Urteil vom Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt (2. Senat) - 2 L 19/18

Tatbestand

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Der Beteiligten streiten über die rechtliche Einordnung der Verrohrung des Bachlaufs in der Ortslage von B und über die Zuständigkeit für deren Reparatur.

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Der Kläger ist als Unterhaltungsverband zuständig für die Unterhaltung der Gewässer zweiter Ordnung in seinem Verbandsgebiet. Zu diesen Gewässern zählt auch der B-Bach.

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Der Beklagte ist ein Zweckverband, dem in seinem Verbandsgebiet u.a. die Aufgabe der Abwasserbeseitigung obliegt. Er ist Rechtsnachfolger des Abwasserzweckverbands Südharz. Zu seinem Verbandsgebiet gehört die Gemeinde Südharz mit dem Ortsteil B. Ausweislich seiner Verbandssatzung vom 14.12.2015 übernimmt er bestehende Anlagen und Einrichtungen sowie Grundstücke der Verbandsmitglieder, die von Verbandsanlagen zur Erfüllung der Aufgaben in Anspruch genommen werden oder hierfür vorgesehen sind. Die Verbandsanlagen werden durch ihn geplant, betrieben, unterhalten und je nach Bedarf erneuert oder erweitert. Nach seiner Abwasserbeseitigungssatzung vom 30.01.2019 betreibt er die Beseitigung des in seinem Gebiet anfallenden Abwassers u.a. als selbständige öffentliche Einrichtung zur Ableitung von vorgeklärtem Schmutzwasser aus Kleinkläranlagen.

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Der B-Bach entspringt nördlich der Ortslage von B und fließt in südlicher Richtung durch B. Unterhalb von B wechselt der Bach seine Fließrichtung nach Westen und mündet westlich von U. in die T. Insgesamt ist der B-Bach 8.251 m lang. Der Bach führt ständig Quellwasser ab. In der Ortslage von B ist der B-Bach zum Teil verrohrt. Die Verrohrung ist ca. 640 m lang und beginnt nördlich der Ortslage oberhalb des Waldbades bei Stationierung 7+860 und endet im Unterdorf bei Stationierung 7+220. Bei der Verrohrung handelt es sich im Wesentlichen um Betonrohre in der Dimensionierung DN 700.

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Die Schmutzbeseitigung in B erfolgt derzeit noch durch Kleinkläranlagen mit Überlauf. Das vorgereinigte Schmutzwasser aus den Überläufen der Kleinkläranlagen wird von etwa 60 Grundstücken unmittelbar in den B-Bach geleitet. Von den übrigen Grundstücken wird das vorgereinigte Schmutzwasser aus den Überläufen zunächst in die vom Beklagten betriebenen sog. Bürgermeisterkanäle und von diesen in den B-Bach eingeleitet.

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Mit Bescheid vom 19.10.2009 erteilte der Landkreis Mansfeld-Südharz dem Abwasserzweckverband Südharz eine wasserrechtliche Erlaubnis für Abwassereinleitungen aus dem Kanalnetz der Gemeinde B. Hiermit wurde u.a. erlaubt, durch Grundstückskläranlagen vorbehandeltes häusliches Abwasser aus Bürgermeisterkanälen über 13 näher bezeichnete Einleitstellen in Gewässer einzuleiten. Als Gewässer bzw. Vorfluter wurde in einem Fall ein Straßenseitengraben und in den übrigen Fällen ein "verrohrter Graben" angegeben. Die Erlaubnis wurde bis zum 31.12.2016 befristet, da nach dem Abwasserbeseitigungskonzept des Abwasserzweckverbandes Südharz der Anschluss der Gemeinde B an die zentrale Abwasserbeseitigungsanlage bis Ende 2016 geplant sei. Das in der Ortslage B anfallende Abwasser solle dann auf der Kläranlage Thüringen behandelt werden. Die derzeitigen Einleitungen aus den Bürgermeisterkanälen erfüllten aufgrund der unzureichenden Behandlung der Abwässer in den vorhandenen Grundstückskläranlagen die geltenden Mindestanforderungen nicht, seien aber als Übergangslösung zu betrachten. Mit Bescheid vom 08.08.2014 stellte der Landkreis Mansfeld-Südharz fest, dass u.a. die wasserrechtliche Erlaubnis vom 19.10.2009 betreffend die Einleitungen in B auf den Beklagten übergegangen sei.

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Der Beklagte erhebt für die Einleitung von Schmutzwasser in Bürgermeisterkanäle Gebühren. Noch Anfang 2014 wurden auch die Eigentümer solcher Grundstücke, bei denen der Überlauf der Kleinkläranlage direkt in den verrohrten Teil des B-Bachs entwässert, zu derartigen Gebühren (für das Veranlagungsjahr 2013) herangezogen. Im April 2015 nahm der Beklagte die entsprechenden Gebührenbescheide mit der Begründung zurück, eine Überprüfung habe ergeben, dass die Grundstücke nicht in ein öffentliches Kanalsystem entwässerten.

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Im Jahr 2014 wurde von der Gemeinde Südharz festgestellt, dass die Verrohrung des B-Bachs in der Ortslage B Mängel aufweise. Auf den Grundstücken (…)gasse 3 und 5 befinde sich eine offene Wasserentnahmestelle. Im Anschluss daran verjünge sich die Verrohrung auf DN 600 für ca. 30 m. Anschließend betrage die Dimensionierung wieder DN 700. Durch die Verengung komme es auf den genannten Grundstücken immer wieder zu Überflutungen. In dem Bereich, in dem die Dimensionierung nur DN 600 betrage, insbesondere auf dem Grundstück H.-straße 5, bestünden Anhaltspunkte dafür, dass die Verrohrung teilweise defekt sei.

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Im Juli 2014 stellte der Beklagte fest, dass der "verrohrte Graben", also der verrohrte Teil des B-Bachs, nicht in sein Anlagenverzeichnis aufgenommen wurde. Insbesondere war der verrohrte Teil des B-Bachs nicht Gegenstand des zwischen der Gemeinde Südharz und dem Abwasserzweckverband Südharz abgeschlossenen Vertrages zur Übernahme des Anlagevermögens vom 16.07./08.08.2013 (GA Bl. 250).

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Nachfolgend kam es zu einem Schriftwechsel zwischen dem Kläger und dem Beklagte, wobei die Frage der Zuständigkeit für die Sanierung der Verrohrung des B-Bachs erörtert wurde. Eine Einigung konnte nicht erzielt werden.

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Am 14.08.2015 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Klage erhoben.

