Beschluss vom Oberverwaltungsgericht des Saarlandes - 2 A 91/20

Tenor

Der Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 6. Februar 2020 – 3 K 1581/18 –, soweit damit der Klage entsprochen wurde, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des gerichtskostenfreien Zulassungsverfahrens trägt der Beklagte.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 791,35 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Kläger begehren als Rechtsanwälte die Erstattung von eigenen Kosten eines Widerspruchsverfahrens, in dem die Klägerin als Bevollmächtigte tätig geworden ist. Sie vereinbarten mit Frau N.K., die Abtretung von Forderungen aus einem Rechtsverhältnis mit der Unterhaltsvorschusskasse des Beklagten, von der sie für ihre beiden Kinder S.K. und Ay.K., zunächst Unterhaltsvorschussleistungen erhalten hatte. Im Oktober 2017 stellte das Jugendamt des Beklagten die Leistungen zum Ende dieses Monats ein.(vgl. die Bescheide jeweils vom 26.10.2017 – 51.49.027211 – betreffend das Kind Ay.K., und 51.49.021530 – betreffend S.K.) Zur Begründung wurde ausgeführt, Frau K. habe bei einer persönlichen Vorsprache erklärt, dass sie und der Vater der Kinder sich gemeinsam um die Kinder kümmerten.(vgl. dazu den Aktenvermerk des Beklagten vom 13.10.2017) Damit lägen die Voraussetzungen des Unterhaltsvorschussgesetzes (UVG) nicht mehr vor.

Dagegen erhoben beide Töchter – vertreten durch die Klägerin – im November 2017 Widersprüche. Zentraler Streitpunkt dieses Verfahrens war die Frage, ob die Mutter die zitierte Erklärung abgegeben hatte. Diese führte aus, sie habe lediglich mitgeteilt, dass der Vater die Kinder drei- bis viermal für ein oder zwei Stunden sehen dürfe, sie aber weiter allein sorgeberechtigt sei.

In der Sitzung des Rechtsausschusses des Beklagten im Februar 2018, an der auch die Klägerin als damalige Bevollmächtigte teilgenommen hat, machte Frau K. erneut Angaben zu den Einzelheiten der Betreuung der Kinder.

Daraufhin wurden beide Widerspruchsverfahren ausgesetzt. Dem Jugendamt wurde aufgegeben, zu klären, ob dem Widerspruch abgeholfen werde.

Im März 2018 wurde den Widersprüchen beider Kinder vom Beklagten abgeholfen und die Unterhaltsvorschussleistungen wurden rückwirkend zum November 2017 erneut bewilligt.(vgl. dazu die „Änderungsbescheide“ des Beklagten vom 8.3.2018 – 51.49.027211 – betreffend das Kind Ay.K., und 51.49.021530 – betreffend S.K.) Eine Kostengrundentscheidung enthielten die Bescheide nicht.

Eine förmliche Einstellung der Widerspruchsverfahren durch den Rechtsausschuss erfolgte anschließend nicht. Eine Kostengrundentscheidung für die Vorverfahren wurde ebenfalls nicht getroffen.

Mit Schreiben vom 22.3.2018 reichte die Klägerin beim Beklagten eine Kostennote über 791,35 EUR ein und wies darauf hin, dass dieser zur Übernahme der Kosten verpflichtet sei, nachdem er den Widersprüchen abgeholfen habe.

Der Beklagte verweigerte die Begleichung der Rechnung mit dem Hinweis, dass die Notwendigkeit einer Hinzuziehung eines Bevollmächtigten in dem Vorverfahren weder beantragt noch festgestellt und auch nicht „vonnöten“ sei.

Daraufhin beantragte die Klägerin im April 2018 beim Beklagten, festzustellen, dass ihre Inanspruchnahme erforderlich gewesen sei. Diesen Antrag wies das Jugendamt des Beklagten erneut zurück. In der Begründung heißt es, die Mutter der Mandantinnen habe im Oktober 2017 gegenüber dem Jugendamt Angaben gemacht, die zur Einstellung der Leistungen geführt hätten. Es habe nicht der Hinzuziehung einer Bevollmächtigten bedurft, um diese Angaben zu berichtigen. Eine Verdoppelung der Kosten, weil es sich um zwei Kinder handele, sei „ungebührlich“ und könne nicht nachvollzogen werden.

