Urteil vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (10. Senat) - 10 A 10878/15


Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Mainz vom 22. April 2015 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung der Beigeladenen durch Sicherheitsleistung in einer der Kostenfestsetzung entsprechenden Höhe abzuwenden, wenn nicht die Beigeladene vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt von der beklagten Stadt Mainz Zugang zu Informationen, die die Planung eines Kohlekraftwerks betreffen.

2

An der Beigeladenen, einem als Aktiengesellschaft organisierten Energieversorgungs- und Energieerzeugungsunternehmen, sind die Stadtwerke Mainz AG, deren ausschließliche Eignerin die Beklagte ist, und die ESWE Versorgungs AG mit der Stadt Wiesbaden als Mehrheitseignerin zu jeweils 50 % beteiligt. Nach § 2 Abs. 1 der Satzung der Beigeladenen ist Unternehmenszweck die Erzeugung, Bereitstellung und Verteilung von Energie sowie die Entsorgung einschließlich der Erbringung von Dienstleistungen auf den vorgenannten Gebieten. Im Jahre 2006 beschloss die Beigeladene die Errichtung eines Kohlekraftwerks auf der I... . Nach Widerstand in der Bevölkerung und auf kommunalpolitischer Ebene wurde dieser Plan im Jahre 2012 endgültig aufgegeben.

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Mit Schreiben vom 24. Januar 2013 beantragte die Klägerin bei der Beklagten, ihr auf der Grundlage des Landesinformationsfreiheitsgesetzes – LIFG – Informationen in schriftlicher Form zugänglich zu machen. Sie fragte nach den der Beigeladenen im Zusammenhang mit dem Kohlekraftwerk entstandenen Kosten sowie nach eventuellen Vertragsstrafen oder Kompensationsgeschäften, nach der Schaffung von Arbeitsstellen in diesem Zusammenhang sowie nach Rückstellungen und deren Auflösung und nach Gewinnabführungsvereinbarungen. Außerdem begehrte sie Informationen zur künftigen Entwicklung der Beigeladenen sowie zur Dauer und etwaigen Verlängerung der Verträge ihrer Vorstandsmitglieder.

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Im Februar 2013 erweiterte die Klägerin ihren Fragenkatalog. Unter Hinweis auf Medienberichte, nach denen die Beigeladene Karten für eine Fastnachtssitzung abgenommen und diese an Geschäftspartner, Kunden und Mitarbeiter verteilt haben solle, fragte die Klägerin insbesondere, wer nach welchen Gesichtspunkten Karten erhalten habe, welche Kosten entstanden seien und ob solche Einladungen häufiger erfolgten.

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Mit Bescheid vom 18. März 2013 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab. Zur Begründung führte sie aus, sie sei nicht verpflichtet, Zugang zu den begehrten Informationen zu gewähren, weil sie sich der Beigeladenen nicht nach Maßgabe des § 2 Abs. 3 LIFG zur Erfüllung einer öffentlich-rechtlichen Aufgabe bediene. Die Tätigkeit der Beigeladenen, insbesondere die unternehmerische Entscheidung zur Errichtung eines Kohlekraftwerks, sei keine Verwaltungstätigkeit, die sie, die Beklagte, ansonsten vorgenommen hätte. Anders als im Bereich der Wasserversorgung gebe es infolge der Liberalisierung des Energiemarkts keinen öffentlichen Träger der Stromversorgung mehr. Die Beigeladene sei vielmehr ein privatrechtliches Unternehmen, das im Wettbewerb mit vergleichbaren Unternehmen stehe. Ungeachtet dessen bezögen sich die Fragen teilweise nicht auf vorhandene, dienstlichen Zwecken dienende Aufzeichnungen. Im Übrigen unterlägen sie der aktienrechtlichen Verschwiegenheitsverpflichtung und beträfen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse.

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In der Begründung ihres hiergegen erhobenen Widerspruchs führte die Klägerin aus, öffentlich-rechtliche Aufgaben im Sinne des § 2 Abs. 3 LIFG seien nicht nur staatliche Tätigkeiten, die sich aus einer öffentlich-rechtlichen Norm ableiten ließen, sondern auch solche gemeinwohlerheblichen Angelegenheiten, die der Staat durch eigene Initiative zur öffentlichen Aufgabe gemacht habe. Hiervon sei die Energieversorgung als klassischer Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge erfasst. Dieser Aufgabe komme die Beklagte durch ein in Form einer Aktiengesellschaft organisiertes Unternehmen nach. Da der Anspruch des Bürgers auf Informationszugang unabhängig von der Wahl der Organisationsform öffentlichen Handelns bestehe und eine „Flucht ins Privatrecht“ verhindert werden solle, sei der Auskunftsanspruch umfassend. Zugang zu Informationen sei mithin auch dann zu gewähren, wenn sich die öffentliche Hand zur Erfüllung ihrer Aufgaben privater Unternehmen bediene; die Behörde müsse sich die Informationen gegebenenfalls bei dem privaten Unternehmen beschaffen. Zumindest hinsichtlich eines Teils der erbetenen Informationen verfüge die Beklagte selbst über Aufsichtsratsprotokolle, Gutachten und Jahresabschlussberichte. Die von der Beklagten angeführten Ausnahmetatbestände – für deren Vorliegen diese beweispflichtig sei – griffen nicht durch. Es sei insbesondere bereits fraglich, ob der Beigeladenen als juristischer Person des Privatrechts, die Aufgaben der Daseinsvorsorge wahrnehme, eine Berufung auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse möglich sei. Der Bescheid der Beklagten lasse zudem Ausführungen vermissen, welche Geheimnisse überhaupt konkret einer Auskunft entgegenstehen sollten. Die aktienrechtliche Verschwiegenheitsverpflichtung sei im Einzelnen darzulegen.

7

Nachdem der Widerspruch insbesondere mit Blick darauf, dass es sich bei der Energieversorgung nicht um eine öffentlich-rechtliche Aufgabe im Sinne des § 2 Abs. 3 LIFG handele, zurückgewiesen worden war, hat die Klägerin mit ihrer Klage ihr Auskunftsbegehren weiterverfolgt und ihre bisherigen Ausführungen vertieft. Der Anspruch auf Informationszugang folge nicht erst aus § 2 Abs. 3 LIFG, sondern bereits aus § 2 Abs. 1 LIFG. Denn § 2 Abs. 3 LIFG betreffe juristische Personen des Privatrechts, die durch ein Auftragsverhältnis an die Behörde gebunden seien. § 2 Abs. 1 LIFG sei hingegen bei einem eigenen Handeln der Behörde anzuwenden, und zwar auch dann, wenn sich die Behörde in Form der formellen Aufgabenprivatisierung einer juristischen Person des Privatrechts bediene. Werde dieser Rechtsauffassung nicht gefolgt, sei jedenfalls festzustellen, dass eine öffentlich-rechtliche Aufgabe im Sinne des § 2 Abs. 3 LIFG der Kommune nicht aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Bestimmung zugewiesen sein müsse oder es einer konkreten spezialgesetzlichen Verpflichtung zur Erfüllung dieser Angelegenheit bedürfe. Ausreichend sei vielmehr die Übernahme gemeinwohlerheblicher Aufgaben durch den Staat. Die Energieversorgung sei damit vorliegend eine öffentlich-rechtliche Aufgabe. Sie sei trotz der Liberalisierung des Energiesektors eine Tätigkeit der Daseinsvorsorge, die die Beklagte über eine Beteiligung ihrer Stadtwerke an der Beigeladenen erfülle, und damit der öffentlichen Leistungsverwaltung zuzurechnen. Die Beklagte habe sich folglich entschieden, die Erfüllung der öffentlichen Aufgabe nicht privater Initiative zu überlassen. Soweit die danach dem Grunde nach herauszugebenden Informationen bei der Beklagten nicht vorlägen, müsse sie sich diese verschaffen, ansonsten laufe der Informationszugangsanspruch faktisch ins Leere. Diesem stünden weder aktienrechtliche Vorschriften entgegen, noch könne sich die Beklagte auf den Schutz des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses sowie personenbezogener Daten berufen.

