Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 11 A 1572/22.A
Tenor
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
G r ü n d e :
2Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
3I. Die geltend gemachte Divergenz (§ 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylG) wird nicht gemäß den gesetzlichen Erfordernissen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG dargelegt. Der Kläger macht geltend, die Vorinstanz sei vom Urteil des beschließenden Senats vom 20. Juli 2021 - 11 A 1674/20.A -, juris, abgewichen.
4Mit der Benennung dieser konkreten Entscheidung wird zwar einem der Erfordernisse des Darlegens einer Divergenzrüge Genüge getan.
5Vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 4. November 1991 - 7 B 53.91 -, NVwZ 1992, 661 = juris, Rn. 9.
6Mit dem behaupteten Tatsachensatz,
7„dass einem Dublin-III-Rückkehrer ‚für den Fall seiner Rückkehr nach Italien die ernsthafte Gefahr einer erniedrigenden Behandlung i.S.d. Art. 4 GRCh oder Art. 3 EMRK droht‘. Der Senat ist davon überzeugt, dass ein solcher Rückkehrer ‚mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit unabhängig von seinem Willen und seinen persönlichen Entscheidungen in Italien in eine Situation extremer materieller Not geraten wird und seine elementarsten Bedürfnisse (‚Bett, Brot, Seife‘) für einen längeren Zeitraum nicht wird befriedigen können‘. Noch im italienischen Asylverfahren befindliche bzw. in Italien schutzberechtigte Kläger werden im Falle einer Rücküberstellung nach Italien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit keinen Zugang zu einer Aufnahmeeinrichtung und einer damit verbundenen Versorgung erhalten werden, auch keine andere menschenwürdige Unterkunft finden und sich nicht aus eigenen durch Erwerbstätigkeit zu erzielenden Mitteln mit den für ein Überleben notwendigen Gütern versorgen können.“,
8wird eine Divergenzrüge nicht im Sinne des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylVfG dargelegt. Denn der Zulassungsantrag verdeutlicht nicht, dass die erste Instanz einen die Entscheidung tragenden abstrakten Rechts- oder Tatsachensatz aufgestellt hätte, der einem ebensolchen Satz in dem als Referenzentscheidung bezeichneten Urteil des erkennenden Gerichts widerspräche.
9Eine solche Feststellung bezüglich sog. Dublin-Rückkehrern hat der beschließende Senat in dem mit dem Zulassungsantrag genannten Urteil schon nicht getroffen, da Gegenstand jenes Verfahrens eine Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG gegenüber einem in Italien anerkannten Schutzberechtigten war.
10Sofern der Kläger beabsichtigt haben sollte, eine Divergenz zum Urteil des beschließenden Senats ebenfalls vom 20. Juli 2021 - 11 A 1689/20.A -, juris, geltend zu machen, so zeigt er nicht auf, dass in dieser Entscheidung ein solcher Satz in dieser Allgemeinheit für alle Dublin-Rückkehrer aufgestellt worden wäre.
11Entscheidend hat der beschließende Senat darauf abgestellt, dass ein Kläger, der vor seiner Antragstellung in Deutschland einen Asylantrag in Italien gestellt hat, im Falle einer im Rahmen des Dublin-Verfahrens erfolgenden Rücküberstellung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit keinen Zugang zu einer Aufnahmeeinrichtung und der damit verbundenen Versorgung haben wird, wenn die Voraussetzungen des Art. 23 Nr. 1 der Gesetzesverordnung („decreto legislativo“) Nr. 142/2015 vom 18. August 2015 vorliegen. Danach kann der zuständige Präfekt die Aberkennung von Betreuungsmaßnahmen anordnen, wenn der Asylantragsteller/die Asylantragstellerin im zugeteilten Empfangszentrum nicht erscheint oder dieses ohne vorherige Mitteilung verlässt (Art. 23 Nr. 1a) oder wenn der Asylantragsteller/die Asylantragstellerin nicht zur Anhörung erscheint, obwohl er/sie darüber informiert worden ist (Art. 23 Nr. 1 b).
