Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 1 B 1384/21
Tenor
Der Antrag der Antragstellerin auf Berichtigung des Beschlusses des Senats vom 6. August 2021 – 1 B 1106/21 – wird abgelehnt.
Die Anhörungsrüge wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Rügeverfahrens.
1
Gründe:
2I. Der sinngemäße Antrag der Antragstellerin, die Tatsachenfeststellungen in dem angefochtenen Beschluss in entsprechender Anwendung des § 119 Abs. 1 VwGO, vgl. § 122 Abs. 1 Satz 1 VwGO, zu berichtigen bzw. zu ergänzen, hat keinen Erfolg.
31. Der Antrag ist bereits unzulässig. Der Antragstellerin fehlt das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Ein solches ergibt sich insbesondere nicht daraus, dass nach Ansicht der Antragstellerin ihr Vortrag im Beschwerdeverfahren nur unzutreffendoder unvollständig wiedergegeben worden sei.
4Das Institut der Tatbestandsberichtigung soll verhindern, dass ein unrichtig beurkundeter Prozessstoff Grundlage für die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts oder in einem späteren Verfahrensabschnitt wird.
5Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 31. Mai 2013 – 2 C 6.11 –, juris, Rn. 3 und vom 12. März 2014 – 8 C 16.12 –, juris, Rn. 9.
6Dies gilt sowohl mit Blick auf die gesteigerte urkundliche Beweiskraft des formellen Tatbestands oder sonstiger tatbestandlicher Feststellungen nach § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 314 ZPO in Urteilen als auch für tatbestandliche Feststellungen in Beschlüssen, denen diese gesteigerte Beweiskraft nicht zukommt. Beschlüsse haben jedenfalls die einfache Beweiskraft einer öffentlichen Urkunde, vgl. §§ 415, 417, 418 und insbesondere 371a Abs. 3 ZPO (Beweiskraft öffentlicher elektronischer Dokumente).
7Ungeachtet der Frage, ob das Rechtsschutzbedürfnis für eine Tatbestandsberichtigung vor diesem Hintergrund schon mit dem Eintritt der formellen Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung grundsätzlich entfällt,
8vgl. dafür OLG Bamberg, Beschluss vom 27. Februar 2013 – 1 W 11/13 –, juris, Rn. 11; dagegen Bay. VGH, Beschluss vom 12. Juni 2018 – 22 CS 17.2291 –, juris, Rn. 3, der allerdings grundsätzlich die Darlegung eines Rechtsschutzbedürfnisses verlangt,
9besteht jedenfalls bei gerichtlichen Entscheidungen, die wie der Beschluss vom 6. August 2021 von vorneherein nicht mit Rechtsmitteln anfechtbar sind, die genannte Gefahr nicht.
10Vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 12. Juni 2018– 22 CS 17.2291 –, juris, Rn. 2.
11Etwas anderes gilt auch nicht im Hinblick auf eine etwa im Anschluss beabsichtigte Verfassungsbeschwerde. Das Bundesverfassungsgericht ist nicht an die Tatsachenfeststellungen der Fachgerichte gebunden.
12Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 31. Mai 2013 – 2 C 6.11 –, juris, Rn. 3 und vom 12. März 2014 – 8 C 16.12 –, juris, Rn. 9; Kilian/Hissnauer, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 119, Rn. 17.
13Ein sonstiges anerkennenswertes Interesse der Antragstellerin an der begehrten Tatbestandsberichtigung ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich.
142. Der Tatbestandsberichtigungsantrag ist im Übrigen auch unbegründet. Der angegriffene Beschluss des Senats vom 6. August 2021 enthält weder Unrichtigkeiten noch Unklarheiten im Sinne von § 119 Abs. 1 VwGO.
15Gemäß § 119 Abs. 1 VwGO kann binnen zwei Wochen nach Zustellung des Urteils die Berichtigung des Tatbestands beantragt werden, wenn dieser andere – nicht nach § 118 VwGO zu korrigierende – Unrichtigkeiten oder Unklarheiten enthält. Die Unrichtigkeit eines Tatbestands kann sich aus der unzutreffenden oder widersprüchlichen Darstellung des Sachverhalts und aus der Auslassung wesentlicher Punkte ergeben. Eine Berichtigung des Tatbestands ist nur zulässig, wenn das Gericht eine entscheidungserhebliche Tatsache nicht oder falsch in die gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstands (§ 117 Abs. 3 Satz 1 VwGO) aufgenommen hat.
16Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. März 2017 ‒ 4 A 3244/06 ‒, juris, Rn. 3 ff., m. w. N.
17Ein Tatbestand mit Darstellung des Sach- und Streitstandes unter Hervorhebung der gestellten Anträge, wie er für Urteile gemäß § 117 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3 Satz 1 VwGO gesetzlich vorgeschrieben ist, ist für Beschlüsse allerdings nicht generell erforderlich.
18Vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Mai 1996 – 5 B 161.95 –, juris, Rn. 9.
19Auch Passagen in den Entscheidungsgründen von Beschlüssen mit Tatbestandsfunktion sind jedoch berichtigungsfähig.
20Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. September 2000 – 2 C 5.99 –, juris, Rn. 31.
21Nicht berichtigungsfähig sind hingegen die auf den Sachverhalt bezogenen Wertungen des Gerichts einschließlich der Beweiswürdigung, erst recht nicht die Rechtsausführungen.
22Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 12. März 2014 – 8 C 16.12 –, juris, Rn. 10 und vom 12. Juni 2017 – 6 C 9.17 –, juris, Rn. 2.
23Nach diesen Maßgaben geben die Rügen der Antragstellerin keine Veranlassung für eine Tatbestandsberichtigung oder -ergänzung.
24a) Mit dem Vortrag, der Senat habe das Vorbringen der Antragstellerin hinsichtlich der Begründung der angefochtenen Präsidiumsbeschlüsse fehlerhaft zusammengefasst (Schriftsatz vom 20. August 2021, S. 8), legt die Antragstellerin keine unrichtige Sachverhaltsdarstellung dar, sondern behauptet lediglich eine – nicht berichtigungsfähige – fehlerhafte Würdigung ihres Vortrags durch den Senat.
25b) Die Antragstellerin kann ferner die wörtliche Einfügung ihres Vorbringens aus dem Beschwerdeverfahren (Schriftsatz vom 20. August 2021, S. 9 letzter Abs. ff.) nicht verlangen. Der Tatbestandsberichtigungs- bzw. ‑ergänzungsanspruch verleiht keinen Anspruch auf eine Aufnahme ausführlicherer Darstellungen.
26Vgl. Sächs. OVG, Beschluss vom 10. Juli 2013 – 4 A 266/12 –, juris, Rn. 3; Kilian/Hissnauer, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 119, Rn. 7.
27Selbst für den Tatbestand eines Urteils verlangt § 117 Abs. 3 VwGO nur, den Sach- und Streitstand seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Für einen Beschluss, für den kein formaler Tatbestand erforderlich ist, kann daher erst recht keine umfassende Darstellung des Vortrags der Antragstellerin gefordert werden.
28c) Auch die weiter aufgeführten Anträge (Schriftsatz vom 20. August 2021, S. 35 ff., Teil B) bleiben insgesamt ohne Erfolg. Die Antragstellerin begehrt jeweils lediglich eine umfassendere Darstellung ihres Vortrags und ihrer eigenen Wertungen, auf die § 119 VwGO – wie dargelegt – indes keinen Anspruch verleiht.
29Ferner gilt hier noch Folgendes:
30(1) Die für Seite 5 des Beschlusses begehrte Ergänzung (Schriftsatz vom 20. August 2021, S. 35 f.) ist entbehrlich, weil der Vortrag unerheblich ist. Der Senat hat in dem Beschluss vom 6. August 2021 dargelegt, dass eine Beschwerde nach § 146 Abs. 4 VwGO mit der Behauptung von Verfahrensfehlern wie der Rüge einer Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht erfolgreich geführt werden kann.
