Beschluss vom Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken (1. Strafsenat) - 1 OLG 2 Ss 81/17

Tenor

1. Der Vorlagebeschluss des Senats vom 28. Februar 2018 wird zurückgenommen.

2. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der 4. Kleinen Strafkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 10. Oktober 2017 wird mit der Maßgabe kostenfällig verworfen, dass der Ausspruch über die Einziehung des Wertes des Erlangten in Höhe von 1.846,65 EUR entfällt.

Gründe

I.

1

Das Amtsgericht Ludwigshafen am Rhein hat den Angeklagten mit Urteil vom 2. Mai 2017 des Betruges in 8 Fällen schuldig gesprochen und gegen ihn eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verhängt. Seine durch Schriftsatz des Verteidigers vom 2. Mai 2017 (beim Amtsgericht eingegangen am 4. Mai 2017) eingelegte Berufung hat der Angeklagte in der Berufungshauptverhandlung rechtswirksam auf den Rechtsfolgeausspruch beschränkt. Das Landgericht Frankenthal (Pfalz) hat mit Berufungsurteil vom 10. Oktober 2017 die Gesamtfreiheitsstrafe auf ein Jahr und zehn Monate ermäßigt und das Rechtsmittel im Übrigen verworfen. Daneben hat es die Einziehung des Wertes des Erlangten in Höhe von 1.846.65 EUR angeordnet. Die Revision des Angeklagten führt auf die Sachrüge zum Wegfall der Einziehungsentscheidung; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet i.S.v. § 349 Abs. 2 StPO.

II.

2

Die Überprüfung des Strafausspruches einschließlich der Entscheidung über die Ablehnung einer Bewährungsaussetzung hat keinen den Angeklagten benachteiligenden Rechtsfehler ergeben, § 349 Abs. 2 StPO. Soweit der Schriftsatz der Verteidigerin vom 15. Dezember 2017 eine Aufklärungsrüge enthält, wäre diese nicht rechtzeitig innerhalb der Frist der §§ 345 Abs. 1 S. 2, 344 Abs. 2 S. 2 StPO erhoben.

III.

3

Das Rechtsmittel des Angeklagten führt jedoch zur Aufhebung und zum Wegfall der Entscheidung über die Einziehung des Wertes des Erlangten.

1.

4

Die vom Berufungsgericht auf § 73 Abs. 1 StGB in der ab 1. Juli 2017 geltenden Fassung (nachfolgend: StGB n.F.) gestützte Einziehungsentscheidung ist rechtsfehlerhaft. Da das – allein vom Angeklagten – angegriffene Urteil des Amtsgerichts am 2. Mai 2017 ergangen ist, waren auch im Berufungsverfahren weiterhin die Vorschriften der §§ 73 ff. StGB in der bis zum 30. Juni 2017 geltenden Fassung (nachfolgend: StGB a.F.) in Anwendung zu bringen (Art. 316h Satz 2 EGStGB). Dem steht nicht entgegen, dass sich das Amtsgericht mit Maßnahmen der Vermögensabschöpfung nicht erkennbar befasst und insoweit keine Entscheidung über Anordnung oder Nichtanordnung von Verfall bzw. Verfall von Wertersatz getroffen hat. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist als „Entscheidung über die Anordnung des Verfalls und des Verfalls von Wertersatz“ im Sinne von Art. 316h Satz 2 EGStGB auch das nicht begründete Unterbleiben der Anordnung einer dieser Maßnahmen in einem tatrichterlichen Urteil anzusehen (BGH, Urteil vom 29.03.2018 – 4 StR 568/17, juris Rn. 25; ebenso: Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 19.04.2018 – 2 Rev 6/18, juris Rn. 23 ff.). Soweit das Kammergericht eine hiervon abweichende Rechtsauffassung vertreten hat (vgl. Beschluss vom 01.12.2017, (5) 161 Ss 148/17 (69/17)), ist jene Entscheidung durch die danach ergangene Entscheidung des Bundesgerichtshofs, die auch die hier gegebene Konstellation erfasst, überholt. Im Hinblick hierauf ist eine Vorlage gem. § 121 GVG entbehrlich geworden; der Senat nimmt daher seinen Vorlagebeschluss vom 28. Februar 2018 zurück.

2.

5

Der auf das alleinige Rechtsmittel des Angeklagten im Berufungsrechtszug erstmalig erfolgten Anordnung des Verfalls (von Wertersatz) i.S.v. §§ 73 ff StGB a.F. steht das Verschlechterungsverbot (§ 331 StPO) entgegen (vgl. BGH Beschluss vom 17.09.2013 – 5 StR 25/13, NStZ 2014, 32, 33; Beschluss vom 28.04.2015 – 3 StR 101/15, juris Rn. 2; OLG Hamm, Beschlüsse vom 08.10.2007, 3 Ws 560/07 juris Rn. 17, und vom 28.02.2012 – III-3 RVs 7/12, NStZ-RR 2012, 272, 273; Quentin in MK-StGB, 1. Aufl. § 331, Rn. 56). Einer Zurückverweisung an das Landgericht bedurfte es nicht; vielmehr kann der Senat in entsprechender Anwendung von § 354 StPO den Entfall der Einziehungsanordnung selbst anordnen (Senat, Beschluss vom 06.11.2017 – 1 OLG 2 Ss 65/17, juris Rn. 6).

6

Ob, wie das Kammergericht in der vorgenannten Entscheidung vertreten hat, das Verschlechterungsverbot hinsichtlich von Entscheidungen nach den §§ 73 ff. StGB n.F. nur eingeschränkt bzw. überhaupt nicht gilt (a.A.: Senat, Beschluss vom 06.11.2017 – 1 OLG 2 Ss 65/17, juris Rn. 5; Wiedner in BeckOK-StPO, 29. Ed. 01.01.2018, StPO § 358 Rn. 36; differenzierend: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61 Aufl. § 331 Rn. 21; vgl. a.: BGH, Beschluss vom 10.04.2018 – 5 StR 101/18, juris Rn. 1 zu § 358 StPO) bedarf keiner Entscheidung.

3.

7

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO. Auch unter Berücksichtigung des Teilerfolgs des unbeschränkt eingelegten Rechtsmittels ist es nicht unbillig, den Angeklagten mit den gesamten Kosten zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).

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