegen nicht vor.
214(1) Der Beklagte hat das Dienstvergehen insbesondere nicht im Zustand einer im Sinne des § 21 StGB erheblich verminderten Schuldfähigkeit begangen, was regelmäßig einer Entfernung aus dem Beamtenverhältnis entgegenstünde.
215Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 09.02.2016 – 2 B 84.14 –, juris Rn. 21, und vom 04.07.2013 – 2 B 76.12 –, juris Rn. 19.
216§ 21 StGB setzt voraus, dass die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 StGB bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert ist. Gründe in diesem Sinne sind eine krankhafte seelische Störung, eine tiefgreifende Bewusstseinsstörung, Schwachsinn oder eine schwere andere seelische Abartigkeit, die die Fähigkeit beeinträchtigen, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln. Beim Beklagten müsste daher zur Tatzeit eine solche Beeinträchtigung und damit ein Eingangsmerkmal i. S. v. § 20 StGB vorgelegen haben. Bereits das ist nicht der Fall. Es bestehen auch nach erfolgter Beweisaufnahme keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte im Tatzeitraum unter einer Störung in diesem Sinne gelitten hat.
217Unter krankhafte seelische Störungen fallen etwa endogene Psychosen, d. h. Störungen aus dem Formenkreis der Schizophrenie sowie bipolare Störungen mit oder ohne Wahn-Symptome, sowie exogene Psychosen und damit Störungen mit einer hirnorganischen Ursache, wie etwa Schädel-Hirn-Traumata, hirnorganische Krampfleiden, Hirnabbau infolge von Alkohol-, Drogen- oder Medikamentenabhängigkeit.
218Vgl. Fischer, Strafgesetzbuch, 65. Aufl. 2018, § 20 Rn. 9 ff.
219Nach dem vom Beklagten vorgelegten ärztlichen Befundbericht des ihn behandelnden Internisten und Psychotherapeuten Dr. G. vom 23. Juni 2009 litt er zum damaligen Zeitpunkt unter einer „mittelgradige[n] depressive[n] Episode (ICD-10 F 32.1) bei narzisstischen Persönlichkeitsanteilen als Reaktion auf berufliche Veränderung und Z. n. Lungenteilresektion wegen Lungenkarzinoids 2006 (pT2 pNO G1 RO MO)“. Diese Diagnose enthält keinen Hinweis auf eine psychotische Erkrankung im oben genannten Sinne.
220Das gilt auch für eine tiefgreifende Bewusstseinsstörung. Im Mittelpunkt der praktischen Anwendung dieses Eingangsmerkmals steht der nicht krankheitsbedingte Zustand eines hochgradigen Affekts. Daneben kommen Bewusstseinsstörungen durch Erschöpfung, Schlaf oder Schlaftrunkenheit in Betracht.
221Vgl. Fischer, Strafgesetzbuch, 65. Aufl. 2018, § 20 Rn. 28.
222Bei dem Beklagten könnte es allenfalls um eine schwere andere seelische Abartigkeit gehen. Darunter fallen seelische Fehlanlagen und Fehlentwicklungen, die zwar keine krankhaften seelischen Störungen im oben genannten Sinne darstellen, aber zu Veränderungen der Persönlichkeit führen. Diese müssen in ihrer Gesamtheit das Leben des Täters vergleichbar schwer und mit ähnlichen – auch sozialen – Folgen stören, belasten oder einengen wie krankhafte seelische Störungen. Dabei sind der Ausprägungsgrad der Störung und ihr Einfluss auf die soziale Anpassungsfähigkeit des Täters von Bedeutung. Für die Bewertung der Schwere der Störung ist im Allgemeinen maßgebend, ob es im Alltag außerhalb des Delikts zu Einschränkungen des sozialen Handlungsvermögens gekommen ist.
223Vgl. BGH, Beschluss vom 12.10.2017 – 5 StR 364/17 –, juris Rn. 9 m. w. N.
224Unter dieses Eingangsmerkmale fallen beispielsweise abhängige Persönlichkeitsstörungen (ICD-10, F 60.7), Anpassungsstörungen (ICD-10, F 43.2), etwa auch nach emotionaler Traumatisierung sowie narzisstische oder paranoide Persönlichkeitsstörungen.
225Vgl. Fischer, Strafgesetzbuch, 65. Aufl. 2018, § 20 Rn. 41.
226Eine Störung dieser Art ist bei dem Beklagten indes nicht festgestellt worden. Das gilt gerade auch für die Diagnosen des ihn behandelnden Dr. G. . Dieser ist in seiner Stellungnahme vom 25. April 2010 davon ausgegangen, dass sich der Beklagte zwischen den ersten Symptomen der Lungenerkrankung Ende April 2006 und der Diagnosestellung in einem „extrem hohen Anspannungszustand[es] bei Angst, an einer bösartigen Krankheit mit womöglich schnell zum Tode führendem Verlauf zu leiden,“ befunden habe. Diese Einschätzung hat Dr. G. aber nicht dazu veranlasst, bei dem Beklagten etwa eine paranoide Persönlichkeitsstörung oder eine Angststörung zu diagnostizieren und die bereits zitierte Diagnose in dem Befundbericht vom 23. Juni 2009 im Rahmen seiner Stellungnahme vom 25. April 2010 entsprechend zu korrigieren oder zu erweitern.
227Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass eine den Anforderungen eines Eingangsmerkmals genügende Störung wegen extremer Angst, an einer tödlichen Krankheit zu leiden, zu den Zeitpunkten des Herunterladens der Bilder auch aus tatsächlichen Gründen ausscheidet. Zwar hat der Beklagte im erstinstanzlichen Verfahren zunächst vorgetragen, dass er die erotischen Bilder im Internet an einem einzigen Wochenende Anfang Mai 2006 als Ablenkung betrachtet habe, nachdem er aufgrund blutigen Auswurfs beim Husten die Vermutung gehabt habe, an Lungenkrebs erkrankt zu sein bzw. nachdem bei ihm Lungenkrebs diagnostiziert worden sei. Diese Darstellung war aber falsch. Vielmehr waren fünf der acht Bilddateien, die der strafrechtlichen Verurteilung zugrunde lagen, vor den Symptomen, die nach der ärztlichen Stellungnahme des Dr. G. vom 25. April 2010 Ende April 2006 aufgetreten sind, heruntergeladen worden. Hierbei handelte es sich um vier Bilder am 3. Januar 2006 und ein Bild am 6. April 2006. An seiner früheren Darstellung hat der Beklagte im Berufungsverfahren auch nicht mehr festgehalten. Vielmehr führt er nunmehr aus, dass er angesichts des Inhalts der Strafakte angenommen habe, das fragliche Wochenende sei das Datum der Tatbegehung gewesen, da er sich konkret an die fraglichen Bilddateien und ihre Bedeutung nicht habe erinnern können. Es sei für ihn die einzige Erklärung gewesen, weil er keine Affinität zu kinderpornographischen Darstellungen habe. Sowohl er selbst als auch sein Anwalt hätten es dabei bewenden lassen und darauf verzichtet, die Bilddateien konkret und gesondert auszuwerten.
228Wurden demnach jedenfalls fünf der in Rede stehenden Bilddateien heruntergeladen, bevor der Beklagte auf der Grundlage seiner Angaben überhaupt nur den Verdacht einer Krebserkrankung hatte, kann eine krankhafte seelische Störung aufgrund von Angst vor einer tödlichen Krankheit zum damaligen Zeitpunkt nicht angenommen werden. Hinsichtlich der nach der Krebsdiagnose gespeicherten Bilder (zwei Bilder am 12. April 2007, ein Bild am 8. Dezember 2007) ist von einer extremen Angst oder Anspannung bereits deshalb nicht auszugehen, weil der Zeitpunkt des Herunterladens dieser Bilder deutlich nach der Operation im Juni 2006 lag und dem Beklagten jedenfalls zu diesem Zeitpunkt bekannt war, dass es sich, wie Dr. G. in seiner ärztlichen Stellungnahme vom 25. April 2010 ausgeführt hat, um ein Karzinoid, d. h. um einen kaum metastasierenden Lungentumor handelte. Etwas anderes ergibt sich auch nicht im Hinblick auf die vom Beklagten angeführten Nachuntersuchungen, die seinen Angaben zufolge zu einer Fortdauer der Angstzustände geführt haben sollen. Insoweit ist festzustellen, dass sich – wie oben ausgeführt – aus dem Befundbericht des Dr. G. vom 23. Juni 2009, der unter anderem den Zustand des Beklagten nach Lungenteilresektion betrifft, keine einschlägige Diagnose bezüglich einer Erkrankung im Sinne von § 20 StGB ergibt.
229Auch eine Depression als krankhafte seelische Störung i. S. v. §§ 20, 21 StGB kommt nicht in Betracht. Soweit Dr. G. im Befundbericht vom 23. Juni 2009 eine mittelgradige depressive Episode diagnostiziert hat, hat er diese als Reaktion auf die berufliche Veränderung durch die Suspendierung des Beklagten im Jahr 2008 gewertet. Rückschlüsse auf die vor der Suspendierung liegenden Zeitpunkte des Herunterladens und Speicherns der acht Bilddateien (2006 und 2007) in Ordnern, die er für Darstellungen von Kindern und Jugendlichen eingerichtet hatte, lassen sich hieraus nicht ziehen. Selbst wenn sich die depressive Episode auch als Reaktion auf den Zustand nach Lungenteilresektion im Jahr 2006 beziehen und damit für den Tatzeitraum aussagekräftig sein sollte, ergeben sich daraus keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Erkrankung im Sinne von § 20 StGB. Depressive Episoden sind in der Regel nicht kriminogen. Denkbar ist dies bei Taten wegen krankheitsbedingter Unfähigkeit zur Erfüllung alltäglicher Pflichten. Ferner kann eine stark erhöhte Suizidalität zu Tatbildern des „Mitnahmesuizid“ führen.
230Vgl. Fischer, Strafgesetzbuch, 65. Aufl. 2018, § 20 Rn. 9b.
231Der Beklagte war jedoch im Tatzeitraum im Wesentlichen uneingeschränkt in der Lage, seine alltäglichen Pflichten zu erfüllen. Er selbst hat hervorgehoben, dass er anlässlich seiner Krebserkrankung lediglich fünf Tage gefehlt habe. Tatsächlich wurde der Tumor unmittelbar vor Beginn der Schulsommerferien im Jahr 2006 entfernt, und der Beklagte ist seinen eigenen Angaben nach zu Schuljahresbeginn wieder im Dienst gewesen. Er hat zwar ab Mitte Oktober 2006 die ihm wegen seiner Schwerbehinderung zustehende Regelermäßigung i. H. v. drei Wochenstunden sowie eine zusätzliche Pflichtstundenermäßigung von weiteren drei Wochenstunden wahrgenommen. Abgesehen davon ist nicht zu erkennen, dass er bei der Bewältigung seiner dienstlichen und sonstigen alltäglichen Pflichten aufgrund einer depressiven Erkrankung beeinträchtigt gewesen wäre. Dies bestätigen auch seine Angaben gegenüber Dr. G. , wie sie in dem Befundbericht vom 23. Juni 2009 niedergelegt sind. Seinem Therapeuten gegenüber hatte der Beklagte erläutert, dass er sich nach der Tumoroperation durch die Arbeit gut habe ablenken können. „Völlig abgeklappt“ sei er, als man ihn wegen eines gegen ihn laufenden Strafverfahrens vom Dienst freigestellt habe. Für ihn sei eine Welt zusammengebrochen. Daraus ergibt sich, dass sich der Beklagte auch nach eigener Einschätzung vor seiner Suspendierung durch seine Arbeit ablenken konnte und nicht durch depressive Symptome beeinträchtigt war.
