Urteil vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (1. Senat) - 1 C 10824/13

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Tenor

Der Bebauungsplan Nr. 41 „St. Martin Siedlung“ der Antragsgegnerin wird für unwirksam erklärt, soweit die Festsetzungen sich auf das Plangebiet BG3 südlich der … Straße und den sich daran anschließenden Bereich erstrecken, der den ca. drei Meter breiten, rückwärtigen Teil des Fußweges Parzelle Nr. …/.. bis zur Höhe der Einmündung des Fahrwegs Nr. …/. sowie die südwestlich dieses Fahrwegs und der Parzellen Nrn. …/.., …/. und …./.. (Abgrenzungslinie zwischen BG3 und BG4 gemäß Nr. 15.14 der Anlage zur Planzeichen VO) gelegenen Grundstücke umfasst.

Im Übrigen wird der Normenkontrollantrag des Antragstellers abgelehnt.

Von den Kosten des Verfahrens haben der Antragsteller 4/5 und die Antragsgegnerin 1/5 zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin kann die Vollstreckung des Antragstellers durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht zuvor der Antragsteller Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Antragsteller wendet sich gegen den Bebauungsplan Nr. 41 (St. Martin Siedlung) der Antragsgegnerin.

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Er ist Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks Flur Nr. …/.. (Im Pardell 4), das zusammen mit angrenzenden rückwärtigen Parzellen eine Größe von 881 m² hat. Die Flurstücke befinden sich im Geltungsbereich des angegriffenen Bebauungsplans.

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Die in Oberlahnstein gelegene St. Martin Siedlung entstand in den 1960er-Jahren als damaliges faktisches Kleinsiedlungsgebiet und war geprägt durch relativ kleine Gebäude mit zeitgeschichtlichen Bauelementen, wie steilen Sparrendächer und kompakten, meist quadratischen Grundrissen. Innerhalb der rückwärtigen Grundstücksbereiche wurden ausgedehnte und zusammenhängende Gartenflächen angelegt. Die Siedlung liegt innerhalb der Zone III des mit Rechtsverordnung vom 18. Juni 1999 festgesetzten Wasserschutzgebiets für die Brunnen „Grenbach“ zugunsten der Vereinigten Wasserwerke Mittelrhein GmbH. In westlicher Richtung stößt die Bebauung auf die Braubacher Straße (Landesstraße 335) und die sich daran anschließende Bahntrasse Koblenz-Wiesbaden entlang des Rheintals.

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Ende August 2010 fasste der Stadtrat der Antragsgegnerin den Beschluss, einen einfachen Bebauungsplan für das durch die Braubacher Straße, die Straße „Zum Helmestal“, den Oberheckerweg und den Friedhof von Oberlahnstein umgrenzte Gebiet aufzustellen. Die Planaufstellung erfolgte gemäß § 13 Baugesetzbuch – BauGB – im vereinfachten Verfahren. Die öffentliche Auslegung der Planentwürfe fand im August/September 2011 sowie nochmals im August 2012 statt. Im Rahmen der beiden Öffentlichkeitsbeteiligungen trug der Antragsteller jeweils Einwendungen und Bedenken vor.

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Am 26. November 2012 beschloss der Stadtrat der Antragsgegnerin sodann den Bebauungsplan. Die entsprechende Satzung wurde am 30. November 2012 öffentlich bekannt gemacht.

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Der Plan regelt unter anderem das Maß der baulichen Nutzung: Die zulässige Grundstücksfläche (GR) der baulichen Anlage wird auf maximal 140 m² (Baugebiete BG1, BG3 und BG4), die Grundflächenzahl (GRZ) im Baugebiet BG2 auf maximal 0,4, die Geschossflächenzahl (GFZ) auf maximal 0,5 und die Zahl der Vollgeschosse auf eines (vgl. Nr. 1.2.2 der Textfestsetzungen) beschränkt. Die überbaubare Grundstücksfläche ist durch Baulinien und Baugrenzen definiert. Zur Differenzierung unterschiedlicher Wand- und Firsthöhen setzt der Bebauungsplan in den meisten Fällen eine erste und zweite hintere Baugrenze fest (Nr. 1.2.4 der Textfestsetzungen). Die höchstzulässige Wandhöhe von Hauptgebäuden –definiert als das senkrecht auf die Wand der jeweiligen Draufseite gemessene höchste Maß von der Geländeoberfläche bis zur Unterkante der Dachkonstruktion – darf nicht mehr als 4 m betragen. Die höchstzulässige Firsthöhe – definiert als das senkrecht gemessene höchste Maß von der Geländeoberfläche bis zum höchsten Punkt des Gebäudes – beträgt höchstens 4 m (Nr. 1.3.1.2 der Textfestsetzungen). Das Mindestmaß für die Größe der Baugrundstücke ist auf 400 m², das Höchstmaß auf 800 m² festgesetzt (Nr. 1.2.6 der Textfestsetzungen). Um schädliche Umwelteinwirkungen zu mindern, ist im Baugebiet BG3 mit Bezug auf die den Verkehrswegen (Landesstraße 335 und Bahnstrecke) zugewandten Hausfassaden für alle Außenbauteile ein bewertetes Schalldämmmaß R´w nach der DIN 4109 zu bemessen und einzuhalten. Weiterhin dürfen Schlafräume in diesem Bereich keine notwendigen Fenster aufweisen und auf den rückwärtigen Flächen darf keine schutzbedürftige Nutzungen (sog. Außenwohnbereiche) ausgeübt werden, sofern die Einhaltung der Orientierungswerte nicht sichergestellt ist (Nr. 1.2.10 der Textfestsetzungen).

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Zur Begründung seines am 08. August 2013 gestellten Normenkontrollantrages macht der Antragsteller im Wesentlichen geltend:

