Beschluss vom Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt (1. Senat) - 1 L 135/14

Gründe

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Der zulässige Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Halle - 5. Kammer - vom 24. September 2014 hat in der Sache keinen Erfolg.

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Die Zulassung der Berufung rechtfertigt sich nicht wegen der von der Beklagten gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils.

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„Ernstliche Zweifel“ an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen nur dann, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 -, DVBl. 2000, 1458). Da gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO der Zulassungsgrund zudem in der gebotenen Weise darzulegen ist, erfordert dies, dass sich der Zulassungsantrag substantiiert inhaltlich mit den Gründen der angegriffenen Entscheidung auseinandersetzt und u. a. konkret ausgeführt wird, dass die erhobenen Einwände entscheidungserheblich sind (OVG LSA in ständiger Rechtsprechung, etwa: Beschluss vom 3. Januar 2007 - 1 L 245/06 -, juris [m. w. N.]). Dabei reicht es nicht aus, wenn Zweifel lediglich an der Richtigkeit einzelner Rechtssätze oder tatsächlicher Feststellungen bestehen, auf welche das Urteil gestützt ist. Diese müssen vielmehr zugleich Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses begründen (BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 - 7 AV 4.03 -, Buchholz 310 § 124 VwGO Nr. 33).

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Das Antragsvorbringen begründet im vorbezeichneten Sinne keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses der angefochtenen Entscheidung.

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Unter Pkt. II Nr. 1 der Antragsbegründungsschrift wird vorgetragen, das Verwaltungsgericht vertrete zu Unrecht die Rechtsauffassung, der Umfang der Heilfürsorge sei hinsichtlich der Frage der Angemessenheit der Aufwendungen nicht nach den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses zu bestimmen. Nach § 112 Abs. 2 Satz 2 LBG LSA (in der bis zum 31. Dezember 2014 geltenden Fassung) beurteile sich die Angemessenheit der Aufwendungen insbesondere nach den Regelungen des SGB V, das seinerseits in § 92 Abs. 1 Satz 1 SGB V dem Gemeinsamen Bundessausschuss die Beschlussfassung für die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewährung für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten zuweise. Die Geltung dieser Richtlinien sei für Polizeibeamte nicht ausgeschlossen, weil § 75 (Abs. 3) SGB V auch denjenigen Personen Sachleistungen nach Maßgabe der gesetzlichen Krankenversicherung - also nach Maßgabe des SGB V - gewähre, die aufgrund dienstlicher Vorschriften über die Gewährung für Heilfürsorge einen Anspruch auf unentgeltliche Versorgung haben.

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Letzteres stellt die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts im angefochtenen Urteil, wonach die in § 7 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 der Verordnung über die Heilfürsorge für Polizeivollzugsbeamte des Landes Sachsen-Anhalt (POLHFVO LSA) vom 20. April 2012 (GVBl. LSA 2012, 135) in Bezug genommenen Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses nicht wirksam in das Landesrecht inkorporiert worden seien, nicht schlüssig infrage. Der Landesgesetzgeber hat neben der grundsätzlichen Regelung zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen im Rahmen der Heilfürsorge gemäß § 112 Abs. 2 Satz 2, 3 LBG LSA (jetzt § 3a Abs. 2 Satz 2, 3 BesVersEG LSA) die Gewährung der Heilfürsorge dem Verordnungsgeber zur Regelung übertragen, der dabei neben der "Anlehnung" an das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch auch die Fürsorgepflicht des Dienstherrn nach § 45 des Beamtenstatusgesetzes zu berücksichtigen hat (vgl. § 112 Abs. 4 LBG LSA a. F.; § 3a Abs. 3 BesVersEG LSA). Dabei darf der Verordnungsgeber nach dem Katalog des § 112 Abs. 5 LBG LSA (§ 3a Abs. 5 BesVersEG LSA) Bestimmungen bzgl. des Inhalts und Umfangs der Heilfürsorge treffen. Soweit § 7 Abs. 3 bzw. Abs. 4 Satz 1 POLHFVO LSA auf die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses Bezug nehmen, wird ihre wirksame Inkorporation in das Landesrecht nicht damit schlüssig dargelegt, dass die gesetzliche Krankenversicherung ihrerseits auch für versicherungsfreie Personen i. S. d. § 6 Abs. 1 Nr. 2 SGB V mit Anspruch auf unentgeltliche Heilfürsorge nach beamtenrechtlichen Vorschriften einen Anspruch auf ärztliche Versorgung begründet, soweit "die Erfüllung dieses Anspruches nicht auf andere Weise gewährleistet ist" (vgl. § 75 Abs. 3 Satz 1 SGB V). Die subsidiäre Sicherstellungsverantwortung der Kassenärztlichen Vereinigungen begründet eine ärztliche Versorgung eigener Art (vgl. Hauck, SGB V, Band 2, Stand: 1. März 2000, K § 75 RdNr. 8). Sie sagt nichts darüber aus, nach welchen Kriterien sich der - vorliegend streitgegenständliche - originäre, gegen den Dienstherrn des Polizeivollzugsbeamten gerichtete Anspruch auf unentgeltliche Heilfürsorge beurteilt.

