Urteil vom Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht (4. Senat) - 4 KN 1/14

Tenor

Es wird festgestellt, dass § 4 Abs.2 und 3 Buchstabe a, b und c sowie § 11 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz
(„und ist grundsätzlich in halbjährigen Teilbeträgen am 15.03. und 15.09. eines jeden Jahres, spätestens vier Wochen nach Bekanntgabe des Bescheides fällig")
der Gebührensatzung des Antragsgegners in der Fassung der 3. Nachtragssatzung v. 11.12.2013 unwirksam sind.

Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner zu 1/3, der Antragsteller zu 2/3.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die vorläufige Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Antragsteller begehrt zum einen die Feststellung der Nichtigkeit der Abfallgebührensatzung des Antragsgegners für die Jahre 2014 bis 2016 in der am 11. Dezember 2013 beschlossenen Fassung. Wegen des Wortlautes der Satzung wird auf die Gebührensatzung zur Satzung über die Entsorgung von Abfällen im Kreis Ostholstein (Abfallwirtschaftssatzung) vom 17. März 2005 in der am 17. Dezember 2013 bekanntgemachten Fassung des 3. Nachtrages (vgl. Bl. 158 ff. der Beiakte A) Bezug genommen.

2

Desweiteren begehrt der Antragsteller - im Wege der Antragserweiterung - die Feststellung der Nichtigkeit des § 18 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 4 lit. c Satz 3 der Abfallwirtschaftssatzung des Antragsgegners in der von der Verbandsversammlung am 11. Dezember 2014 verabschiedeten Fassung. Die Verbandsversammlung verabschiedete folgenden am 12. Dezember 2014 bekanntgemachten 7. Nachtrag zur Abfallwirtschaftssatzung:

3

Artikel I

4
1) § 18 Abs. 2 Satz 2 wird wie folgt ergänzt:
5

„Auf jedem bewohnten Grundstück muss mindestens ein fester Abfallbehälter für Siedlungsabfälle (ohne Bioabfälle) bereitstehen. Für jeden Gewerbe-, Industrie- und sonstigen Betrieb muss grundsätzlich mindestens ein fester Abfallbehälter im Sinne von § 18 Abs. 1 Ziffer 1, 2 oder 5 im Rahmen der Regelabfuhr für überlassungspflichtige Abfälle zur Beseitigung im Sinne des § 17 KrWG bereitstehen. Der ZVO stellt den Anschlusspflichtigen die erforderlichen Abfallbehälter und Abfallsäcke zur Verfügung. Dies gilt nicht nur für Müllpresscontainer.“

6
2) § 18 Abs. 4 lit. c wird um folgenden Satz 3 ergänzt:
7

„Abweichend von den unter Abs. 4 a ermittelten Werten kann bei nachgewiesener Nutzung von Vermeidungs- und Verwertungsmaßnahmen auf schriftlichen Antrag ein geringeres Mindestbehältervolumen zugelassen werden. Aufgrund der vorgelegten Nachweise und gegebenenfalls eigenen Ermittlungen legt der Zweckverband Ostholstein dann das zur Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Entsorgung erforderliche Behältervolumen fest. Bei Nachweis einer dauerhaft ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung aller anfallenden Abfälle nach den geltenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften besteht keine Mindestbehälternutzungspflicht“

8

Dieser 7. Nachtrag trat am 1. Januar 2015 in Kraft.

9

Der Antragsteller ist Eigentümer verschiedener Grundstücke in Ostholstein und Mitglied des Ostholsteiner Kreistages sowie der Verbandsversammlung und des Abfallwirtschaftsausschusses des Antragsgegners.

10

Im Hinblick auf die Abfallwirtschaftssatzung des Antragsgegners in der am 11. Dezember 2014 verabschiedeten Fassung macht er geltend:

11

Aufgrund der Ergänzung des § 18 Abs. 2 und Abs. 4 enthalte die Abfallwirtschaftsatzung nunmehr eine mit Art. 3 GG nicht zu vereinbarende Privilegierung für Gewerbebetriebe, welche nur noch „grundsätzlich“ Müllbehälter vorhalten müssten und bei Nachweis einer anderweitigen ordnungsgemäßen Entsorgung - zum Beispiel durch Beauftragung privater Entsorger - von der Verpflichtung zur Mindestbehälterausstattung befreit seien und damit zu Lasten der sonstigen Gebührenzahler privilegiert würden, was zu weiteren Kostenüberschreitungen für die Bürger führen werde.

12

Im Hinblick auf die Abfallgebührensatzung macht er geltend:

13

Die ZVO Entsorgung GmbH habe seit 2005 rund 16 Mio. Euro Gewinn erwirtschaftet, die an den Antragsgegner und an die privaten Mitgesellschafter ausgeschüttet worden seien. Beim Antragsgegner seien die Gewinne in den allgemeinen Haushalt geflossen. Aus diesem Grunde sei die Kalkulationsgrundlage hinfällig und die Satzung nichtig. Im Übrigen sei der Vertrag von 23. Juni 2004 / 30. Juni 2004, mit dem die Durchführung der Abfallbeseitigung und das entsprechende Satzungsrecht vom Kreis Ostholstein auf den Antragsgegner übertragen worden sei, missachtet worden, was auf die Gültigkeit der Abfallgebührensatzung durchschlagen müsse. Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 des Vertrages habe sich der Antragsgegner verpflichtet, vor abschließenden Beschlussfassungen über den Erlass, die Änderung oder Aufhebung von Abfallgebührensatzungen beziehungsweise Entgeltordnungen dem Landrat den Entwurf der zugrundeliegenden Kalkulation zu übermitteln, um der zuständigen Stelle der Kreisverwaltung innerhalb einer Frist von 20 Werktagen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Gemäß § 2 Abs. 6 des Vertrages gehen die Vertragsparteien übereinstimmend davon aus, dass die vom Kreistag entsandten Mitglieder des Abfallwirtschaftsausschusses berechtigt und aufgrund der entsprechenden Beschlussfassung des Kreistages vom 9. März 2004 verpflichtet sind, in der jeweils nächsten Kreistagssitzung über sämtliche Beschlüsse des Ausschusses zu berichten, welche den Erlass, die Änderung oder Aufhebung von Abfallwirtschafts- und Abfallgebührensatzungen zum Gegenstand haben. Ungeachtet dessen sei eine ordnungsgemäße Stellungnahme des Landrates nicht eingeholt worden. Die streitgegenständliche Satzung sei im Ausschuss als Beschlussempfehlung am 14. November 2013 beschlossen worden. Auf der folgenden Kreistagsitzung habe es keinen Tagungsordnungspunkt zu diesem Thema gegeben. Das Mitspracherecht der Kreistagsabgeordneten und das Informationsrecht der Öffentlichkeit seien ignoriert worden. Trotz seines Protestes und Hinweises auf diese Verfahrensfehler habe die Verbandsversammlung des Antragsgegners die Satzung am 4. Dezember 2013 (richtig: 11. Dezember 2013) beschlossen. Die angesprochenen Regelungen seien auch nicht nur reine Formvorschriften. Die Satzung sei deshalb unter Verletzung der Ermächtigungsgrundlage zustande gekommen, was zu ihrer Nichtigkeit führen müsse. Der vom Antragsgegner vorgelegte E-Mail-Verkehr zwischen ihm und dem Kreis Ostholstein (E-Mail v. 05.11.2013 und Antwort-E-Mail vom 07.11.2013) genüge der vertraglichen Verpflichtung des § 2 Abs. 2 Satz 2 nicht. Damit sei die angegriffene Gebührensatzung unter Verletzung der Ermächtigungsgrundlage zustande gekommen.

14

Lediglich ergänzend und vorsorglich ist der Antragsteller der Auffassung, dass das gesamte Privilegierungsgeschehen, welches Grundlage für die Gebührenkalkulation sei, mangelbehaftet sei. Der Antragsgegner habe im Jahr 2004 mit Wirkung zum 1. Januar 2005 seine Aufgaben auf die ZVO Entsorgung GmbH, eine von ihm zu 50,1 % und von einer Hamburger Investorengruppe (NAD) zu 49,9 % gehaltenen Gesellschaft übertragen. Das Ausschreibungsverfahren sei durch die Vergabekammer des Landes in einem Beschluss vom August 2004 (VK-SH 20/04) als rechtswidrig beanstandet worden. Dies habe sich jedoch nur für den beschwerdeführenden Mitbewerber im Sinne einer Wiederzulassung ausgewirkt, nicht jedoch für die zu diesem Zeitpunkt bereits ausgeschiedenen anderen Bieter. Er - der Antragsteller - habe den Verdacht, dass es im Vergabeverfahren zu erheblichen Unregelmäßigkeiten gekommen sei. Er könne nicht recht an den Zufall glauben, dass ausgerechnet die vom heutigen Kreispräsidenten und damaligen Abfallwirtschaftsausschussvorsitzenden als Unternehmensberater beratene Bietergemeinschaft NAD die Ausschreibung gewonnen habe. Hätten andere Mitbewerber von der Abänderung der Höchstpreisgrenze im Vergabeverfahren erfahren, hätten sie ihr Angebot nachbessern können.

15

Der Antragsteller beantragt,

16
1. festzustellen, dass die Gebührensatzung des Antragsgegners in der Fassung des 3. Nachtrages vom 11. Dezember 2013 (Datum der Beschlussfassung) nichtig ist,
17
2. festzustellen, dass § 18 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 4 lit. c Satz 3 der Abfallwirtschaftssatzung in der Fassung des 7. Nachtrages v. 11. Dezember 2014 nichtig sind.
18

Der Antragsgegner beantragt,

19

den Antrag abzulehnen.

20

Er erwidert:

21

Die Abfallgebührensatzung und die Abfallwirtschaftssatzung seien formell rechtmäßig am 1. Januar 2014 in Kraft getreten. Auch der Abfallwirtschaftsausschuss sei beteiligt worden. Der Kreis Ostholstein sei gemäß § 2 Abs. 2 Satz 3 des Vertrages über die Änderung der Abfallgebührensatzungen informiert worden und habe auch Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt. Zum einen seien die Verpflichtungen aus dem Vertrag erfüllt worden. Zum anderen würde aber eine Verletzung des genannten Vertrages den Umstand, dass das Satzungsrecht übertragen wurde und der Antragsgegner die Satzungskompetenz habe, nicht entfallen lassen. Die Berichtspflicht der Abfallwirtschaftsausschussmitglieder (und Kreistagsabgeordneten) gegenüber dem Kreistag über die Änderungen von Abfall- und Abfallgebührensatzungen sei Innenrecht des Kreises. Die Erfüllung derartiger Berichtspflichten sei nicht Bedingung für die Übertragung der Satzungskompetenz.