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Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verpflichten, unter Aufhebung des Bescheids vom 18. März 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. November 2013 zu den in dem Schriftsatz vom 14. Mai 2013 genannten Fragen I., den Fragen II.1., 3. und 4., den Fragen III. und IV., zu der im Schriftsatz vom 3. Juni 2013 genannten Frage und den im Schriftsatz vom 20. April 2015 genannten Fragen Zugang zu amtlichen Informationen zu gewähren.

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Die gestellten Fragen lauten wie folgt:

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I. Kohlekraftwerk

1.) Welche Kosten sind der KMW AG im Zusammenhang mit dem Kohlekraftwerk C-Stadt insgesamt entstanden?

2.) Welche Kosten sind der KMW AG durch Abschlagszahlungen und Reservierungs-/Bereitstellungskosten an den Generalunternehmer und andere Vertragspartner entstanden?

3.) Welche Kosten sind der KMW AG im Zusammenhang mit der technischen Planung des Kohlekraftwerks entstanden?

4.) Welche Kosten sind der KMW AG durch Finanzierungsberatung entstanden?

5.) Welche Kosten sind der KMW AG durch juristische Beratungsleistungen, Verfahrenskosten, etc. im Zusammenhang mit dem Vorhaben Kohlekraftwerk entstanden?

6.) Welche Kosten sind der KMW AG durch die im Zusammenhang mit dem Vorhaben Kohlekraftwerk durchgeführte Öffentlichkeitsarbeit entstanden?

7.) Waren im Zusammenhang mit der Beendigung des Kohlekraftwerks Vertragsstrafen an Vertragspartner/Lieferanten zu zahlen? Wenn ja: Wie hoch beliefen sich die Zahlungen? An wen wurden sie geleistet? Gab oder gibt es in diesem Zusammenhang Kompensationsgeschäfte?

8.) Wurden im Zusammenhang mit dem Vorhaben Kohlekraftwerk bei der KMW AG Arbeitsstellen geschaffen? Wenn ja: Wie viele. Sollen diese weiterbeschäftigt werden? Wenn ja: Mit welchem Aufgabenbereich?

9.) Auf welche Summe beliefen/belaufen sich die im Zusammenhang mit dem Vorhaben Kohlekraftwerk gebildeten Rückstellungen der KMW AG? Für welchen Zweck wurden die Rückstellungen im Einzelnen gebildet? Sind die Rückstellungen zwischenzeitlich aufgelöst? Wenn nein: Wann sollen diese aufgelöst werden? Wem oder welchem Zweck sollen die Rückstellungen nach deren Auflösung zugeführt werden? Bestehen Gewinnabführungsvereinbarungen zwischen der KMW AG und deren Muttergesellschaften? Für diesen Fall: Wie sind diese ausgestaltet?

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II. Zukünftige Entwicklung

1.) Gibt es konkrete Vorstellungen oder Planungen der KMW AG im Hinblick auf das Grundstück auf dem das Kohlekraftwerk errichtet werden sollte? Soll das Grundstück veräußert werden oder alternativ ein anderes Vorhaben hierauf umgesetzt werden?

2.) Hält die KMW AG derzeit ein Konzept zur Erzeugung und Bereitstellung von Energie nach Auslaufen des derzeit bestehenden Gaslieferungsvertrages vor? Wenn ja: Wie sieht dieses aus. Wenn nein: Warum nicht?

3.) Mit welchem Personalbedarf rechnet die KMW AG in diesem Zusammenhang?

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III. Geschäftsführung

1.) Wann laufen die Verträge der Vorstandsmitglieder aus?

2.) Ist geplant, die Verträge mit den Vorstandsmitgliedern erneut (vorzeitig) zu verlängern?

3.) Wie lange läuft der Vertrag mit dem neu bestellten Vorstandsmitglied, Herrn Eigenmann?

4.) Wieso braucht die KMW AG, nachdem sie bisher mit zwei Vorstandsmitgliedern ausgekommen ist, nunmehr drei Vorstandsmitglieder?

5.) Welche Mehrkosten entstehen dem Unternehmen dadurch?

6.) Erscheint die Entscheidung, das Unternehmen künftig durch drei Vorstandsmitglieder führen zu lassen, vor dem Hintergrund, dass sich sowohl Geschäftstätigkeit als auch Umsatz des Unternehmens durch die immer kürzer werdenden Einsatzzeiten des Gaskraftwerkes und offensichtlich mangelnder Alternativen zur Erfüllung des Gesellschaftszwecks maßgeblich reduziert haben, gerechtfertigt?

7.) Ist die Entscheidung im Aufsichtsrat der KMW AG zur Bestellung des neuen Vorstandes und zur künftigen Bestellung eines dritten Vorstandsmitgliedes einstimmig gefallen?

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IV. Von der KMW AG ausgesprochene Einladungen zu einer Fastnachtsveranstaltung des Mainzer Carneval Vereins

1.) Ist es zutreffend, dass die KMW AG 110 Karten für eine Fastnachtssitzung des Mainzer Carneval Vereins in der Kampagne 2013 abgenommen und diese an Geschäftspartner, Kunden und Mitarbeiter verteilt haben soll?

2.) Für diesen Fall: An wen (namentliche Aufstellung) sind die Karten verteilt worden?

3.) Welche Kriterien haben bei der Auswahl der Begünstigten eine Rolle gespielt?

4.) Wie teuer waren die Karten?

5.) Hat die KMW AG neben den Karten weitere Kosten auf der Veranstaltung (Bewirtung, Anreise etc.) für die Begünstigten übernommen? Wenn ja, in welcher Höhe?

6.) War der Vorstand der KMW AG über diese Aktion informiert? Hat dieser an der Veranstaltung teilgenommen?

7.) Hat die KMW AG in den vergangenen Jahren bereits häufiger Gäste zu kulturellen Unterhaltungen (Fastnachtssitzungen, Konzerte, Fußballspiele, Ausflugsfahrten etc.) eingeladen? Wenn ja, wie hoch beliefen sich die Kosten hierzu und war der Vorstand hierüber informiert?

8.) Wer hat die Einladungen der KMW AG zu der in der Medienberichterstattung angesprochenen Fastnachtssitzung angenommen? Es wird die Herausgabe einer namentlichen Aufstellung beantragt.

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Die Beklagte hat beantragt,

 die Klage abzuweisen.

15

Sie ist der Klage entgegengetreten und hat in Ergänzung ihres bisherigen Vorbringens ergänzend und vertiefend vorgetragen, sie sei nur mittelbar an der Beigeladenen beteiligt, ohne rechtlichen Einfluss auf diese ausüben zu können. Die Beigeladene sei vielmehr ein eigenständiges wirtschaftliches Unternehmen. Zum Thema „Kohlekraftwerk“ verfüge sie lediglich über Aufsichtsratsprotokolle der Stadtwerke Mainz AG, kaum Protokolle von Aufsichtsratssitzungen der Beigeladenen, verschiedene Gutachten sowie Jahresabschlussberichte der Beigeladenen in Auszügen. Nach Durchsicht der Unterlagen seien die meisten Fragen der Klägerin hieraus nicht zu beantworten.

