Urteil vom Verwaltungsgericht Aachen - 7 K 1038/13.A
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtsgebühren nicht erhoben werden.
1
Tatbestand
2Der Kläger ist nach eigenem Bekunden am 00. 00. 1955 in B. B1. geboren und äthiopischer Staatsangehöriger vom Volksstamm der Oromo. Er reiste angeblich am 23. Januar 1993 auf dem Luftweg in die Bundesrepublik Deutschland ein.
3Seinen ersten Asylantrag stellte er am 30. Juli 1993. Er führte zur Begründung aus, er habe Äthiopien aus politischen Gründen verlassen, weil er im Jahre 1990 Mitglied der OLF geworden sei, für die er Propaganda und politischer Agitation betrieben habe. Bei dieser Tätigkeit sei er von Mitgliedern der EPRDF erwischt und verhaftet worden. Von November 1992 bis Februar 1993 habe man ihn in Mojo festgehalten. Er sei dann nach B. B1. verlegt und entlassen worden mit der Auflage, sich dreimal am Tag bei der zuständigen Kebeleverwaltung in B. B1. zu melden. Man habe ihn nach der Entlassung auch beobachtet. Mit Bescheid vom 24. September 1993 lehnte das Bundesamt den Asylantrag ab und stellte zugleich fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG und Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorlägen. Zugleich forderte es den Kläger auf, das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu verlassen. Für den Fall der nicht fristgemäßen Ausreise drohte es ihm die Abschiebung nach Äthiopien an. Die dagegen gerichtete Klage wies das erkennende Gericht mit Urteil vom 18. Januar 2002 ab (7 K 1920/94.A). Der Antrag auf Zulassung der Berufung dagegen wurde mit Beschluss des OVG NRW vom 05. März 2002 abgelehnt.
4Mit Schreiben vom 02. September 2011 beantragte der Kläger die Durchführung eines Asylfolgeverfahrens. Zur Begründung gab er an, er sei seit Juni 2011 als Mitglied der EPPF aktiv. Er nehme an den Veranstaltungen seiner Organisation teil, diskutiere dort mit und helfe bei deren Durchführung. Zudem beteilige er sich nun an den Protest- und Informationsveranstaltungen der äthiopischen Opposition. Seine Mitgliedschaft in der EPPF und seine hiesigen Aktivitäten seien den äthiopischen Behörden genauestens bekannt. Die äthiopische Exilszene werde von ihnen genauestens beobachtet und ausgeforscht; sämtliche Informationen würden registriert.
5Mit Bescheid vom 18. Februar 2013 lehnte das Bundesamt den Antrag auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens ab und stellte zugleich fest, dass Abschiebungsverbote nach 60 Abs. 2, 3, 7 Satz 2, Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen. Es forderte den Kläger auf, die Bundesrepublik Deutschland zu verlassen. Für den Fall der nicht fristgemäßen Ausreise drohte es ihm die Abschiebung nach Äthiopien an.
6Der Kläger hat am 01. März 2013 Klage erhoben. Er macht geltend, es sei bereits ersichtlich unzutreffend, dass die einfache Mitgliedschaft in der EPPF keine Verfolgung auslöse. Auch einfache Angehörige dieser Partei müssten im Falle ihrer Rückkehr aus diesem Grunde mindestens mit Haft für unbestimmte Zeit rechnen, wenn nicht mit Schlimmerem. Abgesehen davon sei er, der Kläger, nicht einfaches Mitglied der EPPF, sondern sei für diese aktiv und trete offen für sie auf. Dieser Umstand und zudem seine Veröffentlichungen höben ihn deutlich aus dem Kreis der bloßen Mitläufer heraus. Unstreitig gehöre die EPPF zu den Organisationen, die auch in Äthiopien selbst aktiv gegen das Regime vorgingen, allerdings nicht mit terroristischen Mitteln. Davon unabhängig müsse er, der Kläger, allein wegen der Veröffentlichung seiner Beiträge im Falle seiner Rückkehr mindestens mit Inhaftierung für unbestimmte Zeit rechnen. Er beteilige sich auch weiterhin an den Protest- und Informationsveranstaltungen der äthiopischen Exilopposition, z.B. am 17. August 2013 an einer Demonstration der EPCOU gegen die Unterstützung des äthiopischen Regimes durch die Bundesrepublik Deutschland sowie gegen die Menschenrechtsverletzungen durch dieses Regime, am 24. August 2013 an einem Kongress der EPRP, der sich unter anderem mit der Frage der fortschreitenden Unterdrückung der Moslems und ihrer Selbstverwaltung in Äthiopien beschäftigt habe. Er sei mittlerweile auch in der EPCOU tätig, einer parteiübergreifenden Organisation der äthiopischen Oppositionellen und Parteien in Deutschland, die für die Opposition Demonstrationen, Diskussions- und Protestveranstaltungen organisiere.
7Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
8den Bescheid der Beklagten vom 18. Februar 2013 aufzuheben und ihn, den Kläger, als Asylberechtigten i.S.d. Art. 16 a Abs. 1 GG anzuerkennen und ihm die Flüchtlingseigenschaft nach § 60 Abs. 1 AufenthG i.V.m. § 3 Abs. 1 AsylVfG zuzuerkennen,
9hilfsweise,
10die Beklagte unter Aufhebung der Ziffern 2 und 3 des Bescheides des Bundesamtes vom 18. Februar 2013 zu verpflichten, ihm subsidiären Schutz nach § 4 AsylVfG zuzuerkennen,
11weiter hilfsweise,
12die Beklagte unter Aufhebung der Ziffern 2 und 3 des Bescheides des Bundesamtes vom 18. Februar 2013 zu verpflichten festzustellen, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder 7 VwGO vorliegt.
13Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
14die Klage abzuweisen.
15Sie bezieht sich zur Begründung auf die Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid.
16Mit Beschluss vom 04. März 2013 hat das Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet (7 L 86/13.A).
17Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Bundesamtes und die Gerichtsakten Bezug genommen.
18Entscheidungsgründe
19Die Kammer entscheidet ohne mündliche Verhandlung, weil sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO.).
20Im Hinblick auf die mit Wirkung ab dem 1. Dezember 2013 geänderten bzw. neuen Vorschriften des AsylVfG und des AufenthG (Richtlinienumsetzungsgesetz vom 28.8.2013, BGBl. I, 3474) war das Begehren des Klägers dahingehend auszulegen, dass er neben der Aufhebung des angegriffenen Bescheids eine Verpflichtung der Beklagten begehren, ihn als Asylberechtigten anzuerkennen (Art. 16a GG), ihm die Flüchtlingseigenschaft nach §§ 3 ff. AsylVfG zuzuerkennen und ferner (hilfsweise) subsidiären Schutz nach § 4 AsylVfG und weiterhin (höchst hilfsweise), das Vorliegen der Abschiebungsverbote des § 60 Abs. 5 oder des Abs. 7 AufenthG festzustellen.
21Die so verstandene Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der Bescheid des Bundesamtes vom 18. Februar 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Das Bundesamt hat die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens in Bezug auf den Hauptantrag zu Recht abgelehnt (nachfolgend I.) und das Vorliegen von Abschiebungsverboten zutreffend verneint (II.).
22I.
23Gemäß § 71 AsylVfG ist ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegen. Hierfür ist erforderlich, dass der Folgeantrag binnen drei Monaten nach Bekanntwerden des Grundes für das Wiederaufgreifen gestellt wird (§ 51 Abs. 3 VwVfG) und der Antragsteller ohne grobes Verschulden außer Stande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren geltend zu machen (§ 51 Abs. 2 VwVfG). Als Wiederaufgreifensgründe kommen nach § 51 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 VwVfG nur eine nachträgliche Änderung der Sach- oder Rechtslage zu Gunsten des Betroffenen, das Vorliegen neuer Beweismittel oder Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 ZPO in Betracht.
24Die Zulässigkeit des Antrags an die Behörde erfordert bei dem hier einschlägigen Wiederaufgreifensgrund des § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG zunächst die schlüssige und fristgerechte Behauptung, dass sich die Sach- oder Rechtslage geändert habe. Begründet ist der Antrag sodann, d.h., er vermag die Bestandskraft des ursprünglichen Verwaltungsaktes zu durchbrechen, wenn eine Änderung der Sach- oder Rechtslage tatsächlich vorliegt und diese geeignet ist, eine neue, für den Asylbewerber günstigere Sachentscheidung herbeizuführen.
25Vgl. BVerwG Beschluss vom 03.05.2000 - 8 B 352.99, DVBl 2001, 305; Urteile vom 25.6.1991 - 9 C 33.90, EZAR, 212 Nr. 8 und vom 23.6.1987 - 9 C 251.86, EZAR 224 Nr. 16; BayVGH Beschluss vom 24.4.1997 - 8 B 96.30918).