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Er hat geltend gemacht, der B-Bach sei Teil der öffentlichen Einrichtung des Beklagten. Dieser bestreite jedoch seine Zuständigkeit. Bei einem Streit über die Zuständigkeit für die Sanierung des verrohrten Teils eines Gewässers bestehe ein feststellungsfähiges und feststellungsbedürftiges Rechtsverhältnis. Die Verantwortlichkeit müsse geklärt werden, denn es stehe zeitnah ein erheblicher Sanierungsbedarf an. Der B-Bach sei zwar ein Gewässer zweiter Ordnung. Er habe aber eine Doppelfunktion und sei gleichzeitig Teil einer öffentlichen Einrichtung. Größere, verrohrte Bereiche von Gewässern zweiter Ordnung seien grundsätzlich als öffentliche Einrichtung einzustufen. Insbesondere der verrohrte Teil des B-Bachs sei als Bürgermeisterkanal einzustufen. Die erforderliche Widmung ergebe sich aus der in der Vergangenheit erfolgten Erhebung von Gebühren für dessen Benutzung. Diese Eigenschaft sei nicht dadurch verloren gegangen, dass der Beklagte inzwischen keine Gebühren mehr erhebe. Eine Entwidmung könne nicht erfolgen, da der verrohrte Teil des B-Bachs nach wie vor für die Abwasserbeseitigung benötigt werde. Es widerspreche der Konzeption der Unterhaltungsverbände, wenn diese für Sanierungskosten im Bereich der versiegelten Flächen und im Bereich der Bebauung aufkommen müssten. Die Unterhaltungsverbände seien dafür verantwortlich, dass die Durchflussfähigkeit der Vorfluter erhalten bleibe. Soweit sie auch für die Kosten von Kanalsanierungen aufkommen müssten, würden sich die Gewässerunterhaltungskosten mehr als verdoppeln. Die Unterhaltungsverbände seien auch nicht auf die Verwaltung und die Organisation entsprechender Baumaßnahmen ausgerichtet. Die Rechtsauffassung des Beklagten würde dazu führen, dass es zu einer Kostenverlagerung aus der Siedlungswasserwirtschaft in den Bereich der Wasser- und Bodenverbände komme. Es bedürfe der Klärung, ob ein Abwasserverband jahrelang "übergangsweise" Gewässer zweiter Ordnung für die Abwasserbeseitigung benutzen könne und nach der "Abnutzung" dieser Gewässer bzw. der "Abnutzung" von baulichen Anlagen dieser Gewässer die Anlagen ohne finanzielle Konsequenzen "entwidmen" und die Kanäle in die alleinige Hand der Wasser- und Bodenverbände zurückgeben könne und diese dann gehalten seien, die Sanierung der Kanäle aus eigenen finanziellen Mitteln zu realisieren.

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Der Kläger hat beantragt,

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festzustellen, dass der verrohrte Teil des B-Bachs in der Ortslage von B mit einer Gesamtlänge von ca. 640 Metern, beginnend nördlich der Ortslage bei der Stationierung 7+860 bis zum Unterdorf bei der Stationierung 7+220, Teil der öffentlichen Abwasserbeseitigungsanlage des Beklagten ist,

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hilfsweise,

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festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, die zukünftigen Sanierungskosten für den verrohrten Teil des B-Baches (als Teil eines Gewässers) in der Ortslage von B mit einer Gesamtlänge von ca. 640 Metern, beginnend nördlich der Ortslage bei der Stationierung 7+860 bis zum Unterdorf bei der Stationierung 7+220, an ihn zu erstatten.

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Der Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Er hat geltend gemacht, die Klage sei unzulässig, da die begehrte Feststellung kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis betreffe. Die Frage, ob es sich bei dem verrohrten Teil des B-Bachs um einen Teil seiner öffentlichen Abwasserbeseitigungsanlage handele, sei lediglich eine nicht feststellungsfähige Vorfrage eines Rechtsverhältnisses. Die Frage des Vorliegens einer öffentlichen Einrichtung betreffe kein Rechtsverhältnis zwischen ihm und dem Kläger, sondern allenfalls zwischen ihm und jemandem, der die öffentliche Einrichtung in Anspruch nehmen wolle. Auch sei völlig offen, ob der Kanal jemals saniert werde. Ohnehin ginge dies den Kläger nichts an, da er meine, nicht zur Unterhaltung von Rohren verpflichtet zu sein. Der Klage stehe auch der Subsidiaritätsgrundsatz des § 43 Abs. 2 VwGO entgegen. Es gehe dem Kläger um die Klärung der Frage, wer für die Sanierung des Grabens zuständig sei. Hierfür stehe die Leistungsklage zur Verfügung, mit der ihn der Kläger auf Erstattung etwaiger Sanierungskosten in Anspruch nehmen könne. Es bestehe auch kein berechtigtes Interesse an der beantragten Feststellung. Es handele sich um eine vorbeugende Feststellungsklage. Es sei weder dargelegt noch erkennbar, dass der Kläger ein spezielles, auf die Inanspruchnahme vorbeugenden Rechtsschutzes gerichtetes Rechtsschutzinteresse habe. Es sei ihm vielmehr zumutbar, die befürchtete Maßnahme abzuwarten. Die Klage sei auch unbegründet. Der verrohrte Teil des B-Bachs in der Ortslage von B sei nicht Teil seiner öffentlichen Abwasserbeseitigungsanlage. Es sei bereits fraglich, ob dieser überhaupt technisch geeignet sei, einem entwässerungsrechtlichen Zweck zu dienen, da er nach Aussage des Klägers sanierungsbedürftig sei. Jedenfalls fehle es an einer Widmung. Aus seiner Abwasserbeseitigungssatzung lasse sich diese nicht entnehmen. Auch sei der verrohrte Abschnitt des B-Bachs weder in seinen Bestandsplänen noch in seinem Abwasserbeseitigungskonzept erfasst. Es sei nicht zulässig, von einer – teilweise – rechtswidrigen Gebührenerhebung auf eine konkludente Widmung zu schließen. Er sei zu keinem Zeitpunkt davon ausgegangen, dass der verrohrte Teil des B-Bachs Teil seiner öffentlichen Einrichtung sei. Der B-Bach sei ein Gewässer zweiter Ordnung. Der Kläger sei als Unterhaltungsverband für die Unterhaltung dieses Gewässers zuständig. Zur Gewässerunterhaltung gehöre gemäß § 52 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 WG LSA auch die Unterhaltung und der Betrieb der Anlagen, die der Abführung des Wassers dienten. Hierzu zählten auch Anlagen, die als Bestandteil des Gewässers dessen Ausbauzustand bestimmten und sicherten. Hieraus ergebe sich die Zuständigkeit für verrohrte Abschnitte eines Gewässers.