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Fehlerhaft sei bereits die Aufstellung des Bebauungsplans im vereinfachten Verfahren nach § 13 Abs. 1 BauGB. Insoweit lasse die Antragsgegnerin zunächst unberücksichtigt, dass der Zulässigkeitsmaßstab des § 34 BauGB den Grundstückseigentümern bisher wesentlich mehr Freiheiten gegeben habe, als dies unter der Geltung des Bebauungsplanes nunmehr der Fall sei. So seien in den letzten Jahren erhebliche Umbauten an verschiedenen Anwesen vorgenommen worden. Demgegenüber nehme der Bebauungsplan in den textlichen Festsetzungen erhebliche Einschränkungen für die Bebauung vor. Darüber hinaus habe die Antragsgegnerin die abwägungsbeachtlichen Belange nicht im Sinne des § 2 Abs. 3 BauGB ordnungsgemäß ermittelt und bewertet. So liege keine konkrete Bestandsaufnahme des gesamten Gebiets vor. Die Festsetzung von Mindest- und Höchstmaßen der Bebauung trage nicht dem Umstand Rechnung, dass mindestens vier Grundstücke die festgesetzten Maße nicht einhielten. Die im Übrigen inhaltlich zu unbestimmten Baugrenzen wichen zudem in erheblichem Umfang von den tatsächlichen Gegebenheiten ab. Insbesondere entlang der Straße „Im Pardell“ überschritten die bestehenden Hauptgebäude die vorderen Baugrenzen. Außerdem seien die Regelungen über die Wand- und Firsthöhen fehlerhaft, da die Festsetzung der natürlichen Geländeoberfläche als unterer Bezugspunkt nicht dem Bestimmtheitsgebot entspreche. Des Weiteren habe die Antragsgegnerin keine Prüfung des Artenschutzes vorgenommen und es versäumt, vor der Festsetzung von Lärmschutzmaßnahmen ein Schallschutzgutachten zu erstellen. In materieller Hinsicht bestehe kein Planerfordernis nach § 1 Abs. 3 BauGB. Das Ziel der Erhaltung des Siedlungsbildes könne nicht erreicht werden, weil keine Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung erfolgt seien, das Plangebiet zu heterogen sei und die vom Bebauungsplan erwähnten zeitgeschichtlichen Elemente nicht mehr aufweise. Wegen des festgesetzten Wasserschutzgebiets stehe dem Plan überdies ein unüberwindliches rechtliches Hindernis entgegen. Daneben seien erhebliche Abwägungsmängel nach § 1 Abs. 7 BauGB festzustellen. Wegen fehlender Berücksichtigung der vier den Textfestsetzungen der Nr. 1.2.6 widersprechenden Baugrundstücke sei von einem Abwägungsausfall auszugehen. Da sein eigenes Grundstück von der Größe her in zwei kleinere Grundstücke geteilt werden könne, sei ihm im Zusammenhang mit der Festsetzung von Baugrenzen eine „doppelte Bebauung“ verwehrt. Jedenfalls habe die Antragsgegnerin sein Baufenster unangemessen verkleinert. Die Zugrundelegung einer maximalen Grundfläche von 140 m² für die Baugebiete BG1, BG3 und BG4 sei überdies zu starr und erscheine wie die Festsetzungen zur Mindestgrundstücksgröße als willkürlich. Ferner habe die Antragsgegnerin die angesprochene Problematik eines ausreichenden Schallschutzes wegen der Nähe des Baugebietes zu klassifizierten Straßen und Bahnstrecken nicht hinreichend gelöst und gegen das planerische Gebot der Konfliktbewältigung verstoßen. Davon abgesehen habe sie es versäumt, Planungsalternativen aufzuzeigen.

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Die Antragstellerin beantragt,

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den Bebauungsplan Nr. 41 „St. Martin Siedlung“ der Antragsgegnerin vom 26. November 2012 in der Fassung der Bekanntmachung vom 30. November 2012 für unwirksam zu erklären.

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Die Antragsgegnerin beantragt,

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den Antrag abzulehnen.

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Sie tritt den Darlegungen des Antragstellers mit eigenen Ausführungen entgegen. Die Annahme eines fehlerhaften Verfahrens scheide ihrer Meinung nach aus. Insofern sei der Vortrag des Antragstellers nicht schlüssig, wenn er einerseits erkläre, der Bebauungsplan enthalte eine Vielzahl von Regelungen, die sein Grundstück beträfen, andererseits aber eine ausreichende Bestandsermittlung verneine. Gerade die Anzahl der Festsetzungen weise auf eine umfangreiche Bearbeitung des vorhandenen Bestandes hin. Deshalb seien zugleich alle abwägungsrechtlich relevanten Belange ermittelt worden. Dies folge zudem aus dem Umstand, dass der Baubestand in vier verschiedene Baugebiete eingeteilt worden sei und man sich mit dem Vortrag einer Vielzahl von Grundstückseigentümern im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung auseinandergesetzt habe. Namentlich bestehe ein Planerfordernis nach § 1 Abs. 3 BauGB. Denn Zweck der Planung sei nicht die Erhaltung eines Kleinstsiedlungsgebietes als solches, sondern die Umsetzung einzelner Ziele, die auf die optische Erscheinung des Planbereichs wirkten. Ein rechtliches Hindernis im Hinblick auf entgegenstehende wasserwirtschaftliche Belange sei angesichts eindeutiger Stellungnahmen der Fachbehörde nicht gegeben. Auch lägen keine Abwägungsmängel nach § 1 Abs. 7 BauGB vor. Die getroffenen Regelungen dienten allein der Sicherung der städtebaulichen Planungsziele. Im Wesentlichen habe man sich dabei an dem vorhandenen Bestand orientiert. Das von dem Antragsteller angesprochene Gebot der Konfliktbewältigung habe seine Grenzen im Gebot der planerischen Zurückhaltung, wonach nicht jeder Konflikt tatsächlich gelöst werden müsse. Hiervon ausgehend habe die Immissionsproblematik gegenüber den Verkehrswegen Schiene und Straße, die sich im gesamten Mittelrhein-Gebiet vergleichbar stelle, schon vor dem Inkrafttreten des Bebauungsplans existiert und sei auch ohne diesen weiterhin vorhanden. Von den Bebauungsplänen seien aber nur die ihnen zuzurechnenden Konflikte zu lösen. Im Übrigen werde der Immissionsproblematik in angemessenem Umfang Rechnung getragen.

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Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus der Gerichtsakte und den beigezogenen Akten des Planaufstellungsverfahrens, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

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Der Normenkontrollantrag des Antragstellers hat nur in dem sich aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Zum überwiegenden Teil war er dagegen abzulehnen.

I.

16

Gegen die Zulässigkeit des Antrages bestehen keine Bedenken.

17

Dem Antragsteller steht die nach § 47 Abs. 2 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – erforderliche Antragsbefugnis zu. Nach dieser Bestimmung kann den Normenkontrollantrag jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Für den Antragsteller folgt die Antragsbefugnis aus einer möglichen Verletzung seines Eigentumsgrundrechts (Art. 14 Abs. 2 Grundgesetz – GG –), denn er ist als Eigentümer des in den Bebauungsplan einbezogenen und somit von dessen Festsetzungen erfassten Wohngrundstücks „Im Pardell 4“ unmittelbar in seinem Grundeigentum betroffen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. August 2000 – 4 BN 38/00 –, NVwZ 2000, 413).

18

Des Weiteren ist keine Präklusion nach § 47 Abs. 2a VwGO eingetreten. Die Vorschrift verlangt nur, dass der Antragsteller bei der Planaufstellung überhaupt rechtzeitig Einwendungen erhebt und jedenfalls eine dieser Einwendungen auch im Normenkontrollverfahren verfolgt. So verhält es sich hier. Davon abgesehen blieb es dem Antragsteller unbenommen, sich im gerichtlichen Verfahren auch auf solche Einwendungen zu berufen, die er zuvor nicht vorgetragen hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. März 2010 – 4 CN 3/09 –, juris).

II.

19

Der Normenkontrollantrag ist unbegründet, soweit sich der Antragsteller gegen die Festsetzungen des Bebauungsplans in den Teilgebieten BG1, BG2 und BG4 wendet (1.) Mit Bezug auf die Festsetzungen im Teilgebiet BG3 war dem Antrag dagegen stattzugeben (2.).

20

1. Hinsichtlich der im Wesentlichen nördlich der …-Straße gelegenen Teilbereiche steht der Bebauungsplan der Antragsgegnerin mit formellem und materiellem Recht im Einklang.

21

a.) Der Bebauungsplan ist zunächst nicht schon deshalb fehlerhaft, weil die Antragsgegnerin laut Auffassung des Antragstellers zu Unrecht die Voraussetzungen für ein vereinfachtes Verfahren nach § 13 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 Baugesetzbuch – BauGB – angenommen hat.