26Vorliegend kann dahinstehen, ob der Folgeantrag fristgerecht (Dreimonatsfrist des § 51 Abs. 3 VwVfG) gestellt worden ist. Zweifel daran ergeben sich aus dem Umstand, dass sich der Kläger nach eigenem Vorbringen (vgl. Antrag an das Bundesamt vom 02. September 2011) bereits seit April 2011 in einer nach außen wahrnehmbaren Art exilpolitisch betätigt, den Asylfolgeantrag aber erst im September 2011 gestellt hat.
27Jedenfalls ist keine Änderung der Sachlage eingetreten, die geeignet ist, eine neue, für den Asylbewerber günstigere Sachentscheidung herbeizuführen.
28Der Kläger beruft sich darauf, nunmehr seit 2011 exilpolitisch tätig zu sein. Nach den der Kammer vorliegenden und in das Verfahren eingeführten Erkenntnisquellen hat der Kläger im Falle seiner Rückkehr in seine Heimat indes auch nicht wegen seiner hier im Bundesgebiet ausgeübten exilpolitischen Betätigung für die EPPF bzw. die EPCOU mit asylrechtlich relevanter Verfolgung zu rechnen.
29Im Ausgangspunkt gilt: Regierungskritische exilpolitische Aktivitäten führen nicht nur dann zu Verfolgungsmaßnahmen gegenüber äthiopischen Staatsangehörigen, wenn sie sich medienwirksam exponiert politisch betätigt haben. Von einer Verfolgungsgefahr kann bereits dann ausgegangen werden, wenn sich der Betreffende aus dem Kreis der bloßen Mitläufer als ernsthafter Oppositioneller hervorhebt.
30Vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 08.04.2014, S. 11 f.; zur Rechtsprechung: OVG NRW, Urteil vom 17.08.2010 – 8 A 4063/06.A –, juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 21.06.2012 – 6 K 3846/12.A –, juris; VG Würzburg, Urteil vom 03.06.2014 – W 3 K 12.30301 –, juris; Urteil vom 17.03.2014 – W 3 K 14.30042 –, juris, mit den jeweils dort genannten Erkenntnisquellen.
31Davon kann im Fall des Klägers jedoch keine Rede sein. Er füllt nach Überzeugung des Gerichts lediglich die Rolle eines Mitläufers aus.
32Die in Äthiopien illegale Ethiopian People’s Patriotic Front (EPPF) ist eine von ehemaligen Derg-Soldaten zu Beginn der 90-Jahre gegründete Gruppe, die von Eritrea Unterstützung erhalten soll. Soweit bekannt, hat die Gruppe zwischen 200 und 2000 Mitglieder, zumeist in der Region Amhara. Die EPPF soll sich 2007 in mindestens drei Gruppierungen gespalten haben. Soweit bekannt, ist die EPPF in Äthiopien nur sehr beschränkt aktiv. Die Gruppierung ist auch in der äthiopischen Diaspora in Europa, den USA und anderen westlichen Ländern aktiv. Sie wird von der eritreischen Regierung mit der Absicht unterstützt, die äthiopische Regierung zu schwächen. Die EPPF gehört zu den wichtigsten illegalen Oppositionsparteien und ist in Eritrea mit Rebellengruppen und politischen Büros präsent.
33Vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft an VG Kassel vom 08.06.2010; GIGA, Auskunft an VG Kassel vom 17.06.2010; VG München, Urteil vom 22.08.2013 – M 12 K 13.30511 –, juris; VG Ansbach v. 20.08.2011 - AN 18 K 10.30505 -, juris.
34Bei der EPCOU handelt es sich um eine Dachorganisation oppositioneller Gruppierungen in der Bundesrepublik Deutschland.
35Vgl. VG Ansbach, Urteil vom 29.04.2014 - AN 3 K 14.30124 -, juris Rn. 29.