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Mit Urteil vom 11.12.2017 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klage sei hinsichtlich des Hauptantrags zulässig, aber unbegründet. Die Klage sei als Feststellungsklage i.S.d. § 43 Abs. 1 VwGO statthaft. Dem Kläger gehe es um die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses. Die Öffentlichkeit des verrohrten Teils des B-Bachs berühre die Rechtsbeziehungen des Klägers als Unterhaltungsverband zum Beklagten als Wasserverband. Der Kläger habe auch ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung. Die Rechtsnatur des Bachs sei für die Gebührenerhebung und für die Frage relevant, wer für die Erhaltung der Fließfähigkeit zuständig sei. Der Statthaftigkeit der Klage stehe auch nicht der Grundsatz der Subsidiarität aus § 43 Abs. 2 VwGO entgegen. Dem Kläger stehe für seine Rechtsverfolgung kein unmittelbareres, sachnäheres und wirksameres Verfahren zur Verfügung. Die Feststellungsklage sei jedoch unbegründet. Der verrohrte Teil des B-Bachs sei nicht Teil der öffentlichen Abwasserbeseitigungsanlage des Beklagten. Er sei ein Gewässer. Zwar schließe Bundesrecht nicht aus, dass ein Gewässer gleichzeitig Teil einer Abwasseranlage sei. Dies sei jedoch eine Frage des Einzelfalls. Ob eine Rohrleitung Teil einer öffentlichen Abwasseranlage sei, hänge davon ab, ob sie hierzu durch Widmung bestimmt sei, die grundsätzlich nicht formgebunden sei und auch konkludent erfolgen könne. Als Indizien für eine konkludente Widmung kämen insbesondere der erkennbare Zweck der Einrichtung und die bisherige Benutzungspraxis in Betracht. Aus der Verbandssatzung des Beklagten lasse sich eine Widmung einzelner Anlagenteile nicht entnehmen. Gleiches gelte für die Abwasserbeseitigungssatzung. Auch mit der (ggf. rechtswidrigen) Gebührenerhebung durch den Rechtsvorgänger des Beklagten könne die öffentlich-rechtliche Eigenschaft des Kanals nicht begründet werden. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, würde nunmehr eine Entwidmung vorliegen. Zwar könne der Wille der Gemeinde, eine Anlage als Teil der gemeindlichen Entwässerungsanlage zu widmen, auch dadurch erkennbar werden, dass sie für das Einleiten von Abwasser in eine bestimmte Anlage Gebühren verlange. Allerdings sei dieser Wille im Jahr 2014 nach außen erkennbar aufgegeben worden, indem bereits gezahlte Beiträge zum Teil erstattet worden seien. Eine Widmung zur öffentlich-rechtlichen Anlage sei auch nicht darin zu erkennen, dass die Verrohrung ursprünglich die Geruchsbelästigung habe beseitigen sollen. Zwar komme es für die Frage, ob ein Kanal zur öffentlichen Abwasserbeseitigungsanlage gehöre, auch auf die Frage der technischen Eignung an. Die technische Eignung sei allerdings nur notwendiges, nicht hinreichendes Kriterium für die zu treffende Abgrenzung. Eine öffentlich-rechtliche Eigenschaft der streitgegenständlichen Abschnitte des Kanals ergebe sich auch nicht daraus, dass der Beklagte den Bach als Vorflut nutze. Nicht jedes Gewässer werde dadurch, dass man es zur Vorflut nutze, Teil eines öffentlich-rechtlichen Kanalsystems. Hier verhalte es sich vielmehr so, dass eine weitere Klärung des Wassers aus dem B-Bach nicht mehr stattfinde. Die Gewässernatur des B-Bachs einschließlich des verrohrten Teils werde durch die wasserrechtliche Erlaubnis des Landkreises Mansfeld-Südharz vom 19.10.2009 deutlich. Hier sei eine Genehmigung zur Einleitung in ein Gewässer erteilt worden. Dessen hätte es nicht bedurft, wenn dieser Teil des Bachs bereits eine Kanalisation zur Abwasserbeseitigung gewesen wäre. Vielmehr werde der Beklagte berechtigt, in die Vorflut einzuleiten. Die Abwässer würden anschließend auch nicht mehr behandelt. Hinsichtlich des als Feststellungsklage formulierten Hilfsantrages sei die Klage unzulässig, soweit der Kläger damit Schadensersatz begehre. Dem stehe die Subsidiarität der Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 2 VwGO entgegen. Dem Kläger gehe es mit seinem Hilfsantrag darum, eine Schadensersatzpflicht dem Grund nach festzustellen. Dafür bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis, da der Kläger einen etwaigen Schaden bereits jetzt feststellen lassen könne. Eine isolierte Klage auf Feststellung des Schadensersatzes dem Grunde nach sei zudem nicht prozessökonomisch. Würde man den Antrag hingegen als Antrag auf Geltendmachung eines Folgenbeseitigungsanspruchs verstehen, könnte der Kläger diesen auch im Wege der Leistungsklage verfolgen. Allerdings müsste dazu ein rechtswidriger Zustand bestehen. Mit der Erlaubnis des Landkreises Mansfeld-Südharz sei die Einleitung durch den Beklagten hingegen nicht rechtswidrig gewesen.

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Mit Schriftsatz vom 26.01.2018 hat der Kläger die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt. Mit der Berufungsbegründung vom 01.03.2018 hat er klargestellt, dass er nur den Hauptantrag, nicht aber den Hilfsantrag weiter verfolgt.

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Er macht geltend, mit dem Bundesverwaltungsgericht sei von der sogenannten Zwei-Naturen-Theorie auszugehen. Es sei eine Frage des Einzelfalls, ob ein Gewässer zugleich Teil einer Abwasseranlage sei. Das Verwaltungsgericht habe den Sachverhalt im Ergebnis fehlerhaft bewertet. Es bestehe eine faktische Widmung, weil der B-Bach aktuell nach wie vor für die Abwasserbeseitigung benutzt werde, da er für mehr als einen Einleiter als Überlauf diene und damit die Definition einer öffentlichen Abwasserbeseitigungsanlage erfüllt sei. Ein entgegenstehender Wille des Beklagten, die faktische Abwasseranlage nicht mehr als Abwasseranlage sehen zu wollen, sei unbeachtlich. Die bis zum Jahr 2014 durchgeführte Gebührenerhebung für die Direkteinleitung in den B-Bach sei ein Indiz dafür, dass eine öffentliche Einrichtung bestanden habe und noch bestehe. Der B-Bach fungiere in der Ortslage als öffentliche Einrichtung. Damit ergäben sich auch aus dem erkennbaren Zweck der Einrichtung und der bisherigen Benutzungspraxis Indizien für das Bestehen einer öffentlichen Einrichtung. Es gebe eine Vielzahl von Grundstücken im Bereich des B-Bachs, die auf eine Direkteinleitung des "Grauwassers" aus nicht DIN-gerechten Kleinkläranlagen in den B-Bach angewiesen seien. Die hierfür erhobenen Gebühren seien lange Zeit unstreitig gewesen. Sie seien auch durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Halle (Urteil vom 29.08.2008 – 4 A 237/07 HAL –) gedeckt gewesen. Insoweit habe sich seit 2014 keine Veränderung ergeben. Eine Entwidmung durch den Beklagten sei nicht möglich gewesen. Für die öffentliche Einrichtung sei allein maßgeblich, dass sie in objektiver Hinsicht der Abwasserbeseitigung diene. Es spiele keine Rolle, dass der B-Bach ursprünglich aus Gründen der Geruchsbelästigung verrohrt worden sei. Allein wegen der Verrohrung des Kanals zur Bekämpfung der Geruchsbelästigung zu DDR-Zeiten sei nicht von einer öffentlichen Einrichtung auszugehen. Auch führe die Tatsache, dass der B-Bach als Vorflut genutzt werde, nicht dazu, dass eine öffentliche Einrichtung vorliege. Die Vorflut, meistens leistungsfähige Gewässer erster Ordnung, werde nicht Bestandteil der öffentlichen Einrichtung. Indizien für das Vorliegen einer öffentlichen Einrichtung seien die Benutzung des B-Bachs als Abwasserbeseitigungsanlage, dessen Verrohrung sowie die Benutzungspraxis, die bis zum heutigen Tag bestehe. Auf den Willen des Einrichtungsträgers zur Qualifizierung des B-Bachs auch als Teil der öffentlichen Abwasserbeseitigungsanlage komme es nicht an. Aus der wasserrechtlichen Erlaubnis vom 19.10.2009 ergebe sich die Gewässereigenschaft des B-Bachs, nicht aber, ob dieser daneben auch Teil der öffentlichen Einrichtung sei. Die Erlaubnis enthalte auf Seite 7 den Hinweis, dass der Gewässerbenutzer für alle Schäden hafte, die durch die Gewässerbenutzung entstünden. Die erlaubten Einleitungen über einen Sammelkanal erfassten rund 250 Personen. Neben diesen Indirekteinleitungen gebe es rund 60 Direkteinleitungen. Die hierdurch entstehenden Belastungen erreichten rund 50 % der Menge, für die bei Indirekteinleitungen ein entsprechendes Wasserrecht ausgestellt worden sei. In Bezug auf die Verantwortung für Sanierungsmaßnahmen müsse für die Direkteinleitungen das gleiche gelten wie für die Indirekteinleitungen. Wenn schon eine Haftung für erlaubte Sachverhalte (Indirekteinleitungen) bestehe, müsse das gleiche auch für Fälle gelten, in denen eine formell nicht genehmigte Gewässerbenutzung (Direkteinleitung) stattfinde. Da der B-Bach als Teil der öffentlichen Einrichtung des Beklagten anzusehen sei, ergebe sich eine "Mithaftung" des Beklagten im Rahmen durchzuführender Sanierungsarbeiten. Dieser Gesichtspunkt sei für den Rechtsstreit indessen nur sekundär von Belang, da der ursprüngliche Hilfsantrag nicht weiterverfolgt werde. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Halle (Urteil vom 27.09.2012 – 3 A 331/11 HAL –) sei eine Kanalisation öffentlich, wenn sie objektiv der Allgemeinheit zur Verfügung stehe. Das sei hier der Fall. Es liege insgesamt eine Kanalisation vor. Der B-Bach sei im gesamten Bereich der Ortslage verrohrt. Er sei auch technisch zur Aufnahme von Abwasser geeignet. Ein entgegenstehender Wille des Verbandes, die Anlage nicht als öffentliche Einrichtung anzusehen, sei unbeachtlich. Es sei allein auf die objektive Entwässerungsfunktion der Anlage abzustellen. Der Beklagte habe die Anlage im Jahr 2014 nicht entwidmen können. Der B-Bach habe im verrohrten Grabenbereich weiterhin eine objektive Entwässerungsfunktion (Ableitung von Abwasser). Es gebe bis heute Direkteinleitungen von "Grauwasser" aus nicht DIN-gerechten Kleinkläranlagen. Der B-Bach stehe auch einer Vielzahl von Anschlussnehmern offen. Damit liege eine öffentliche Einrichtung vor. Eine Entwidmung sei erst dann möglich, wenn der Beklagte entsprechend seinem Abwasserbeseitigungskonzept in B eine zentrale Erschließung der Grundstücke (Trennkanalisation) herstelle. Dann könne schmutzwasserseitig eine Ausgliederung des B-Bachs aus der öffentlichen Einrichtung des Beklagten erfolgen. Zur Beseitigung des Niederschlagswassers werde der Beklagte aber weiterhin auf den B-Bach angewiesen sei. Insoweit sei eine Entwidmung nicht möglich.