232Etwas anderes folgt auch nicht aus seiner Erklärung vom 27. Juli 2017 im fortgeführten Berufungsverfahren. Soweit er nunmehr vorträgt, sich seit 1998 in einer lang andauernden Überlastungssituation auf der Arbeit befunden und rückblickend bereits seit Ende 2005 unter einer inneren Unruhe, Angstzuständen und Schlafstörungen gelitten zu haben, erreichen diese Symptome nicht ansatzweise den Schweregrad einer seelischen Störung im Sinne des § 20 StGB. Davon geht im Übrigen der Beklagte nicht einmal selbst aus. Er nimmt vielmehr an, dass die genannten Symptome nicht auf die berufliche Überlastung zurückzuführen gewesen seien, sondern auf eine erhöhte Hormonausschüttung durch das Karzinoid.
233Auch ein eventuell erhöhter Serotonin-Spiegel aufgrund einer möglichen Produktion dieses Botenstoffs durch das beim Beklagten festgestellte Karzinoid vermag indes keine Zweifel an seiner (uneingeschränkten) Schuldfähigkeit im Tatzeitraum zu wecken. Dass die Auswirkungen einer erhöhten Serotonin-Produktion bei dem Beklagten zu einer krankhaften seelischen Störung, einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung, Schwachsinn oder einer schweren anderen seelischen Abartigkeit geführt haben, die über den gesamten Tatzeitraum von Januar 2006 bis Dezember 2007 angehalten hat, ist nicht anzunehmen. Die Beweisaufnahme durch Einholung des schriftlichen Gutachtens des Ärztlichen Leiters des Funktionsbereichs spezielle Endokrinologie Prof. Dr. T2. am Universitätsklinikum E2. hat ergeben, dass der Beklagte jedenfalls nach der Entfernung des Lungentumors am 26. Juni 2006 nicht mehr unter dem Einfluss einer tumorbedingten Serotoninausschüttung gestanden hat. Etwas anderes könnte nur gelten, wenn bei ihm ein Rezidiv oder eine Metastasierung des Lungen-Karzinoids vorgelegen hätte. Dafür bestehen jedoch aufgrund der überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen keine Anhaltspunkte:
234Der Tumor ist der gutachterlichen Beurteilung der Praxis für Pathologie I1. vom 26. Juni 2006 zufolge vollständig entfernt worden. Die Lymphknoten waren tumorfrei. Die ärztliche Stellungnahme des Hausarztes des Beklagten vom 21. Juli 2017 enthält keinerlei Hinweise auf eine Metastasierung. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der ausführlichen Schilderung des Beklagten selbst in dem Schriftsatz vom 27. Juli 2017. Anhaltspunkte, die eine andere Einschätzung stützen könnten, gibt es nicht. Insbesondere hat der Beklagte auch, nachdem ihn das Gericht mit Verfügung vom 14. August 2018 darauf hingewiesen hat, dass nach vorläufiger Einschätzung zwischen Ende Juni 2006 und Dezember 2007 eine Sexualfunktionsstörung aufgrund einer tumorbedingt erhöhten Serotoninausschüttung nur vorgelegen haben könne, wenn sich in seinem Körper nach der Operation Ende Juni 2006 ein Rezidiv und/oder Metastasen gefunden haben, wofür es keine Anhaltspunkte gebe, nichts zu einem solchen nachoperativen Befund vorgetragen.
235Haben sich aber tatsächlich Metastasen nicht gebildet und gab es auch kein Rezidiv, ist eine mögliche und wegen der Vernichtung des Operationspräparats im Jahr 2017 nicht mehr aufzuklärende Serotoninwirkung durch den entfernten Tumor unerheblich für die Frage der Schuldfähigkeit des Beklagten. Nach den Ausführungen des Sachverständigen zu Nr. 10 des Beweisbeschlusses beträgt die Halbwertzeit von Serotonin wenige Stunden. Die komplette Entfernung des Tumors ohne positiven Lymphknotennachweis, so wie sie nach dem Pathologiebefund erfolgt ist, und ohne Metastasierung führt zu einer sofortigen Verbesserung der klinischen Symptome innerhalb weniger Stunden. Nach vollständiger Entfernung des Tumors sind Symptome aufgrund einer Serotoninausschüttung nicht mehr nachweisbar. Strafbare Handlungen, die (ausschließlich) vor der Operation stattgefunden haben, werden dem Beklagten nicht vorgeworfen. Das Dienstvergehen umfasst vielmehr u. a. einen Zeitraum von jedenfalls 17 Monaten zwischen der Operation und der Beschlagnahme des Computers des Beklagten.
236Im Strafverfahren ging es im Übrigen immer nur um den Besitz kinderpornographischer Bilddateien am 14. Dezember 2007 und in der Zeit davor. Auf die Beschaffung, von der der Beklagte zunächst behauptet hatte, dass sie an nur einem Wochenende Anfang Mai 2006 stattgefunden habe, kam es nicht an. Denn er hatte die acht Bilddateien nachweislich bis Mitte Dezember 2007 auf seinem Computer gespeichert. In seinem Schreiben vom 27. Juli 2018 hat er im Übrigen richtig gestellt, dass er noch am 12. April 2007 und am 8. Dezember 2007 insgesamt weitere drei der inkriminierten acht Dateien heruntergeladen hat.