16

Die Beigeladene hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

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Sie ist der Klage ebenfalls entgegengetreten und hat geltend gemacht, § 2 Abs. 1 LIFG sei nicht Grundlage des Informationszugangsanspruchs, weil diese Norm ein unmittelbares Tätigwerden der Behörde voraussetze. Da es keine rechtliche Verpflichtung der Beklagten zur Energieversorgung gebe, könne die Klägerin aber auch aus § 2 Abs. 3 LIFG keinen Anspruch auf Informationszugang herleiten. Außerdem enthalte das Landesinformationsfreiheitsgesetz keine Ermächtigungsgrundlage für ein Herausgabeverlangen gegenüber einem Dritten. Die Möglichkeit der Berufung auf Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse und gesellschaftliche Geheimhaltungsvorschriften bestehe auch zugunsten von Unternehmen, deren Anteilseignerin die öffentliche Hand sei. Auch wenn das Projekt „Kohlekraftwerk“ beendet sei, beeinflussten diese Vorgänge weiterhin ihre wirtschaftlichen Verhältnisse und seien daher vertraulich. Eine uneingeschränkte Offenlegung der begehrten Informationen ermögliche Rückschlüsse auf ihre - der Beigeladenen - Betriebsführung, Wirtschafts- und Marktstrategie sowie die Kostenkalkulation. Den Fragen zu den Einladungen zu einer Fastnachtsveranstaltung und den Verträgen der einzelnen Vorstandsmitglieder stehe auch das informationelle Selbstbestimmungsrecht der betroffenen Personen entgegen.

18

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte sei nicht anspruchsverpflichtet, weil sie sich der Beigeladenen nicht zur Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben im Sinne des § 2 Abs. 3 LIFG bedient habe. Eine Aufgabe sei nach dieser Vorschrift nur dann öffentlich-rechtlich, wenn sie der Behörde durch eine öffentlich-rechtliche Bestimmung auferlegt sei. Sie müsse ihr durch eine Rechtsnorm zugewiesen sein; das öffentliche Interesse an ihrer Erfüllung sei nicht ausreichend. Die Betätigung auf dem Gebiet der Energieversorgung sei zwar eine öffentliche Aufgabe im Gemeinwohlinteresse und gehöre zum Bereich der Daseinsvorsorge. Sie sei aber keine öffentlich-rechtliche Aufgabe, weil sie nicht allein oder vorrangig den Kommunen, sondern gleichermaßen den privatrechtlich organisierten Energieversorgungsunternehmen zugewiesen sei. Insoweit nehme die Beklagte „freiwillig“ an der allen Energieversorgungsunternehmen obliegenden Aufgabe der Energieversorgung teil. Darüber hinaus gewähre das Landesinformationsfreiheitsgesetz einen Informationszugang nur zu den bei der Behörde vorhandenen amtlichen Informationen. Eine Rechtsgrundlage, gegenüber anderen Behörden oder Privaten ein Herausgabeverlangen durchzusetzen, enthalte das Gesetz hingegen nicht. Diese ergebe sich für die Beklagte auch nicht aus aktienrechtlichen Vorschriften, zumal einem Herausgabeanspruch die aktienrechtlichen Verschwiegenheitspflichten entgegenstünden. Die von der Klägerin begehrten Informationen über das Kohlekraftwerk, über die zukünftige Geschäftsausrichtung, über die Geschäftsführung und über die Kontaktpflege zu Geschäftspartnern beträfen wesentliche Vorgänge der Beigeladenen in Bezug auf ihre Wettbewerbsposition am Markt. In ihren Schriftsätzen habe die Beigeladene die Gründe, aus denen sämtliche Informationen vertraulich zu behandeln seien, hinreichend plausibel gemacht. Die Beteiligung der Beklagten an der Beigeladenen ändere nichts an der umfassenden Geltung des bundesgesetzlichen Gesellschaftsrechts. Soweit Informationen bei der Beklagten tatsächlich vorlägen, gelte dasselbe.

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Mit ihrer vom Senat wegen besonderer rechtlicher Schwierigkeiten zugelassenen Berufung vertieft die Klägerin ihr Vorbringen. Ergänzend weist sie darauf hin, dass nach Inkrafttreten des Landestransparenzgesetzes, welches auf den vorliegenden Fall Anwendung finde, die Auslegung des Begriffs „öffentlich-rechtliche Aufgabe“ nicht mehr streitentscheidend sein könne. Abzustellen sei vielmehr darauf, ob die Beigeladene für die Beklagte eine öffentliche Aufgabe erfülle; letzteres sei zweifellos der Fall. Es bestehe auch eine Informationsverschaffungsverpflichtung der Beklagten gegenüber der für sie tätig werdenden Beigeladenen. Die aktienrechtliche Verschwiegenheitspflicht bilde insoweit kein Hindernis. Sie gelte im Übrigen nicht generell, sondern lediglich im Hinblick auf die vertraulichen Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft. Zum berechtigten Interesse an der Geheimhaltung fehle es weiterhin an einem substantiellen Vortrag der Beklagten und der Beigeladenen. Gleiches gelte in Bezug auf entgegenstehende Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse.

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Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Mainz vom 22. April 2015 nach den von ihr in erster Instanz gestellten Anträgen zu erkennen.

21

Die Beklagte und die Beigeladene beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

22

Sie verteidigen das verwaltungsgerichtliche Urteil. Das Verwaltungsgericht habe eine Verpflichtung der Beklagten zum Informationszugang zu Recht auf der Grundlage des § 2 Abs. 3 LIFG geprüft und die Aufgabe der Energieversorgung nicht als öffentlich-rechtliche Aufgabe eingeordnet. Nach Inkrafttreten des Landestransparenzgesetzes gelte nicht anderes. Obwohl dieses den Begriff der öffentlichen Aufgabe benutze, sei inhaltlich, wie sich insbesondere der Gesetzesbegründung entnehmen lasse, keine Änderung erfolgt.

23

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie auf die beigezogenen Verwaltungs- und Widerspruchsakten der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

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Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

25

Das Verwaltungsgericht hat einen Anspruch der Klägerin auf Zugang zu Informationen zu den von ihr gestellten Fragen zu Recht verneint.

26

Nach Außerkrafttreten des Landesinformationsfreiheitsgesetzes – LIFG – und mit Inkrafttreten des Landestransparenzgesetzes – LTranspG – vom 27. November 2015 (GVBl. S.383) zum 1. Januar 2016 ist über Anträge auf Zugang zu Informationen, die vor Inkrafttreten des Landestransparenzgesetzes gestellt worden sind, nach den Bestimmungen des Landestransparenzgesetzes zu entscheiden (§§ 26 Abs. 3, 30 Abs. 2 Nr. 1 LTranspG). Rechtsgrundlage für das klägerische Begehren ist hiernach § 2 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 LTranspG. Danach haben natürliche Personen sowie juristische Personen des Privatrechts und nicht rechtsfähige Vereinigungen von Bürgerinnen und Bürgern einen Anspruch auf Zugang zu Informationen, der durch Antrag geltend zu machen ist. Der Klägerin steht der geltend gemachte Zugangsanspruch nach den Vorschriften des Landestransparenzgesetzes nicht zu. Sie ist zwar anspruchsberechtigt (I.) und die Beklagte dem Grunde nach auch anspruchsverpflichtet (II.). Es fehlt aber an weiteren Voraussetzungen für einen erfolgreichen Antrag (III.).

27

I. Als natürliche Person ist die Klägerin anspruchsberechtigt, und zwar unabhängig davon, aus welchem Interesse der Informationszugang geltend gemacht wird (§ 2 Abs. 2 LTranspG).

28

II. Die Beklagte ist für die von der Klägerin begehrten Informationen auch anspruchsverpflichtet. Entgegen der klägerischen Auffassung ergibt sich diese Verpflichtung nicht bereits aus § 3 Abs. 1 LTranspG, sondern erst aus § 3 Abs. 2 Satz 2 LTranspG (1.). Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift sind gegeben (2.).

