Beschluss vom Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt (3. Senat) - 3 L 151/12
Tenor
Der Antrag der Beigeladenen auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Halle - 3. Kammer - vom 22. März 2012 wird abgelehnt.
Die Beigeladene trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 15.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
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Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
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I. Die von der Beigeladenen zu Ziffer I. des Zulassungsantrages geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) rechtfertigen die Zulassung der Berufung nicht.
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Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung gem. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen (nur) dann, wenn gewichtige Gründe dafür sprechen, dass das angefochtene Urteil in Bezug auf die die Entscheidung tragenden Rechtssätze oder erheblichen Tatsachenfeststellungen fehlerhaft ist und das Urteil im Rechtsmittelverfahren voraussichtlich keinen Bestand haben wird. Gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO sind die Voraussetzungen des geltend gemachten Zulassungsgrundes in der gebotenen Weise darzulegen. Dies erfordert, dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.06.2000 - 1 BvR 830/00 -, DVBl. 2000, 1458 = juris; Beschl. v. 21.01.2009 - 1 BvR 2524/06 -, NVwZ 2009, 515 = juris; Beschl. d. Senats v. 15.11.2013 - 3 L 281/13 -). Bei der Frage, ob die Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung ernstlichen Zweifeln i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO begegnet, kommt es indes nicht auf die im Urteil angeführte Begründung, sondern ausschließlich auf die Ergebnisrichtigkeit der Entscheidung an. Denn der genannte Zulassungsgrund ist nur auf das Entscheidungsergebnis und nicht auf einzelne Begründungselemente einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung bezogen (vgl. Beschl. d. Senats v. 21.11. 2014 - 3 L 73/13 -; BayVGH, Beschl. v. 06.08.2013 - 4 ZB 11.1648 -, juris Rn. 4; s. auch BVerwG, Beschl. v. 10.03.2004 - 7 AV 4.03 -, Buchholz 310 § 124 VwGO Nr. 33 = juris).
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Hieran gemessen erwecken die von der Beigeladenen mit der Antragsbegründungsschrift erhobenen Einwände keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung.1. Die Beigeladene macht geltend, entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei die Klage bereits unzulässig, da der Klägerin für die von ihr erhobenen Anfechtungsklage kein subjektiv-öffentliches Recht gem. § 42 Abs. 2 VwGO zur Seite stehe und sie demzufolge auch nicht durch die der Beigeladenen erteilte Genehmigung in ihren eigenen Rechten verletzt worden sei. Nach dem Beschluss der Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt vom 23. Juni 2010 müsse grundsätzlich zwischen der Erteilung einer öffentlich-rechtlichen Genehmigung zur Erbringung von Rettungsdienstleistungen gem. § 11 RettDG LSA 2007 und der Erteilung eines öffentlichen Dienstleistungsauftrages i. S. d. § 99 Abs. 1 und 4 GWB unterschieden werden. Die Genehmigung beinhalte lediglich die Erlaubnis zum Betreiben des Rettungsdienstes, die allein für sich genommen ohne wirtschaftliche Bedeutung sei. Es sei sogar denkbar, dass eine Genehmigung an mehrere Leistungserbringer erteilt werde und sie bewirke keine Ausschließlichkeit. Soweit eine Verletzung der Grundsätze nach § 97 GWB vorläge, wäre diese daher auch nicht kausal für eine Verletzung der subjektiv-öffentlichen Rechte der Klägerin. Im Übrigen setze das Genehmigungsverfahren zwingend einen Antrag der Klägerin voraus; daran fehle es hier. Die Anfechtungsklage sei erst 16 Monate nach Erlass des Genehmigungsbescheides vom 26. Juni 2009 erhoben worden.
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Die Beigeladene vermag hiermit nicht durchzudringen. Die Klägerin wird durch die der Beigeladenen (rechtswidrig) erteilte Genehmigung – und zwar sowohl in Gestalt des Bescheides vom 11. Februar 2009 als auch durch den Bescheid vom 26. Juni 2009 – in ihren eigenen Rechten verletzt. Die Klägerin ist damit auch i. S. d. § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Selbst wenn es sich bei der Erteilung einer Genehmigung für den bodengebundenen Rettungsdienst gem. § 11 Rettungsdienstgesetz Sachsen-Anhalt - RettDG LSA 2007 - vom 21. März 2006 in der maßgeblichen Fassung des Gesetzes vom 13. Dezember 2007 (GVBl. S. 402 - RettDG LSA 2007 -) und bei der Vergabe eines Dienstleistungsauftrages nach den Vorschriften des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen grundsätzlich um selbständige Verfahren handelt, verhält es sich nicht in der Weise, dass beide Verfahren – zumal wenn wie hier gem. § 11 Abs. 3 i. V. m. Abs. 2 Nr. 3 RettDG LSA 2007 eine einheitliche Entscheidung ergeht – ohne wechselseitigen Rechtswirkungen bleiben. Die Auftragsvergabe i. S. d. § 99 Abs. 1 und 4 GWB erfolgt zum Zwecke der Übertragung des Rettungsdienstes auf den jeweiligen Bieter, so dass mit der Zuschlagserteilung zugleich maßgeblich die Entscheidung über die Erteilung der Genehmigung zur Durchführung des Rettungsdienstes präjudiziert wird. Die vorausgegangene Ausschreibung und Zuschlagserteilung nimmt damit zugleich maßgeblichen Einfluss auf die Genehmigungserteilung. Die Klägerin räumt dies im Übrigen selbst ein, wenn sie mit ihrem Vortrag in der Antragsbegründung davon spricht, dass die im Vergabeverfahren erzielten Ergebnisse für das (anschließende) weitere Genehmigungsverfahren insoweit verbindlich seien, als die Genehmigungsbehörde "im Regelfall gehalten sei, sich an den Ergebnissen (des Vergabeverfahrens) zu orientieren." Die vom Oberlandesgericht Naumburg mit Beschluss vom 3. September 2009 - 1 Verg 4/09, juris – festgestellte Rechtsverletzung im Vergabeverfahren schlägt insoweit – wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat – auf das Genehmigungsverfahren durch und bewirkt, dass auch bezogen auf die erteilte Genehmigung von einer Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte der Mitbewerber auszugehen ist. Denn mit einer Genehmigungserteilung an einen Dritten auf der Grundlage einer vergaberechtswidrigen Entscheidung verschlechtert sich bzw. entfällt sogar die Zuschlagschance für den Mitbewerber, so dass sich in diesem Fall eine (isolierte) Genehmigungserteilung an den Mitbewerber im Ergebnis als nutzlos erweisen würde.