31(2) Die für Seite 7 des Beschlusses gewünschten Ergänzungen (Schriftsatz vom 20. August 2021, S. 37 – 47) betreffen im Wesentlichen die rechtlichen Ausführungen und Wertungen des Senats und sind auch deshalb nicht berichtigungsfähig.
32(3) Auch auf die für Seite 8 des Beschlusses beantragte Ergänzung der Rechtsauffassung und des Vortrags der Antragstellerin besteht ersichtlich ebenso wenig ein Anspruch wie auf die gewünschte Tatbestandsergänzung auf Seite 10 des Beschlusses (Schriftsatz vom 20. August 2021, S. 50). Die nach Ansicht der Antragstellerin zu streichenden Ausführungen des Senats (Schriftsatz vom 20. August 2021, S. 50 unten) betreffen wiederum nur Rechtsausführungen.
33(4) Die beantragte Ergänzung für Seite 11 des Beschlusses stellt lediglich Ansichten der Antragstellerin dar. Auch die auf Seite 52 des Schriftsatzes vom 20. August 2021 beantragte Ersetzung betrifft die Wertung des Senats. Bei der ab Seite 53 des Schriftsatzes vom 20. August 2021 begehrten Ergänzung handelt es sich erneut um eine Wiederholung des Vortrags der Antragstellerin, die im Übrigen für die Entscheidung unerheblich war. Dies gilt auch für die weiteren Ausführungen ab Seite 55 des Schriftsatzes. Der Vortrag der Antragstellerin zur Erledigungsvorgabe war für die Entscheidung des Senats ebenfalls unerheblich (Beschluss vom 6. August 2021, S. 13). Auch bei der Ergänzung im Hinblick auf S. 13 des Beschlusses (Schriftsatz vom 20. August 2021, S. 56) handelt es sich nur um die Aufnahme ausführlicherer Darstellungen.
34(5) Hinsichtlich der von der Antragstellerin begehrten Streichung des Satzes auf Seite 14 des Beschlusses „Ebenso können die Möglichkeiten, Gerichtsverhandlungen mittels Videotechnik durchzuführen, weiter genutzt werden.“ wird darauf hingewiesen, dass sich dieser Hinweis in dem von der Antragstellerin selbst vorgelegten Schreiben des Präsidenten des Landgerichts X. zu der Ausgestaltung des Geschäftsbetriebs ab dem 5. Juli 2021 aus Juli 2021 befand. Eine Unrichtigkeit ist daher nicht ersichtlich.
35(6) Soweit die Antragstellerin auf S. 62 des Schriftsatzes vom 20. August 2021 begehrt, auf Seite 16 2. Absatz des Beschlusses vom 6. August 2021 in dem Satz „Solche ergeben sich auch nicht aus einer – ohnehin nur losen – zeitlichen Nähe zwischen dem…“ die Wörter „ohnehin nur losen“ zu streichen, wird darauf hingewiesen, dass es sich hier um eine nicht im Wege der Tatbestandsberichtigung zu ändernde gerichtliche Wertung des zeitlichen Zusammenhangs handelt.
36(7) Auch mit den von ihr ab Seite 63 des vorgenannten Schriftsatzes begehrten Ergänzungen möchte die Antragstellerin – erneut – lediglich ihre eigenen Wertungen und Ansichten in den Senatsbeschluss vom 6. August 2021 eingefügt wissen.
37II. Die Anhörungsrüge der Antragstellerin bleibt ebenfalls ohne Erfolg. Sie ist nicht begründet.
38Gemäß § 152a Abs. 1 Satz 1 VwGO ist auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten das Verfahren fortzuführen, wenn (wie hier) ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf nicht gegeben ist und wenn das Gericht den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
39Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Die Antragstellerin hat nicht dargelegt, dass der Senat in dem angegriffenen Beschluss vom 6. August 2021 ihr rechtliches Gehör verletzt hat.
40Der Anspruch auf rechtliches Gehör verpflichtet das Gericht, die Parteien über den Verfahrensstoff zu informieren und ihnen Gelegenheit zur Äußerung zu geben. Es hat die Ausführungen und Anträge der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei der Entscheidung in Erwägung zu ziehen.