12Vgl. OVG NRW, Urteil vom 20. Juli 2021 - 11 A 1689/20.A -, juris, Rn. 60 ff. m. w. N.
13Von dieser Prämisse ist auch das Verwaltungsgericht im angegriffenen Urteil ausgegangen (Urteilsabdruck, S. 10 f.).
14II. Die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) wird nicht entsprechend den gesetzlichen Erfordernissen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG dargelegt.
15Zur Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung muss eine tatsächliche oder rechtliche Frage aufgeworfen werden, die entscheidungserheblich ist und über den Einzelfall hinaus im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder Fortentwicklung des Rechts einer Klärung bedarf.
16Vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Juli 1984 - 9 C 46.84 -, BVerwGE 70, 24 ff. = juris, Rn. 16 (zu § 32 Abs. 2 Nr. 1 AsylVfG a. F.), und Beschlüsse vom 2. Oktober 1984 - 1 B 114.84 -, InfAuslR 1985, 130 f., sowie vom 19. Juli 2011 - 10 B 10.11, 10 PKH 4.11 -, juris, Rn. 3.
17Diesen Anforderungen wird das Zulassungsvorbringen nicht gerecht.
18Der Kläger formuliert schon keine tatsächliche oder rechtliche Frage, die für das Verwaltungsgericht entscheidungserheblich war.
19Die sinngemäß für grundsätzlich bedeutsam erachte Frage,
20ob auch ein Kläger, der vor seiner Antragstellung in Deutschland keinen Asylantrag in Italien gestellt hat, im Falle einer im Rahmen des Dublin-Verfahrens erfolgenden Rücküberstellung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit keinen Zugang zu einer Aufnahmeeinrichtung und der damit verbundenen Versorgung haben wird,
21bedarf nicht im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder Fortentwicklung des Rechts einer Klärung. Sie ist in der Rechtsprechung des beschließenden Senats - verneinend - geklärt.
22Vgl. Beschluss vom 15. Juli 2022 - 11 A 1138/21.A -, juris.
23III. Die geltend gemachte Gehörsrüge (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i. V. m. § 138 Nr. 3 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG) greift nicht durch.
24Einen Gehörsverstoß legt der Kläger nicht mit dem Einwand dar, es hätte sich dem Verwaltungsgericht aufdrängen müssen, dass eine gutachterliche Klärung der Frage geboten sei, ob ein Zugang zu einer Aufnahmeeinrichtung sich für Erstantragsteller im Gegensatz zu anerkannten Flüchtlingen unproblematisch gestalten bzw. aufgrund einfach zu erlangender Erwerbstätigkeit überflüssig würde.
25Die Verfahrensrüge einer nicht ordnungsgemäßen Aufklärung des Sachverhalts ist kein Berufungszulassungsgrund im asylverfahrensrechtlichen Sinn. Eine mögliche Verletzung der dem Gericht gemäß § 86 Abs. 1 VwGO obliegenden Aufklärungspflicht gehört grundsätzlich nicht zu den in § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i. V. m. § 138 VwGO bezeichneten Verfahrensmängeln, bei deren Vorliegen die Berufung zuzulassen ist.
26Vgl. etwa OVG NRW, Beschlüsse vom 31. März 2003 - 11 A 3518/02.A -, juris, Rn. 4 ff., m. w. N., und vom 15. Februar 2018 - 13 A 342/18.A -, juris, Rn. 22 f., m. w. N.
27Eine unterbliebene, allerdings gebotene Sachverhaltsaufklärung kann zwar im Einzelfall einen Verstoß gegen das rechtliche Gehör darstellen. Ein solcher Einzelfall liegt hier aber nicht vor.
