Beschluss vom Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt (1. Senat) - 1 M 36/10

Gründe

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Die Beschwerde der Antragsstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtes Magdeburg - 5. Kammer - vom 14. Januar 2010, deren Prüfung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 1 und 6 VwGO auf die dargelegten Gründe beschränkt ist, hat keinen Erfolg.

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Die Einwendungen der Antragstellerin rechtfertigen die begehrte Abänderung des angefochtenen Beschlusses nicht.

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Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf das streitige Rechtsverhältnis erlassen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder wenn die Regelung aus anderen Gründen nötig erscheint. Der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) sowie die Notwendigkeit der vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) sind gemäß § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit den §§ 920 Abs. 2, 924 ZPO glaubhaft zu machen. Wird mit einer Regelungsanordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO die Hauptsache ganz oder teilweise vorweggenommen und dadurch in aller Regel ein faktisch endgültiger Zustand geschaffen, kann eine Regelung nur ergehen, wenn der Antragsteller in der Hauptsache zumindest überwiegende Erfolgsaussichten hat und schlechthin unzumutbaren, anders nicht abwendbaren Nachteilen ausgesetzt wäre, wenn er auf den rechtskräftigen Abschluss eines Klageverfahrens verwiesen werden müsste. Überwiegende Aussichten in der Hauptsache bestehen hingegen nur dann, wenn der geltend gemachte Anspruch mit größter Wahrscheinlichkeit begründet ist und aller Voraussicht nach auch im Hauptsacheverfahren bestätigt werden wird ( vgl. OVG LSA, Beschluss vom 5. Januar 2007 - Az.: 1 M 1/07 -, veröffentlicht bei juris [m. w. N.] ).

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Die Annahme des Verwaltungsgerichtes, dass die Antragsgegnerin den Bewerbungsverfahrensanspruch der Antragstellerin in dem hier streitigen Auswahlverfahren nicht verletzt hat, wird im Ergebnis durch das Beschwerdevorbringen nicht erschüttert.

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Beamte haben gegenüber dem Dienstherrn bei der Vergabe eines Beförderungsamtes den aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Anspruch auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl unmittelbar nach Maßgabe von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ( so in ständiger Rechtsprechung: BVerwG, zuletzt Urteil vom 17. August 2005 - Az.: 2 C 36.04 -, zitiert nach juris [m. z. N.] ). Ein Beförderungsbewerber hat dementsprechend einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr über seine Bewerbung ermessens- und beurteilungsfehlerfrei entscheidet ( so genannter Bewerbungsverfahrensanspruch, vgl. hierzu: BVerfG, Kammerbeschluss vom 9. Juli 2002 - Az.: 2 BvQ 25/02 -, NVwZ 2002, 1367, und Kammerbeschluss vom 24. September 2002 - Az.: 2 BvR 857/02 -, NVwZ 2003, 200; BVerwG, Urteil vom 21. August 2003 - Az.: 2 C 14.02 -, BVerwGE 118, 370 [m. z. N.] ).

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Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes ( etwa: Urteil vom 21. August 2003, a. a. O., m. w. N. ) entspricht es dem bei der Beförderung zu beachtenden Grundsatz der Bestenauslese, zur Ermittlung des Leistungsstandes konkurrierender Bewerber in erster Linie auf unmittelbar leistungsbezogene Kriterien zurückzugreifen. Regelmäßig sind dies die - bezogen auf den Zeitpunkt der Auswahlentscheidung - „aktuellsten“ Beurteilungen, wobei der Dienstherr im Rahmen ordnungsgemäßer Personalbewirtschaftung dafür zu sorgen hat, dass die Beamten grundsätzlich regelmäßig dienstlich beurteilt werden, da die dienstliche Beurteilung mit ihrer auf das innegehabte Amt bezogenen Bewertung der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung vor allem dem Vergleich zwischen den für die Besetzung eines Beförderungsdienstpostens oder für die Verleihung eines Beförderungsamtes in Betracht kommenden Beamten dient. Allerdings hindert selbst das Fehlen wirksamer dienstlicher Beurteilungen im maßgeblichen Zeitpunkt der Auswahlentscheidung nicht die Durchführung eines Stellenbesetzungsverfahrens. Indes sind von der Behörde die eignungs-, leistungs- und befähigungsrelevanten Merkmale des Bewerbers zu ermitteln, die einen Vergleich nach den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG ermöglichen ( vgl.: BVerwG, a. a. O. ).