41Vgl. BVerfG, Plenumsbeschluss vom 30. April 2003 – 1 PBvU 1/02 –, juris, Rn. 42.
42Das Gericht ist dabei allerdings nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen – also jedem einzelnen Argument – in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich zu befassen, namentlich nicht bei einer (wie hier) letztinstanzlichen, mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht mehr angreifbaren Entscheidung. Grundsätzlich ist vielmehr davon auszugehen, dass die Gerichte das von ihnen entgegengenommene Parteivorbringen zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben, es sei denn es gäbe im Einzelfall ersichtlich besondere Anhaltspunkte für das Gegenteil. Letzteres ist (etwa) der Fall, wenn das Gericht auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags einer Partei zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, nicht eingeht und dieser Vortrag nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts auch nicht unerheblich oder offensichtlich unsubstantiiert war.
43Vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Dezember 2017 – 2 BvR 1872/17 –, juris, Rn. 29, m. w. N.
44Die Verletzung rechtlichen Gehörs ist nach § 152a Abs. 2 Satz 6 VwGO von dem Rügeführer darzulegen. Darlegen in diesem Sinne bedeutet, einen Gehörsverstoß nicht nur zu behaupten, sondern unter konkreter Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung fallbezogen zu erläutern und substantiiert aufzuzeigen. Wird – wie hier – gerügt, das Gericht habe Ausführungen nicht zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen, muss der Rügeführer sowohl das entsprechende Vorbringen konkret bezeichnen als auch die besonderen Umstände des Einzelfalles anführen, die die Vermutung entkräften, dass sich das Gericht der aus Art. 103 Abs. 1 GG folgenden Pflichten regelmäßig auch dann bewusst gewesen und diesen nachgekommen ist, wenn die Entscheidungsgründe nicht auf alle vorgetragenen Einzelargumente ausdrücklich eingehen.
45Die Anhörungsrüge hat dagegen nicht die Funktion, den Streit in der Sache neu zu eröffnen. Der Anspruch auf rechtliches Gehör schließt nicht mit ein, dass das Gericht den Argumenten eines Beteiligten in der Sache folgt. Ausführungen, die sich mit der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung und der vom Gericht angeführten Argumente befassen, sind daher nicht geeignet, einen Gehörsverstoß darzutun.
46Gemessen an diesen Vorgaben hat die Antragstellerin in der Rügeschrift einen Gehörsverstoß nicht dargelegt. Sie eröffnet mit ihrem Vorbringen, das fast alle in dem Beschluss behandelten Rechtszusammenhänge betrifft, vielmehr den Streit in der Sache neu, indem sie unter Wiederholung ihres bisherigen Vortrag ihre Ansicht darlegt, die angegriffenen Präsidiumsbeschlüsse seien willkürlich ergangen. Die Richtigkeit der damit im Wesentlichen angegriffenen Einschätzung des Senats, dass keine willkürlichen Präsidiumsbeschlüsse vorliegen, ist wie ausgeführt kein tauglicher Gegenstand der Anhörungsrüge. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass das Beschwerdevorbringen nicht zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen worden wäre, bietet das Rügevorbringen dagegen nicht. Der Senat hat in seinem Beschluss alle zentralen Punkte des Beschwerdevorbringens gewürdigt und ist auf sie unter Berücksichtigung ihrer (aus der Sicht des Senats zu bestimmenden) Rechtserheblichkeit auch argumentativ eingegangen. Eine umfassende Darstellung des umfangreichen Vortrags der Antragstellerin war entgegen ihrer Ansicht nicht erforderlich. Daraus, dass der Senat den Wertungen der Antragstellerin nicht folgt, kann nicht der Schluss gezogen werden, der Senat habe ihren Vortrag nicht zur Kenntnis genommen.
47Ergänzend gilt zu den einzelnen Rügen:
48a) Der auf den gesamten Vortrag der Antragstellerin bezogene pauschale Verweis auf Gehörsverletzungen (Schriftsatz vom 20. August 2021, S. 65), die nach Ansicht der Antragstellerin die Willkür der Präsidiumsbeschlüsse aufzeigen sollten, genügt bereits nicht den Darlegungsvoraussetzungen.