22

Die Vergabekammer habe die europaweite Ausschreibung und Vergabe förmlich überprüft. Das Ausschreibungsverfahren sei seinerzeit zwar beanstandet worden, als Sanktion sei jedoch lediglich das Verfahren auf einen früheren Stand zurückversetzt worden. Danach habe es keine weiteren Beanstandungen mehr gegeben. Das Verfahren sei ordnungsgemäß beendet worden. Gegen den Zuschlag sei kein erneutes Nachprüfungsverfahren angestrengt worden. Die Änderung der Höchstpreisgrenze im Verfahren habe dem erforderlichen Schutz der Gebührenzahler gedient.

23

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf die eingereichten Schriftsätze der Beteiligten, insbesondere auch auf den Schriftsatz des Beklagten v. 12. August 2015 betreffend die Aufklärungsverfügung vom 29. Juli 2015 sowie auf den Verwaltungsvorgang des Antragsgegners, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

24

Der Antrag ist gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO statthaft und auch sonst zulässig, soweit sich der Antrag gegen die Gebührensatzung des Antragsgegners richtet. Soweit der Antrag sich gegen die Abfallwirtschaftssatzung (7. Nachtrag) richtet, fehlt es an der erforderlichen Antragsbefugnis.

25

Gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 5 VwGO AG entscheidet das Oberverwaltungsgericht im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit einer anderen im Range unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschrift. Hierunter fällt sowohl die vom Antragsteller angegriffene Gebührensatzung in der Fassung des seit dem 1. Januar 2014 in Kraft getretenen 3. Nachtrages als auch die vom Antragsteller angegriffene Regelung des § 18 der Abfallwirtschaftssatzung des Antragsgegners in der Fassung des 7. Nachtrages (in Kraft ab dem 01. Januar 2015).

26

Gemäß § 47 Abs. 2 VwGO kann den Normenkontrollantrag jede natürliche Person stellen, die geltend macht, durch die Anwendung der Rechtsvorschriften in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Diese Voraussetzungen liegen bezüglich der Gebührensatzung vor, da der Antragsteller als Eigentümer eines beziehungsweise mehrerer Grundstück im Kreis Ostholstein geltend machen kann, Adressat von Gebührenbescheiden zu sein, für welche die angefochtene Gebührensatzung als Rechtsgrundlage herangezogen worden ist. Der Antragsteller ist daher in seinen Rechten verletzt, wenn der in der angefochtenen Gebührensatzung festgelegte Gebührensatz rechtswidrig ist.

27

Eine Antragsbefugnis hinsichtlich der angegriffenen Regelung des § 18 der Abfallwirtschaftssatzung (7. Nachtrag) ist hingegen zu verneinen. Durch den 7. Nachtrag hat der Antragsgegner § 18 Abs. 2 Satz 2 der Abfallwirtschaftssatzung durch Einfügen des Wortes „grundsätzlich“ dahingehend geändert, dass für Gewerbe/Industrie- und sonstige Betriebe nur noch grundsätzlich mindestens ein fester Abfallbehälter für überlassungspflichtige Abfälle zur Beseitigung im Sinne des § 17 KrWG bereitstehen muss. Durch Anfügen des Satzes 2 in § 18 Abs. 4 lit. c ist neu geregelt worden, dass für die genannten Betriebe bei Nachweis einer dauerhaft ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung aller anfallenden Abfälle nach den geltenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften keine Mindestbehälternutzungspflicht besteht.

28

Der Antragsteller trägt vor, dass aufgrund der Neuregelung in vielen Fällen die Mindestbehälternutzungspflicht für Gewerbebetriebe entfalle und damit zu Lasten der übrigen Gebührenzahler das Gebührenaufkommen sinke. Dies reicht für eine Bejahung der Antragsbefugnis nicht aus.

29

Der Antragsteller kann nicht geltend machen, in seinen Rechten verletzt zu seinen. Die beanstandete Regelung ist keine Gebührenregelung, sondern eine Regelung hinsichtlich der Überlassungspflicht für gewerbliche Abfallbesitzer. Ein „Gebührenausfall“ bei der Beseitigung gewerblicher Abfälle wirkt sich allenfalls im Rahmen der Verteilung von Kosten auf die unterschiedlichen Kostenträger ( Abfall aus privaten Haushalten, Bioabfall, gewerblicher Abfall) als Reflex, nicht aber in einer Weise auf die Gebühr für die Entsorgung von Abfall aus privaten Haushaltungen aus, dass von einer Rechtsverletzung eigener Rechte des Antragstellers gesprochen werden könnte.

30

Eine Antragsbefugnis kann auch nicht aus Art. 3 GG mit der Erwägung hergeleitet werden, die Privilegierung nur der gewerblichen Abfallbesitzer verletze den Gleichbehandlungsgrundsatz. Einen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht gibt es nicht. Der Antragsteller ist überlassungspflichtig gem. § 17 Abs. 1 S.1 KrWG. Eine Gleichbehandlung mit den seiner Ansicht nach zu Unrecht privilegierten Besitzern von gewerblichen Abfällen kann er nicht beanspruchen.

31

Abgesehen hiervon bestehen an der Rechtmäßigkeit der geänderten Satzungsregelung auch keine Bedenken. Bei richtigem Verständnis der Norm deckt § 18 der Abfallwirtschaftssatzung in der Fassung der 7. Nachtragssatzung den vom Antragsteller angesprochenen Fall der Überlassung gewerblicher Abfälle an Dritte nicht ab. Die Satzungsregelung gibt vielmehr lediglich die Rechtslage wieder, indem sie das Entfallen der Mindestbehälternutzungspflicht vom Nachweis einer dauerhaft ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung aller anfallenden Abfälle nach den geltenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften abhängig macht. Gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Für Gewerbebetriebe gilt, dass die Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen die gleiche Verpflichtung trifft, soweit sie die Abfälle nicht in eigenen Anlagen beseitigen oder überwiegende öffentliche Interessen eine Überlassung erfordern. Bei Einhaltung der genannten öffentlich-rechtlichen Vorschriften, das heißt bei einer ordnungsgemäßen Beseitigung gewerblicher Abfälle in eigenen Anlagen, besteht die Überlassungspflicht mithin nicht, es sei denn dass überwiegende öffentliche Interessen eine Überlassung erfordern. Dieser gesetzlichen Bestimmung trägt die angefochtene Satzungsregelung - klarstellend - Rechnung.

32

Der - zulässige - Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit der Gebührensatzung ist begründet.

33

Bedenken gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Satzung bestehen allerdings nicht. Eine Unwirksamkeit der Satzung kann nicht mit dem vom Antragsteller behaupteten Verstoß gegen § 2 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 6 des zwischen dem Kreis Ostholstein und dem Zweckverband Ostholstein geschlossenen Vertrages vom 23. Juni / 30. Juni 2004 hergeleitet werden. In diesem Vertrag hat der Kreis Ostholstein dem Beklagten - in Ersetzung des Beitrittsvertrages vom 3./16. Mai 1994 - auf der rechtlichen Grundlage der §§ 2 Abs. 1, 3 Abs. 1 S. 1, 18 Abs. 1 GkZ, § 3 Abs. 4 S. 1 LAbfWG die Aufgabe der öffentlichen Abfallentsorgung im Kreis Ostholstein übertragen sowie nunmehr mit Wirkung vom 1. Januar 2005 auch das Satzungsrecht. Der Zweckverband wurde insoweit öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger. Gemäß § 2 Abs. 2 des Vertrages erfolgte die Übertragung des Satzungsrechts - insbesondere das Recht zum Erlass, zur Änderung und Aufhebung von Abfallwirtschafts- und Abfallgebührensatzungen - mit Wirkung zum 1. Januar 2005. Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 3 des Vertrages verpflichtet sich der Antragsgegner, vor abschließenden Beschlussfassungen über den Erlass, die Änderung oder Aufhebung von Abfallgebührensatzungen beziehungsweise Entgeltordnungen dem Landrat die dem Entwurf zugrunde liegenden Kalkulation zu übermitteln, um der zuständigen Stelle der Kreisverwaltung innerhalb einer Frist von 20 Werktagen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Übertragung des Satzungsrechtes in § 2 Abs. 2 Satz 1 des Vertrages erfolgte - insbesondere hinsichtlich des Rechts zum Erlass, zur Änderung und Aufhebung von Abfallwirtschafts- und Abfallgebührensatzungen - ohne Einschränkungen. Das entsprechende Satzungsrecht ist damit mit Wirkung zum 1. Januar 2005 übergegangen, unabhängig davon, ob die in § 2 Abs. 2 Satz 3 des Vertrages eingegangene Verpflichtung erfüllt wird. Die Frage, ob vorliegend vor Beschlussfassung über die 3. Nachtragssatzung zur Gebührensatzung dem Landrat des Kreises Ostholstein die zugrundeliegende Kalkulation übermittelt wurde, um der zuständigen Stelle der Kreisverwaltung innerhalb einer Frist von 20 Werktagen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, ist für das wirksame Zustandekommen der vorliegenden Satzung mithin unerheblich.

34

Der Gebührensatz in § 4 Abs. 2 und Abs. 3 Buchstabe a und b in der Fassung der 3. Nachtragssatzung ist rechtswidrig. Zum einen ist der Gebührensatz rechtswidrig, weil er fehlerhaft kalkuliert wurde (siehe dazu unten).

35

Zum anderen führt die unzulässige kumulative Erhebung einer zur Abdeckung von 30% der Gesamtkosten erhobenen Behältergebühr (Sockelgebühr) neben einer Jahresbehältergebühr zur Unwirksamkeit des in § 4 Abs. 2 und Abs. 3 Buchstabe a und b geregelten Gebührensatzes. Der Senat hat zur Frage der Wirksamkeit des Gebührensatzes in der für das Erhebungsjahr 2011 maßgeblichen zum 1. Januar 2011 in Kraft getretenen Gebührensatzung vom 24. Oktober 2010 im zeitgleich verhandelten Verfahren 4 LB 45/14 zu dieser Problematik folgendes entschieden:

36

„Die Erhebung sogenannter „Jahresmindestgebühren“ gemäß § 4 Abs. 2 AGS verstößt gegen höherrangiges Recht. Die Satzungsregelung ist daher insoweit nichtig und die darauf beruhende Veranlagung rechtswidrig.