22

Die Anwendbarkeit dieser Bestimmung setzt voraus, dass sich bei der Aufstellung eines Bebauungsplanes im unbeplanten Innenbereich nach § 34 BauGB, wie hier, der sich aus der vorhandenen Eigenart der näheren Umgebung ergebende Zulässigkeitsmaßstab nicht wesentlich ändert. Darüber hinaus darf die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung – UVPG – oder nach Landesrecht unterliegen, nicht vorbereitet oder begründet werden (Nr. 1) und keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Abs. 6 Nr. 7 Buchst. b BauGB genannten Schutzgüter bestehen (Nr. 2). Das vereinfachte Verfahren, dass auch die Aufstellungen einfacher Bebauungspläne im Sinne von § 30 Abs. 3 BauGB gestattet, kommt demnach vor allem für sogenannte bestandssichernde Bebauungspläne in Betracht, wobei indes Festsetzungen mit einer ordnenden Funktion, die in engen Grenzen auch bauliche Einschränkungen oder Erweiterungen zulassen, nicht ausgeschlossen sind.

23

Ob vor diesem Hintergrund vor allem die durch die Festsetzung von hinteren Baugrenzen bewirkte Ausdehnung der bebaubaren Grundstücksflächen noch als unwesentlich anzusehen ist, kann letztlich ebenso dahinstehen, wie die Frage der Berechtigung der von dem Antragsteller im Einzelnen erhobenen Einwendungen. Denn ein etwaiger, sich hieraus ergebender Verfahrensfehler wäre nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB unbeachtlich.

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Demzufolge ist eine Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften des BauGB für die Rechtswirksamkeit der Satzungen nach dem BauGB nur beachtlich, wenn ein im Einzelnen in § 214 BauGB bezeichneter Fehler vorliegt und dieser Fehler nicht von den sogenannten internen Unbeachtlichkeitsklauseln der vorgenannten Bestimmung erfasst wird. Der Katalog der beachtlichen Verfahrens- und Formvorschriften in Nr. 1 bis 4 des § 214 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist abschließend. § 13 Abs. 1 BauGB ist eine Verfahrensvorschrift im Sinne des § 214 Abs. 1 Satz 1 BauGB, ihre Verletzung wird als nicht beachtlich bezeichnet.

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Allerdings ist zu berücksichtigen, dass eine zu Unrecht erfolgte Anwendung des vereinfachten Verfahrens zu weiteren Verfahrensfehlern führen kann, deren Beachtlichkeit ihrerseits nach § 214 Abs. 1 Satz 1 BauGB zu beurteilen ist. Dass sie auf eine Verletzung des § 13 BauGB zurückgehen, führt daher nur dann zu ihrer Unbeachtlichkeit, wenn das Gesetz dies – wie in der internen Unbeachtlichkeitsklausel des § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HS 2 BauGB für die Vorschrift über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung geschehen – bestimmt.

26

Bei einem unterstellten Fehler im Rahmen der Anwendung des § 13 Abs. 1 BauGB wäre vorliegend an sich die Erstellung eines Umweltberichts gemäß § 2a Satz 2 Nr. 2 BauGB erforderlich. Als Teil der Begründung (§ 2a Satz 3 BauGB) muss der Umweltbericht außerdem gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 BauGB mit dem Planentwurf öffentlich ausgelegt werden. Gemäß § 9 Abs. 8 BauGB ist die Planbegründung mit den Angaben des § 2a BauGB beizufügen. Da die Antragsgegnerin diesen Verfahrensanforderungen nicht nachgekommen ist, läge an sich ein beachtlicher Verfahrensfehler nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB vor; die interne Unbeachtlichkeitsklausel nach dieser Bestimmung kommt wegen völligen Fehlens des Umweltberichts nicht zur Anwendung.

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Jedoch ist die interne Unbeachtlichkeitsklausel des § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB bei Überplanung eines Gebietes nach § 34 BauGB entsprechend anzuwenden, wenn die Gemeinde verkannt hat, dass eine Veränderung des sich aus der vorhandenen Eigenart der Umgebung ergebenden Zulässigkeitsmaßstabes eingetreten ist, weil diese Bestimmung ansonsten für die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung leer liefe. Das gilt jedoch nur, wenn die Durchführung einer Umweltprüfung nicht gemeinschaftsrechtlich geboten war (vgl. BVerwG, Urteil vom 04. August 2009 – 4 CN 4/08 –, juris für den Fall des § 13 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BauGB).

28

Hiervon ausgehend liegen keine Anhaltspunkte für eine nach Gemeinschaftsrecht erforderliche Umweltprüfung vor, weil sich durch die Aufstellung des Bebauungsplanes keine erheblichen Umweltauswirkungen in den hier maßgeblichen Bereichen herleiten lassen. Insbesondere werden weder Vorhaben der Anlage 1 zum UVPG vorbereitet, noch sind Beeinträchtigungen der in § 1 Abs.6 Nr. 7 Buchst. b BauGB genannten Schutzgüter ersichtlich (siehe zu den darin aufgeführten NATURA 2000-Gebieten §§ 31 ff. Bundesnaturschutzgesetz – BNatSchG –). Dem Vortrag der Antragsgegnerin, wonach sowohl die aus der Flächennutzungs- und Landschaftsplanung vorliegenden Untersuchungen (bis 1999) als auch alle in den Folgejahren festgelegten Vogelschutz- und NATURA 2000-Gebiete die St. Martin Siedlung nicht berühren, ist der Antragsgegner nicht substantiiert entgegengetreten. Auch im Übrigen sind in den Teilbereichen BG1, BG2 und BG4 keine umweltrelevanten und auf den Bebauungsplan beruhenden Umweltauswirkungen festzustellen. Regelungen, wie z.B. solche zum Maß der baulichen Nutzung oder zur überbaubaren Grundstücksfläche, führen – wenn überhaupt – allenfalls zu geringfügigen Beeinträchtigungen. Die Größe der Verkehrsflächen bleibt sogar unverändert.

29

b) Auch ist mit Bezug auf die hier betreffenden drei Teilgebiete kein Verstoß gegen das Gebot der Ermittlung und zutreffenden Bewertung der abwägungsbeachtlichen Belange nach Maßgabe des § 2 Abs. 3 BauGB gegeben.

30

Dieses nunmehr als Verfahrensnorm ausgestaltete Gebot tritt selbständig vor die (inhaltlichen) Anforderungen an die verhältnismäßige Gewichtung und den gerechten Ausgleich der konkurrierenden Belange gemäß § 1 Abs. 7 BauGB (vgl. OVG RP, Urteile vom 06. Mai 2009 – 1 C 10970/08.OVG –; vom 31. Juli 2008 – 1 C 10193/08.OVG –, vom 18. Juni 2008 – 8 C 10128/08.OVG –, jeweils ESOVGRP). Inhaltlich entspricht § 2 Abs. 3 BauGB der früheren sich aus dem Abwägungsgebot ergebenden Rechtslage, nach der die Berücksichtigung aller bedeutsamen Belange in der Abwägung zunächst deren ordnungsgemäße Ermittlung und zutreffende Bewertung voraussetzt (BVerwG, Urteil vom 09. April 2008 – 4 CN 1/07 –, DVBl. 2008, 859; Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 15/2250, S. 42). Die Bewertung nach dieser Vorschrift bedeutet daher vor dem Hintergrund einer noch vorzunehmenden Abwägungsentscheidung die Feststellung des jeweiligen Gewichts der abwägungserheblichen Belange. Daher sind Art und Ausmaß des Berührtseins des Belangs durch die betreffende Bauleitplanung sowie das Gewicht des jeweiligen Belangs im Verhältnis zu seiner Betroffenheit zu ermitteln und zu bewerten. Ebenso wie dem Abwägungsgebot aus § 1 Abs. 7 BauGB kommt damit bereits den vorgelagerten Ermittlungs- und Bewertungspflichten nach § 2 Abs. 3 BauGB besondere Bedeutung im Rahmen der inhaltsbestimmenden Funktion der Bauleitplanung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 GG zu (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Mai 1985 – 2 BvR 397.82 –, juris).

