Urteil vom Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt (4. Senat) - 4 L 139/13

Tatbestand

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Die Beteiligten streiten um die Förderungsfähigkeit von Praktikumszeiten nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz.

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Seit dem 1. September 2011 nimmt die Klägerin an einer auf drei Jahre angelegten beruflichen Fortbildungsmaßnahme der Sozialpflegeschulen ... GmbH in T./Sachsen teil mit dem Ziel des Fortbildungsabschlusses als staatlich anerkannte Erzieherin. Es handelt sich um einen Präsenzlehrgang der Fachrichtung Sozialpädagogik im Vollzeitunterricht mit 3.000 Stunden theoretischer und 1.800 Stunden auf fünf Blöcke verteilter externer praktischer Ausbildung. Der Beklagte gewährte ihr für den Bewilligungszeitraum September 2011 bis August 2012 Förderungsleistungen nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz - AFBG - in Form eines Unterhaltsbeitrags zur Deckung des Unterhaltsbedarfs sowie eines Maßnahmebeitrags zu den Kosten der Lehrveranstaltung. Auf ihren Antrag bewilligte ihr der Beklagte für den Zeitraum September 2012 bis April 2013 mit Bescheid vom 31. August 2012 eine gleichartige Weiterförderung. In einer Anlage zu diesem Bescheid erklärte er zugleich, dass Zeiten eines - im vorliegenden Fall für die Dauer vom 15. April bis zum 17. Juni 2013 mit schulischem Begleitunterricht am 6. Mai 2013 geplanten - Praktikums nicht als Unterricht anzusehen und deshalb nicht förderungsfähig seien; die Förderung des Vollzeitunterrichts werde - durch noch zu erlassenden Bescheid - ab Juni 2013 fortgesetzt.

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Den gegen die Förderungsversagung für die Zeit der berufspraktischen Ausbildung eingelegten Widerspruch der Klägerin wies das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt mit Bescheid vom 30. Oktober 2012 als unbegründet zurück.

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Die Klägerin hat am 29. November 2012 beim Verwaltungsgericht Halle Klage erhoben und beantragt, den Beklagten zu verpflichten, ihr auch für den Monat Mai 2013 Aufstiegsfortbildungsförderung in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

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Das Verwaltungsgericht hat die Klage auf die mündliche Verhandlung vom 5. April 2013 abgewiesen. Die umstrittene Praktikumszeit stelle keinen für die Fortbildungsmaßnahme konstitutiven Unterricht i.S.d. AFBG dar und sei infolge dessen nicht förderfähig. Insoweit werde der Rechtsprechung des OVG Niedersachsen in seinem Beschluss vom 14. Dezember 2011 (- 4 LB 19/11 -) gefolgt. Insbesondere scheide eine Anerkennung der Praktikumszeit als Unterrichtsstunden nach § 2 Abs. 3 Satz 4 AFBG aus. Sei die Teilnahme an dem Praktikum nicht als Teilnahme einer geförderten Maßnahme anzusehen, führe sie durch den Nichtbesuch der Fortbildungsstätte und der dort angebotenen (theoretischen) Unterrichtsveranstaltungen zu einer Unterbrechungsphase. Den Regelungen des § 7 Abs. 3a Satz 1 und 2 AFBG sowie 7 Abs. 4 Satz 1 AFBG sei zu entnehmen, dass grundsätzlich eine Unterbrechung den Förderungsanspruch auch dann entfallen lasse, wenn die Teilnehmenden sie nicht zu vertreten hätten. Ein nach dem Ausbildungsplan der Fortbildungsstätte abzuleistendes „Zwischenpraktikum“ als Unterbrechungsgrund werde von § 7 Abs. 4 Satz 1 AFBG nicht erfasst. Die Regelung des § 7 Abs. 4 Satz 2 AFBG vermöge der Klage gleichfalls nicht zum Erfolg verhelfen und auch aus § 11 Abs. 2 und 3 AFBG könne die Klägerin keinen Förderungsanspruch herleiten.

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Auf Antrag der Klägerin hat der erkennende Senat mit Beschluss vom 24. Juli 2013 die Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung zugelassen.

