Urteil vom Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht (4. Senat) - 4 KN 6/15
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Dem Antragsteller wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Antragsgegner zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Der Antragsteller begehrt im Wege des Normenkontrollverfahrens die Feststellung der Unwirksamkeit von § 2 Abs. 2 der Landesverordnung über jagdbare Tierarten und über die Jagdzeiten vom 11. März 2014, soweit dadurch bestimmt wird, dass die Jagd auf die das Rebhuhn entgegen der bisherigen Rechtslage zukünftig nicht mehr ausgeübt werden darf.
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Mit der Landesverordnung über jagdbare Tierarten und über die Jagdzeiten (im Folgenden: JagdzeitenVO) vom 11. März 2014 (GVOBl S-H S. 58) wurde die bis dahin geltende Landesverordnung über jagdbare Tierarten und über die Jagdzeiten vom 18. Oktober 2005 (GVOBl S-H S. 508), zuletzt geändert durch Verordnung vom 4. Januar 2010 (GVOBl S-H S. 12), außer Kraft gesetzt. Die nunmehr geltende Landesverordnung bestimmt in ihrem § 1 - über § 2 Abs. 1 BJagdG hinaus -, dass die dort unter Ziffer 1 bis 8 aufgeführten Tierarten dem Jagdrecht unterliegen. In ihrem § 2 Abs. 1 bestimmt sie für die nach Bundes- und Landesrecht jagdbaren Wildarten - abweichend von der Bundesverordnung über die Jagdzeiten vom 2. April 1977 (BGBl. I S. 531), zuletzt geändert durch Verordnung vom 25. April 2002 (BGBl. I S. 1487), - näher bestimmte Jagdzeiten. So wird in § 2 Abs. 2 JagdzeitenVO bestimmt, auf welche dem Jagdrecht unterliegenden Wildarten die Jagd nicht ausgeübt werden darf; hierzu zählt auch das Rebhuhn, das nach bisheriger Rechtslage vom 1.Oktober bis 15. Dezember bejagt werden durfte. Die Jagdzeitenverordnung ist gemäß § 3 Abs. 1 1. Halbsatz am Tage nach ihrer Verkündung, mithin am 28. März 2014 in Kraft getreten.
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Der Antragsteller trägt zum Sachverhalt vor, er habe zunächst seit 1986 als Jagdaufseher die 558 ha große Eigenjagd … in der Gemeinde … betreut. Seit 1995 habe er mit dem … Reviernachbarn, Herrn …, ehrenamtlich als Referenzrevierbetreuer das Referenzrevier … im Wildtierkataster Schleswig-Holstein betreut. Ferner sei er stellvertretener Vorsitzender im …. In dieser Funktion kümmere er sich um den Rebhuhnschutz. Unter anderem geschehe dies durch die Anlage von Ackerrandstreifen und die Aufsaat der Wegesränder durch die Mitglieder des Hegeringes. 1997 habe das von ihm betreute Revier Gut … im landesweiten Wettbewerb „Naturnahe Reviergestaltung“ den 2. Platz gewonnen. Im Reviergut … habe er gemeinsam mit dem Verpächter Niederwildhege speziell für das Rebhuhn getrieben. Das Rebhuhn komme im Revier des Antragstellers als Standwild vor. Geschätzt seien es etwa 4 bis 5 Paare seit 2010. Er selbst habe noch nie Rebhühner gejagt, wolle dies aber prinzipiell tun dürfen, sofern der Bestand es erlaube. Der wildbiologische Einsatz solle für ihn von Nutzen sein können. Wer mit besonderem Einsatz sähe, müsse ernten dürfen. Das Rebhuhn sei bevorzugtes Opfer von Prädatoren. Der Antragsteller unternehme vielfältige und finanziell aufwendige Maßnahmen zu ihrem Schutz. Dies werde durch die Anordnung einer ganzjährigen Schonzeit nicht hinreichend gewürdigt. Hegerische Bemühungen müssten auch zu einer Erntemöglichkeit führen. Ein ganzjähriges Jagdverbot werde den in § 1 Abs. 2 BJagdG normierten Zielen der Hege nicht gerecht. Im Übrigen dürfe der Antragsgegner auch nicht ohne weiteres von einer geringen jagdlichen Bedeutung der Rebhuhnjagd ausgehen. Eine geringe Strecke erlegter Rebhühner in der Vergangenheit könne durchaus auch auf jagdlicher Zurückhaltung beruhen und sei kein Indiz für eine Bestandsgefährdung.
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Zur Rechtslage trägt der Antragsteller im Wesentlichen vor:
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Sämtliche Zulässigkeitsvoraussetzungen des Normenkontrollantrages seien erfüllt. Insbesondere sei auch die Antragsbefugnis des Antragstellers gegeben, weil er im Sinne von § 47 Abs. 2 S. 1 VwGO als natürliche Person geltend machen könne, durch die Landesverordnung in seinen Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Nur dann, wenn eine Rechtsverletzung offensichtlich und eindeutig nach jeder Betrachtungsweise ausscheide, sei dies – wie bei der Klagebefugnis – zu verneinen. Dem Antragsteller werde durch § 2 Abs. 2 der streitgegenständlichen Landesverordnung vollständig die Möglichkeit genommen, die Jagd auf das Rebhuhn auszuüben. Hierdurch werde in die allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG eingegriffen. Auf dieses Grundrecht dürfe sich nach der Rechtsprechung des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts (Urt. v. 12.08.2002 – 1 KN 27/03 –, Natur und Recht 2005, 269) sogar der Jagdgast berufen. Dies müsse erst recht für den Jagdpächter gelten. Darüber hinaus werde in das eigentumsrechtlich fundierte Jagdausübungsrecht eingegriffen.
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Der Antrag sei auch begründet, da § 2 Abs. 2 JagdzeitenVO gegen höherrangiges Recht, nämlich gegen Art. 14 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG sowie gegen das in Art. 20 Abs. 3 GG enthaltene Rechtstaatsprinzip verstoße.
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Art. 14 Abs. 1 GG schütze den Bestand des Eigentums und dessen Nutzung. Ein als Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums ausgestalteter Eingriff sei nur dann zulässig, wenn er durch hinreichende Gründe des öffentlichen Interesses und unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt sei. Gerade mit Blick auf die Jagdausübung sei von besonderer Bedeutung, dass die Gründe des öffentlichen Interesses, die für einen solchen Eingriff sprächen, so schwerwiegend sein müssten, dass sie “Vorrang haben vor dem Vertrauen des Bürgers auf den Fortbestand seines Rechts, das durch die Bestandsgarantie des Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG gesichert wird“ (BVerfGE 83, 201/212, unter Bezugnahme auf BVerfGE 42, 263/294 f.; 58, 300/351). Überkommene und typische Grundformen und Grundstrukturen, die das Eigentum im verfassungsrechtlichen Sinne sichern, dürften nicht auf dem Altar der legislativen Ausgestaltungsbefugnis geopfert werden. Der Gesetzgeber habe insbesondere die grundgesetzliche Anerkennung des Privateigentums durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG zu beachten. Aus diesem Grunde habe der Gesetzgeber von Verfassungs wegen die Aufgabe, ein Normengeflecht zu schaffen, das dem Eigentum – und damit auch dem eigentumsrechtlich verorteten Jagd- und Jagdausübungsrecht – Konturen einzieht und zugleich Grenzen aufzeigt. Dabei sei zu beachten, dass sowohl das Eigentum sowie auch dessen Ausübung nicht lediglich durch Gesetz oder sonstigen Rechtsakt verliehenen Rechtspositionen seien. Eine „Verfassung nach Gesetz“ sei daher ausgeschlossen, ebenso wie das „Eigentum nach Gesetz“ und damit auch ein „Jagdrecht nach Gesetz“ bzw. ein „Jagdausübungsrecht nach Gesetz“.