28Der Kläger macht geltend, auch Personen, die in Italien noch nicht als Schutzberechtigte anerkannt seien, erhielten keinen Platz in einer Aufnahmeeinrichtung. Es bestehe oft Obdachlosigkeit für Wochen, bis Asylantragsteller untergebracht würden. Für den Fall der Aufnahme bestünde nur eine geringe Chance auf einen Platz in einer Einrichtungen des SAI, in der nur - im Gegensatz zur einer Einrichtung des CAS - eine ausreichende psychologische Unterstützung und Integrationsleistungen gewährt würden. Zudem drohe dem auf psychologische Unterstützung angewiesenen Kläger bei einer Behandlung schon der Verlust des Einrichtungsplatzes, sofern er dafür die Unterkunft für eine Nacht verlassen müsse.
29Insoweit kann er sich auf einen Gehörsverstoß nicht berufen, weil es ihm im gesamten gerichtlichen Verfahren offen gestanden hätte, förmliche Beweisanträge zu stellen, um sich selbst das rechtliche Gehör zu verschaffen.
30Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 4. Juli 1983 - 9 B 10275.83 -, Buchholz 340 § 3 VwZG Nr. 9, S. 4 = juris, Rn. 5, und vom 13. Januar 2000 - 9 B 2.00 -, Buchholz 310 § 133 (n. F.) VwGO Nr. 53, S. 13 f. = juris, Rn. 3.
31Von dieser Möglichkeit hat er ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung keinen Gebrauch gemacht. Ein Gericht verletzt seine Pflicht zur erschöpfenden Sachverhaltsaufklärung grundsätzlich dann nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die eine durch einen Rechtsanwalt vertretene Partei in der mündlichen Verhandlung nicht ausdrücklich beantragt hat. Die nunmehr erhobene Aufklärungsrüge kann nicht dazu dienen, Beweisanträge zu ersetzen, die ein Beteiligter in zumutbarer Weise hätte stellen können, jedoch zu stellen unterlassen hat.
32Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 20. Juni 2001 - 4 B 41.01 -, NVwZ-RR 2001, 713 (714) = juris, Rn. 15, und vom 21. Mai 2014 - 6 B 24.14 -, juris, Rn. 9.
33Dass ein Beweisantrag nicht gestellt wurde, wäre nur dann unerheblich, wenn sich dem Gericht auch ohne ausdrücklichen Beweisantrag eine weitere Ermittlung des Sachverhalts hätte aufdrängen müssen. Die Rüge muss allerdings insoweit schlüssig aufzeigen, dass das Gericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung Anlass zu weiterer Aufklärung hätte sehen müssen. Es muss ferner dargelegt werden, welche tatsächlichen Feststellungen bei der Durchführung der unterbliebenen Aufklärung voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern das unterstellte Ergebnis zu einer günstigeren Entscheidung hätte führen können.
34Vgl. BVerwG, Beschluss 21. Mai 2014 - 6 B 24.14 -, Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 63, S. 91 = juris, Rn. 11.
35Die hiernach erforderlichen Darlegungen enthält der Zulassungsantrag nicht, so dass eine Verfahrensrüge schon deshalb ins Leere ginge.
36Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt und im Einzelnen unter Berücksichtigung der ihm vorliegenden Erkenntnismittel begründet, dass dem Kläger ein Recht auf Unterbringung zustehe, das er auch aufgrund der bisher fehlenden Asylantragstellung in Italien nicht verloren habe. Soweit behauptet werde, es drohe „oftmals“ über Wochen bis zur offiziellen Antragsabgabe Obdachlosigkeit, fehle es an jeglichen Belegen. Der für Dublin-Verfahren Italien zuständigen Kammer sei aus mehreren Hundert Verfahren kein Fall bekannt, in dem eine Person, die in Italien erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe, zunächst bis zur offiziellen Antragstellung obdachlos geblieben wäre. Es seien auch keine besonderen individuellen Umstände ersichtlich, die die Feststellung einer beachtlich wahrscheinlichen Gefahr gebieten würden, der Kläger sei im Falle eines - unterstellten - erfolgreichen Abschlusses seines Asylverfahrens in Italien von unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh bedroht. Die besonderen Probleme, die sich Personen stellten, die als Schutzberechtigte nach Italien zurückkehrten, ergäben sich so für den Kläger nicht, da dieser zunächst das reguläre Asylverfahren durchlaufen werde und diesen Zeitraum sowie den Anschlusszeitraum im Falle der Zuerkennung der Schutzberechtigung nutzen könne, um Maßnahmen zu ergreifen, die es ihm ermöglichten, sich anschließend aus eigenen durch Erwerbstätigkeit zu erzielenden Mitteln mit den für ein Überleben notwendigen Gütern zu versorgen. Mit ihrer Anerkennung hätten Schutzberechtigte ein Recht auf Zugang zu einem SAI-Projekt. Diese Projekte sollten Sprachkurse, Arbeitsintegrationsprogramme, psychologische Unterstützung, juristische Beratung und andere Leistungen anbieten. Darüber hinaus sehe das Gesetz Nr. 173/2020 zusätzliche Integrationsmaßnahmen vor, die am Ende des Aufnahmezeitraums im SAI-Netzwerk durch die zuständigen Verwaltungen im Rahmen ihrer jeweiligen personellen und finanziellen Ressourcen angeboten würden. Diese Angebote sähen u. a. Sprachtraining mit dem Ziel, die italienische Sprache mindestens auf dem Niveau A1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen zu beherrschen, sowie Aufklärung über öffentliche Dienstleistungen und zur Arbeitsvermittlung vor (Urteilsabdruck, S. 10 - 12). Es sei davon auszugehen, dass der Kläger nach dem - unterstellten - erfolgreichen Abschluss seines Asylverfahrens in Italien seinen Lebensunterhalt durch eigene Erwerbstätigkeit bestreiten könne, auch wenn eine erfolgreiche Arbeitssuche schwierig sein möge. Die erforderlichen grundlegenden Kenntnisse der italienischen Sprache könne er in den nach der Zuerkennung eines Schutzstatus vorgesehenen Integrationsmaßnahmen erwerben. Darüber hinaus verfüge er über eine höhere Schulbildung und einen Hochschulabschluss in sozialer Arbeit sowie mehrjährige praktische Erfahrungen in verschiedenen Berufsfeldern. So habe er nach seinen Angaben im Iran zuletzt als Sekretär des Chefs in einer Firma gearbeitet, die Computerprogramme entwickelt habe. Davor sei er, wie auch derzeit in Deutschland, in einem Restaurant tätig gewesen. Er habe auch in einem Geschäft für Computerhandel und -reparatur gearbeitet und durch seine praktische Tätigkeit Computerkenntnisse erworben. Fünf Jahre lang sei er bei der Kooperative des Wohnungsamts tätig gewesen (Urteilsabdruck, S. 15). Für die Gefahr einer wesentlichen Verschlechterung der geltend gemachten Erkrankung durch eine Abschiebung nach Italien sei mit Blick darauf nichts ersichtlich, dass auch in Italien eine umfassende Gesundheitsfürsorge bestehe, die Flüchtlingen, Asylbewerbern und unter humanitärem Schutz stehenden Personen gleichermaßen wie italienischen Staatsbürgern zugänglich sei. Nach der Auskunftslage funktionierten die notfallmedizinische Versorgung und der Zugang zu Hausärzten grundsätzlich ebenso wie das Angebot von psychologischer und psychiatrischer Behandlung. Eine kostenfreie medizinische Versorgung stehe auch Personen zu, die nicht in einer staatlichen Unterkunft untergebracht seien. Eine Vereinbarung zwischen der italienischen Zentralregierung und den Regionen garantiere dabei die Not- und Grundversorgung auch von Personen, die sich illegal im Land aufhielten. Die Notambulanz sei für alle Personen in Italien kostenfrei. Selbst bei der Überstellung von kranken Personen, deren Asylverfahren in Italien negativ abgeschlossen sei, bestehe demnach die Möglichkeit der Behandlung (Urteilsabdruck, S. 16 f.).