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In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist zudem anerkannt, dass Behörden bei der Ausübung ihres Auswahlermessens im Rahmen von Verwaltungsverfahren, welche die Erbringung von auch im öffentlichen Interesse stehenden Leistungen durch Private betreffen, neben den gesetzlichen Auswahlkriterien zugleich den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz gem. Art. 3 Abs. 1 GG zu beachten haben und zudem jeder Mitbewerber die faire Chance erhalten muss, nach Maßgabe der gesetzlichen bzw. behördlich festgelegten Kriterien im vorgesehenen Verfahren berücksichtigt zu werden. Darüber hinaus lässt sich – wie zuvor dargelegt – die Verletzung von subjektiv-öffentlichen Rechten im Vergabeverfahren und im Genehmigungsverfahren für die Durchführung des Rettungsdienstes bei einer einheitlichen Entscheidung gem. § 11 Abs. 3 i. V. m. Abs. 2 Nr. 3 RettDG LSA 2007 nicht von einander trennen. Dementsprechend hat bereits das Oberlandesgericht Naumburg – bezogen auf das Vergabeverfahren und die Verletzung der Rechte der Klägerin – in seinem Beschluss vom 3. September 2009 (a. a. O.) ausdrücklich festgestellt, dass ein Unternehmen, welches im zeitlichen und situativen Zusammenhang mit einem konkreten Vergabeverfahren sein Interesse am Auftrag bekundet hat und nur durch ein als vergaberechtswidrig zu bewertendes Verhalten der Vergabestelle von einer Angebotsabgabe abgehalten worden ist, bereits Träger von verletzten subjektiven Rechten im Vergabeverfahren sein kann. In der Sache hat es weiter festgestellt, dass die Klägerin auch angesichts der der Vergabeentscheidung zugrunde gelegten Zuschlagskriterien und der fehlenden Transparenz des Verfahrens in ihren Rechten verletzt ist.
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Die Klagebefugnis der Klägerin setzt im Übrigen entgegen der Auffassung der Beigeladenen nicht voraus, dass sie einen Antrag auf Erteilung einer Genehmigung für den bodengebundenen Rettungsdienst gem. § 11 RettDG LSA 2007 gestellt hat. Ausreichend ist vielmehr, dass die Klägerin zum Kreis der potentiellen Bieter i. S. von § 13 VgV gehört, zumal wenn sich – wie hier – der Beklagte für die gleichzeitige Durchführung eines Vergabeverfahrens entschieden und dieses fehlerhaft – so u. a. auch unter Verletzung der erforderlichen Vorabinformationen und der Wartepflicht – durchgeführt hat (s. OLG Naumburg, a. a. O.).
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Auch der Einwand der Beigeladenen, die Anfechtungsklage der Klägerin sei nicht fristgerecht erhoben worden, verfängt nicht. Die Klägerin hat gegen den Bescheid vom 11. Februar 2009 beim Verwaltungsgericht am 15. Mai 2009 Klage erhoben. Nachdem die Beigeladene den Auflagen aus dem Bescheid vom 11. Februar 2009 nachgekommen war, übersandte der Beklagte ihr zwar am 26. Juni 2009 einen weiteren Genehmigungsbescheid, der sich mit der ursprünglich Genehmigung inhaltlich deckte, in dem allerdings die Regelungen betreffend die zwischenzeitlich erfüllten Auflagen nicht mehr enthalten waren. Da dieser "neue" Bescheid jedoch keine erstmalige oder zusätzliche selbständige Beschwer enthält sondern lediglich eine wiederholende Verfügung in Bezug auf die Genehmigung darstellt (siehe Senatsbeschluss vom heutigen Tag in dem Verfahren 3 L 150/12 und hier unten), war eine neuerliche bzw. weitere Klage seitens der Klägerin nicht erforderlich. Vielmehr war es ausreichend, den Bescheid des Beklagten vom 26. Juni 2009 in das bereits anhängige Klageverfahren zum Aktenzeichen - 3 A 157/09 - beim Verwaltungsgericht Halle einzubeziehen, wobei hier dahin stehen kann, ob insoweit eine bloße Klagerweiterung oder eine sachdienliche Klageänderung in Betracht zu ziehen war.
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2. Die Beigeladene macht ferner geltend, ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung begegne auch die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Genehmigung vom 11. Februar 2009 in Gestalt des Bescheides vom 26. Juni 2009 sei rechtswidrig und verletze die Klägerin in ihren Rechten.
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a) Die Beigeladene trägt vor, das Verwaltungsgericht habe zwar zutreffend festgestellt, dass als Rechtsgrundlage für die Genehmigung des bodengebundenen Rettungsdienstes § 11 Abs. 1 RettDG LSA 2007 heranzuziehen sei. Zu Unrecht sei das Gericht aber davon ausgegangen, dass sich die Behörde bei der Erteilung der Genehmigung zur Durchführung eines Vergabeverfahrens entschlossen und dabei gegen bestehende wettbewerbsrechtliche Regelungen verstoßen habe mit der Folge, dass sich diese Fehler aufgrund der bestehenden Einheit der Rechtsordnung und dem insoweit geltenden Grundsatz der Rechtssicherheit zugleich auf die erteilte Genehmigung auswirke (sog. Durchschlagswirkung). Das Gericht verkenne, dass nach dem Rettungsdienstgesetz des Landes Sachsen-Anhalt 2007 das Vergabeverfahren als eigenständiger Teil des Genehmigungsverfahrens anzusehen sei und dass die im Vergabeverfahren erzielten Ergebnisse für das (anschließende) weitere Genehmigungsverfahren (nur) insoweit verbindlich seien, als die Genehmigungsbehörde "im Regelfall gehalten sei, sich an den Ergebnissen zu orientieren." Das Verwaltungsgericht gehe insoweit unzutreffend davon aus, dass bei der "Vergabe einer Genehmigung" i. S. d. § 11 RettDG LSA 2007 (sog. Submissionsmodell) die Anwendung der Vorgaben des GWB "zwingend erforderlich" seien.