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Dem Antragsteller stehe als alleinigem Jagdpächter des Eigenjagdbezirkes Gut … das Jagdausübungsrecht zu. Durch die Verpachtung erhalte ein Pächter ein vom Eigentümer abgeleitetes, indes selbständiges Jagdausübungsrecht, welches auch nur einheitlich verpachtet werden könne (§ 11 Abs. 1 S. 1 BJagdG). Auch das Jagdausübungsrecht stelle „Eigentum“ im Sinne von Art. 14 Abs. 1 GG dar, und zwar unabhängig davon, ob es vom Eigentümer einer Eigenjagd verpachtet wird oder von einer Jagdgenossenschaft (BGH, DVBl. 1982 S. 1090 / 1091; BVerwG, DVBl. 1983 S. 898 f.). Die durch das Jagdausübungsrecht geschützte Jagdausübung umfasse nach § 1 Abs. 4 BJagdG das Aufsuchen, Nachstellen, Erlegen und Fangen von Wild bzw. Wildtieren. Im Hinblick auf das Jagdausübungsrecht sei von besonderer Bedeutung, dass sich in der verfassungsrechtlich geschützten Privatnützigkeit des Eigentums der unmittelbare Nutzen des Jagdausübungsrechts manifestiere. Zwar sei dieses Recht ein pflichtengebundenes Recht, welches die Pflicht zur Hege einschließe. Auf der anderen Seite sei es aber dadurch gekennzeichnet, dass es dem einzelnen Rechtsinhaber „von Nutzen“ sein solle. Dies schließe auch das Recht ein, im eigenen Interesse einen jagdlichen Ertrag zu erwirtschaften, mithin gehegtes Wild auch in angemessener Weise „ernten“ zu können.
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Die Festlegung von Jagd- und insbesondere Schonzeiten stelle eine Inhalts- und Schrankenbestimmung des Jagdausübungsrechts dar. Deren Verkürzung oder gar vollständiger Ausschluss - das heißt das Leerlaufen der Nutzungsmöglichkeit in der Schonzeit – bedürfe einer besonderen Rechtfertigung. Der Eingriff in das jagdliche Eigentum dürfe nicht willkürlich sein. Er müsse sachlich gerechtfertigt sein, etwa durch Gründe des Artenschutzes oder im Falle einer Bestandsbedrohung. Allgemeine Erwägungen der Zweckmäßigkeit, mithin dessen, was “vernünftig“ oder “sinnvoll“ ist, genügten schon nach den Vorgaben durch die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage nicht. Darüber hinaus würden sie vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlichen Vorgaben ebenfalls nicht genügen. Auch müsse der Eingriff namentlich der Verpflichtung zur Hege Rechnung tragen. Der Verordnungsgeber müsse für jede einzelne Tierart begründen können, warum die Anordnung einer Schonzeit bzw. die Verkürzung von Jagdzeiten durch hinreichend gewichtige Schutzzwecke, durch die Erforderlichkeit, Geeignetheit und Zumutbarkeit der jeweils angeordneten Jagd- und Schonzeiten sachlich gerechtfertigt sei. Der Verordnungsgeber müsse zur Rechtfertigung des Eingriffes hinreichende sachliche, nachvollziehbare und legitime Gründe – etwa solche wildbiologischer Art – ins Feld führen können. Er dürfe seine Entscheidung auch nur auf vertretbare und methodisch gültige, zudem wissenschaftlich akzeptierte und praktisch belegbare Prognosen stützen; bloße Mutmaßungen reichten hierfür nicht aus. Allein die Erwägung, dass der Jagdausübungsberechtigte für die Jagd bestimmte, nicht allein aus seinem privaten Recht zur Jagd ableitbare Gründe des Gemeinwohls vorweisen müsse, sei mit der Eigentumsgarantie der Verfassung nicht in Übereinstimmung zu bringen. Auch eine nur formalistische Begründung hätte mithin vor dem Grundgesetz keinen Bestand. Dasselbe gelte für eine Verkürzung von Jagdzeiten lediglich aus ideologischen Gründen. Auch allgemeine Erwägungen der Zweckmäßigkeit könnten eine Einschränkung von Jagdzeiten nicht rechtfertigen. Dabei werde bei ganzjährigen Schonzeiten regelmäßig der Artenschutz im Vordergrund stehen, während bei einer temporären Schonzeit im Regelfall das Interesse an einer ausgewogenen Wildpopulation im Vordergrund stehen werde; letztlich werde damit das Hegeziel eines den landschaftlichen und landeskulturellen Verhältnissen angepassten Wildbestandes verfolgt, welches in § 1 Abs. 2 Satz 1 BJagdG enthalten sei. Demgegenüber könne das weitere im Bundesjagdgesetz enthaltene Ziel der Beeinträchtigung einer ordnungsgemäßen land-, forst- und fischereiwirtschaftlichen Nutzung, insbesondere durch Wildschäden, zu verhindern, durch derartige Maßnahmen naturgemäß nicht erreicht werden.
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Die Anordnung einer ganzjährigen Schonzeit für das Rebhuhn sei unverhältnismäßig und verstoße gegen das Rechtstaatsprinzip. Das Jagdausübungsrecht des Antragstellers laufe vollkommen leer. Die Möglichkeit, Wildschadensabwehr durch gezielte Bejagung zu verhindern, werde völlig ausgeschlossen. Dies stelle einen unverhältnismäßigen Grundrechtseingriff in das das Jagdausübungsrecht umschließende Eigentumsrecht dar. Zudem würden die von der Ermächtigungsgrundlage vorgegebenen Maßgaben missachtet. Das Programm der Verordnungsermächtigung sei in § 17a LJagdG enthalten. Die Landesverordnung sei aufgrund der §§ 17a und 38 LJagdG erlassen worden und müsse sich infolgedessen an den vorgegebenen gesetzlichen Rahmen halten. Sie müsse nicht nur den in § 1 Abs. 2 BJagdG festgelegten Zielen und Grundsätzen der Hege gerecht werden, sondern auch die Erfordernisse des Naturschutzes und des Tierschutzes beachten. Der in § 1 Abs. 2 BJagdG normierte Aspekt der Hege fordere eine angemessene, mithin nicht zu hohe Populationsdichte. Diese sei aber nicht sicherzustellen, wenn eine effiziente Bejagung nicht durchgeführt werden dürfe. Ein zu hoher Wildbestand stehe im Gegensatz zur Erhaltung eines gesunden Wildbestandes, da zu viel Wild in einem bestimmten Gebiet der Entstehung und Ausbreitung von Krankheiten und dem Entstehen von Wildschaden Vorschub leiste.