Im August 2018 beantragte die Klägerin nochmals ohne Erfolg beim Jugendamt des Beklagten, die Notwendigkeit der Hinzuziehung auszusprechen und eine Kostengrundentscheidung zu treffen.

Zur Begründung ihrer im Oktober 2018 erhobenen Klage, mit der sie die Verpflichtung des Beklagten begehrt haben, „auszusprechen, dass die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe in beiden Widerspruchsverfahren notwendig war“, und die Kosten des Widerspruchsverfahrens zu tragen, haben die Kläger unter anderem ausgeführt, ihnen stehe ein Anspruch auf eine Kostenentscheidung und auf die Feststellung zu, dass ihre Inanspruchnahme im Vorverfahren notwendig gewesen sei. Die Mutter der Mandantinnen sei türkischstämmig, habe keine abgeschlossene Berufsausbildung und auch eine nur sehr rudimentäre Schulbildung. Juristische Begriffe wie „gemeinsam für die Kinder sorgen“ oder „der Vater sorgt auch mit für den Unterhalt der Kinder“ lege sie aus ihrer Sicht völlig anders aus. Ihr sei nicht bewusst gewesen, dass ihre Aussagen juristisch so interpretiert würden, als würden die Kinder von beiden Elternteilen gemeinsam versorgt. Sie habe in der öffentlichen Sitzung des Rechtsausschusses dezidiert dargestellt, dass sie sich allein um die Kinder kümmere und dass der Vater nach langen Jahren ein verbindliches Besuchsrecht akzeptiert habe. Hierzu sei sie ohne Hinzuziehung der Klägerin nicht in der Lage gewesen. Dass es sich um zwei verschiedene Angelegenheiten handele, ergebe sich aus den unterschiedlichen Bescheiden.

Der Beklagte ist dem entgegen getreten und hat im Wesentlichen geltend gemacht, die Mutter der Mandantinnen der Klägerin habe bei der Unterhaltsvorschussstelle ohne anwaltliche Hilfe angegeben, dass der Kindesvater sich umfassend mit um die Kinder kümmere. In der Sitzung des Rechtsausschusses sei ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass die abweichenden Angaben, die sie beim Jugendamt gemacht habe, der Tatsache geschuldet seien, dass sie zu dieser Zeit in einer Maßnahme des Jobcenters gewesen sei und sie sich erst ab dem 23.10.2017 intensiver um die Kinder kümmere. Das verdeutliche, dass nicht juristische Grundbegriffe falsch verstanden worden seien, sondern dass sich erst im Nachhinein die Besuchskontakte des Kindesvaters wieder so geändert hätten, dass die Voraussetzungen für den Unterhaltsvorschuss wieder gegeben gewesen seien. Lediglich die Bewertung der Tatsache, dass die Besuchskontakte ab 23.10.2017 nicht mehr in dem Umfang stattgefunden hätten, wie vorher von der Mutter angegeben, habe die Unterhaltsvorschusskasse dazu bewogen, dem Widerspruch abzuhelfen.