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Die Klägerin macht zur Begründung geltend, dass Gericht gehe zu Unrecht davon aus, dass Praktikumszeiten nicht als Unterrichtsstunden nach § 2 Abs. 3 Satz 4 AFBG gelten würden. Während der Praktika finde ein Begleitunterricht statt und die Ausbildung werde durch Fachlehrer durchgeführt, die über eine mehrjährige einschlägige Berufserfahrung verfügten, welche gem. § 51 Abs. 5 FSO nachgewiesen sei. Sie müsse eine „Großzahl“ von theoretischen Unterrichtseinheiten absolvieren und verschiedene Berichte anfertigen, die Gegenstand der Leistungsbewertung würden. Sie verweise auf eine Stellungnahme des zuständigen Schulleiters der Fachschule Sozialpädagogik ... in T., aus der sich ebenfalls die Notwendigkeit der Praktika und deren Unterrichtscharakter ergeben.

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Selbst wenn die Teilnahme am Praktikum nicht als Teilnahme an förderungsfähigen Unterrichtsstunden i.S.d. § 2 AFBG anzusehen wäre, bestehe trotzdem ein Anspruch. In der erstinstanzlichen Entscheidung werde die Problematik der grundsätzlichen Anerkennungsfähigkeit der Maßnahme unzulässigerweise mit der Problematik, für welchen Zeitraum nach dem Gesetz Unterhaltsbeitrag zu leisten sei, vermischt. Wann sie zu welchen angebotenen Lehrgangsformen anwesend sein müsse, um ihre Förderung nicht zu verlieren, ergebe sich aus § 7 Abs. 4 AFGB. Entscheidend sei danach ausschließlich, ob die Wartezeit von dem Auszubildenden zu vertreten sei. Aufgrund dessen hätte die Beklagte den Zeitraum des Praktikums nicht aus der Bewilligung von Unterhaltsbeiträgen ausklammern dürfen, da es unstreitig feststehe, dass ihr Ausbildungsplan diese Praktika als zwingende Maßnahme vorschreibe, ohne deren Absolvierung eine Fortsetzung der Maßnahme nicht möglich wäre. Die dadurch eingetretenen Wartezeiten überschritten auch nicht die Schädlichkeitsgrenze von 77 Ferienwerktagen. Im Gegensatz zur Auffassung des Beklagten werde dessen Rechtsansicht gerade nicht bundesweit von anderen Behörden vertreten. Außerdem sei eine Förderungsfähigkeit der Praktika unter dem Aspekt der Härtefallbeurteilung gegeben, da sie eine unverheiratete Mutter mit zwei minderjährigen Kindern sei. Es bestünde bei fehlender Förderung eine finanzielle Notlage, da sie keine anderweitigen staatlichen Ansprüche habe.

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Die Gesamtmaßnahme sei förderfähig. Wenn die Praktika nicht zu den förderungsfähigen Maßnahmen gehörten, sei konsequenterweise als berechnungsrelevanter Zeitraum auch nur auf den seitens der Beklagten ausgewiesenen schulischen Bereich, somit die ersten 48 Monate abzustellen. In diesem Zeitraum würden die Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c AFBG aber unstreitig erfüllt.

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Die Klägerin beantragt,

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den Beklagten unter Abänderung des auf die mündliche Verhandlung vom 5. April 2013 ergangenen Urteils des Verwaltungsgerichts Halle - 6. Kammer - zu verpflichten, ihr auch für den Monat Mai 2013 Aufstiegsfortbildungsförderung nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz in gesetzlicher Höhe zu gewähren, sowie den Bescheid des Beklagten vom 31. August 2012 und den Widerspruchsbescheid des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt vom 30. Oktober 2012 aufzuheben, soweit sie dem entgegenstehen.

