Urteil vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (8. Senat) - 8 A 11003/14


Tenor

Auf die Berufung der Klägerin werden unter Abänderung des aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 8. September 2014 ergangenen Urteils des Verwaltungsgerichts Trier der Bescheid des Beklagten vom 26. August 2013 und der Widerspruchsbescheid vom 24. Februar 2014 aufgehoben.

Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge zu tragen.

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abzuwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen einen Bescheid des Beklagten, mit dem ihr aufgegeben wurde, diesem als öffentlich-rechtlichem Entsorgungsträger bei ihr anfallende gemischte Siedlungs- und Krankenhausabfälle zu überlassen.

2

Sie betreibt in T. ein Verbundkrankenhaus mit zwei Standorten. Das M. Krankenhaus T. verfügt über 205 Betten. Im E.-Krankenhaus werden die Patienten in etwa 160 Betten betreut. Zum E.-Krankenhaus gehört ein ehemaliges Schwesternwohnheim, welches derzeit überwiegend als Schulungsgebäude genutzt wird. Gemischte Siedlungsabfälle werden bislang dem Beklagten überlassen, soweit entsprechende Abfälle im Bereich der Krankenhausverwaltung, in der Cafeteria/Kantine sowie beim Pförtner anfallen. Die entsprechenden Abfälle werden getrennt von den Abfallfraktionen Karton, Glas, PE-Folien und Leichtverpackungen sowie im Bereich der Cafeteria/Kantine getrennt von biologisch abbaubaren Küchen- und Kantinenabfällen sowie Speiseölen und Speisefetten erfasst und dem Beklagten überlassen. Auf den Stationen sowie im ehemaligen Schwesternwohnheim des E.-Krankenhauses werden die Fraktionen Glas, Papier, Pappe und Karton, Plastik/PE-Folien, Leichtverpackungen (gelber Sack) jeweils getrennt von den mit Restabfall gemischten Krankenhausabfällen erfasst. Das Abfallgemisch aus Krankenhausabfällen und Restabfall wird in beiden Krankenhäusern mittels einer Behälterpresse mit einem Fassungsvermögen von 20 m³ gesammelt und im Müllheizkraftwerk M. verbrannt. Das Müllheizkraftwerk erreicht einen Effizienzfaktor R 1 von 0,87 und erfüllt damit ausweislich einer Bescheinigung der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd vom 23. April 2014 die Voraussetzungen der Energieeffizienz für Verwertungsverfahren nach R 1 der Anlage 2 zum Kreislaufwirtschaftsgesetz.

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Nachdem der Beklagte die Klägerin auf die nach seiner Auffassung bestehende Verpflichtung, die Abfälle nach gewerblichem Siedlungsabfall und Krankenhausabfällen zu trennen und ihm zu überlassen, hingewiesen hatte, führte die Klägerin mit Schreiben vom 27. März 2013 aus, dass für das Abfallgemisch aus Gründen der Infektionsprävention nur die Verwendung als Brennstoff im Rahmen der thermischen Verwertung in Betracht komme. Eine getrennte Erfassung von Krankenhausabfällen und gemischten Siedlungsabfällen sei wegen der hohen Fehlwurfquote nicht möglich.

4

Hierauf ordnete der Beklagte mit Bescheid vom 26. August 2013 an, dass ihm als öffentlich-rechtlichem Entsorgungsträger die auf den Grundstücken der Klägerin anfallenden gemischten Siedlungs- und Krankenhausabfälle über Abfallsammelbehälter zu überlassen seien. Zudem verpflichtete er sie für die Entsorgung der Krankenhausabfälle und der gemischten Siedlungsabfälle bei jedem der Krankenhäuser eine mobile Behälterpresse mit einem Fassungsvermögen von 20 m³ aufzustellen. Zur Begründung legte der Beklagte dar, dass ihm Abfälle zur Beseitigung aus allen Herkunftsbereichen zu überlassen seien. Unabhängig von der Effizienzeinstufung des Müllheizkraftwerks M. seien Krankenhausabfälle dem Abfallschlüssel 18 01 04 der Verordnung über das Europäische Abfallverzeichnis – Abfallverzeichnis-Verordnung – AVV – zuzuordnen und keiner Verwertung zugänglich. Vielmehr handele es sich bei der Verbrennung um eine Beseitigung. Hauptzweck der Verbrennung der Krankenhausabfälle sei die Verminderung der Abfallmenge und der Schädlichkeit dieser Abfälle. Dies gelte auch für das Gemisch mit Siedlungsabfällen. Auch für dieses Abfallgemisch sei der Abfallschlüssel 18 01 04 AVV einschlägig. Nach der Gewerbeabfallverordnung – GewAbfV – werde eine thermische Verwertung von Abfallgemischen, die biologisch abbaubare Bestandteile enthielten, ausgeschlossen.

5

Am 26. September 2013 erhob die Klägerin gegen diesen Bescheid Widerspruch, zu dessen Begründung sie darauf verwies, dass eine getrennte Erfassung von Abfällen des Abfallschlüssels 20 03 01 AVV nicht erfolge, da diese Abfälle aufgrund von Fehlwürfen immer auch Abfälle des Abfallschlüssels 18 01 04 AVV enthielten. Bei den Abfällen des Abfallschlüssels 18 01 04 AVV liege eine Verwertung vor, da diese Abfälle einen hohen Heizwert aufwiesen und deren heizwertreiches Potential genutzt werde. Die Abfälle könnten nicht als gefährlich eingestuft werden. Zudem sei das Abfallgemisch aus Krankenhausabfällen und Siedlungsabfällen nach der Mitteilung der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) Nr. 18 (Vollzugshilfe zur Entsorgung von Abfällen aus Einrichtungen des Gesundheitsdienstes) einheitlich unter den Abfallschlüssel 18 01 04 AVV zu fassen. Die bei der Verbrennung des Abfallgemisches erzeugte Energie ersetze Primärenergiequellen, die ansonsten für diesen Zweck eingesetzt werden müssten.