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Die Beigeladene vermag hiermit nicht durchzudringen.
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Ob die Erteilung eines Zuschlags bzw. die Einbeziehung des vergaberechtlichen Verfahrens nach den wettbewerbsrechtlichen Vorschriften in das Verfahren für die Genehmigung des bodengebundenen Rettungsdienstes § 11 Abs. 1 RettDG LSA 2007 "zwingend" erforderlich ist – wie das Verwaltungsgericht offenbar meint – oder ob die Einbeziehung des Vergabeverfahrens (lediglich) "im Ermessen" des Beklagten als der zuständigen Genehmigungsbehörde steht, kann hier dahin gestellt bleiben. Denn sollte das Vergaberecht entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts bei der Erteilung der Genehmigung nach § 11 RettDG LSA 2007 nicht zwingend anzuwenden sein, so ändert diese Tatsache gleichwohl nichts daran, dass im vorliegenden Fall die gesetzlichen Regelungen über die Zuschlagserteilung und die Auftragsvergabe (fehlerhaft) in Anwendung gebracht worden sind. Wie bereits erwähnt, schlägt dieser Umstand nämlich auf die Genehmigung zur Durchführung des Rettungsdienstes gem. § 11 Abs. 1 RettDG LSA 2007 durch, wie das Verwaltungsgericht zu Recht festgestellt hat. Dies gilt selbst dann, wenn man in Rechnung stellt, dass es sich bei dem Vergabeverfahren um ein selbständiges Verfahren handelt und die Einbeziehung desselben lediglich "im Ermessen" der Behörde stehen sollte. Denn jedenfalls steht außer Frage, dass die Vergabeentscheidung maßgeblich auch die Ermessensausübung beeinflusst, weil die Auftragsvergabe auch bei der Entscheidung über die Erteilung einer Genehmigung für die Durchführung des Rettungsdienstes in der gebotenen Weise zu berücksichtigen ist. Die Beigeladene räumt dies im Übrigen selbst ein, wenn sie mit ihrem Vortrag in der Antragsbegründung davon spricht, dass die im Vergabeverfahren erzielten Ergebnisse für das (anschließende) weitere Genehmigungsverfahren insoweit verbindlich seien, als die Genehmigungsbehörde "im Regelfall gehalten sei, sich an den Ergebnissen (des Vergabeverfahrens) zu orientieren." Daran ändert im Übrigen auch der Umstand nichts, dass der Beklagte im Genehmigungsverfahren betreffend die Erteilung einer Genehmigung für den bodengebundenen Rettungsdienst nicht verpflichtet ("gehalten") sein mag, die Vorschriften des Vergaberechts heranzuziehen. Hat die Behörde aber – wie im vorliegenden Fall der Beklagte – die Vorschriften des Vergaberechts gem. § 11 Abs. 3 i. V. m. Abs. 2 Nr. 3 RettDG LSA 2007 zur Anwendung gebracht, muss sie sich auch daran messen lassen, ob und inwieweit dies ordnungsgemäß geschehen ist.
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Unabhängig hiervon hat das Verwaltungsgericht – als selbsttragende Erwägung der angefochtenen Entscheidung – im angefochtenen Urteil ausdrücklich festgestellt, dass sich am Ergebnis nichts ändere, wenn man in Übereinstimmung mit der "teilweise in der Rechtsprechung vertretenen Ansicht" davon ausgehe, dass dem Träger des Rettungsdienstes ein Ermessen hinsichtlich der Anwendung des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen eingeräumt wird. Damit hat das Verwaltungsgericht zugleich unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass selbst dann, wenn das Vergaberecht nicht zwingend hätte zur Anwendung gebracht werden müssen (und sich das Vergabeverfahren als ein selbständiges Verfahren darstelle), sich die Erteilung der Genehmigung als rechtswidrig erweise, weil sie sich zumindest im Rahmen der Ermessensentscheidung und des insoweit zugrunde liegenden Sachverhaltes an der (fehlerhaften) Vergabeentscheidung ausgerichtet hat. Hieran gibt es seitens des Senats nichts zu erinnern.
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b) Ohne Erfolg bleibt auch der Einwand der Beigeladenen, es könne nicht davon ausgegangen werden, dass bei der Entscheidung über die Erteilung der Genehmigung gem. § 11 RettDG LSA 2007 die Vorschriften über das Vergabeverfahren zur Anwendung gelangt seien, weil der Genehmigung vom 26. Juni 2009 kein Vergabeverfahren nach dem Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen vorausgegangen sei. Es handele sich bei dem Bescheid vom 26. Juni 2009 nämlich nicht bloß um eine wiederholende Verfügung des vorausgegangenen Bescheides, sondern um einen sog. Zweitbescheid, mithin um einen weiteren selbständigen Verwaltungsakt. Diesem sei ein eigenständiges Verwaltungsverfahren vorausgegangen, bei dem die Beklagte von einer Vergabe nach den Regeln des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen Abstand genommen habe. Bei dem Bescheid vom 26. Juni 2009 handele es sich daher um ein aliud, da dieser eine neue Regelung zum Gegenstand habe.
