Urteil vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 7 D 80/17.NE
Tenor
Der Bebauungsplan G1 Ortslage T. "Windenergieanlagen L." der Gemeinde K. ist unwirksam.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i. H. v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Antragstellerin zuvor Sicherheit i. H. v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Antragstellerin wendet sich gegen den Bebauungsplan G1 Ortslage T. "Windenergieanlagen L." der Antragsgegnerin.
3Die Antragstellerin ist Nachbargemeinde der Antragsgegnerin. Ihr Gemeindegebiet grenzt im Westen an deren Plangebiet an. Im Gebiet der Antragstellerin befinden sich zahlreiche unter Schutz gestellte Baudenkmale, unter anderem die historische Stadtbefestigung, zu der auch das D. Tor gehört sowie die Burg N.. Diese ist sowohl in der Denkmalliste als Einzeldenkmal eingetragen als auch Teil des Denkmalbereichs Nr. 1 der Antragstellerin „Historischer Ortskern Stadt N.". Das Plangebiet umfasst eine Fläche von ca. 40 ha. Die Planung sieht die Errichtung von fünf Windkraftanlagen vor. Der Bebauungsplan setzt dafür Flächen für Versorgungsanlagen (erneuerbare Energie) sowie Baugrenzen fest. In Nr. 1.1 der textlichen Festsetzungen ist geregelt, dass innerhalb der Fläche für Versorgungsanlagen mit der Zweckbestimmung „erneuerbare Energien - Erzeugung von Strom aus Windenergie“ neben Windenergieanlagen und zum Bau oder zur Nutzung der Anlagen erforderlichen Nebenanlagen sonstige Vorhaben im Rahmen der Zulässigkeit gemäß § 35 BauGB zulässig sind. Nach Nr. 1.2 der textlichen Festsetzungen ist die maximale Gesamthöhe einer Windenergieanlage auf jeweils 175 m über näher bestimmten Bezugspunkten beschränkt.
4Das Planaufstellungsverfahren verlief folgendermaßen: Der Rat der Antragsgegnerin beschloss am 11.12.2012 die Aufstellung des Bebauungsplans. Dem Aufstellungsbeschluss lag der Entwurf eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans mit 6 Windkraftanlagen mit einer jeweiligen Gesamthöhe von 200 m zu Grunde. Der Aufstellungsbeschluss wurde im Amtsblatt der Antragsgegnerin vom 28.12.2012 bekannt gemacht. Die frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung erfolgte nach Bekanntmachung des Termins im Amtsblatt der Antragsgegnerin vom 24.5.2013 im Rahmen einer Informationsveranstaltung am 19.6.2013 in der „T. Arena". Mit Schreiben vom 30.4.2014 machte die Antragstellerin u. a. geltend, die bislang vorgelegten Gutachten setzten sich nicht mit denkmalschutzrechtlichen Belangen auseinander. Auch seien zukünftige Siedlungsentwicklungen auf ihrem Gemeindegebiet - in der Form der Ausweisung neuer Baugebiete - zu berücksichtigen. Diese dürften durch das Planvorhaben nicht beeinträchtigt werden. Am 25.6.2015 beschloss der Rat der Antragsgegnerin den Bebauungsplanentwurf samt Begründung gemäß § 3 Abs. 2 BauGB in der Zeit vom 7.9.2015 bis einschließlich 6.10.2015 öffentlich auszulegen. Die Bekanntmachung erfolgte im Amtsblatt der Antragsgegnerin vom 28.8.2015. Mit Schreiben vom 30.9.2015 machte die Antragstellerin erneut Einwendungen geltend. In seiner Sitzung vom 28.4.2016 beschloss der Rat über die abwägungsrelevanten Stellungnahmen aus den Verfahren nach §§ 3 Abs. 2, 4 Abs. 2 BauGB im Rahmen der städtebaulichen Abwägung und fasste den Beschluss zur erneuten Offenlage des hinsichtlich der maximal zulässigen Gesamthöhe der Windenergieanlage geänderten Planentwurfs gemäß § 4a Abs. 3 BauGB. Die erneute öffentliche Auslegung fand - unter Hinweis auf die von 200 m auf 175 m geänderte zulässige Gesamthöhe - in der Zeit vom 23.5.2016 bis einschließlich 10.6.2016 statt. Die Bekanntmachung erfolgte im Amtsblatt der Antragsgegnerin vom 13.5.2016. Mit Schreiben vom 10.6.2016 erhob die Antragstellerin erneut Einwendungen. Unter anderem führte sie aus, die Annahme, dass bei der vorgesehenen Höhenbegrenzung auf 175 m davon auszugehen sei, dass keine erheblichen Auswirkungen auf den Denkmalschutz bestünden, sei falsch. Der Rat der Antragsgegnerin beschloss am 24.5.2017 die erneute öffentliche Auslegung der Unterlagen gemäß § 4a Abs. 3 BauGB. Diese erfolgte nach der Bekanntmachung im Amtsblatt in der Zeit vom 8.5.2017 bis 22.5.2017. Daraufhin erhob die Antragstellerin mit Schreiben vom 19.5.2017 erneut Einwendungen. Der Rat der Antragsgegnerin beschloss den Bebauungsplan am 6.7.2017 als Satzung. Die Bekanntmachung erfolgte im Amtsblatt der Antragsgegnerin vom 28.7.2017.