Im Februar 2020 hat das Verwaltungsgericht den Beklagten unter Abweisung der Klage im Übrigen verpflichtet, in den vor dem Rechtsausschuss stattgefundenen Vorverfahren eine Kostengrundentscheidung zu treffen und jeweils die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten festzustellen. In der Begründung heißt es unter anderem, habe es die Behörde abgelehnt, die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren durch den Erstattungsberechtigten festzustellen, sei hiergegen eine Verpflichtungsklage des Erstattungsberechtigten statthaft. Die Kläger seien auch klagebefugt, nachdem die damalige Widerspruchsführerin ihre Forderungen aus dem Rechtsverhältnis mit dem Beklagten an sie abgetreten habe. Dem stehe nicht entgegen, dass die abgetretene Forderung mangels Kostenentscheidung und Feststellung der Notwendigkeit der Inanspruchnahme in den Vorverfahren „gerade noch nicht bestehe“. Die Kläger hätten einen Anspruch darauf, dass in den einzustellenden Vorverfahren jeweils eine Kostengrundentscheidung getroffen werde, nachdem sich die Verfahren durch die Abhilfeentscheidungen auf andere Weise erledigt hätten. Für diesen förmlichen Abschluss des Verfahrens spreche neben § 73 Abs. 1 Satz 1 VwGO, wonach die Widerspruchsbehörde (immer) einen Widerspruchsbescheid zu erlassen habe, damit das Vorverfahren beendet werde, auch der Wortlaut des § 9a Abs. 4 SaarlGebG. Danach sei von Amts wegen über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sachstands nach billigem Ermessen entschieden, wenn sich ein Widerspruch auf andere Weise als durch eine Entscheidung erledige. Die Kostenentscheidung bestimme auch, ob die Zuziehung eines Rechtsanwalts notwendig gewesen sei oder nicht. Die Aussetzung des Verfahrens entbinde die Behörde nicht davon, eine Kostenentscheidung zu treffen, da die Widerspruchsverfahren zum Zeitpunkt ihrer Erledigung bei ihr anhängig gewesen seien. Der Inhalt der Kostenentscheidung obliege dem Rechtsausschuss des Beklagten. Dieser habe die Kostenentscheidung unter Berücksichtigung des bisherigen Sachstands nach billigem Ermessen zu treffen. Da hiervon bisher kein Gebrauch gemacht worden sei, sei der Beklagte nach § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO zur erstmaligen Bescheidung zu verpflichten gewesen. Mit Blick auf die unterschiedliche Bewertung des Sachvortrags der Widerspruchsführerin und den divergierenden Vortrag der Beteiligten zum Grund der Abhilfeentscheidung sei für eine Ermessensreduzierung auf Null hier nichts ersichtlich. Der weiter begehrte Ausspruch, der Beklagte habe die Kosten des Widerspruchsverfahrens zu tragen, unterliege daher der Abweisung. Die Kläger hätten indes bereits jetzt einen Anspruch darauf, dass der Beklagte in der von ihm noch zu treffenden Kostengrundentscheidung die Zuziehung eines Bevollmächtigten in den Vorverfahren für notwendig erkläre. Ob die Hinzuziehung notwendig sei oder nicht, sei eine reine Rechtsfrage. Die Behörde habe insoweit keinen Ermessensspielraum. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren unter Würdigung der jeweiligen Verhältnisse vom Standpunkt einer verständigen Partei aus zu beurteilen. Maßgebend sei, ob sich ein vernünftiger Bürger mit gleichem Bildungs- und Erfahrungsstand bei der gegebenen Sachlage eines Rechtsanwalts oder sonstigen Bevollmächtigten bedient hätte. Notwendig sei die Hinzuziehung, wenn es der Partei nach ihren persönlichen Verhältnissen und wegen der Schwierigkeit der Sache nicht zuzumuten gewesen sei, das Vorverfahren selbst zu führen. Es komme darauf an, wie sich die Situation zum Zeitpunkt der Bevollmächtigung dargestellt habe. In diesem Zeitpunkt stelle sich für den Widerspruchsführer die Frage, ob es angesichts seiner persönlichen Verhältnisse und wegen der Schwierigkeit der Sache zumutbar sei, das Vorverfahren selbst zu führen, wobei auch die Bedeutung der Streitsache für den Widerspruchsführer zu berücksichtigen sei. Unerheblich sei, ob die in den Vorverfahren durch den Bevollmächtigten vorgetragenen Erwägungen letztlich für die Abhilfe beziehungsweise für die Widerspruchsentscheidung maßgeblich gewesen seien. Im Zeitpunkt der ex-ante-Beurteilung sei es für den Widerspruchsführer nicht möglich, abzusehen, welche Erwägungen für die Entscheidung der Ausgangs beziehungsweise der Widerspruchsbehörde von Bedeutung seien. Unter Beachtung dieser Grundsätze sei die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten vorliegend als notwendig anzusehen. Bei Beauftragung ihrer Bevollmächtigten sei es der Mutter der Mandantinnen nicht zumutbar gewesen, die Vorverfahren als gesetzliche Vertreterin ohne Beistand eines Rechtsanwaltes zu führen. Es sei mit Blick auf das betroffene Rechtsgebiet des Unterhaltsvorschussrechts und die sich konkret stellenden Tatsachen- und Rechtsfragen nicht ersichtlich gewesen, dass es sich um einen einfach gelagerten Sachverhalt gehandelt habe. Soweit aufgrund wechselnder tatsächlicher Verhältnisse im Betreuungsverhältnis der Kinder beziehungsweise divergierender Angaben hierzu, wie der Beklagte im gerichtlichen Verfahren vortrage, zum Zeitpunkt der belastenden Bescheide vom Oktober 2017 die Voraussetzungen für die Zahlung des Vorschusses schon wieder vorgelegen hätten, weil sich die Mutter wieder vollumfänglich um ihre Kinder gekümmert habe, führe dieser Umstand zu keiner anderen Beurteilung. Der Beklagte verkenne, dass sein Jugendamt den eingelegten Widersprüchen trotz der ihm obliegenden Amtsermittlungspflicht nicht etwa abgeholfen, sondern an seiner Auffassung und insbesondere der Bewertung der tatsächlichen Angaben der Mutter festgehalten habe. Damit sei es ihr im Zeitpunkt der Beauftragung ihrer Bevollmächtigten am Anfang November 2017 nach ihren persönlichen Verhältnissen sowie der Lage des Verfahrens unzumutbar gewesen, die Vorverfahren ohne Beistand eines Rechtsanwalts selbst zu führen.