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Die Beigeladene vermag auch mit diesem Vortrag nicht durchzudringen: Bei dem Bescheid vom 26. Juni 2009 handelt es sich nicht um einen sog. Zweitbescheid, sondern um eine bloße wiederholende Verfügung. Ein Zweitbescheid ist nur dann anzunehmen, wenn er den Willen der Behörde, eine neue, an die Stelle des ursprünglichen (unanfechtbaren) Verwaltungsaktes tretende Sachentscheidung zu treffen, unzweideutig zum Ausdruck bringt. Unter einer sog. wiederholenden Verfügung ist indessen die Wiederholung eines (unanfechtbaren) Verwaltungsaktes oder der bloße Hinweis auf einen solchen Verwaltungsakt zu verstehen, ohne dass eine erneute Sachentscheidung ergeht. Die Bewertung, ob eine wiederholende Verfügung in diesem Sinne oder eine erneute Sachentscheidung (Zweitbescheid) vorliegt, hängt dabei maßgeblich davon ab, ob sich die tragenden Erwägungen der behördlichen Aussage gegenüber dem Erstbescheid nach der insoweit maßgeblichen Erklärung der Behörde in ihren nachfolgenden Äußerungen geändert haben, insbesondere weil eine entscheidende Akzentverschiebung in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht in der neuen Begründung enthalten ist (vgl. Beschl. d. Senats v. 08.10.2014 - 3 L 5/13 - juris [m. w. N.]).
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Im vorliegenden Fall ist der Beigeladenen mit Bescheid vom 26. Juni 2009 in derselben Sache ein weiterer Bescheid mit demselben Inhalt in der Hauptsache wie der Erstbescheid übersandt worden. Mit beiden Bescheiden ist der Beigeladenen eine Genehmigung für den bodengebundenen Rettungsdienst in denselben Losen und für denselben Zeitraum erteilt worden. Ein Unterschied zwischen den Bescheiden besteht (allein) darin, dass die im ersten Bescheid enthaltenen und inzwischen erfüllten Auflagen des Beklagten im Zusammenhang mit der Genehmigungserteilung in den zweiten Bescheid nicht mehr aufgenommen, allerdings durch andere Auflagen ersetzt wurden. Soweit es hingegen die Genehmigung als solche betrifft, ist keine erneute Sachentscheidung getroffen worden. Die beiden Bescheide sind insoweit trotz gewisser Abweichungen in der Formulierung inhaltlich identisch.
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Zwar hatte sich der Beklagte möglicherweise zwischenzeitlich entschieden, ein neues Vergabeverfahren durchzuführen. Im Zeitpunkt des Erlasses des Genehmigungsbescheides vom 26. Juni 2009 war aber noch nicht einmal die vorausgegangene Vergabeentscheidung aufgehoben bzw. für nichtig erklärt worden. Die Vergabeentscheidung ist vielmehr erst mit Beschluss des Oberlandesgerichts Naumburg vom 3. September 2009 (a. a. O.) für nichtig erklärt worden und der Bescheid an die Beigeladene vom 11. Februar 2009, der zugleich die Vergabeentscheidung zum Gegenstand hatte, ist erst mit Bescheid des Beklagten vom 2. November 2009 aufgehoben worden. Im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 26. Juni 2009 war insoweit noch keine Änderung der Sach- und Rechtslage eingetreten. Die Zuschlagserteilung und das Auftragsverhältnis zwischen dem Beklagten und der Beigeladenen aufgrund des Genehmigungsbescheides vom 11. Februar 2009 entfalteten insoweit noch Rechtswirkungen. Namentlich waren auch die Mängel im Vorfeld der Vergabeentscheidung, sowie sie im Beschluss des Oberlandesgerichts Naumburg vom 3. September 2009 (a. a. O.) festgestellt worden sind, noch nicht behoben. Bei dieser Sachlage kann hier keine Rede davon sein, dass bei Erlass des Bescheides vom 26. Juni 2009 eine Entscheidung ergangen wäre, bei der der Zuschlagserteilung und der Auftragsvergabe an die Beigeladene keine Bedeutung mehr beizumessen war.
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Hinsichtlich der Genehmigung für den bodengebundenen Rettungsdienst gem. § 11 RettDG LSA 2007 ist demzufolge von einer rechtlich unerheblichen, bloßen Wiederholung des vorausgegangen Verwaltungsaktes ohne jeglichen neuen Regelungsgehalt auszugehen. Für den Senat steht damit außer Frage, dass es sich bei dem Bescheid vom 26. Juni 2009 – jedenfalls soweit es die streitgegenständliche Genehmigung betrifft – lediglich um eine sog. wiederholende Verfügung gehandelt hat. Denn mit dem genannten Bescheid haben sich die tragenden Erwägungen der behördlichen Entscheidung letztlich nicht geändert; auch unter Berücksichtigung der genannten inhaltlichen Abweichungen hinsichtlich der den Bescheiden beigefügten Auflagen kann nicht von einer entscheidenden Akzentverschiebung in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht ausgegangen werden.
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c) Nicht durchzudringen vermag die Beigeladene ferner mit ihrem Einwand, die angefochtene Entscheidung begegne ernstlichen Zweifeln, weil - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - der erteilten Genehmigung keine relevanten Vergabefehler bei der Erteilung des Zuschlags an die Beigeladene zugrunde lägen.