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Soweit die Antragsbegründungsschrift den Regelungen des § 112 Abs. 4 und 5 LBG LSA sinngemäß eine modifizierende Wirkung der Regelung in § 112 Abs. 2 Satz 2 LBG LSA abspricht und vorträgt, der Verweis auf die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses in der Verordnung über Heilfürsorge der Polizei des Landes Sachsen-Anhalt sei lediglich eine klarstellende Wiederholung der bereits durch § 112 Abs. 2 Satz 2 LBG LSA geltenden Richtlinien, handelt es sich um eine schlichte, nicht substantiierte und erläuterte Rechtsbehauptung, die sich weder damit auseinandersetzt, dass § 112 Abs. 2 Satz 2 LBG LSA nur "im Grundsatz" auf das SGB V verweist, noch damit, welche Notwendigkeit für die Verordnungsermächtigung und ihren sich aus § 112 Abs. 4 und 5 LBG LSA ergebenden Ermächtigungsrahmen bestehen sollte, wenn sich die Angemessenheit der Aufwendungen bereits nach den Vorschriften des SGB V und seinen Richtlinien beurteilen ließe und inwiefern in einem solchen Fall die gesetzlich geforderte Berücksichtigung der Fürsorgepflicht des Dienstherrn gewährleistet wäre.

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Die Behauptung der Beklagten zu der sich aus § 112 Abs. 2 Satz 2 LBG LSA ergebenden Geltung der Richtlinien des SGB V stellt im Übrigen auch nicht die Feststellung des Verwaltungsgerichts im angefochtenen Urteil zum Ermächtigungsrahmen für den Verordnungsgeber schlüssig infrage, wonach die Vorgabe in § 112 Abs. 4 LBG LSA, eine Regelung "in Anlehnung an das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch sowie unter Berücksichtigung der Fürsorgepflicht des Dienstherrn" zu treffen, sicherstellen soll, "dass der Verordnungsgeber selbst in dem dafür vorgesehenen Verfahren prüft und entscheidet, in welchem Umfang und aus welchen Gründen er die Heilfürsorge nach den Bestimmungen des 5. Buch Sozialgesetzbuch gewährt und in welchem Umfang und aus welchen Gründen er darüber hinaus gehen muss, wenn die Fürsorgepflicht es gebietet", wobei er nicht berechtigt sei, "seine Leistungen unter das Niveau des SGB V abzusenken" (vgl. S. 14 Abs. 2 d. UA).