31

Den Planaufstellungsunterlagen lässt sich entnehmen, dass die abwägungserheblichen Belange hier ausreichend ermittelt und bewertet worden sind.

32

Dass die Antragsgegnerin keine konkrete Bestandsaufnahme des gesamten Gebiets vorgenommen und die Besonderheiten in der Siedlungsstruktur nicht berücksichtigt habe, wie der Antragsteller meint, trifft nicht zu. Die differenzierte Ermittlung der in dem Plangebiet vorhandenen baulichen Anlagen spiegelt sich vielmehr in den umfangreichen Festsetzungen und den hierzu angestellten Überlegungen der Antragsgegnerin bei der Planaufstellung sowie der Aufteilung in vier Teilbereiche (vgl. Nr. 2.2 der Begründung) hinreichend deutlich wider. Demzufolge ist das Gebiet nach wie vor geprägt durch kleinteilige Siedlungsgebäude in den vorderen, zu den Erschließungsstraßen orientierten Grundstücksbereichen mit rückwärtigen großen Gärten. Die Aufweichung dieser Struktur für eine Reihe von Grundstücken wurde dabei erkannt und bewertet. So führt die Antragsgegnerin in der Planbegründung aus, dass die Eigentümer in einigen Fällen ihre Gebäude rückwärtig in Wohnräume erweitert hätten, die nicht in allen Fällen der ursprünglichen Architektur angepasst worden seien. Mit der in früheren Zeiten praktizierten Zulassung von Anbauten seien außerdem einige der vorhandenen fiktiven Baugrenzen bereits aufgeweicht worden (Nr. 2.2 der Begründung). Auch wird auf den Bestandsschutz einzelner Bauten (Nr. 2.1.3 der Begründung) sowie auf eine Einzelfallbetrachtung bei der Festsetzung der überbaubaren Grundstücksfläche ebenso verwiesen, wie auf die besondere Lage eines Wohngebäudes, das mit großem Abstand von der Straße entfernt errichtet worden ist (Nr.2.2.6 der Begründung). Gleiches gilt für die atypische Stellungen von baulichen Anlagen (Nr. 2.2.7 der Begründung) einschließlich derjenigen von Garagen (Nr. 2.2.9 der Begründung) sowie für Ausreißer bei der Festsetzung von Mindest- und Höchstmaßen der Bebauung (Nr. 2.2.8 der Begründung).

33

Ferner kann von einem Ermittlungsdefizit nicht insoweit die Rede sein, als Baugrenzen von den tatsächlichen Gegebenheiten abweichen und entlang der Straße „Im Pardell“ die bestehenden Hauptgebäude diese überschreiten. Diese Abweichungen und Überschreitungen waren, wie gerade die zeichnerischen Darstellungen zeigen, von der Antragsgegnerin gewollt und deshalb zugleich auch erkannt. Im Übrigen hat die Antragsgegnerin insofern angegeben, dass die überbaubaren Flächen in wenigen Einzelfällen bereits bestehende und genehmigte Gebäude durchschneiden (Nr. 2.2.6 der Begründung), was einmal mehr dafür spricht, dass alle Gegebenheiten im Plangebiet gesehen und in die Abwägung eingestellt worden sind. Einer schriftlichen Dokumentation unter namentlicher Kennzeichnung jedes einzelnen Grundstücks bedurfte es nicht.

34

Ferner ist die Rüge des Antragstellers, es fehle eine Prüfung des Artenschutzes, weil namentlich die Verbotstatbestände des § 44 BNatSchG in der Bauleitplanung nicht unberücksichtigt bleiben dürften, unbeachtlich, da – wie sich der Sache nach bereits den Feststellungen des Senats zu § 13 BauGB entnehmen lässt – kein abwägungserheblicher Belang erkennbar ist.

35

Zwar setzt die Prüfung, ob einem Planvorhaben naturschutzrechtlich Verbote entgegenstehen, grundsätzlich eine ausreichende Ermittlung und Bestandsaufnahme der im Planbereich vorhandenen Tierarten und ihrer Lebensräume voraus. Dies verpflichtet eine Gemeinde jedoch nicht dazu, ein lückenloses Arteninventar zu erstellen. Die Untersuchungstiefe hängt vielmehr maßgebend von den naturräumlichen Gegebenheiten im Einzelfall ab. Die Anforderungen sind dabei nicht zu überspannen und Untersuchungen „quasi ins Blaue hinein“ nicht geboten (vgl. HessVGH, Urteil vom 22. April 2010 – 4 C 327/09 –, juris). Mangels genügender Anhaltspunkte für das Vorhandensein artenschutzrechtlicher Belange in den bereits durchgehend bebauten Gebiet war eine dahingehende Untersuchung nicht angezeigt.

36

Schließlich war im Hinblick auf die Wahrung des Belangs gesunder Wohnverhältnisse (vgl. § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB) für die hier in Rede stehenden Teilgebiete eine Ermittlung und Bewertung des von der Landesstraße 335 und der Bahntrasse ausgehenden Verkehrslärms entbehrlich. Betroffen hiervon wären nämlich allenfalls die nördlich der …-Straße liegenden und an diese angrenzenden Grundstücke. Insofern fällt jedoch ins Gewicht, dass die Entfernung zwischen der dort bereits existierenden Bebauung und der Landesstraße ca. 45 m beträgt, die südlich der …-Straße liegenden Wohnhäuser Lärmimmissionen weitgehend abschirmen und die Antragsgegnerin durch die Festsetzung vorderer Baulinien entlang der im Norden der vorgenannten Straße angrenzenden Parzellen sich nahezu ausschließlich an dem vorhandenen Bestand orientiert hat. Eine nicht genügende Ermittlung und Bewertung etwaiger Immissionskonflikte lässt sich deshalb insofern ebenfalls nicht feststellen.

37

c) Die Unwirksamkeit des Bebauungsplans folgt ferner nicht aus einer fehlenden städtebaulichen Erforderlichkeit im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB. Ob ein Bauleitplan erforderlich ist, richtet sich nach der planerischen Konzeption der Gemeinde, der insoweit ein weites Planungsermessen zukommt, innerhalb dessen sie ermächtigt ist, eine „Städtebaupolitik“ entsprechend ihren städtebaulichen Vorstellungen zu betreiben. Die Gemeinde ist demnach planungsbefugt, wenn sie hierfür hinreichend gewichtige städtebauliche allgemeine Belange ins Feld führen kann OVG RP, Urteil vom 6. Oktober 2011 – 1 C 11322/10.OVG m.w.N –, ESOVGRP).