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Die Ausführungen der Beigeladenen in der Antragsbegründung, mit denen sie zu den einzelnen Zuschlagskriterien im Vergabeverfahren Stellung nimmt, vermögen den Einwand, es erweise sich die Auftragsvergabe an die Beigeladene als rechtmäßig, nicht zu stützen. Denn jedenfalls hat das Oberlandesgericht Naumburg mit rechtskräftigem Beschluss vom 3. September 2009 - 1 Verg 4/09 - entschieden, dass der zwischen dem Beklagten und der Beigeladenen geschlossene Vertrag über die Vergabe des Dienstleistungsauftrages "Durchführung des Rettungsdienstes im Landeskreis M." nichtig ist, und dass der Beklagte verpflichtet wird, das bisherige Vergabeverfahren aufzuheben. Zugleich wurde der Beklagte verpflichtet, bei Fortbestehen der Absicht der Beschaffung von Dienstleistungen der Notfallrettung und des qualifizierten Krankentransportes (Rettungsdienst) von einem Dritten zur Auftragserteilung ein (neues) Vergabeverfahren nach §§ 97, 101 GWB unter Beachtung der Rechtsansichten des Senats durchzuführen. Dabei hat das Oberlandesgericht in den Gründen seiner Entscheidung u. a. festgestellt, dass die erfolgte Zuschlagserteilung und der insoweit geschlossene Vertrag zwischen dem Beklagten und der Beigeladenen nichtig ist, weil der Vertragsschluss gegen das gesetzliche Verbot des § 13 Satz 6 VgV verstoße. Der Beklagte habe den Zuschlag auf die beiden Angebote der Beigeladenen erteilt, ohne zuvor die Klägerin über die beabsichtigte Zuschlagserteilung und den Grund der Nichtberücksichtigung des Angebotes der Klägerin zu informieren und ohne die vorgeschriebene Wartefrist zwischen der Absendung dieser Vorabinformation und der Zuschlagserteilung einzuhalten. Entgegen der Auffassung des Beklagten, der Beigeladenen und – ihnen folgend – der Vergabekammer laut Beschluss vom 9. Juni 2009 habe eine Vorabinformations- und Wartepflicht des Beklagten nach § 13 VgV auch gegenüber der Klägerin bestanden. Des Weiteren hat das Oberlandesgericht in seinem Beschluss vom 3. September 2009 (a. a. O.) zur Begründung der Beschwerde u. a. festgestellt, dass der Beklagte bei der Auswahl seiner Zuschlagskriterien in unzulässiger Weise auch Bieter bezogene Auswahlkriterien herangezogen habe. Im Einzelnen wird hierzu in der genannten Entscheidung ausgeführt (a. a. O., Rdnr. 74 f.):
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"Im Vergabeverfahren ist eine strikte Trennung einzuhalten zwischen sog. Eignungskriterien, die sich auf die Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit des Bieters, also auf Eigenschaften in der Person des Bieters beziehen, und sog. Wirtschaftlichkeitskriterien, die sich auf den Inhalt des Angebots beziehen. Grundsätzlich sollen die Eignungskriterien lediglich Mindestanforderungen vorsehen, um einen breiten Wettbewerb um den konkreten Auftrag nach allein leistungsbezogenen, objektiv prüfbaren Auswahlkriterien zu organisieren. Soweit die Vergabestelle eine Auftragsvergabe nur unter besonders gut geeigneten Bewerbern organisieren möchte, steht ihr die Möglichkeit der Durchführung eines vorangestellten öffentlichen Teilnahmewettbewerbs zur Verfügung. Im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsbewertung ist die nochmalige, aber auch erstmalige Berücksichtigung Bieter bezogener Kriterien hingegen nicht zulässig. Aus Gründen des fairen Wettbewerbs, der Nichtdiskriminierung und der Transparenz muss abstrakt ausgeschlossen sein, dass ein "Weniger" an Wirtschaftlichkeit eines Angebots durch ein "Mehr" an Eignung ausgeglichen wird und zu einer Veränderung der Bieterreihenfolge führen kann.
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Diese Grundsätze hat der Antragsgegner (hier: der Beklagte) nicht beachtet. Mindestens die Zuschlagskriterien unter Ziffer 2), Ziffer 3), Ziffer 5) und Ziffer 6) sind Bieter bezogen; hinsichtlich des Kriteriums Ziffer 4) ist dies derzeit nicht zu beurteilen, weil das Kriterium intransparent ist und insbesondere Unterkriterien fehlen, die die Zielrichtung dieses Kriteriums erkennen ließen. Dies bedeutet jedoch, dass hier die Auswahl des wirtschaftlichsten Angebotes zu mindestens 55 % gar nicht vom Inhalt des Angebotes, sondern von der Person des Bieters abhängt.
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… Die bekannt gemachten Zuschlagskriterien zu Ziffer 1) und zu Ziffer 4) sowie die derzeit noch als Zuschlagskriterien benannten Bieter bezogenen Eignungskriterien sind darüber hinaus weitgehend intransparent. Mangels Angabe von Unterkriterien oder eines Bewertungsschemas ist nicht erkennbar, auf welcher Grundlage die konkrete Bewertung erfolgen soll. Hinsichtlich der Eignungskriterien sind die Mindestanforderungen, bei deren Nichterfüllung eine Auftragserteilung nicht in Betracht kommt, nicht erkennbar. Es kann auch hier nicht beurteilt werden, ob bei der Festlegung der Mindesteignungskriterien ein ausreichender Bezug zum ausgeschriebenen Auftrag besteht und ob eine etwaige Beschränkung des potenziellen Bieterkreises im Hinblick auf das Diskriminierungsverbot sachlich gerechtfertigt ist."
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Vor dem Hintergrund der genannten Entscheidung des Oberlandesgerichts Naumburg, die in der streitbefangenen Angelegenheit der Beteiligten ergangen ist und welche auch gegenüber dem Beklagten als Genehmigungsbehörde i. S. d. § 11 RettDG LSA 2007 Rechtskraftwirkung besitzt, kommt es auf die von der Beigeladenen mit der Antragsbegründung erhobenen Einwände gegen die diesbezüglichen Feststellungen im Urteil des Verwaltungsgerichts, welches im Übrigen ebenfalls auf den Beschluss des Oberlandesgerichts Naumburg Bezug nimmt, nicht mehr entscheidungserheblich an. Vielmehr steht rechtskräftig fest, dass das im Rahmen der Entscheidung über die Erteilung einer Genehmigung über den bodengebundenen Rettungsdienst gem. § 11 RettDG LSA 2007 durchgeführte Vergabeverfahren nicht den gesetzlichen Vorschriftlichen entsprach und sich damit als rechtswidrig erweist.
