Urteil vom Oberverwaltungsgericht des Saarlandes - 3 C 307/09
Tenor
Der Bescheid des Beklagten vom 3. März 2009 – AZ.: – wird aufgehoben, soweit es der Beklagte abgelehnt hat, das Monitoringkonzept der Klägerin über die darin enthaltenen Erleichterungen bzw. Abweichungen von den Monitoring-Leitlinien hinaus zu genehmigen.
Der Beklagte wird verpflichtet, das Monitoringkonzept der Klägerin für das Kraftwerk (Stand 05.02.2009) für die Handelsperiode 2008 bis 2012 mit Wirkung ab dem Kalenderjahr 2008 zu genehmigen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Mit ihrer am 1.4.2009 erhobenen Klage begehrt die Klägerin die vollumfängliche Genehmigung ihres mit Antrag vom 30.1.2009 vorgelegten Monitoringkonzepts für das Kraftwerk (Stand 5.2.2009).
Mit Bescheid vom 3.3.2009 – AZ.: – erteilte der Beklagte der Klägerin die Genehmigung der Erleichterungen bzw. Abweichungen von den Monitoring-Leitlinien (Nrn. I, 1. bis 4. des Bescheides). Die darüber hinausgehende vollumfängliche Genehmigung ihres mit Antrag vom 30.1.2009 vorgelegten Monitoringkonzepts lehnte er ab.
Die Klägerin beantragt,
1. den Bescheid des Beklagten vom 3. März 2009 – AZ.: – aufzuheben, soweit es der Beklagte abgelehnt hat, das Monitoringkonzept der Klägerin über die darin enthaltenen Erleichterungen bzw. Abweichungen von den Monitoring-Leitlinien hinaus zu genehmigen
2. den Beklagten zu verpflichten, das Monitoringkonzept der Klägerin für das Kraftwerk für die Handelsperiode 2008 bis 2012 mit Wirkung ab dem Kalenderjahr 2008 zu genehmigen,
hilfsweise,
den Beklagten zu verpflichten, über den Antrag der Klägerin auf Genehmigung ihres Monitoringkonzepts für das Kraftwerk für die Handelsperiode 2008 bis 2012 mit Wirkung ab dem Kalenderjahr 2008 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Der Beklagte verwies zunächst darauf, dass zu der damit aufgeworfenen Rechtsfrage, ob das von Anlagenbetreibern wie der Klägerin vorgelegte Monitoringkonzept nach dem Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz (TEHG) einer vollumfänglichen Genehmigung bedarf, wie die Klägerin meint, oder ob nur die Abweichungen vom Grundkonzept der Leitlinien der Genehmigung durch die zuständigen Landesbehörden bedürfen, wovon der Bescheid des Beklagten vom 3.3.2009 ausgeht, eine Sprungrevision gegen ein die Auffassung der Klägerin bejahendes Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vor dem Bundesverwaltungsgericht anhängig sei.
Nachdem das Bundesverwaltungsgericht durch Urteil vom 18.2.2010 - in dem Verfahren BVerwG 7 C 10.09 – entschieden hatte, dass die für den Vollzug der §§ 4 und 5 TEHG zuständigen Landesbehörden verpflichtet sind, die von den betroffenen Unternehmen erstellten Monitoringkonzepte zu überprüfen und – bei Übereinstimmung mit den dafür geltenden Bestimmungen – vollumfänglich zu genehmigen, hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 8.3.2010 den in der Klageschrift im Hauptantrag geltend gemachten Klageanspruch anerkannt.
Die Klägerin hat daraufhin mit Schriftsatz vom 24.3.2010 den Erlass eines Anerkenntnisurteils beantragt.
Entscheidungsgründe
Das erkennende Gericht ist für die Entscheidung über den geltend gemachten Klageanspruch gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 VwGO im ersten Rechtszug zuständig.
Nach Anerkennung des in der Klageschrift im Hauptantrag geltend gemachten Klageanspruchs war der Beklagte auf den entsprechenden Antrag der Klägerin im Wege des Anerkenntnisurteils gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 307 ZPO antragsgemäß zu verurteilen.
Auch im Verwaltungsrechtsstreit ist es dem Beklagten unbenommen, den Klageanspruch anzuerkennen. Die Möglichkeit eines Anerkenntnisses wird in § 87 a Abs. 1 Nr. 2 und § 156 VwGO vorausgesetzt. Dies ist Ausdruck der auch im Verwaltungsprozess geltenden Dispositionsmaxime, die den Beteiligten die Befugnis sichert, über den Streitgegenstand zu verfügen. Auch § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO schließt eine entsprechende Anwendung des § 307 ZPO nicht aus. Der Untersuchungsgrundsatz, durch den die Sammlung des Tatsachenmaterials gesteuert wird, läßt die Befugnis der Beteiligten unberührt, über das Prozessrechtsverhältnis zu disponieren.