37Diese Ausführungen sind nachvollziehbar und von Willkür frei. Mit ihnen und insbesondere den Erkenntnismitteln setzt sich der Zulassungsantrag nicht substantiiert auseinander. Insbesondere zur Feststellung, dass der Kläger seinen auch durchsetzbaren Anspruch auf Unterbringung nicht verloren habe, verhält sich der Zulassungsantrag nicht. Der vom Verwaltungsgericht aufgrund der eigenen Kenntnisse aus vergleichbaren Verfahren verneinten drohenden Obdachlosigkeit bei Ankunft stellt der Kläger lediglich die unbelegte Behauptung des Gegenteils gegenüber. Im Hinblick auf die zu erwartenden Lebensbedingungen bei einer unterstellten Anerkennung geht das Zulassungsvorbringen nicht auf die Feststellungen ein, es sei zu erwarten, dass der Kläger seinen Lebensunterhalt durch eigene Erwerbstätigkeit bestreiten könne.
38IV. Der Kläger macht sinngemäß geltend, das angefochtene Urteil sei eine Überraschungsentscheidung. Das Verwaltungsgericht habe „überraschend“ angenommen, dass ein Zugang zu einer Aufnahmeeinrichtung sich für Erstantragsteller im Gegensatz zu anerkannten Flüchtlingen unproblematisch gestalten bzw. aufgrund einfach zu erlangender Erwerbstätigkeit überflüssig würde.
39Mit diesem Vorbringen wird die Verletzung des rechtlichen Gehörs infolge einer unzulässigen Überraschungsentscheidung nicht schlüssig dargelegt. Grundsätzlich ist das Gericht nicht verpflichtet, die ihm obliegende abschließende Sachverhalts- und Beweiswürdigung vorab mit den Beteiligten zu erörtern.
40Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 21. Januar 2000 - 9 B 614.99 -, Buchholz 310 § 130a VwGO Nr. 46 = juris, Rn. 5, und vom 26. November 2001 - 1 B 347.01 -, Buchholz 310 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 52 = juris, Rn. 5.
41Etwas anderes gilt nur dann, wenn das Gericht einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung macht und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der die Beteiligten nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht zu rechnen brauchten.
42Vgl. BVerfG, Beschluss vom 1. August 2017 - 2 BvR 3068/14 -, NJW 2017, 3218 (3219) = juris, Rn. 51; BVerwG, Urteil vom 10. April 1991 - 8 C 106.89 -, Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 235, = juris, Rn. 8, und Beschlüsse vom 18. Juni 2010 - 8 B 16.10 -, juris, Rn. 9, vom 23. Dezember 1991 - 5 B 80.91 -, Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 241, = juris, Rn. 3, sowie vom 11. Mai 1999 - 9 B 1076.98 -, juris, Rn. 10, jeweils m. w. N.
43Hieran gemessen hat das Verwaltungsgericht mit seiner Entscheidung dem Verfahren keine Wende gegeben, mit welcher der Kläger nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte. Im Übrigen kann die Rüge einer unzulässigen Überraschungsentscheidung hier auch deshalb nicht zum Erfolg führen, weil es an der erforderlichen Darlegung dessen fehlt, was auf den vermissten Hinweis des Verwaltungsgerichts noch vorgetragen worden wäre.
44Der Zulassungsantrag wendet sich letztlich im Gewande der Gehörsrüge gegen die dem Tatrichter vorbehaltene Beweiswürdigung. Damit kann die Zulassung der Berufung nicht erreicht werden.
45IV. Der Zulassungsantrag bleibt auch im Übrigen ohne Erfolg, weil der geltend gemachte Zulassungsgrund tatsächlicher Schwierigkeiten der Rechtssache dem prozessualen Asylverfahrensrecht fremd ist (vgl. § 78 Abs. 3 AsylG).
46Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2 VwGO, 83b AsylG.
47Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist nunmehr rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG, § 84 Abs. 3 Satz 1 VwGO).
48Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).
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