Der Beklagte begehrt die Zulassung der Berufung gegen das Urteil.

II.

Der Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung (§§ 124a Abs. 4, 124 Abs. 1 VwGO) gegen das Urteil vom 6.2.2020 – 3 K 1581/18 –, soweit das Verwaltungsgericht darin der Klage der Kläger (teilweise) entsprochen hat, ist zulässig aber unbegründet. Das den gerichtlichen Prüfungsumfang für das Beschwerdeverfahren mit Blick auf das Darlegungserfordernis (§ 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO) begrenzende Vorbringen in der Antragsbegründung vom 5.3.2020 rechtfertigt nicht die Annahme ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) oder einer „besonderen“ rechtlichen beziehungsweise tatsächlichen Schwierigkeit (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) und zeigt auch keine grundsätzliche Bedeutung der Sache im Verständnis des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO auf.

Die Kläger begehren im Ergebnis die Erstattung der durch ihre Beauftragung in den beiden Widerspruchsverfahren entstandenen Kosten für die Wahrnehmung der Interessen der damaligen Widerspruchsführerinnen Ay.K. und S.K. aus abgetretenem Recht. Da sich die Erstattungsforderung nach den insoweit unabhängig vom Rechtsweg maßgeblichen §§ 2 Abs. 2 Nr. 3 SVwVfG, 63 SGB X(vgl. allgemein dazu Neumann in Hauck/Noftz, SGB X, Loseblatt K § 1 Rn 28) gegebenenfalls gegen den Rechtsträger richtet, dessen Behörde die angefochtenen Einstellungsbescheide vom 26.10.2017 erlassen hat, ist richtiger Beklagter hier der von den Klägern in der Klageschrift 8.10.2018 zutreffend im Passivrubrum so bezeichnete Regionalverband Saarbrücken.

1. Der Vortrag des Beklagten trägt nicht die geltend gemachten, allein am Maßstab der Ergebnisfehlerhaftigkeit zu beurteilenden ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).(vgl. dazu allgemein OVG des Saarlandes, Beschluss vom 21.6.2002 – 1 Q 55/01 –, SKZ 2002, 289, Leitsatz Nr. 15, seither st. Rspr.)