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Weiter verweist die Antragsbegründungsschrift auf die Verschiedenheit der Leistungsgewährungssysteme von Heilfürsorge und Beihilfe. Soweit daraus abgeleitet wird, dass "sich daher der angesprochene Vergleich zwischen Art und Umfang der für die einzelnen ärztlichen oder medizinischen Leistungen erfolgenden Kostenerstattungen durch den Dienstherrn" verbiete, ist dies in dieser Allgemeinheit keineswegs zwingend, wie bereits die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. September 2013 (- 5 C 33.12 -, juris) zeigt, die hinsichtlich der dort streitigen Kostenübernahme für Heilfürsorgeleistungen eines Polizeibeamten der Bundespolizei auf die vergleichbare Bedeutung der Heilfürsorgevorschriften mit den Beihilfevorschriften verweist (vgl. RdNr. 14). Im Übrigen ist nicht nachvollziehbar, welcher tragende Rechtssatz oder welche erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts im angefochtenen Urteil damit in entscheidungserheblicher Weise infrage gestellt werden soll. Auf S. 10 Abs. 2 der Urteilsausfertigung stellt das Verwaltungsgericht klar, dass § 3 Abs. 8 BesVersEG LSA i. V. m. § 15 BBhV für Heilfürsorgeempfänger nicht gilt und entnimmt der Regelung lediglich die grundsätzliche Rechtsauffassung des Landesgesetzgebers zur Notwendigkeit implantologischer Leistungen, die ihre Ursache in Entzündungen des Kiefers haben. Weshalb die Verschiedenheit der Leistungsgewährungssysteme eine solche Auslegung der gesetzgeberischen Intention verbieten sollte, macht die Antragsbegründungsschrift nicht plausibel. Auch hinsichtlich der Ausführungen des Verwaltungsgerichts auf S. 17 Abs. 2 der Urteilsausfertigung zu § 15 BBhV, die die Berücksichtigung der Fürsorgepflicht des Dienstherrn unter dem Aspekt des Grundsatzes der Gleichbehandlung mit anderen Beamtengruppen betreffen und zudem nicht entscheidungstragend sind ("Nach diesem Ergebnis kann offen bleiben …"), ist nicht erkennbar, inwiefern sich hier die Unterschiedlichkeit der Leistungsgewährungssysteme entscheidungserheblich auswirken soll.

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Eine Ergebnisunrichtigkeit des angefochtenen Urteils macht auch der Vortrag nicht plausibel, das Verwaltungsgericht habe anstelle der Vorgaben des SGB V und der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses den in § 112 Abs. 2 LBG LSA aufgestellten Maßstab der (schlichten) Notwendigkeit und (wirtschaftlichen) Angemessenheit der Aufwendungen herangezogen, die Notwendigkeit dem Kostenvoranschlag des behandelnden Arztes der Klägerin entnommen und das beklagtenseits eingeholte Gutachten der Frau Prof. Dr. W. als nicht einschlägig angesehen. Aus welchen Gründen die vom Verwaltungsgericht herangezogene Rechtsgrundlage des § 112 Abs. 2 Satz 1 LBG LSA unzutreffend bzw. fehlerhaft ausgelegt worden sein sollte, weshalb in Bezug auf die Notwendigkeit der streitigen Aufwendungen nicht auf das Urteil des behandelnden Arztes abgestellt werden kann und weshalb sich das Gutachten der Frau Prof. Dr. W. - entgegen der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts (vgl. S. 9 Abs. 2 d. UA) - ebenfalls zur Notwendigkeit von Aufwendungen verhalte oder aus anderen Gründen einschlägig sei, ergibt sich aus dem Antragsvorbringen nicht.

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Die Zulassung der Berufung rechtfertigt sich auch nicht wegen des unter Pkt. II 2 der Antragsbegründungsschrift geltend gemachten Verfahrensfehlers gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO.