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Der Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Er macht geltend, eine Anerkennung der Praktikumszeiten als Unterrichtsstunden nach § 2 Abs. 3 Satz 4 AFBG scheide aus. Es sei weder ersichtlich, dass die Inhalte dieser praktischen Ausbildung in der einschlägigen Prüfungsregelung verbindlich vorgegeben seien, noch dass sie unter Anleitung einer Lehrkraft durchgeführt würden. Entgegen der Ansicht der Klägerin beinhalteten die in der von ihr als Anlage überreichten „Auszüge aus den Empfehlungen zur Gestaltung der berufspraktischen Ausbildung“ keinen inhaltlich verbindlich festgelegten Prüfungsregelungen, wie dies vom Gesetz gefordert werde. Es handele sich dabei lediglich um „Rahmenaufgaben“ deren Ausgestaltung dem Einzelfall obliege. Auch werde die praktische Ausbildung vorliegend nicht unter Anleitung einer Lehrkraft, sondern lediglich - wie in § 51 Abs. 5 und 6 SächsFSO vorgeschrieben - unter Anleitung einer Fachkraft der Praktikantenstelle durchgeführt. Außerdem finde lediglich eine zeitlich stark reduzierte fachliche Begleitung durch eine Lehrkraft der Schule statt.

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Nicht gerechtfertigt sei die vom VGH Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 12. Oktober 2011 (- 12 S 201/10 -) vertretene Auffassung, auf die sich die Klägerin berufe. Selbst wenn § 7 Abs. 4 Satz 2 AFBG Wartezeiten bis zu 77 Werktagen im Maßnahmejahr den § 11 Abs. 4 AFBG in die Förderungsdauer einbezogenen Ferienzeiten gleichstellen sollte, würde dies nichts daran ändern, dass die Fortsetzung der Förderung nach einem Praktikum an die Wiederaufnahme der Maßnahme geknüpft sei. Das AFBG stelle - anders als das BAföG - keine Sozialleistung dar.

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Die grundsätzliche Förderfähigkeit der Fachschule Sozialpädagogik sei dagegen nicht ausgeschlossen. Die Förderung der Fachschule nach dem AFBG umfasse nur den schulischen Teil der Ausbildung. Von vornherein seien die Zeiten des Praktikums von einer Förderung ausgeschlossen. § 2 Abs. 3 Satz 7 und 8 AFBG benennen die Gesamtmaßnahme als „alle Maßnahmeabschnitte der Lehrgangskonzeption einschließlich der dazwischen liegenden unterrichtsfreien Zeit“. Mit der unterrichtsfreien Zeit sei hier nicht das Praktikum gemeint; ähnlich wie auch bei der Meisterausbildung nicht die Zwischenzeit zwischen den vier Teilen gemeint sei. Es handele sich bei der unterrichtsfreien Zeit um Ferienzeiten. Vorliegend würden nur die Unterrichtsstunden und die Ferienzeiten, die zwischen den Maßnahmeabschnitten lägen, berücksichtigt. Diese Zeiten erfüllten die Maßgabe der 25 Unterrichtsstunden an vier Werktagen.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der Beratung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Berufung der Klägerin, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 101 Abs. 2 VwGO), ist unbegründet.

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Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der eine Förderung für den Monat Mai 2013 ablehnende Bescheid des Beklagten vom 31. August 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt vom 30. Oktober 2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

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Rechtsgrundlage für die von der Klägerin begehrte Förderung ist § 10 des Gesetzes zur beruflichen Aufstiegsfortbildung in der Bekanntmachung des Gesetzes vom 8. Oktober 2012 (BGBl. I., S. 216) - AFBG -. Während der Teilnahme an einer Maßnahme wird ein Beitrag zu den Kosten der Lehrveranstaltung (Maßnahmebeitrag) geleistet (§ 10 Abs. 1 Satz 1 AFBG). Bei Maßnahmen in Vollzeitform im Sinne des § 2 Absatz 3 Satz 1 Nr. 1 AFBG wird darüber hinaus ein Beitrag zur Deckung des Unterhaltsbedarfs (Unterhaltsbeitrag) geleistet (§ 10 Abs. 2 Satz 1 AFBG).

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Die Klägerin hat schon deshalb hinsichtlich des streitigen Zeitraums keinen Anspruch auf die begehrte Förderung, weil - worauf die Beteiligten durch eine Verfügung des Berichterstatters des Senats ausdrücklich hingewiesen worden waren - ihre in Vollzeitform stattfindende Ausbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin bei den Sozialpflegeschulen ... GmbH nicht nach § 2 Abs. 3 AFBG förderfähig ist. Maßnahmen sind gem. § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AFBG förderfähig in Vollzeitform, wenn

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a) sie mindestens 400 Unterrichtsstunden umfassen (Mindestdauer),

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b) sie innerhalb von 36 Kalendermonaten abgeschlossen werden (maximaler Zeitrahmen) und

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c) in der Regel in jeder Woche an vier Werktagen mindestens 25 Unterrichtsstunden stattfinden (Fortbildungsdichte).