37

Der Senat teilt die Auffassung des Beklagten, dass es sich bei der „Jahresmindestgebühr“ gemäß § 4 Abs. 2 AGS nicht um eine Mindestgebühr im Rechtssinne handelt. Die Mindestgebühr ist eine Benutzungsgebühr, die sich - anders als die Grundgebühr - jeweils insoweit am Maß der Inanspruchnahme orientiert, als bis zu einer bestimmten Grenze, die nach der (durchschnittlichen) Mindestinanspruchnahme zu bemessen ist, eine Pauschalgebühr erhoben wird, die dem Abgabengläubiger die Feststellung der Verbrauchs- oder Leistungsmenge in den betroffenen Fällen und insoweit die Berechnung der Gebühr erspart (BVerwG, Urt. v. 01.08.1986 - 8 C 120.84 -, NVwZ 1987, 79, s. auch Urt. v. 01.12.2005 - 10 C 4.04 -, NVwZ 2006, 589). Eine solche, nur für Kleinsthaushalte geltende Mindestgebühr erhebt der Beklagte nicht, sondern eine Teil-Behältergebühr, gestaffelt nach dem Behältervolumen. Da es auf die Bezeichnung nach dem Wortlaut der Gebührensatzung nicht ankommt, kann dahinstehen, ob Mindestgebühren nach dem Abfallgebührenrecht des Landes Schleswig-Holstein erhoben werden dürfen. Der Senat merkt gleichwohl an, dass schon § 5 Abs. 2 Nr. 2 LAbfWG der Erhebung von Mindestgebühren entgegenstehen dürfte.

38

Nach § 5 Abs. 2 LAbfWG richtet sich die Erhebung von Abfallgebühren nach dem KAG Schleswig-Holstein mit verschiedenen Maßgaben. Gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 2 LAbfWG können im Rahmen des Äquivalenz- und Kostendeckungsprinzips entsprechend den Abfallmengen gestaffelte Gebühren erhoben werden. Diese Maßgabe wäre überflüssig, wenn damit nur das Äquivalenz- und Kostendeckungsprinzip als maßgeblich für das Abfallgebührenrecht bestimmt werden sollte. Das Äquivalenzprinzip ist als Ausprägung des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dem Begriff der Gebühr immanent (BVerfG, Beschl. v. 11.10.1966 - 2 BvR 179/64 u.a. -, BVerfGE 20, 247, 270 u. Beschl. v. 07.02.1991 - 2 BvR 24/84 -, BVerfGE 83, 363, 392). Das Kostendeckungsprinzip ist ausdrücklich in § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG als Bemessungsgrundlage für die Benutzungsgebühr festgelegt. Demnach bleibt als Maßgabe nur die Erhebung entsprechend den Abfallmengen gestaffelter Gebühren. Da die Mindestgebühr sich an der durchschnittlichen Mindestinanspruchnahme der Einrichtung zu orientieren hat (BVerwG, Urt. v. 01.08.1986 - 8 C 112.84 -, KStZ 1987, 11), mithin eine Pauschalgebühr ist, ist sie jedenfalls als solche keine nach Abfallmengen gestaffelte Gebühr. Dem Wortlaut der Maßgabe des § 5 Abs. 2 Nr. 2 LAbfWG kann nicht entnommen werden, dass - abweichend von § 6 KAG - im Abfallgebührenrecht die Erhebung einer Mindestgebühr zulässig sein soll. Die Maßgabe war bereits in der Ursprungsfassung des § 5 Abs. 2 (seinerzeit Nr. 1) des LAbfWG von 1991 enthalten. In der Begründung (LT-Drs. 12/1432 S. 39 f.) heißt es, Nr. 1 stelle klar, dass zur Schaffung von Anreizen zur dringend gebotenen Abfallvermeidung eine Staffelung der Benutzungsgebühren in Abhängigkeit zur Menge der der entsorgungspflichtigen Körperschaft jeweils überlassenen Abfälle zulässig ist. Gebührenmaßstäbe und Gebührensätze seien so zu staffeln, dass sie den unterschiedlichen Ausmaßen der erbrachten Leistung Rechnung tragen. Von der Zulässigkeit einer Mindestgebühr, die der Abfallvermeidung entgegenwirkt, ist nicht die Rede.

39

Aus der Maßgabe des § 5 Abs. 2 Nr. 3 LAbfWG lässt sich Gegenteiliges nicht entnehmen. Danach können u.a. benutzungsunabhängige Betriebskosten (Fixkosten) der vorgehaltenen Bioabfallentsorgung in die Bemessung von Abfallentsorgungsgebühren einbezogen werden. Können danach - ohne tatsächliche Inanspruchnahme der Bioabfallentsorgung - die Fixkosten in die Bemessung der (allgemeinen) Abfallgebühr einbezogen werden, lässt sich daraus nur der Schluss ziehen, dass nach der später in das Gesetz aufgenommenen Maßgabe Nr. 3 im Rahmen der Bioabfallentsorgung neben der Einbeziehung von Fixkosten der Bioabfallentsorgung in die allgemeine Gebühr noch eine Zusatzgebühr (Leistungsgebühr) im Fall der tatsächlichen Inanspruchnahme erhoben werden kann (muss).

40

Selbst wenn man die Auffassung, dass schon gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 1 LAbfWG die Erhebung einer Mindestgebühr ausgeschlossen ist, nicht teilt, weil die Mindestgebühr nicht isoliert zu betrachten sei, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Dann findet gemäß § 5 Abs. 2 LAbfWG § 6 KAG - insoweit ohne Maßgabe - Anwendung. Nach § 6 Abs. 4 Satz 2 KAG sind Benutzungsgebühren grundsätzlich nach dem Umfang und der Art der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung zu erheben. Abweichend von diesem Grundsatz können gemäß § 6 Abs. 4 Satz 1 KAG Benutzungsgebühren (auch) als Grundgebühren und Zusatzgebühren erhoben werden. Die Mindestgebühr findet auch hier keine Erwähnung. Richtig ist, dass die Mindestgebühr eine Leistungsgebühr ist. Sie ist aber eine Pauschalgebühr, die sich als solche nicht nach dem Umfang der Inanspruchnahme richtet. Soweit der früher für das Gebührenrecht zuständige 2. Senat des OVG Schleswig die Auffassung vertreten hat, dass Benutzungsgebühren auch in Gestalt von Mindestgebühren erhoben werden können (vgl. Urt. v. 02.09.2010 - 2 LB 8/10 - zur Schmutzwassergebühr unter Bezugnahme auf eine ältere Entscheidung des OVG Lüneburg, Urt. v. 17.08.1977 - III C 4/77 -, Die Gemeinde 1977, 401 zur Abfallgebühr), vermag der erkennende Senat dem nicht zu folgen. Die dafür gegebene Begründung, auch unter der Geltung des Preußischen KAG seien Gemeinden zur Erhebung von Grund-, Zusatz- und Mindestgebühren ohne spezielle gesetzliche Ermächtigung befugt gewesen, überzeugt nicht. Gesetzesänderungen bringen Rechtsänderungen mit sich. Der Landesgesetzgeber hat für die Erhebung von Benutzungsgebühren eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage geschaffen und speziell geregelt, in welcher Form Benutzungsgebühren erhoben werden dürfen, für die Erhebung einer Mindestgebühr aber - anders als andere Landesgesetzgeber - keine Ermächtigungsgrundlage geschaffen, obwohl ihm die Rechtslage nach dem Preußischen KAG bekannt gewesen sein dürfte. In der Gesetzesbegründung (LT-Drs. VI/920 S. 25) wird zwar nicht ausdrücklich ausgeführt, dass neben der sogenannten Anschlussgebühr auch die Möglichkeit der Erhebung der Mindestgebühr entfällt. Zur Grundgebühr wird aber ausführlich Stellung genommen, während die Mindestgebühr, die ebenfalls der Rechtfertigung und der Erörterung bedurft hätte, auch in der Gesetzesbegründung keine Erwähnung findet. Auch die Behauptung, die Aufzählung in § 6 Abs. 4 KAG sei lediglich beispielhaft, steht weder mit dem Wortlaut des Gesetzes noch mit der Begründung im Einklang. Nach § 6 Abs. 4 Satz 1 KAG können in Abweichung von dem Grundsatz der Bemessung der Gebühr nach Umfang und Art der Inanspruchnahme Benutzungsgebühren als Grund- und Zusatzgebühren erhoben werden. Dem Wortlaut fehlt jeder Zusatz, der eine erweiternde Auslegung eröffnen und Anhaltspunkte für eine nur beispielhafte Aufzählung sein könnte. Der Wortlaut ist vielmehr abschließend. Auch die Gesetzesbegründung spricht nur davon, dass Satz 1 die Erhebung von Benutzungsgebühren in Form von Grundgebühren und Zusatzgebühren gestatte.

41

Im Übrigen besteht für die Erhebung von Mindestgebühren regelmäßig kein Bedürfnis. Mindestgebühren ersparen dem Abgabengläubiger bei geringfügiger Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung die Messung der Verbrauchs- und Leistungsmenge. Für die Erhebung einer Mindestgebühr ist kein Raum, wenn auch geringe Verbrauchsmengen - wie zum Beispiel bei der Wasserversorgung - gemessen werden oder wenn - wie bei der Abwasserbeseitigung - Maßstab die bezogene Frischwassermenge ist. Im Abfallgebührenrecht findet regelmäßig der Behältermaßstab Anwendung. Insoweit wirkt sich die Bemessung der Gebühr nach dem geringsten Behältervolumen im Zusammenhang mit dem längsten Abfuhrrhythmus wie eine Mindestgebühr aus (siehe OVG Schleswig, Urt. v. 09.11.1991 - 2 L 149/91 -, Die Gemeinde 1992, 160). Eine solche „faktische Mindestgebühr“ ist unvermeidliche Folge der Wahl eines zulässigen Maßstabes und deshalb auch nicht zu beanstanden, wenn das Landesrecht die Erhebung einer Mindestgebühr nicht vorsieht.

42

Die sogenannte „Jahresmindestgebühr“ des § 4 Abs. 2 AGS ist keine Grundgebühr. Der Beklagte führt selbst aus, dass der Begriff „Jahresmindestgebühr“ vom Satzungsgeber in Abgrenzung zur Grundgebühr gewählt wurde. Die Erhebung einer Grundgebühr wäre auch deshalb rechtswidrig, weil die Grundgebühr eine spezielle Gebühr für die Inanspruchnahme der Vorhalteleistung ist (OVG Schleswig, Beschl. v. 24.08.2001 - 2 M 65/01 -, NordÖR 2001, 403 u. Urt. v. 17.01.2001 - 2 L 9/00 -, NordÖR 2001, 307), die der Abdeckung nicht variabler Kosten dient. Die „Jahresmindestgebühr“ des § 4 Abs. 2 AGS soll dagegen einen bestimmten Prozentsatz (ca. 30 %) der Gesamtkosten abdecken, die wesentlich durch Fremdleistungskosten bestimmt werden, die keine variablen Kosten sind (siehe OVG Schleswig, Urt. v. 15.03.2006 - 2 LB 9/05 -, NordÖR 2006, 263).

43

Die vom Beklagten nach § 4 Abs. 2 AGS erhobene „Jahresmindestgebühr“ ist eine Teil-Behältergebühr, die - wie der Beklagte in der Berufungserwiderung zutreffend ausgeführt hat - schlicht der Deckung eines Teils (ca. 30 %) des Gebührenbedarfs dient, bemessen nach dem Nennvolumen des zur Verfügung gestellten Behälters. Es handelt sich mithin um eine Art „Sockelgebühr“, für die die vorstehenden Ausführungen zur Mindestgebühr erst recht gelten und die weder im LAbfWG noch im KAG eine Grundlage findet.