6

Mit Widerspruchsbescheid vom 24. Februar 2014 wies der Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus, dass zur Abgrenzung der Frage, ob Abfall zur Beseitigung oder Abfall zur Verwertung vorliege, auf die Zusammensetzung des Abfallgemisches abgestellt werden müsse. Enthalte dieses Abfallgemisch Fraktionen des Kapitels 20 der AVV, so sei insgesamt von gewerblichen Siedlungsabfällen auszugehen. Das bei der Klägerin anfallende Abfallgemisch verstoße gegen die Vorschriften der Gewerbeabfallverordnung. Auch die LAGA-Mitteilung Nr. 18 gehe davon aus, dass Abfälle des Abfallschlüssels 18 01 04 AVV von gemischten Siedlungsabfällen getrennt werden müssten. Soweit im Müllheizkraftwerk neben Abfällen mit sehr hohen Brennwerten auch Abfälle mit niedrigen Brennwerten verbrannt würden, ergebe sich hieraus nicht, dass der gesamte Vorgang als Verwertung einzustufen sei. Die Klägerin sei sowohl zur Überlassung des bisherigen Abfallgemisches als auch zur Überlassung reiner gemischter Siedlungsabfälle verpflichtet.

7

Am 12. März 2014 hat die Klägerin Klage erhoben, zu deren Begründung sie ergänzend zu ihren Darlegungen im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren ausführt, dass das gesamte Abfallgemisch aus Gründen der Vorsorge als Krankenhausabfall entsprechend dem Abfallschlüssel 18 01 04 anzusehen sei. Die Vermutung, dass bei ihr gewerbliche Siedlungsabfälle zur Beseitigung anfielen, könne sie entkräften. Zudem sei sie freiwillig bereit, Siedlungsabfälle des Abfallschlüssels 20 03 01 AVV dem Beklagten zur Entsorgung zu überlassen. Hierfür halte sie am Standort E.-Krankenhaus eine 240 l-Tonne des Beklagten bereit. Indessen fielen bei ihr keine entsprechenden Abfälle an, da sich der Abfall überwiegend aus Abfällen zusammensetze, die dem Abfallschlüssel 18 01 04 AVV zuzuordnen seien. Insoweit lasse sich nicht ausschließen, dass es zu Fehlwürfen komme. Fielen bei ihr keine relevanten Restabfallmengen an, so könne sie auch nicht verpflichtet werden, entsprechende Abfallbehälter mit einem Fassungsvolumen von 20 m³ vorzuhalten. Hinsichtlich der Krankenhausabfälle (Abfallschlüssel 18 01 04 AVV) könne sie nicht zur Überlassung an den Beklagten verpflichtet werden, weil diese Abfälle einer Verwertung zugeführt würden. Das Müllheizkraftwerk M. erfülle das in der Fußnote zu R 1 der Anlage 2 zum Kreislaufwirtschaftsgesetz näher definierte Effizienzkriterium. Hauptzweck der Verbrennung sei die Nutzung des Energiepotentials der Abfälle. Von den Krankenhausabfällen gehe kein Gefahrenpotential aus, das eine Verbrennung aus Beseitigungsgründen erforderlich mache. Das Abfallgemisch, das von ihr nach Abfallschlüssel 18 01 04 AVV deklariert werde, enthalte keine Abfallfraktionen, die nach der Gewerbeabfallverordnung einer Verwertung entgegenstünden. Die Einschätzungen, ob Abfälle einer Verwertung unterfielen, müsse unabhängig von der Entstehung der jeweiligen Abfälle getroffen werden. Schließlich mache eine Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger unter umweltpolitischen Gesichtspunkten keinen Sinn, da diese Abfälle von ihm ebenfalls einer Verbrennung zugeführt würden.

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Die Klägerin hat beantragt,

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den Bescheid des Beklagten vom 26. August 2013 in Form des Widerspruchsbescheides vom 24. Februar 2014 aufzuheben.

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Der Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Hierzu hat er in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass er die in dem angefochtenen Bescheid ausgesprochene Zwangsgeldandrohung aufhebe, und angemerkt, dass sich Ziffer 1 des Bescheides nur auf gemischte Krankenhaus- und Siedlungsabfälle beziehe. Die Überlassung getrennt erfasster Krankenhausabfälle werde nicht angeordnet.

13

Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass bei der Klägerin gemischte Siedlungsabfälle anfielen, die gemeinsam mit den Krankenhausabfällen des Abfallschlüssels 18 01 04 AVV entsorgt würden. Sie habe insbesondere nicht entgegen der widerleglichen Vermutung in § 7 Satz 4 GewAbfV nachgewiesen, dass bei ihr kein gewerblicher Siedlungsabfall zur Beseitigung anfalle. Das bei ihr entstehende Gemisch sei insgesamt als gewerblicher Siedlungsabfall anzusehen. Die Annahme, dass das Abfallgemisch keine einer Verwertung entgegenstehenden Abfallfraktionen enthalte, sei nur dann nachvollziehbar, wenn die Abfälle sich lediglich aus den in Abfallschlüssel 18 01 04 AVV genannten Abfallfraktionen zusammensetze. Gegen die Aussage, dass bei der Klägerin keine gewerblichen Siedlungsabfälle anfielen, spreche auch, dass in allen anderen Krankenhäusern in der Stadt T. und dem Landkreis T.-S. derartige Siedlungsabfälle entstünden. Hierfür spreche auch der Umstand, dass die Klägerin Restmüllsammelgefäße vorhalte.