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Die Landesverordnung verstoße ferner gegen die Vorgabe des § 1 Abs. 2 Satz 2 BJagdG. Danach müsse die Hege so durchgeführt werden, dass Beeinträchtigungen einer ordnungsgemäßen land-, forst- und fischereiwirtschaftlichen Nutzung, insbesondere Wildschäden, möglichst vermieden werden. Dies sei jedoch aufgrund der beanstandeten Regelung in der Landesverordnung nicht möglich.
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Der Verordnungsgeber stelle darauf ab, dass die Rebhuhnbestände seit Mitte der 70er Jahre stark zurückgegangen seien; es werde jedoch nicht begründet, warum nach Jahren der temporären Bejagbarkeit des Rebhuhns dieses gerade im Jahr 2014 einer ganzjährigen Schonzeit unterworfen werden solle. Auch nach Ansicht des Verordnungsgebers sei nicht die Jagd für den gegenwärtig schlechten Erhaltungszustand des Rebhuhns verantwortlich. Dann sei aber ein ganzjähriges Jagdverbot, welches zudem die Jäger von aufwendigen hegerischen Maßnahmen abbringen könne, nicht nachvollziehbar. Wenn die Jäger für den gegenwärtigen Erhaltungszustand des Rebhuhns gar nicht verantwortlich seien, sei auch nicht nachvollziehbar, wieso die Jagd eine Bestandserholung behindern könnte.
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Die Erforderlichkeit der Regelung sei nicht dargetan. Abgestellt werde auf die beabsichtigte Bestandserholung. Zum einen hätten sich die Rebhuhnbestände in Schleswig-Holstein jedoch zwischenzeitlich stabilisiert, wenn auch auf einem verglichen mit den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts niedrigem Stand. Zum anderen gehe der Verordnungsgeber selbst davon aus, dass die Jagd für den gegenwärtigen Erhaltungszustand nicht verantwortlich sei. Eine an einen nicht Verantwortlichen gerichtete Maßnahme könne gar nicht erforderlich sein.
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Es sei unverständlich, dass der Verordnungsgeber nicht vorrangig anderweitige Maßnahmen zum Schutz des Rebhuhns treffe, zumal auch nach Auffassung des Antragsgegners die Umstrukturierung der Landwirtschaft und der monoton gestaltete, großflächige Anbau nachwachsender Rohstoffe, insbesondere von Mais als Hauptursache des Rückgangs der Rebhuhnpopulation in Schleswig-Holstein gesehen wird. Aus diesem Grunde hätten andere Maßnahmen etwa im Hinblick auf die Bewirtschaftung von Randstreifen auf landwirtschaftlichen Flächen viel näher gelegen. Es sei widersprüchlich, den Hauptverursacher des Rückganges der Rebhuhnpopulation, nämlich die Landwirtschaft, bei entsprechenden Schutzmaßnahmen außen vor zu lassen und stattdessen die Jägerschaft im Zusammenhang mit dem Rückgang des Bestandes mit dem Ausschluss der Bejagbarkeit des Rebhuhnes zu sanktionieren. Hierdurch werde unverhältnismäßig in das Eigentumsrecht derjenigen eingegriffen, die für eine Bestandsreduzierung am wenigsten verantwortlich seien. Dem Antragsteller könne auch nicht entgegengehalten werden, dass er in seinem Revier das Rebhuhn bislang nicht bejagt habe. Ein freiwilliger Verzicht auf eine Bejagung sei grundrechtlich etwas anderes als ein Verbot. Der Verordnungsgeber verhalte sich widersprüchlich, wenn er einerseits die Jagd auf das Rebhuhn verbiete, auf der anderen Seite hingegen die Jagd auf die Elster nicht mehr zulasse. Die Elster gehöre zur Kategorie der Rabenvögel, zu deren Beutetiere auch kleine Säugetiere sowie Vogelgelege gehörten. Es sei widersprüchlich, dass die Elster nicht mehr bejagt werden dürfe, obwohl sie mitverantwortlich für die Bestandsreduzierung des Rebhuhns sei.
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Entgegen der Auffassung des Antragsgegners könne ein Eingriff und dessen Unverhältnismäßigkeit auch nicht mit dem Argument in Abrede gestellt werden, dass dem Antragsteller noch eine Vielzahl jagdlich nutzbarer Wildarten verbleibe, so dass von einer wesentlichen Einschränkung des Jagdausübungsrechts nicht gesprochen werden könne. Dies lasse außer Acht, dass durch die Verordnung die Jagd auf eine Vielzahl von Wildarten eingeschränkt oder gar ganz ausgeschlossen werde. Die Kumulation der verschiedenen, durch die Landesverordnung bewirkten Grundrechtseinschränkungen begründe deren Unvereinbarkeit mit der Eigentumsgarantie. Die in der Landesverordnung geregelten Einschränkungen des Jagdausübungsrechtes müssten in ihrer Gesamtheit gesehen und verfassungsrechtlich beurteilt werden. In ihrer Gesamtheit würde die Eigentumsgarantie des Antragstellers in der Sphäre des Jagdrechts und des Jagdausübungsrechtes in unzumutbarer und unverhältnismäßiger Weise ausgedünnt. Es verbleibe nichts mehr an Eigentum, was diesen Namen noch verdiene. Auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei geklärt, dass mehrere für sich betrachtet möglicherweise angemessene oder zumutbare Eingriffe in grundrechtlich geschützte Bereiche in ihrer Gesamtwirkung zu einer schwerwiegenden Beeinträchtigung führen könnten, die das Maß der rechtstaatlich hinnehmbaren Eingriffsintensität überschreite. Da die Landesverordnung zu den bislang schon vorhandenen Einschränkungen der Jagd zahlreiche weitere Beschränkungen hinzugefügt habe, nämlich in Form weitreichender Verkürzung von Jagdzeiten bzw. dem Ausschluss der Bejagbarkeit zahlreicher Wildtierarten, werde eine Belastungsgrenze erreicht, die in ihrer Gesamtheit die Grenze des verfassungsrechtlich Zumutbaren überschreite. Entgegen der Auffassung des Antragsgegners schulde der Verordnungsgeber nicht lediglich die Verordnung als solche, sondern auch eine hinreichend sachliche Begründung. Die Begründungspflicht sei im Rechtstaatsprinzip zu verorten und ziele neben der Verwirklichung von Transparenz sowie der effektiven Selbstkontrolle auch auf die Verbesserung bzw. Ermöglichung individuellen Rechtschutzes. Die Begründung gebe erst Aufschluss darüber, welche Motive den Verordnungsgeber beim Erlass der Verordnung geleitet haben. Dies ermögliche häufig erst eine Beurteilung der Frage, ob eine Rechtsverordnung rechtlichen Bedenken begegne.
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Der Antragsteller beantragt,
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§ 2 Abs. 2 der Landesverordnung wegen Verstoßes gegen Art. 14 Abs. 1 GG i.V.m. §§ 1 Abs. 4, 11 LJagdG insoweit für unwirksam zu erklären, als dadurch in Abweichung von der bisher festgesetzten Jagdzeit die Jagdzeit für Rebhühner vollständig aufgehoben wird.