36Was die Betätigung des Klägers in diesen Organisationen anbelangt, so ist bereits frappierend, dass er erst 18 Jahre nach seiner Ausreise aktiv geworden ist. Ein so langer Zeitraum wirft die Frage auf, ob überhaupt noch ein hinreichender Bezug zum Heimatland besteht, der ihn dazu veranlasst haben könnte, sich nunmehr ernsthaft für es zu engagieren, und zwar in einer Weise, die ihn – erstmals – in Gefahr staatlicher Verfolgung bringen könnte. Sein neuerliches politisches Engagement erweist sich auch deshalb als zweifelhaft, weil er es ohne ersichtlichen Grund erst im Alter von 56 Jahren aufgenommen hat, ohne dafür einen plausiblen Grund anzugeben. Dass er sich bereits in seiner Heimat politisch engagiert hat, ist nach den Ausführungen in dem Urteil des erkennenden Gerichts vom 18. Januar 2002 in dem Verfahren 7 K 1920/94 nicht anzunehmen.
37Die erhebliche Dauer seines Aufenthalts außerhalb seines Heimatlandes spricht auch deshalb gegen eine hervorgehobene Rolle, weil generell zweifelhaft ist, ob überhaupt noch hinreichend Kontakte in sein Heimatland bestehen. Das ist zwar keine notwendige Voraussetzung für eine exilpolitische Betätigung. Allerdings wird der äthiopische Staat Aktivitäten, die sich im Heimatland nicht oder allenfalls in geringem Maße auswirken, wohl kaum bekämpfen wollen.
38Desweiteren ist zu konstatieren, dass sich der Kläger durch die Art und Weise seiner exilpolitischen Betätigung in keiner Weise hervorhebt. Sie erfüllt den „Standard“ dessen, was ein Asylkläger üblicherweise zeigt, aber sicher nicht mehr. So hat der Kläger vorgetragen, er habe an verschiedenen Veranstaltungen und Demonstrationen verschiedener exilpolitischer Organisationen teilgenommen und Artikel in meist eher primitiv gestalteten Exilzeitschriften veröffentlicht. Zu diesem Rahmen hat das Verwaltungsgericht Bayreuth in seinem Urteil vom 02. April 2014 - B 3 K 13.30314 -, juris, ausgeführt:
39"Die Teilnahmen an Veranstaltungen und Demonstrationen sowie Veröffentlichungen von regierungskritischen Beiträgen in Exilzeitschriften sind zum Massenphänomen geworden. Mittlerweile scheint es keinen äthiopischen Asylkläger mehr zu geben, der sich nicht in der genannten Form betätigt. Das Gericht geht aufgrund der aus anderen Verfahren gewonnenen Erkenntnisse davon aus, dass sich die verschiedenen Exilorganisationen quasi darauf spezialisiert haben durch Ausstellung von Bescheinigungen, Organisation der Veröffentlichung von Beiträgen in Exilzeitschriften und Fertigung von Lichtbildern und Internetveröffentlichungen über Versammlungen/Demonstrationen, äthiopischen Asylklägern zu Nachfluchtgründen zu verhelfen (…) Dies hat der Kläger durch seine Aussage in der mündlichen Verhandlung, dass es bei den Organisationen immer eine zuständige Person gebe, die Lichtbilder von Versammlungen/Demonstrationen fertigt, damit diese ins Internet gestellt werden bzw. im Klageverfahren vorgelegt werden können, bestätigt. Weiter führte er auch aus, dass die Organisation EPPF(G) seine Veröffentlichungen in Zeitschriften für ihn erledigt habe. Das Gericht hat keine Zweifel, dass dieses massenhafte exilpolitische Treiben in der Bundesrepublik Deutschland zur Schaffung von Nachfluchtgründen auch dem äthiopischen Staat mittlerweile bekannt geworden worden ist."
40Diesen zutreffenden Ausführungen schließt sich die erkennende Kammer an. Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass der Kläger nach eigenem Vorbringen ein Amt in den von ihm genannten Organisationen bis zum heutigen Tag nicht innegehabt hat.