5Die Antragstellerin hat am 3.10.2017 den Normenkontrollantrag gestellt.
6Sie trägt zur Begründung im Wesentlichen vor: Der Normenkontrollantrag sei zulässig, insbesondere sei ihre Antragsbefugnis zu bejahen. Durch den Bebauungsplan werde in ihre Belange eingegriffen. Betroffen seien die entgegenstehenden öffentlichen Belange des Denkmalschutzes, des Landschaftsschutzes und des Eingriffs in das Ortsbild. Zudem lägen Abwägungsfehler vor. Der Bebauungsplan entfalte negative Auswirkungen auch außerhalb des eigentlichen Planbereichs. Diese negativen Auswirkungen wirkten in ihr Stadtgebiet hinein. Hier stünden der Bauleitplanung Belange des Denkmalschutzes nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB entgegen, weil das Vorhaben die künstlerische Wirkung der Burg N., das Erscheinungsbild der gesamten historisch gewachsenen mittelalterlichen Stadt N. und eine Vielzahl der denkmalgeschützten Einzeldenkmale erheblich beeinträchtige. Der Landschaftsverband Rheinland - Amt für Denkmalpflege im Rheinland - habe in seinem Schreiben vom 22.9.2014 festgestellt, dass die Planung erhebliche Beeinträchtigungen des Denkmalbereichs N. und der hierin befindlichen Einzeldenkmäler, insbesondere des Burgberges mit Burg und Kirche sowie des kulturlandschaftlich bedeutenden Ortes M. mitsamt des landschaftsprägenden Wirkungsraumes der denkmalgeschützten Kirche zur Folge hätte. Das von der Antragsgegnerin zur Betroffenheit von Denkmalen in Auftrag gegebene Gutachten des Büros E. vom 3.4.2017 leide an durchgreifenden Mängeln. In dem Gutachten seien die dargestellten Sichtbeziehungen so gewählt, dass die Windkraftanlagen nicht prägnant in den Vordergrund träten. Es seien offenbar absichtlich Fotos aus den Tallagen heraus vorgelegt worden. Dies sei jedenfalls keine realistische Darstellung der Betroffenheit der Baudenkmäler. Tatsächlich komme es zu massiven Eingriffen in die Belange des Denkmalschutzes. Die Antragsgegnerin verkenne, dass es nicht nur auf den Blick von der denkmalgeschützten Anlage aus auf die Windkraftanlagen ankomme, sondern dass die Beurteilung der gesamten Auswirkungen der Windkraftanlagen auf die denkmalgeschützte Einheit maßgeblich sei. Anlässlich der Ortsbegehung sei die grobe Fehlerhaftigkeit der Darstellung der Windkraftanlagen offenkundig geworden. Auch die übrigen Aufnahmen und Beurteilungen des Gutachterbüros erwiesen sich als rechtsfehlerhaft. Die Abwägungsentscheidung des Rats der Antragsgegnerin beruhe auf diesem fehlerhaften Gutachten. Die Rüge des Abwägungsfehlers sei auch nicht verspätet. Die Fehlerhaftigkeit des Gutachtens sei erst mit Errichtung der Windkraftanlagen sichtbar geworden. Dessen ungeachtet sei bereits im Laufe des Bebauungsplanverfahrens und im Rahmen des Normenkontrollverfahrens auf die unzureichenden Gutachten hingewiesen worden. Außerdem sei das der Planung zugrunde liegende schalltechnische Gutachten des Ingenieurbüros für Energietechnik und Lärmschutz unzureichend. Es berücksichtige die im Flächennutzungsplan von N. vorgesehene Erweiterung der Bebauung nicht. Dadurch werde die Erweiterung der Wohnbaufläche und deren Nutzung als Wohnraum auf ihrem Gemeindegebiet blockiert.
7Die Antragstellerin beantragt,
8den Bebauungsplan G1 Ortslage T. "Windenergieanlagen L." der GemeindeK. für unwirksam zu erklären.
9Die Antragsgegnerin beantragt,
10den Antrag abzulehnen.