Wenn der Beklagte an erster Stelle einwendet, dass das vom Verwaltungsgericht als Verpflichtungsklage angesehene Rechtsschutzbegehren der Kläger mangels Durchführung eines nach § 68 Abs. 2 VwGO auch für diese Klageart vorgeschriebenen Vorverfahrens unzulässig sei, drängt es sich auf, dass dem Beklagten, der – wie zu zeigen sein wird – verpflichtet gewesen ist, eine Kostenregelung zu treffen, eine Berufung hierauf schon mit Blick auf den allgemeinen Rechtsgrundsatz widersprüchlichen Verhaltens (venire contra factum proprium) zu versagen wäre. Das mag indes nach den Abläufen im konkreten Fall dahinstehen. Nachdem das Jugendamt des Beklagten als „Ausgangsbehörde“ unter dem 11.4.2018 die beide Verfahren betreffende Kostennote der Klägerin zurückgewiesen hatte, hat diese sich zunächst mit Schreiben vom 24.4.2018 erneut mit der Bitte an den Beklagten gewandt, „ausdrücklich auszusprechen“, das ihre Inanspruchnahme erforderlich gewesen sei, und dann – nach neuerlicher Ablehnung dieses Ersuchens durch das vom Beklagten ungeachtet des Fehlens einer Rechtsbehelfsbelehrung als „rechtsmittelfähiger Bescheid“ angesehene Schreiben 30.4.2018 – im August 2018 erneut „ausdrücklich beantragt“ auszusprechen, dass die Hinzuziehung notwendig war und dass der Regionalverband die Kosten zu tragen habe. Das ist nicht geschehen. Daher hätten im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts über die im Oktober 2018 erhobene Klage allein schon im Hinblick auf den § 75 Satz 1 VwGO unter dem Aspekt keine Bedenken gegen das Vorliegen dieser Sachentscheidungsvoraussetzung bestanden.

Soweit der Beklagte anschließend geltend macht, das Verwaltungsgericht habe ausweislich seiner Urteilsbegründung zu Unrecht den Rechtsausschuss beim Regionalverband als verpflichtet angesehen, eine Kostenentscheidung zu treffen, ist nach der Gesetzeslage klar, dass im Falle einer wie hier uneingeschränkten und auch nach Vorlage des Widerspruchs an den Rechtsausschuss nach wie vor zulässigen Abhilfeentscheidung durch das Jugendamt beim Beklagten als „Ausgangsbehörde“ nach dem eindeutigen Wortlaut des § 72 VwGO allein diese „über die Kosten entscheidet“. Da die Einstellung der Leistungen nach § 1 UVG für beide Widerspruchsführerinnen ursprünglich zum Ende Oktober 2017 angeordnet worden war, in den Bescheiden vom 8.3.2018, in denen ausdrücklich die Rede davon ist, dass den Rechtsbehelfen „abgeholfen“ werden könne, diese rückwirkend zum 1.11.2017 wieder bewilligt wurden, handelte es sich – auch bezogen auf den Leistungszeitraum – um eine vollständige Abhilfe, so dass gleichzeitig uneingeschränkt über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden war. Das ist unstreitig nicht geschehen. Des ungeachtet hat das Verwaltungsgericht „seinen“ Beklagten, den „Regionalverbandsdirektor“ als Behörde – nicht explizit den Rechtsausschuss – im Tenor des erstinstanzlichen Urteils verpflichtet, „in den vor dem Rechtsausschuss ... stattgefundenen Vorverfahren ... jeweils eines Kostengrundentscheidung zu treffen“. Unter Zugrundelegung des vom Verwaltungsgericht als einschlägig erachteten „Behördenprinzips“ nach § 19 Abs. 2 AGVwGO betrifft dieser Verpflichtungsausspruch – gleichgültig ob er auf den Ausschuss oder, was richtig ist, das Jugendamt als abhelfende „Ausgangsbehörde“ zielt – Behörden desselben Rechtsträgers, die untereinander ungeachtet der fehlenden Weisungsbefugnis des Regionalverbandsdirektors gegenüber dem Ausschuss beide nur unselbständige, gegeneinander nicht mit eigenen Außenrechtspositionen versehene Untergliederungen desselben Rechtsträgers darstellen.(vgl. etwa zur Unzulässigkeit – erst Recht – der Klage der Landeshauptstadt Saarbrücken gegen eine Entscheidung des bei ihr angesiedelten Stadtrechtsausschusses OVG des Saarlandes, Urteil vom 20.2.1989 – 1 R 105/87 –, NVwZ 1990, 174) Der Verpflichtungsausspruch des Verwaltungsgerichts zwingt daher nicht entgegen dem § 72 VwGO zu einer Entscheidung durch den Rechtsausschuss des Beklagten.