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Die Antragsbegründungsschrift macht einen Verstoß gegen allgemeinverbindliche Beweiswürdigungsgrundsätze geltend. Das Verwaltungsgericht habe die gesetzliche Beweisregel des § 108 VwGO sowie des § 173 VwGO i. V. m. § 286 ZPO verletzt, indem es sich über das Gutachten der Frau Prof. Dr. W. und die dortige Feststellung des Nichtvorliegens einer Ausnahmeindikation hinweggesetzt habe und im Wege einfacher Subsumtion der streitentscheidenden Normen zu einem anderen Ergebnis gelangt sei. Das Gericht dürfe sich zum Zwecke der Rechtsfindung nicht ohne innere Auseinandersetzung und Obergutachten über das Gutachtenergebnis hinwegsetzen. Das Gericht sei ohne inhaltliche Befassung mit dem Gutachten an dieses gebunden. Die Urteilsgründe ließen die eigene Sachkunde des Gerichts nicht erkennen und setzten sich nicht mit dem Sachverständigengutachten auseinander.

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Ein Verfahrensfehler wird mit diesem Vorbringen nicht schlüssig dargelegt. Die Antragsbegründungsschrift geht selbst davon aus, dass die entsprechenden Feststellungen des Verwaltungsgerichts über das Vorliegen einer Ausnahmeindikation für den Urteilsspruch nicht tragend sind. Im Hinblick hierauf ist nicht ersichtlich, weshalb das Urteil - wie es § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO voraussetzt - auf dem behaupteten Verfahrensfehler beruhen kann. Maßgeblich ist insoweit der materiell-rechtliche Standpunkt des Gerichts, selbst wenn dieser verfehlt sein sollte (vgl. BVerwG, Beschluss vom
23. Januar 1996 - 11 B 150.95 -, juris). Für die Frage, ob das Urteil auf dem behaupteten Verfahrensfehler beruht, kommt es deshalb - entgegen den Ausführungen der Antragsbegründungsschrift - nicht entscheidungserheblich darauf an, ob die vom Verwaltungsgericht entscheidungstragend als nicht wirksam in das Landesrecht inkorporierten Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses im Falle einer Zulassung der Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zur Anwendung kämen.

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Soweit die Antragsbegründungsschrift in diesem Zusammenhang auf die Begrenzung der Kostenübernahme nach § 7 Abs. 8 POLHFVO LSA verweist und rügt, die Beklagte sei durch das Verwaltungsgericht zur Übernahme sämtlicher Behandlungskosten verurteilt worden, wird damit weder ein Verfahrensfehler schlüssig dargelegt noch setzt sich die Antragsbegründungsschrift damit auseinander, dass das angefochtene Urteil eine Entscheidung über die Heilfürsorgefähigkeit der Kosten einer Implantatversorgung trifft und die Beklagte nicht zu einer Kostenerstattung in bestimmter Höhe verurteilt.

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Die Zulassung der Berufung rechtfertigt sich schließlich nicht wegen der unter Pkt. II 3 der Antragsbegründungsschrift geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.