49b) Der Vortrag der Antragstellerin zu einer angeblichen Verletzung des rechtlichen Gehörs durch das Verwaltungsgericht (Schriftsatz vom 20. August 2021, S. 65 f.) war – wie bereits ausgeführt – nicht entscheidungserheblich.
50c) Die Ausführungen ab Seite 66 des Rügeschriftsatzes lassen ebenfalls eine Gehörsverletzung nicht erkennen, sondern wiederholen lediglich die Ansicht der Antragstellerin, sie habe die Willkür der Präsidiumsbeschlüsse dargelegt.
51d) Die von der Antragstellerin auf Seite 68 f. des Schriftsatzes wiedergegebenen Aspekte wurden von dem Senat zur Kenntnis genommen, jedoch nicht in dem Sinne der Antragstellerin gewertet. So konnte der Senat auch unter Berücksichtigung der Widersprüche der Antragstellerin gegen ihre Beurteilung sowie Maßnahmen der Justizverwaltung keine Willkür der Präsidiumsbeschlüsse erkennen (vgl. S. 15 f. des Beschlusses vom 6. August 2021).
52e) Auch das Vorbringen ab Seite 69 des Schriftsatzes vom 20. August 2021 lässt eine Gehörsverletzung nicht erkennen. Wie auf Seite 15 des Beschlusses vom 6. August 2021 ausgeführt, kam es auf die Umsetzung im Bereich der 18. Zivilkammer nach der maßgeblichen Rechtsansicht des Senats nicht an. Auch die weiteren Rügen der Antragstellerin zur Personalnot am Amtsgericht X. sowie zu dem Wechsel von Herrn Richter am Landgericht F. beziehen sich auf die – nach Ansicht des Senats nicht erhebliche – Frage der Zweckmäßigkeit des Präsidiumsbeschluss.
53f) Im Hinblick auf die Bekanntgabe der Impftermine durch die Antragstellerin ist eine Verletzung des rechtlichen Gehörs ebenfalls nicht ersichtlich. Der Senat hat den Vortrag der Antragstellerin ausdrücklich zur Kenntnis genommen und dem Beschluss zugrunde gelegt (vgl. Beschluss vom 6. August 2021, S. 11 unten, S. 13 unten). Dass die Antragstellerin den Sachverhalt anders wertet als der Senat führt nicht zu einer Gehörsversverletzung.
54g) Die von der Antragstellerin gerügte Gehörsverletzung im Hinblick auf den Eingangsrückgang der Verfahren nach § 335a HGB ist nicht ersichtlich. Der Senat hat den durch Zahlen belegten Rückgang der Eingänge ebenso zur Kenntnis genommen wie den von der Antragstellerin mit Schriftsatz vom 4. August 2021 vorgetragenen Anstieg der Eingänge (vgl. Seite 13 des Beschlusses vom 6. August 2021). Die Antragstellerin trägt selbst mit Schriftsatz vom 20. August 2021 vor, die Eingänge seien von 6.329 Verfahren in 2019 auf 4.276 Verfahren in 2020 gesunken. Es ist daher nicht erkennbar, dass die Annahme einer Verringerung der Eingänge der Verfahren nach § 335a HGB im Zeitraum 2019 bis April 2021 falsch wäre. Mit ihren Ausführungen zu der weiteren Eingangsentwicklung (Schriftsatz vom 20. August 2021, S. 76 f.) trägt die Antragstellerin lediglich erneut ihre eigene Einschätzung vor.
55Auch die Ausführungen zum Bestandsaufbau der Kammer der Antragstellerin wurden vom Senat zur Kenntnis genommen. Die Antragstellerin rügt diesbezüglich auf Seite 78 ff. des Schriftsatzes vom 20. August 2021 unter Wiederholung ihres bisherigen Vortrags erneut lediglich die inhaltliche Bewertung durch den Senat. Im Übrigen waren die einzelnen Zahlen zu dem nach Ansicht der Antragstellerin gezielt erfolgten Bestandsaufbau der Kammer bereits für die streitgegenständliche Frage des Wechsels der Antragstellerin bereits unerheblich (vgl. Beschluss vom 6. August 2021, S. 12). Die Ausführungen der Antragstellerin hierzu können daher von vornherein keinen Gehörsverstoß begründen.