Auch darüber hinaus erweist sich die Entscheidung des Verwaltungsgerichts aus Sicht des Beklagten nicht als – im Ergebnis – unrichtig im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Das Verwaltungsgericht hat in dem Zusammenhang ferner gemeint, dass dem Beklagten auf der Grundlage des die Festsetzung des Erstattungsbetrages und damit die reine Kostenberechnung betreffenden § 63 Abs. 3 SGB X(vgl. dazu Kunze in Bader/Ronellenfitsch, VwVfG, 2010, § 80 Rn 95 ff.) eine in sein Ermessen gestellte „Kostenentscheidung“ obliege. Dem kann nicht gefolgt werden. Dass das Verwaltungsgericht daher in dem Zusammenhang wohl an eine Kostengrundentscheidung entsprechend den Fällen der „Hauptsacheerledigung“ im Widerspruchsverfahren nach Maßgabe des § 80 Abs. 1 Satz 5 SVwVfG auf der Grundlage des Satzes 1 des § 63 Abs. 3 SGB X gedacht hat, ist in zweierlei Hinsicht nicht zutreffend. Zum einen enthält der § 63 SGB X – wie übrigens auch das bundesrechtliche Pendant in § 80 Abs. 1 VwVfG – gerade keine Regelung über eine solche Ermessensentscheidung hinsichtlich der Pflicht zur Erstattung – und nur darum geht es in allen diesen Bestimmungen – von „außerverfahrensmäßigen“ Kosten der Beteiligten.(vgl. demgegenüber den § 9a SGebG, der eine Reglung – nur – über die Verfahrenskosten (Gebühren und Auslagen) enthält, der hier nach § 64 SGB X nicht anwendbar ist) Zum anderen handelt es sich bei einer vollumfänglichen Abhilfe, wie sie hier erfolgt ist,(vgl. dazu den Vermerk in der Akte des Jugendamts vom 23.2.2018, wonach aufgrund einer Verständigung zwischen dem Ausschussvorsitzenden und dem Sachbearbeiter des Jugendamts nach der Würdigung der Sitzung des Ausschusses am 8.2.2018 mit entsprechender Aussetzung des Verfahrens nicht von einem „gemeinsamen Kümmern“ der Eltern der Widerspruchsführerinnen auszugehen sei) um einen Anwendungsfall des § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X, wonach der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt (Ausgangsbescheid) erlassen hat, dem jeweiligen Widerspruchsführer seine zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten „hat“, soweit der Widerspruch „erfolgreich“ gewesen ist. Letzteres war hier in vollem Umfang der Fall. Die vollständige Abhilfe ist kein Fall „anderweitiger“ Erledigung des Verfahrens, sondern eine Form des „Erfolgs“ des Rechtsbehelfs. Dieser „Erfolg“ bestimmt sich allgemein danach, in welchem Umfang dem konkreten Begehren des Widerspruchsführers in einem Widerspruchsbescheid oder – hier – in einem Abhilfebescheid inhaltlich entsprochen wurde.(vgl. dazu beispielsweise Kunze in Bader/Ronellenfitsch, VwVfG, 2010, § 80 Rn 27 unter Verweis auf BVerwG, Urteil vom 17.1.1986 – 8 C 7.84 –, NVwZ 1986, 475, dort aber im Zusammenhang mit der besonderen rechtlichen Konstellation, dass sich das Widerspruchsverfahren gegen einen Einberufungsbescheid zuvor durch die zwischenzeitlich erfolgte Anerkennung des Betroffenen als Kriegsdienstverweigerer erledigt hatte) Auf die in der Rechtsprechung abgehandelten vielfältigen Versuche, dieser Kostenfolge durch Zweit- beziehungsweise Änderungsbescheide, wiederholende Verfügungen oder dergleichen zu entgehen, muss in diesem konkreten – eindeutigen – Fall nicht eingegangen werden.(vgl. dazu beispielsweise BVerwG, Urteile vom 15.2.1991 – 8 C 83.88 –, DÖV 1991, 554, und vom 28.4.2009 – 2 A 8.08 –, DVBl 2009, 1249, wonach die Behörde, die es sachwidrig unterlässt, dem Widerspruch durch eine Abhilfe- oder Widerspruchsentscheidung stattzugeben, ohne die der Kostenerstattungsanspruch des Widerspruchsführers nach § 80 Abs. 1 Satz 1 VwVfG ausscheidet, nach Treu und Glauben im Hinblick auf die Kosten so zu stellen ist, als wäre eine Abhilfeentscheidung ergangen) Dass das Verwaltungsgericht demgegenüber, ausgehend von einem Fall der Erledigung des Widerspruchs „in sonstiger Weise“, Raum für eine „Ermessensentscheidung“ des Beklagten gesehen hat, rechtfertigt im Ergebnis allein die Feststellung, dass es in Verkennung der zwingenden gesetzlichen Vorgabe in § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X für die nach § 72 VwGO von dem Beklagten als „Ausgangsbehörde“ zu treffende Kostengrundentscheidung die Frage der Erstattungspflicht dem Grunde nach als noch „offen“ bewertet hat, diese Entscheidung aber letztlich hier nur einen deklaratorischen Wert haben kann.