14

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 8. September 2014 ergangenem Urteil abgewiesen. Zur Begründung hat es darauf abgestellt, dass die Klage bereits unzulässig sei, soweit sich die Klägerin gegen die in dem Bescheid vom 26. August 2013 enthaltene Zwangsgeldandrohung sowie dagegen wende, dass eine Überlassungspflicht auch im Falle der getrennten Erfassung von Krankenhaus- und gemischten Siedlungsabfällen bestehe. Der Bescheid des Beklagten sei ursprünglich nicht so zu verstehen gewesen, dass er lediglich ein Gemisch aus Krankenhausabfällen und gemischten Siedlungsabfällen erfasse. Soweit das Klagebegehren nach der Klarstellung in der mündlichen Verhandlung hierüber hinausgehe, fehle der Klägerin das Rechtsschutzinteresse für die Weiterverfolgung ihrer Klage.

15

Die gegenüber der Klägerin ergangene Anordnung, dem Beklagten das bei ihr anfallende Gemisch aus Krankenhaus- und Siedlungsabfall zu überlassen, erweise sich im Übrigen als rechtmäßig. Bei dem Abfallgemisch handele es sich um gewerblichen Siedlungsabfall zur Beseitigung. Die Klägerin habe nicht darzulegen vermocht, dass hinsichtlich des Gemischs ein konkreter und ordnungsgemäßer Verwertungsweg sichergestellt sei. Sie habe insbesondere nicht nachvollziehbar werden lassen, dass in dem Abfallgemisch keine Abfallfraktionen enthalten seien, die einer thermischen Verwertung gewerblicher Siedlungsabfälle entgegenstünden. So sei davon auszugehen, dass in dem Gemisch auch biologisch abbaubare Küchen- bzw. Kantinenabfälle enthalten seien, für die nach § 6 Satz 1 Nr. 4 GewAbfV eine energetische Verwertung untersagt sei. Die Klägerin könne sich ihrer Überlassungspflicht nicht dadurch entziehen, dass sie die bei ihr anfallenden gemischten Siedlungsabfälle mit Krankenhausabfällen vermische. Auch hinsichtlich des Fassungsvermögens der Abfallbehälter, deren Aufstellung der Klägerin aufgegeben wurde, bestünden keine Bedenken.

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Mit ihrer vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung macht die Klägerin in Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vorbringens geltend, dass hinsichtlich des bei ihr anfallenden Abfallgemisches, das sie insgesamt dem Abfallschlüssel 18 01 04 AVV zuordne, keine Überlassungspflicht bestehe. Dies gelte bereits deshalb, weil die Gewerbeabfallverordnung für Krankenhausabfälle keine Wirkung entfalte.

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Die vom Verwaltungsgericht vorgenommene fiktive Aufteilung des Abfalls in Krankenhausabfall und gewerblichen Siedlungsabfall sei nicht möglich. Vielmehr fielen die Abfälle bei ihr nur als Krankenhausabfälle entsprechend dem Abfallschlüssel 18 01 04 AVV an. Selbst wenn man von einer Vermischung ausginge, sei der biologische Anteil der Abfälle ausschließlich dem Bereich der Krankenhausabfälle zuzuordnen. Gewerbliche Siedlungsabfälle fielen bei ihr nicht an. Wegen der Gefahr einer Keimbelastung könnten die in den Patientenzimmern anfallenden Abfälle nur als Krankenhausabfälle deklariert werden. Insoweit liege auch keine nachträgliche Vermischung der Abfälle vor. Wie die Überschrift des Kapitels 18 der Abfallverzeichnisverordnung ausweise („Abfälle aus der humanmedizinischen oder tierärztlichen Versorgung und Forschung [ohne Küchen- und Restaurantabfälle, die nicht aus der unmittelbaren Krankenpflege stammen]“), umfasse der Begriff der Krankenhausabfälle auch biologisch abbaubare Abfälle. Eine Keimbelastung dieser auf den Stationszimmern entstehenden Abfälle könne nicht ausgeschlossen werden. Schließlich sei für die Einordnung von Abfällen zur Verwertung oder Abfällen zur Beseitigung unerheblich, ob diese Abfälle unter Verstoß gegen die Getrennthaltungsvorschriften der Gewerbeabfallverordnung entstanden seien. Die Möglichkeit der Verwertung sei daher unabhängig von der Entstehung der Abfälle zu beurteilen. Maßgeblich sei allein, ob die Verwendung der Abfälle mit dem sogenannten R 1-Kriterium nach Anhang 2 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes bzw. Anhang II der Abfallrahmenrichtlinie 2008/98/EG in Übereinstimmung stehe. Dies sei aber bei der Verbrennung im Müllheizkraftwerk M. gewährleistet.

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Die Klägerin beantragt,

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unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Trier den Bescheid des Beklagten vom 26. August 2013 in der Fassung, die er in der mündlichen Verhandlung vom 8. September 2014 erhalten hat, sowie den Widerspruchsbescheid vom 24. Februar 2014 aufzuheben und

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die Notwendigkeit der Hinzuziehung des Bevollmächtigten festzustellen.