41Nimmt man die aufgeführten Aktivitäten im Hinblick auf das zeitliche Engagement in den Blick, so fällt auf, dass auch insoweit von einer herausgehobenen Rolle nicht ansatzweise die Rede sein kann. Es beschränkt sich auf die Teilnahme an vier Veranstaltungen, zuletzt im August 2013 und damit vor nahezu einem Jahr an einer Demonstration der EPCOU in Frankfurt. Dass er bei diesen Veranstaltungen über die bloße Teilnahme hinaus in irgendeiner Weise Akzente gesetzt hat, ist seinem Vorbringen nicht zu entnehmen. Die Angabe der konkreten Veranstaltungen ist zwar in dem Schriftsatz vom 01. Dezember 2013 - hier ging es um die Teilnahme an einer Demonstration und an einem Kongress jeweils im August 2013 - nur als beispielhaft gekennzeichnet. Sofern aber weitere Veranstaltungen, an denen der Kläger teilgenommen haben will, nicht konkret genannt werden, ist sein Vorbringen unsubstantiiert und damit nicht zu berücksichtigen. Auch sind nur wenig, namentlich ihm zuzuordnende Beiträge in typischen exilpolitischen Magazinen („Tila“, Ausgabe Januar 2013, „Andinet“, Ausgaben Januar bis Juni 2013 und Februar – April 2014, „Goh“, Ausgaben August und November 2013) erschienen.
42Vgl. zu gering ausgeprägter exilpolitischer Beträtigung für die EPPF ebenso VG Ansbach, Urteil vom 29.04.2014 – AN 3 K 14.30124 –, juris.
43Eine andere Beurteilung ist auch nicht aufgrund der „Direktive zum Aufbau der Wählerschaft für den Rest des Jahres 2005/2006“ aus dem Jahre 2006,
44vgl. die im Internet unter "ethiopia.blogsport.de/images/direktive. amt.diasporaangelegenheiten_de.pdf" abrufbare Übersetzung (Ab-ruf am 07. Juli 2014),
45gerechtfertigt. Sie zielt zwar darauf ab, möglichst umfassend alle im Ausland lebenden Äthiopier namentlich zu erfassen und zu registrieren.
46Vgl. VG Würzburg, Urteil vom 17. März 2014 – W 3 K 14.30042 –, juris m.w.N.
47Allerdings darf nicht außer acht gelassen werden, dass ein gezieltes aktives Vorgehen - etwa die Weiterleitung einer Namensliste nach Äthiopien, die Bloßstellung - nur in Bezug auf Oppositionsführer vorgesehen ist (vgl. Direktive III, 3.1.3 Hauptaufgaben, Unterpunkte 1 und 2).
48Vgl. Schweizerisches Bundesamt für Migration, Focus Äthiopien - Illegale Opposition, vom 07.01.2010; aus der Rechtsprechung VG Würzburg, Urteil vom 17.03.2014 – W 3 K 14.30042 –, juris; VG Ansbach, Urteil vom 24. September 2010 – AN 18 K 09.30436 -, juris. mit den jeweils dort genannten Erkenntnisquellen.
49Die Kammer teilt auch die Einschätzung des Bundesamtes, dass die geringe Bereitschaft des äthiopischen Staates zur Rücknahme abgelehnter Asylbewerber, die sich exilpolitisch betätigt haben, als Indiz für das fehlende Verfolgungsinteresse zu werten ist.
50Aus dem zuvor Gesagten erhellt zugleich, dass eine für den Kläger günstigere Beurteilung auch dann nicht gerechtfertigt ist, wenn man mit Günter Schröder annimmt, dass die Unterscheidung in unbedeutende und herausgehobene bzw. exponierte Tätigkeiten und Stellungen in einer Oppositionsorganisation für die Beurteilung einer Verfolgungswahrscheinlichkeit nicht relevant sei.
51Vgl. Günter Schröder, Gutachten für Rechtsanwalt Dr. Marco Bruns vom 12. April 2012, S. 90.
52Schröder geht davon aus, dass eine qualifizierte Verfolgungsprognose in der Regel nur vor dem Hintergrund der aktuellen Menschenrechtssituation im Heimatland und aufgrund einer Gesamtbetrachtung all der in der Person des Betroffenen vorhandenen Merkmale erfolgen kann, die für sich genommen vielleicht noch keine Verfolgung begründen, aber bei kumulativem Vorliegen durchaus geeignet sind, staatliche Zwangsmaßnahmen auszuüben.
53Vgl. Günter Schröder, Gutachten für Rechtsanwalt Dr. Marco Bruns vom 12. April 2012, S. 90.