237Da sich aufgrund der überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen in seinem Gutachten keine Anhaltspunkte für eine erhöhte Serotoninausschüttung im gesamten Tatzeitraum ergeben, bestand für den Senat keine Veranlassung zu einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts, insbesondere zu der Frage, inwieweit Serotonin ein Interesse an kinderpornographischen Darstellungen hervorrufen kann.
238(2) Anhaltspunkte für das Vorliegen anderer in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts „anerkannter“ Milderungsgründe, wie etwa des persönlichkeitsfremden Handelns in einer besonderen Versuchungssituation, sind bei einem über knapp zwei Jahre andauernden und sukzessive erweiterten Besitz einschlägiger Bilddateien, nicht ersichtlich. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass der Beklagte auf seinem Computer neben den seinerzeit eindeutig als kinderpornographische Schriften einzustufenden Dateien eine Vielzahl von Darstellungen gespeichert hatte, die sich im Grenzbereich zur Kinderpornographie bewegten. Das hat bereits das Strafgericht in seinem Urteil festgestellt.
239Die auch nach der Operation im Juni 2006 andauernde Beschäftigung mit pornographischen Darstellungen ergibt sich im Übrigen nicht nur aus dem Vermerk über die Auswertung, sondern auch aus den Auflistungen der Ordnerpfade. Die dort aufgeführten Darstellungen zeigen, dass der Beklagte bis zum 14. Dezember 2007 und damit noch während etwa eineinhalb Jahren nach der Entfernung des Tumors auf seinem Computer ein umfangreiches Archiv mit pornographischen Darstellungen besessen hat. Eine persönlichkeitsfremde Veränderung aufgrund hormoneller Einflüsse hätte nach der Entfernung des Tumors ihr Ende gefunden mit der Folge einer Abkehr von einer Beschäftigung mit kinderpornographischen Darstellungen bzw. Posingbildern mit kindlichen oder jugendlichen Darstellern. Das ist nicht zu erkennen.
240Bestätigt wird das besondere Interesse des Beklagten gerade auch an Darstellungen, die zur Tatzeit zumindest als im Grenzbereich zur Kinderpornographie einzustufen waren, ferner durch die Abbildungen, die er im Ordner „Verschiedenes“, Unterordner „Junge Girls“, weiterer Unterordner „10“ schließlich im Unterordner „10-Alina-blanke-Pflaume_+“ gespeichert und mit eindeutigen Dateinamen versehen hat. Diese Dateien sind als Ausdruck dem Vermerk der Direktion Kriminalität KK31 vom 13. März 2008 als Bl. 55 und 56 der Beiakten Heft 2 beigefügt und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden. Die Bilddateien verdeutlichen hinreichend, für welche Art von Bildern sich der Beklagte nicht nur vorübergehend interessierte. Dass sich u. a. aus den auf dem Computer des Beklagten aufgefundenen zahlreichen Bilddateien auf der Grenze zur Kinderpornographie eine Interessenrichtung des Beklagten ergibt, hat im Übrigen bereits das Strafgericht festgestellt.
241Insgesamt ist sein Verhalten deshalb als persönlichkeitstypisch zu bewerten.
242bb) Stehen dem Beklagten keine so genannten anerkannten Milderungsgründe zur Seite, bedeutet dies allerdings nicht, dass entlastende Aspekte seines Persönlichkeitsbildes bei der Maßnahmebemessung unberücksichtigt bleiben dürften. Sie sind vielmehr auch dann, wenn sie keinen der anerkannten Milderungsgründe verwirklichen, insgesamt mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Bewertung einzubeziehen. Dabei bieten die Milderungsgründe Vergleichsmaßstäbe für die Bewertung, welches Gewicht entlastenden Gesichtspunkten in der Summe zukommen muss, um eine Fortsetzung des Beamtenverhältnisses in Betracht ziehen zu können. Generell gilt, dass deren Gewicht umso größer sein muss, je schwerer das Dienstvergehen im Einzelfall wiegt.
243Vgl. BVerwG, Urteil vom 25.07.2013 – 2 C 3.11 –, juris Rn. 25, Beschluss vom 20.12.2013 – 2 B 35.13 –, juris Rn. 21.
244Entlastende Gesichtspunkte des Persönlichkeitsbildes, die in ihrer Gesamtheit ein Absehen von der Höchstmaßnahme rechtfertigen können, sind nicht festzustellen.
245(1) Eine „Entgleisung während einer inzwischen überwundenen negativen Lebensphase" im Tatzeitraum kann dem Beklagten nicht zu Gute gehalten werden. Eine so genannte negative Lebensphase während des Tatzeitraums kann zwar je nach den Umständen des Einzelfalls mildernd berücksichtigt werden. Dies gilt allerdings nur für außergewöhnliche Verhältnisse, die den Beamten zeitweilig aus der Bahn geworfen haben. Hinzukommen muss, dass er die negative Lebensphase in der Folgezeit überwunden hat. Die Berücksichtigung einer schwierigen, inzwischen überwundenen Lebensphase liegt dabei vor allem dann nahe, wenn sich der Pflichtenverstoß als Folge der Lebensumstände darstellt.
246Vgl. BVerwG, Urteile vom 22.03.2016 – 2 B 43.15 –, juris Rn. 11, und vom 28.02.2013 – 2 C 3.12 –, juris Rn. 40 f., jeweils m. w. N., Beschluss vom 09.10.2014 – 2 B 60.14 –, juris Rn. 32.
247Es muss sich um eine persönlich besonders belastende Situation gehandelt haben, die so gravierend ist, dass die Pflichtverletzung des Beamten in einem milderen Licht erscheint, weil ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten vom Beamten nicht mehr erwartet und damit nicht mehr vorausgesetzt werden kann.
248Vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.06.2016 – 2 B 49.15 –, juris Rn. 11.
249Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Wurden nach den obigen Feststellungen jedenfalls fünf der in Rede stehenden Bilddateien heruntergeladen, bevor der Beklagte überhaupt nur den Verdacht einer Krebserkrankung hatte, kann eine extreme Anspannung aufgrund von Angst vor einer tödlichen Krankheit zu dem damaligen Zeitpunkt nicht angenommen werden. Daher kann den Beklagten auch die ärztliche Stellungnahme des ihn behandelnden Dr. G. vom 25. April 2010 nicht durchgreifend entlasten, es sei durchaus nachvollziehbar, dass es Anfang Mai 2006, im Zeitraum zwischen ersten Symptomen und Diagnosestellung „im Rahmen dieses extrem hohen Anspannungszustandes bei Angst, an einer bösartigen Erkrankung mit womöglich schnell zum Tode führendem Verlauf zu leiden“, beim exzessiven Surfen zum unkritischen Herunterladen kinderpornographischer Seiten gekommen sei. Hinsichtlich der nach der Krebsdiagnose heruntergeladenen Bilder (zwei Bilder am 12. April 2007, ein Bild am 8. Dezember 2007) ist von einer extremen Angst oder Anspannung bereits deshalb nicht auszugehen, weil der Zeitpunkt des Herunterladens dieser Bilder nach der Operation im Juni 2006 lag und dem Beklagten jedenfalls zu diesem Zeitpunkt bekannt war, dass es sich um ein Karzinoid und damit um einen kaum metastasierenden Lungentumor handelte. Gegen ein Fortbestehen extremer Todesangst spricht darüber hinaus, dass der Beklagte unmittelbar zu Schuljahresbeginn seiner dienstlichen Tätigkeit nachgegangen ist und dies selbst auch – wie oben festgestellt – als gute Ablenkung empfunden hat.
250Die vom Beklagten ferner vorgebrachte berufliche Überlastung aufgrund der 1998 übernommenen Schulleitertätigkeit verbunden mit der Aufgabe eines Moderators für Schulleiterfortbildungen belegt ebenfalls keine derart außergewöhnlichen Verhältnisse, dass angenommen werden könnte, sie hätten ihn zeitweilig aus der Bahn geworfen. Gegen eine vom Beklagten als ganz außergewöhnlich empfundene Überlastung spricht zunächst, dass er noch Ende Januar 2006 auf die ihm ab Mai 2006 nach Vollendung des 55. Lebensjahres zustehende Altersermäßigung verzichtet hatte, um von der Möglichkeit der Altersteilzeit ab 59 Jahren Gebrauch machen zu können. Darüber hinaus gilt auch hier, dass der Beklagte seinem Therapeuten gegenüber angegeben hat, seine dienstliche Tätigkeit habe nach der Krebsoperation eine gute Ablenkung dargestellt. Das ist auch im Hinblick auf die ab Mitte Oktober 2006 erfolgte Ermäßigung seiner Pflichtstunden um insgesamt sechs Wochenstunden nachvollziehbar.
251(2) Das Gericht hat die vom Beklagten geltend gemachten Belastungen im Dienst allerdings auch unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen einer Entgleisung in einer negativen Lebensphase zu seinen Gunsten in die Abwägung einbezogen. Sie führen jedoch angesichts der Schwere der Pflichtverletzung nicht zu einer durchgreifenden Entlastung. Der Dienstherr und die Allgemeinheit müssen darauf vertrauen können, dass ein Beamter einer vermehrten Arbeitsbelastung in einer herausgehobenen Leitungsfunktion auf andere Weise begegnet als durch den gezielten Besitz kinderpornographischer Darstellungen.
252Dasselbe gilt auch für die erheblichen Belastungen, die für den Beklagten aus der Krebserkrankung und den damit typischerweise verbundenen Todesängsten sowie aus der Schwerbehinderung mit einem Grad von 80 infolge der Teilentfernung der Lunge folgten. Dabei verkennt der Senat nicht, dass sowohl die Erkrankung als auch deren unmittelbare Folgen den Beklagten physisch und psychisch stark beeinträchtigt haben. Dennoch ist von einem Beamten in der Position des Beklagten, der als Schulleiter für eine Schulgemeinde mit Schülerinnen, Schülern und für ein Kollegium verantwortlich ist, zu erwarten, gegebenenfalls professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, wenn er die Neigung verspürt, sich zu seiner Entspannung kinderpornographischen Darstellungen zuzuwenden. Gerade auch angesichts des Bildungsstands des Beklagten wäre von ihm zu erwarten gewesen, dass er die psychischen Antriebe, die ursächlich für sein Fehlverhalten waren, zu gegebener Zeit überdacht, und dass er – sofern ihm die Kraft gefehlt haben sollte, von sich aus auf den weiteren Besitz kinderpornographischer Darstellungen zu verzichten – zu diesem Zweck bereits vor der Aufdeckung seiner Verfehlungen (therapeutische) Hilfe in Anspruch nimmt.
253(3) Bestehen, wie oben ausgeführt, keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass im Tatzeitraum eine psychische Störung vorlag, die eines der Eingangsmerkmale des § 20 StGB erfüllte, kann nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dennoch für die Gesamtwürdigung eine krankhafte Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit unterhalb der Schwelle einer seelischen Abartigkeit im Sinne des § 20 StGB von Bedeutung sein.
254Vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.02.2017 – 2 B 85.16 –, juris Rn. 10.