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Der Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Er stellt darauf ab, dass in den Stationszimmern der Klägerin keine getrennte Erfassung von Siedlungs- und Krankenhausabfällen stattfinde. Mit der Annahme, dass bei ihr lediglich ein Gemisch von Siedlungs- und Krankenhausabfällen anfalle, versuche sie ihrer Andienungspflicht über den Abfallschlüssel auszuweichen. Die Getrennthaltungsvorschriften der Gewerbeabfallverordnung sollten gewährleisten, dass ein Abfallgemisch mit gewerblichen Siedlungsabfällen zur thermischen Verwertung keine nicht zugelassenen Bestandteile enthalte. Die Klägerin habe bislang nicht nachgewiesen, dass das Abfallgemisch diesen Anforderungen genüge. Das Vorgehen des Beklagten stehe auch nicht im Widerspruch zur Abfallrahmenrichtlinie oder der Abfallhierarchie nach dem Kreislaufwirtschaftsgesetz.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen, die allesamt zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Berufung hat Erfolg.

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Das Verwaltungsgericht hätte den Bescheid des Beklagten vom 26. August 2013 aufheben müssen. Die Anordnung, mit der die Klägerin verpflichtet wurde, dem Beklagten das auf ihren Grundstücken anfallende Gemisch aus Krankenhaus- und Siedlungsabfällen zu überlassen und hierfür jeweils mobile Behälterpressen vorzuhalten, erweist sich als rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.

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I. Die Klage ist zulässig.

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Insbesondere steht der Klägerin das erforderliche Rechtsschutzinteresse zu. Sie beschränkt ihre Klage im Berufungsverfahren auf die Anfechtung des Bescheides des Beklagten in der Fassung, die er in der mündlichen Verhandlung vom 8. September 2014 erhalten hat. Hiermit hat sie auf die entsprechende Erklärung des Beklagten in der mündlichen Verhandlung reagiert, mit der er die Zwangsgeldandrohung aufgehoben und klargestellt hat, dass sich der angefochtene Bescheid lediglich auf ein Gemisch von Krankenhaus- und gemischten Siedlungsabfällen beziehen sollte. Gegenstand der Anfechtungsklage ist damit nicht mehr eine Verpflichtung, Krankenhaus- und Siedlungsabfälle dem Beklagten auch bei getrennter Erfassung zu überlassen.

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II. Die Klage ist auch begründet.

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Der Bescheid des Beklagten vom 26. August 2013 in der Fassung, die er in der mündlichen Verhandlung erhalten hat, findet keine Rechtsgrundlage in § 18 Abs. 1 Satz 3 des Landeskreislaufwirtschaftsgesetzes – LKrWG – i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Bewirtschaftung von Abfällen (Kreislaufwirtschaftsgesetz – KrWG –) sowie § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 und 3 der Satzung über die Vermeidung, Verwertung und Beseitigung von Abfällen in der Stadt Trier und dem Landkreis Trier-Saarburg durch den Zweckverband Abfallwirtschaft im Raum Trier (A.R.T.) – Abfallsatzung –.

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Nach § 18 Abs. 1 Satz 3 LKrWG kommt der zuständigen Behörde die Befugnis zu, die zur Beseitigung festgestellter Verstöße gegen die Erfüllung der u.a. nach dem Kreislaufwirtschaftsgesetz bestehenden Verpflichtungen notwendigen Anordnungen zu treffen. § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG bestimmt, dass Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet sind, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. § 17 Abs. 1 Satz 2 KrWG erstreckt diese Verpflichtung auch auf Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie von ihnen nicht in eigenen Anlagen beseitigt werden. In Konkretisierung dieser gesetzlichen Verpflichtung sieht § 6 Abs. 2 Abfallsatzung vor, dass Grundstücke, auf denen Abfälle zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen als privaten Haushalten anfallen, an die Abfallentsorgung des Beklagten anzuschließen sind.

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Im Falle der Klägerin besteht indessen keine Anschlusspflicht. Zwar ist der bei ihr anfallende vermischte Abfall aus gemischten Siedlungsabfällen und Krankenhausabfällen nicht von vornherein als Abfall zur Verwertung einzuordnen. Vielmehr besteht für die vermischten Abfälle die widerlegliche Vermutung, dass es sich um Abfälle zur Beseitigung handelt. Der Klägerin ist es indessen gelungen nachzuweisen, dass die bei ihr anfallenden Abfälle einer energetischen Verwertung zugeführt werden können und zugeführt werden, und damit diese Vermutung zu widerlegen.

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1. Das in den Krankenhäusern der Klägerin anfallende Abfallgemisch besteht nach den übereinstimmenden Angaben der Beteiligten im Umfang von 80 % aus Krankenhausabfällen nach Abfallschlüssel 18 01 04 der Verordnung über das Europäische Abfallverzeichnis (Abfallverzeichnisverordnung – AVV –), die sich – dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig – als Abfall zur Verwertung darstellen und einer thermischen Verwertung zugeführt werden können.

34

Andererseits enthält das Gemisch gewerbliche gemischte Siedlungsabfälle nach Abfallschlüssel 20 03 01 AVV. Bei gesetzeskonformer Auslegung der Vorschrift des § 7 Satz 4 der Verordnung über die Entsorgung von gewerblichen Siedlungsabfällen und bestimmten Bau- und Abbruchabfällen (Gewerbeabfallverordnung – GewAbfV –) greift hiernach die Vermutung, dass bei ihr Abfälle zur Beseitigung anfallen.

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a. Hinsichtlich des in den Krankenzimmern und auf den Stationen gesammelten Abfalls ist davon auszugehen, dass er durch Vermischung entsteht und nicht bereits als Abfallgemisch anfällt.