44

Soweit das Verwaltungsgericht ausführt, dass nach den Regelungen der Gebührensatzung bei einem Ein-Personen-Haushalt im Ergebnis (gemeint ist die Gesamtbelastung durch die Jahresmindestgebühr und die Zusatzgebühr bei vierwöchentlicher Abfuhr) zu einer (faktischen) Mindestgebühr in Höhe von jährlich 89,98 Euro führe, die nicht in einem offensichtlichen Missverhältnis zum Maßstab der tatsächlichen Inanspruchnahme stehe, spricht es nur das Äquivalenzprinzip an, dem jede Gebührenbelastung genügen muss. Auch die (faktische) Mindestgebühr muss aber der anzunehmenden durchschnittlichen Mindestinanspruchnahme entsprechen. Dem steht die Erhebung einer Einheitsgebühr für das 80-Liter-Gefäß für Ein- bis Vier-Personenhaushalte entgegen (vgl. OVG Schleswig, Urt. v. 09.11.1991, a.a.O.), auch wenn damit nur ein prozentualer Anteil des Gesamtgebührenbedarfs gedeckt werden soll (siehe hierzu auch die nachfolgenden Ausführungen).

45

Der Entsorgungsträger ist allerdings nicht gehindert, den zulässigen Behältermaßstab zu modifizieren. Es trifft nicht zu, dass die Gebührensatzung grundsätzlich keine kleinere Leistungseinheit als Maßstab für die Gebührenbemessung wählen kann als den kleinsten zur Verfügung gestellten Behälter. Der Beklagte selbst hat in der Vergangenheit bei Zurverfügungstellung eines 80-Liter-Gefäßes als kleinsten Behälter eine (weitere) Differenzierung der Gebühr nach der Anzahl der auf dem Grundstück lebenden Personen durch Satzung geregelt. Dagegen lassen sich Bedenken nicht erheben. Ob die seinerzeitigen Abschläge nach dem alten Gebührensystem für Ein- bis Dreipersonenhaushalte den überlassenen Abfallmengen entsprochen haben, ist eine andere Frage, die hier keiner Erörterung bedarf. Der Entsorgungsträger wäre auch nicht gehindert, Einheitsbehälter für Haushalte zur Verfügung zu stellen und die Gebühr nach der „gebuchten“ beziehungsweise der unter Wahrscheinlichkeitsgesichtspunkten anfallenden Abfallmenge zu bemessen, wobei durch Markierung am Gefäß deutlich gemacht wird, bis zu welchem Verfüllungsgrad die Abfallentsorgung (ohne Gebührenmehrbelastung) in Anspruch genommen werden kann. In dieser Weise wird von anderen Entsorgungsträgern (z.B. dem Kreis Rendsburg-Eckernförde) verfahren. Die Frage nach der Zurverfügungstellung eines 40-Liter-Behälters stellt sich daher nicht. Dem Entsorgungsträger ist auch nicht verwehrt, die Gebühr kostenorientiert zu bemessen, das heißt nach Leistungsbereichen (Entleerung, Transport und Beseitigung) zu unterscheiden, um so dem Umfang und der Art der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung bei der Gebührenbemessung in besonderer Weise Rechnung zu tragen. Allerdings kommt eine solche differenzierte kostenorientierte Gebührenbemessung nur in Betracht, soweit dem Entsorgungsträger nach Leistungsbereichen zu unterscheidende Kosten entstehen, die eine Zuordnung allein nach dem Behältervolumen nicht als verursachungsgerecht erscheinen lassen.

46

Der Beklagte hat mehr oder weniger willkürlich die „Jahresmindestgebühr“ auf der Grundlage eines Anteils am Gesamtaufwand in Höhe von ca. 30 % kalkuliert. Für den Senat ist nicht ersichtlich, wie der Beklagte den Prozentsatz ermittelt hat. In der Sitzungsvorlage der Verbandsversammlung vom 24. Juni 2010 (zum Tagesordnungspunkt 7 b, S. 4) heißt es dazu: Die Mindestgebühr richte sich nicht an dem absoluten Minimum einer Inanspruchnahme der Einrichtung, sondern an der durchschnittlichen Mindestinanspruchnahme aus. Sie finanziere demgemäß ca. 30 % der Gesamtkosten der Einrichtung. Letzteres macht nur das Fehlverständnis des Beklagten vom Wesen der Mindestgebühr deutlich. Die nach § 4 Abs. 2 AGS von allen Benutzern der Restabfallentsorgung zu erhebende „Sockelgebühr“ steht mit der durchschnittlichen Mindestinanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung durch Kleinsthaushalte in keinem sachlichen Zusammenhang.

47

Den jährlichen Gebührenbedarf für die Entsorgung des Restabfalls (ohne Bedarfs- und Mehrfachabfuhr) in Höhe von ca. 13,7 Mio Euro hat der Beklagte nach einem Durchschnitt für drei Jahre abzüglich einer Dividende in Höhe von 400.000,-- Euro errechnet. Der danach durch die „Jahresmindestgebühr“ zu deckende Kostenanteil beträgt 4.092.253,-- Euro. Dieser Betrag wird durch sogenannte Mindestgebühreneinheiten geteilt. Die Mindestgebühreneinheiten (65.386) errechnen sich aus einem Faktor (0,8 für 80-Liter-Gefäße bzw. 1,0 - 5,0 für die 120-Liter-Gefäße bis 1.100-Liter- Gefäße) multipliziert mit der Anzahl der Behälter. Ergebnis ist ein Betrag in Höhe von 62,59 Euro pro Mindestgebühreneinheit. Dieser Betrag wird in einem 2. Schritt wieder mit dem Faktor der jeweiligen Behältergröße multipliziert, sodass sich (in etwa) die in der Gebührensatzung festgelegten „Jahresmindestgebühren“ errechnen. Danach wird der durch die „Mindestgebühr“ zu deckende Gebührenbedarf von den Grundstückseigentümern, denen ein 80-Liter-Gefäß zur Verfügung gestellt wird, in Höhe eines Betrages von 2.720.975,04 Euro (54.376 Behälter x 50,04 Euro) gedeckt. Dies sind ca. 66,5 % des durch die Mindestgebühr zu deckenden Gebührenbedarfs, während die Behälterkapazität der 80-Liter-Gefäße nur bei 53,41 % der gesamten Behälterkapazitäten liegt.

48

Die Anwendung von Faktoren zur Ermittlung der Mindestgebühreneinheit und die damit verbundene degressive Steigerung der „Mindestgebühr“ begründet der Beklagte damit, dass der spezifische Aufwand, zum Beispiel die in etwa gleich hohen Anfahrkosten unabhängig von der Behältergröße, pro entsorgtem Liter abnehme. Die vorgenommene Behältergrößenfaktorisierung erfolge gemäß anerkannter Literatur- und Branchenwerte. Nach überschlägigen Überprüfungen lägen auch keine Erkenntnisse vor, die ein Abweichen von diesen Werten in Ostholstein begründen würden (S. 3 der Sitzungsvorlage zur Verbandsversammlung zum Tagesordnungspunkt Nr. 7 b). Erstinstanzlich hat der Beklagte ergänzend vorgetragen, ein 80-Liter-Gefäß sei nicht für 2/3 des Anschaffungsaufwandes eines 120-Liter-Gefäßes zu erwerben. Der zeitliche Aufwand für eine Leerung und die Anschaffung entspreche vielmehr dem typischen Verhältnis von 80 % im Vergleich zu einem 120-Liter-Gefäß. Für den Senat ist ohne Weiteres nachvollziehbar, dass aus den vorgenannten Gründen der Entsorgungsaufwand der ZVO Entsorgung GmbH pro Liter überlassenen Abfalls mit zunehmender Behältergröße abnimmt, dies hat jedoch keine entsprechende Auswirkung auf die Fremdleistungskosten, die der Beklagte pro Liter zu tragen hat und die anteilig durch die „Mindestgebühr“ gedeckt werden sollen, weil nach dem Entsorgungsvertrag pro Liter gleich hohe Beträge in Rechnung gestellt werden (im Kalkulationsjahr 2010 ca. 1,51 Euro pro Liter sowohl für das 80-Liter-Gefäß als auch für das 120-Liter-Gefäß). Entstehen beim Entsorgungsträger gleich hohe Kosten pro Liter des zur Verfügung gestellten Behälters, kann der unterschiedliche Entsorgungsaufwand des Fremdleisters pro Liter eine Gebührendifferenzierung aus Kostengründen nicht rechtfertigen. Die Anschaffungskosten für Behälter dürften kaum ins Gewicht fallen, sie sind zudem entsprechend ihrer Lebensdauer kalkulatorisch auf mehrere Jahre zu verteilen.

49

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts lässt sich die relative Mehrbelastung der Benutzer, denen ein 80-Liter-Gefäß zur Verfügung gestellt wird, auch nicht mit unterschiedlichen Vorteilen begründen. Richtig ist, dass die Gebühr ein Vorteilsentgelt ist. Die Bemessung der Gebühr hat sich aber gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 2 LAbfWG nach der überlassenen Abfallmenge beziehungsweise gemäß § 6 Abs. 4 Satz 2 KAG grundsätzlich nach dem Umfang und der Art der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung zu richten. Führt die Inanspruchnahme der Einrichtung über ein 80-Liter- Gefäß beim Entsorgungsträger nicht zu höheren Kosten pro Liter, besteht auch kein Grund für eine weitere Gebührendifferenzierung.

50

Die Mehrbelastung der Nutzer von 80-Liter-Gefäßen kann auch nicht mit dem Füllgrad gerechtfertigt werden. Vielmehr liegt der Füllgrad nach der vom Beklagten in Auftrag gegebenen Untersuchung bei den 120-Liter- und 240-Liter-Behältern über dem der 80-Liter-Gefäße (eine Ausnahme besteht bei Grundstücken, die von mehr als 3 Personen bewohnt werden und denen nur ein 80-Liter-Gefäß zur Verfügung gestellt wird). Etwas anders stellt sich die Sachlage beim Vergleich der Schütt- und Raumdichte dar. Jedenfalls dann, wenn auch eine Biotonne vorhanden ist, ist die Schütt- und Raumdichte bei den 120-Liter- und 240-Liter-Behältern regelmäßig geringer als bei den Haushalten, die über einen 80-Liter-Behälter verfügen. Die Füllgrade und die Schüttdichte beziehungsweise Raumdichte bei Verwendung von 770-Liter- und 1. 100-Liter- Behältern wurden von dem Beklagten nicht untersucht, sodass sich insoweit keine Aussage treffen lässt, ob insbesondere im Hinblick auf die Menge des überlassenen Abfalls pro Liter Gefäßinhalt wesentliche Abweichungen bestehen.