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Der Kläger beantragt,

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das Urteil des Verwaltungsgerichts Halle vom 11. Dezember 2017 teilweise aufzuheben und festzustellen, dass der verrohrte Teil des B-Bachs in der Ortslage von B mit einer Gesamtlänge von ca. 640 Metern, beginnend nördlich der Ortslage bei der Stationierung 7+860 bis zum Unterdorf bei der Stationierung 7+220, Teil der öffentlichen Abwasserbeseitigungsanlage des Beklagten ist.

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Der Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Er trägt vor, der Kläger habe die unbeschränkt eingelegte Berufung mit Schriftsatz vom 01.03.2018 teilweise zurückgenommen, da er den Hilfsantrag nicht mehr weiterverfolge. Das Verwaltungsgericht habe die Klage zu Recht abgewiesen, soweit der Kläger habe festgestellt wissen wollen, dass der verrohrte Teil des B-Bachs Teil seiner öffentlichen Abwasserbeseitigungsanlage sei. Es könne offen bleiben, ob ein Gewässer überhaupt im Sinne der Zwei-Naturen-Theorie Teil einer Abwasseranlage sein könne. Jedenfalls fehle es vorliegend an einer Widmung des streitgegenständlichen Teils des B-Bachs. Eine Widmung ergebe sich nicht daraus, dass aktuell – angeblich – nach wie vor eine Benutzung für die Abwasserbeseitigung erfolge, weil der B-Bach für mehr als einen Einleiter "als Überlauf" diene. Der B-Bach werde nicht für die Abwasserbeseitigung benutzt, da eine weitere Behandlung des aus den Überläufen der Kleinkläranlagen eingeleiteten vorgereinigten Schmutzwassers nicht erfolge. Vielmehr diene der B-Bach als Vorfluter. Nach DIN 4049 sei ein Vorfluter ein der Vorflut dienendes Gewässer. Eine Vorflut sei mithin nicht wegen ihrer Nutzung als solche eine öffentliche Einrichtung. Bei einer Widmung handele es sich um einen Willensakt, selbst wenn diese auch konkludent erfolgen könne. Die – angeblich 60 – Grundstückseigentümer, die vermutlich ohne entsprechende wasserrechtliche Erlaubnis die Überläufe ihrer Kleinkläranlagen in den B-Bach einleiteten, könnten nicht bestimmen, ob und in welchem Umfang er seine öffentliche Einrichtung definiere, schon gar nicht gegen seinen Willen. Aus seinen Satzungen ergebe sich keine Widmung des B-Bachs zum Bestandteil der öffentlichen Einrichtung. Der Hinweis des Klägers auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Halle vom 29.08.2008 – 4 A 237/07 HAL – führe nicht weiter, denn in dieser Entscheidung sei es um eine Rohrleitung und nicht um ein verrohrtes Gewässer gegangen. Zudem habe das Verwaltungsgericht darauf abgestellt, dass die dortige Behörde die fragliche Rohrleitung gegenüber der unteren Wasserbehörde als Einleitstelle angegeben habe. Vorliegend sei der B-Bach schon nicht in der gesamten Ortslage verrohrt. Vielmehr leiteten nur 4 der 13 von der wasserrechtlichen Erlaubnis vom 19.10.2009 erfassten Einleitstellen in den verrohrten B-Bach ein, während an 9 Stellen in den offenen B-Bach eingeleitet werde. Auch der Zweck der Einrichtung spreche gegen eine Widmung. Der Zweck des verrohrten Teils des B-Bachs bestehe nicht in der Schmutzwasserbeseitigung, insbesondere nicht in der Behandlung des Schmutzwassers. Vielmehr diene der B-Bach insgesamt und damit auch in seinem verrohrten Teil lediglich als Vorfluter. Maßgeblich sei darüber hinaus, dass die streitgegenständlichen verrohrten Abschnitte des B-Bachs zu keinem Zeitpunkt in seinen Bestandsplan des Kanalleitungssystems aufgenommen worden seien, im Gegensatz zu den verrohrten Bürgermeisterkanälen. Hieraus lasse sich sein Wille ableiten, die verrohrten Abschnitte des B-Bachs – anders als die Bürgermeisterkanäle – nicht zum Bestandteil seiner öffentlichen Entwässerungsanlagen machen zu wollen. Vor diesem Hintergrund sei es unzulässig, aus einer – teilweise – rechtswidrigen Gebührenerhebung auf eine konkludente Widmung zu schließen. Eine konkludente Widmung ergebe sich auch nicht aus seiner Zuständigkeit für die Schmutzwasserbeseitigung, denn im Zusammenhang mit Kleinkläranlagen beziehe sich seine Pflicht aus § 78 Abs. 1 Satz 1 WG LSA und seiner Verbandssatzung lediglich auf den darin anfallenden Schlamm. Er verfüge zudem über keine wasserrechtliche Erlaubnis zur Nutzung des B-Bachs bzw. zu einer Einleitung, die sich auf die streitgegenständlichen verrohrten Bereiche beziehe. Aus dem Hinweis in der wasserrechtlichen Erlaubnis vom 19.10.2009 ergebe sich nichts anderes. Durch den Hinweis, dass der Gewässerbenutzer für alle Schäden hafte, die durch die Gewässerbenutzung entstünden, werde deutlich, dass auch die untere Wasserbehörde von einem Gewässer ausgehe, nicht von einem Bestandteil der öffentlichen Schmutzwasseranlage. Soweit es neben den in der wasserrechtlichen Erlaubnis genannten Einleitstellen weitere Einleitungen gebe, wären diese illegal. Hieraus könne der Kläger nichts für sich herleiten, denn durch illegale Einleitungen könne nicht der Charakter eines vermeintlichen Anlagenteils determiniert werden. Der Hinweis auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Halle vom 27.09.2012 – 3 A 331/11 HAL – sei ebenfalls nicht weiterführend, da in dieser Entscheidung allein die Frage der Öffentlichkeit einer Kanalisation behandelt worden sei. Es sei um ein bloßes Rohrleitungssystem gegangen, ohne dass ein Gewässer in Rede gestanden habe. Der verrohrte Teil des B-Bachs werde auch nicht jedermann zur Verfügung gestellt und zur Benutzung angeboten. Die Gebührenerhebung allein habe, insbesondere, da sie rechtswidrig gewesen sei, nicht genügt, um von einer konkludenten Widmung auszugehen. Selbst wenn dem Aspekt der (rechtswidrigen) Gebührenerhebung eine Rechtswirkung beizumessen sein sollte, sei kein Grund ersichtlich, weshalb dies nur für eine Widmung anzuerkennen sei, nicht aber für eine Entwidmung. Der B-Bach werde in seinem verrohrten Teil auch nicht für seine Aufgabe benötigt. Er sei auf den B-Bach lediglich in dessen Funktion als Vorflut angewiesen, nicht hingegen als Kanal, da er in Bezug auf Kleinkläranlagen nur für den Schlamm zuständig sei, nicht für die Ableitung des Überlaufs. Dies sei Sache der Grundstückseigentümer.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und die vom Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Berufung hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber unbegründet.