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Unter dem „Anfallen“ von Abfall ist das Entstehen von Abfall im Rechtssinne zu verstehen. Abfall fällt in dem Zeitpunkt an, in dem ein Stoff oder Gegenstand erstmals die Abfalleigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 bis 4 KrWG erlangt. Ist einer der dort aufgeführten Tatbestände erfüllt, so ist der entsprechende Abfall angefallen (Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2007 – 7 C 42/07 –, BVerwGE 130, 127 und juris, Rn. 11; BayVGH, Urteil vom 30. November 1999 – 20 B 99.1068 –, BayVBl. 2000, 176 und juris, Rn. 19; Dieckmann in Jarass/Petersen, KrWG, 2014, § 15 Rn. 61). Was die in den Krankenzimmern oder Stationsbereichen entstehenden Abfälle angeht, so handelt es sich bei praxisnaher Sicht um Gegenstände, deren sich der Besitzer im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 KrWG entledigen will. Dabei ergibt sich der Entledigungswille nach § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 KrWG daraus, dass die ursprüngliche Zweckbestimmung der Gegenstände entfällt oder aufgegeben wird, ohne dass ein neuer Verwendungszweck unmittelbar an deren Stelle tritt. Hiernach kann ein Entledigungswille ohne Weiteres bei solchen Gegenständen angenommen werden, deren sich Patienten oder Mitarbeiter entledigen wollen, nachdem sie sie zum persönlichen Gebrauch verwendet haben. Gleiches gilt für solche Materialien, die zur Behandlung der Patienten eingesetzt wurden und hierfür nicht mehr benötigt werden. Der entsprechende Abfall fällt mit Aufgabe des Verwendungszweckes vor Einwurf in die hierfür von der Klägerin vorgesehenen Sammelbehälter an. Sobald die Sammelbehälter genutzt werden, erfolgt die Vermischung unterschiedlicher Abfallfraktionen.

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b. Für die bei der Klägerin angefallenen vermischten Abfälle gilt, da sie gewerbliche gemischte Siedlungsabfälle nach Abfallschlüssel 20 03 01 AVV enthalten, die Vermutung, dass Abfälle zur Beseitigung vorliegen und das entstandene Gemisch damit gegen das in § 7 GewAbfV enthaltene Trennungsgebot verstößt.

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Insoweit ist zwar von dem Grundsatz auszugehen, dass Abfälle, die ohne Verstoß gegen ein Trennungsgebot vermischt worden sind und die sowohl überwiegend verwertbar sind als auch einer Verwertung zugeführt werden, nicht als Abfälle zur Beseitigung angesehen werden können (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Juni 2000 – 3 C 4.00 –, NVwZ 2000, 1178 und juris, Rn. 14 f.). Andererseits lässt das Gesetz keine unzulässige Vermischung von Abfällen zur Beseitigung mit Abfällen zur Verwertung zu, soweit dadurch für beide Abfallkategorien oder zumindest im Hinblick auf eine Abfallkategorie der Grundpflicht zur gemeinwohlverträglichen Entsorgung zuwidergehandelt wird. Bei Verletzung einer Getrennthaltenspflicht kann Abfall zur Beseitigung nicht durch gezielte Beimengung verwertbarer Bestandteile der Überlassungspflicht entzogen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Juni 2000, a.a.O., juris, Rn. 18; Clemens, in: Schmehl, Gemeinschaftskommentar zum Kreislaufwirtschaftsgesetz, 2013, § 17, Rn. 180).

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Die bei der Klägerin entstandene Vermischung von Abfällen enthält gewerbliche Siedlungsabfälle i.S.v. § 2 Nr. 1 der Verordnung über die Entsorgung von gewerblichen Siedlungsabfällen und bestimmten Bau- und Abbruchabfällen (Gewerbeabfallverordnung – GewAbfV –) und unterliegt daher den Vorschriften dieser Verordnung.

40

Als gewerbliche Siedlungsabfälle nach § 2 Nr. 1 GewAbfV sind Siedlungsabfälle aus anderen Herkunftsbereichen als privaten Haushaltungen anzusehen, die in Kapitel 20 AVV aufgeführt sind. Insbesondere zählen hierzu gewerbliche und industrielle Abfälle, die Abfällen aus privaten Haushaltungen aufgrund ihrer Beschaffenheit oder Zusammensetzung ähneln (Buchst. a) sowie Abfälle aus privaten und öffentlichen Einrichtungen mit Ausnahme der Abfälle, die in privaten Haushalten im Rahmen der privaten Lebensführung anfallen (Buchst. b). Dass in den Krankenhäusern der Klägerin Siedlungsabfälle nach Kapitel 20 der Abfallverzeichnis-Verordnung, also Haushaltsabfälle und ähnliche gewerbliche und industrielle Abfälle sowie Abfälle aus Einrichtungen anfallen und insbesondere Abfälle des Abfallschlüssels 20 03 01 AVV (gemischte Siedlungsabfälle) vorliegen, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Dies ergibt sich auch aus der Tatsache, dass die Klägerin Teile der hierunter fallenden Abfallfraktionen entsprechend § 3 Abs. 1 Satz 1 GewAbfV als Wertstoffe getrennt einsammelt und einer Verwertung zuführt.