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1. Nach § 3 Abs. 1 LTranspG gilt das Landestransparenzgesetz (u.a.) für Behörden der Gemeinden, soweit sie in öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Form Verwaltungstätigkeit ausüben. Unerheblich für eine Informationspflicht nach Maßgabe dieser Vorschrift ist, ob sich die Behörde zur Erfüllung ihrer Aufgaben öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Handlungsformen bedient (vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs, LT-Drs. 16/5173, S. 33). Die Norm hat aber immer die eigene Wahrnehmung einer Verwaltungsaufgabe durch die Behörde im Blick. Dies hat das Verwaltungsgericht für die gleichlautende Regelung in § 2 Abs. 1 LIFG überzeugend ausgeführt. Danach handelt es sich bei der Energieversorgung und dem darauf gerichteten Geschäftsbetrieb der Beigeladenen nicht um eine eigene Tätigkeit der Beklagten. Zwar ist die Beklagte über die Stadtwerke Mainz AG an der Beigeladenen beteiligt; der Geschäftsbetrieb der Beigeladenen wird von dieser aber als selbstständige juristische Person des Privatrechts wahrgenommen. Für diese Konstellationen ist nicht § 3 Abs. 1 LTranspG, sondern § 3 Abs. 2 Satz 2 LTranspG einschlägig (siehe in diesem Sinne zum Informationsfreiheitsgesetz des Bundes – IFG – auch Schoch, IFG Kommentar, 2. Aufl. 2016, § 1 Rn. 107, 214). Dabei ist der Antrag nach § 11 Abs. 1 Satz 3 LTranspG an die Behörde zu richten, die sich der Person bedient.

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2. § 3 Abs. 2 Satz 2 LTranspG, der mithin eine vorgehende „Sonderregelung“ bei der Einschaltung selbstständiger privatrechtlicher Personen enthält, setzt voraus, dass sich die Behörde der natürlichen oder juristischen Person des Privatrechts zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben bedient. Was unter einer „öffentlichen Aufgabe“ im Sinne dieser Vorschrift zu verstehen ist, lässt sich dem Wortlaut des § 3 Abs. 2 Satz 2 LTranspG nicht ohne Weiteres entnehmen. Aus der Auslegung des Gesetzestextes unter Einbeziehung teleologischer und gesetzessystematischer Gesichtspunkte sowie der Begründung des Gesetzentwurfs (LT-Drs. 16/5173) folgt aber, dass die Energieversorgung von dem Begriff der „öffentlichen Aufgabe“ umfasst ist.

31

a) § 3 Abs. 2 Satz 2 LTranspG baut auf § 3 Abs. 1 LTranspG auf. Nach der letztgenannten Vorschrift besteht eine Informationspflicht der Behörde dann, wenn sie – in öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Form – Verwaltungstätigkeit ausübt. Ausschlaggebend ist, dass sich die Tätigkeit (nach Maßgabe des materiellen Verwaltungsbegriffs) als Wahrnehmung einer im öffentlichen Recht wurzelnden Verwaltungsaufgabe – im Gegensatz zur Rechtsprechung und Rechtsetzung – darstellt (vgl. LT-Drs. 16/5173, S. 33). Weitere Einschränkungen enthält die Regelung nicht. Weder bedarf es eines hoheitlichen Handelns noch muss die Behörde aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Norm zum Handeln verpflichtet sein (vgl. zum IFG Schoch, a.a.O., § 1 Rn. 119). Hiervon ausgehend soll, so die Begründung zum Gesetzentwurf, § 3 Abs. 2 Satz 2 LTranspG den Informationsanspruch umfassend ausgestalten für den Fall, dass sich die öffentliche Hand zur Erfüllung ihrer Aufgaben privater Personen oder Unternehmen bedient. Diese Zielsetzung des Landestransparenzgesetzes würde angesichts der den Behörden zunehmend eröffneten Möglichkeiten, bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben auf privatrechtliche Organisations- und Handlungsformen zurückzugreifen, verfehlt, wenn sich der Anwendungsbereich des Gesetzes nicht auch auf diese Personen des Privatrechts erstreckte (vgl. LT-Drs. 16/5173, S. 33 f.).

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Die Begründung zum Gesetzentwurf spricht dafür, den Begriff der „öffentlichen Aufgabe“ in § 3 Abs. 2 Satz 2 LTranspG mit Blick auf § 3 Abs. 1 LTranspG auszulegen und es für eine Anspruchsverpflichtung auch hier genügen zu lassen, dass sich die Behörde einer natürlichen oder juristischen Person des Privatrechts zur Erfüllung ihrer im öffentlichen Recht wurzelnden Verwaltungsaufgaben bedient. Allenfalls könnte sich aus der Zufügung des Wortes „öffentlich“ ergeben, dass nur solche Aufgaben erfasst sind, an deren Erfüllung die Öffentlichkeit ein maßgebliches Interesse hat (vgl. die Begründung zum Gesetzentwurf auf S. 34 für den Zugang zu Umweltinformationen).

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Nichts anderes folgt aus der Anmerkung in der Begründung zum Gesetzentwurf, § 3 Abs. 2 Satz 2 LTranspG entspreche in seinem Regelungsgehalt der bisherigen Bestimmung des § 2 Abs. 3 LIFG (LT-Drs. 16/5173, S. 34), obwohl diese Vorschrift – bei ansonsten identischem Wortlaut – nicht von „öffentlichen“, sondern von „öffentlich-rechtlichen Aufgaben“ spricht. Hieraus lässt sich nicht schließen, dass der Begriff der „öffentlichen Aufgabe“ im Landestransparenzgesetz eng auszulegen wäre. Im Gegenteil bestätigt sich nunmehr, dass mit der Beifügung des Wortes „rechtlich“ zu „öffentlich“ in § 2 Abs. 3 LIFG nicht die Einschränkung verbunden sein sollte, die das Verwaltungsgericht angenommen hat. Dieses hat aus der Wortwahl in § 2 Abs. 3 LIFG geschlossen, die Person müsse von der Behörde zur Erfüllung einer Aufgabe eingesetzt werden, die letzterer durch eine öffentlich-rechtliche Bestimmung auferlegt sei. Die Beifügung „rechtlich“ zu „öffentlich“ verdeutliche, dass die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe bzw. ein Tätigwerden im Gemeinwohlinteresse – wie bei der vorliegend in Rede stehenden Energieversorgung – nicht ausreichend sei. Gerade mit Blick auf die Klarstellung im Landestransparenzgesetz kann die Bedeutung, die das Verwaltungsgericht dem Begriff der „öffentlich-rechtlichen Aufgaben“ zugemessen hat, keinen Bestand haben.