38

Die Antragsgegnerin hat hierzu in ihrer Begründung angeführt, es werde angestrebt, die Strukturen der Freiräume zu erhalten, die Architektur der Siedlung zu schützen sowie Nachverdichtungen und die Errichtung von Nebenanlagen einschließlich möglicher Nutzungsveränderungen zu steuern. Dabei bedeute der „Erhalt des Siedlungscharakters“ nicht eine Festschreibung des Bestandes im Sinne einer Verhinderung jeglicher baulicher Weiterentwicklung. Vielmehr sollten die prägenden architektonischen Elemente erhalten bleiben, wozu maßgeblich die Kubatur eines eingeschossigen Gebäudes mit steilem Dach gehöre. Eine Vergrößerung der Wohnfläche sei auf eine eingeschossige Erweiterung ausgelegt, für die die rückwärtigen, großzügig bemessenen Gartenflächen zur Verfügung stünden. Die St. Martin Siedlung genieße nämlich keinen Denkmalschutz, sodass Veränderungen in zum Teil großzügigem Maß ebenso möglich seien, wie in vergleichbaren Baugebieten innerhalb des Stadtbereiches. Die Festsetzungen bewirkten allerdings, dass eine rein auf wirtschaftliche Interessen ausgerichtete Nutzung der Grundstücke – insbesondere nach einer denkbaren Niederlegung des alten Bestandes – durch die Vorgaben über das Maß der baulichen Nutzung beschränkt würden und blieben (Nrn. 2.1.2, 2.5.1 und 2.5.2 der Begründung).

39

Diese Erwägungen beinhalten hinreichend gewichtige städtebauliche Belange im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB, die aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen auf Dauer oder doch zumindest auf unabsehbare Zeit auch nicht der Vollzugsfähigkeit entbehren. Zwar lässt sich die Erhaltung eines Kleinsiedlungsgebietes als solches und eine damit verbundene Rückkehr zu Elementen der Selbstversorgung, die für derartige Gebiete kennzeichnend sind, nicht mehr erreichen. Dies war jedoch, anders als der Antragsteller meint, nicht der Zweck der Planung. Dieser lag vor allem darin, dass nach wie vor weitgehend vorhandene Siedlungsbild zu erhalten, wofür es einer Festsetzung der Art der baulichen Nutzung nicht bedurfte. Dass dieses Ziel trotz einiger dazu in Widerspruch stehenden Gebäudeerweiterungen in der Vergangenheit, die von der Antragsgegnerin gerade zum Anlass genommen worden sind, um weitere aus ihrer Sicht unerwünschte Folgeentwicklungen zu verhindern (vgl. Nr. 2.1.1 der Begründung), nicht mehr erreichbar sein könnte, ist von dem Antragsteller nicht substantiiert dargelegt worden und im Übrigen, wie ein Blick auf das vorhandene Kartenmaterial zeigt, nicht ersichtlich.

40

Der Bebauungsplan ist darüber hinaus nicht unter wasserrechtlichen Aspekten vollzugsunfähig. Das die gesamte St. Martin Siedlung umfassende Wasserschutzgebiet für die Brunnen „Grenbach“ steht einer Realisierung des Bebauungsplanes nicht entgegen. Die Einrichtung und Erweiterung baulicher Anlagen ist nach der einschlägigen Rechtsverordnung vom 18. Juni 1999 zwar verboten, sofern die mittlere Schutzfunktion der grundwasserüberdeckenden Schichten in Abstimmung mit der nach § 5 (Befreiung) der Rechtsverordnung zuständigen Behörde nachgewiesen werden kann, wovon in Übereinstimmung mit der Regionalstelle Wasserwirtschaft, Abfallwirtschaft und Bodenschutz der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord (vgl. Stellungnahme vom 14. September 2011) auch der Senat ausgeht. Entscheidend ist jedoch, ob die Verwirklichung der planerischen Festsetzungen durch die Erteilung einer fachgesetzlichen Ausnahme oder Befreiung ermöglicht werden kann (BVerwG, Beschluss vom 25. August 1997 – 4 NB 12.97 –, BRS Bd. 59 Nr. 29). So verhält es sich hier. Denn in der vorläufigen Mitteilung vom 14. September 2011 hat die Fachbehörde im Rahmen der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange unter Hinweis darauf, dass der Planbereich bereits vollständig bebaut sei und Erweiterungen nur in geringem Umfang in Betracht kämen, die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung ausdrücklich in Aussicht gestellt.

41

Dass schließlich die von dem Antragsteller angeführten artenschutzrechtlichen Belange nicht zu einem Vollzugshindernis führen, bedarf angesichts der bereits fehlenden Abwägungserheblichkeit dieser Gesichtspunkte keiner weiteren Erörterung.

42

d) Ein Verstoß gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip hergeleitete Bestimmtheitsgebot ist ebenfalls nicht gegeben.

43

Zu Unrecht meint der Antragsteller zunächst, für den Normanwender sei nicht widerspruchsfrei zu erkennen, welche der beiden (rückwärtigen) Baugrenzen unter welchen Voraussetzungen maßgebend sei. Sowohl die erste als auch die zweite hintere Baugrenze ist hinreichend klar definiert. Aus dem Zusammenspiel von Nr. 1.2.4 und Nr. 1.3.1.2 sowie den Fußnoten 13 und 14 zu Nr. 1.2.4 der Textfestsetzungen ergibt sich zweifelsfrei, dass in dem Zwischenraum zwischen den beiden rückwärtigen Baugrenzen Hauptgebäude mit einer Wand- und Firsthöhe von maximal 4 bzw. 8 m sowie in den Bereichen zwischen der vorgelagerten rückwärtigen Baugrenze und der vorderen zu Erschließungsstraße verlaufenden Baulinie/Baugrenze eine Erhöhung der Wand- und Firsthöhe um 15 Prozent der Maße des Hauptgebäudes zulässig ist (vgl. auch Nr. 2.2.6 der Begründung).

44

Keinen Bedenken ausgesetzt ist weiterhin das Anknüpfen der höchstzulässigen Wand- und Firsthöhe (Nr. 1.3.1.2) an die Geländeoberfläche als unterer Bezugspunkt für die Höhenfestsetzung. Hierbei handelt es sich allerdings entgegen ihrer Bezeichnung in den Textfestsetzungen nicht um eine gemäß § 9 Abs. 4 BauGB in den Bebauungsplan aufgenommene örtliche Bauvorschrift über die äußere Gestaltung von baulichen Anlagen (§ 88 Abs. 1 Nr. 1 Landesbauordnung Rheinland-Pfalz – LBauO –), sondern um eine bodenbezogene Regelung über das Maß der baulichen Nutzung im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB i.V.m. § 16 Abs. 2 Nr. 4, 18 Baunutzungsverordnung – BauNVO –, die von der Antragsgegnerin lediglich fehlerhaft zugeordnet worden ist (vgl. hierzu BayVGH, Urteil vom 03. Februar 2010 – 1 N 06.646 –; OVG NW, Beschluss vom 24. Juli 2000 – 7a D 179/98.NE –, jeweils juris).