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Da die Auswahlentscheidung bei der Beförderung den Grundsatz der Bestenauslese zu beachten hat und zur Ermittlung des Leistungsstandes konkurrierender Bewerber bezogen auf den Zeitpunkt der Auswahlentscheidung in erster Linie auf unmittelbar leistungsbezogene Kriterien zurückzugreifen ist, dürfen der Bewerberauswahl für die Besetzung eines öffentlichen Amtes nur Kriterien zugrunde gelegt werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung betreffen, also solche, die darüber Aufschluss geben, in welchem Maße der Beamte oder Richter den Anforderungen seines Amtes genügt und sich in einem höheren Amt voraussichtlich bewähren wird. Anderen Kriterien darf nur Bedeutung beigemessen werden, wenn sich aus dem Vergleich anhand leistungsbezogener Kriterien kein Vorsprung von Bewerbern ergibt ( so ausdrücklich: BVerwG, Urteil vom 17. August 2005, a. a. O. [m. w. N.]; siehe im Übrigen: Beschluss des beschließenden Senates vom 21. April 2006 - Az.: 1 M 54/06 - ).

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Ob ein deutlicher oder aber nur ein geringfügiger Leistungsunterschied im Vergleich der Bewerber vorliegt ( vgl. hierzu: BVerwG, Urteil vom 10. November 1993 - Az.: 2 ER 301.93 -, ZBR 1994, 52; OVG LSA, Beschluss vom 14. Mai 2002 - Az.: 3 M 76/02 - ) und damit sonstige Auswahlkriterien zum Zuge kommen können, lässt sich nicht ab-strakt bestimmen, sondern ist im Einzelfall zu ermitteln. Dabei sind zum einen die jeweiligen dienstlichen Beurteilungen und der sonstige Personalakteninhalt in den Blick zu nehmen. Zum anderen sind im Hinblick auf das Anforderungsprofil der zu besetzenden Stelle auch weitere Kriterien wie besondere Fachkenntnisse oder eine bereits erworbene Funktionserfahrung für das angestrebte Amt zu berücksichtigen.

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Bei dem Vergleich der letzten (aktuellen) dienstlichen Beurteilungen ist es gegebenenfalls notwendig und sachgerecht, wenn beim Leistungsvergleich nicht lediglich auf die Gesamtbewertung, sondern zugleich auf einzelne, in den dienstlichen Beurteilungen zum Ausdruck kommende Leistungsmerkmale abgestellt wird. Denn eine dienstliche Beurteilung erschließt sich mitunter nicht nur durch ihr Gesamturteil. Sie ist zugleich auch durch ihren Inhalt, namentlich durch Art und Umfang ihrer eignungs- und leistungsrelevanten Aussagen, gekennzeichnet ( OVG LSA, Beschluss vom 28. November 2006 - Az.: 1 M 216/06 -, Beschluss vom 14. Mai 2002 - Az.: 3 M 76/02 - [m. w. N.] ). Ergänzend sind gegebenenfalls die früheren dienstlichen Beurteilungen heranzuziehen, denn beim Leistungsvergleich zur Realisierung des Grundsatzes der Bestenauslese ist eine vollständige Auswertung des verfügbaren und verwertbaren Informationspotentials geboten. Zuvor hat die zur Auswahlentscheidung berufene Stelle allerdings stets zu prüfen, ob das den dienstlichen Beurteilungen zugrunde liegende Bewertungssystem einheitlich ist und die durch die dienstlichen Beurteilungen ausgewiesenen Leistungen auch im übrigen einem Vergleich unterzogen werden können ( OVG LSA, a. a. O. [m. w. N.] ). Dabei ist auch in Betracht zu ziehen, ob die jeweiligen Beurteilungen gleichwertige Dienstposten betreffen. Sind nämlich zwei Bewerber auf Dienstposten mit unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad gleich gut beurteilt worden, so hat derjenige eine höherwertige Leistung erbracht, der die Aufgaben des schwierigeren Dienstpostens erfüllt hat ( BVerwG, Beschluss vom 2. April 1981 - Az.: 2 C 13.80 -, DÖD 1981, 279; OVG LSA, a. a. O. [m. w. N.] ).