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I. Der Kläger hat – entgegen der Ansicht des Beklagten – die Berufung nicht teilweise zurückgenommen. Die Grenzen, in denen der Rechtsstreit vor dem Berufungsgericht erneut zu verhandeln ist, werden grundsätzlich erst durch die Berufungsanträge bestimmt. Stellt der Berufungsführer in der Berufungsbegründungsfrist einen eingeschränkten Berufungsantrag, so ist darin keine teilweise Rücknahme der Berufung zu sehen. Das Urteil des Verwaltungsgerichts wird vielmehr hinsichtlich des nicht angegriffenen Teils mit Ablauf der Begründungsfrist rechtskräftig. Nach §?124a Abs.?3 VwGO muss der Berufungsführer erst vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist verbindlich entscheiden, welches Ziel er mit seinem Rechtsmittel verfolgen will. Eine Berufungseinlegung hat daher nicht die Bedeutung eines unbeschränkten Berufungsantrags. Die Notwendigkeit einer gesonderten Berufungsbegründungsschrift verlangt vielmehr eine eigenständige und aktualisierte rechtliche Durchdringung des Streitstoffs sowie die Prüfung, in welchem Umfang die zugelassene Berufung durchgeführt werden soll (vgl. OVG NW, Urt. v. 08.03.2006 – 8 A 1117/05 –, juris RdNr. 36; Urt. v. 19.06.2019 – 13 A 3741/19.A –, juris RdNr. 27 ff.; Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl., § 124a RdNr. 97).

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II. Die Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage, soweit sie auf die Feststellung gerichtet ist, dass der verrohrte Teil des B-Bachs in der Ortslage von B mit einer Gesamtlänge von ca. 640 Metern, beginnend nördlich der Ortslage bei der Stationierung 7+860 bis zum Unterdorf bei der Stationierung 7+220, Teil der öffentlichen Abwasserbeseitigungsanlage des Beklagten ist, zu Recht abgewiesen.

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1. Die Klage ist zulässig.

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Gemäß § 43 Abs. 1 VwGO kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

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a) Die Klage ist gemäß § 43 Abs. 1 Alt. 1 VwGO als Feststellungsklage statthaft. Sie ist auf die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses gerichtet.

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Unter einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis sind die rechtlichen Beziehungen zu verstehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis von (natürlichen oder juristischen) Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben, kraft deren eine der beteiligten Personen etwas Bestimmtes tun muss, kann oder darf oder nicht zu tun braucht. Dagegen sind bloße Vorfragen oder unselbständige Elemente eines Rechtsverhältnisses nicht feststellungsfähig (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.11.2003 – 3 C 44.02 –, juris RdNr. 18; OVG NW, Urt. v. 17.09.2018 – 13 A 1328/15 –, juris RdNr. 28 ff.; Happ, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl., § 43 RdNr. 15; Sodan, in: Sodan/Ziekow, a.a.O., § 43 RdNr. 28). Insbesondere Eigenschaften einer Sache sind regelmäßig nur Vorfragen eines Rechtsverhältnisses und damit selbst nicht feststellungsfähig (vgl. Sodan, a.a.O., § 43 RdNr. 32). Damit übereinstimmend wird in der Literatur vertreten, eine Feststellungsklage, die auf die Feststellung gerichtet sei, dass ein Gewässer bestimmter Ordnung vorliege, sei unzulässig, weil sie nicht auf Feststellung eines konkreten Rechtsverhältnisses, sondern eines Rechtszustands oder einer abstrakten Rechtsfrage gerichtet sei (vgl. Czychowski/Reinhardt, WHG, 12. Aufl., § 3 RdNr. 24). Allerdings ist zu beachten, dass die Forderung, eine Feststellungsklage dürfe nicht auf bloße Vorfragen gerichtet sein, nicht auf einem engen Rechtsverhältnisbegriff, sondern auf dem Gedanken der Prozessökonomie beruht. Bedeutsam ist allein der Gesichtspunkt, dass das Rechtsverhältnis in dem Umfang zur gerichtlichen Entscheidung zu stellen ist, in dem eine Bereinigung des konkreten Streits zu erwarten ist (vgl. Pietzcker, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 43 RdNr. 8). In diesem Sinne hat das Bundesverwaltungsgericht das Feststellungsbegehren einer Gemeinde, Eigentümerin eines Gewässers zweiter Ordnung zu sein, für zulässig gehalten. Als eine präjudizielle Vorfrage könne die Zuordnung eines Gewässers selbständiger Gegenstand eines Feststellungsbegehrens sein (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.10.1984 – 4 C 5.84 –, juris RdNr. 12). Zudem wird die Frage, ob es sich bei einer Entwässerungsleitung um einen Bestandteil der öffentlichen Kanalisation handelt, bei Klagen privater Grundstückseigentümer gegen die abwasserbeseitigungspflichtige Körperschaft als ein der Feststellung zugängliches Rechtsverhältnis angesehen (vgl. VG Regensburg, Urt. v. 20.10.2004 – RN 2 K 04.01746 –, juris RdNr. 17; VG Arnsberg, Urt. v. 18.01.2010 – 14 K 1176/09 –, juris RdNr. 19; Urt. v. 23.01.2012 – 8 K 1522/11 –, juris RdNr. 24).