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Der Antragsgegner beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Der Antrag sei unbegründet. Die beanstandete Regelung sei von der Ermächtigungsgrundlage in § 17a LJagdG gedeckt. Diese berechtige die oberste Jagdbehörde, die Jagdzeiten für Wild auch abweichend von Bundesrecht durch Verordnung zu bestimmen. Mit der kritisierten Regelung werde das Ziel verfolgt, einen artenreichen Wildbestand zu erhalten (§ 1 Abs. 2 BJagdG); sie berücksichtige ferner Erfordernisse des Artenschutzes und damit des Naturschutzes. Mit dem Entzug der Jagdzeit für Rebhühner solle diese Art vor jagdbedingten Reduzierungen des Bestandes geschützt werden. Der aktuelle Bestand liege in Schleswig-Holstein bei etwa 7.800 Brutpaaren und sei damit sehr gering. Dieser Zustand sei das Ergebnis einer langfristigen Entwicklung. Selbst Naturräume, die in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts von Rebhühnern noch dicht besiedelt gewesen seien, wiesen nun nur noch geringe Bestände auf oder seien nicht mehr besiedelt. Weitere Einbußen als Folge der Jagd könnten aus artenschutzrechtlichen Gründen sowie im Interesse der Haltung eines artenreichen Wildbestandes nicht akzeptiert werden. Die Niederwildstrecken in Schleswig-Holstein seit 1966 seien Indikator dafür, wie sich die Rebhuhnbestände in Schleswig-Holstein aus Sicht der Jäger verändert haben. Man könne davon ausgehen, dass die Entscheidung der Jäger, wie viele Tiere einer Wildart sie erlegen, sich sowohl faktisch als auch professionell daran orientiere, wie viele Individuen der Art im jeweiligen Revier vorhanden seien. Die Tabelle verdeutliche damit, dass bis in die 70er Jahre des letzten Jahrhunderts hinein aus jagdlicher Sicht die Rebhuhnbestände so groß gewesen seien, dass Erledigungen im fünfstelligen Bereich angemessen waren. Danach seien die Bestände stetig zurückgegangen; 2013 seien nur noch 114 Rebhühner in Schleswig-Holstein erlegt worden. Dem Antragsteller könne nicht darin gefolgt werden, dass zu befürchten sei, dass die umfangreichen hegerischen Bemühungen zugunsten des Rebhuhnes nach dem Entzug der Jagdzeit unterbleiben würden. Die in der Vergangenheit erfolgten Bemühungen würden sowohl vom Land Schleswig-Holstein als auch von der Europäischen Union mit umfangreichen Steuermitteln unterstützt und würden vom Verordnungsgeber begrüßt. Allerdings hätte dies nicht zu einer nennenswerten Verbesserung des Erhaltungszustandes der Rebhuhnpopulation geführt. Hauptursache des Bestandsrückganges liege in einer großflächigen Änderung der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung. In den letzten Jahren sei der Anbau nachwachsender Rohstoffe, insbesondere der Maisanbau, aber auch der Anbau bestimmter Getreidearten für die Biogaserzeugung erheblich ausgeweitet worden. Insbesondere der Anbau von Mais führe zu großen Schwierigkeiten bei Vogelarten offener, durch die Landwirtschaft geprägter Landschaften. Mais wachse während der Vegetationsperiode sehr schnell auf und bilde sehr hohe und sehr dichte Bestände, die von Vögeln der Offenlandschaft nicht besiedelt werden könnten. Im Winter blieben die für den Maisanbau vorgesehenen Flächen deckungslos und seien deshalb ebenfalls für Arten der Offenlandschaft ungeeignet. Ähnliche Verhältnisse würden sich in monoton gestalteten großflächigen Getreidebauregionen zeigen. Hauptursache des Rückgangs der Rebhuhnpopulation in Schleswig-Holstein sei folglich eine Änderung der Agrarstruktur in großen Bereichen des Landes. Die Hegemaßnahmen der Jäger würden sich nur auf kleinere Flächen beziehen, sodass leider nicht erwartet werden könne, dass diese den Bestandsrückgang Einhalt gebieten könnten. Möglicherweise sei es in Zukunft geboten, großflächig – unter Umständen sogar landesweit – regulative Maßnahmen zu ergreifen, um eine Erholung der Rebhuhnbestände zu ermöglichen. Es könne sein, dass die oberste Naturschutzbehörde als Verordnungsgeber gemäß § 44 Abs. 4 Satz 3 BNatSchG verpflichtet sein werde, der Landwirtschaft durch Bewirtschaftungsvorgaben eine stärkere Berücksichtigung der Lebensraumansprüche des Rebhuhns sowie anderer ebenfalls im Bestand bedrohter Tierarten vorzugeben. Beispielsweise könnten zugunsten des Rebhuhns bestimmte Vorgaben für die Bewirtschaftung von Randstreifen auf landwirtschaftlichen Flächen populationsfördernd sein. Bevor Bewirtschaftungsvorgaben erlassen werden könnten, müsse jedoch erwiesen sein, dass die Verschlechterung des Erhaltungszustandes der Rebhuhnpopulation nicht durch anderweitige Schutzmaßnahmen abgewendet werden könne (§ 44 Abs. 4 Satz 3 BNatSchG). 2008 sei beispielsweise ein Artenhilfsprogramm aufgelegt worden, auf dessen Grundlage diverse Maßnahmen zum Schutz der Populationen von 28 bedrohten Tierarten in Schleswig-Holstein gefördert worden seien, wozu auch das Rebhuhn gehöre. Allerdings hätten auch diese Maßnahmen den Bestandsrückgang der Rebhuhnpopulation nicht abwenden können. Deshalb müsse geprüft werden, ob weitere („anderweitige“) Schutzmaßnahmen möglich seien, um dem Bestandsrückgang entgegenzuwirken. Zu diesem Instrument gehörten auch jagdrechtliche Instrumentarien wie der Entzug von Jagdzeiten. Da auch die Bejagung des Rebhuhns dessen Population negativ beeinflussen könne, sei der Verordnungsgeber insofern verpflichtet, diese zunächst auszusetzen um zu prüfen, ob bereits dieser Schritt genüge, um eine Erholung der Rebhuhnbestände zu ermöglichen. Die Aufhebung der Jagdzeit konterkariere nicht die – begrüßten – Hegebemühungen der Jäger, sondern zielte darauf ab, das mit der Hege verbundene Ziel eines artenreichen Wildbestandes zu erreichen. Sobald sich die Bestände erholt haben sollten, könnte eine Bejagung des Rebhuhns wieder zugelassen werden. Es liege daher auch im eigenen Interesse der Jäger, dies durch Hegebemühungen zu unterstützen.
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Die angefochtene Regelung sei von der Ermächtigungsgrundlage der LandesjagdzeitenVO in § 17a LJagdG gedeckt. Diese berechtige die oberste Jagdbehörde, nach den in § 1 Abs. 2 BJagdG bestimmten Zielen und Grundsätzen der Hege und unter Berücksichtigung der Erfordernisse des Naturschutzes und des Tierschutzes die Jagdzeiten für Wild, auch abweichend von Bundesrecht, durch Verordnung zu bestimmen. Mit der Regelung solle gewährleistet werden, dass bei der Ausübung der Jagderfordernisse des Artenschutzes und damit des Naturschutzes berücksichtigt werden.