11Der Antrag sei bereits unzulässig. Der Antragstellerin fehlten die Antragsbefugnis und das Rechtsschutzbedürfnis. Der Normenkontrollantrag sei auch unbegründet. Der Bebauungsplan leide an keinem Abwägungsmangel. Insbesondere genügten der Bebauungsplan und auch der Flächennutzungsplan den Anforderungen des städtebaulichen und des fachlichen Denkmalschutzrechts. Das geschützte denkmalrechtliche Erscheinungsbild im Sinne des § 9 DSchG NRW sei nicht zu verwechseln mit dem bloßen - ungestörten - Anblick des Denkmals als Objekt. Die Erhaltung der Burg N. liege ausweislich der Begründung ihrer Unterschutzstellung vom 7.2.1984 aus wissenschaftlichen, baugeschichtlichen und städtebaulichen Gründen im öffentlichen Interesse. Für den Denkmalwert aus wissenschaftlichen und baugeschichtlichen Gründen sei die Beziehung des Denkmals zu seiner Umgebung von untergeordneter Bedeutung bzw. werde die Ablesbarkeit des diesbezüglichen Denkmalwerts jedenfalls nicht durch die im Bebauungsplan festgesetzten Windenergieanlagen geschmälert. Es komme lediglich eine Beeinträchtigung des aus städtebaulichen Gründen bestehenden Denkmalwerts in Betracht. Das Denkmal sei nicht um seiner selbst willen, sondern wegen des - für den sachkundigen Betrachter - ablesbaren Denkmalwerts geschützt. Dies sei bei der Wahl der Betrachtungspunkte zu berücksichtigen. Es müsse sich um schutzzweckrelevante Blickpunkte handeln. Selbst bei Unterstellung der Schutzzweckrelevanz der Betrachtungspunkte liege keine erhebliche Beeinträchtigung vor. Die gemeinsame Sichtbeziehung von Denkmal und Windenergieanlage beeinträchtige für sich genommen nicht den Denkmalwert der Burg N.. Der dem Gutachter des Büros E. bezüglich des Betrachtungspunkts 1b „K.-gasse“ unterlaufene Fehler sei nicht abwägungserheblich. Diese Ungenauigkeit im Gutachten sei rechtlich ohne Relevanz, weil der Denkmalwert des D. Tores nicht von der Beziehung des Baudenkmals zu seiner weiteren Umgebung abhänge und der Betrachtungspunkt 1b keinen schutzzweckrelevanten Blickpunkt darstelle. Zudem fehle es an einer „erheblichen“ Beeinträchtigung des Erscheinungsbilds des Denkmals durch die Windkraftanlage 6. Der Blick vom Betrachtungspunkt 1b auf das D. Tor stelle die einzige Sichtbeziehung auf eines der zahlreichen Baudenkmäler im Denkmalbereich N. dar, bei der es überhaupt zu einer ansatzweise auffälligen Nähebeziehung zwischen einem Baudenkmal und einer Windkraftanlage komme. Dies könne im Rahmen der gebotenen denkmalrechtlichen Abwägung nicht zu einem „Entgegenstehen“ der Gründe des Denkmalschutzes im Sinne von § 9 Abs. 2 lit. a) DSchG NRW führen. Selbst wenn die Abwägungsrelevanz unterstellt würde, sei der dem Gutachter unterlaufene Ermittlungsfehler nicht im Sinne von § 214 BauGB erheblich, weil keine nachweisbaren, konkreten Anhaltspunkte dafür bestünden, dass sie als Plangeberin in Kenntnis dieses Umstandes zu einem anderen Abwägungsergebnis gelangt wäre. Die fehlende Kausalität werde vor allem dadurch deutlich, dass sie in der textlichen Festsetzung Nr. 1.2 des angefochtenen Bebauungsplans bewusst nur eine maximale Gesamthöhe von 175 m festgesetzt und zugleich in der Planbegründung deutlich gemacht habe, dass auch kleinere Windkraftanlagen umsetzbar seien. Sie habe die Letztentscheidungsbefugnis ausdrücklich dem „nachfolgenden Genehmigungsverfahren“ überantwortet. Schließlich habe die Antragstellerin den unterstellten Mangel im Abwägungsvorgang nicht fristgerecht geltend gemacht. Sie gehe in der Antragsbegründung nicht auf das D. Tor und einen ihm zukommenden denkmalrechtlichen Umgebungsschutz ein. Auch das Schreiben der Antragstellerin vom 9.2.2015 erwähne das D. Tor mit keinem Wort. Der angegriffene Bebauungsplan erweise sich auch in Bezug auf den vorbeugenden Immissionsschutz als fehlerfrei. Darstellungen im Flächennutzungsplan führten nicht dazu, dass andere als die gewählten Immissionswerte maßgeblich seien. Ein Immissionsort auf einer noch nicht bebauten Fläche sei nur dann der Beurteilung zugrunde zu legen, wenn künftige Bauvorhaben hinreichend konkret seien und die Bauausführung in überschaubarer Zukunft zu erwarten sei. Bloß denkbare Bauvorhaben seien nicht zu berücksichtigen. Das Vorbringen der Antragstellerin sei weitgehend nach § 6 UmwRG ausgeschlossen. Diese Bestimmung sei auch im Normenkontrollverfahren anzuwenden.