Etwas anderes gilt für die Frage, ob die hier im Streit stehenden Rechtsanwaltskosten dem Grunde nach von den erstattenden „notwendigen Aufwendungen“ im Sinne des § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X erfasst werden. Diese in der Tat über den Begriff der „Notwendigkeit“ Beurteilungsspielräume für den jeweiligen Fall eröffnende Tatbestandsvoraussetzung hat das Verwaltungsgericht in dem erstinstanzlichen Urteil indes zu Recht als eine Rechtsfrage angesehen und gewissermaßen im „Vorgriff“ auf einen aus seiner Sicht (nur) als möglich – nach dem zuvor Gesagten im Ergebnis zu Recht – unterstellten Erstattungsausspruch dem Grunde nach positiv beantwortet. Es hat dabei inhaltlich richtig die in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze für die Annahme der „Notwendigkeit“, fachkundigen rechtlichen Beistand hinzuzuziehen, ausführlich dargelegt. Zusammengefasst hängt dies vom Einzelfall ab und ist unter Würdigung der jeweiligen Verhältnisse vom Standpunkt eines verständigen Verfahrensbeteiligten aus zu beurteilen. Maßgebend ist dabei, ob sich ein vernünftiger Bürger mit gleichem Bildungs- und Erfahrungsstand bei der gegebenen Sachlage eines Rechtsanwalts oder sonstigen Bevollmächtigten bedient hätte. Notwendig ist die Zuziehung eines Rechtsanwalts stets dann, wenn es dem oder der Beteiligten, hier konkret der Mutter als gesetzliche Vertreterin, nach den persönlichen Verhältnissen und wegen der Schwierigkeit der Sache nicht zuzumuten war, das Vorverfahren mit der fachkundigen Behörde selbst zu führen. Diese zuletzt genannten Voraussetzungen hat das Verwaltungsgericht nachvollziehbar mit Blick auf die persönlichen Verhältnisse der gesetzlichen Vertreterin der Widerspruchsführerinnen, das betroffene Rechtsgebiet des Unterhaltsvorschussrechts, den nicht einfach gelagerten Sachverhalt und wechselnde tatsächliche Umstände im Betreuungsverhältnis ihrer Kinder bejaht. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit dieses Ergebnisses (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) begründet der Vortrag des Beklagten auch insoweit nicht. Das Verwaltungsgericht hat ferner zu Recht darauf hingewiesen, dass sich die Mutter der Widerspruchsführerinnen bei der Bevollmächtigung der Klägerin einer Situation gegenüber sah, in der das Jugendamt auch nach Erhebung des begründeten Widerspruchs ungeachtet der ihm obliegenden Aufklärungspflichten nach § 20 SGB X bei seiner ablehnenden Entscheidung für die kurzfristige Einstellung der Leitungen geblieben ist. Von daher kann auch der Verweis des Beklagten, es habe lediglich einer einfachen (persönlichen) Klarstellung ohne Beauftragung eines Rechtsanwalts bedurft, nicht überzeugen.(vgl. demgegenüber zur gebotenen Objektivierung persönlicher Verhältnisse beziehungsweise einer Irrelevanz „außerordentlicher psychischer Befindlichkeiten“ etwa BVerwG, Beschluss vom 21.8.2003 – 6 B 26.03 –, NVwZ-RR 2004, 5 )

2. Die vorstehenden Ausführungen machen deutlich, dass auch die vom Beklagten als weiterer Zulassungsgrund angeführte (besondere) rechtliche Schwierigkeit der Beantwortung der in dem Verfahren aufgeworfenen rechtlichen Fragen (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) nicht vorliegt.