255Eine solche Beeinträchtigung liegt hier aber nicht vor. Es bestehen keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte, der auf seinem Computer ein penibel sortiertes Archiv von 15.000 pornographischen Darstellungen – mit einer beträchtlichen Anzahl von Bildern im Grenzbereich zur Kinderpornographie – aufgebaut hatte, sein Verhalten im Zeitpunkt des Dienstvergehens nur unzureichend steuern konnte. Er war vielmehr in der Lage, die Bilder in der im Tatbestand beispielhaft dargestellten Weise nach dem von ihm angenommenen Alter der abgebildeten Kinder und Jugendlichen und nach bestimmten Posen zu benennen und in dafür eingerichteten Ordnern und Unterordnern abzulegen, auch soweit die acht in Rede stehenden Dateien betroffen sind. Dieses bereits im Strafurteil festgestellte strukturierte Vorgehen zeichnet auch die Archivierung der Darstellungen nicht inkriminierter Pornographie aus, die er beispielsweise nach Berufsgruppen, nach Konstellationen der am Geschlechtsverkehr Beteiligten, nach Formen des abgebildeten Geschlechtsverkehrs und nach weiteren Merkmalen, wie etwa bestimmten gewalttätigen Einwirkungen auf die Opfer, sortiert hat (vgl. Auflistung der Ordnerpfade in Heft 3 der Beiakten). Diese Vorgehensweise des Beklagten spricht insgesamt gegen eine Beeinträchtigung seiner Steuerungsfähigkeit zur Tatzeit.
256(4) Auch die vom Beklagten geltend gemachten sozialen Folgen seines Verhaltens wirken sich nicht entscheidend mildernd zu seinen Gunsten aus. Im Bereich der Strafzumessung sind die Folgen der Tat für den Täter zwar nach § 46 Abs. 1 Satz 2 StGB u. U. strafmildernd zu berücksichtigen,
257vgl. BGH, Beschluss vom 18.12.1990 – 4 StR 548/90 –, juris Rn. 10,
258oder können sogar ein Absehen von Strafe rechtfertigen, vgl. § 60 StGB. Anders als im Strafrecht geht es bei der disziplinarrechtlichen Maßnahmebemessung aber nicht um eine Bestrafung des Täters. Gegenstand der disziplinarrechtlichen Betrachtung und Wertung ist vielmehr die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrechtzuerhalten.
259Vgl. BVerwG, Urteil vom 29.03.2012 – 2 A 11.10 –, juris Rn. 71 m. w. N.
260Demgemäß kann nicht mildernd berücksichtigt werden, ob der Beklagte durch den Ansehensverlust bei Freunden und Bekannten und die Aufgabe seines Ratsmandats bereits „genug gestraft“ ist.
261Der durch das Verhalten des Beklagten hervorgerufene Vertrauensverlust erscheint auch nicht mit Rücksicht auf die Belästigung seiner Person und seiner Familie durch rechtsextreme Demonstranten in einem durchgreifend milderen Licht, so belastend sie auch gewesen sein mag.
262(5) Dass der Beklagte zuvor unbeanstandet Dienst geleistet hatte und disziplinar- sowie strafrechtlich unbelastet war, ist für das insofern positive Persönlichkeitsbild von Bedeutung. Allerdings ist selbst ein beanstandungsfreies Verhalten mit überdurchschnittlichen Beurteilungen regelmäßig nicht geeignet, gravierende Dienstpflichtverletzungen in einem milderen Licht erscheinen zu lassen, da jeder Beamte generell verpflichtet ist, bestmögliche Leistungen bei vollem Einsatz der Arbeitskraft zu erbringen und sich achtungs- sowie vertrauenswürdig zu verhalten.
263Vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.01.2013 – 2 B 63.12 –, juris Rn. 13, m. w. N.
264cc) Zu Lasten des Beklagten ist allerdings bei der Würdigung seines Persönlichkeitsbildes zu berücksichtigen, dass sich nach den tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts E. nicht nur die acht inkriminierten Dateien auf dem Computer des Beklagten befanden, sondern auch weitere Darstellungen im Grenzbereich zur Kinderpornographie. Auch wenn es sich hierbei um im Tatzeitpunkt nicht strafbewehrte Darstellungen handelte, die nicht Gegenstand der Disziplinarklage sind, kann der Besitz derartiger Darstellungen im Rahmen des Persönlichkeitsbildes des Beamten gewürdigt werden.
265Vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.01.2014 – 2 B 102.13 –, juris Rn. 10, 13 ff.
266Hierbei ist auch im Blick zu behalten, dass der Beklagte diese Darstellungen akribisch bezeichnet und in entsprechend eingerichteten Dateiordnern abgelegt hat. Von einem gewissermaßen „zufälligen“ Besitz dieser Darstellungen kann daher nicht ausgegangen werden. Vielmehr ist anzunehmen, dass der Beklagte die entsprechenden Bilder absichtsvoll gesammelt und geordnet sowie bezeichnet hat. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang ferner, dass ein Großteil der von ihm beschafften und archivierten Bilder im Zusammenhang mit dem Schulalltag steht. Das gilt nicht nur für die inkriminierten acht kinderpornographischen Darstellungen, die Kinder ab ca. dem zehnten Lebensjahr zeigen, sondern auch für die große Anzahl seinerzeit nicht strafbarer Posingbilder, die in einer Vielzahl von Fällen Mädchen zeigen, die in eine weiterführende Schule eingetreten sind.
267Dass das Verhalten des Beklagten von einer gewissen Verharmlosungstendenz gekennzeichnet gewesen sein und sein gesamtes Einlassungsverhalten von ungenügender Einsicht gezeugt haben mag, führt allerdings nicht zu einer dem Beklagten nachteiligen Würdigung, da es sich um zulässiges Prozessverhalten handelt.
268Es kann zwar zu Gunsten eines Beamten berücksichtigt werden, wenn dieser die von ihm eingeräumten Taten nachträglich aufgearbeitet hat und eine erneute Begehung entsprechender Dienstvergehen nicht mehr zu besorgen ist. Das Ausbleiben einer solchen inneren Einsicht und Aufarbeitung der dem Beamten vorgeworfenen Pflichtenverstöße kann indes nicht zu seinen Lasten gewürdigt werden.