45

Dies vorausgeschickt ist der Begriff der Geländeoberfläche nach Auffassung des Senats keineswegs unklar. Gemeint ist damit die natürliche, d.h. die gewachsene Geländeoberfläche. Dabei kann die Bauaufsichtsbehörde grundsätzlich davon ausgehen, dass die tatsächliche Geländeoberfläche zugleich auch die natürliche ist (vgl. OVG RP, Urteil vom 28. September 2005 – 8 A 10424/05.OVG –, AS 32, 383 zu § 2 Abs. 6 LBauO). Damit ist die genannte Textfestsetzung aber für alle Planbetroffenen zumindest bestimmbar (vgl. OIVG RP, Beschluss vom 23. Juli 2008 – 1 A 10248/08.OVG –, ESOVGRP; BayVGH, Urteil vom 27. April 2010 – 1 N 08.2703 –; HessVGH, Urteil vom 06. März 2003 – 3 N 1891/01 –, entschieden für stark hängige Plangebiete; Ziegler in Brügelmann, BauGB, Band 6, § 18 BauNVO, Nr. 9). Die Auffassung, die natürliche Geländeoberfläche eigne sich deshalb nicht als Bezugspunkt, weil sie nicht ausreichend gegen Veränderungen gesichert sei (so OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 25. April 2002 – 1 K 9/01 –, juris; Fickert/Fieseler, BauNVO, § 18 Nr. 3; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 18 BauNVO, Nr. 2) teilt der Senat nicht. Im Einzelfall vorgenommene Aufschüttungen oder Abgrabungen eines Bauherrn ändern – soweit sie nicht wegen Zeitablaufs ohnehin außer Betracht bleiben müssen (vgl. dazu im einzelnen OVG RP, Urteil vom 28. September 2005, a.a.O., wonach eine seit dreißig Jahren bestehende Geländeoberfläche als neue natürliche Geländeoberfläche anzusehen ist) – nichts daran, dass der (natürliche) Geländeverlauf als solcher auch im Nachhinein noch nachvollzogen werden kann. Davon ist zumindest dann auszugehen, wenn, wie hier, das gesamte Plangebiet ebenes Gelände aufweist und daher größere Schwierigkeiten bei der Feststellung der Geländeoberfläche nicht zu erwarten sind.

46

e) Schließlich verstoßen die planerischen Festsetzungen in den betreffenden Teilgebieten nicht gegen die Abwägungspflichten des § 1 Abs. 7 BauGB.

47

Das in dieser Vorschrift normierte Gebot gerechter Abwägung ist verletzt, wenn eine (sachgerechte) Abwägung überhaupt nicht stattfindet, wenn in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge eingestellt werden muss; ferner dann, wenn die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belangen verkannt oder wenn ein Ausgleich zwischen ihnen in unverhältnismäßiger Art und Weise vorgenommen worden ist. Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde in der Kollision zwischen verschiedenen belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendigerweise für die Zurückstellung eines anderen entscheidet (vgl. OVG RP, Urteil vom 15. November 2012 – 1 C 10412/12.OVG – m.w.N., ESOVGRP).

48

Wie oben erwähnt, ist die Antragsgegnerin dem in den vorerwähnten Abwägungsgrundsätzen enthaltenen Gebot der Ermittlung und zutreffenden Bewertung der abwägungserheblichen Belange nachgekommen. Auch im Übrigen ist kein Abwägungsmangel festzustellen.

49

Ein Abwägungsausfall wegen mangelnder Berücksichtigung der vier von dem Antragsteller genannten Grundstücke, die den Mindest- und Höchstmaßen nach Nr. 1.2.6 der Textfestsetzungen nicht entsprechen, lässt sich nicht feststellen.

50

Die Gemeinde darf durch ihre Bauleitplanung die (bauliche) Nutzbarkeit von Grundstücken verändern und dabei auch die privaten Nutzungsmöglichkeiten einschränken oder gar aufheben. Allerdings setzt eine wirksame städtebauliche Planung voraus, dass hinreichend gewichtige städtebaulich beachtliche Allgemeinbelange für sie bestehen. Diese müssen umso gewichtiger sein, je stärker die Festsetzungen des Bebauungsplans die Befugnisse des Eigentümers einschränken oder Grundstücke von einer Bebauung ganz ausschließen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Mai 2013 – 4 BN 1/13 – m.w.N., juris).

51

Vor diesem Hintergrund rechtfertigen es die von der Antragsgegnerin angeführten städtebaulichen Gründe, die bisherige Siedlungsstruktur zu erhalten und insbesondere für das Planungsgebiet Regelungen zu treffen, die, wie hier, die Dichte einer zukünftigen Bebauung allgemein steuern. Demgegenüber sind die Belange der vier genannten Grundstückseigentümer nicht derart gewichtig, dass sie die städtebaulichen Allgemeinbelange überwiegen. Diese Grundstücke sind bereits alle bebaut, werden also von einer Bebauung nicht nachträglich ausgeschlossen. Namentlich können die vorhandenen Bauten – gerade auch auf den Grundstücken, die das Mindestmaß nach Nr. 1.2.6 der Textfestsetzungen unterschreiten – innerhalb der überbaubaren Grundstücksfläche, solange der Bestandsschutz reicht, nach Maßgabe der übrigen Festsetzungen erweitert werden.

52

Zu einer anderen Beurteilung zwingt auch nicht die Entscheidung des BayVGH (Urteil vom 20. Dezember 2012 – 2 N 10.93 –, juris), der eine Abweichung von den textlichen Festsetzungen hinsichtlich der Größe von Bauquartieren als Abwägungsfehler angesehen hat. Der dort zugrunde liegende Sachverhalt ist mit der Situation in der St. Martin Siedlung nicht vergleichbar. Beanstandet wurde in dem vorstehenden Urteil die Festsetzung einer Mindestgröße für ein Baugrundstück von 500 m², obwohl sich in dem relativ kleinen Bauquartier mit sieben bzw. acht Grundstücken ein übergroßes sowie zwei bzw. vier zu kleine Grundstücke befunden hatten. Zudem wurde ein weiteres Grundstück mit 609 m² ohne Begründung außen vor gelassen. Darüber hinaus hatte im benachbarten Quartier eine gleichartige Problematik bestanden, die nicht entsprechend gelöst worden war. Die Festsetzungen wurden deshalb als willkürlich und unverhältnismäßig eingestuft. Diese gebietstypischen Besonderheiten treffen auf das vorliegend zu beurteilende Baugebiet ersichtlich nicht zu.

53

Mit dem Vorbringen, sein eigenes Grundstück sei von der Größe her geeignet, es in zwei kleinere Parzellen einzuteilen, sodass eine „doppelte“ Bebauung möglich wäre, was aber ausweislich der getroffenen Regelungen im Bebauungsplan gerade verhindert werden solle, dringt der Antragsteller ebenfalls nicht durch. Denn die Festsetzung einer Mindest- oder Höchstgröße eines Baugrundstücks hat für sich betrachtet keinen Einfluss darauf, wie viele Gebäude darauf errichtet werden dürfen. Das wesentliche städtebauliche Planungsziel der Begrenzung einer Hinterlandbebauung gilt im Übrigen gerade auch für das Grundstück des Antragstellers.