12Der Berichterstatter des Senats hat die Örtlichkeit am 15.11.2019 in Augenschein genommen. Wegen der dabei getroffenen Feststellungen wird auf die Terminsniederschrift Bezug genommen.
13Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Vorgänge der Antragsgegnerin Bezug genommen.
14E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
15Der Normenkontrollantrag hat Erfolg.
161. Der Antrag ist zulässig.
17a) Insbesondere ist die Antragsbefugnis der Antragstellerin nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO gegeben.
18Antragsbefugt ist nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt werden zu können. Es genügt, wenn der Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch Festsetzungen des Bebauungsplans in einem Recht verletzt wird.
19Vgl. BVerwG, Urteil vom 24.9.1998 - 4 CN 2.98 -, BRS 60 Nr. 46 = BauR 1999, 134.
20Hier kann die Antragstellerin als Nachbargemeinde der Antragsgegnerin im Hinblick auf § 2 Abs. 2 Satz 1 BauGB geltend machen, durch den Bebauungsplan in ihren Rechten verletzt zu sein. § 2 Abs. 2 BauGB gewährt ein Recht im Sinne von § 47 Abs. 2 VwGO.
21Vgl. Battis in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 14. Auflage, § 2 Rn. 24, m. w. N.
22Einer (materiellen) gemeindenachbarlichen Abstimmung gemäß § 2 Abs. 2 BauGB bedarf es bereits dann, wenn unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art auf die städtebauliche Ordnung und Entwicklung der Nachbargemeinde in Betracht kommen. Voraussetzung ist nicht, dass eine hinreichend bestimmte Planung der Nachbargemeinde nachhaltig gestört wird oder dass wesentliche Teile von deren Gebiet einer durchsetzbaren Planung entzogen werden.
23Vgl. BVerwG, Beschluss vom 9.1.1995 - 4 NB 42.94 -, BRS 57 Nr. 5 = BauR 1995, 354.
24Auswirkungen gewichtiger Art im dargestellten Sinne kommen hier jedenfalls hinsichtlich des städtebaulichen Denkmalschutzes in Betracht
25Zu den Belangen, welche die Gemeinde bei der Aufstellung eines Bebauungsplans zu berücksichtigen hat, gehören nach § 1 Abs. 6 Nr. 5 BauGB auch die Belange des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege. Es ist zwischen dem landesrechtlichen Denkmalschutz und dem städtebaulichen Denkmalschutz mit bodenrechtlichem Bezug zu unterscheiden. Maßnahmen des städtebaulichen Denkmalschutzes setzen nicht zwingend voraus, dass die davon erfassten Bereiche landesrechtlichen Denkmalschutz genießen. Eine städtebauliche Berücksichtigung denkmalschutzrechtlicher Belange im Sinne von § 1 Abs. 6 Nr. 5 BauGB ist nicht nur dann möglich, wenn und soweit eine entsprechende denkmalrechtliche Schutzfestsetzung im Einzelfall erfolgt ist und deren Schutzwirkungen lediglich nachgezeichnet werden.
26Vgl. OVG NRW, Urteil vom 16.8.2019 - 7 D 5/18.NE -, juris, m. w. N.
27Auf den Gesichtspunkt des Denkmalschutzes hat sich die Antragstellerin schon mit dem Antragsschriftsatz vom 3.10.2017 in einem umfassenden, also auch den Belang des städtebaulichen Denkmalschutzes einschließenden, Sinne berufen.
28b) Der Antragstellerin fehlt auch nicht das Rechtsschutzbedürfnis für den Normenkontrollantrag.
29Für das Rechtsschutzinteresse reicht es aus, dass sich nicht ausschließen lässt, dass die gerichtliche Entscheidung für den Antragsteller von Nutzen sein kann. Es genügt, wenn - im Sinne einer tatsächlichen Prognose - zu erwarten ist, dass die Gemeinde einen neuen Plan mit möglicherweise für den Antragsteller günstigeren Festsetzungen aufstellen wird.
30Vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.2018- 4 CN 3.18 -, BRS 86 Nr. 33 = BauR 2019, 813; OVG NRW, Urteile vom 5.7.2017 - 7 D 105/14.NE -, BRS 85 Nr. 32 = BauR 2017, 1653 und vom 6.12.2017 - 7 D 100/15.NE -, BRS 85 Nr. 30 = BauR 2018, 468, jeweils zu Flächennutzungsplänen.
31Es erscheint hier nicht ausgeschlossen, dass sich die Antragsgegnerin bei Unwirksamkeit des Bebauungsplans für den Erlass eines neuen Bebauungsplans entscheidet, der für die Antragstellerin günstigere Festsetzungen, z. B. zur maximalen Höhe der Windenergieanlagen, enthält.