34

Denn sie ist zu eng und wird den Zielsetzungen des Landesinformationsfreiheitsgesetzes, die denjenigen des Landestransparenzgesetzes entsprechen, nicht gerecht. Für das Landesinformationsfreiheitsgesetz gilt gleichermaßen, dass § 2 Abs. 3 LIFG auf § 2 Abs. 1 LIFG aufbaut. Bei eigener Wahrnehmung einer Verwaltungsaufgabe ist die Behörde nach § 2 Abs. 1 LIFG unabhängig von der Rechtsform ihres Handelns informationspflichtig. Es kommt nur darauf an, dass die Behörde eine Tätigkeit ausübt, die im öffentlichen Recht wurzelt und nicht Rechtsprechung oder Rechtsetzung ist (vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs, LT-Drs. 15/2085, S.11). Eine Begrenzung auf Verwaltungsaufgaben, zu deren Wahrnehmung die Behörde verpflichtet ist, ist der Norm nicht zu entnehmen. § 2 Abs. 3 LIFG dient wie § 3 Abs. 2 Satz 2 LTranspG der umfassenden Ausgestaltung des Informationsanspruchs für den Fall, dass sich die öffentliche Hand zur Erfüllung ihrer Aufgaben privater Personen oder Unternehmen bedient (vgl. LT-Drs. 15/2085, S. 11). Vor diesem Hintergrund wird nur eine möglichst weite Auslegung des Begriffs „öffentlich-rechtliche Aufgaben“ im Sinne der nunmehrigen Formulierung im Landestransparenzgesetz dem Zweck des Landesinformationsfreiheitsgesetzes, eine „Flucht ins Privatrecht“ zu verhindern, gerecht. Dass sie vom Gesetzgeber des Landesinformationsfreiheitsgesetzes auch gewollt war, folgt im Übrigen auch aus dem unterschiedslosen Gebrauch sowohl des Begriffs „öffentliche Aufgaben“ als auch des Begriffs „öffentlich-rechtliche Aufgaben“ in der Begründung des Gesetzentwurfs zu § 2 Abs. 3 LIFG (LT-Drs. 15/2085, S. 11).

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Auch der Wortlaut „öffentlich-rechtliche Aufgabe“ gebietet nicht, dass die Behörde zur Erfüllung der dem Privaten übertragenen Aufgabe verpflichtet sein muss. Ausreichend ist insoweit vielmehr – wie bei § 2 Abs. 1 LIFG – eine Verwurzelung der Aufgaben im öffentlichen Recht. Schon dann sind sie öffentlich-rechtlich geprägt und im öffentlichen Recht verankert bzw. begründet (vgl. zum IFG Schoch, a.a.O., § 1 IFG Rn. 220). Andere Vorgaben lassen sich dem Begriff „öffentlich-rechtliche Aufgaben“ nicht entnehmen. Dies gilt insbesondere für die Erforderlichkeit einer Zuweisung der Aufgabenerledigung durch Rechtssatz (so im Zusammenhang mit dem Zugang zu Umweltinformationen LT-Drs. 16/5173, S. 34) bzw. einer konkreten spezialgesetzlichen Verpflichtung zur Aufgabenerfüllung (vgl. zum IFG Scheel, in: Berger/Partsch/Roth/Scheel, Informationsfreiheitsgesetz Kommentar, 2. Aufl. 2013, § 1 Rn. 68; so aber offensichtlich Rossi, IFG Kommentar 2006, § 1 Rn. 74 f.).

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Letzteres gilt auch in Anbetracht der Erwägung, das Landesinformationsfreiheitsgesetz biete dann prinzipiell ein Einfallstor, um an Informationen von privaten Unternehmen zu gelangen. Dies ist vielmehr wegen der Zielsetzung des Landesinformationsfreiheitsgesetzes, den Anspruch auf Informationszugang umfassend auszugestalten, hinzunehmen, zumal ihren berechtigten Belangen durch die Schutzbestimmungen in §§ 9 ff. LIFG und weiteren Vorschriften Rechnung getragen wird.

37

Aus alledem folgt, dass sowohl § 2 Abs. 3 LIFG als auch § 3 Abs. 2 Satz 2 LTranspG eine Anspruchsverpflichtung begründen, wenn sich die Behörde zur Erfüllung ihrer im öffentlichen Recht wurzelnden Verwaltungsaufgaben einer natürlichen oder juristischen Person des Privatrechts bedient. Es besteht also grundsätzlich insoweit kein Unterschied, ob die Behörde selbst oder durch Dritte handelt.

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In diesem Zusammenhang verfängt auch der Einwand nicht, erst § 3 Abs. 2 Satz 3 LTranspG gehe für den Zugang zu Umweltinformationen von einem weiten Begriff der öffentlichen Aufgaben aus. Denn die Vorschrift erweitert nicht den Anwendungsbereich des § 3 Abs. 2 Satz 2 LTranspG für den Zugang zu Umweltinformationen, sondern schafft hierfür eine eigene Anspruchsverpflichtung. Dass die Begründung zum Gesetzentwurf im Zusammenhang mit dem Zugang zu Umweltinformationen eine Unterscheidung zwischen öffentlich-rechtlichen und öffentlichen Aufgaben macht (LT-Drs. 16/5173, S. 34), hat ebenfalls keine Auswirkungen auf die vorstehende Auslegung des Begriffs der „öffentlich-rechtlichen Aufgaben“ im Landesinformationsfreiheitsgesetz und der „öffentlichen Aufgaben“ im Landestransparenzgesetz. Sie wurde wortgleich aus der Begründung des Gesetzentwurfs zum Landesumweltinformationsgesetz (LT-Drs. 14/4307, S. 14) übernommen und kann nicht zur Interpretation der Begriffe in Landesinformationsfreiheitsgesetz und Landestransparenzgesetz herangezogen werden.

39

b) Hiervon ausgehend handelt es sich bei der Energieversorgung um eine im öffentlichen Recht wurzelnde Verwaltungsaufgabe. Sie gehört zum Bereich der Daseinsvorsorge; sie ist eine Leistung, deren der Bürger zur Sicherung einer menschenwürdigen Existenz unumgänglich bedarf (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 20. März 1984 – 1 BvL 28/82 –, BVerfGE 66, 248 und juris). Insoweit besteht - auch nach der Liberalisierung des Energiesektors - ein Gewährleistungsauftrag des Staates, obwohl dieser nicht ausdrücklich geregelt ist; dies hat das Verwaltungsgericht im Einzelnen ausgeführt. Schon dadurch wurzelt die Aufgabe der Energieversorgung im öffentlichen Recht. Selbst Energieversorger muss der Staat zwar nur werden, wenn es an einer flächendeckenden Versorgung durch private Unternehmen fehlt; übernimmt er dennoch freiwillig diese Aufgabe im Rahmen der Leistungsverwaltung, bleibt es aber auch für diesen Fall bei der öffentlich-rechtlichen Verwurzelung desselben. Dabei spielt es keine Rolle, in welcher Rechtsform er tätig wird und ob er die Aufgabe selbst übernimmt oder sich eines Unternehmens in Privatrechtsform bedient (in diesem Sinne auch Schoch, a.a.O., § 1 Rn. 119, 220).

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Nach alledem ist die Beklagte nach § 3 Abs. 2 Satz 2 LTranspG dem Grunde nach verpflichtet, Zugang zu den begehrten Informationen zu gewähren. Dies gilt auch, wenn sich, wie oben angesprochen, aus dem Begriff „öffentlich“ die besondere Anforderung ergeben sollte, dass die Tätigkeit im Sinne des Gemeinwohls erbracht wird und erforderlich ist. Hieran bestehen nämlich keine Zweifel.

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III. Dennoch steht der Klägerin der geltend gemachte Auskunftsanspruch nicht zu. Dies gilt sowohl hinsichtlich der bei der Beigeladenen vorhandenen Informationen (1.) als auch für die Unterlagen, die der Beklagten vorliegen (2.).

42

1. Soweit sich die begehrten Informationen in den Händen der Beigeladenen befinden, spricht bereits vieles dafür, dass der Klägerin der Zugang zu ihnen verwehrt ist, weil sie nicht bei der auskunftsverpflichteten Behörde vorhanden sind. Denn es dürfte - obwohl sich die Beklagte der Beigeladenen zur Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe bedient und daher eine Informationsbeschaffungspflicht anzunehmen sein könnte - an der für ein Herausgabeverlangen erforderlichen Ermächtigungsgrundlage im Landestransparenzgesetz (a) und im Aktiengesetz (b) fehlen. Jedenfalls aber stehen einer Weitergabe der Informationen die aktienrechtlichen Verschwiegenheitspflichten entgegen (c).