36

Gemessen daran ist die Feststellung, dass der verrohrte Teil des B-Bachs in der Ortslage von B Teil der öffentlichen Abwasserbeseitigungsanlage des Beklagten ist, auf ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis i.S.d. § 43 Abs. 1 VwGO gerichtet. Zwar folgt aus einer derartigen Feststellung weder unmittelbar, dass der Kläger etwas nicht zu tun braucht, noch, dass der Beklagte etwas tun muss, zumal es dem Kläger nicht um die Feststellung geht, dass der verrohrte Teil des B-Bachs allein Teil der öffentlichen Abwasserbeseitigungsanlage ist, sondern neben seiner Eigenschaft als Gewässer zweiter Ordnung. Dem eigentlichen Klagebegehren des Klägers dürfte vor diesem Hintergrund eher der Antrag entsprechen, festzustellen, dass nicht (nur) er (der Kläger), sondern (auch) der Beklagte zur Unterhaltung bzw. Sanierung des verrohrten Teils des B-Bachs in der Ortslage von B verpflichtet ist (vgl. BayVGH, Beschl. v. 06.08.2015 – 8 ZB 14.1814 –, juris RdNr. 6; VG Würzburg, Urt. v. 24.06.2014 – W 4 K 13.940 –, juris RdNr. 19 ff.). Jedoch verfolgt der Kläger auch mit der von ihm erhobenen Feststellungsklage den Zweck, zu klären, dass nicht (nur) er, sondern (auch) der Beklagte für die Sanierung der verrohrten Teile des B-Bachs zuständig ist. Soweit die beantragte Feststellung erfolgt, ist diese Frage geklärt, da nach § 3 Abs. 1 Satz 3 der Verbandssatzung des Beklagten vom 14.12.2015 die Verbandsanlagen durch ihn geplant, betrieben, unterhalten und je nach Bedarf erneuert oder erweitert werden. Dies ist für das Vorliegen eines feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses ausreichend.

37

b) Die Zulässigkeit der Feststellungsklage scheitert nicht am Fehlen eines berechtigten Interesses an der baldigen Feststellung i.S.d. § 43 Abs. 1 VwGO. Nach den Angaben des Klägers, denen der Beklagte nicht entgegengetreten ist, weist der verrohrte Teil des B-Bachs Risse auf. Einige Teile sind zudem herausgebrochen. Er ist damit aktuell sanierungsbedürftig. Hiernach liegt das Interesse des Klägers an der Klärung der Frage, wer für die Sanierung zuständig ist, auf der Hand. Da die Gewässerunterhaltungspflicht kraft Gesetzes besteht (§ 39 WHG, §§ 52, 54 WG LSA), wird das berechtigte Interesse an der Klärung der Sanierungspflicht auch nicht erst mit einer Androhung oder Anordnung von Maßnahmen durch die untere Wasserbehörde begründet.

38

c) Es handelt sich vorliegend – entgegen der Ansicht des Beklagten – nicht um eine vorbeugende Feststellungsklage. Eine vorbeugende Feststellungsklage liegt nur dann vor, wenn der Kläger mit der Feststellungsklage einer drohenden Maßnahme, gegen die der grundsätzlich vorrangige repressive Rechtsschutz (insbesondere in Form einer Anfechtungsklage) gegeben ist, zuvorkommen will (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl., Vor § 40 RdNr. 33). Eine derartige Situation liegt hier nicht vor, da keine – grundsätzlich durch repressiven Rechtsschutz abzuwehrende – Maßnahme des Beklagten droht.

39

d) Der Zulässigkeit der Klage steht auch der Subsidiaritätsgrundsatz des § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift kann die Feststellung nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Die Subsidiarität der Feststellungsklage nach § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO erfasst nur Fälle, in denen sich das mit der Feststellungsklage erstrebte Ziel gleichermaßen oder besser mit einer Gestaltungs- oder Leistungsklage erreichen lässt. Davon kann nicht die Rede sein, wenn die Feststellungsklage dem Rechtsschutzziel des Klägers besser Rechnung trägt als eine Gestaltungs- oder Leistungsklage, weil der eigentliche Streitpunkt dadurch unmittelbar zur Entscheidung gestellt werden kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.03.2015 – 7 C 17.12 –, juris RdNr. 17; OVG NW, Urt. v. 17.09.2018 – 13 A 1328/15 –, a.a.O. RdNr. 42). So liegt es hier. Die vom Kläger erstrebte grundsätzliche Klärung der Zuständigkeit für die Sanierung der verrohrten Teile des B-Bachs kann am effektivsten mit der erhobenen Feststellungsklage – im Vorfeld einer Sanierung – erfolgen.

40

2. Die Klage ist jedoch unbegründet.

41

a) Der B-Bach ist, auch soweit er verrohrt ist, ein Gewässer.

42

Nach § 3 Nr. 1 WHG ist unter einem oberirdischen Gewässer das ständig oder zeitweilig in Betten fließende oder stehende oder aus Quellen wild abfließende Wasser zu verstehen. Kennzeichnend für ein oberirdisches Gewässer ist die nicht nur gelegentliche Wasseransammlung in einem Gewässerbett. Dabei meint der Begriff des Gewässerbettes eine äußerlich erkennbare natürliche oder künstliche Begrenzung des Wassers in einer Eintiefung an der Erdoberfläche. Befindet sich das Wasser an einem solchen Ort, ist es in den natürlichen Wasserkreislauf eingebunden und hat Anteil an den Gewässerfunktionen. Das Vorliegen eines Gewässerbettes ist jedoch nicht in dem Sinne zwingende Voraussetzung der Einordnung als oberirdisches Gewässer, dass jegliche Unterbrechung im oberirdischen Wasserlauf durch unterirdische Teilstrecken – etwa in Felsdurchlässen oder -höhlungen, in Rohren, Tunneln oder Dükern – zu einer anderen rechtlichen Beurteilung führt. Diese Erkenntnis findet allerdings nicht im Begriff "zeitweilig" ihren normativen Ansatzpunkt, denn dieser Begriff bezieht sich nicht auf das abschnittsweise Fehlen eines Gewässerbettes, sondern darauf, dass das Wasser bei (regelmäßig oder unregelmäßig) wiederkehrenden Verhältnissen, also nicht nur gelegentlich, am betreffenden Ort steht oder fließt. Sie folgt indessen aus dem Gebot, eine Wasserführung erst dann aus dem wasserrechtlichen Regelungsregime zu entlassen, wenn mit dem Wegfall des Gewässerbettes eine Absonderung vom natürlichen Wasserhaushalt einhergeht. Der Maßstab für den Verlust der Gewässereigenschaft ist letztlich die Absonderung vom natürlichen Gewässerhaushalt, die sich insbesondere in der Beeinträchtigung der Gewässerfunktionen zeigt. Ob diese bei einer Unterbrechung der offenen Wasserführung von einem solchen Gewicht ist, dass der Zusammenhang mit dem Wasserhaushalt gelöst erscheint, muss sich daran messen lassen, ob das Wasser weiterhin in den natürlichen Wasserkreislauf eingebunden ist. Hierfür ist unbeachtlich, ob das Gewässer vor und nach der unterirdischen Wasserführung rechtlich identisch ist. Vielmehr kann die Einbindung in den natürlichen Wasserkreislauf bei einer funktionsbezogenen, an den tatsächlichen Gegebenheiten orientierten Betrachtungsweise auch dann zu bejahen sein, wenn die unterirdische Wasserführung das Wasser von einem Gewässer in das nächste leitet. Demgegenüber endet die Gewässereigenschaft, wenn der Wasserlauf vollständig in eine Abwasseranlage einbezogen wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.01.2011 – 7 C 3.10 –, juris RdNr. 16 ff.; Urt. d. Senats v. 14.05.2009 – 2 L 317/07 – n.v.).

43

In Anwendung dieser Grundsätze ist festzustellen, dass der B-Bach seine Eigenschaft als oberirdisches Gewässer auch im Bereich der Verrohrung in der Ortslage von B nicht verloren hat. Die Verbindung zum natürlichen Wasserhaushalt wird durch die Verrohrung nicht aufgehoben. Das Wasser fließt auch im verrohrten Bereich im natürlichen Gefälle und wird dort weder einer technischen Behandlung noch einer besonderen Nutzung zugeführt. Zudem ist die Verrohrung mit einer Länge von ca. 640 m zwar nicht geringfügig, umfasst andererseits aber nur einen verhältnismäßig kleinen Teil des B-Bachs, der insgesamt eine Länge von 8.251 m hat. Die Eigenschaft des B-Bachs als oberirdisches Gewässer ist auch im Bereich der Verrohrung zwischen den Beteiligten nicht streitig.