51

Die relative Mehrbelastung der Grundstückseigentümer, denen ein 80-Liter-Gefäß zur Verfügung gestellt wird, findet demnach weder aus Kostengründen noch wegen des Umfangs und der Art der überlassenen Abfallmenge eine Rechtfertigung. Entscheidend kommt hinzu, dass die Mindestgebühr für die 80-Liter-Gefäße unterschiedslos erhoben wird, unabhängig davon, welcher Abfuhrrhythmus gewählt wird und wie viele Personen auf dem Grundstück wohnen. Füllgrade, Schütt- und Raumdichte liegen bei vierwöchiger Leerung häufig sogar unter den Werten der zweiwöchigen Leerung. Schließlich steigt der Abfall mit der zunehmenden Zahl der auf dem Grundstück lebenden Personen. Insoweit ist allerdings keine lineare Steigerung festzustellen, gleichwohl wirkt sich die undifferenzierte „Mindestgebühr“ für Grundstücke mit 80- Liter-Gefäßen zum Nachteil der Ein- und Zwei-Personen-Haushalte aus (insbesondere bei Wahl des vierwöchentlichen Abfuhrrhythmus). Eine Ermäßigung der „Mindestgebühr“ für Grundstücke, auf denen nur eine Person wohnt, sieht die Satzung nicht vor. Gemäß § 4 Abs. 3 letzter Absatz wird nur die Leistungsgebühr bei vierwöchiger Leerung bei einem Ein-Personen-Haushalt um 20 % ermäßigt. Nach § 18 Abs. 6 Satz 1 der Abfallwirtschaftssatzung des Beklagten in der Fassung der 3. Nachtragssatzung können für maximal zwei benachbarte anschlusspflichtige Grundstücke auf schriftlichen Antrag ein oder mehrere gemeinsame Abfallbehälter (Nachbarschaftstonne) mit ausreichenden Kapazitäten gemäß Abs. 4 und 5 zugelassen werden. Diese Ausnahmeregelung auf Antrag und im Einvernehmen mit einem Nachbarn ändert aber nichts an der unverhältnismäßigen Mehrbelastung der übrigen mit 80-Liter-Gefäßen ausgestatteten Grundstücken, deren Eigentümer zu einer Einheitsgebühr für die Inanspruchnahme von 80-Liter-Gefäßen zur Finanzierung des 30%igen Gebührenbedarfs herangezogen werden.

52

Als Grund für die Einführung des neuen Gebührensystems ab 2011 wird in der Sitzungsvorlage für die Verbandsversammlung am 24. Juni 2010 die demographische Entwicklung angeführt. Die Anzahl kleiner Haushalte werde stark zunehmen, während die Anzahl der großen Haushalte abnehme. Bereits heute (Stand: 2010) seien 78,46 % aller Restabfallbehälter 80-Liter-Behälter. Auf die Gruppe der Ein- bis Zwei- Personen-Haushalte entfielen 44,5 %. Verändere der Kunde sein Leistungsintervall von zweiwöchiger auf vierwöchentliche Abfuhr oder reduziere sich die Zahl der auf dem Grundstück angeschlossenen Personen, führe dieser Umstand (nach dem alten Gebührensystem) zu einer Gebührenreduzierung bei dem Kunden, der ZVO zahle aber trotzdem weiterhin den gleichen Preis nach dem Entsorgungsvertrag an die ZVO Entsorgung GmbH, weil danach unabhängig vom Leerungsintervall und den angeschlossenen Personen ein Entgelt lediglich abhängig vom bereitgestellten Volumen (80- oder 120-Liter) zu zahlen sei. Dies macht deutlich, dass der wesentliche Grund für die befürchtete zukünftige Unterdeckung der Fremdleistungskosten nicht das Gebührensystem als solches ist, sondern die Entgeltregelung des Entsorgungsvertrages. Der Entsorgungsvertrag ist allein maßgeblich für die Bemessung der (erforderlichen) Fremdleistungen und vermag die Einführung einer „Sockelgebühr“ nicht zu begründen. Die Bemessung der Gebühr hat sich nach dem Gesetz zu richten. § 5 Abs. 2 Nr. 2 LAbfWG schreibt in Verbindung mit dem KAG - wie ausgeführt - die Erhebung gestaffelter Gebühren entsprechend den Abfallmengen beziehungsweise nach Umfang und Art der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung vor. Dem entsprach das alte Gebührensystem, nachdem die Gebühr nach der Größe des Behälters mit Abschlägen für Ein- bis Drei-Personen-Haushalte bei Verwendung eines 80- Liter-Gefäßes zu bemessen war. Der Umstand, dass nach der vom Beklagten in Auftrag gegebenen Untersuchung die Abschläge nicht den überlassenen Abfallmengen entsprochen haben dürften, rechtfertigt nicht die (teilweise) Abkehr von einem nach Abfallmengen gestaffelten Gebührenmaßstab und die Einführung von (Teil-)Einheitsgebühren, je nach Behältergröße.“

53

Diese Überlegungen gelten hier entsprechend.

54

Der einzige Unterschied zwischen den Regelungen der im Verfahren 4 LB 45/14 maßgeblichen und der im vorliegenden Normenkontrollverfahren angegriffenen Gebührensatzung sind terminologischer Art: Statt „Mindestgebühr“ verwendet die vorliegend zu beurteilende Satzung den Begriff „Behältergebühr“ und statt des Begriffes „Jahresmindestgebühren“ den Begriff „Jahresbehältergebühren“. Im Übrigen sind die Regelungen im jeweiligen §4 Abs. 2 der Satzungen „baugleich“. Die terminologische Vermeidung der Begriffe „Mindestgebühr“ und „Jahresmindestgebühren“ vermag nichts daran zu ändern, dass eine (Teil-)Einheitsgebühr zur Finanzierung des 30prozentigen Gebührenbedarfs erhoben wird, ohne Berücksichtigung der Zahl der auf dem Grundstück lebenden Personen und des Abfuhrrhythmus. Unbeschadet der verwendeten Begrifflichkeit liegt keine an der „durchschnittlichen“ Mindestinanspruchnahme der Abfallbeseitigung orientierte Gebühr vor, sondern die Einführung einer (Teil)Einheitsgebühr unter Abkehr von einem nach Abfallmengen gestaffelten Gebührenmaßstab.

55

Die Unzulässigkeit der Erhebung der „Einheitsgebühr“ in § 4 Abs. 2 der Gebührensatzung wirkt sich auf die Rechtmäßigkeit der Jahresbehältergebühr in § 4 Abs. 3 Buchstabe a und b aus. Zwar könnte dem entgegengehalten werden, die Zusatzgebühr, mit der nur 70 % der Gesamtkosten abgedeckt werden sollen, sei nicht überhöht, sodass der Gebührenschuldner durch die Erhebung nur der Zusatzgebühr nicht in einen Rechten verletzt werde. Auch lässt sich im vorliegenden Fall die Rechtswidrigkeit der Zusatzgebühr nicht damit begründen, dass es dem Satzungsgeber überlassen bleiben müsse, ob er künftig eine einheitliche Benutzungsgebühr erhebt oder welchen Deckungsgrad er gegebenenfalls für die „Sockelgebühr“ vorsehen will (siehe hierzu OVG Schleswig, Urt. v. 24.11.1999 - 2 K 19/97 -, Die Gemeinde 2000, 46 zum Verhältnis von Grund- und Zusatzgebühr), weil die Erhebung der Sockelgebühr unzulässig ist. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass der Entsorgungsträger die Gesamtkosten kumulativ durch den Sockelbetrag und Leistungsgebühren decken wollte. Nach dem entsprechend anzuwendenden § 139 BGB ist die Gesamtnichtigkeit des Maßstabes anzunehmen, weil ohne die „Sockelgebühr“ die Zusatzgebühr ihren Sinn verliert.

56

Anders verhält es sich mit der Jahresgebühr für die 14tägige Abfuhr der Biotonne, §4 Abs. 3 Buchstabe c GS. Diese Gebühr wird als selbstständige Gebühr erhoben. Die Unwirksamkeit der Behältergebühr und der Jahresleistungsgebühr führt deshalb für sich genommen nicht zur Unwirksamkeit auch der Gebühr für die Abfuhr der Biotonne. Die Satzungsbestimmung in § 4 Abs. 3 Buchstabe c ist gleichwohl unwirksam, weil die der Gebühr in § 4 Abs. 2 und Abs. 3 Buchstabe a, b und c zugrundeliegende Gebührenkalkulation fehlerhaft ist. Der Senat hat im bereits angesprochenen Verfahren 4 LB 45/14 zu dieser Problematik folgendes ausgeführt:

57

„Die Gebührensätze des § 4 Abs. 2 und 3 AGS sind überhöht. Sie beruhen auf einer fehlerhaften Kalkulation.

58

Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG sollen Benutzungsgebühren so bemessen werden, dass sie die erforderlichen Kosten der öffentlichen Einrichtung decken (Kostendeckungsprinzip). Das Kostendeckungsprinzip beinhaltet einerseits das Kostendeckungsgebot und andererseits das Kostenüberschreitungsverbot. Ein Verstoß gegen das Kostenüberschreitungsverbot führt nach ständiger Rechtsprechung zur Nichtigkeit des Gebührensatzes (siehe nur OVG Schleswig, Urt. v. 24.06.1998 - 2 L 113/97 -, NordÖR 1998, 135).

59

Gemäß § 6 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 KAG gehören zu den erforderlichen Kosten auch Entgelte für die zur Erfüllung der öffentlichen Aufgabe in Anspruch genommenen Leistungen Dritter, soweit die Beauftragung Dritter unter Beachtung der Vorschriften des Vergaberechts erfolgt ist. Die ZVO Entsorgung GmbH ist Dritter in diesem Sinne.

60

Zu der in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG enthaltenen Befugnis der eigenverantwortlichen Führung kommunaler Geschäfte gehört auch die Organisationshoheit. Diese umfasst die Befugnis, die Art und Weise der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben zu organisieren. Dabei verpflichtet der Grundsatz der Eigenverantwortlichkeit die Kommune, ihre Aufgaben grundsätzlich durch eigene Verwaltungseinrichtungen also mit eigenem Personal, eigenen Sachmitteln und eigener Organisation wahrzunehmen (BVerfG, Urt. v. 20.02.2007 - 2 BvR 2433/04 u.a. -, BVerfGE 119, 331, 367; BVerwG, Urt. v. 23.08.2011 - 9 C 2.11 -, BVerwGE 140, 245, 249; OVG Weimar, Beschl. v. 23.02.2012 - 4 ZKO 711/11 -, ThürVBl. 2012, 279; VGH Mannheim, Urt. v. 16.02.2009 - 1 S 3263/08 -, ESVGH 60, 160). Hinsichtlich der Reichweite und Modalitäten der Einschaltung privater Dritter Näheres zu bestimmen, unterliegt (regelmäßig) der Regelung durch den Landesgesetzgeber. Das lässt indes die Aufgabenträgerschaft der Kommune als solche grundsätzlich unberührt. Die in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG verbürgte Organisationshoheit erlaubt der Kommune jedenfalls nicht, sich einer ihr gesetzlich zugewiesenen öffentlichen Aufgabe ohne gleichermaßen gesetzliche Ermächtigung mit „schuldbefreiender“ - besser pflichtenbefreiender - Wirkung zu entledigen (BVerwG, Beschl. v. 28.02.2013 - 8 B 60.12 -, Juris). Entsprechendes gilt für den Beklagten, dem der Kreis Ostholstein die Aufgabe der Abfallbeseitigung übertragen hat.