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Die Verpflichtung der Jagdausübungsberechtigten zur Erhaltung eines den landschaftlichen und landeskulturellen Verhältnissen angepassten Wildbestandes bestehe im Übrigen nur im Rahmen der jagdrechtlichen Bestimmungen. Entziehe der Verordnungsgeber einzelnen Wildarten die Jagdzeiten, so entfalle insoweit die Verpflichtung des Jagdausübungsberechtigten, etwaigen Überpopulationen dieser Wildarten durch deren Bejagung entgegenzutreten. Entsprechendes gelte für die Abwehr von Wildschäden. Gegenstand der Hegepflicht nach § 1 Abs. 2 BJagdG sei lediglich, Wildschäden möglichst zu verhindern. Mit einer Reduzierung oder Aufhebung von Jagdzeiten verringere der Verordnungsgeber die entsprechenden Möglichkeiten der Jagdausübungsberechtigten und reduziere damit sogleich deren Pflichtenstellung. Bei örtlich denkbaren Härtefällen sei die untere Jagdbehörde nach § 27 BJagdG berechtigt – unter Umständen sogar verpflichtet – eine Bejagung anzuordnen. Entgegen der Auffassung des Antragstellers habe der Verordnungsgeber sowohl die grundgesetzliche Anerkennung des Privateigentums durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG als auch das Sozialgebot des Art. 14 Abs. 2 GG beachtet und insbesondere den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt. Dem Antragsteller verbleibe – auch bei einer Gesamtschau aller bei den Jagdzeiten vorgenommenen Änderungen – noch eine Vielzahl jagdlich nutzbarer Wildarten, sodass nicht die Rede davon sein könne, dass die Privatnützlichkeit seines Jagdausübungsrechts als Eigentumsbestandteil aufgehoben oder auch nur wesentlich eingeschränkt worden wäre. Nach wie vor könne er hinsichtlich einer Vielzahl von Wildarten das Jagdausübungsrecht eigenverantwortlich, das heißt zu seinem eigenem Nutzen und Ertrag nutzen. Ein wesentlich intensiverer Eingriff wäre die Streichung einzelner Wildtierarten aus dem Katalog jagdbarer Arten (§ 2 BJagdG). Hierauf habe die oberste Jagdbehörde verzichtet.
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Anders als zum Beispiel bei Gesetzentwürfen der Landesregierung gebe es bei Ministerverordnungen keine amtlichen Begründungen, wobei selbst aus der Begründung von Regierungsentwürfen von Gesetzen nur die Auffassung der Landesregierung zur Zeit der Weiterleitung des Entwurfes an das Parlament ersichtlich sei, nicht aber die späteren Erwägungen des Gesetzgebers. Die Begründungen, die Verordnungsentwürfen bei Einleitung der Verbandsanhörung beigegeben würden, sollten lediglich die Verbände über die wesentlichen Überlegungen des Fachressorts informieren. Mitgeteilt würden nur der Stand der Überlegungen zum Zeitpunkt der Verbandsanhörung. Die tragenden Erwägungen, die den Regelungen einer Verordnung in der später in Kraft tretenden Fassung zugrunde liegen, ergäben sich aus dem gesamten Verwaltungsvorgang, in dem das Verordnungsverfahren dokumentiert sei, insbesondere aus dem nach Abschluss der Verbandsanhörung entstandenen Vorgang.
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Zu Unrecht meine der Antragsteller, der Verordnungsgeber habe begründen müssen, warum er vor dem Hintergrund des bereits seit langem festzustellenden Bestandsrückgangs ausgerechnet ab 2014 eine Bejagung unterbinden wolle. Es habe lange die Hoffnung bestanden, dass Änderungen bei der Agrarförderung oder Aspekte, die im Verlauf der vom Land unterstützten Artenhilfsmaßnahmen für das Rebhuhn zutage treten würden, diesen Schritt entbehrlich machen würden. Nachdem sich diese Annahmen als unzutreffend erwiesen hätten, sei der Verordnungsgeber tätig geworden. Der Verordnungsgeber habe sich bei der Regulierung von Jagdzeiten gemäß § 17a LJagdG nicht entscheidend daran zu orientieren, ob die Jagd für eine prekäre Bestandssituation allein oder überwiegend verantwortlich sei, sondern allein an den dort genannten Kriterien. Weder für die Ziele und Grund-sätze der Hege noch für die Belange des Naturschutzes sei es von Bedeutung, ob allein oder überwiegend die Jagd eine problematische Situation verursacht habe oder vielleicht ganz andere Faktoren wie zum Beispiel das Klima oder – wie vorliegend – andere menschliche Nutzungen. Es komme allein darauf an, ob die Fortsetzung der Jagd die Erhaltung beziehungsweise Wiederherstellung eines artenreichen Wildbestandes (Ziel der Hege) gefährden würde oder nicht. Dies sei angesichts des nur noch vorhandenen geringen Restbestandes evident. Ein milderes Mittel, um das Ziel zu erreichen, sei nicht ersichtlich. Dabei müsse auch berücksichtigt werden, dass die Rebhuhnpopulation in Schleswig-Holstein inzwischen so klein geworden sei, dass sie objektiv kaum noch einen jagdlichen Ertrag ermögliche. Durch den Entzug der Jagdzeit werde deshalb zwar abstrakt in den grundrechtlich geschützten Rechtskreis der Jäger eingegriffen; tatsächlich sei aber das Objekt der Rechtsausübung inzwischen fast entfallen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird die Prozessakte und den Verwaltungsvorgang (Bd. I und II) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Der Antrag ist zulässig. Gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO entscheidet das Oberverwaltungsgericht im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt. Diese Voraussetzungen liegen hier unstreitig vor.
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Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen (§ 47 Abs. 2 S. 1 VwGO). Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat (§ 47 Abs. 2 S. 2 VwGO). Auch diese Voraussetzungen liegen vor. Dies gilt insbesondere für die Antragsbefugnis. Der Antragsteller kann geltend machen, durch die beanstandete Regelung der JagdzeitenVO vom 11. März 2014 in seinem Jagdausübungsrecht verletzt zu werden.
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Der Antrag ist jedoch unbegründet.
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Ermächtigungsgrundlage der streitgegenständlichen Rechtsverordnung ist § 17a LJagdG. Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage selbst sind nicht ersichtlich. Insbesondere ist die Gesetzgebungskompetenz des Landes gewahrt: Im Zuge der Föderalismusreform I, die am 1. September 2006 durch Änderung des Grundgesetzes in Kraft getreten ist, wurde die Gesetzgebungszuständigkeit für das Jagdwesen aus der Rahmenkompetenz des früheren Art. 75 Nr. 3 GG in die konkurrierende Gesetzgebung überführt (Art. 74 Abs. 1 Nr. 28 GG n.F.). Gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 29 GG n.F. erstreckt sich die konkurrierende Gesetzgebung auch auf den Naturschutz und die Landschaftspflege. Die Länder können nach Art. 72 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 GG durch Gesetz von der Bundesgesetzgebung abweichen. Hiervon hat das Land Schleswig-Holstein durch den am 24. Februar 2012 in Kraft getretenen § 17a LJagdG Gebrauch gemacht. Für das Verhältnis zwischen Bundes- und Landesrecht gilt insoweit nicht Art. 31 GG. Vielmehr geht das jeweils spätere Gesetz vor (Art. 72 Abs. 3 S. 3 GG).