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„Grundsätzliche Bedeutung“ im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO besitzt eine Rechtssache nur dann, wenn zu erwarten ist, dass die Entscheidung im angestrebten Rechtsmittelverfahren zur Beantwortung von entscheidungserheblichen konkreten Rechts- oder Tatsachenfragen beitragen kann, die eine über den Einzelfall hinausgehende Tragweite besitzen und die im Interesse der Rechtseinheit oder Weiterentwicklung des Rechts einer Klärung bedürfen (OVG LSA in ständiger Rechtsprechung, etwa: Beschluss vom 21. Januar 2008 - 1 L 166/07 -, juris [m. w. N.]; vgl. zudem: BVerwG, Beschluss vom 17. Juli 1987 - 1 B 23.87 -, InfAuslR 1987, 278). Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO zudem im Zulassungsantrag darzulegen. „Dargelegt" im Sinne der genannten Vorschrift ist eine grundsätzliche Bedeutung nur dann, wenn in der Antragsbegründung eine konkrete rechtliche oder tatsächliche Frage formuliert und zugleich substantiiert vorgetragen wird, inwiefern der Klärung dieser Frage eine im Interesse der Rechtssicherheit, Vereinheitlichung oder Fortbildung des Rechts über den Einzelfall hinausgehende grundsätzliche Bedeutung zukommt und warum es auf die Klärung der zur Überprüfung gestellten Frage im konkreten Fall entscheidungserheblich ankommt (OVG LSA, a. a. O. [m. w. N.]; vgl. zudem BVerwG, Beschluss vom 2. Oktober 1961, BVerwGE 13, 90, vom 9. März 1993, Buchholz 310 § 133 n. F. VwGO Nr.11, Beschluss vom 10. November 1992, Buchholz 303 § 314 ZPO Nr. 5). Hiernach ist es zunächst erforderlich, dass in der Antragsschrift eine konkrete - entscheidungserhebliche und klärungsbedürftige - rechtliche oder tatsächliche Frage „aufgeworfen und ausformuliert” wird (vgl.: BVerwG, Beschluss vom 26. September 1995, Der Personalrat 1996, 27). Darüber hinaus obliegt es dem Rechtsschutzsuchenden, im Einzelnen darzulegen, inwiefern die aufgeworfene Frage im Interesse der Rechtssicherheit, Vereinheitlichung oder Fortbildung des Rechts über den Einzelfall hinaus einer fallübergreifenden Klärung bedarf und im konkreten Fall entscheidungserheblich ist. Hierbei sind - neben der Sichtung und Durchdringung des Prozessstoffes, welche die Begründung erkennen lassen muss - die genannten Voraussetzungen für die Zulassung des Rechtsmittels in der Weise unter Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung, der einschlägigen Rechtsprechung sowie unter Angabe der maßgeblichen tatsächlichen und/oder rechtlichen Überlegungen zu erläutern und aufzuarbeiten, dass das Berufungsgericht hierdurch in die Lage versetzt wird, anhand der Antragsschrift darüber zu befinden, ob die Zulassung des Rechtsmittels gerechtfertigt ist (OVG LSA, a. a. O. [m. w. N.]; vgl. zudem: BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 -, Buchholz 310 VwGO § 133 (n. F.) Nr. 26, Beschluss vom 9. März 1993 - 3 B 105.92 -, NJW 1993, 2825).

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In Anlegung dieser Maßstäbe ist eine rechtsgrundsätzliche Bedeutung der Rechtssache von der Beklagten nicht in der gebotenen Weise dargelegt worden. Die Antragsbegründungsschrift wirft lediglich eine als klärungsbedürftig erachtete Rechtsfrage auf, ohne sich in der gebotenen Weise mit den Urteilsgründen und der einschlägigen Rechtsprechung und Fachliteratur auseinanderzusetzen und die Entscheidungserheblichkeit der Grundsatzfrage für den konkreten Fall schlüssig darzulegen.

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Soweit die Frage als grundsätzlich klärungsbedürftig aufgeworfen wird, "ob § 112 Abs. 2 Satz 1 LBG LSA in Verbindung mit der Fürsorgepflicht des Dienstherrn nach § 45 Beamtenstatusgesetz es gebietet, den Leistungsumfang nach der Notwendigkeit und Angemessenheit der Aufwendungen zu bestimmen mit der Folge, dass eine Ausgestaltung nach den Regelungen der gesetzlichen Krankenkasse (SGB V) unzulässig und damit die Begrenzung der Heilfürsorge nach Maßgabe der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses unwirksam ist", lassen sich der erste Teil der Frage und der Schlussfolgerung bereits schlicht mit dem Gesetzeswortlaut beantworten. So bestimmt § 112 Abs. 2 Satz 1 LBG LSA, dass im Rahmen der Heilfürsorge grundsätzlich nur "notwendige und wirtschaftlich angemessene Aufwendungen" gewährt werden sowie Satz 2, dass sich "die Angemessenheit der Aufwendungen grundsätzlich nach den Regelungen der jeweils geltenden Sozialgesetzbücher, insbesondere des Fünften Buches Sozialgesetzbuch" beurteilt. Hinsichtlich der Notwendigkeit erfolgt mithin kein Verweis auf das SGB V und seine Regelungen. Ferner sieht die Verordnungsermächtigung in § 112 Abs. 4 LBG LSA vor, dass die Regelung über die Gewährung von Heilfürsorge "in Anlehnung an das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch sowie unter Berücksichtigung der Fürsorgepflicht des Dienstherrn nach § 45 des Beamtenstatusgesetzes" zu erfolgen hat. Nach Maßgabe des § 112 Abs. 5 LBG LSA können Bestimmungen zu Inhalt und Umfang der Heilfürsorge getroffen werden. Für die Schlussfolgerung der Grundsatzfrage, dass die beamtenrechtlichen Bestimmungen des § 112 LBG LSA einer Bezugnahme auf die Regelungen der gesetzlichen Krankenversicherung entgegen stehen könnten und eine solche "unzulässig" sei, findet sich nach dem Gesetzeswortlaut kein Anhalt. Das Verwaltungsgericht hat im Übrigen im angefochtenen Urteil auch keine entsprechende Feststellung getroffen.