269Vgl. BVerwG, Beschluss vom 05.05.2015 – 2 B 32.14 –, juris Rn. 29 f., m. w. N.
270b) Das Ausmaß der vom Beklagten zu verantwortenden Vertrauensbeeinträchtigung gibt keinen Anlass, sein Dienstvergehen in milderem Licht zu sehen. Das Gegenteil ist der Fall. Der Gesichtspunkt der „Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ verlangt eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion.
271Vgl. BVerwG, Urteil vom 29.05.2008 – 2 C 59.07 –, juris Rn. 15.
272Unter diesem Blickwinkel fällt entscheidend ins Gewicht, dass der Besitz von kinderpornographischen Schriften in ganz besonderem Maße die Pflichtenstellung eines Lehrers und erst recht die eines Schulleiters berührt.
273Durch das verfahrensgegenständliche Verhalten hat der Beklagte den Erwartungen, die sein Dienstherrn in ihn gesetzt hat, die Grundlage entzogen.
274Im Schuldienst tätige Personen sind – wie dargelegt – gehalten, die Menschenwürde, die freie Entfaltung der Persönlichkeit und nicht zuletzt die körperliche Unversehrtheit (Art. 1 und 2 GG) von Kindern und Jugendlichen in besonderem Maße zu schützen. Bei der Herstellung kinderpornographischer Darstellungen werden diese Rechte und Rechtsgüter der kindlichen Opfer in menschenverachtender Weise verletzt. Ein Lehrer ist nach dem umfassenden Bildungsauftrag der Schule ferner nicht nur zur Vermittlung von Wissen, sondern auch zur Erziehung der Kinder verpflichtet. Er trägt die unmittelbare pädagogische Verantwortung (§ 57 Abs. 1 SchulG NRW). Ihm kommt kraft Gesetzes eine Vorbildfunktion gegenüber den Schülern zu. Er gehört daher zu einem Personenkreis, von dem die Allgemeinheit ein besonderes Maß an Sensibilität und Verantwortungsbewusstsein erwartet, wenn es um Straftaten zum Nachteil junger Menschen geht. Der Besitz kinderpornographischer Schriften, wegen dessen der Beklagte rechtskräftig verurteilt worden ist, steht diesen berechtigten Erwartungen an die charakterliche Eignung eines Lehrers unvereinbar gegenüber. Mit dem vorsätzlichen Besitz von Schriften, die u. a. den sexuellen Missbrauch von Kindern zum Gegenstand haben, hat sich der Beklagte nicht nur strafbar gemacht. Er hat sich darüber hinaus in besonders schwerer Weise zum Nachteil der von diesen Abbildungen betroffenen sexuell missbrauchten Kinder über die verfassungsrechtliche Werteordnung hinweggesetzt. Ein Lehrer, der in dem in Rede stehenden Umfang strafbares kinderpornographisches Material besitzt, beweist daher erhebliche Persönlichkeitsmängel, die eine nachhaltige Vertrauensbeeinträchtigung nach sich ziehen, weil der Täter hierdurch das Vertrauen, das der Dienstherr in seine Selbstbeherrschung, seine Zuverlässigkeit und seine moralische Integrität setzt, von Grund auf erschüttert bzw. zerstört.
275Vgl. Bay. VGH, Urteil vom 21.01.2015 – 16a D 13.1805 –, juris Rn. 31.
276Er hat regelmäßig, so auch hier, die für seine Tätigkeit als Lehrer erforderliche Autorität und Glaubwürdigkeit unwiederbringlich verloren.
277Das gilt in besonderem Maße für den Beklagten, der als Schulleiter eines voll ausgebauten Gymnasiums mit mehr als 360 Schülern zu den herausgehobenen Repräsentanten des nordrhein-westfälischen Schulwesens zählte und gerade auch in dieser Funktion verpflichtet war, für die Erfüllung des Bildungs- und Erziehungsauftrags der Schule einzutreten und Gewähr zu leisten. Indem er durch sein Fehlverhalten ein strafbares Verhalten an den Tag gelegt hat, das mit einer deutlichen Missachtung der an Menschenwürde und Grundrechten orientierten Werteordnung des Grundgesetzes gerade in Bezug auf Kinder und Jugendliche einhergeht, die wiederum mit seiner Stellung als Lehrer bereits im Ansatz unvereinbar ist, hat er einen nicht wiedergutzumachenden Ansehensverlust verursacht, der zu einem unwiederbringlichen Vertrauensverlust geführt hat. Dass und in welchem Umfang er nicht nur seine Familie, Freunde und Bekannten, sondern gerade auch die Mitglieder des Kollegiums und die Schülerschaft des von ihm geleiteten Gymnasiums sowie nicht zuletzt seinen Dienstherrn durch sein Fehlverhalten enttäuscht hat, ist dem Beklagten seinem letzten Wort in der mündlichen Verhandlung zufolge im Übrigen in den letzten Jahren bewusst geworden.
278Auch bei zu seinen Gunsten angenommener fehlender Wiederholungsgefahr im Falle eines – bei Ruhestandsbeamten zu unterstellenden – Verbleibs im Beamtenverhältnis wäre insgesamt von einem dauerhaften, die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Schuldienstes beeinträchtigenden Ansehensschaden auszugehen.