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Die Entscheidung über die Auswahl unter mehreren Bewerbern steht im pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn, wobei das Ermessen insofern gebunden ist, als die Entscheidung nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu treffen ist (Art. 33 Abs. 2 GG). Der Bewerber hat dementsprechend (nur) einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung, welcher dann verletzt ist, wenn die für den Bewerber nachteilige Auswahlentscheidung unter Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften zustande gekommen ist oder auf einer fehlerhaften Ausübung von Ermessens- bzw. Beurteilungsspielräumen beruht ( siehe: OVG LSA, Beschluss vom 28. November 2006 - Az.: 1 M 216/06 -, Beschluss vom 14. Mai 2002 - Az.: 3 M 76/02 - [m. w. N.] ). Die im Rahmen der Ermessensentscheidung vorzunehmende Beurteilung von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ist ein Akt wertender Erkenntnis, bei dem der Ernennungsbehörde durch Art. 33 Abs. 2 GG ein Beurteilungsspielraum eingeräumt ist mit der Folge, dass Verwaltungsgerichte bei der Überprüfung der behördlichen Entscheidung darauf beschränkt sind, die Einhaltung seiner Grenzen zu kontrollieren, nämlich ob der Dienstherr den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen der Beurteilungsermächtigung verkannt hat, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemein gültige Bewertungsmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat ( siehe: OVG LSA, a. a. O. [m. w. N.] ). Wird das subjektive Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG durch eine fehlerhafte Auswahlentscheidung des Dienstherrn verletzt, folgt daraus, dass der unterlegene Bewerber eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung zumindest dann beanspruchen kann, wenn seine Aussichten, beim zweiten Mal ausgewählt zu werden, offen sind, d. h. wenn seine Auswahl möglich erscheint ( BVerfG, Beschluss vom 24. September 2002 - Az.: 2 BvR 857/02 -, NVwZ 2003, 200 ).

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Hiervon ausgehend stellt die Beschwerde die Erwägungen in der angefochtenen Entscheidung nicht schlüssig in Frage, soweit das Verwaltungsgericht eine dem Leistungsgrundsatz des Art. 33 Abs. 2 GG entsprechende Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin angenommen hat. Mit Recht hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass weder die aktuellsten (Anlass-)Beurteilungen der Antragstellerin und des Beigeladenen noch die Einbeziehung der vorangegangenen jeweils zwei Regelbeurteilungen einen deutlichen Leistungsvorsprung der Beteiligten aufzeigen ( vgl. zum Leistungsvergleich bei dienstlichen Beurteilungen nur nach Punkten auch: OVG LSA, Beschluss vom 7. Dezember 2009 - Az.: 1 M 84/09 -, veröffentlicht bei juris ). Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist auch nicht - zugunsten der Antragstellerin - gleichsam zwingend die „Leistungsentwicklung“ zugrunde zu legen. Der Leistungsvergleich erfordert in erster Linie vielmehr eine Gegenüberstellung des aktuellen „absoluten“ Leistungsstandes, nicht hingegen der bloß retrospektiven „relativen“ Leistungsentwicklung. Anders gewendet: Eine bessere Leistungsentwicklung an sich muss nicht zu einem höheren aktuellen Leistungsstand führen. Dieser bemisst sich hier an der vergebenen Punktzahl und dem damit einhergehenden Gesamtergebnis (Notenstufe). Im Übrigen zeigt eine rein summenmäßige Betrachtung der erzielten Beurteilungsergebnisse auch keinen Leistungsvorsprung der Antragstellerin, die unter Einbeziehung der Regelbeurteilung 2007 insgesamt 517 Punkte (Beigeladener: 518 Punkte) und unter weiterer Einbeziehung der Regelbeurteilung 2005 insgesamt 756 Punkte (Beigeladener: 762 Punkte) erreicht.

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Soweit die Antragsgegnerin ihre Auswahlentscheidung auf das deutlich höhere Dienst- und Lebensalter des Beigeladenen gestützt hat, ist dies - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat - rechtlich nicht zu erinnern.