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Ebenso ist nicht ernsthaft zu bezweifeln, dass die Klägerin in ihren eigenen Rechten verletzt ist (§ 113 Abs. 1 VwGO). Etwas anderes folgt auch nicht aus den Feststellungen des Senats im Beschluss vom 22. Februar 2012 - 3 L 259/10, auf den die Beigeladene in der Antragsbegründung verweist. Der Senat hat in dem genannten Beschluss vielmehr deutlich hervorgehoben, dass jeder Mitbewerber die faire Chance erhalten muss, nach Maßgabe der gesetzlichen bzw. behördlichen rechtmäßig festgelegten Kriterien des Verfahrens berücksichtigt zu werden (BVerfG, Beschl. v. 23.05.2006 - 1 BvR 2530/ 04 -, BVerfGE 116, 1).
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II. Die Zulassung der Berufung rechtfertigt sich auch nicht im Hinblick auf die von der Beigeladenen zu Ziffer II. der Antragsbegründungsschrift erhobene Divergenzrüge (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO).Eine Divergenz i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO liegt (nur) vor, wenn das Verwaltungsgericht in einer Rechts- oder Tatsachenfrage seiner Entscheidung einen abstrakten Rechts- oder Tatsachensatz zugrunde gelegt hat, der mit dem in der Rechtsprechung eines der in der genannten Vorschrift aufgeführten Divergenzgerichte aufgestellten Rechtssatz nicht übereinstimmt (vgl. zu § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO: BVerwG, Beschl. v. 31.01.1984 - 1 B 13.84 -, ZfSH/SGB 1985, 282; std. Rspr. d. Senats, Beschl. v. 10.11.2014 - 3 L 32/12 -; OVG LSA, Beschl. v. 14.01.2014 - 1 L 134/13 -, juris Rn. 23 m. w. N.). Eine nur unrichtige Anwendung eines in obergerichtlicher oder höchstrichterlicher Rechtsprechung entwickelten und vom Tatsachengericht nicht in Frage gestellten Rechts- oder Tatsachengrundsatzes stellt hingegen keine Abweichung i. S. des Zulassungsrechts dar; insbesondere kann eine Divergenzrüge nicht gegen eine reine einzelfallbezogene, rechtliche oder tatsächliche Würdigung erhoben werden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 12.12.1991 - 5 B 68.91 -, Buchholz 310 VwGO § 132 Nr. 302 = juris). Gleiches gilt, wenn das Verwaltungsgericht aus nicht (ausdrücklich) bestrittenen Rechtssätzen nicht die gebotenen (Schluss-)Folgerungen zieht, etwa den Sachverhalt nicht in dem hiernach erforderlichen Umfang aufklärt und damit unbewusst von der divergenzfähigen Entscheidung abgewichen ist (std. Rspr. d. Senats, Beschl. v. 10.11. 2014, a. a. O.; OVG LSA, Beschl. v. 14.01.2014, a. a. O.).Das Darlegungserfordernis gem. § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO verlangt zugleich, dass die voneinander abweichenden (abstrakten) Rechtssätze oder Tatsachenfeststellungen des Divergenzgerichts einerseits sowie die des angefochtenen Urteils andererseits aufgezeigt und gegenübergestellt werden (vgl. zu § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO: BVerwG, Beschl. v. 21.01.1994 - 11 B 116.93 -, Buchholz 442.16 § 15 b StVZO Nr. 22 = juris; Beschl. v. 20.12.1995 - 6 B 35.95 -, NVwZ-RR 1996, 712 (713) = juris; Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. § 132 Rdn. 14). Diese Gegenüberstellung der voneinander abweichenden Rechtssätze oder Tatsachenfeststellungen ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur ordnungsgemäßen Erhebung der Divergenzrüge unverzichtbar (vgl. BVerwG, Beschl. v. 20.12.1995, a. a. O.; Kopp/ Schenke, a. a. O.). Für die ordnungsgemäße Darlegung einer Divergenzrüge ist es somit nicht ausreichend, wenn sich die Antragsbegründung lediglich darauf beschränkt geltend zu machen, das Verwaltungsgericht habe aus der divergenzfähigen Rechtsprechung nicht die gebotenen Schlüsse gezogen oder sei bei der einzelfallbezogenen Tatsachenfeststellung und -würdigung zu einem anderen Ergebnis gelangt als die in Bezug genommene obergerichtliche bzw. höchstrichterliche Rechtsprechung in vergleichbaren Fällen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 17.01.1995 - 6 B 39.94 -, Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 342).Zwar bedarf es in der angefochtenen Entscheidung nicht notwendigerweise einer ausdrücklichen Divergenz, sofern das Verwaltungsgericht zumindest auf der Grundlage eines bestehenden "prinzipiellen Auffassungsunterschieds" hinreichend erkennbar einen fallübergreifenden (abstrakten) Rechtssatz gebildet hat, der objektiv von der Rechtsprechung des Divergenzgerichts abweicht. Eine solche Annahme ist allerdings nur dann berechtigt, wenn die Entscheidungsgründe dies ohne weitere Sachaufklärung unmittelbar und hinreichend deutlich - durch "stillschweigendes Aufstellen" - erkennen lassen. Mithin muss sich ein nicht ausdrücklich formulierter divergenzfähiger Rechtssatz des Verwaltungsgerichts als abstrakte Grundlage der Entscheidung eindeutig und frei von vernünftigen Zweifeln aus den Entscheidungsgründen selbst ergeben und klar formulieren lassen. Hingegen reicht es wegen der für die Divergenzrüge unerheblichen Möglichkeit einer bloßen fehlerhaften einzelfallbezogenen Rechtsanwendung nicht aus, wenn sich der abweichende abstrakte Rechtssatz nur durch eine interpretierende Analyse der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung herleiten lässt (s. zum Vorstehenden insgesamt OVG LSA, a. a. O., m. w. N.).Die Beigeladene rügt vorliegend eine Divergenz der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts zum Urteil des Senats vom 27. Februar 2012 - 3 L 259/10 -. Die Ausführungen in der Antragsbegründungsschrift bezogen auf die Divergenzrüge genügen allerdings nicht den Darlegungsanforderungen gem. § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO.