43

a) Gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 LTranspG unterliegen der Transparenzpflicht (vgl. hierzu § 4 Abs. 1 Satz 1 LTranspG) Informationen, über die die transparenzpflichtigen Stellen verfügen oder die für sie bereitgehalten werden. Wie auch das Informationsfreiheitsrecht sieht auch das Landestransparenzgesetz keine generelle Informationsbeschaffungspflicht der Behörde vor (vgl. LT-Drs. 15/2085, S. 12, sowie LT-Drs. 16/5173, S. 36). Die gesetzlich geregelte Ausnahme („die für sie bereitgehalten werden“) greift ein, wenn – was vorliegend nicht der Fall ist – transparenzpflichtige Stellen Dritte mit der Aufbewahrung von (Umwelt-)informationen beauftragen (LT-Drs. 16/5173, S. 36). Im Übrigen soll – jedenfalls im Grundsatz – dem Bürger der Kenntnisstand vermittelt werden, über den auch die Behörde verfügt. Insoweit zu Recht hat das Verwaltungsgericht zum Landesinformationsfreiheitsgesetz ausgeführt, es enthalte keine Rechtsgrundlage, gegenüber anderen Behörden oder Privaten, die im Besitz von Informationen sind, ein Herausgabeverlangen durchzusetzen (unter Verweis auf BVerwG, Beschluss vom 27. Mai 2013 – 7 B 43/12 –, juris; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20. März 2012 – 12 B 27.11 –; ferner Beschluss des erkennenden Senats vom 4. Oktober 2013 – 10 A 10631/13 – zu § 33 GemO, alle juris).

44

In den Fällen des § 3 Abs. 2 Satz 2 LTranspG könnte hingegen abweichend davon zumindest eine Informationsverschaffungspflicht der Behörde anzunehmen sein. Geht man nämlich davon aus, dass hier die bei der Privatperson vorliegenden Informationen der Behörde „zugerechnet“ werden, könnte eine Behörde verpflichtet sein, sich die Informationen dort zu beschaffen (in diesem Sinne zum IFG Scheel, in: Berger/Partsch/Roth/Scheel, a.a.O., § 2 IFG Rn. 27; siehe auch Schoch, a.a.O., § 1 IFG Rn. 38, der von einer „unechten Informationsbeschaffungspflicht der Behörde“ spricht). Selbst wenn aber eine solche Pflicht im Landestransparenzgesetz verankert sein sollte, müsste eine Rechtsgrundlage für einen Herausgabeanspruch der Behörde hinzukommen. Ob auch diese sich noch dem Landestransparenzgesetz entnehmen lässt, ist sehr zweifelhaft (vgl. zum IFG Schoch, a.a.O., § 1 IFG Rn. 38 a.E.).

45

b) Noch weniger dürften die aktienrechtlichen Vorschriften eine Rechtsgrundlage für einen Anspruch der Beklagten auf Herausgabe der Informationen enthalten. Dies gilt zunächst für die Beklagte als Aktionärin. Abgesehen davon, dass sie an der Beigeladenen nur mittelbar über ihre (hundertprozentigen) Anteile an den Stadtwerken Mainz AG beteiligt ist, üben, wie vom Verwaltungsgericht im Einzelnen dargelegt, die Aktionäre nach §§ 118 Abs. 1 Satz 1, 119 Aktiengesetz - AktG - ihre Rechte grundsätzlich nur über die Hauptversammlung aus. Hierzu gehören auch ihre Auskunftsrechte, die nach § 131 Abs. 1 AktG von den Aktionären in der Hauptversammlung wahrgenommen und vom Vorstand an gleicher Stelle befriedigt werden (vgl. Kubis, in: Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, 3. Auflage 2013, § 131 Rn. 141). Der Vorstand kann die Aktionäre zwar auch zwischen den Hauptversammlungen informieren (vgl. hierzu § 131 Abs. 4 AktG), ein Auskunftsrecht des Aktionärs besteht aber nur in der dargelegten formalisierten Weise. Ein genereller Auskunftsanspruch, der vorliegend zur Erlangung der einzelnen Informationen gegeben sein müsste, ist hingegen gesetzlich nicht vorgesehen. Des Weiteren kann die Beklagte die begehrten Informationen auch nicht über den Aufsichtsrat der Beigeladenen, in den erstere ihren Oberbürgermeister sowie weitere Stadtratsmitglieder entsendet, herausverlangen. Denn es besteht kein allgemeines Auskunftsrecht einzelner Aufsichtsratsmitglieder. Vielmehr kann der Aufsichtsrat nach § 111 Abs. 2 AktG nur als Organ die Bücher und Schriften der Gesellschaft einsehen und prüfen (vgl. Habersack, in: Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, 4. Auflage 2014, § 111 Rn. 62). Ein einzelnes Aufsichtsratsmitglied kann zwar nach § 90 Abs. 3 Satz 2 AktG vom Vorstand jederzeit Bericht verlangen, aber nur an den Aufsichtsrat.

46

c) Ob und inwieweit dem Landestransparenzgesetz oder dem Aktiengesetz eine Rechtsgrundlage für einen Herausgabeanspruch zu entnehmen ist, kann aber letztlich offenbleiben, weil im vorliegenden Fall einem solchen Verlangen jedenfalls die aktienrechtlichen Verschwiegenheitspflichten entgegenstehen. In der Begründung zum Gesetzentwurf (LT-Drs. 16/5173, S. 34) heißt es hierzu, die besonderen gesellschaftsrechtlichen Geheimhaltungspflichten seien auch von den Bediensteten öffentlicher Stellen zu beachten und könnten auch vom Landesgesetzgeber nicht gelockert werden. Die transparenzpflichtige Stelle könne daher nur solche Informationen zugänglich machen, für die dies nach Gesellschaftsrecht zulässig sei; sie könne allerdings in dem zugrundeliegenden Gesellschaftsvertrag auf eine Bindung an das Landestransparenzgesetz hinwirken. Da dies im vorliegenden Fall nicht geschehen ist, hindert die aktienrechtliche Verschwiegenheitsverpflichtung die Beklagte, ein Herausgabeverlangen erfolgreich durchzusetzen.

47

aa) Nach § 93 Abs. 1 Satz 3 AktG haben die Vorstandsmitglieder über vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft, namentlich Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, Stillschweigen zu bewahren. Dieselbe Verschwiegenheitspflicht gilt nach § 116 Satz 1 und 2 AktG auch für die Aufsichtsratsmitglieder. Sie betrifft jede Offenbarung von vertraulichen Angaben und Geheimnissen an Dritte durch Erklärung, Weitergabe von Schriftstücken oder Gestatten der Einsichtnahme. Auch den Aktionären gegenüber sind die Vorstand- und Aufsichtsratsmitglieder zur Verschwiegenheit verpflichtet (vgl. Spindler, in: Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, 4. Auflage 2014, § 93 Rn. 124, 125 und Habersack, a.a.O., § 116 Rn. 57). Zwar ist in der Hauptversammlung den Aktionären auf Verlangen vom Vorstand über Angelegenheiten der Gesellschaft Auskunft zu geben, soweit sie zur sachgemäßen Beurteilung des Gegenstandes der Tagesordnung erforderlich ist (§ 131 Abs. 1 Satz 1 AktG). Diese darf der Vorstand allerdings verweigern, soweit die Erteilung der Auskunft nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung geeignet ist, der Gesellschaft einen nicht unerheblichen Nachteil zuzufügen (vgl. § 131 Abs. 3 Nr. 1 AktG); er muss sie verweigern, wenn er durch die Erteilung der Auskunft gegen seine Verschwiegenheitspflicht nach § 93 Abs. 1 Satz 3 AktG verstoßen würde (Kubis, a.a.O., § 131 Rn. 107). Vorliegend dürfen hiernach weder Vorstand noch Mitglieder des Aufsichtsrats der Beigeladenen gegenüber der Beklagten vertrauliche Angaben oder Geheimnisse der Gesellschaft offenbaren; eine unbefugte Offenbarung ist sogar nach § 404 AktG strafbewehrt.