BVerwG, Gerichtsbescheid vom 07.01.1997 - 4 A 20/95 - , NVwZ 1997, 576, mit zahlreichen weiteren Nachweisen; OVG Hamburg, Urteil vom 26.8.1976 – Bf II 43/75 -, NJW 1977, 214; ebenso Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand 7-2009, § 87 a Rdnr. 31; Eyermann, VwGO, 12. Aufl., § 87 a Rdnr. 9; Bader, VwGO, 4. Aufl., § 87 a Rdnr. 11.
Die Verwaltungsgerichtsordnung äußert sich zwar nicht ausdrücklich zur Zulässigkeit eines Anerkenntnisurteils. Jedoch gibt es keine grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten im Sinne des § 173 Satz 1 VwGO, die eine entsprechende Anwendung des § 307 ZPO im Verwaltungsprozess ausschließen
BVerwG, Gerichtsbescheid vom 07.01.1997, a.a.O.; OVG Hamburg, Urteil vom 26.8.1976 – a.a.O.; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand 7-2009, § 87 a Rdnr. 31; Eyermann, VwGO, 12. Aufl., § 87 a Rdnr. 9.
Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand 7-2009, § 87 a Rdnr. 31; Eyermann, VwGO, 12. Aufl., § 87 a Rdnr. 9; Bader, VwGO,4. Aufl., § 87 a Rdnr. 11.
Nach der genannten Vorschrift entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht, der Vorsitzende – im Falle der Bestellung eines Berichterstatters dieser – u.a. bei Zurücknahme der Klage, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs. Das Gesetz selbst definiert den Begriff des vorbereitenden Verfahrens zwar nicht, jedoch ist er nach Sinn und Zweck der Regelung weit auszulegen
OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 22.1.1992 – 45/91 -; Beschluss des Senats vom 25.10.1991 - 3 W 35/91 -,
denn durch § 87 a VwGO sollen die Möglichkeiten eines arbeitsteiligen Vorgehens in einem mit mehreren Richtern besetzten Spruchkörper in optimaler Weise genutzt werden. Da es sich bei dem Anerkenntnisurteil zudem um ein Prozessurteil handelt, das aufgrund der prozessualen Anerkenntniserklärung des Beklagten ergeht und bei dem mit Ausnahme der Verfügungsbefugnis der Beteiligten grundsätzlich keine Sachprüfung mehr vorgenommen wird,
vgl. Brandenburgisches OLG, Urteil vom 31.3.2009, - 6 U 150/07 – zit. nach juris; Eyermann, VwGO, 12. Aufl., § 87 a Rdnr. 9
bestehen keine Bedenken, die Auslegung der Vorschrift des § 87 a Abs. 1 Nr. 2 VwGO im Falle eines Anerkenntnisses auch auf den Erlass eines entsprechenden Anerkenntnisurteils zu erstrecken.
Der Durchführung einer mündlichen Verhandlung für den Erlass eines Anerkenntnisurteils bedarf es gemäß §§ 173 VwGO, 307 Satz 2 ZPO nicht.
Der Beklagte hat den im Hauptantrag geltend gemachten Klageantrag ohne Einschränkung anerkannt. Er ist auch berechtigt, über den geltend gemachten materiellen Anspruch zu verfügen. Die Erteilung einer vollumfänglichen statt einer nur teilweisen Genehmigung des Monitoringkonzepts der Klägerin ist nicht nur rechtlich möglich, sondern nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 18.2.2010 - 7 C 10.09 -) bei Übereinstimmung mit den dafür geltenden Bestimmungen auch geboten. Der Beklagte war daher gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 307 ZPO antragsgemäß im Wege des Anerkenntnisurteils zu verurteilen
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Eine Anwendung des § 156 VwGO kommt nicht in Betracht, da der Beklagte den Anspruch nicht sofort, sondern erst nach Erlass des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.2.2010 (- 7 C 10.09 -) anerkannt hat.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 5.000,- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG). Die Festsetzung orientiert sich an den Empfehlungen unter Nr. 19.1 (Immissionsschutzrecht) des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004. Da im vorliegenden Klageverfahren nicht die Genehmigungsfähigkeit, sondern lediglich die Genehmigungsbedürftigkeit des Monitoringkonzepts der Klägerin im Streit stand, war die Festsetzung des Auffangwertes angemessen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
Gründe
Das erkennende Gericht ist für die Entscheidung über den geltend gemachten Klageanspruch gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 VwGO im ersten Rechtszug zuständig.
Nach Anerkennung des in der Klageschrift im Hauptantrag geltend gemachten Klageanspruchs war der Beklagte auf den entsprechenden Antrag der Klägerin im Wege des Anerkenntnisurteils gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 307 ZPO antragsgemäß zu verurteilen.