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Verstöße gegen die Vorschriften des Landesverwaltungsgesetzes über den Erlass von Rechtsverordnungen sind weder geltend gemacht noch ersichtlich. Die Vorschriften sind in §§ 53 ff LVwG geregelt. Gemäß § 56 Abs. 1 Nr. 1 LVwG müssen Verordnungen entsprechend (hier als Landesverordnung) in der Überschrift gekennzeichnet sein und die Gesetzesbestimmungen angeben, welche die Ermächtigung zum Erlass der Verordnung enthält, ferner das Datum der Ausfertigung und die Bezeichnung der Behörde, die die Verordnung erlassen hat. Verordnungen sollen in der Überschrift ihren wesentlichen Inhalt kennzeichnen. Diese Bestimmungen sind eingehalten. Auch die Vorschriften über die amtliche Bekanntmachung sowie die Geltungsdauer sind beachtet. Gemäß § 62 Abs. 1 LVwG darf die Geltungsdauer einer Verordnung fünf Jahre nicht überschreiten. Dementsprechend regelt § 3 Abs. 1 der Landesverordnung, dass die Verordnung fünf Jahre nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft tritt.
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Der Antragsteller rügt, der Rechtsverordnung ermangele es an einer (hinreichenden) Begründung, was einen Verstoß gegen das Rechtstaatsgebot beinhalte und bereits für sich genommen zur Annahme der Rechtswidrigkeit der Rechtsverordnung führen müsse. Dies trifft nicht zu.
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Ob eine Jagdzeitenverordnung mit Gesetz und Verfassung vereinbar ist, bestimmt sich nach dem normativ zum Ausdruck gebrachten Willen des Verordnungsgebers und den damit objektiv angeordneten Rechtsfolgen und deren Wirkungen. Die Beweggründe des Normgebers geben lediglich Anhaltspunkte für die Auslegung und Rechtfertigung der Anordnungen, soweit durch sie Inhalt und Schranken des eigentumsrechtlich garantierten und geschützten Jagdausübungsrechts und des Jagdrechts geregelt werden.
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Zunächst ist festzuhalten, dass weder in Art. 80 GG noch in Art. 38 a.F. der Landesverfassung (entspricht Art. 45 n.F.) ausdrücklich eine Begründungspflicht für Rechtsverordnungen normiert ist. In den Richtlinien über Gesetz- und Verordnungsentwürfe der Landesregierung vom 29. November 2013 wird für Verordnungsentwürfe in Ziff. 3.2 der Richtlinien geregelt, dass kein Vorblatt und in der Regel keine Begründung erforderlich sei.
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Über den in Art. 80 Abs. 1 S. 3 GG bzw. Art. 38 Abs. 1 S. 3 Landesverfassung verfassungsrechtlich vorgegebenen “Begründungssplitter“ (Erfordernis der Angabe der Rechtsgrundlage für die Verordnung) hinaus spricht nichts dafür, dass das Grundgesetz (bzw. die Landesverfassung) eine darüber hinausgehende, übergreifende verfassungsrechtliche Begründungspflicht für alle Rechtsverordnungen kennt (Remmert in Maunz-Dürig, Komm. z. Grundgesetz Art. 80 Rn. 131).
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Auch für Gesetze gibt es keine von der Verfassung geforderte allgemeine Begründungspflicht. Wollte man eine Begründungspflicht für Rechtsverordnungen fordern, so würde man für Rechtsverordnungen Anforderungen stellen, die für Gesetze nicht gestellt werden.
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Dem Gesetzgeber ist es allerdings unbenommen, Ermächtigungsgrundlagen zum Erlass von Rechtsverordnungen einfachgesetzlich mit einer Begründungspflicht zu verkoppeln und den Ort ihrer Veröffentlichung zu bestimmen. Dies ist jedoch vorliegend nicht geschehen.
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Solange weder durch Gesetz noch durch untergesetzliches Verfahrensrecht eine bestimmte Form der Begründung vorgeschrieben ist, können aus der Begründung, die in dem das Verfahren zum Erlass der Rechtsverordnung dokumentierenden Verwaltungsvorgang enthalten ist, lediglich Anhaltspunkte für die Auslegung und Rechtfertigung der Anordnungen gewonnen werden. Darüber hinaus kann die Prüfung, ob sich der Verordnungsgeber an den Rahmen der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage gehalten und im Übrigen das Prinzip der Verhältnismäßigkeit beachtet hat, auch unter Zuhilfenahme ergänzender Materialien, die etwa im Normenkontrollverfahren vom Verordnungsgeber dem Gericht unterbreitet werden, vorgenommen werden. Aus einzelnen Unstimmigkeiten der im Verwaltungsvorgang enthaltenen Begründung kann jedenfalls für sich allein nicht zwingend der Schluss gezogen werden, die Rechtsverordnung verstoße gegen den gesetzlichen Rahmen der Ermächtigungsgrundlage oder gegen das Prinzip der Verhältnismäßigkeit.
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Eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage zum Erlass von Rechtsverordnungen muss Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung bestimmen (Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG, Art. 38 Abs. 1 S. 2 LVerf). Diesen Anforderungen genügt § 17a LJagdG. Hierdurch wird in verfassungsrechtlich ausreichender Intensität Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung bestimmt, indem die oberste Jagdbehörde ermächtigt wird, die Jagdzeiten für Wild, auch abweichend von Bundesrecht, nach den in § 1 Abs. 2 BJagdG bestimmten Zielen und Grundsätzen der Hege und unter Berücksichtigung der Erfordernisse des Naturschutzes und des Tierschutzes durch Verordnung zu bestimmen. Dieser gesetzliche Rahmen ist hinreichend bestimmt.
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Zu Recht weist der Antragsteller im Ausgangspunkt darauf hin, dass die Schutz- und Ordnungswirkung der Eigentumsgarantie auch das Jagdrecht und das Jagdausübungsrecht umfasst, die als Bestandteil des Grundeigentums ein näher ausgeformtes Nutzungsrecht am Grund und Boden darstellen. Die allgemeinen Regelungen der jagdrechtlichen Vorschriften bestimmen Inhalt und Schranken des Eigentums (vgl. Papier in Maunz/Dürig, Kommentar zum Grundgesetz Art. 14 Rn 204). Der durch eine Aufhebung oder Einschränkung von Jagdzeiten bewirkte Eingriff in das grundrechtlich gewährleistete Eigentum ist eine normative Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums, die nur zur Sicherung definierter Schutzzwecke zulässig ist. Diese Schutzzwecke müssen durch Gesetz festgelegt werden. Allgemeine Erwägungen der Zweckmäßigkeit, also dazu, was „vernünftig“ oder „sinnvoll“ ist, reichen für sich genommen nicht aus. Die normativen Elemente des durch den Normgeber bei der Ordnung des Eigentums zu verwirklichenden Sozialmodells ergeben sich einerseits aus der grundgesetzlichen Anerkennung des Privateigentums durch Art. 14 Abs. 1 GG und andererseits aus dem Sozialgebot des Art. 14 Abs. 2 GG. Der verfassungsrechtlichen Ordnungsvorstellung des sozialgebundenen Privateigentums entspricht das Gebot, die Allgemeininteressen und die Interessen der Beteiligten in einen gerechten Ausgleich und in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen und dabei die Bindung an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten.