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Die unterschiedlichen, voneinander abweichenden (abstrakten) Rechtssätze bzw. Tatsachenfeststellungen der angefochtenen Entscheidung einerseits sowie der Entscheidung des Divergenzgerichtes andererseits werden mit der Antragsbegründung nicht in der gebotenen Weise herausgearbeitet und einander gegenüber gestellt. Die Ausführungen in der Antragsbegründung beschränken sich vielmehr darauf, dass einem umfassenden wörtlich zitierten Auszug aus den Gründen des angefochtenen Urteils des Verwaltungsgerichts insgesamt sechs wörtlich zitierte Auszüge in einem Umfang von über fünf Seiten aus den Gründen des Urteils des Senats vom 22. Februar 2012 zum Aktenzeichen - 3 L 259/10 - gegenüber gestellt werden, ohne dass auch nur ansatzweise konkret aufgezeigt wird, bezogen auf welchen speziellen kontradiktorischen Rechts- oder Tatsachensatz eine Divergenz vorliegt. Auch wird nicht dargelegt und erläutert, dass der behaupteten Divergenz unterschiedliche Rechtssätze bzw. Tatsachenfeststellungen zugrunde liegen oder ob es sich hierbei nur um eine fehlerhafte Rechtsanwendung handelt, die als solche nicht gem. § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO zulassungsbegründend ist. Somit bleibt es allein dem Senat überlassen, die Frage zu prüfen, ob eine Divergenz und gegebenenfalls welche Divergenz in Bezug auf welchen abstrakten Rechtssatz bzw. welche konkrete Tatsachenfeststellung i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO vorliegt. Es ist im Zulassungsverfahren aber gerade nicht Aufgabe des Berufungsgerichts, die angegriffene Entscheidung von Amts wegen zu überprüfen, denn der Gesetzgeber hat dem Rechtsmittelführer für das der Berufung vorgeschaltete Antragsverfahren die besonderen "Darlegungslasten" nach § 124a Abs. 1 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO auferlegt (vgl. OVG LSA, Beschl. v. 18.02.1998 - A 1 S 134/97 -, JMBl. LSA 1998 S. 29). Für die ordnungsgemäße Darlegung einer Divergenzrüge ist es demzufolge nicht ausreichend, wenn die angeblich divergierenden Entscheidungen lediglich nacheinander wortwörtlich und unkommentiert wiedergegeben werden mit dem Ansinnen an das Berufungsgericht, die insoweit kontradiktorischen Rechts- bzw. Tatsachensätze selbst herauszufiltern.
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Auch lässt sich vorliegend nicht ausnahmsweise von einem "stillschweigenden Aufstellen" divergierender Rechtssätze bzw. von einander abweichender Tatsachenfeststellungen ausgehen. Zum einen lässt die angefochtene Entscheidung nicht hinreichend deutlich und frei von vernünftigen Zweifeln erkennen, dass sich das Verwaltungsgericht von der Rechtsprechung des Divergenzgerichts – hier des Senats – (bewusst) hat absetzen wollen, zumal es die Frage, ob dem Beklagten bei der Anwendung der Vorschriften des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen im Rahmen des § 11 Abs. 1 RettDG LSA 2007 ein Ermessen eingeräumt wird, unter Hinweis darauf offen gelassen hat, dass man in jedem Fall zum selben Ergebnis gelange (s. S. 13 d. UA). Zum anderen entlässt der Umstand, dass ausnahmsweise von der Notwendigkeit der ausdrücklichen Darlegung einer Divergenz vermittels der Gegenüberstellung der abweichenden Rechtssätze bzw. Tatsachenfeststellungen abgesehen und insoweit bei bestehenden und hinreichend erkennbaren "prinzipiellen Auffassungsunterschieden" von einem "stillschweigenden Aufstellen" ausgegangen werden kann, den Antragsteller im Zulassungsverfahren nicht von seinen Darlegungsobliegenheiten dergestalt, dass er generell von der Notwendigkeit der Darlegung der Voraussetzungen einer zulassungsrechtlich relevanten Divergenz enthoben wäre und sich stattdessen auf die bloße (auszugsweise) Wiedergabe der angeblich unterschiedlichen Urteile beschränken kann, ohne sich selbst mit diesen in irgendeiner Weise inhaltlich auseinanderzusetzen.
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Vor dem Hintergrund scheidet die Zulassung der Berufung gem. § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO aus einem weiteren Grund aus. Für die Zulassung der Berufung wegen Vorliegens einer Divergenz gem. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO kommt es nämlich zugleich maßgeblich darauf an, dass die Entscheidungserheblichkeit der Divergenz mit dem Zulassungsbegehren in der gebotenen Weise aufgezeigt und erläutert wird. Auch hieran fehlt es. Die Antragsbegründung setzt sich nicht mit der Frage auseinander, ob unabhängig von der reklamierten Divergenz im Ergebnis eine für sie günstigere Entscheidung ergangen wäre, wenn man die bezeichnete Senatsrechtsprechung zur Grundlage der Entscheidung gemacht hätte.
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III. Die von der Beigeladenen erhobenen Gehörsrügen (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) rechtfertigen die Zulassung des Berufung ebenfalls nicht.
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1. Die Beigeladene macht geltend, sie habe im erstinstanzlichen Verfahren mit Schriftsatz vom 21. März 2012 vorgetragen, dass die Anfechtungsklage der Klägerin unzulässig sei, weil sie nicht klagebefugt i. S. d. § 42 Abs. 2 VwGO sei. Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz sei deshalb zurückgenommen worden; auch fehle es an einem Eingriff in den Schutzbereich der Grundrechte. Die angefochtene Entscheidung gehe hierauf nicht ein. Die Klage werde ohne jede Begründung als zulässig unterstellt. Hierin liege eine Verletzung rechtlichen Gehörs.