41

Anders als die Klägerin annimmt, stehen dieser Zuordnung zu den gewerblichen Siedlungsabfällen nicht die Besonderheiten des Krankenhausbetriebes entgegen. Diese lassen nicht die Notwendigkeit entstehen, die in den Patientenzimmern und in den Stationszimmern eingesammelten Abfälle insgesamt dem Kapitel 18 der Abfallverzeichnis-Verordnung zuzurechnen und als Abfälle aus der humanmedizinischen oder tierärztlichen Versorgung und Forschung (ohne Küchen- und Restaurantabfälle, die nicht aus der unmittelbaren Krankenpflege stammen) einzustufen. Nach Auffassung der Klägerin sind diese Abfälle nach dem Abfallschlüssel 18 01 04 AVV zu deklarieren und damit als Abfälle anzusehen, an deren Sammlung und Entsorgung aus infektionspräventiver Sicht keine besonderen Anforderungen gestellt werden (z.B. Wund- und Gipsverbände, Wäsche, Einwegkleidung, Windeln). Bei den Abfällen nach Abfallschlüssel 18 01 04 AVV handelt es sich jedoch – wie der beispielhaften Aufzählung zu entnehmen ist – um einen eng umrissenen Kreis von Abfällen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Behandlungstätigkeit am Patienten stehen und die von daher keine begriffliche Ausdehnung auf solche Abfälle zulassen, die nur gelegentlich eines Aufenthaltes im Krankenhaus oder gelegentlich der Tätigkeit im Krankenhaus zusätzlich entstehen können.

42

Auch der von der Klägerin angesprochene Aspekt, dass sich Krankenhausabfälle und sonstige Abfälle nicht sinnvoll trennen ließen, da verstärkt mit Fehlwürfen zu rechnen sei, lässt nicht zwingend auf eine Zuordnung des Abfallgemischs zum Abfallschlüssel 18 01 04 AVV schließen. Die Gefahr einer „Kontaminierung“ der sonstigen Abfälle durch derartige Fehlwürfe hält sich nämlich in Grenzen. Selbst wenn die Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) in ihrer Vollzugshilfe zur Entsorgung von Abfällen aus Einrichtungen des Gesundheitsdienstes (Nr. 18) darauf verweist, dass es sich um mit Blut, Sekreten und Exkreten behaftete Abfälle handele, und für deren Sammlung Behältnisse vorsieht, die bestimmten Anforderungen genügen, ist zu berücksichtigen, dass bei diesen Abfällen definitionsgemäß aus infektionspräventiver Sicht keine besondere Gefährdung besteht. Zudem werden entsprechende Bedenken auch nicht im Hinblick auf die auf den Stationen gesondert erfassten Abfallfraktionen Glas, Papier, Pappe, Karton, Plastik/PE-Folien und Leichtverpackungen geltend gemacht. Schließlich sieht auch die Mitteilung der LAGA eine Getrennthaltung von Abfällen des Abfallschlüssels 18 01 04 AVV und von gemischten Siedlungsabfällen vor. Erst unter dieser Prämisse ist vorgesehen, dass bei gemeinsamer Entsorgung mit gemischten Siedlungsabfällen einheitlich der Abfallschlüssel 18 01 04 AVV zu verwenden sei.

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c. Für die mit gemischten Siedlungsabfällen aus dem gewerblichen Bereich vermischten Abfälle gilt gemäß § 7 Satz 4 GewAbfV die widerlegliche Vermutung des Vorliegens von Abfällen zur Beseitigung.

44

Nach § 7 Satz 4 GewAbfV haben Erzeuger und Besitzer von gewerblichen Siedlungsabfällen Abfallbehälter des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder eines von ihm beauftragten Dritten in angemessenem Umfang nach den näheren Festlegungen des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, mindestens aber einen Behälter zu nutzen.

45

Dieser Regelung liegt die Vorstellung zugrunde, dass auch bei Erzeugern und Besitzern von gewerblichen Siedlungsabfällen, bei denen die Anforderungen an Getrennthaltung und Vorbehandlung nach den §§ 3, 4 und 6 GewAbfV eingehalten werden, Abfälle anfallen, die nicht verwertet werden. Hiermit soll insbesondere dem Anreiz zu „absichtlichen Fehlwürfen“ in Abfallgemischen zur Verwertung vorgebeugt werden (vgl. Begründung zur Verordnung der Bundesregierung, BR-Drs. 278/02, S. 33). Nach der Verordnung ist hiernach zu vermuten, dass nach Erfahrungen der Vollzugspraxis bei jedem Erzeuger und Besitzer von Abfällen, selbst wenn er die in der Gewerbeabfallverordnung geregelten Anforderungen an die Getrennthaltung bestimmter Abfälle einhält, zwangsläufig Abfälle anfallen, die nicht verwertet werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Februar 2005 – 7 C 25.03 –, BVerwGE 123, 1 und juris, Rn. 12). Aufgrund dieser Vermutung wäre hiernach im Falle der Klägerin davon auszugehen, dass bei ihr Abfälle zur Beseitigung anfallen und sie verpflichtet ist, diese Abfälle dem Beklagten als öffentlich-rechtlichem Entsorgungsträger zu überlassen. Die entsprechende Überlassungspflicht würde dabei auch die mit den gewerblichen Siedlungsabfällen vermischten Krankenhausabfälle erfassen. Dieses Abfallgemisch ist nämlich, soweit man hinsichtlich der gemischten Siedlungsabfälle von Abfall zur Beseitigung ausgeht, unter Verstoß gegen das in § 15 KrWG enthaltenen Getrennthaltegebot von Abfällen zur Beseitigung und Abfällen zur Verwertung entstanden (vgl. Dieckmann in: Jarass/Petersen, KrWG, 2014, § 15 Rn. 59; Kaltenborn in: Schmehl, GK-KrWG, 2013, § 15 Rn. 31). Dieses Gebot wird, wie sich auch aus der Überschrift der Vorschrift entnehmen lässt, in § 7 GewAbfV konkretisiert. Mit der Verpflichtung zur Vorhaltung eines Restabfallbehälters geht auch gleichzeitig die Pflicht einher, die über diese Behälter entsorgten Abfälle zur Beseitigung von Abfällen zur Verwertung getrennt zu halten und dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zu überlassen (vgl. Thärichen/Prelle, in: von Lersner/Wendenburg, Recht der Abfallbeseitigung Stand: Juni 2014, § 7 GewAbfV, Rn. 29). Ist eine nachträgliche Entmischung nicht mehr möglich, erstreckt sich die auf Siedlungsabfälle zur Beseitigung bezogene Überlassungspflicht auch auf die damit vermischten Krankenhausabfälle.