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Diesen Vorgaben wird § 17a LJagdG gerecht. Das Gesetz verweist zum einen auf die Ziele und Grundsätze der Hege in § 1 Abs. 2 BJagdG. Hiernach hat die Hege die Erhaltung eines den landschaftlichen und landeskulturellen Verhältnissen angepassten artenreichen und gesunden Wildbestandes sowie die Pflege und Sicherung seiner Lebensgrundlagen zum Ziel (§ 1 Abs. 2 Satz 1 BJagdG). Die Hege muss so durchgeführt werden, dass Beeinträchtigungen einer ordnungsgemäßen land-, forst- und fischereiwirtschaftlichen Nutzung, insbesondere Wildschäden, möglichst vermieden werden (§ 1 Abs. 2 Satz 2 BJagdG). Zugleich erlegt der Gesetzgeber dem Verordnungsgeber die Berücksichtigung der Erfordernisse des Naturschutzes und des Tierschutzes auf. Aus dem Verweis des Gesetzgebers auf den Hegegrundsatz des § 1 Abs. 2 Satz 2 BJagdG lässt sich nicht der Schluss ziehen, dass eine Jagdzeitenverordnung zwingend Regelungen bezüglich der Vermeidung von Wildschäden enthalten muss. § 1 Abs. 2 Satz 2 BJagdG besagt nicht, dass Wildschäden vermieden werden müssen, sondern legt fest, dass die Hege so durchgeführt werden muss, dass Wildschäden „möglichst“ vermieden werden. Der Verordnungsgeber darf sich im Rahmen seines weiten Gestaltungsermessens im Hinblick auf die Verkürzung der Jagdzeit für einzelne Tierarten (oder die Aufhebung von Jagdzeiten) auch dafür entscheiden, den im Gesetz verankerten Erfordernissen des Naturschutzes und des Tierschutzes den Vorrang zu geben. Aus dem Umstand, dass § 17a LJagdG die Hegeziele an erster Stelle nennt, kann nicht der Schluss gezogen werden, dass diese Ziele vorrangig vor den Erfordernissen des Naturschutzes und des Tierschutzes berücksichtigt werden müssen.
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Die streitgegenständliche Rechtsverordnung bewegt sich innerhalb des von der Ermächtigungsgrundlage gezogenen Rahmens.
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Besondere Gründe landesspezifischer Natur als Rechtfertigung einer Abweichung vom Bundesrecht verlangt das Gesetz nicht. Die diesbezügliche Rechtsprechung des 1. Senats des OVG Schleswig bezog sich nicht auf § 17a LJagdG, sondern auf § 22 Abs. 1 S. 3 BJagdG, welcher nach der damaligen Gesetzeslage die Ermächtigungsgrundlage für die Normierung von von Bundesrecht abweichenden Jagdzeiten durch Landesverordnung bot. Die Vorschrift lautet: “Die Länder können die Jagdzeiten abkürzen oder aufheben; sie können die Schonzeiten für bestimmte Gebiete oder für einzelne Jagdbezirke aus besonderen Gründen, insbesondere aus Gründen der Wildseuchenbekämpfung und Landeskultur, zur Beseitigung kranken oder kümmernden Wildes, zur Vermeidung von übermäßigen Wildschäden, zu wissenschaftlichen, Lehr- und Forschungszwecken, bei Störung des biologischen Gleichgewichts oder der Wildhege aufheben“. Auf der Basis dieser Ermächtigungsgrundlage hat der 1. Senat (vgl. Urteile v. 12.08.2004 – 1 KN 24/03 u. 1 KN 27/03 –, NUR 2006, 287 ff.) entschieden, dass aufgrund der Bindung an die Vorgaben des Bundesrechts die Länder Jagdzeiten nur aus “besonderen Gründen“ landesspezifischer Natur abkürzen bzw. aufheben dürften. Das Vorliegen besonderer Gründe sei bundesrechtlich zwar ausdrücklich nur für den Fall der Aufhebung von Schonzeiten bestimmt, müsse aber für den Fall der Aufhebung von Jagdzeiten ebenso gelten, falls man nicht der Willkür “Tür und Tor“ öffnen wolle. Diese Rechtsprechung ist jedoch – abgesehen von der Frage, ob ihr überhaupt gefolgt werden sollte (vgl. kritisch hierzu: Ditscherlein, zur landesrechtlichen Aufhebung von Jagdzeiten, Anmerkung zu den Urteilen des OVG Schleswig v. 12.08.2004 in: NUR 2006, 285 ff.) – aufgrund der gesetzlichen Neuregelung in § 17a LJagdG obsolet. Die Vorschrift nimmt nicht auf die Kriterien des § 22 BJagdG Bezug, sondern verweist auf die Hegeziele des § 1 Abs. 2 BJagdG sowie auf die Erfordernisse des Naturschutzes und des Tierschutzes.
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Mit der Pflicht zur Hege korrespondiert das Recht auf Hege (Schuck, BJagdG 2. Aufl. § 1 Rn. 17). Der Rüge der Verletzung der Hegeverpflichtung aufgrund der einschränkenden Jagdzeiten kann folglich nicht schon entgegengehalten werden, es gebe nur die Pflicht zur Hege, nicht aber ein Recht, welches verletzt sein könnte. Das Jagdrecht als Bestandteil des Grundstückseigentums und das Jagdausübungsrecht als vermögenswertes subjektives Recht nehmen am verfassungsrechtlichen Schutz des Eigentums teil. Dieser Schutz umfasst auch das Recht auf Wildhege (Bay VGH, Entscheidung v. 18.10.1996 – Az.: Vf. 15 – VII – 95 -, juris Rn. 59). Dieses Recht wird jedoch durch die Normierung von Jagdzeiten und die damit verbundene Einschränkung der Bejagungsmöglichkeit schon deshalb nicht verletzt, weil die Hegeverpflichtung – worauf der Antragsgegner zu Recht hingewiesen hat – insoweit nur im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen gilt. Eine Pflicht zur Vermeidung von Wildschäden durch Bejagung außerhalb der Jagdzeit besteht – abgesehen von einer etwaigen Anordnung nach § 27 BJagdG – nicht.
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Die beanstandete Regelung verfolgt das Ziel, einen artenreichen Wildbestand zu erhalten. Dies entspricht dem in § 1 Abs. 2 Satz 1 BJagdG normierten Hegeziel der Erhaltung eines den landschaftlichen und landeskulturellen Verhältnissen angepassten artenreichen und gesunden Wildbestandes. Zugleich werden Erfordernisse des Artenschutzes und damit des Naturschutzes im Sinne von § 17a LJagdG berücksichtigt. Das Rebhuhn ist aufgrund langfristigen starken Rückganges der Bestände als eine von 15 Vogelarten in die Vorwarnliste der Roten Liste für Schleswig-Holstein aufgenommen worden. In der naturschutzfachlichen Begründung vom 28. Februar 2014 (Verwaltungsvorgang Bd. II, S. 601 f.) wird darauf hingewiesen, dass Rebhühner deutschlandweit in der Kategorie „stark gefährdet“ gelistet seien. Der aktuelle Bestand für Schleswig-Holstein sei mit 7.800 Brutpaaren zu veranschlagen. Viele der bis in die 1970er Jahre dichtbesiedelten Naturräume würden nur noch minimale Bestände aufweisen oder seien ganz geräumt. Nach einer vergleichsweisen stabilen Phase Anfang der 2000er Jahre seien seit 2008 weitere Abnahmen festgestellt worden. Aufgrund der aktuellen Entwicklung in der Landwirtschaft sei auch in Zukunft von weiteren Bestandsrückgängen auszugehen.