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Sind Beamte als im Wesentlichen gleich beurteilt anzusehen, so dass anhand der allein unmittelbar leistungsbezogenen Kriterien kein Vorsprung zwischen beiden Beamten festzustellen ist, darf auf sachliche Hilfskriterien zurückgegriffen werden ( vgl.: BVerwG, Beschluss vom 14. Mai 1996 - Az.: 2 B 73.96 -, Buchholz 232 § 8 BBG Nr. 52 [m. w. N.], Beschluss vom 10. November 1993 - Az.: 2 ER 301.91, Buchholz 232 § 8 BBG Nr. 50 zum Dienst- oder Lebensalter ). Der Dienstherr kann insofern die Auswahl nach weiteren sachgerechten Merkmalen treffen; hierbei steht ihm ein weites Ermessen hinsichtlich der Bestimmung des Auswahlkriteriums zu ( so ausdrücklich: BVerwG, Beschluss vom 10. November 1993, a. a. O. [m. w. N.] ). Hiernach ist nicht zu erinnern, dass die Antragsgegnerin bei wesentlicher gleicher Beurteilungslage auf das deutlich höhere Dienst- und Lebensalter des Beigeladenen abstellt, denn es handelt sich um ein mit dem Leistungsgrundsatz vereinbares sachliches Kriterium. Denn aufgrund der Dauer der Innehabung eines bestimmten der Beförderung vorausgehenden Amtes darf davon ausgegangen werden, dass die von einem in diesem Sinne dienstälteren Beamten in einem Amt typischerweise mitgebrachte umfassendere praktische Berufserfahrung für die nunmehr im Beförderungsamt zu erfüllenden Aufgaben im Rahmen der Leistungsbeurteilung berücksichtigt werden können ( vgl. hierzu: OVG LSA, Beschluss vom 30. Juni 2006 - Az.: 1 L 4/06 -, veröffentlicht bei juris [m. w. N.] ). Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist es auch nicht erforderlich, dass etwaige Hilfskriterien bereits in ermessenslenkenden Verwaltungsvorschriften angeführt werden.

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Ohne Erfolg macht die Antragstellerin schließlich geltend, die Auswahlentscheidung verstoße gegen § 5 Abs. 1 FrFG LSA i. V. m. § 4 Abs. 2 FrFG LSA.

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Stellt die Einstellungsbehörde fest, dass eine Bewerberin und ein Bewerber für die auszuübende Tätigkeit nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung gleichwertig qualifiziert sind, ist gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 FrFG LSA die Bewerberin einzustellen, wenn der Anteil der Frauen in der Funktion, in der Vergütungs- oder Besoldungsgruppe geringer ist als der der Männer. Dies gilt nach § 4 Abs. 2 Satz 2 FrFG LSA nicht, wenn in der Person eines Mitbewerbers liegende Gründe vorliegen, die auch unter Beachtung der Verpflichtung zur Förderung der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern überwiegen. Gemäß § 5 Abs. 1 FrFG LSA gilt § 4 FrFG LSA bei Beförderung entsprechend.

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Hiervon ausgehend legt die Beschwerde schon nicht dar, dass im gegebenen Fall der Anteil der Frauen in der Funktion, in der Vergütungs- oder Besoldungsgruppe geringer ist als der der Männer. Auch mangelt es dem Beschwerdevorbringen insoweit an der nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO gebotenen Auseinandersetzung mit den tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichtes in der angefochtenen Entscheidung. Denn dieses hat - unter Bezugnahme aus weitere (obergerichtliche) Rechtsprechung - einen Ausnahmefall im Sinne des § 4 Abs. 2 Satz 2 FrFG LSA i. V. m. § 5 Abs. 1 FrFG LSA gerade darin gesehen, dass „das gegenüber der Antragstellerin erheblich höhere Dienst- und Lebensalter des Beigeladenen … derartige, in der Person des Mitbewerbers liegende Gründe dar[stellen], denen die Antragsgegnerin auch unter Beachtung der Verpflichtung zur Förderung der tatsächlichen Gleichstellung von Männern und Frauen maßgebliches Gewicht beimessen durfte“.