44

b) Der B-Bach ist als Gewässer nicht Teil der öffentlichen Abwasserbeseitigungsanlage des Beklagten.

45

aa) Ein Gewässer kann landesrechtlich nicht – im Sinne der sog. Zwei-Naturen-Theorie – zugleich Teil einer öffentlichen Einrichtung (eines kommunalen Zweckverbandes) zur Abwasserbeseitigung sein und damit sowohl dem Wasserrecht als auch dem kommunalen Satzungsrecht unterliegen.

46

Zwar schließt das WHG nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht aus, dass ein Gewässer zugleich Bestandteil einer gemeindlichen Entwässerungsanlage ist. Nach Bundesrecht beantworten sich nur die Fragen, ob ein von § 3 Nr. 1 WHG (§ 1 WHG a.F.) erfasstes oberirdisches Gewässer für Zwecke einer Abwasseranlage i.S.d. § 9 WHG (§ 2 WHG a.F.) "benutzt" oder i.S.d. § 67 WHG (§ 31 WHG a.F.) "ausgebaut" werden darf. Materiell-rechtlich ist die Einleitung von (ungereinigten) Abwässern in ein unter § 3 Nr. 1 WHG fallendes Gewässer nicht schlechterdings ausgeschlossen (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.10.1975 – IV C 8-11.74 –, juris RdNr. 24). Vielmehr kann die Einleitung von Abwasser im Einzelfall erlaubnisfähig sein. Wird danach ein oberirdisches Gewässer rechtmäßig von einer Abwasseranlage in Anspruch genommen, ist es nach Bundesrecht nicht ausgeschlossen, dass das Gewässer gleichzeitig Teil dieser Anlage ist. Hiernach ist es eine Frage des Einzelfalls, ob ein oberirdisches Gewässer zugleich Teil einer Abwasseranlage sein kann (vgl. BVerwG, Beschl. v. 28.04.2008 – 7 B 16.08 –, juris RdNr. 6).

47

Landesrechtlich ist jedoch davon auszugehen, dass sich die Gewässereigenschaft und die Eigenschaft einer öffentlichen Einrichtung zur Abwasserbeseitigung gegenseitig ausschließen, so dass es bei einem Gewässer und einer öffentlichen Einrichtung nur ein "Entweder-Oder" gibt. Ein Gewässer kann nicht zugleich Teil einer (kommunalen) öffentlichen Einrichtung zur Abwasserbeseitigung sein.

48

Die Frage, ob ein oberirdisches Gewässer – im Sinne der Zwei-Naturen-Theorie – eine Doppelfunktion als Vorfluter und Abwasseranlage haben kann, wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beurteilt. Zum Teil wird angenommen, ein Gewässer könne unter bestimmten Voraussetzungen zugleich Bestandteil der kommunalen Abwasseranlage sein (vgl. BayVGH, Urt. v. 06.03.1991 – 4 B 89.2498 –, juris RdNr. 18; OVG NW, Urt. v. 18.12.2007 – 9 A 2398/03 –, juris RdNr. 39; Urt. v. 06.07.2012 – 9 A 980/11 –, juris RdNr. 5; HessVGH, Urt. v. 18.05.1995 – 5 UE 1815/92 –, juris RdNr. 23; Beschl. v. 10.05.2012 – 5 C 3180/09.N –, juris RdNr. 74; Beschl. v. 22.10.2015 – 5 A 1298/15.Z –, juris RdNr. 5; Breuer/Gärditz, a.a.O. RdNr. 247 ff.; Faßbender, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 2 WHG RdNr. 35). Teilweise wird die Zwei-Naturen-Theorie jedoch ausdrücklich abgelehnt und angenommen, einem Gewässer könne neben der Gewässerfunktion nicht auch eine Entwässerungsfunktion zukommen (vgl. OVG SH, Urt. v. 04.09.2014 – 4 KN 1/13 –, juris RdNr. 37; SächsOVG, Beschl. v. 11.04.2016 – 5 A 99/15 –, juris RdNr. 5; Urt. v. 23.03.2017 – 5 A 241/16 –, juris RdNr. 23; Berendes, in: Berendes/Frenz/Müggenborg, WHG, 2. Aufl., § 3 RdNr. 8; Czychowski/Reinhardt, a.a.O., § 3 RdNr. 30).

49

Der Senat schließt sich der zuletzt genannten Auffassung an. Ein Gewässer kann nicht zugleich Bestandteil einer öffentlichen Einrichtung zur Abwasserbeseitigung sein; Wasserläufe und Kanalisationen sind streng voneinander zu trennen. Das Landesrecht unterscheidet zwischen einem Gewässer i.S.d. §§ 1 ff. WG LSA einerseits und einer Kanalisation i.S.d. § 5 des Ausführungsgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt zum Abwasserabgabengesetz (AG AbwAG) vom 25.06.1992 (GVBl. S. 580) andererseits. Zudem wird landesrechtlich zwischen den Kosten der Gewässerunterhaltung i.S.d. § 55 Abs. 4 Satz 2 WG LSA, die über Beiträge (§ 55 Abs. 3 WG LSA) zu refinanzieren sind, und den Kosten einer öffentlichen Einrichtung i.S.d. § 5 des Kommunalabgabengesetzes (KAG LSA) in der Fassung der Bekanntmachung vom 13.12.1996 (GVBl. S. 405), die über Benutzungsgebühren zu refinanzieren sind, unterschieden. Die rechtliche Stellung des Benutzers eines Gewässers und diejenige eines Benutzers einer öffentlichen Einrichtung zur Abwasserbeseitigung schließen sich gegenseitig aus (so auch Breuer/Gärditz, a.a.O. RdNr. 249; a.A. offenbar OVG NW, Urt. v. 06.07.2012 – 9 A 980/11 –, a.a.O. RdNr. 10). Ein Grundstückseigentümer oder -nutzer kann nur entweder – als Gewässerbenutzer – Direkteinleiter und damit Schuldner einer Abwasserabgabe (§ 7 Abs. 2 AG AbwAG) oder – als Benutzer einer öffentlichen Einrichtung – Indirekteinleiter und damit gebührenpflichtig (§ 5 KAG LSA) sein. In der Konsequenz stehen ein Gewässer und eine öffentliche Einrichtung (Kanalisation bzw. Abwasseranlage) in einem "Entweder-Oder-Verhältnis". Die Notwendigkeit der Trennung von Gewässer und öffentlicher Einrichtung folgt auch daraus, dass andernfalls die Abgrenzung zwischen Maßnahmen zur Gewässerunterhaltung einerseits und zur Unterhaltung von Abwasserbeseitigungseinrichtung andererseits sowie die daran anknüpfende Zuordnung zu den Kosten der Gewässerunterhaltung oder den Kosten der öffentlichen Einrichtung kaum möglich wäre (vgl. SächsOVG, Urt. v. 23.03.2017 – 5 A 241/16 –, a.a.O. RdNr. 35).

50

bb) Selbst wenn die Einbeziehung eines Gewässers – nach der sog. Zwei-Naturen-Theorie – in eine öffentliche Einrichtung zur Abwasserbeseitigung grundsätzlich möglich wäre, würde es vorliegend an den hierfür notwendigen Voraussetzungen fehlen.

51

(1) Es fehlt an der technischen Integration der Verrohrung des Bachlaufs in der Ortslage von B in die öffentliche Einrichtung des Beklagten zur Abwasserbeseitigung.