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Zwar erfüllt die Fortbildungsmaßnahme der Klägerin die Vorgaben zur Mindestdauer nach § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a AFBG und zum maximalen Zeitrahmen nach § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b AFBG. Allerdings ist die Voraussetzung des § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c AFBG hinsichtlich der Fortbildungsdichte nicht erfüllt.

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1. Bei der Zeit der praktischen Ausbildung in dem Zeitraum 15. April bis zum 17. Juni 2013 sowie bei den übrigen Zeiten der praktischen Ausbildung handelt es sich entgegen der Auffassung der Klägerin nicht um Stunden einer fachpraktischen Unterweisung, die gem. § 2 Abs. 3 Satz 4 AFBG als Unterrichtsstunden i.S.d. § 2 Abs. 3 Satz 3 AFBG anzuerkennen sind (vgl. dazu auch OVG Niedersachsen, Beschl. v. 14. Dezember 2011 - 4 LB 19/11 -; wohl auch VGH Bayern, Beschl. v. 24. September 2013 - 12 ZB 13.1450 - jeweils zit. nach JURIS). Dazu müssten ihre Inhalte nach den Vorgaben in § 2 Abs. 3 Satz 4 AFBG in der Prüfungsregelung verbindlich vorgegeben sein, sie unter Anleitung einer Lehrkraft in der Regel in der Fortbildungsstätte durchgeführt und durch theoretischen Unterricht in nennenswertem Umfang begleitet werden. In der Gesetzesbegründung (BT-Drs 16/10996, S. 21) heißt es dazu: „Gemäß Satz 4 sollen künftig Stunden der fachpraktischen Unterweisung förderfähig werden. Anders als bei reinen Praktika handelt es sich um inhaltlich vorgegebene und in die Fortbildung integrierte praktische Unterrichtsstunden, bei denen wesentliche Inhalte der Fortbildung durch eine Lehrkraft vermittelt werden und die durch theoretischen Unterricht in nennenswertem Umfang begleitet werden. In Ausnahmefällen ist es auch denkbar, dass diese fachpraktische Unterweisung außerhalb der eigentlichen Fortbildungsstätte z. B. bei einem Kooperationspartner durchgeführt wird, weil eine Durchführung innerhalb der Fortbildungsstätte nicht möglich ist (z. B. Fortbildung zum Hufbeschlagschmied und fachpraktische Unterweisung am Pferd im kooperierenden Reitstall).“

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Zu Recht verweist der Beklagte darauf, dass die Inhalte der praktischen Ausbildung der Klägerin in der einschlägigen Prüfungsregelung nicht verbindlich vorgegeben seien, und dass sie nicht unter Anleitung einer Lehrkraft i.S.d. § 2 Abs. 3 Satz 4 AFBG in der Fortbildungsstätte durchgeführt würden. Dem ist die Klägerin nicht hinreichend entgegen getreten. Aus der von ihr vorgelegten Stellungnahme des Schulleiters der Fachschule Sozialpädagogik (...) sowie den „Auszügen aus den Empfehlungen zur Gestaltung der berufspraktischen Ausbildung für die Ausbildung der Erzieher des Freistaats“ ergibt sich gerade nicht der Unterrichtscharakter der Praktikumsstunden. Abgesehen davon dass diese Empfehlungen keine verbindliche Prüfungsregelung darstellen, werden die Praktikumszeiten danach nicht in der Fortbildungsstätte durchgeführt und es erfolgt lediglich eine Begleitung durch eine Lehrkraft der Fachschule. Diese Begleitung besteht in einem zweimaligen Praxisbesuch sowie der Durchführung des praxisbegleitenden Unterrichts. Ein theoretischer Unterricht in nennenswertem Umfang erfolgt nicht, da lediglich an einem Tag ein Begleitunterricht in der Schule vorgesehen ist. Auch aus der Rechtsgrundlage für diese berufspraktische Ausbildung, § 51 Schulordnung Fachschule des Landes Sachsen, folgt nichts anderes.

