Beschluss vom Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken (Senat für Familiensachen) - 2 UF 9/16

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1. Die Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Landau in der Pfalz vom 1. Dezember 2015 wird zurückgewiesen.

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Mit der angefochtenen Entscheidung hat das Familiengericht zu Recht dem Antrag des weiteren Beteiligten zu 2 auf Feststellung seiner Vaterschaft zu dem betroffenen Kind stattgegeben.

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Für das Kind besteht keine Vaterschaft nach §§ 1592 Nr. 1 und 2, 1593 BGB; nach den übereinstimmenden Erklärungen der weiteren Beteiligten ist der weitere Beteiligte zu 2 der leibliche Vater des Kindes, weil er der Kindesmutter während der Empfängniszeit beigewohnt hat und die Kindesmutter in dieser Zeit ausschließlich mit ihm Geschlechtsverkehr hatte. Damit liegen die Voraussetzungen für die gerichtliche Anerkennung des weiteren Beteiligten zu 2 als Vater des betroffenen Kindes vor (§ 1600 d BGB).

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Das Recht des weiteren Beteiligten zu 2 auf Feststellung seiner Vaterschaft ist nicht ausgeschlossen.

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Der leibliche, aber nicht rechtliche Vater ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 9. April 2003 - 1 BvR 1493/96 und 1724/01, zitiert nach juris) durch Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG in seinem Interesse geschützt, die rechtliche Stellung als Vater einzunehmen. Er hat das Recht, (auch) die rechtliche Vaterposition zu erlangen, wenn dem der Schutz einer familiären Beziehung zwischen dem Kind und seinen rechtlichen Eltern nicht entgegen steht. Hier ist ein solches dem Recht des leiblichen Vaters auf Einräumung seiner rechtlichen Vaterstellung entgegenstehendes (vorrangiges) Elternrecht schon deshalb nicht gegeben, weil kein anderer Mann die rechtliche Verantwortung als Vater für das Kind übernommen hat. Die Kindesmutter ist nicht verheiratet; eine Vaterschaftsanerkennung durch ihren Lebenspartner liegt nicht vor.

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Es bedarf keiner Klärung der streitigen Behauptung der Kindesmutter, der weitere Beteiligte zu 2 habe sowohl vor als auch nach der Geburt des Kindes ihr gegenüber erklärt, dass er auf seine Vaterrechte verzichte und keine Rechte an dem Kind geltend machen werde. Diese Erklärungen wären rechtlich unverbindlich, so dass ihre Annahme durch die weitere Beteiligte zu 1 nicht zu einer rechtlich verbindlichen Entbindung von Vaterpflichten führen könnte. Als bloße Absichtserklärungen könnten sie das verfassungsrechtlich geschützte Elternrecht nicht einschränken.

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Ein Ausschluss des Anerkennungsrechts des weiteren Beteiligten zu 2 ergibt sich auch nicht aus einer (doppelt) analogen Anwendung des § 1600 Abs. 5 BGB.

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Nach § 1600 Abs. 5 BGB ist die Anfechtung der Vaterschaft durch die rechtlichen Eltern ausgeschlossen, wenn das Kind mit ihrer Einwilligung durch künstliche Befruchtung mittels Samenspende eines Dritten gezeugt worden ist. In analoger Anwendung dieser Vorschrift ist in diesem Fall auch das - nach § 1600 Abs. 1 Satz 2 BGB bestehende - Anfechtungsrecht des Samen spendenden biologischen Vaters ausgeschlossen (BGH Urteil vom 15. Mai 2013 - XII ZR 49/11, zitiert nach juris).

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Diese Konstellationen sind mit dem hier zu entscheidenden Fall nicht vergleichbar. Das betroffene Kind wurde unstreitig nicht durch künstliche Befruchtung mittels Samenspende, sondern auf natürlichem Weg gezeugt; seine leiblichen Eltern haben einander während der Empfängniszeit beigewohnt. Demzufolge lag der Zeugung des Kindes auch keine Einwilligung des Lebenspartners der weiteren Beteiligten zu 1 in die künstliche Befruchtung durch Samenspende zu Grunde.

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Zudem liegt hier auch deshalb keine den Ausschluss des Anfechtungsrechts des biologischen Vaters in analoger Anwendung des § 1600 Abs. 5 BGB rechtfertigende vergleichbare Fallkonstellation vor, weil es keinen Wunschvater gibt, der die rechtliche Verantwortung für das Kind durch Anerkennung seiner Vaterschaft übernommen hat.

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Damit fehlt es an einer Rechtfertigung dafür, dem leiblichen Vater den Zugang zur rechtlichen Vaterschaft zu versagen.

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2. Die weitere Beteiligte zu 1 hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen (§ 84 FamFG).

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3. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.000,00 € festgesetzt (§ 47 Abs. 1 FamGKG i.V.m. § 169 Nr. 1 FamFG).

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4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen (§ 70 Abs. 2 FamFG).

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