48

bb) An diesem Ergebnis ändern auch die speziellen Regelungen in §§ 394 und 395 AktG nichts. Nach § 394 Satz 1 und 2 AktG unterliegen Aufsichtsratsmitglieder, die auf Veranlassung einer Gebietskörperschaft in den Aufsichtsrat gewählt oder entsandt worden sind, hinsichtlich der Berichte, die sie der Gebietskörperschaft zu erstatten haben, keiner Verschwiegenheitspflicht. Die Ausnahme von der Verschwiegenheitspflicht gilt aber nicht für vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft, namentlich Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, wenn ihre Kenntnis für die Zwecke der Berichte keine Bedeutung hat. Außerdem wird die Vertraulichkeitspflicht in dieser Fallgruppe nur insoweit durchbrochen, als vertrauliche Informationen Eingang in die Berichte finden dürfen. Diese Berichte unterliegen ihrerseits der Vertraulichkeitspflicht aus § 395 Abs. 1 AktG. Danach haben (u.a.) Personen, die damit betraut sind, die Beteiligungen einer Gebietskörperschaft zu verwalten, über vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft, namentlich Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, die ihnen aus Berichten nach § 394 AktG bekanntgeworden sind, mit Ausnahme von Mitteilungen im dienstlichen Verkehr Stillschweigen zu bewahren (vgl. VG Berlin, Urteil vom 13. November 2013 - 2 K 41/13 -, juris). Die Verschwiegenheitspflicht der Aufsichtsratsmitglieder, die auf Veranlassung einer Gebietskörperschaft gewählt oder entsandt worden sind, ist also nach § 394 AktG im öffentlichen Interesse eingeschränkt. Dies gilt aber nur im Verhältnis der Aufsichtsratsmitglieder zur Gebietskörperschaft, der sie berichterstattungspflichtig sind. Zweck des § 395 AktG ist es, dem Bedürfnis der Gesellschaft nach Wahrung ihrer vertraulichen Informationen Rechnung zu tragen und so deren Interessen angemessen zu wahren. Deshalb wird nach dieser Vorschrift in der Sache die organschaftliche Pflichtenstellung des Aufsichtsratsmitglieds auf die für die Gebietskörperschaft tätigen Personen erstreckt (Schürnbrand, in: Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, 3. Aufl. 2011, § 395 Rn. 1, 5).

49

Nach alledem besteht nach den aktienrechtlichen Vorschriften außerhalb der Berichtspflicht für vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft eine umfassende Verschwiegenheitspflicht von Vorstand und Aufsichtsratsmitgliedern gegenüber der Beklagten. Sie schließt einen Anspruch auf Herausgabe entsprechender Informationen aus.

50

cc) Etwas anderes folgt nicht daraus, dass es sich bei der Beigeladenen um eine Aktiengesellschaft in öffentlicher Hand handelt bzw. dass die Mitglieder des Aufsichtsrats (zum Teil) von einer Gebietskörperschaft entsandt wird, die dem Landestransparenzgesetz unterliegt. Wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat, kommt den Kommunen als wirtschaftlichen Unternehmen kein Sonderstatus zu. Sie unterliegen – mit den Einschränkungen in §§ 394, 395 AktG – wie jeder Aktionär umfassend den Vorschriften des Aktienrechts. Rechte und Pflichten der Gesellschaftsorgane und ihrer Mitglieder richten sich ausschließlich nach dem bundesgesetzlichen Gesellschaftsrecht; der für das Kommunalrecht zuständige Landesgesetzgeber kann in diesen Bereich nicht eindringen. Die Gemeinde, die sich an Gesellschaften beteiligt, „unterwirft“ sich dem für diese geltenden Recht und muss es so hinnehmen, wie es ausgestaltet ist (siehe dazu HessVGH, Urteil vom 9. Februar 2012 – 8 A 2043/10 –, juris). Mit dem Landestransparenzgesetz kann der Landesgesetzgeber über die gesellschaftsrechtlichen Regelungen nicht hinausgehen (vgl. Art. 31 Grundgesetz). Wie sich der bereits zitierten Begründung zum Gesetzentwurf (LT-Drs. 16/5173, S. 34) entnehmen lässt, ist die Informationsfreiheit nach dem Landestransparenzgesetz daher begrenzt durch gesellschaftsrechtlich angeordnete Geheimhaltungs- oder Vertraulichkeitspflichten.

51

dd) Inhaltlich ist die Verschwiegenheitspflicht weit zu ziehen; erfasst sind Geheimnisse der Gesellschaft und vertrauliche Angaben. „Geheimnisse der Gesellschaft“, zu denen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse gehören, sind Tatsachen, die nur einem eng begrenzten Personenkreis bekannt, also nicht offenkundig sind, wenn sie nach dem bekundeten oder mutmaßlichen Willen der Gesellschaft geheim gehalten werden sollen und wenn an der Geheimhaltung ein berechtigtes Interesse besteht. Zu den Tatsachen in diesem Sinne gehören auch Ansichten, Meinungen und Wertungen. Die Schweigepflicht beschränkt sich nicht auf geheim zu haltende Umstände, die das Geschäft oder den Betrieb betreffen und deren Offenbarung daher für die Gesellschaft wirtschaftlich nachteilig ist; sie bezieht sich auch auf Tatsachen, deren Offenbarung immaterielle Schäden für die Gesellschaft zur Folge haben können. Ob eine Tatsache ein Geheimnis ist, beurteilt sich grundsätzlich objektiv nach dem Unternehmensinteresse. Vertrauliche Angaben sind alle Informationen, deren Mitteilung sich für die Gesellschaft nachteilig auswirken kann, unabhängig davon, ob sie allgemein bekannt und daher keine Geheimnisse mehr sind. Es muss sich aber um Angaben handeln, deren vertrauliche Behandlung im Interesse der Gesellschaft bzw. des Unternehmens liegt (vgl. Spindler, a.a.O, § 93 AktG Rn. 116 ff.).

52

Die von der Klägerin begehrten Informationen über das Kohlekraftwerk, über die künftige Geschäftsausrichtung, über die Geschäftsführung und über die Kontaktpflege zu Geschäftspartnern betreffen wesentliche Vorgänge der Beigeladenen in Bezug auf ihre Wettbewerbsposition am Markt. Insbesondere die für das Kohlekraftwerk entstandenen Kosten und die Einzelheiten der weiteren Geschäftsausrichtung lassen voraussichtlich bei ihrer Offenlegung weitreichende Rückschlüsse auf die wirtschaftliche Situation der Beigeladenen und ihre Verhandlungsposition zu.