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2. Die nach dem Unterrichtsplan verbleibenden Unterrichtsstunden erfüllen auch unter Berücksichtigung des § 2 Abs. 5 AFBG, wonach u.a. unterrichtsfreie Ferienzeiten gem. § 11 Abs. 4 AFBG außer Betracht bleiben, nicht die Vorgabe des § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c AFBG. Der Begriff „In der Regel“ ist - wie schon zu § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c AFBG a.F. (vgl. BVerwG, Urt. v. 5. März 2011 - 5 C 5.10 - zu dem AFBG a.F., zit. nach JURIS) - als Ausnahmen Raum gebende Bestimmung dahingehend auszulegen, dass die Unterrichtsdichte jedenfalls dann nicht mehr ausreicht, wenn sie in mehr als 20 % der Gesamtmaßnahme unterschritten wird. Selbst dann aber machen die Zeiten der praktischen Ausbildung der Klägerin, was auch von den Beteiligten nicht bestritten wird, deutlich mehr als 20 % der Gesamtmaßnahme aus. Dass Praktikumswochen ohne Unterrichtsstunden i.S.d. § 2 Abs. 3 Satz 3 und 4 AFBG im Grundsatz die Vorgabe des § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c AFBG verletzen können und möglicherweise einer Förderung der Maßnahme an sich entgegen stehen, ist Folge der zwingenden Regelungen in § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c, Satz 4, Abs. 5 AFBG (vgl. auch OVG Niedersachsen, Beschl. v. 14. Dezember 2011, a.a.O. zum AFBG a.F.).

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Ob die durchgeführte Fortbildungsmaßnahme der Klägerin aus mehreren in sich selbstständigen Abschnitten (Maßnahmeabschnitten) i.S.d. § 2 Abs. 4 AFBG besteht, kann dahingestellt bleiben. Auch dann ist nach § 2 Abs. 3 Satz 7 AFBG für die Ermittlung des maximalen Zeitrahmens und der Fortbildungsdichte die Gesamtmaßnahme ausschlaggebend und nach § 2 Abs. 3 Satz 8 AFBG sind dabei alle Maßnahmeabschnitte der Lehrgangskonzeption einschließlich der dazwischen liegenden unterrichtsfreien Zeiten zu berücksichtigen. In der Gesetzesbegründung (BT-Drs 16/10996, S. 22) heißt es dazu: „Bei den Sätzen 7 bis 9 handelt es sich um eine Klarstellung des gesetzgeberischen Willens. Diese Klarstellung ist erforderlich geworden, weil in der Vergangenheit vermehrt Gerichte bei der Ermittlung der Fortbildungsdichte fälschlicherweise auf die sogenannte Nettobetrachtung abgestellt haben. Danach sind auch längere Unterbrechungszeiten zwischen zwei Maßnahmeabschnitten von z.B. mehr als zwei Jahren bei der Berechnung der Maßnahmedauer unberücksichtigt geblieben und wurden als förderunschädlich eingestuft. Wie sich aber bereits aus dem Wortlaut des geltenden § 2 Abs. 3 ergibt, ist auf die Gesamtdauer der Maßnahme und eben nicht nur auf die Dauer der einzelnen Maßnahmeabschnitte abzustellen. Gesetzesintention ist das möglichst zielstrebige und zügige Erreichen des Fortbildungszieles auch mit Blick auf eine sparsame Mittelverwendung. Dem wird nur die sogenannte Bruttobetrachtung gerecht, die bei der Ermittlung des maximalen Zeitrahmens und der Fortbildungsdichte sowohl die Maßnahmeabschnitte als auch die dazwischen liegenden unterrichtsfreien Zeiten umfasst. Sowohl das abstrakte Lehrgangskonzept des Bildungsträgers als auch der vom Teilnehmer oder von der Teilnehmerin individuell gewählte Lehrgangsablauf müssen die Vorgaben des § 2 Abs. 3 erfüllen. Dies soll nunmehr im Gesetz unmissverständlich klargestellt werden.“