322. Der Normenkontrollantrag ist begründet. Die der Planung zugrunde liegende Abwägung beruht auf zwei beachtlichen Fehlern.
33a) Die Antragsgegnerin hat die dem Schutz des § 2 Abs. 2 BauGB unterfallenden Belange der Planungshoheit der Antragstellerin im Hinblick auf im Flächennutzungsplan der Antragstellerin dargestellte Wohnbauflächen nicht in einer § 2 Abs. 3 BauGB genügenden Weise ermittelt und bewertet.
34Für eine die Abstimmungspflicht gemäß § 2 Abs. 2 BauGB auslösende Betroffenheit der städtebaulichen Ordnung und Entwicklung der Nachbargemeinde ist - anders als die rechtliche Betroffenheit einer Gemeinde durch eine Fachplanung - nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht Voraussetzung, dass eine hinreichend bestimmte Planung der Nachbargemeinde nachhaltig gestört wird oder dass wesentliche Teile von deren Gebiet einer durchsetzbaren Planung entzogen werden
35Vgl. BVerwG, Beschluss vom 9.1.1995 - 4 NB 42.94 -, BRS 57 Nr. 5 = BauR 1995, 354, Urteile vom 15.12.1989 - 4 C 36.86 -, BRS 50 Nr. 193 und vom 8.9.1972 - 4 C 17.71 -, BRS 25 Nr. 14 = BauR 1972, 352.
36Hiervon ausgehend war die Antragsgegnerin jedenfalls gehalten, Planungsabsichten der Antragstellerin zu berücksichtigen, die bereits Niederschlag in entsprechenden Darstellungen des Flächennutzungsplans gefunden hatten. Dessen war sich die Antragsgegnerin im Ansatz wohl auch bewusst. Hinsichtlich der im Flächennutzungsplan der Antragstellerin dargestellten immissionsschutzrechtlich schutzbedürftigen Siedlungsflächen hat die Antragsgegnerin in ihrer Stellungnahme zur Einwendung der Antragstellerin mit Schreiben vom 30.4.2014 allerdings lediglich generell ausgeführt, dass Schutzabstände von 800 m auch insoweit eingehalten würden. Dort heißt es u. a:
37"Die Schutzabstände von 800 m wurden nicht allein zu bestehenden baulichen Nutzungen, sondern auch zu in Flächennutzungsplänen dargestellten immissionsschutzrechtlich schutzbedürftigen Siedlungsflächen eingehalten. Dieses Vorgehen wurde sowohl für K. als auch für alle Nachbarkommunen gleichermaßen angewendet. Dementsprechend wurden bauleitplanerische vorbereitete Entwicklungsmöglichkeiten der Stadt N. bereits berücksichtigt. …
38Bauleitplanerisch noch nicht vorbereitete baulich ungenutzte Reserveflächen wurden in der Potenzialflächenanalyse, welche die Grundlage für die gesamtgemeindliche Windenergieplanung darstellt, weder innerhalb noch außerhalb des Gemeindegebiets von K. berücksichtigt.“
39Weder in dieser Stellungnahme noch in der Planbegründung einschließlich des Umweltberichts finden sich aber Angaben dazu, welche konkreten Flächen der Antragstellerin im Rahmen der Abwägung betrachtet worden sind. Dem schalltechnischen Gutachten vom 24.3.2017, das Grundlage der Abwägung war, lässt sich vielmehr entnehmen, dass die von der Antragstellerin angesprochenen Wohnbauflächen östlich der die J. Straße/T. ab dem Kreisverkehr Richtung Süden (bei Lidl) verlängernden Straße nicht in die Betrachtung anhand von Immissionspunkten einbezogen worden sind. Andererseits lässt sich der Karte zum Schallgutachten „Schallimmissionsraster nachts (22 bis 6:00 Uhr) Zusatzbelastung bzw. Gesamtbelastung" entnehmen, dass die genannten im Flächennutzungsplan dargestellten Wohnbauflächen mit einem planbedingten Lärmpegel von 35-40 dB (A) belastet werden. Damit ist jedenfalls fraglich, ob die dargestellten Flächen als reines Wohnbaugebiet (Immissionsrichtwert nachts 35 dB (A)) überplant werden können. Die Darstellung des Flächennutzungsplans enthält insoweit keine Unterscheidung zwischen reinen und allgemeinen Wohngebieten. Die danach zu besorgende Beschränkung der Planungsmöglichkeiten der Antragstellerin stellt sich nach Dafürhalten des Senats als unmittelbare Auswirkung gewichtiger Art auf ihre städtebauliche Ordnung- und Entwicklung dar, die im Rahmen einer an der Abstimmungspflicht nach § 2 Abs. 2 Satz 1 BauGB orientierten Abwägung näher hätte betrachtet werden müssen.