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Dies begegnet - entgegen dem Beschwerdevorbringen - auch keinen grundsätzlichen Bedenken, weil hiernach sowohl der Leistungsgrundsatz des Art. 33 Abs. 2 GG zum Tragen kommt, als auch gewährleistet ist, dass die Entscheidung keine geschlechterspezifische inkriminierende Wirkung entfaltet. Die Beachtung des Gebotes der Frauenförderung nach Maßgabe des § 4 Abs. 2 Satz 1 FrFG LSA ist nämlich jedenfalls dann nicht zu beanstanden, solange nicht die sonst herangezogenen Hilfskriterien zugunsten des männlichen Mitbewerbers deutlich überwiegen und ihrerseits keine diskriminierende Wirkung gegenüber der konkurrierenden Mitbewerberin haben ( vgl. auch: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 27. November 2007 - Az.: 6 B 1493/07 -, zitiert nach juris ). Ob die in der Person des männlichen Mitbewerbers liegenden Gründe hiernach überwiegen, ist eine Rechtsfrage, die einerseits im Grundsatz uneingeschränkter Kontrolle durch die Verwaltungsgerichte unterliegt. Andererseits korrespondiert damit die Entscheidungsfreiheit des Dienstherrn bei der Bestimmung des oder der maßgeblichen Hilfskriterien, die der konkreten Personalentscheidung vorausgehen. Der Dienstherr ist dementsprechend in den Grenzen des Willkürverbotes und des Leistungsprinzips darin frei, welchen zusätzlichen Gesichtspunkten er bei im Wesentlichen gleicher Qualifikation der Konkurrenten größere Bedeutung beimisst. Dabei darf (und muss) der Dienstherr in diesem Fall nicht anders als bei der Auswahl zwischen Bewerbern gleichen Geschlechts grundsätzlich (nur) auf diejenigen Hilfskriterien zurückgreifen, die er auch sonst bei einem Qualifikationsgleichstand rechtskonform anzuwenden pflegt ( so auch: OVG Nordrhein-Westfalen, a. a. O. ).

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Bei gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung in der Person eines männlichen Mitbewerbers liegende Gründe setzen sich gegenüber dem Gesichtspunkt der Frauenförderung daher letztlich nur dann durch und führen zu einer Anwendung der „Öffnungsklausel“ des § 4 Abs. 2 Satz 2 FrFG LSA, wenn deutliche Unterschiede zu Gunsten des männlichen Bewerbers bestehen. Das ist nicht erst dann der Fall, wenn sich die Zurücksetzung des Mannes als krasse, besonders schwere Benachteiligung darstellt. Maßgeblich ist letztlich eine Einzelfallbetrachtung, die von den auch sonst in der Entscheidungspraxis der Ernennungsbehörde herangezogenen Hilfskriterien auszugehen hat ( vgl.: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24. Juli 2007 - Az.: 6 B 807/06 -, zitiert nach juris ). Das Verwaltungsgericht hat daher im gegebenen Fall zu Recht angenommen, dass der Beigeladene die Antragstellerin sowohl beim Lebensalter als auch beim Beförderungsdienstalter um dreizehn bzw. fünfeinhalb Jahre, d. h. erheblich übertrifft und damit Besonderheiten von erheblichem Gewicht für die Anwendung des § 4 Abs. 2 Satz 2 FrFG LSA gegeben sind ( vgl. hierzu auch: OVG Nordrhein-Westfalen, a. a. O. ).

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Da nach dem Beschwerdevorbringen nicht davon auszugehen ist, dass der aus Art. 33 Abs. 2 GG folgende Bewerbungsverfahrensanspruch der Antragstellerin durch eine fehlerhafte Auswahlentscheidung des Dienstherrn verletzt ist, kann die Antragstellerin vorliegend auch keine erneute Auswahlentscheidung beanspruchen.

20

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen waren nicht gemäß § 162 Abs. 3 VwGO für erstattungsfähig zu erklären, denn es entspräche nicht der Billigkeit, da er im gegebenen Fall ohnehin keinen Erstattungsanspruch mit Erfolg geltend machen könnte ( vgl.: OVG LSA, Beschluss vom 7. September 2009 - Az.: 1 M 64/09 -, veröffentlicht bei juris; vgl. zum Vorstehenden betreffend das Beschwerdeverfahren über die Nicht-Zulassung der Revision zudem: BVerwG, Beschluss vom 17. Januar 1995 - Az.: 4 B 1.95 -, Buchholz 310 § 162 VwGO Nr. 29 ).

21

Die Entscheidung über den Streitwert für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 53 Abs. 3 Nr. 1 GKG i. V. m. § 52 Abs. 1 und 5 Satz 2 GKG. Dabei hat der Senat die Hälfte des 6,5-fachen Endgrundgehaltes der Besoldungsgruppe A 8 BBesO i. V. m. § 18c Abs. 1 LBesG in der Fassung des Gesetzes vom 9. Dezember 2009 ( GVBl. LSA S. 598 ) zugrunde gelegt, denn dies entspricht dem Endgrundgehalt des angestrebten Amtes.

22

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


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