3. Schließlich lässt das vom Beklagten angestrebte Rechtsmittelverfahren keine grundsätzliche Klärung von Rechtsfragen im Verständnis des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO erwarten. Ungeachtet der Frage, ob der diesbezügliche Vortrag am Ende der Antragsbegründung vom 5.3.2020 den sich aus dem § 124 Abs. 4 Satz 4 VwGO ergebenden Darlegungserfordernissen genügt,(vgl. dazu etwa OVG des Saarlandes, Beschluss vom 5.8.2019 – 2 A 1/19 – zu den insoweit entsprechenden Anforderungen nach § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) zeigt er keine in dem Sinne fallübergreifend im Interesse der Rechtseinheit klärungsbedürftige Fragestellung auf. Aus den obigen Ausführungen wird auch deutlich, dass die Frage der Notwendigkeit oder Nichtnotwendigkeit einer Hinzuziehung von Bevollmächtigten im Vorverfahren immer (nur) nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls zu beantworten ist. Die – fallübergreifend geltenden – allgemeinen Kriterien sind, wie sich auch dem erstinstanzlichen Urteil entnehmen lässt, geklärt. Ihre Anwendung auf den Einzelfall betrifft dessen rechtlichen und tatsächliche Beurteilung aber keine Grundsatzfrage im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.

4. Da der Beklagte keinen Grund für die von ihm beantragte Zulassung der Berufung im Sinne des § 124 Abs. 2 VwGO dargelegt hat, ist sein Antrag zurückzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2, 188 Satz 2 VwGO. Zwar sind in Satz 1 des § 188 VwGO, an den der Satz 2 inhaltlich anknüpft, Streitsachen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz nicht ausdrücklich erwähnt. Die in diesem Gesetz vorgesehenen Sozialleistungen zugunsten der nach § 1 Abs. 1 UVG anspruchsberechtigten Kinder sind aber deshalb eingeführt worden, weil diese in dem zur Leistung berechtigenden Alter "besonders betreuungsbedürftig sind". Dieser Regelungszusammenhang wie der auch für Anspruchsberechtigte nach dem Unterhaltsvorschussgesetz zutreffende Gesichtspunkt, Gerichtskostenfreiheit nach § 188 Satz 2 VwGO im Hinblick darauf zu gewähren, dass mittellose oder minderbemittelte Kläger in den Sachgebieten des § 188 Satz 1 VwGO häufiger vorkommen, rechtfertigen es, die Kindern nach dem Unterhaltsvorschußgesetz zustehenden Leistungen wie die jetzt im achten Buch des Sozialgesetzbuchs geregelte Kinder- und Jugendhilfe zum Sachgebiet der Jugendhilfe im Sinne des § 188 Satz 1 VwGO zu rechnen und Verfahren, die solche Leistungen zum Gegenstand haben, nach § 188 Satz 2 VwGO von Gerichtskosten freizustellen.(vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 14.10.1993 – 5 C 10.91 –, DVBl 1994, 426, unter ausdrücklicher Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung)

Die Streitwertfestsetzung findet ihre Grundlage in den §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG und orientiert sich an dem von der Klägerin mit der Rechtsanwaltsgebührenberechnung (§ 10 RVG) vom 22.3.2018 geltend gemachten Kostenerstattungsbetrag. Die Berechtigung der einzelnen Kostenansätze ist im Rahmen der Festsetzung nach § 63 Abs. 3 SGB X zu prüfen, wobei in der Kostennote allerdings zu Recht von zwei getrennten Widerspruchsverfahren ausgegangen wurde.

Der Beschluss ist nicht anfechtbar.

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