61

Nach § 22 KrWG (früher § 16 KrW/AbfG) darf der Entsorgungsträger Dritte mit der Erfüllung seiner Pflichten beauftragen. Weder das Bundes- noch das Landesrecht enthalten oder enthielten Einschränkungen hinsichtlich des Umfangs der Beauftragung.

62

Deshalb hat das Oberverwaltungsgericht Schleswig (Urt. v. 24.06.1998, a.a.O.) auch die umfängliche Übertragung der Aufgabenerfüllung der Abfallentsorgung auf einen privaten Dritten als zulässig erachtet. Es hat aber im Hinblick auf die Erforderlichkeit der Kosten bei umfänglicher Beauftragung Dritter gefordert, dass die entsorgungspflichtige Körperschaft, bevor sie Dritte mit der Erfüllung der Aufgabe der Abfallbeseitigung beauftragt, grundsätzlich prüft, ob sie ihre Aufgabe nicht in eigener Regie kostengünstiger erfüllen könnte (sog. Regiekostenvergleich) und entschieden, dass eine Auftragsvergabe unter Verstoß gegen das Ausschreibungsgebot des §29 GemHVO a.F. dann das Kostenüberschreitungsverbot verletzt, wenn dadurch Mehrkosten (z.B. schon wegen des vom Dritten einkalkulierten Gewinns oder anfallender Steuern, die bei Wahrnehmung der Aufgabe in Eigenregie nicht anfallen) entstehen. Der Entsorgungsträger könne (im Hinblick auf die Erforderlichkeit der Entsorgungskosten) nur so gestellt werden, als erfülle er die Aufgabe ohne die (umfängliche) Inanspruchnahme eines Dritten.

63

Der Gesetzgeber hat in Reaktion auf diese Entscheidung den § 6 KAG geändert und eine der heutigen Vorschrift des § 6 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 KAG entsprechende Regelung (§ 6 Abs. 2 Satz 4 KAG a.F.) in das Gesetz eingefügt (GVOBl. 1998, 345). Die Rechtsprechung zum sogenannten Regiekostenvergleich hat sich durch diese Gesetzesänderung erledigt (OVG Schleswig, Urt. v. 16.02.2005 - 2 LB 109/03 -, Juris). Der Gesetzgeber hat billigend in Kauf genommen, dass insbesondere bei umfänglicher Vergabe der Entsorgungsleistungen an private Dritte schon deshalb, weil diese im Gegensatz zur öffentlichen Hand nicht steuerbegünstigt sind, die Gebührenbelastung der Gebührenschuldner erheblich steigen kann, weil nunmehr Entgelte für in Anspruch genommene Leistungen Dritter - wenn die Vorschriften des Vergaberechts beachtet werden - kraft gesetzlicher Regelung erforderliche Kosten im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG sind. Auf die von den Klägern angesprochenen Mehrkosten der sogenannten „Privatisierung“ der Abfallentsorgung wegen anfallender Mehrwertsteuer und Mehrwertsteuererhöhungen kommt es daher nicht entscheidungserheblich an.

64

Die Regelung des § 6 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 KAG kann nicht dahingehend verstanden werden, dass - im Umkehrschluss - bei Missachtung von Vergabevorschriften die infolge der Vergabe an private Dritte entstandenen Fremdleistungskosten keine erforderlichen Kosten sind. Der früher für das Gebührenrecht zuständige 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts Schleswig hat hierzu bereits ausgeführt, dass eine derartige Rechtsfolge nicht mit dem Selbstfinanzierungsprinzip vollkostenrechnender Einrichtungen und dem Entgeltcharakter der Benutzungsgebühren als adäquater Gegenleistung für in Anspruch genommene Leistungen einer öffentlichen Einrichtung vereinbar wären (Urt. v. 13.02.2008 - 2 KN 3/06 -, NordÖR 2008, 236). Daran hält der erkennende Senat mit der klarstellenden Ergänzung fest, dass sowohl die Fremdleistungen als auch die Fremdleistungskosten zur Erfüllung der Aufgabe erforderlich sein müssen. Die Missachtung von Vergabevorschriften ist nur dann unbeachtlich, wenn auszuschließen ist, dass auch bei Einhaltung der Vorschriften Leistungen nicht kostengünstiger hätten erbracht werden können. Dies ist vorliegend nicht der Fall.

65

Die Kläger machen geltend, die Vergabekammer habe in ihrem Beschluss vom 17. August 2004 (VK-SH 20/04) eine Reihe gravierender Verstöße gegen Vorschriften des Vergaberechts festgestellt, die nicht durch die Vergabekammer geheilt worden seien. Dies trifft zu, denn die Vergabekammer hat ungeachtet der auch nach ihrer Auffassung dem Grunde nach gebotenen Rückversetzung des Verfahrens (s. S. 31 des Umdrucks des Beschlusses) von einer Rückversetzung abgesehen, weil nach Einlassung des Beklagten die nach der Zulassung zum Verhandlungsverfahren freiwillig ausgeschiedenen fünf Bewerber aufgrund anderer als kalkulatorischer Erwägungen auf eine weitere Teilnahme am Verhandlungsverfahren verzichtet hätten und Gegenteiliges aus den Vergabeakten nicht zu entnehmen sei. Eingedenk dessen wäre es unter Berücksichtigung des berechtigten Interesses der Beteiligten an einem zügigen Fortgang des Verfahrens wohl unverhältnismäßig, alle für das Verhandlungsverfahren qualifizierten Bieter am weiteren Verfahren zu beteiligen. Die Einzelheiten der Gründe des Ausscheidens der fünf Bieter hatte der Beklagte wegen des noch laufenden Verhandlungsverfahrens nicht offenbart. Das Vergabeverfahren ist dann unter Beteiligung der Antragstellerin des Nachprüfungsverfahrens entsprechend der Entscheidung der Kammer fortgesetzt worden, weil der Beklagte jedenfalls den Ausschluss der Antragstellerin vom weiteren Verfahren - falls ein solcher überhaupt vorgelegen habe - aufgehoben hat. Der Umstand, dass ein weiteres Nachprüfungsverfahren nicht stattgefunden hat, macht die objektiv gegebenen Verfahrensverstöße nicht ungeschehen. Die Vergabekammer hat vielmehr allein im Hinblick auf die Antragstellerin des Nachprüfungsverfahrens keinen Verfahrensverstoß mehr gesehen, weil das Verfahren unter ihrer Beteiligung weiterzuführen war.

66

Gleichwohl sind die von der Vergabekammer festgestellten Verfahrensverstöße nur von sekundärer Bedeutung (siehe dazu unten), weil Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens die Ausschreibung des Erwerbs von Geschäftsanteilen an einer noch zu gründenden ZVO Abfallwirtschafts-GmbH (ZAG) war und nicht die Vergabe eines öffentlichen Auftrags, für den Beklagten die Abfallentsorgung durchzuführen.

67

Die Vergabe des Dienstleistungsauftrags nicht an die Bieter des durchgeführten Vergabeverfahrens, sondern an die zu gründende oder in Gründung befindliche Eigengesellschaft des Beklagten (ZAG) stand von vornherein fest. Zwar heißt es in der Vergabebekanntmachung vom 20. Februar 2004 unter Bezeichnung des Auftrags durch den Auftraggeber (Abschnitt II, 1.5): „Erwerb von 49,9 % der Geschäftsanteile an einer Eigengesellschaft des Auftragsgebers in Verbindung mit Abfallentsorgungsdienstleistungen“, unter 1.6 wird aber der Gegenstand des Auftrags näher beschrieben. Danach sollte mit der Anteilsveräußerung die Eigengesellschaft mit bestimmten Entsorgungsleistungen beauftragt werden. Die Anteilsveräußerung und die Auftragsvergabe sind insoweit verschiedene Vorgänge. Die Gesellschaftsanteile sollte einer der Bieter erwerben, während der Entsorgungsvertrag mit der ZAG ohne Beteiligung anderer Unternehmen an einem Vergabeverfahren geschlossen werden sollte. So ist auch verfahren worden. Der Beklagte hat durch Vertrag vom 15. Oktober 2004 seine Eigengesellschaft (ZAG) mit der Abfallentsorgung beauftragt. Der Vertrag trat gemäß § 15 am 1. Januar 2005 in Kraft. Daneben ist wie in der Präambel des Entsorgungsvertrages vorgesehen, in einem 2. Schritt die NAD-GmbH & Co. KG durch Veräußerung von Geschäftsanteilen auf der Grundlage des im Nachprüfungsverfahren streitgegenständlichen Vergabeverfahrens mit 49,9% ab dem 1. Januar 2005 an der ZAG beteiligt worden.

68

Die Vergabe des Dienstleistungsauftrags an die seinerzeitige 100%ige Tochter des Beklagten ist eine sogenannte de-facto-Vergabe. Nach der Richtlinie 92/50/EWG ist eine europaweite Ausschreibung eines öffentlichen Dienstleistungsvertrages grundsätzlich immer erforderlich, wenn der Schwellenwert - wie hier - überschritten ist. Demgegenüber kann der Beklagte nicht mit Erfolg geltend machen, dass der Abschluss eines Entsorgungsvertrages mit der ZAG zu einem Zeitpunkt erfolgt ist, als deren Geschäftsanteile noch vollständig vom Beklagten gehalten wurden, die Vergabe mithin ein zulässiges „In-house-Geschäft“ gewesen sei. Zwar ist die Pflicht des öffentlichen Auftraggebers, eine Ausschreibung vorzunehmen, aus Gründen der Rechtssicherheit normalerweise anhand der Bedingungen zu prüfen, die zum Zeitpunkt der Vergabe des fraglichen öffentlichen Auftrags vorlagen. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn der Auftrag - wie hier - über eine mehrere gesonderte Schritte umfassende künstliche Konstruktion, nämlich die Gründung zunächst einer Eigengesellschaft, den Abschluss des Entsorgungsvertrages mit ihr und die Veräußerung von 49,9 % ihrer Anteile an die NAD GmbH, letztlich an ein gemischtwirtschaftliches Unternehmen vergeben wurde; denn mit dem operativen Geschäft sollte erst am 1. Januar begonnen werden, d.h. zu dem Zeitpunkt, zu dem die NAD GmbH in die ZAG eingetreten ist. Die Vergabe eines solchen Auftrags ist dann unter Berücksichtigung der Gesamtheit dieser Schritte sowie ihrer Zielsetzung zu prüfen (EuGH, Urt. v. 10.11.2005 - RS C-29/04 -, Juris).