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Die Beigeladene vermag mit ihrem Einwand nicht durchzudringen.
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Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO verpflichtet das entscheidende Gericht, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (ständige Rechtsprechung des BVerfG, etwa: Beschl. v. 14.06.1960 - 2 BvR 96/60 -, BVerfGE 11, 218 [220]; Beschl. v. 30.10.1990 - 2 BvR 562/88 -, BVerfGE 83, 24 [35]). Der Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs ist allerdings erst dann verletzt, wenn das Gericht gegen den vorbezeichneten Grundsatz, das Vorbringen des Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, erkennbar verstoßen hat. Da grundsätzlich davon auszugehen, dass dem genannten Verfassungsgebot entsprochen worden ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 29.05.1991 - 1 BvR 1383/90 -, BVerfGE 84, 188 und Beschl. v. 17.11.1992 - 1 BvR 168/89 u. a. -, BVerfGE 87, 363 [392 f.]), ist die Annahme einer Verletzung der Pflicht des Gerichts, das Beteiligtenvorbringen zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, erst dann gerechtfertigt, wenn sich dies aus den besonderen Umständen des Einzelfalles ergibt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 19.07.1967 - 2 BvR 639/66 -, BVerfGE 22, 267 [274], und Beschl. v. 25.05.1993 - 1 BvR 345/83 -, BVerfGE 88, 366 [375]). Hierfür reicht es nicht schon aus, dass im angefochtenen Urteil auf einen bestimmten Sachvortrag der Beteiligten nicht eingegangen worden ist. Denn jedenfalls ist das Verwaltungsgericht weder nach Art. 103 Abs. 1 GG noch nach einfachem Verfahrensrecht (§§ 108 Abs. 1 Satz 2, 117 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) verpflichtet, sich in den Entscheidungsgründen mit jeder Einzelheit des Vorbringens zu befassen; es genügt vielmehr die Angabe der Gründe, die für die richterliche Überzeugungsbildung leitend gewesen sind (vgl.: BVerfG, Beschl. v. 17.11.1992 - 1 BvR 168/ 89 u. a. -, BVerfGE 87, 363 [392 f.]).
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In Anlegung dieses Maßstabs lässt sich eine Verletzung rechtlichen Gehörs nicht feststellen. Allein die Tatsache, dass sich das Verwaltungsgericht darauf beschränkt hat, im angefochtenen Urteil festzustellen, dass die Klage zulässig ist, rechtfertigt nicht schon die Annahme, dass der Vortrag der Beigeladenen nicht zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen worden ist. Eine solche Annahme wird auch nicht durch weitere besondere Umstände belegt. Vielmehr ist davon auszugehen, dass das Verwaltungsgericht im Zusammenhang mit den Ausführungen zur Begründetheit der Entscheidung ausdrücklich festgestellt hat, dass die streitbefangene Genehmigung vom 11. Februar 2009 in der Gestalt des Bescheides vom 26. Juni 2009 nicht nur rechtswidrig ist, sondern die Klägerin zugleich in ihren Rechten gem. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO verletze. Bei dieser Sachlage sind grundsätzlich Ausführungen zur möglichen Rechtsverletzung im Sinne einer Klagebefugnis gem. § 42 Abs. 2 VwGO entbehrlich.
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Darüber hinaus wird nach Maßgabe des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO die Zulassung des Rechtsmittels davon abhängig gemacht, dass die angefochtene Entscheidung auf dem Verfahrensmangel "beruhen kann". Das ist dann der Fall, wenn zumindest die Möglichkeit besteht, dass das Gericht ohne den Verfahrensverstoß zu einem für den Rechtsmittelführer sachlich günstigeren Ergebnis hätte gelangen können. Im Rahmen des Zulassungsantrages bedarf es daher zugleich einer sorgfältigen Darlegung, inwiefern der behauptete Verfahrensfehler rechtserheblich sein könnte. Mithin hätte es auch Ausführungen dazu bedurft, dass ohne eine Verletzung rechtlichen Gehörs voraussichtlich eine im Ergebnis andere, für den Kläger positive Entscheidung ergangen wäre (vgl. Beschl. d. Senats v. 13.12.2004 - 3 L 488/01 -; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 16.08.1983 - 9 C 853.80 -, Buchholz 310 § 52 VwGO Nr. 26). Diesen Darlegungserfordernissen wird die Antragsbegründung nicht gerecht.
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2. Die Beigeladene macht ferner geltend, sie habe im erstinstanzlichen Verfahren mit Schriftsatz vom 21. März 2012 unter Bezugnahme auf die Entscheidung der Vergabekammer vom 23. Juni 2010 - 1 VKLVwA 69/09 - ebenfalls vorgetragen, dass die Erteilung einer öffentlich-rechtlichen Genehmigung zur Erbringung von Rettungsdienstleistungen gem. § 11 RettG LSA von der Erteilung eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags i. S. d. § 99 Abs. 1 und 4 GWB grundsätzlich zu unterscheiden ist.
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In der Begründung des Zulassungsantrages wird hierzu lediglich festgestellt: "Auch insoweit wurde das rechtliche Gehör verletzt." Eine solche schlichte Behauptung des geltend gemachten Verfahrensmangels wird schon den Darlegungsanforderungen nicht gerecht. Überdies fehlt es an einem schlüssigen Vortrag, der die Annahme einer Gehörsverletzung nahe zu legen vermöchte.
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IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Bei der Festsetzung des Streitwertes für das Zulassungsverfahren folgt der Senat der erstinstanzlichen Wertfestsetzung.
- 39
V. Dieser Beschluss ist unanfechtbar, §§ 124a Abs. 5 Satz 4, 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG.
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