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Die langfristige Abnahme der Rebhuhnbestände in der Vergangenheit ist zwischen den Parteien ebenso wenig streitig wie der Umstand, dass die Ursachen hierfür nicht in erster Linie in der Bejagung des Rebhuhns in den vergangenen Jahren, sondern in der großflächigen Änderung der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung liegt. Hauptursache des Bestandsrückganges in der freien Landschaft ist hiernach die großflächige Änderung der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung, insbesondere der Anbau nachwachsender Rohstoffe, insbesondere der Maisanbau. Mais wächst während der Vegetationsperiode sehr schnell auf und bildet sehr hohe und sehr dichte Bestände, die vom Rebhuhn nicht besiedelt werden können. Dies stellt jedoch die Erforderlichkeit der streitgegenständlichen Jagdzeitenregelung für das Rebhuhn nicht in Frage. Zwar kann es nach dem eigenen Vorbringen des Beklagten sein, dass in Zukunft die oberste Naturschutzbehörde als Verordnungsgeber gemäß § 44 Abs. 4 Satz 3 BNatSchG verpflichtet sein wird, der Landwirtschaft durch Bewirtschaftungsvorgaben eine stärke Berücksichtigung der Lebensraumansprüche des Rebhuhns vorzugeben, etwa durch bestimmte Vorgaben für die Bewirtschaftung von Randstreifen auf landwirtschaftlichen Flächen. § 44 Abs. 4 Satz 3 BNatSchG sieht eine entsprechende Anordnung erforderlicher Bewirtschaftsvorgaben gegenüber den verursachenden Landwirten vor, soweit dies nicht durch anderweitige Schutzmaßnahmen oder gezielte Aufklärung sichergestellt ist. Hieraus folgt, dass zuvor versucht werden kann und muss, die Verschlechterung des Erhaltungszustandes der Rebhuhnpopulation durch anderweitige Schutzmaßnahmen abzuwenden, wozu auch jagdrechtliche Instrumentarien wie der Entzug der Jagdzeit gehören. Der Antragsgegner durfte sich daher angesichts des gefährdeten Erhaltungszustandes der Rebhuhnpopulation in Schleswig-Holstein für den Entzug der Jagdzeit entscheiden. Darauf, ob die Jagd für die prekäre Bestandssituation beim Rebhuhn allein oder überwiegend verantwortlich ist, kommt es nicht an. Entscheidend ist insofern, ob die Fortsetzung der Jagd die Erhaltung beziehungsweise Wiederherstellung eines artenreichen Wildbestandes gefährden würde oder nicht. Der Senat hat zur Kenntnis genommen, dass es auch nach Auffassung des Beklagten anerkennenswerte freiwillige Hegemaßnahmen zur Erhaltung und Vergrößerung des Rebhuhnbestandes in der Vergangenheit durch die Jägerschaft gegeben hat. Dies ändert jedoch nichts daran, dass angesichts der Bestandssituation der Verordnungsgeber sich für die beanstandete Regelung entscheiden durfte. Sollten sich die Bestände in der freien Landschaft deutlich erholen, wird der Verordnungsgeber die Wiederzulassung der Bejagung des Rebhuhns in Erwägung ziehen müssen, was er auch in Aussicht gestellt hat.
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Dem Antragsteller verbleibt auch in Ansehung der von ihm angegriffenen Jagdzeitenregelung noch eine Vielfalt an Möglichkeiten für die Ausübung der Jagd. In diesem Zusammenhang lässt sich entgegen der Auffassung des Antragstellers die Rechtswidrigkeit der angegriffenen Regelung in der Landesjagdzeitenverordnung auch nicht unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur spezifischen Problematik kumulativer Grundrechtseigriffe begründen. Richtig ist, dass mehrere für sich betrachtet möglicherweise angemessene oder zumutbare Eingriffe in grundrechtlich geschützte Bereiche in ihrer Gesamtwirkung zu einer schwerwiegenden Beeinträchtigung führen können, die das Maß der rechtsstaatlichen hinnehmbaren Eingriffsintensität überschreitet. Kumulativen oder “additiven“ Grundrechtseingriffen (vgl. BVerfGE 112, 304, 319 f.; 114, 196, 247; 123, 186, 266) wohnt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ein spezifisches Gefährdungspotential für grundrechtlich geschützte Freiheiten inne (vgl. BVerfGE 112, 304, 319 f). Ob eine Kumulation von Grundrechten das Maß der rechtsstaatlich hinnehmbaren Eingriffsintensität noch wahrt, hängt hiernach von einer Abwägung aller Umstände ab (BVerfG, Beschl. v.27.03.2012- 2 BvR 2258/09 -, BVerfGE 130, 372 ff.).
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Diese Rechtsprechung ist im Rahmen der Überprüfung, ob belastende Regelungen insgesamt den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wahren, zu berücksichtigen. Es ändert aber nichts daran, dass – worauf der Antragsgegner zu Recht hingewiesen hat – von einem Leerlaufen des Jagdausübungsrechtes nicht die Rede sein kann, nur weil die Jagdzeit für eine einzelne Tierart beschränkt oder im Einzelfall aufgehoben wird. Auch wenn die Jagd auf bestimmte Tierarten nicht mehr bzw. nicht mehr im bisherigen Umfang ausgeübt werden kann, läuft das Jagdausübungsrecht insgesamt nicht leer. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Verordnungsgeber bei der Regelung von Schonzeiten auf der Grundlage des § 17a LJagdG einen verhältnismäßig weiten Gestaltungsspielraum hat sowie des weiteren Umstandes, dass die Geltungsdauer der Rechtsverordnung auf fünf Jahre beschränkt ist und – wie der Antragsgegner auch vorgetragen hat – gegebenenfalls hinsichtlich der Jagdzeiten bei Vorliegen entsprechender Erkenntnisse künftig modifiziert wird, ist ein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu verneinen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Referenzen
- §§ 17a und 38 LJagdG 2x (nicht zugeordnet)
- §§ 1 Abs. 4, 11 LJagdG 2x (nicht zugeordnet)
- §§ 53 ff LVwG 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung 1x
- ZPO § 711 Abwendungsbefugnis 1x
- VwGO § 47 5x
- § 17a LJagdG 13x (nicht zugeordnet)
- BJagdG § 27 Verhinderung übermäßigen Wildschadens 2x
- BJagdG § 2 Tierarten 2x
- BJagdG § 22 Jagd- und Schonzeiten 2x
- VwGO § 167 1x
- § 2 Abs. 2 JagdzeitenVO 2x (nicht zugeordnet)
- BJagdG § 1 Inhalt des Jagdrechts 17x
- BJagdG § 11 Jagdpacht 1x
- § 44 Abs. 4 Satz 3 BNatSchG 4x (nicht zugeordnet)
- § 56 Abs. 1 Nr. 1 LVwG 1x (nicht zugeordnet)
- § 62 Abs. 1 LVwG 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 154 1x
- 1 KN 27/03 2x (nicht zugeordnet)
- 1 KN 24/03 1x (nicht zugeordnet)
- 2 BvR 2258/09 1x (nicht zugeordnet)