69

Die Ausschreibung der Veräußerung der Geschäftsanteile vermag die Ausschreibung des Dienstleistungsauftrags nicht zu ersetzen, auch wenn bei der Vergabe maßgeblich auf ein sogenanntes verbindliches Angebot zum Abschluss eines Entsorgungsvertrages auf der Basis eines nicht disponiblen Vertragsentwurfs abgestellt worden sein sollte. Abgesehen davon, dass die Bieter nicht Vertragspartei des Entsorgungsvertrages werden sollten, sondern nach Abschluss des Entsorgungsvertrages mit der ZAG zu einem späteren Zeitpunkt nur Minderheitsgesellschafter werden konnten, ist die Veräußerung von Geschäftsanteilen eines öffentlichen Auftragsgebers an privatrechtlich organisierte Gesellschaften (materielle Privatisierung) grundsätzlich vergaberechtsneutral. Etwas anderes kann nur in Ausnahmefällen - wie etwa bei Manipulation zur Umgehung vergaberechtlicher Gemeinschaftsvorschriften gelten (OLG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 29.04.2010 - 1 Verg 3/10 -, VergabeR 2010, 979 unter Bezugnahme auf EuGH, Urt. v. 19.06.2008, C-454/06, NJW2008, 3341 ff.). Demnach kann die Veräußerung von Geschäftsanteilen, wenn es sich um eine tatsächliche Änderung des Vertragspartners handelt, eine neue Auftragsvergabe bedeuten, mit der Folge, dass eine erneute Ausschreibung des Dienstleistungsvertrages erforderlich wird (siehe hierzu auch OLG Düsseldorf, Beschl. vom 28.07.2011- VII-Verg 20/11 -, KommJur 2012, 143).

70

Die Ausschreibung von Geschäftsanteilen statt der Ausschreibung des öffentlichen Dienstleistungsauftrags stellt sich demzufolge als eine versuchte Umgehung der Regelungen der Richtlinie 92/50/EWG dar.

71

Unabhängig von den vorstehenden Ausführungen hat der erkennende Senat nach Landesrecht zu prüfen, ob die Ausschreibung und Veräußerung von Geschäftsanteilen in Verbindung mit dem Abschluss eines Entsorgungsvertrages, dessen Kriterien für die Vergabe ausschlaggebend sind, der Regelung des § 6 Abs. 2 Nr. 2 S. 3 KAG unterfällt. Dies ist zu verneinen.

72

Schon der Wortlaut der Regelung stellt darauf ab, dass die Beauftragung des Dritten (hier der ZAG) mit Leistungen zur Erbringung öffentlicher Aufgaben unter Beachtung des Vergaberechts erfolgt sein muss. Dass der Landesgesetzgeber nur die Ausschreibung und Vergabe von Aufträgen im Blick hatte, macht auch die Historie der Einführung der Regelung deutlich. Daraus folgt aber nicht ohne Weiteres, dass die der ZVO für Fremdleistungen der ZVO Entsorgung GmbH in Rechnung gestellten Entgelte nicht erforderlich sind. Wie ausgeführt, können Entgelte für Leistungen Dritter selbst dann erforderlich sein, wenn keine Ausschreibung stattgefunden hat.

73

Die Ausschreibung von Geschäftsanteilen bietet keine Gewähr dafür, dass Fremdleistungskosten erforderlich sind, selbst wenn bei der Vergabe maßgeblich auf ein sogenanntes „verbindliches“ Angebot zum Abschluss eines Entsorgungsvertrages abgestellt wird.

74

Schon die Bekanntgabe der Ausschreibung von Geschäftsanteilen in Verbindung mit Abfallentsorgungsdienstleistungen schließt potentielle Bieter aus, die nur an der Erbringung der Dienstleistung als solcher, nicht aber am Erwerb von Geschäftsanteilen interessiert sind. Der Beklagte hat zutreffend dargestellt, dass eine Wechselwirkung zwischen der Bereitschaft des Dritten, einen hohen Kaufpreis für vom öffentlichen Auftraggeber zu übernehmende Anlagegüter zu zahlen und dem Entsorgungsentgelt besteht. Entsprechendes gilt für die Bereitschaft, auf Geschäftsanteile zu bieten, wenn der Gewinn nach dem Entsorgungsvertrag entsprechend hoch ist. Jedenfalls ist das für den Geschäftsanteil zu leistende Entgelt eine zusätzliche finanzielle Belastung neben den Selbstkosten der Leistungserbringung. Hinzu kommt, dass der erwirtschaftete Gewinn der Gesellschaft bei einer 50%igen Beteiligung mit dem ZVO zu teilen ist. Desweiteren wechselte bisheriges Personal des ZVO zur ZAG. Im Rahmen der Wahrung der Arbeitnehmerinteressen sollte der zukünftige strategische Partner unter anderem dazu beitragen, dass die zusätzliche Altersvorsorge der derzeit beschäftigten Mitglieder mindestens gleichwertig und ohne Belastung des Beklagten gewährleistet ist (Bekanntmachung vom 28.02.2004 Abs. 4 des Abschnittes VI). Das sogenannte „erste Angebot“ sollte unter anderem eine verbindliche Erklärung beinhalten, dass die Regelung von Mindestbedingungen des Schutzes der Arbeitnehmer des Beklagten anlässlich der Umstrukturierung von Betriebsteilen der AG (sog. „Mindestkatalog") als verbindlich anerkannt wird. Schließlich hat sich einer der fünf Bieter, die nach Zulassung zum Verhandlungsverfahren vor Erhöhung des ursprünglichen, angeblich verbindlichen Höchstpreises um ca. 1,35 Millionen Euro, das heißt um mehr als 10%, ausgeschieden sind, deshalb nicht mehr am weiteren Vergabeverfahren beteiligt, weil durch die im Grundsatz bindend vorgegebene Transaktionsstruktur mit dem im Wesentlichen verbindlichen Vertragswerk und den vorgeschriebenen institutionellen Bindungen keine Wirtschaftlichkeit zu erwarten sei. Insbesondere die beim ZVO künftig verbleibenden enormen Personalanteile und Servicefunktionen, die zudem durch den noch zu schließenden Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen ZVO und ZAG mitfinanziert werden müssten, seien ein entscheidendes Argument. Die Annahme der Vergabekammer, dass die freiwillig ausgeschiedenen Bieter aus anderen als kalkulatorischen Gründen nicht weiter am Vergabeverfahren teilgenommen haben, trifft daher jedenfalls im Hinblick auf einen der ausgeschiedenen Bieter nicht zu. Welche Gründe die übrigen Bieter bewogen haben, am Verhandlungsverfahren nicht mehr teilzunehmen, kann dem im vorliegenden Verfahren vorgelegten Schriftverkehr nicht entnommen werden. Es bleibt aber die Frage, ob jedenfalls ein Bieter, wenn ihm nach Erhöhung des angeblich verbindlichen Höchstpreises die Abgabe eines ersten Angebotes (wieder) ermöglicht worden wäre, sich nicht doch am weiteren Verfahren beteiligt hätte.

75

Der Beklagte hat seine während des Vergabeverfahrens getroffene Entscheidung, den „verbindlichen“ Höchstpreis zu erhöhen, damit begründet, dass sich eine Planungsannahme als unzutreffend erwiesen habe und die ursprünglich vereinbarten Höchstpreise nicht auskömmlich gewesen seien. Daher stellt sich die Wirtschaftlichkeit der Beteiligung an der Entsorgungsgesellschaft nach der Korrektur des Höchstpreises entscheidend anders dar.

76

Nach alledem steht für den Senat außer Zweifel, dass der letztlich im Entsorgungsvertrag vereinbarte Preis (99 % des korrigierten Höchstpreises) überhöht ist. Jedenfalls hätte ein Dienstanbieter, der nur mit Entsorgungsleistungen beauftragt wird, ein deutlich günstigeres Angebot abgeben können.

77

Die Richtigkeit der Annahme, dass die Fremdleistungen nicht im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG erforderlich sind, wird bestätigt durch einen Vergleich der Entsorgungskosten im Entsorgungsbereich des ZVO mit denen in anderen Kreisen und die Höhe der von diesen Kreisen beziehungsweise Abfallwirtschaftsgesellschaften verlangten Entgelte. Entsorgungsleistungen sind im Wesentlichen marktgängige Leistungen, so- dass grundsätzlich eine Vergleichbarkeit besteht.

78

In seiner Entscheidung vom 13. Februar 2008 (a.a.O.) hat der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts Schleswig die Erforderlichkeit der Fremdleistungskosten mit Preisvergleichen begründet. Angesprochen wurden auch die Entsorgungskosten im Gebiet des Beklagten, die mit 192,00 Euro pro Mg um 90 % über den der seinerzeitigen Antragsgegnerin lagen. Richtig ist, dass maßgeblich für die Erforderlichkeit der Kosten die tatsächlichen Verhältnisse im Entsorgungsgebiet sind. Einem Preisvergleich kommt daher nur indizielle Bedeutung zu. Anhaltspunkte dafür, dass der Entsorgungspreis pro Mg aufgrund besonderer Verhältnisse im Kreis Ostholstein im vorgenannten Ausmaß gerechtfertigt ist, hat der Senat nicht. Vielmehr rechtfertigt der Beklagte in seinem „Faktenheft Abfallgebühren“, das in der mündlichen Verhandlung eingeführt wurde, auf Seite 6 die Ostholsteinische Abfallgebühr, die der Höhe nach im Landesvergleich relativ weit oben rangiere, vor allem unter anderem mit der Bewahrung der Unabhängigkeit von großen Müllkonzernen. Dies macht deutlich, dass auch er davon ausgeht, dass bei Beauftragung anderer Dienstleister die Entsorgungskosten geringer wären. Die Ausschreibung dient dem Wettbewerb und soll gebührenrechtlich gewährleisten, dass keine vermeidbaren Mehrkosten entstehen. Das Bestreben des Beklagten, den Dienstleistungsauftrag - ungeachtet möglicherweise entstehender Mehrkosten - nur an einen Anbieter zu vergeben, der mehrheitlich von ihm beherrscht wird, steht dazu im Widerspruch. Auch die übrigen, zur Rechtfertigung der Gebührenhöhe angegebenen Gründe, wie Betrieb eines Müllheizkraftwerkes, Angebot eines alle Abfallarten umfassenden Sammelsystems, Gewährleistung qualifizierter und auskömmlicher Arbeit (Zahlung von Tariflöhnen) sowie Einhaltung hoher technischer und ökologischer Standards, betreffen ebenfalls keine besonderen Verhältnisse im Kreis Ostholstein. Angemerkt sei insoweit nur, dass das Müllheizkraftwerk als Anlagegut dem Dritten (der ZAG) übertragen wurde und damit kein eigenes des ZVO (mehr) ist. Sollte es unrentabel sein, wie es in der mündlichen Verhandlung angeklungen ist, ist der Weiterbetrieb im Kosteninteresse einzustellen. Auch andere Anbieter müssen gemäß § 22 Satz 3 KrWG über die erforderliche Zuverlässigkeit verfügen. Auch bei ihrer Beauftragung hätte das TarifTreueG SH Anwendung finden müssen.