56Dies gilt auch für die Ausführungen zu angeblichen Erledigungsvorgaben ab Seite 83 des Schriftsatzes vom 20. August 2021. Auch die Frage der Erledigungsvorgaben war nach der maßgeblichen Rechtsansicht des Senats für die Frage der Rechtmäßigkeit der Geschäftsverteilung unerheblich (Beschluss vom 6. August 2021, S. 13).
57h) Die ab Seite 85 des Schriftsatzes vom 20. August 2021 im Hinblick auf die persönliche Situation der Antragstellerin gerügte Gehörsverletzung ist ebenfalls nicht erkennbar. Die Antragstellerin wiederholt lediglich ihre bereits mehrfach vorgetragene Ansicht, auch sie habe im Homeoffice bleiben müssen. Ob das Attest für den Lebensgefährten der Antragstellerin nach den angegriffenen Präsidiumsbeschlüssen zum Gegenstand der Beratung gemacht worden ist, ist für die in dem gerügten Beschluss streitgegenständlichen Präsidiumsbeschlüsse ersichtlich ohne Bedeutung. Im Hinblick auf den Einsatz von Videotechnik wird – wie bereits oben dargelegt – darauf hingewiesen, dass sich diese Möglichkeit aus einem von der Antragstellerin selbst vorgelegten Schreiben des Präsidenten des Landgerichts X. ergibt.
58i) Ab Seite 88 des Anhörungsrügeschriftsatzes wiederholt die Antragstellerin erneut ihren Vortrag zu Auffälligkeiten der Besetzung der 18. Zivilkammer und einer Überbesetzung der Strafkammern bzw. Strafvollstreckungskammern. Auf diese Fragen ist der Senat in dem Beschluss vom 6. August 2021 eingegangen (vgl. dort S. 15). Dies gilt auch für die von der Antragstellerin auf ab Seite 98 des Rügeschriftsatzes wiederholten Ausführungen im Hinblick auf die Frage der Ausbildung von Richterinnen und Richtern im Strafbereich. Eine Gehörsverletzung liegt insoweit nicht vor.
59j) Was die von der Antragstellerin bemängelte Ungleichbehandlung mit anderen Richterinnen angeht, die weiterhin im Homeoffice arbeiten können, ist eine Gehörsverletzung nicht dargelegt. Der Senat hat auch insoweit den Vortrag der Antragstellerin gewürdigt, wenn auch nicht in ihrem Sinn (Beschluss vom 6. August 2021, S. 14 f.).
60k) Auch im Hinblick auf die Ausführungen ab Seite 106 des Schriftsatzes vom 20. August 2021 legt die Antragstellerin keine Gehörsverletzung dar. Vielmehr rügt sie erneut die inhaltliche Bewertung ihres Vortrags durch den Senat. Die Tatsache, dass der Senat den inhaltlichen Schlussfolgerungen der Antragstellerin nicht folgt, begründet jedoch wie bereits mehrfach dargestellt in keiner Weise eine Gehörsverletzung.
61l) Dass der Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 30. Juli 2021 ihrem Prozessbevollmächtigten nicht (rechtzeitig) zugegangen ist, verletzt die Antragstellerin im Ergebnis ebenfalls nicht in ihrem Recht auf rechtliches Gehör. Die Antragstellerin hat schon nicht dargelegt, was sie auf diesen Schriftsatz vorgetragen hätte und inwiefern dieser Vortrag entscheidungserheblich gewesen sein könnte. Sie wiederholt lediglich ihren bereits bekannten und berücksichtigten Vortrag zu dem Verlauf der Präsidiumssitzung und der aus ihrer Sicht gegebenen Ungleichbehandlung.
62Der in dem Schriftsatz der Antragsgegnerin enthaltene Vortrag erschöpfte sich im Übrigen im Wesentlichen in einer Wiederholung des bisherigen gegnerischen Vortrags und war zudem nicht entscheidungserheblich.