40Dem steht nicht das Vorbringen der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung entgegen, im Bebauungsplan seien nur Maximalpegel für die Schallbelastung festgesetzt worden, so dass im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren sichergestellt werde, dass es zu keinen unzumutbaren Lärmbeeinträchtigungen der Wohngebiete der Antragstellerin kommen könne. Denn die lediglich im Flächennutzungsplan dargestellten Wohnbaugebiete werden im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren keiner Lärmschutzprüfung unterzogen.
41Die Abwägungsrelevanz der in den Darstellungen des Flächennutzungsplans zum Ausdruck kommenden Planungsabsichten der Antragstellerin ist auch nicht deshalb infrage gestellt, weil die Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung nicht die Originalplanurkunde ihres Flächennutzungsplans vorlegen konnte. Der Bürgermeister der Antragstellerin hat in der mündlichen Verhandlung dazu ausgeführt, es handele sich um das Exemplar, welches sämtlichen Planungen der Stadt zugrunde liege. Daran zu zweifeln, sieht der Senat keinen Anlass.
42Der aufgezeigte Mangel ist auch beachtlich.
43Die Antragsgegnerin hat im Sinne von § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB entgegen § 2 Abs. 3 BauGB von der Planung berührte Belange in einem wesentlichen Punkt unzureichend ermittelt bzw. bewertet. Der Mangel ist offensichtlich im Sinne der Vorschrift und auch auf das Ergebnis des Verfahrens von Einfluss gewesen; bei vollständiger Ermittlung und zutreffender Bewertung der maßgeblichen Belange hätte die konkrete Möglichkeit bestanden, dass die Antragsgegnerin ihre Planung geändert und zum Beispiel eine Reduzierung der Anlagenzahl vorgenommen hätte.
44Der Mangel ist zudem mit dem der Antragsgegnerin übersandten Schriftsatz vom 27.4.2018 gemessen an § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB fristgerecht geltend gemacht und deshalb nicht nachträglich unbeachtlich geworden.
45Der Berücksichtigung des entsprechenden Vortrags der Antragstellerin steht- anders als die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat - nicht § 6 Satz 1 UmwRG entgegen.
46Gemäß § 6 Satz 1 UmwRG hat eine Person oder eine Vereinigung im Sinne des § 4 Absatz 3 Satz 1 UmwRG innerhalb einer Frist von zehn Wochen ab Klageerhebung die zur Begründung ihrer Klage gegen eine Entscheidung im Sinne von § 1 Absatz 1 Satz 1 UmwRG oder gegen deren Unterlassen dienenden Tatsachen und Beweismittel anzugeben.
47Der Anwendungsbereich des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz ist vorliegend zwar nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 a) und 4 a) UmwRG eröffnet. Ein Ausschluss des in Rede stehenden Vortrags nach § 6 Satz 1 UmwRG zulasten der Antragstellerin scheidet aber nach Überzeugung des Senats schon deshalb aus, weil die Bestimmung zumindest im Rahmen der Begründetheitsprüfung von Normenkontrollanträgen nach § 47 VwGO nicht anwendbar ist.
48A. A. Marquard, Klagebegründungsfrist und innerprozessuale Präklusion: § 6 UmwRG in der Praxis, NVwZ 2019, 1162; Nds. OVG, Urteil vom 15.11.2018 - 1 KN 29/17 -, NVwZ-RR 2019, 631, sowie Urteil vom 27.11.2019 - 1 KN 33/18 -, juris , sowie Bunge, UmwRG, Kommentar, 2. Aufl., § 6, Rn. 17 und Fellenberg/Schiller, in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Loseblattkommentar, § 6 UmwRG, Rn. 25 (Stand 4/18); offen dazu: Külpmann, Anmerkung zum Beschluss des BVerwG vom 11.9.2019 - 4 BN 17.19 -, juris.
49Gegen die Anwendbarkeit des § 6 Satz 1 UmwRG in einem durch einen Antrag auf Normenkontrolle eingeleiteten Verfahren nach § 47 VwGO spricht schon der Wortlaut der Vorschrift ("Klageerhebung").
50Vgl. Külpmann, Anmerkung zum Beschluss des BVerwG vom 11.9.2019 - 4 BN 17.19 -, juris.
51Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber des Umwelt-Rechtsbehelfs-gesetzes begrifflich zwischen "Klage" und sonstigen Rechtsbehelfen, wie etwa Anträgen nach § 47 Abs. 1 VwGO, deutlich unterscheidet. Dies zeigt § 7 Abs. 2 Satz 2 UmwRG.