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2. Indessen ist es der Klägerin gelungen nachzuweisen, dass in ihrem Falle keine Abfälle zur Beseitigung anfallen, und damit die Vermutung des § 7 Satz 4 GewAbfV zu widerlegen.

47

§ 7 Satz 4 GewAbfV bedarf nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der sich der Senat anschließt, einer gesetzeskonformen Reduktion. Die Behälterbenutzungspflicht nach § 7 Satz 4 GewAbfV darf nicht im Widerspruch zu den Bestimmungen der gesetzlichen Grundlage der Verordnung stehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Februar 2005, a.a.O. und juris, Rn. 12). Das Gesetz sieht in § 6 Abs. 1 KrWG eine Rangfolge der Maßnahmen der Vermeidung und der Abfallbewirtschaftung in dem Sinne vor, dass Recycling (Nr. 3) und eine sonstige Verwertung, insbesondere eine energetische Verwertung und Verfüllung (Nr. 4) gegenüber der Beseitigung vorrangig sind. Damit greift die gesetzliche Regelung die Vorgaben zur Abfallhierarchie auf, die in Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2008/98/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 19. November 2008 über Abfälle und zur Aufhebung bestimmter Richtlinien - Abfallrahmenrichtlinie (Amtsblatt der Europäischen Union L 312/3) vorgegeben sind. Gleichzeitig ist die Überlassungspflicht des § 17 Abs. 1 Satz 2 KrWG auf Abfälle zur Beseitigung beschränkt. Hiernach ist aber eine strikte, ohne Ausnahme bestehende Behälternutzungspflicht für Erzeuger und Besitzer von gewerblichen Siedlungsabfällen ohne Rücksicht auf deren Verwertung oder Beseitigung nicht mit den genannten europarechtlichen und gesetzlichen Vorgaben vereinbar. Die Vermutung, dass bei jedem Erzeuger und Besitzer gewerblicher Siedlungsabfälle auch Abfälle zur Beseitigung anfallen, muss daher als widerleglich angesehen werden. Keiner Behälterbenutzungspflicht unterliegen demnach Erzeuger und Besitzer gewerblicher Siedlungsabfälle, soweit sie nachweisen können, dass bei ihnen keine Beseitigungsabfälle anfallen (BVerwG, Urteil vom 17. Februar 2005 a.a.O., juris, Rn. 12; vgl. OVG RP, Beschluss vom 8. Januar 2014 – 8 B 11193/13.OVG –, juris, Rn. 11).

48

Der Klägerin ist dieser Nachweis gelungen. Sie hat nämlich einen Verwertungsweg aufgezeigt, der eine hochwertige thermische Verwertung insbesondere der gewerblichen Siedlungsabfälle umfasst und dem keine normativen Hindernisse entgegenstehen.

49

Verwertung ist nach § 3 Abs. 23 KrWG in Abgrenzung von der in § 3 Abs. 26 KrWG angesprochenen Beseitigung jedes Verfahren, als dessen Hauptergebnis die Abfälle innerhalb der Anlage oder in der weiteren Wirtschaft einem sinnvollen Zweck zugeführt werden, indem sie entweder andere Materialien ersetzen, die sonst zur Erfüllung einer bestimmten Funktion verwendet worden wären, oder indem die Abfälle so vorbereitet werden, dass sie diese Funktion erfüllen. Eine nicht abschließende Liste von Verwertungsverfahren enthält Anlage 2 des Gesetzes. Nach R 1 dieser Anlage ist als Verwertungsverfahren die Hauptverwendung als Brennstoff oder als anderes Mittel der Energieerzeugung anzusehen, worunter nach der zugehörigen Fußnote 1) Verbrennungsanlagen fallen, deren Zweck in der Behandlung fester Siedlungsabfälle besteht, wenn deren Energieeffizienz näher bezeichnete Mindestwerte einhält.

50

Die Verbrennung der von der Klägerin angelieferten gemischten Abfälle im Müllheizkraftwerk M. stellt ein Verwertungsverfahren im Sinne der genannten Regelungen dar. Ausweislich der von der Struktur- und Genehmigungsdirektion ausgestellten Bestätigung vom 23. April 2014 erreicht das Müllheizkraftwerk M. einen Effizienzfaktor R1 von 0,87 und überschreitet damit den für die Anlage geltenden Mindestwert von 0,6.