54

Ein Abwägungsfehler ergibt sich des Weiteren nicht aus dem Einwand des Antragstellers, das Baufenster seines Grundstücks werde durch die parallel zur Straße verlaufende Baugrenze, die sein Haus durchschneide, unangemessen verkleinert und sei wesentlich geringer als dasjenige des Nachbargrundstücks „Im Pardell 8“. Die vordere (rückwärtige) Baugrenze habe entweder mit Abschluss des Hauptgebäudes des Grundstücks „Im Pardell 4“ parallel zur „Wohnbaulinie“ verlaufen müssen, oder aber für die genannten beiden Grundstücke hätten einzelne Baugrenzen festgelegt werden müssen. Auch diese Festsetzungen sind Ausfluss der von der Antragsgegnerin gewählten Planungsgrundsätze und beruhen auf einem sachgerechten Abwägungskonzept. Hierzu heißt es unter Nr. 2.2.6 der Textfestsetzungen: „Die überbaubaren Flächen werden mittels Baulinien und Baugrenzen nach einem erkennbaren Muster festgesetzt, dass sich an der durch den Bestand geformten Prägung orientiert. Die Regelmäßigkeit, die sich dadurch erkennen lässt, liegt insbesondere in der über weite Strecke absolut vorgenommenen Gradlinigkeit der Baufluchten begründet, in weiteren Fällen durch eine ebenso in exakter Regelmäßigkeit vorgenommene Abstufung oder Abtreppung einer Reihe von Gebäuden (…). Die mittleren Baugrenzen bewegen sich im Allgemeinen in einem Abstand von 10 m zur vorderen Baulinie/Baugrenze und 5 m zur hinteren Baugrenze. In grafischer Anpassung bei versetzten Gebäuden kann es zu geringfügigen Abweichungen kommen, die aber durch die Festsetzung einer ausnahmsweisen Erlaubnis zur Überschreitung der hinteren Baugrenze um weitere 1,50 m aufgefangen wird.“ Die Herstellung von im Wesentlichen gleich großen überbaubaren Grundstücksflächen im Hinblick auf die Parzellen „Im Pardell 4“ und „Im Pardell 8“ ist angesichts der unterschiedlichen Grundstücksgrößen und -zuschnitte weder planungsrechtlich geboten noch überhaupt möglich.

55

Keinen rechtlichen Bedenken unterliegt schließlich die im Bebauungsplan festgesetzte und auf § 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB beruhende Festsetzung einer maximalen Grundfläche von 140 m² im Zusammenhang mit der Festsetzung von Mindestgrundstücksgrößen. Da gerade auch die Aufnahme einer maximalen Grundfläche in den Bebauungsplan dem entgegen der Rechtsansicht des Antragstellers noch verwirklichbaren Planungsziel der Erhaltung des Siedlungscharakters und der damit verbundenen Absicht, die Errichtung größerer Gebäude oder übermäßiger Grundstücksausnutzung zu verhindern (vgl. Nr. 2.2.2 der Begründung) dient, erscheinen derartige Festsetzungen sowohl für sich betrachtet als auch im Zusammenhang mit der festgelegten Mindestgrundstücksgröße keineswegs willkürlich.

56

Weiterhin bestand für die Antragsgegnerin keine Notwendigkeit zu umfassenden Alternativplanungen. Wenn, wie hier, bei der Aufstellung eines Bebauungsplans von vorneherein ein bestimmtes Planungskonzept vorliegt, bedarf es grundsätzlich keiner Überlegungen dazu, ob der Planbereich auch in anderer Weise überplant werden kann (vgl. OVG NRW, Urteil vom 13. November 2009 – 10 D 87/07.NE –, juris). Wegen des den Gemeinden zustehenden städtebaulichen Planungsermessens erweist sich eine Bauleitplanung unter dem Aspekt der alternativen Abwägung nur dann als rechtsfehlerhaft, wenn sich eine andere als die gewählte Lösung unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere Varianten, hätte aufdrängen müssen (vgl. OVG RP, Urteil vom 17. April 2013 – 8 C 10859/12.OVG – m.w.N., ESOVGRP). Eine derartige Situation liegt hier nicht vor. Der Antragsteller selbst zeigt im Übrigen keine andere konkrete, vor allem aber sich aufdrängende Planungsalternative auf.

II.

57

Hinsichtlich des im Tenor näher umschriebenen Teilgebiets BG3 ist der angegriffene Bebauungsplan dagegen unwirksam.

58

Im Gegensatz zu den östlich der Bischof-Ferdinand-Dirichs-Straße gelegenen Teilgebieten BG1 und BG 2 und BG4 folgt aus dem Inhalt der Verwaltungsvorgänge und dem Ergebnis des gerichtlichen Verfahrens, dass die Antragsgegnerin insoweit die durch Verkehrslärm hervorgerufenen planbedingten Immissionskonflikte nur unzureichend erfasst und gelöst hat. Der Bebauungsplan verlangt für die Wohngebiete in Nr. 1.2.10 der Textfestsetzungen bezüglich der Bischof-Ferdinand-Dirichs-Straße, deren rückwärtige Fassaden in der Regel zwischen 18 und 25 m von der stark befahrenen Landesstraße 331 und der sich daran anschließenden Bahntrasse Koblenz-Wiesbaden entfernt liegen, zum einen passive Schallschutzmaßnahmen sowie zum anderen im Hinblick auf die den Verkehrsanlagen zugewandten Grundstücksflächen partielle Nutzungsverbote, sofern nicht die „Einhaltung der Orientierungswerte“ nachgewiesen werden kann. Dabei gibt die Antragsgegnerin den davon betroffenen Grundstückseigentümern auf, ein bewertetes Schalldämmmaß R´w nach der DIN 4109 (Schallschutz im Rohbau) einzuhalten. Hierdurch sei gewährleistet, dass keine städtebaulichen Missstände aufträten, die jedenfalls bei Außenpegeln in Bereichen von deutlich mehr als 70 dB(A) am Tag und 60 dB(A) in der Nacht zu befürchten seien. Diese Werte würden hier bei weitem eingehalten. Eine Überprüfung der vorhandenen räumlichen Situation durch Gutachten und Lärmaktionspläne werde daher nicht erforderlich, weil deren Ergebnisse keine umsetzungsfähigen Maßnahmen erwarten ließen (vgl. Nr. 2.2.11 der Planbegründung).

59

Diese Einschätzung ist fehlerhaft, weil ihr schon im Ansatz keinerlei tragfähige Prognosegrundlage zugrunde liegt, die vorliegend wegen der unmittelbaren Nachbarschaft einer Wohnnutzung zu immissionsträchtigen Verkehrswegen durch weitergehende Sachaufklärungsmaßnahmen hätte geschaffen werden müssen. Erforderlich wäre gewesen, das Gewicht der konkurrierenden Belange, namentlich das Maß der Verkehrsimmissionen, die auf das Teilgebiet einwirken könnten, zutreffend zu ermitteln. Ohne dass der Plangeber in solchen Fällen eine konkrete Vorstellung von der Zumutbarkeitsschwelle entwickelt, lässt sich nicht ermessen, ob und ggf. welche Maßnahmen des Lärmschutzes vernünftigerweise geboten sind. Dies gilt umso mehr, als die Antragsgegnerin gehalten war, hier der Frage näher nachzugehen, ob von der Festsetzung aktiver Schutzvorkehrungen anstelle der getroffenen passiven Lärmschutzmaßnahmen unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten abgesehen werden konnte. Hinzu kommt, dass die von der Antragsgegnerin zur Ermittlung des Schalldämmmaßes beigezogene DIN 4109 selbst Messungen ausdrücklich fordert, um den maßgeblichen Außenlärmpegel überhaupt feststellen zu können (vgl. Nr. 5.5. und Anlage B.1). Diesen Anforderungen ist die Antragsgegnerin nicht gerecht geworden. Es ist nämlich nicht Aufgabe des jeweiligen Grundstückseigentümers, ungesicherte Annahmen des Plangebers auf ihre Richtigkeit selbst zu überprüfen.