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Der Ansatz des Beklagten, wonach die Prüfung der Förderfähigkeit bzw. der Fortbildungsdichte sich nur an dem schulischen Teil der Ausbildung orientiert, weil die Zeiten der praktischen Ausbildung von vornherein von einer Förderung ausgeschlossen seien, ist mit dem Wortlaut der einschlägigen Regelungen sowie deren Sinn und Zweck nicht in Übereinstimmung zu bringen. Zu prüfen ist die grundsätzliche Förderfähigkeit der Fortbildungsmaßnahme des jeweiligen Trägers anhand seiner Lehrgangskonzeption, d.h. seines konkreten Ausbildungsangebots. Hier handelt es sich um einen dreijährigen Präsenzlehrgang, der eine theoretische Ausbildung im Vollzeitunterricht und eine auf fünf Blöcke verteilte praktische Ausbildung vorsieht. Die Zeiten der praktischen Ausbildung sind deshalb unabhängig von ihrer Einstufung als Unterrichtsstunden i.S.d. § 2 Abs. 3 Satz 3 und 4 AFBG Teil des Lehrgangsangebots und damit der Maßnahme. Dementsprechend stellen die zum 1. Juli 2009 eingeführten § 2 Abs. 3 Sätze 7 und 8 AFBG bei der Aufteilung der Fortbildungsmaßnahme in Maßnahmeabschnitte auf die Gesamtmaßnahme ab und ziehen selbst zwischen den Maßnahmeabschnitten liegende unterrichtsfreie Zeit ausdrücklich in die Prüfung der Fortbildungsdichte ein.

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Auch aus dem Regelungszusammenhang von § 2 Abs. 1 Satz 1 AFBG und § 2 Abs. 3 AFBG sowie der Regelung des § 2 Abs. 2 Satz 1 AFBG ergibt sich danach nicht, dass der Begriff der Fortbildungsmaßnahme bzw. der Maßnahme ausschließlich Lehrveranstaltungen in Form von Unterricht erfasst (so aber OVG Niedersachsen, Beschl. v. 14. Dezember 2011, a.a.O. zum AFGB a.F.). Dass Praktika deshalb nicht als Teil der Maßnahme zu betrachten, weil im Zusammenhang mit Fortbildungsmaßnahmen regelmäßig Praktika absolviert werden dürften und deren Berücksichtigung die Förderfähigkeit der Fördermaßnahme gefährden könnte (so OVG Niedersachsen, Beschl. v. 14. Dezember 2011, a.a.O. zum AFGB a.F.), stellt eine rein ergebnisorientierte Auslegung des Gesetzes dar.

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Soweit der Beklagte geltend macht, mit der unterrichtsfreien Zeit nach § 2 Abs. 3 Satz 8 AFBG seien Ferienzeiten gemeint, steht dem schon der Wortlaut der Bestimmung entgegen, der auf sämtliche Zeiten abstellt, in denen kein Unterricht i.S.d. § 2 Abs. 3 Satz 3 und 4 AFBG erteilt wird. Im Gegensatz dazu wird in § 2 Abs. 5 AFBG ausdrücklich der Begriff „unterrichtsfreie Ferienzeiten“ benutzt. Zudem verletzt die Ansicht des Beklagten, dass auch Ferienzeiten, die zwischen den Maßnahmeabschnitten lägen, zu berücksichtigt seien, gerade die Vorgabe des § 2 Abs. 3 Satz 8 und Abs. 5 AFBG, wonach alle Maßnahmeabschnitte der Lehrgangskonzeption zu berücksichtigen sind und unterrichtsfreie Ferienzeiten außer Betracht bleiben.

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3. Die Klägerin hat auch nicht aus Härtegesichtspunkten einen Förderanspruch nach § 10 Abs. 1 und 2 AFBG für den Monat Mai 2013. Eine Förderung nach § 10 Abs. 1 und 2 AFBG setzt das Bestehen einer förderfähigen Maßnahme i.S.d. § 2 Abs. 3 AFBG voraus.

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Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2, 188 Satz 2 VwGO.

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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

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Die Revision wird gem. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugelassen. Die Frage der Auslegung des Begriffes der (Fortbildungs)Maßnahme i.S.d. § 2 AFBG hat angesichts der abweichenden Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Niedersachsen grundsätzliche Bedeutung.


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