51

Aus den Darlegungen der Beteiligten ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die weiteren Kriterien für die Annahme einer thermischen Verwertung nicht vorliegen. Nach der Rechtsprechung des EuGH stellt eine Verbrennung eine Verwertungsmaßnahme dar, wenn ihr Hauptzweck die Verwendung der Abfälle als Mittel der Energieerzeugung ist. Der Begriff der Hauptverwendung setzt voraus, dass das dort genannte Verfahren im Wesentlichen dazu dient, die Abfälle für einen sinnvollen Zweck, nämlich die Energieerzeugung, einzusetzen. Danach ist erforderlich, dass durch die Verbrennung der Abfälle mehr Energie erzeugt und zurückgewonnen wird, als beim Verbrennungsvorgang verbraucht wird. Schließlich müssen andere Materialien ersetzt werden, die sonst für diesen Zweck hätten eingesetzt werden müssen, um dadurch natürliche Rohstoffquellen zu erhalten (vgl. Urteil vom 13. Februar 2003 – Rechtssache C 458/00 – Rn. 32 - 36). Dass die angesprochenen Kriterien und insbesondere die Substitutionswirkung mit der Verbrennung der bei der Klägerin anfallenden gemischten gewerblichen Siedlungsabfälle erfüllt werden, hat der Beklagte trotz der bei ihm vorhandenen Fachkunde nicht substantiiert in Frage gestellt. Im Übrigen ist den Vollzugshinweisen der LAGA (Nr. 38) für die Anwendung der R 1-Formel für die energetische Verwertung von Abfällen in Siedlungsverbrennungsanlagen gemäß der EU-Abfallrahmenrichtlinie als weiteres Indiz zu entnehmen, dass für feste Siedlungsabfälle die Fiktion der energetischen Verwertung nach der Fußnote zu R 1 ohne weiteren Nachweis der Substitution von Brennstoffen gilt, wenn die Anlage zur Verbrennung fester Siedlungsabfälle das vorgegebene R 1-Kriterium der Fußnote zu R 1 erreicht hat.

52

Der Annahme einer ordnungsgemäßen thermischen Verwertung steht auch nicht § 6 Satz 1 Nr. 4 GewAbfV entgegen. Nach dieser Vorschrift dürfen gewerbliche Siedlungsabfälle gemischt einer energetischen Verwertung ohne vorherige Vorbehandlung nur dann zugeführt werden, wenn in diesem Gemisch keine biologisch abbaubaren Küchen- und Kantinenabfälle, biologisch abbaubaren Garten- und Parkabfälle und Marktabfälle enthalten sind. Hiermit soll vermieden werden, dass eine hochwertige energetische Verwertung wegen des hohen Wassergehaltes dieser Abfälle unterbleibt (vgl. Begründung der Bundesregierung zur GewAbfV, BRDrS 278/02, S. 33).

53

Die bei der Klägerin in Patientenzimmern und auf den Stationsbereichen anfallenden gemischten Abfälle enthalten indessen keine derartigen biologisch abbaubaren Abfälle in relevantem Umfang.

54

Dies ergibt sich aus einer an Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Verbotsvorschrift in § 6 Satz 1 Nr. 4 GewAbfV orientierten Auslegung. So ist die gemischte energetische Verwertung nicht für jedwede Fraktion biologisch abbaubarer Abfälle verboten, sondern nur für Küchen-, Kantinen-, Garten-, Park- und Marktabfälle. Schon der Wortlaut der Vorschrift spricht daher dafür, dass dem Verbot nur die biologisch abbaubaren Abfälle unterfallen, die in den genannten Bereichen, also etwa in Küchen oder in Kantinen, und dann regelmäßig in größeren Mengen anfallen. Dieses Verständnis entspricht auch Sinn und Zweck der Vorschrift, eine möglichst hochwertige energetische Verwertung zu gewährleisten. Ist die Erreichung dieses Ziels bei einer im Siedlungsabfallgemisch enthaltenen großen Menge biologisch abbaubarer Abfälle wegen des darin enthaltenen Wassergehalts in Frage gestellt, so ist dies bei lediglich geringfügigen Mengen solcher Abfälle gerade nicht der Fall. Die in § 7 GewAbfV eröffnete Möglichkeit der energetischen Verwertung gewerblicher Siedlungsabfälle soll daher durch das Vorhandensein kleinteiliger biologisch abbaubarer Abfälle noch nicht in Frage gestellt werden.

55

In den Krankenhäusern der Klägerin gelangt indessen der größte Teil biologisch abbaubarer Abfälle aus Küche und Kantine/Cafeteria nicht in das Abfallgemisch, dessen Überlassung der Beklagte angeordnet hat, da die in diesen Einrichtungen entstehenden biologische Abfälle getrennt erfasst werden.

56

Stehen einer Verwertung der bei der Klägerin in Patientenzimmern und in den Stationsbereichen anfallenden gemischten gewerblichen Siedlungsabfälle keine Hinderungsgründe entgegen, so ist auch die Mischung mit Krankenhausabfällen als Abfall zur Verwertung anzusehen, so dass die von dem Beklagten angenommene Überlassungspflicht nicht besteht.

57

2. Entfällt die Überlassungspflicht, so erweist sich auch die in Ziffer 2 des Bescheides vom 26. August 2013 getroffene Anordnung zur Aufstellung jeweils einer mobilen Behälterpresse mit einem Volumen von 20 m³ als rechtswidrig.

58

Nach § 12 Abs. 1 der Abfallsatzung stellt der Zweckverband die zur Annahme des abzuholenden Abfalls vorgeschriebenen Abfallsammelbehälter/mobilen Behälterpressen in ausreichender Anzahl zur Verfügung. § 6 Abs. 3 Abfallsatzung sieht vor, dass der Zweckverband bestimmt, welche Abfallsammelbehälter vorzuhalten sind. Die Pflicht, Abfallbehälter des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu nutzen, setzt nach § 17 Abs. 1 Satz 2 KrWG i.V.m. § 7 Satz 4 GewAbfV indessen das Vorhandensein von Abfällen zur Beseitigung voraus, die bei der Klägerin nach dem zuvor Gesagten gerade nicht anfallen.

59

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 155 Abs. 1 Satz 3 und 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war angesichts der Komplexität der aufgeworfenen Rechtsfragen erforderlich.

60

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

61

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO hierfür genannten Gründe vorliegt.

Beschluss

62

Der Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren wird auf 20.000,00 € festgesetzt (§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 GKG).

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