60

Dabei verkennt der Senat nicht, dass es bedeutsam sein kann, ob durch die Planung selbst Beeinträchtigungen erstmals ausgelöst oder solche erstmals vorgefunden werden. Grundsätzlich ist die Verpflichtung, Beeinträchtigungen zu vermeiden, größer, wenn diese erstmals durch die Planung ausgelöst werden, als wenn die Planung sie vorfindet. Daher kann die Berücksichtigung von Vorbelastungen an Immissionen eine durch Planung bestätigte (noch zumutbare) Beeinträchtigung rechtfertigen (vgl. Bielenberg in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 1 Nr. 260; BVerwG, Urteil vom 22. März 1995 – 4 C 63.80 –, BVerwGE 71, 450 ff.). Mangels jeglicher Lärmermittlung ist vorliegend jedoch schon offen, ob gesunde Wohnverhältnisse noch gewahrt sind, da die von der Antragsgegnerin angenommene Einhaltung insbesondere des insoweit grundsätzlich für maßgebend gehaltenen Nachtwerts von 70 dB(A) (vgl. Nr. 2.2.11 der Planbegründung) rein spekulativ ist. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass die Regelungen zur überbaubaren Grundstücksfläche die bestehende Konfliktlage nicht nur festschreiben, sondern in einigen Fällen (vgl. die hinteren Baugrenzen der Parzelle Nrn. 177/13, 141/2 und 134/2), wenn auch nur geringfügig, erweitern.

61

§ 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB greift nicht zum Vorteil der Antragsgegnerin ein. Der oben beschriebene Mangel war offensichtlich im Sinne der zitierten Vorschrift. Denn er ergibt sich aus den Planaufstellungsunterlagen.

62

Er ist auch auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen. Ein Fehler im Abwägungsvorgang ist nicht bereits dann auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen, wenn sich lediglich nicht ausschließen lässt, dass die Vermeidung des Fehlers zu einem anderen Ergebnis hätte führen können. Es muss vielmehr nach den Umständen des Einzelfalls die konkrete Möglichkeit eines solchen Einflusses bestehen. Das kann etwa dann der Fall sein, wenn sich anhand der Planunterlagen oder sonst erkennbarer oder naheliegender Umstände ergibt, dass sich ohne den Fehler im Abwägungsvorgang ein anderes Abwägungsergebnis abgezeichnet hätte (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. August 1981 – 4 C 57.80 –, BVerwGE 64, 33). Derartige Anhaltspunkte für ein anderes Abwägungsergebnis sind hier indes zu erkennen. Vorliegend besteht die konkrete Möglichkeit, dass ohne den Mangel die Planung anders ausgefallen wäre. Hätte die Antragsgegnerin nämlich das durch die Nähe der Bundesstraße und der Bahntrasse zur angrenzenden Wohnbebauung hervorgerufene Konfliktpotenzial zutreffend ermittelt und bewertet, so hätte sie den Interessenausgleich wahrscheinlich anders getroffen. Ein städtebaulich zwingender Belang, der geeignet wäre, die streitgegenständliche Planung zu rechtfertigen, ist den Aufstellungsvorgängen nicht zu entnehmen. Dies rechtfertigt den Schluss, dass die Antragsgegnerin bei einem fehlerfreien Abwägungsvorgang zu einem zumindest teilweise abweichenden Planinhalt gekommen wäre.

63

Der dargestellte beachtliche Verstoß gegen das Abwägungsgebot ist nicht nach § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB unbeachtlich geworden. Denn der Antragsteller hat dem dort geregelten Rügeerfordernis jedenfalls mit seiner der Antragsgegnerin rechtzeitig zugestellten Antragsschrift form- und fristgerecht Rechnung getragen.

64

Liegt insofern schon ein Verfahrensfehler vor, ist eine Prüfung der Frage, ob ein inhaltlicher Verstoß gegen das aus § 1 Abs. 7 BauGB folgende Gebot der planerischen Konfliktbewältigung besteht, nicht mehr angezeigt.

65

Die aufgezeigten Mängel haben zur Folge, dass auch die sonstigen Festsetzungen des Bebauungsplans im Hinblick auf das Teilgebiet BG3 in dem vorgenannten Umfang kein Bestand haben kann. Dagegen bleibt die Wirksamkeit des Plans für die Teilgebiete BG1, BG2 und BG4 bestehen. Mängel, die einzelnen Festsetzungen eines Bebauungsplanes anhaften, führen nur dann nicht zur Unwirksamkeit des gesamten Plans, wenn die übrigen Regelungen, Maßnahmen oder Festsetzungen – für sich betrachtet – noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB bewirken können und wenn die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gelangten Willen im Zweifel auch eine Satzung dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Februar 2009 – 4 B 541.08 –, juris).

66

Da die von der Antragsgegnerin getroffenen Vorkehrungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen nicht zuletzt deshalb erfolgt sind, um dem Gebot der planerischen Konfliktbewältigung gerecht zu werden, handelt es sich zwar um ein in sich geschlossenes Planungskonzept für den Bereich BG3, sodass räumliche oder inhaltliche Ausgrenzungen einzelner Textflächen insoweit nicht möglich sind.

67

Anders verhält es sich jedoch hinsichtlich der Plangebiete BG1, BG2 und BG4. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass die Behandlung der Lärmproblematik ursächlich nicht zu den entscheidenden Kriterien gehörte, die zur Aufstellung des Bebauungsplans geführt haben. Eine Notwendigkeit für entsprechende Regelungen hat die Antragsgegnerin nur für den zur Bahnlinie und Bundesstraße orientierten Bereich gesehen, wie sich aus ihrer Überlegung ergibt, dass Schallschutzmaßnahmen die Grundstücke westlich der …-Straße, „im Bebauungsplan mit der Kennzeichnung BG3 versehen“, beträfen (vgl. Nr. 2.2.11 der Begründung). Die Teilbereiche BG1, BG 2 und BG4 umfassen zudem den weit überwiegenden Teil des gesamten Planbereichs und stehen mit dem Randbereich BG3 in keinem untrennbaren Zusammenhang. Darüber hinaus hängt die Verwirklichung des von der Antragsgegnerin angestrebten primären Planziels der Erhaltung des Siedlungsbildes nicht von der Einbeziehung dieser Teilfläche ab, weil sich die Bereiche BG1, BG2 und BG 4 auch ohne sie als funktionsfähige Einheit darstellen, in der sich eine sinnvolle städtebauliche Ordnung in der von der Antragsgegnerin angestrebten Weise herstellen lässt. Deshalb hat der Senat auch keine Zweifel daran, dass die Antragsgegnerin den Plan für die übrigen Bereiche auch ohne Aufnahme des Teilgebiets BG3 erlassen hätte, wenn ihr die Teilunwirksamkeit des Plans bekannt gewesen wäre.

68

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

69

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten findet ihre Rechtsgrundlage in § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

70

Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Art nicht vorliegen.

71

Beschluss

72

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 20.000 € festgesetzt (§§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG).

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