52

Nach Auffassung der Befürworter der Zwei-Naturen-Theorie setzt deren Anwendbarkeit eine technische (tatsächliche) Integration des Gewässers in die kommunale Entwässerungsanlage voraus (vgl. OVG NW, Urt. v. 14.09.1977 – II A 700/72 –, OVGE 33, 122 <123>; Urt. v. 23.08.1989 – 2 A 149/85 –, ZfW 1990, 419; HessVGH, Urt. v. 18.05.1995 – 5 UE 1815/92 –, a.a.O. RdNr. 24; Beschl. v. 10.05.2012 – 5 C 3180/09.N –, a.a.O. RdNr. 74; Beschl. v. 22.10.2015 – 5 A 1298/15.Z –, a.a.O. RdNr. 5). Ein Gewässer ist in die kommunale Kanalisationsanlage nicht technisch integriert, wenn es lediglich Abwässer aufnimmt, um sie dem natürlichen Wasserkreislauf zuzuführen, ohne dass die Abwässer unterhalb der Einleitstelle noch durch einen Sammelkanal (ohne Gewässereigenschaft) geleitet oder dem Klärwerk zugeführt werden (vgl. OVG NW, Urt. v. 14.09.1977 – II A 700/72 –, a.a.O. S. 124; Urt. v. 23.08.1989 – 2 A 149/85 –, a.a.O.; Urt. v. 12.12.2006 – 15 A 2173/04 –, juris RdNr. 25; HessVGH, Urt. v. 18.05.1995 – 5 UE 1815/92 –, a.a.O. RdNr. 23; Beschl. v. 22.10.2015 – 5 A 1298/15.Z –, juris RdNr. 5). Soweit unterhalb der Einleitstelle weder ein Weitertransport durch einen Sammelkanal noch eine Abwasserbehandlung in einer Kläranlage stattfindet, nimmt das Gewässer lediglich die Funktion eines Vorfluters wahr, durch den das Abwasser wieder in den natürlichen Wasserkreislauf gelangt (vgl. HessVGH, Urt. v. 18.05.1995 – 5 UE 1815/92 –, a.a.O. RdNr. 224).

53

Gemessen daran ist der B-Bach – auch soweit er verrohrt ist – nicht in die öffentliche Einrichtung des Beklagten zur Abwasserbeseitigung technisch integriert. Das über die 13 Einleitstellen aus den von dem Beklagten betriebenen Bürgermeisterkanälen eingeleitete Abwasser sowie das Abwasser aus den übrigen Einleitstellen in der Ortslage von B, die nicht Gegenstand der wasserrechtlichen Erlaubnis des Landkreises Mansfeld-Südharz vom 19.10.2009 waren, wird unterhalb der Einleitstelle weder über einen Sammelkanal des Beklagten (ohne Gewässereigenschaft) weiter abgeleitet noch in einer Kläranlage behandelt. Damit nimmt der B-Bach allein die Funktion eines Vorfluters dar.

54

(2) Es fehlt auch an der erforderlichen wasserrechtlichen Erlaubnis für die Inanspruchnahme des B-Bachs durch die öffentliche Einrichtung des Beklagten zur Abwasserbeseitigung.

55

Voraussetzung für die Einbeziehung eines Gewässers in eine öffentliche Einrichtung zur Abwasserbeseitigung ist – nach Auffassung der Befürworter der Zwei-Naturen-Theorie – auch die Rechtmäßigkeit der Benutzung des Gewässers durch die kommunale Entwässerungsanlage (vgl. BVerwG, Beschl. v. 28.04.2008 – 7 B 16.08 –, a.a.O. RdNr. 7; OVG NW, Urt. v. 14.09.1977 – II A 700/72 –, a.a.O. S. 123; HessVGH, Urt. v. 18.05.1995 – 5 UE 1815/92 –, a.a.O. RdNr. 23; Beschl. v. 10.05.2012 – 5 C 3180/09.N –, a.a.O. RdNr. 74; Beschl. v. 22.10.2015 – 5 A 1298/15.Z –, a.a.O. RdNr. 5).

56

Daran fehlt es vorliegend. Erforderlich für die Rechtmäßigkeit der Einbeziehung des B-Bachs in die öffentliche Einrichtung des Beklagten zur Ableitung von vorgeklärtem Schmutzwasser aus Kleinkläranlagen wäre eine – dem Beklagten erteilte – wasserrechtliche Erlaubnis für alle Einleitungen von Abwasser in das Gewässer. Die wasserrechtliche Erlaubnis müsste sich auf das Endstück der Verrohrung des B-Bachs als Einleitstelle beziehen. Vorliegend verfügt der Beklagte jedoch nur über eine wasserrechtliche Erlaubnis für die in dem Bescheid des Landkreises Mansfeld-Südharz vom 19.10.2009 genannten 13 Einleitstellen, nicht aber für die Einleitung von den weiteren – nach den Angaben des Klägers etwa 60 – Grundstücken, die als sog. Direkteinleiter das vorgeklärte Schmutzwasser ("Grauwasser") über den Überlauf ihrer Kleinkläranlagen in den B-Bach einleiten. Demgemäß wäre die Inanspruchnahme des B-Bachs durch den Beklagten als Teil seiner öffentlichen Einrichtung zur Abwasserbeseitigung insoweit illegal.

57

(3) Vor diesem Hintergrund bedarf es keiner Vertiefung, ob vorliegend von der – nach Auffassung der Befürworter der Zwei-Naturen-Theorie – erforderlichen Widmung des verrohrten Teils des B-Bachs zum Bestandteil der öffentliche Einrichtung des Beklagten zur Abwasserbeseitigung auszugehen ist.

58

Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen richte sich die Frage, ob ein Gewässer Teil der öffentlichen Abwasseranlage ist, (auch) danach, ob es zum entwässerungsrechtlichen Zweck technisch geeignet und durch Widmung bestimmt ist (vgl. OVG NW, Urt. v. 06.07.2012 – 9 A 980/11 –, a.a.O. RdNr. 7). Eine – konkludente – Widmung (einer Rohrleitung zum Teil einer öffentlichen Einrichtung) könne dadurch erfolgen, dass der Träger der Abwasserbeseitigung für deren Benutzung Gebühren erhebt (vgl. OVG NW, Beschl. v. 05.03.2001 – 15 A 1564/97 –, juris RdNr. 5; Beschl. v. 31.08.2010 – 15 A 89/10 –, juris RdNr. 16; vgl. auch VG Halle, Urt. v. 29.08.2008 – 4 A 237/07 –, juris RdNr. 19).

59

Hiernach könnte durch die (versehentliche) Erhebung von Benutzungsgebühren (für die Inanspruchnahme von Bürgermeisterkanälen) durch den Abwasserzweckverband Südharz, dessen Rechtsnachfolger der Beklagte ist, auch von den Grundstücken, die das vorgeklärte Schmutzwasser über den Überlauf ihrer Kleinkläranlagen unmittelbar in den verrohrten Teil des B-Bach einleiten, eine Widmung dieses Gewässers zum Bestandteil der öffentlichen Einrichtung zur Ableitung von vorgeklärtem Schmutzwasser aus Kleinkläranlagen erfolgt sein. Dies bedarf indessen ebenso keiner Vertiefung wie die Frage, ob durch die Rücknahme der Gebührenbescheide durch den Beklagten im April 2015 eine Entwidmung erfolgt ist, da allein die Widmung der verrohrten Teile des B-Bachs ohne technische Integration und wasserrechtliche Erlaubnis auch nach den Befürwortern der Zwei-Naturen-Theorie nicht zu einer Einbeziehung eines Gewässers in eine Abwasseranlage führen kann.

60

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

61

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 1 und 2 ZPO.

62

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.


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