79

Der Höchstpreis, der nach wie vor - abzüglich eines Prozentsatzes von einem Prozent - Grundlage der Berechnung der Fremdleistungen der ZVO Entsorgung GmbH ist, wurde im Jahre 2004 kalkuliert. Die Umfrage des Schleswig-Holsteinischen Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume, auf die der 2. Senat seine Entscheidung gestützt hat, datiert von Dezember 2005. Auch gegenwärtig liegen die Entsorgungspreise in anderen Kreisen deutlich niedriger. Nach dem abfallwirtschaftlichen Preis-/Leistungsvergleich Schleswig-Holstein/Hamburg für das Gebühren-/Entgeltjahr 2014 (Informationsmaterial des Kreises Rendsburg-Eckernförde), der ebenfalls in der mündlichen Verhandlung erörtert wurde, rangiert der Kreis Ostholstein an letzter Stelle. Inwieweit es sich insoweit nur um einen „Daumenvergleich“ handelt, mag dahinstehen. Der Senat hat selbst Vergleiche vorgenommen. Die für den Kreis Rendsburg-Eckernförde tätige Abfallwirtschaftgesellschaft (AWR) hat zum Beispiel im Streitjahr 2011 für die Entsorgung des Restabfalls über ein 80-Liter-Gefäß, bei 14tägiger Leerung, einen Betrag von jährlich 110,40 Euro in Rechnung gestellt. Die von den Klägern verlangte Gebühr beträgt demgegenüber 149,88 Euro. Ab 2015 hat die AWR die Entsorgungskosten für Bioabfall bis zu 120 Liter in das sogenannte „Grundentgelt Haushalte“ eingepreist und dieses Grundentgelt gegenüber 2011 um 30,-- Euro erhöht, während von den Klägern für 2011 für die Entsorgung von Bioabfall über ein 80-Liter- Gefäß ein Betrag von 63,96 Euro gefordert wird. Auch die übrigen Entsorgungspreise für 120-Liter bis 1.100-Liter-Behälter lagen bei dem Beklagten im Jahre 2011 um 90 % über denen der AWR im Jahr 2015 (einschließlich Bioabfall). Im Kreis Plön sind die Gebühren ebenfalls erheblich niedriger. Für die 14-tägliche Leerung der Restmülltonne (80 l) werden 99,60 Euro erhoben. Auch die Gebühren für die Leerung der Biotonne (120 l; 14-tägliche Leerung) sind - wenn auch geringfügig - niedriger; sie betragen 55,20 Euro im Jahr. Ebenso verhält es sich im Kreis Schleswig-Flensburg (54,-- Euro).

80

Dies lässt den Rückschluss zu, dass auch in dem Kalkulationszeitraum 2011 bis 2013 die kalkulierten Entsorgungskosten des ZVO allein im Hinblick auf Fremdleistungen der ZVO Entsorgung GmbH deutlich über den Entsorgungskosten anderer Kreise lagen. Dafür spricht auch, dass nach den Angaben des Beklagten (Sitzungsvorlage zum Tagesordnungspunkt 7) 2004 das jährliche Abfallaufkommen für den Restabfall bei ca. 42.400 Mg lag. Die Restabfallmenge dürfte sich in den Folgejahren - wenn überhaupt - nicht wesentlich erhöht haben. In der Kalkulation für das Jahr 2011 werden die Fremdleistungskosten allein aus dem Entsorgungsvertrag mit der ZVO Entsorgung GmbH mit 12.984.510,-- Euro angegeben. Daraus errechnet sich ein Preis von über 305,-- Euro pro Mg, der noch einmal um mehr als 110,-- Euro über dem der Preisumfrage vom Dezember 2005 liegt.“

81

Diese Ausführungen gelten entsprechend auch für den hier jeweils zu beurteilenden Gebührensatz, welcher identisch ist. In der Sitzungsvorlage des Antragsgegners für die Sitzung der Verbandsversammlung am 12. November 2013 heißt es zur Gebührenkalkulation 2014 - 2016 insoweit zur Begründung: „Mit Wirkung ab 1. Januar 2011 wurde für den Kreis Ostholstein eine neue Gebührenstruktur umgesetzt. Die Kalkulationsperiode 2011 bis 2013 wurde im Sinne der Gebührenstabilität für drei Jahre festgelegt. Die Ergebnisse für die nahezu beendete Kalkulationsperiode werden inklusive einer Prognose für den Abschluss des Jahres 2013 in der neuen Kalkulationsperiode berücksichtigt. Die neue Kalkulationsperiode soll wieder für drei Jahre, also für 2014 - 2016 festgelegt werden, um die Gebühren für einen möglichst langen Zeitraum planbar und stabil zu halten. Weiter sollen, soweit möglich, keine neuen Gebührensätze ermittelt werden, sondern die bisher ermittelten Gebührensätze weiter fortgeführt werden. Um dieses Ziel zu erreichen, sollen Beträge, die zur Kostendeckung erforderlich sind, nicht durch Gebühreneinnahmen, sondern über die Beteiligungserlöse der ZVO Entsorgung GmbH sowie aus einer Entnahme aus der allgemeinen Rücklage finanziert werden.

82

Die Überlegungen des Senats dazu, dass die Gebührensätze überhöht sind, greifen ebenso im vorliegenden Falle. Von einer Erforderlichkeit der Fremdleistungskosten kann nicht ausgegangen werden. Die in die Kalkulation 2014- 2016 eingestellten Fremdleistungskosten haben sich gegenüber der vorangegangenen Kalkulationsperiode noch erhöht, so dass - bei unterstellter im wesentlich gleichgebliebener Abfallmenge - sich ein Preis von 320 Euro pro Mg ergibt, welcher noch einmal um mehr als 125 Euro über der Preisumfrage vom Dezember 2005 liegt.

83

Bezüglich der übrigen Satzungsbestimmungen gilt folgendes:

84

Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG muss die Gebührensatzung unter anderem den Zeitpunkt der Entstehung der Gebühr und ihrer Fälligkeit angeben. Die Entstehung der Gebührenschuld ist vorliegend in § 2 Abs. 1 GS geregelt, wonach die Gebührenpflicht für zu entleerende Abfallbehälter grundsätzlich mit der Überlassung der zugelassenen Abfallbehälter entsteht, soweit nicht nachfolgend andere oder ergänzende Regelungen getroffen sind. Eine ausdrückliche Fälligkeitsregelung enthält § 2 der Satzung nicht. Aus der Festsetzung als Jahresgebühr folgt jedoch - dem Wesen der Jahresgebühr entsprechend - zugleich deren Fälligkeit zum 31. Dezember eines Jahres.

85

Im Widerspruch hierzu bestimmt die Satzung in §11 Abs. 1, dass die Jahresgebühr grundsätzlich in halbjährigen Teilbeträgen am 15. März und 15. September eines jeden Jahres fällig wird. Insoweit ist die Regelung für unwirksam zu erklären, weil sie auf die Festsetzung einer vor Ablauf des Jahres fälligen - mithin antizipierten - Jahresgebühr hinausläuft, was dem Schleswig-Holsteinischen Kommunalabgabenrecht fremd ist. Dieses kennt bei Gebühren die Möglichkeit, vom Beginn des Erhebungszeitraumes an angemessene Vorauszahlungen bis zur Höhe der voraussichtlichen entstehenden Gebühr zu fordern (§6 Abs. 4 Satz 4 KAG), nicht jedoch eine Teilzahlung der Jahresleistungsgebühr vor ihrer Entstehung. Hierauf läuft aber die Fälligkeitsbestimmung des § 11 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz hinaus.

86

Die Unwirksamkeit des 2. Halbsatzes von § 11 Abs. 1 („und ist grundsätzlich in halbjährigen Teilbeträgen am 15.03. und 15.09. eines jeden Jahres, spätestens vier Wochen nach Bekanntgabe des Bescheides fällig“) führt für sich genommen nicht zur Unwirksamkeit der Gebührensatzung insgesamt. Die Satzung ist insoweit teilbar. Eine Teilbarkeit ist unter Heranziehung des Rechtsgedankens des § 139 BGB dann zu verneinen, wenn der fehlerbehaftete Teil mit dem übrigen Normgefüge - beziehungsweise einem wiederum abtrennbaren Teil davon - so verflochten ist, dass die Restbestimmung ohne den nichtigen Teil nicht sinnvoll bestehen bleiben kann. Das ist etwa dann der Fall, wenn der verbleibende Teil der Rechtsordnung nicht entspricht, etwa eine unter Gleichheitsaspekten unzureichende Regelung darstellt oder den gesetzlichen Regelungsauftrag verfehlt. So darf bei Bebauungsplänen kein „Planungstorso“ entstehen, der eine sinnvolle städtebauliche Ordnung gemäß § 1 BauGB nicht bewirken kann. Dabei ist auf den (objektivierten) mutmaßlichen Willen des Normgebers abzustellen (BVerwG, Urt. v. 02.08.2012 - 7 CN 1.11 -, NVwZ 2013, 227). Ohne den bezeichneten zweiten Teil des § 11 Abs. 1 Satz 1 - das heißt ohne die zu beanstandende Fälligkeitsregelung - verbleibt es bei der Bestimmung, wonach die entsprechende Gebühr jeweils als Jahresgebühr festgesetzt wird, was eine Fälligkeit mit Ablauf des jeweiligen Jahres impliziert. Die Gebührensatzung behält ihre „Lebensfähigkeit“ auch bei Unwirksamkeit der beanstandeten Teilregelung.

87

Rechtliche Bedenken gegen die Satzungsbestimmungen im Übrigen sind für den Senat nicht ersichtlich und werden vom Antragsteller auch nicht geltend gemacht.

88

Die Entscheidungsformel ist nach § 47 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO im Amtsblatt zu veröffentlichen.

89

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO.

90

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.

91

Gründe die Revision zuzulassen (§ 132 Abs. 2 VwGO), liegen nicht vor


Verwandte Urteile

Keine verwandten Inhalte vorhanden.

Referenzen