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Soweit das Verwaltungsgericht dagegen davon ausgeht, dass die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses nicht wirksam in das Landesrecht inkorporiert worden seien, wird dies durch die aufgeworfene Grundsatzfrage und ihre weitere Schlussfolgerung, dass die beamtenrechtlichen Bestimmungen des § 112 LBG LSA einem Verweis auf besagte Richtlinien entgegen stünden, nicht nachvollziehbar infrage gestellt. Die Grundsatzfrage setzt sich bereits nicht mit der vom Verwaltungsgericht getroffenen Unterscheidung zwischen dynamischer und statischer Verweisung auseinander. So würde sich bei einer statischen Verweisung die Grundsatzfrage nicht in entscheidungserheblicher Weise stellen, weil das Verwaltungsgericht die Verweisung bereits mangels ausreichender Bestimmtheit der Verweisungsnorm als rechtswidrig angesehen hat und dies von der Antragsbegründungsschrift nicht in zulassungsbegründender Weise angefochten wird.

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Bei Einstufung als dynamische Verweisung setzt sich die Antragsbegründungsschrift nicht mit den Feststellungen des Verwaltungsgerichts im angefochtenen Urteil zum Ermächtigungsrahmen des § 112 Abs. 4 und 5 LBG LSA und den Befugnissen des Verordnungsgebers (einschl. der vom Verwaltungsgericht verneinten Ermächtigung zur Subdelegation) sowie insbesondere dazu, dass der Gemeinsame Bundesausschuss die beamtenrechtlichen Fürsorgegesichtspunkte nicht zu beachten habe, auseinander. Auch findet nicht die bei einer Grundsatzrüge gebotene Aufbereitung des Sach- und Streitstoffes anhand der einschlägigen Rechtsprechung und Fachliteratur statt, etwa mit der im angefochtenen Urteil zitierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. September 2013 (- 5 C 33.12 -, juris) und den dort mit weiteren Nachweisen angesprochenen, weiteren verfassungsrechtlichen Bedenken gegen eine Verweisung bei Leistungsausschlüssen.

21

Schließlich geht die Antragsbegründungsschrift auch nicht auf die abschließende Feststellung des Verwaltungsgerichtes ein, dass die Verweisung der Klägerin auf eine konventionelle prothetische Versorgung ihrer Zahnlücke mit einer abnehmbaren Prothese der Polizeidienstvorschrift "Ärztliche Beurteilung der Polizeidiensttauglichkeit und der Polizeidienstfähigkeit" - PDV 300 - vom 11. September 2012, hier der lf. Nr. 7.2 widerspreche und es der Beklagten verwehrt sei, den Umfang der Heilfürsorge so zu begrenzen, dass das mit der ausgewählten Methode erreichbare Ergebnis zur Polizeidienstunfähigkeit führe oder diese jedenfalls in Zweifel ziehe, wenn die Probleme mit einer anderen Behandlungsmethode vermeidbar seien (vgl. S. 17 Abs. 3 d. UA).