52Zudem widerspricht die Ausgestaltung des Normenkontrollverfahrens nach § 47 VwGO als objektives Beanstandungsverfahren, in dem im Interesse aller Normbetroffenen die Wirksamkeit der jeweiligen Satzung abschließend geklärt werden soll, der Anwendbarkeit des § 6 Satz 1 UmwRG. Vor diesem Hintergrund ist auch § 87b VwGO, auf den die Regelung des § 6 UmwRG zurückgreift, im Normenkontrollantragsverfahren nach zutreffender Ansicht nicht anwendbar.
53Vgl. etwa Schmid, in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 87 b Rn. 14.
54Ferner würde die Anwendung des § 6 Satz 1 UmwRG in einer Vielzahl von Fällen mit der einjährigen Rügefrist des § 215 Abs. 1 Satz 1 BauGB konfligieren, die im Normenkontrollverfahren praktisch wie eine Antragsbegründungsfrist wirkt.
55Vgl. zu letzterem Külpmann, Anmerkung zum Beschluss des BVerwG vom 11.9.2019 - 4 BN 17.19 -, juris.
56Dem steht die Begründung des Gesetzentwurfs zur Neufassung der Bestimmung nicht entgegen. Danach sollte das Beschleunigungspotential auch im erweiterten Anwendungsbereich des UmwRG genutzt werden; Gegenstand der Erweiterung waren besondere Rechtspositionen für anerkannte Umweltvereinigungen, deren Rechtsbehelfe durch Ergänzungen in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 4 - 6 UmwRG erweitert werden sollten.
57Vgl. BT-Drs. 18/9526, S. 41 und 23, 33.
58Für die Gesetzeslage vor der Neufassung des § 6 UmwRG war hingegen unbestritten, dass die Begründungsobliegenheit, die seit 2013 in § 4a Abs. 1 UmwRG geregelt war, Normenkontrollverfahren nicht erfasste.
59Ungeachtet dessen ist - auch im Falle der unterstellten Anwendbarkeit des § 6 Satz 1 UmwRG - das Vorbringen der Antragstellerin gemäß § 6 Satz 3 UmwRG i. V. m. § 87b Abs. 3 Satz 3 VwGO zuzulassen. Gemäß § 6 Satz 3 UmwRG gilt § 87b Absatz 3 Satz 2 und 3 VwGO entsprechend. Nach § 87b Abs. 3 Satz 3 VwGO gilt Satz 1 des Absatz 3 nicht, wenn es mit geringem Aufwand möglich ist, den Sachverhalt auch ohne Mitwirkung des Beteiligten zu ermitteln. Das war vorliegend der Fall. Die vorerörterte Fragestellung zur hinreichenden Berücksichtigung der Planungshoheit der Antragstellerin mit Blick auf die im Flächennutzungsplan dargestellten Wohngebiete ergab sich bereits aus den dem Senat vorliegenden Aufstellungsvorgängen, namentlich aus dem Schreiben der Antragstellerin vom 30.4.2014. Darüber hinaus bedurfte es nur der Einsichtnahme in den- nach § 6 Abs. 5 BauGB öffentlich bekannt gemachten - Flächennutzungsplan der Antragstellerin einerseits und in das in den Aufstellungsvorgängen befindliche Lärmgutachten sowie das dort vorhandene Lärmimmissionsraster andererseits.
60Der aufgezeigte Mangel der Abwägung erfasst den angefochtenen Plan auch in seiner Gesamtheit.
61b) Ferner liegt nach dem Maßstab des § 2 Abs. 3 BauGB ein Ermittlungs- und Bewertungsfehler auch hinsichtlich der Belange des städtebaulichen Denkmalschutzes i. S. d. § 1 Abs. 6 Nr. 5 BauGB vor.
62Die Windenergieanlage 6 tritt entgegen der Simulation des der Abwägung des Rates zugrundeliegenden E.-Gutachtens vom 3.4.2017 vom Betrachtungspunkt 1b aus in wesentlich größerem Umfang als dort angenommen in Erscheinung. Der im Bau befindliche Turm der Windenergieanlage 6 (wie auch schon der - nach den Angaben der Antragsgegnerin 136 m hohe - Baukran) ist hinter dem D. Tor deutlich zu sehen. Diesen Eindruck hat der Berichterstatter des Senats bei der Ortsbesichtigung gewonnen und dem Senat in der Beratung vermittelt. Diesen Umstand räumt auch die Antragsgegnerin mit ihrem Schriftsatz vom 2.1.2020 ein. Infolgedessen ist hier zwar nicht der landesrechtliche Denkmalschutz betroffen. Maßstab für die Feststellung eines Eingriffs in den landesrechtlichen Denkmalschutz ist der jeweilige Denkmalwert der unter Schutz gestellten Sache, so wie er vor allem der Eintragung in der Denkmalliste und der ihr beigefügten Begründung zu entnehmen ist.