54Im Fall des Klägers kommt freilich nicht viel zusammen. Es handelt sich um eine Person, die - die Feststellungen aus dem Urteil vom 01. Februar 2002 in dem Verfahren 7 K 1920/94.A zugrundelegend - nicht aufgrund gezielter staatlicher Verfolgung aus ihrem Heimatland ausgereist ist. Ferner hat der Kläger erst nach über 18 Jahren Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland damit begonnen, sich exilpolitisch zu betätigen, so dass erkennbar auch die Schlussfolgerung nicht gerechtfertigt wäre, der Kläger habe schon die ganze Zeit seines Auslandsaufenthalts dazu genutzt, sich gegen die äthiopische Regierung zu positionieren. Zudem spielt sich seine exilpolitische Betätigung – wie dargelegt – zeitlich wie inhaltlich auf einem eher belanglosen Niveau ab. Schließlich gehört der Kläger dem Volk der Oromo an, was aber hier deswegen von untergeordneter Bedeutung ist, weil seine exilpolitische Betätigung daran nicht anknüpft und etwa den Verdacht begründen könnte, er würde vom Ausland her den oromischen Befreiungskampf unterstützen. In der Summe gibt es keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung drohen könnte.
55Einer Beweiserhebung auf der Grundlage der schriftsätzlichen Beweisangebote bedurfte es nicht. Soweit es um die exilpolitischen Aktivitäten des Klägers geht, hat die Kammer Art und Umfang als wahr unterstellt, so dass ein entsprechender Beweisantrag in der mündlichen Verhandlung abzulehnen gewesen wäre. Nichts anderes gilt für die regierungsseitige Einschätzung der EPPF (vgl. Schriftsatz des Klägers vom 06. März 2013, Seite 2). Soweit der Kläger geltend gemacht hat, dass auch einfache Angehörige der Partei im Falle ihrer Rückkehr zumindest mit Haft auf unbestimmte Zeit rechnen müssten, ist ebenfalls kein Beweis zu erheben. Es liegen bereits hinreichend aussagekräftige, aktuelle Erkenntnisse zu dieser Frage vor; die diesbezüglichen Erkenntnisquellen sind in das Verfahren eingeführt worden. Dass diese unrichtig oder aus anderen Gründen nicht zu gebrauchen sind, hat der Kläger nicht substantiiert dargetan. Angesichts dessen erweist sich das Vorbringen des Klägers auch als Behauptung "ins Blaue hinein", so dass ein entsprechender Beweisantrag als unsubstantiiert abzulehnen gewesen wäre.
56Eine Vorabentscheidung über die Beweisanträge in entsprechender Anwendung des § 86 Abs. 2 VwGO war nicht geboten. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 16. März 2014 sein Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt (§ 101 Abs. 2 VwGO). Mit diesem Verzicht hat sich der Kläger des Anspruchs auf förmliche Vorabentscheidung über die vor der Abgabe der Verzichtserklärung oder gleichzeitig mit ihr angekündigten Beweisanträge begeben.
57Vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.10.2013 - 1 B 15/13 -, juris; Kopp/Schenke, VwGO, 18. Auflage 2012, § 86 Rn. 19.
58II.
59Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gem. § 4 Abs. 1 AsylVfG i.V.m. § 60 Abs. 2 Satz 1 AufenthG zu. In § 4 AsylVfG sind die – bisher in § 60 Abs. 2, Abs. 3, Abs. 7 Satz 2 AufenthG a.F. geregelten – europarechtlichen Abschiebungsverbote zusammengefasst. Nach § 60 Abs. 2 Satz 1 AufenthG darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm ein „ernsthafter Schaden“ i.S.d. § 4 Abs. 1 AsylVfG droht und kein Ausschlussgrund nach § 4 Abs. 2 AsylVfG vorliegt. Derartige Gründe wurden klägerseits weder hinreichend dargelegt noch sind sie sonst ersichtlich.
60Auch nationale Abschiebungsverbote sind nicht gegeben. Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (BGBl. 1952, II, S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Mangels Erkennbarkeit diesbezüglich erforderlicher Anhaltspunkte ist festzustellen, dass diese Voraussetzungen vorliegend nicht erfüllt sind.
61Ebensowenig besteht im Falle des Klägers ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Es erscheint nicht beachtlich wahrscheinlich, dass für den Kläger im Fall seiner Rückkehr nach Äthiopien eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit durch staatliche oder nicht-staatliche Akteure besteht. Insofern sieht die Kammer von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und nimmt auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes – Seite 5 f. - Bezug (§ 77 Abs. 2 AsylVfG).
62Die Abschiebungsandrohung beruht auf § 71 Abs. 4 AsylVfG i.V.m. § 34 AsylVfG und § 59 AufenthG.
63Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
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