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Vor diesem Hintergrund legt die Antragsbegründungsschrift nicht nachvollziehbar dar, dass sich die aufgeworfene Grundsatzfrage, zumal in der weitgefassten, allgemeinen Form, in einem Berufungsverfahren in entscheidungserheblicher Weise stellen würde und inwiefern sie geeignet ist, eine für die Beklagte günstige Entscheidung herbeizuführen. Die weiteren Ausführungen der Antragsbegründungsschrift dazu, weshalb die Klärung der aufgeworfenen Grundsatzfrage "erwünscht" sei und welche Regelungen in anderen Bundesländern bzw. für die Bundespolizei getroffen worden seien, machen einen Klärungsbedarf für das konkrete Verfahren nicht plausibel. Entsprechendes gilt für den Verweis auf die gutachterliche Stellungnahme von Frau Prof. Dr. W. und die dort ausgesprochene Möglichkeit einer konventionellen oder prothetischen Versorgung der Lücke mit abnehmbarer Prothese. Allein die Möglichkeit, dass sich bestimmte Rechts- oder Tatsachenfragen in einer Vielzahl vergleichbarer Verfahren in gleicher oder ähnlicher Weise stellen könnten, ist für die Darlegung der allgemeinen Bedeutung der Rechtssache nicht ausreichend. Mit bloßen Angriffen gegen die tatsächliche oder rechtliche Würdigung des Verwaltungsgerichts bzw. einem rein Zur-Überprüfung-Stellen der erstinstanzlichen Rechtsauffassung kann die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache nicht ausreichend dargelegt werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. September 1995 - 6 B 61.95 -, Der Personalrat 1996, 27; Beschluss vom 24. Februar 1977 - II B 60.76 -, Buchholz 232 § 5 BBG Nr. 2).

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

24

Die Entscheidung über die Festsetzung der Höhe des Streitwertes für das Zulassungsverfahren und unter Änderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Halle - 5. Kammer - vom 24. September 2014 zugleich für die erste Instanz beruht auf den §§ 63 Abs. 3, 52 Abs. 3, 39 Abs. 1, 40, 47 GKG. Bei der Wertfestsetzung ist davon auszugehen, dass neben der im Zulassungsverfahren noch streitigen Frage der Heilfürsorgefähigkeit von Aufwendungen für eine Implantatversorgung der Klägerin im Hinblick auf die erstinstanzlich abgegebenen übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Verfahrensbeteiligten ursprünglich zudem die Heilfürsorgefähigkeit von Aufwendungen für eine Augmentationsplastik sowie für Suprakonstruktionen im Streit standen und bei der Wertfestsetzung für die erste Instanz gemäß §§ 39 Abs. 1, 40 GKG zu berücksichtigen sind. Den Wert der Aufwendungen für die Implantatversorgung und Augmentationsplastik bemisst der Senat nach dem Kostenvoranschlag des Dr. med. Dr. med. dent. H. vom 30. April 2012 mit insgesamt 3.622,95 Euro. Hinsichtlich der Kosten für die Suprakonstruktionen kann auf sich beruhen, ob der Wertfestsetzung der mit Bescheid der Beklagten vom 3. Juli 2013 vorläufig festgesetzte Festzuschuss von 558,61 Euro oder der mit Bescheid der Beklagten vom 24. September 2013 erstattete Betrag von 394,02 Euro zugrunde gelegt wird. In beiden Fällen rechtfertig sich für die erste Instanz eine Wertfestsetzung bis zur Wertstufe von 5.000,00 Euro. Für das Zulassungsverfahren kann zudem auf sich beruhen, ob sich die Aufwendungen für die Augmentationsplastik insgesamt auf 727,20 Euro oder (zuzüglich 264,38 Euro) auf 991,58 Euro belaufen, da sich auch hier in beiden Fällen eine Festsetzung auf die Wertstufe bis 3.000,00 Euro rechtfertigt.

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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 124a Abs. 5 Satz 4, 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


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