63Vgl. OVG NRW, Urteile vom 8.3.2012 - 10 A 2037/11 -, BRS 79 Nr. 210 = BauR 2012, 1781 und vom 4.12.2015 - 7 A 823/14 -, BRS 83 Nr. 136.
64Der Senat vermag weder nach Maßgabe der Eintragung in die Denkmalliste für die Stadtbefestigung N. einschließlich der Stadttore noch nach dem Inhalt der Denkmalbereichssatzung zu erkennen, dass etwa dem D. Tor ein auch die in erheblichem Abstand errichtete Windenergieanlage 6 umfassender Umgebungsschutz zukommt. Soweit sich die Antragsgegnerin im Rahmen ihrer Planung u. a. mit der Sichtbarkeit der Windenergieanlage im Hintergrund des D. Tors beschäftigt hat, hat sie jedoch städtebaulichen Denkmalschutz betrieben, in dessen Rahmen sie - wie bereits ausgeführt - auch nicht vom landesrechtlichen Denkmalschutz erfasste Gesichtspunkte bzw. darüber hinausgehende Belange ermitteln und bewerten kann.
65Vgl. dazu auch Battis in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 14. Auflage, § 1 Rn. 62, m. w. N.
66Das der Abwägung zugrunde gelegte E.-Gutachten ging von einer relevanten Sichtbeziehung von der K.-gasse auf das D. Tor aus und nahm damit über die landesrechtliche Unterschutzstellung hinausgehende Belange des städtebaulichen Denkmalschutzes in den Blick. Aus der der Abwägung zugrunde gelegten unzutreffenden Beurteilung der Sichtbarkeit der Windenergieanlage hinter dem D. Tor resultiert damit ein nach § 2 Abs. 3 BauGB relevanter Ermittlungs- und Bewertungsfehler.
67Soweit die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat, auch die Klärung dieser Frage könne aufgrund der lediglich festgesetzten Maximalhöhe in das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren verlagert werden, so dass der Abwägungsmangel hier nicht erheblich sei, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Der über den landesrechtlichen Denkmalschutz hinausgehende städtebauliche Denkmalschutz ist im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren nicht Prüfungsmaßstab.
68Der Abwägungsmangel ist auch offensichtlich im Sinne von § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB und von Einfluss auf die getroffene Entscheidung gewesen. Es hätte die konkrete Möglichkeit bestanden, dass der Rat der Antragsgegnerin bei zutreffender Einschätzung des vorstehenden Sachverhalts etwa die zulässige Höhe der Windenergieanlage geringer festgesetzt hätte.
69Der Abwägungsmangel ist auch nicht gemäß § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB unbeachtlich geworden. Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 27.4.2018 und mit ihrem in Bezug genommenen zur Gerichtsakte gereichten Schreiben vom 9.2.2015 den Mangel hinreichend i. S. d. § 215 Abs. 1 Satz 1 BauGB gerügt. Dort wird das genannte Gutachten sinngemäß auch im Zusammenhang mit relevanten Blickachsen als unzureichend kritisiert. Dies war für die Antragsgegnerin ausreichender Anlass, die Validität des von ihr zugrunde gelegten Gutachtens noch einmal kritisch zu prüfen. Von der Antragstellerin war im Rahmen der sie treffenden Rügeobliegenheiten nicht zu verlangen, die unrichtige Darstellung des Blickes von der K.-gasse auf das D. Tor und die dahinterliegende Windenergieanlage konkret zu beanstanden. Denn eine solche Beanstandung wäre vor Errichtung der Windenergieanlage nur aufgrund sachverständiger Überprüfungen möglich gewesen, die sie im Rahmen des § 215 Abs. 1 Satz 1 BauGB mit ihrer Rüge nur anstoßen, aber nicht selbst durchführen musste.
70Auf die Einhaltung der Begründungsfrist nach § 6 Satz 1 UmwRG kommt es nicht an, weil die Vorschrift - wie oben ausgeführt - im vorliegenden Zusammenhang nicht anwendbar ist.
71Der Abwägungsfehler erfasst auch den Plan in seiner Gesamtheit. Mängel, die einzelnen Festsetzungen eines Bebauungsplans anhaften, führen nur dann nicht zu dessen Unwirksamkeit, wenn die übrigen Regelungen, Maßnahmen oder Festsetzungen für sich betrachtet noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB bewirken können und wenn die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gelangten Willen im Zweifel auch eine Satzung dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte.
72Vgl. BVerwG, Urteil vom 5.5.2015 - 4 C 4.14 -, BRS 83 Nr. 8 = BauR 2015, 1620.
73Es kann nicht mit der erforderlichen Sicherheit angenommen werden, dass nach dem im Planungsverfahren zum Ausdruck gelangten Willen der Antragsgegnerin die Planung hinsichtlich der übrigen Festsetzungen in gleicher Weise erfolgt wäre.
74Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
75Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
76Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht erfüllt sind.
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