53

Die Beigeladene hat die Gründe, aus denen sämtliche Informationen vertraulich zu behandeln sind, in ihren Schriftsätzen und in der mündlichen Verhandlung  dargelegt. Sie hat ausgeführt, dass die Fragen unter Ziffer I des Klageantrags sämtlich Informationen beträfen, die auf die Ausforschung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse gerichtet seien. Dies gelte namentlich für die Fragen nach den Kosten des Kohlekraftwerks sowie den Vertragsstrafen und Rückstellungen. Die Fragen unter Ziffer I. 1 bis 6 verlangten die Offenlegung unterschiedlicher Kostenpositionen, die ihr – der Beigeladenen – im Rahmen der Planung des Kohlekraftwerks entstanden seien. Sie hätten Kosten für Generalunternehmer, für Vertragspartner, für die technische Planung und für die durchgeführte Öffentlichkeitsarbeit zum Gegenstand. Aus all diesen Vergütungen – aufgrund der komplexen Struktur der Kosten auch in ihrem Zusammenspiel – könnten Rückschlüsse auf die Vertragsgestaltung, die Kalkulation der Preise und somit auf Details ihrer Geschäftsbeziehungen gezogen werden. Die Offenlegung dieser Informationen könne dazu führen, dass Geschäfts- und Vertragspartner diese Informationen bei zukünftigen Vertragsverhandlungen über neue Projekte mit ihr nutzen könnten. Außerdem könnten Konkurrenten Vertragspartner mit günstigeren Angeboten abwerben. Im Übrigen handele es sich bei diesen Informationen auch um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse ihrer Vertragspartner. Im Generalunternehmervertrag sei ausdrücklich eine Vertraulichkeitsabrede getroffen worden. Bei einer Preisgabe vertraulich zu behandelnder Informationen hafte ihr der Makel der Unzuverlässigkeit an. Soweit in Ziffer I. 7 die Frage nach vereinbarten Vertragsstrafen und Kompensationsgeschäften gestellt würde, würden ebenfalls Interna aus der Vertragsgestaltung und der Kostenkalkulation an die Öffentlichkeit gelangen. Auch dies würde ihr Verhandlungen mit Geschäftspartnern bei zukünftigen Projekten erheblich erschweren. Die Beantwortung der Frage Ziffer I. 8 nach der Schaffung von zusätzlichen Arbeitsplätzen im Zusammenhang mit dem Kohlekraftwerk sowie der Weiterbeschäftigung und den entsprechenden Aufgabenbereichen führe ebenfalls zu einer Offenlegung von betrieblichen Organisationsabläufen, die sowohl die gegenwärtige Personalverteilung offenbarten als auch Rückschlüsse auf ihre zukünftige Ausrichtung für ihre Wettbewerber zuließen.

54

Die Fragen unter Ziffer II des Klageantrags seien unmittelbar auf die Umsetzung von Projekten und Investitionsverpflichtungen gerichtet und damit zweifellos Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse. Käme es zu einer Offenlegung dieser Informationen, würden grundsätzliche Informationen über die geplante Betriebsführung sowie ihre Wirtschafts- und Marktstrategie an die Öffentlichkeit, an Konkurrenten und Vertragspartner gelangen. Zu einer Ausforschung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse komme es auch bei Beantwortung der Fragen nach der Geschäftsführung in Ziffer III des Klageantrags sowie durch die unter Ziffer IV begehrten Informationen über von ihr ausgesprochene Einladungen. Ziffer III des Fragenkatalogs ziele auf Details in der Geschäftsführung der Beigeladenen ab; die Fragen in Ziffer IV beträfen die Modalitäten ihrer Kontaktpflege. Bei ihrer Beantwortung würden zwangsläufig derzeitige oder zukünftige Geschäftsbeziehungen offenbart und es würde Raum für Spekulationen gegeben. Die Fragen unter Ziffer III und IV beträfen im Übrigen auch das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Vorstandsmitglieder bzw. der eingeladenen Gäste. Weitergehende Darlegungen zum Geheimhaltungsinteresse erforderten zudem die Offenlegung vertraulicher Angaben.

55

Diese Ausführungen der Beigeladenen lassen in Anbetracht des Inhalts der begehrten Informationen ihr Unternehmensinteresse an der Geheimhaltung grundsätzlich nachvollziehbar und ausreichend plausibel erscheinen. Dieser Grad an Überzeugungsgewissheit ist ausreichend, weil die Bewertung wettbewerbsrelevanter Auswirkungen wegen ihrer auf die Zukunft bezogenen Beurteilung notwendigerweise mit einem gewissen Maß an Unsicherheit verbunden ist (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12. März 2015 – 10 A 10472/14.OVG –, juris, sowie Urteil vom 6. September 2012 – 8 A 10096/12.OVG –, juris). Den von der Klägerin geforderten gesonderten Darlegungen zu jeder einzelnen Frage bedurfte es nicht, weil sich die Vertraulichkeit der geforderten Informationen aus den Ausführungen der Beigeladenen mit hinreichender Deutlichkeit auch ohne Bezugnahme auf jeden Unterpunkt innerhalb des Fragenkatalogs ergibt. Nicht durchgreifend ist insoweit auch der Einwand der Klägerin, es sei nicht erkennbar, dass die Offenlegung der Informationen der Beigeladenen einen Nachteil im Wettbewerb zufügen könnte, weil das nie über die Planungsphase hinausgegangene Projekt bereits im Jahre 2009 vorläufig (und 2012 endgültig) beendet worden sei und die Beigeladene auf dem Gebiet der Kohleverstromung nicht mehr tätig sein wolle; die Zahlen zu dem Projekt seien veraltet und nicht mehr auf das aktuelle Marktgeschehen übertragbar. Für die Fragen zu Ziffer II bis IV des Fragenkatalogs verfängt diese Argumentation von vornherein nicht, weil diese Fragen die Geschäftstätigkeit der Beigeladenen in der jüngeren Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft betreffen. Aber auch hinsichtlich der Fragen zu den Kosten des Kohlekraftwerks ist die Wettbewerbsrelevanz der begehrten Informationen trotz der Aufgabe des Projekts weiterhin plausibel vor dem Hintergrund, dass sich aus den einzelnen Kostenpositionen und ihrer Verflechtung Rückschlüsse auf die allgemeine Geschäftsausrichtung sowie die Unternehmensstrategie der Beigeladenen ziehen lassen und aufgrund der Langfristigkeit derartiger Planungsvorhaben auch mehrere Jahre alte Informationen über Kosten noch immer eine gewichtige Aussagekraft haben.

56

2. Nichts anderes gilt im Ergebnis hinsichtlich der Unterlagen, die nach dem Vortrag der Beklagten bei ihr vorhanden sind (Aufsichtsratsprotokolle der Stadtwerke Mainz AG, wenige Protokolle der Aufsichtsratssitzungen der Beigeladenen, verschiedene Gutachten sowie Jahresabschlussberichte der Beigeladenen in Auszügen), sofern sie überhaupt die von der Klägerin begehrten Informationen enthalten. Soweit der Beklagten solche Unterlagen in Form von Aufsichtsratsprotokollen vorliegen, hat diese der Oberbürgermeister in seiner Funktion als Aufsichtsratsmitglied erhalten. Es handelt sich weiterhin um originäre Unterlagen des Aufsichtsrats, die nicht durch den Verwahrort bei der Beklagten zu Informationen werden, über die die Beklagte verfügt (so auch das Verwaltungsgericht mit weiteren Nachweisen). Wenn die Beklagte weitergehende  Informationen aufgrund der Berichtspflicht der Aufsichtsratsmitglieder erlangt hat, verfügt sie dadurch zwar über diese. Sie unterliegen aber der aktienrechtlichen Bindung nach § 395 AktG, sodass die mit der Beteiligungsverwaltung betrauten Personen zur Geheimhaltung verpflichtet sind.

57

3. Da nach alledem ein Anspruch auf Zugang zu den begehrten Informationen bereits aufgrund der aktienrechtlichen Verschwiegenheitspflicht nicht gegeben ist, ist nicht mehr entscheidungserheblich, ob dem Zugangsanspruch auch Belange nach §§ 14 ff. LTranspG, insbesondere der Schutz des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LTranspG, entgegenstehen. Daher ist auch nicht die in dieser Vorschrift i.V.m. § 17 LTranspG vorgesehene Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an der Bekanntgabe der Informationen vorzunehmen.

58

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO.

59

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung.

60

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Beschluss

61

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 5.000,00 € festgesetzt (§§ 52 Abs. 2, 47 Abs. 1 GKG).

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