63Im Hinblick auf die Beibehaltung der Heimarbeitsregeln für die Richterinnen Dr. I. und L. kam es auf die in dem Schriftsatz ergänzten Einzelheiten nicht entscheidungserheblich an. Wie die Antragstellerin selbst vorträgt, hat die Antragsgegnerin bereits unter dem 18. Juni 2021 zur Situation der weiterhin in Heimarbeit tätigen Kolleginnen ausgeführt.
64Die mit Schriftsatz vom 20. Juli 2021 durch die Antragsgegnerin erfolgte Ergänzung im Hinblick auf das Turnussystem in EHUG-Verfahren war für die Entscheidung des Senats ebenso wie der Wechsel von Frau Richterin vom Amtsgericht T. zum Landgericht X. für das Verfahren ohne Bedeutung. Soweit die Antragstellerin der Ansicht ist, dies sei entscheidungserheblich gewesen, weil der Senat auf Seite 9 des Beschlusses vom 6. August 2021 zur Begründung der unterjährigen Änderung der Geschäftsverteilung unter anderem auf den Wechsel von Herrn Richter am Landgericht L1. abgestellt hat, so übersieht sie, dass dies auch unter Berücksichtigung des gleichzeitigen Wechsels von Frau Richterin am Amtsgericht T. vom Amtsgericht an das Landgericht weiterhin gilt. Im Übrigen ist auch dieser Wechsel ausdrücklich in der Begründung des Präsidiumsbeschlusses vom 10. Juni 2021 enthalten und kein neuer Vortrag. Insoweit hat auch die Antragstellerin bereits mit Schriftsatz vom 26. Juli 2021 ausgeführt, eine Personalnot am Amtsgericht X. erschließe sich bei dem Hintergrund der Abordnung von Richterin am Amtsgericht T. an das Landgericht X. nicht.
65m) Auch die von der Antragstellerin bemängelte Formulierung in dem Beschluss, sie habe mit den in den Schriftsätzen vom 28. Juni 2021 sowie 13. Juli 2021 fristgerecht dargelegten Beschwerdegründen (Beschluss vom 6. August 2021, S. 2) die Wertung des Verwaltungsgerichts nicht in Frage gestellt, begründet keine Gehörsverletzung. Der Senat hat den gesamten Vortrag aus allen Schriftsätzen der Antragstellerin umfassend zur Kenntnis genommen, wie sich beispielsweise daran zeigt, dass der von der Antragstellerin mit Schriftsatz vom 4. August 2021 vorgetragene Anstieg der Eingänge der Verfahren nach § 335a HGB erwähnt wird (vgl. Beschluss vom 6. August 2021, S. 13, 2. Absatz). Die Ausführungen in dem nicht ausdrücklich genannten Schriftsatz der Antragstellerin vom 26. Juli 2021 wiederholen und ergänzen lediglich die bereits zuvor vorgetragenen Beschwerdegründe. Dies wird bereits an den in diesem Schriftsatz auf Seiten 2, 3, 5, 6, 7, 8, 9 und 11 erfolgten Bezugnahmen auf den Schriftsatz vom 13. Juli 2021 bzw. auf frühere Schriftsätze deutlich.
66n) Die Rüge der Antragstellerin, in der Einschätzung des Senats, ein Anordnungsanspruch sei nicht glaubhaft gemacht, liege eine Verletzung ihres rechtlichen Gehörs, greift ebenfalls nicht durch. Diese Einschätzung beruht vielmehr auf der rechtlichen Bewertung der von der Antragstellerin vorgetragenen Tatsachen und nicht – wie die Antragstellerin offensichtlich meint – darauf, dass die entsprechenden Tatsachen nicht glaubhaft gemacht worden seien.
67Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 154 Abs. 2 VwGO.
68Dieser Beschluss ist hinsichtlich des Antrags auf Tatbestandsberichtigung nach § 119 Abs. 2 Satz 2 VwGO sowie hinsichtlich der Anhörungsrüge nach § 152a Abs. 4 Satz 3 VwGO unanfechtbar.
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