2793. Eine prognostische Gesamtwürdigung sämtlicher be- und entlastender Gesichtspunkte des Streitfalls führt zu der Bewertung, dass keine entlastenden Umstände von erheblichem Gewicht für den Beklagten sprechen und es nicht möglich ist, von der Höchstmaßnahme abzusehen, die durch die Schwere des ihm zur Last fallenden Delikts indiziert, jedenfalls aber unter Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes und des Umfangs des Vertrauensschadens geboten ist. Die im Rahmen des Straf- und Disziplinarverfahrens zu Tage getretenen Verhaltensweisen des Beklagten offenbaren vielmehr Persönlichkeitsmängel, die ihn im Rahmen einer Gesamtbetrachtung vertrauensunwürdig und damit für das Beamtenverhältnis untragbar erscheinen lassen. Bei einer abschließenden Gesamtabwägung des Gewichts des dem Beklagten zur Last fallenden Dienstvergehens des Besitzes von acht Bilddateien mit schwerwiegendem kinderpornographischen Inhalt, der erörterten den Beklagten be- und entlastenden Umstände seines Persönlichkeitsbildes sowie des erheblichen Ausmaßes der vom Beklagten zu verantwortenden Vertrauensbeeinträchtigung gelangt das Gericht zu der Bewertung, dass als Sanktion für sein Fehlverhalten allein die Aberkennung des Ruhegehaltes angezeigt ist. Der Beklagte hat das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit unwiderruflich zerstört. Wäre er noch im Dienst, wäre er aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, § 13 Abs. 3 Satz 1 LDG NRW. Als Ruhestandsbeamten ist ihm daher das Ruhegehalt abzuerkennen, § 13 Abs. 3 Satz 2 LDG NRW.
2804. Angesichts des vom Beklagten begangenen Dienstvergehens und der aufgezeigten Gesamtwürdigung ist die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nicht unverhältnismäßig. Der Beklagte hat ein besonders schweres Fehlverhalten gezeigt. Er hat die Vertrauensgrundlage für eine Fortsetzung des Beamtenverhältnisses endgültig zerstört. Seine Entfernung aus dem Dienst wäre bei einem aktiven Beamten die einzige Möglichkeit, das durch den Dienstherrn sonst nicht lösbare Beamtenverhältnis einseitig zu beenden. Die darin liegende Härte für den Beamten ist nicht unverhältnismäßig oder unvereinbar mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise. Sie beruht auf dem vorangegangenen Fehlverhalten des für sein Handeln verantwortlichen Beklagten, der sich bewusst gewesen sein muss, dass er hiermit seine berufliche Existenz aufs Spiel setzt.
281Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Hinweis des Beklagten, sein Fehlverhalten sei dem höchstpersönlichen, durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht geschützten Bereich der Intimsphäre zuzurechnen. Damit zeigt er keine durchgreifenden Bedenken gegen die Verhältnismäßigkeit der Höchstmaßnahme auf. Der Besitz kinderpornographischer Schriften, die sich der Beklagte zuvor aus dem Internet heruntergeladen hat, ist bereits nicht dem unantastbaren Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzuordnen. Das Grundgesetz hat den Intim– und Sexualbereich des Menschen als Teil seiner Privatsphäre unter den verfassungsrechtlichen Schutz des Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG gestellt. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht in seiner Ausprägung als Recht auf sexuelle Selbstbestimmung ist allerdings nicht vorbehaltlos gewährleistet. Der Einzelne muss, soweit nicht in den unantastbaren Bereich privater Lebensgestaltung eingegriffen wird, staatliche Maßnahmen hinnehmen, die im überwiegenden Interesse der Allgemeinheit oder im Hinblick auf grundrechtlich geschützte Interessen Dritter unter strikter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgebots ergriffen werden. Absolut geschützt und damit der Einwirkung der öffentlichen Gewalt entzogen ist ein Kernbereich privater Lebensgestaltung. Ob ein Sachverhalt dem unantastbaren Kernbereich zuzuordnen ist, hängt davon ab, ob er nach seinem Inhalt höchstpersönlichen Charakters ist, also auch davon, in welcher Art und Intensität er aus sich heraus die Sphäre anderer oder Belange der Gemeinschaft berührt; maßgeblich sind die Besonderheiten des jeweiligen Falles.
282BVerfG, Beschluss vom 26.02.2008 – 2 BvR 392/07 –, juris Rn. 32f. m. w. N.
283Dies zugrunde gelegt fehlt dem Besitz kinderpornographischer Schriften zur Befriedigung sexueller Vorlieben der höchstpersönliche Charakter. Diese Art privater Lebensgestaltung berührt in erheblichem Umfang durch die Intensität des Eingriffs in die Intimsphäre der abgebildeten Kinder und Jugendlichen die Menschenwürde, die freie Entfaltung der Persönlichkeit und nicht zuletzt die körperliche Unversehrtheit anderer, die darüber hinaus aufgrund ihrer Minderjährigkeit besonders schutzbedürftig sind. Auch vor diesem Hintergrund stellt sich die Höchstmaßnahme selbst angesichts der vom Beklagten im Berufungsverfahren hervorgehobenen einschneidenden Konsequenzen in beruflicher, sozialer und gesundheitlicher Hinsicht als verhältnismäßig dar.
2845. Die mittlerweile erreichte erhebliche Dauer des Disziplinarverfahrens ist nicht geeignet, das vom Beamten zerstörte Vertrauensverhältnis wiederherzustellen. Dies gilt nicht nur bei der Entlassung aus dem Dienst, sondern auch bei der Aberkennung des Ruhegehalts.
285Vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.05.2010 – 2 B 5.10 –, juris Rn. 4 m. w. N.
286IV. Zu einer Abänderung der Laufzeit des Unterhaltsbeitrags (§§ 12 Abs. 2 Satz 2, 10 Abs. 3 Sätze 2 und 3 LDG NRW) bestand kein Anlass.
287Die Kostenentscheidung beruht auf § 74 Abs. 1 LDG NRW, § 154 Abs. 2 VwGO.
288Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 3 Abs. 1 LDG NRW, § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO.
289Ein Grund, die Revision zuzulassen, ist nicht gegeben.
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