Auch im Verwaltungsrechtsstreit ist es dem Beklagten unbenommen, den Klageanspruch anzuerkennen. Die Möglichkeit eines Anerkenntnisses wird in § 87 a Abs. 1 Nr. 2 und § 156 VwGO vorausgesetzt. Dies ist Ausdruck der auch im Verwaltungsprozess geltenden Dispositionsmaxime, die den Beteiligten die Befugnis sichert, über den Streitgegenstand zu verfügen. Auch § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO schließt eine entsprechende Anwendung des § 307 ZPO nicht aus. Der Untersuchungsgrundsatz, durch den die Sammlung des Tatsachenmaterials gesteuert wird, läßt die Befugnis der Beteiligten unberührt, über das Prozessrechtsverhältnis zu disponieren.
BVerwG, Gerichtsbescheid vom 07.01.1997 - 4 A 20/95 - , NVwZ 1997, 576, mit zahlreichen weiteren Nachweisen; OVG Hamburg, Urteil vom 26.8.1976 – Bf II 43/75 -, NJW 1977, 214; ebenso Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand 7-2009, § 87 a Rdnr. 31; Eyermann, VwGO, 12. Aufl., § 87 a Rdnr. 9; Bader, VwGO, 4. Aufl., § 87 a Rdnr. 11.
Die Verwaltungsgerichtsordnung äußert sich zwar nicht ausdrücklich zur Zulässigkeit eines Anerkenntnisurteils. Jedoch gibt es keine grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten im Sinne des § 173 Satz 1 VwGO, die eine entsprechende Anwendung des § 307 ZPO im Verwaltungsprozess ausschließen
BVerwG, Gerichtsbescheid vom 07.01.1997, a.a.O.; OVG Hamburg, Urteil vom 26.8.1976 – a.a.O.; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand 7-2009, § 87 a Rdnr. 31; Eyermann, VwGO, 12. Aufl., § 87 a Rdnr. 9.
Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand 7-2009, § 87 a Rdnr. 31; Eyermann, VwGO, 12. Aufl., § 87 a Rdnr. 9; Bader, VwGO,4. Aufl., § 87 a Rdnr. 11.
Nach der genannten Vorschrift entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht, der Vorsitzende – im Falle der Bestellung eines Berichterstatters dieser – u.a. bei Zurücknahme der Klage, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs. Das Gesetz selbst definiert den Begriff des vorbereitenden Verfahrens zwar nicht, jedoch ist er nach Sinn und Zweck der Regelung weit auszulegen
OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 22.1.1992 – 45/91 -; Beschluss des Senats vom 25.10.1991 - 3 W 35/91 -,
denn durch § 87 a VwGO sollen die Möglichkeiten eines arbeitsteiligen Vorgehens in einem mit mehreren Richtern besetzten Spruchkörper in optimaler Weise genutzt werden. Da es sich bei dem Anerkenntnisurteil zudem um ein Prozessurteil handelt, das aufgrund der prozessualen Anerkenntniserklärung des Beklagten ergeht und bei dem mit Ausnahme der Verfügungsbefugnis der Beteiligten grundsätzlich keine Sachprüfung mehr vorgenommen wird,
vgl. Brandenburgisches OLG, Urteil vom 31.3.2009, - 6 U 150/07 – zit. nach juris; Eyermann, VwGO, 12. Aufl., § 87 a Rdnr. 9
bestehen keine Bedenken, die Auslegung der Vorschrift des § 87 a Abs. 1 Nr. 2 VwGO im Falle eines Anerkenntnisses auch auf den Erlass eines entsprechenden Anerkenntnisurteils zu erstrecken.
Der Durchführung einer mündlichen Verhandlung für den Erlass eines Anerkenntnisurteils bedarf es gemäß §§ 173 VwGO, 307 Satz 2 ZPO nicht.
Der Beklagte hat den im Hauptantrag geltend gemachten Klageantrag ohne Einschränkung anerkannt. Er ist auch berechtigt, über den geltend gemachten materiellen Anspruch zu verfügen. Die Erteilung einer vollumfänglichen statt einer nur teilweisen Genehmigung des Monitoringkonzepts der Klägerin ist nicht nur rechtlich möglich, sondern nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 18.2.2010 - 7 C 10.09 -) bei Übereinstimmung mit den dafür geltenden Bestimmungen auch geboten. Der Beklagte war daher gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 307 ZPO antragsgemäß im Wege des Anerkenntnisurteils zu verurteilen
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Eine Anwendung des § 156 VwGO kommt nicht in Betracht, da der Beklagte den Anspruch nicht sofort, sondern erst nach Erlass des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.2.2010 (- 7 C 10.09 -) anerkannt hat.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 5.000,- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG). Die Festsetzung orientiert sich an den Empfehlungen unter Nr. 19.1 (Immissionsschutzrecht) des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004. Da im vorliegenden Klageverfahren nicht die Genehmigungsfähigkeit, sondern lediglich die Genehmigungsbedürftigkeit des Monitoringkonzepts der Klägerin im Streit stand, war die Festsetzung des Auffangwertes angemessen.