Urteil vom Verwaltungsgericht Düsseldorf - 1 K 231/13
Tenor
Der Rückforderungs- und Teilwiderrufsbescheid der Bezirksregierung E. vom 13. Dezember 2012 in der Fassung des Änderungsbescheides der Bezirksregierung E. vom 5. März 2013 wird aufgehoben.
Das beklagte Land trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Das beklagte Land darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Mit Antrag vom 6. Oktober 2008 beantragte die Klägerin bei der Bezirksregierung E. (Bezirksregierung) eine Zuwendung aus dem „1000-Schulen-Programm – Zuwendungen für Investitionsmaßnahmen zum Umbau, Ausbau, Neubau, Erweiterung und Ersteinrichtung von geeigneten Räumlichkeiten für Aufenthalts- und Verpflegungszwecke von Schülerinnen und Schüler“ für die Erweiterung bzw. den Umbau von Cafeterien an fünf verschiedenen Schulen, u.a. eine Zuwendung in Höhe von 89.500,00 Euro für den Umbau eines Teils des Pavillons an der L. -L1. -Realschule zur Cafeteria und für die Ersteinrichtung. Unter Nr. 3 des Antrags und dem als Anlage 1 beigefügten Kostenplan waren die für die einzelnen Maßnahmen veranschlagten Kosten sowie die Gesamtkosten aller Maßnahmen aufgeführt. Für die L. -L1. -Realschule wurden für Umbau und Ersteinrichtung insgesamt 179.000,00 Euro veranschlagt. Ausweislich des Bauzeitenplans der L. -L1. -Realschule sollten die Ausschreibung und die Vergabe des Rohbaus im Mai 2009 erfolgen.
3Mit Zuwendungsbescheid vom 22. April 2009 bewilligte die Bezirksregierung der Klägerin unter Bezugnahme auf den Antrag der Klägerin und den Runderlass des Ministeriums für Schule und Weiterbildung des Landes NRW (MSW) vom 31. Juli 2008 – BASS 11-02 – (Förderrichtlinie) und den Runderlass vom 10. Oktober 2009, Az. 516.6.08.06.11.01, eine Zuwendung von 189.500,00 Euro in Form der Anteilsfinanzierung in Höhe von 50. v.H. zu den zuwendungsfähigen Gesamtausgaben in Höhe von 578.340,00 Euro, höchstens jedoch bis zu 100.000,00 Euro pro Schule. Hiervon entfielen 89.500,00 Euro auf die L. -L1. -Realschule. Gemäß Nr. II.1 des Zuwendungsbescheides wurden die Allgemeinen Nebenbestimmungen zur Projektförderung an Gemeinden (ANBest-G) Bestandteil des Zuwendungsbescheides mit Ausnahmen der Nummern 1.4 und 1.5. Nr. III.1 des Bescheides weist darauf hin, dass für die Durchführung des Projekts der Runderlass des MSW vom 25. Januar 2006 (BASS 12-63 Nr. 2) und der Runderlass des MSW vom 31. Juli 2008 („Geld oder Stelle“) gelten.
4Mit Änderungsbescheiden vom 4. Mai 2009, 21. Mai 2009 und 14. Juli 2010 erhöhte die Bezirksregierung die Zuwendung auf insgesamt 267.000,00 Euro. In den Änderungsbescheiden vom 21. Mai 2009 und 14. Juli 2010 heißt es jeweils auf Seite 1: „Mit dem Bezugsbescheid wurde Ihnen eine Zuwendung von [ … ]bei zuwendungsfähigen Gesamtkosten in Höhe von 578.3140,-- bewilligt.“
5Mit Schreiben vom 5. November 2010 teilte die Klägerin der Bezirksregierung mit, im Verlauf des Umbaus der L. -L1. -Schule habe sich abgezeichnet, dass die bewilligten Mittel nicht in voller Höhe abgerufen werden müssten. Das Gesamtvolumen der Maßnahme werde entgegen der angemeldeten 179.000,00 Euro vermutlich nur knapp 120.000,00 Euro betragen. Vor diesem Hintergrund würden von der für die L. -L1. -Schule bewilligten Zuwendung von den insgesamt bewilligten 89.500,00 Euro nur 60.000,00 Euro abgerufen.
6Am 27. Juni 2012 ging bei der Bezirksregierung der Verwendungsnachweis der Klägerin vom 25. Juni 2012 ein. Hiernach ist der Klägerin von den insgesamt bewilligten 267.000,00 Euro ein Betrag in Höhe von 237.500,00 Euro ausgezahlt worden. Nach dem dem Verwendungsnachweis beigefügte Sachbericht zu der Maßnahme an der L. -L1. -Realschule habe sich ergeben, dass entgegen der ursprünglich geplanten Gesamtsanierung des Pavillons eine Teilsanierung ausreichend gewesen sei. Die Baukosten seien daher geringer ausgefallen. Eine weitere Senkung der Gesamtkosten sei erreicht worden, weil der städtische Bauhof einen Großteil der Bauarbeiten ausgeführt habe. Die tatsächlich geleisteten Auszahlungen für Bau und Einrichtung beliefen sich auf 96.951,46 Euro. Gemäß der Kostenrechnung des städtischen Bauhofs seien zudem 43.320,00 Euro Personal- und Fahrzeugkosten entstanden, die dem Gesamtbetrag als Eigenleistung hinzuzufügen seien, sodass sich die Gesamtkosten der Maßnahme auf 140.271,46 Euro bleifen.
7Hierauf teilte die Bezirksregierung der Klägerin mit Schreiben vom 9. Juli 2012 mit, die Personal- und Fahrzeugkosten des städtischen Bauhofs in Höhe von 43.320,00 Euro für die Maßnahme an der L. -L1. -Realschule könnten im Hinblick auf Nr. 5.5 der Förderrichtlinie nicht als zuwendungsfähige Kosten berücksichtigt werden. Nach dieser Regelung habe der Schulträger für die Durchführung des geförderten Projekts einen Eigenanteil in Höhe von mindestens 50 % der zuwendungsfähigen Gesamtausgaben zu erbringen. Der Eigenanteil könne durch Mittel aus der Bildungspauschale / Schulpauschale erbracht werden. Das Einsetzen von Kosten für städtisches Personal sei nicht vorgesehen. Daher sei von der Klägerin ein Betrag in Höhe von 11.524,27 Euro zu erstatten. Ausgehend von zuwendungsfähigen Ausgaben in Höhe von 96.951,46 Euro (140.271,46 Euro - 43.320,00 Euro) ergebe sich ein möglicher Zuwendungsbetrag in Höhe von 48.475,73 Euro. Da der Klägerin jedoch 60.000,00 Euro ausgezahlt worden seien, sei die Differenz zwischen der ausgezahlte Zuwendung (60.000,00 Euro) und der möglichen Zuwendung (48.475,73 Euro) zurückzuzahlen.
8Die Klägerin erwiderte mit Schreiben vom 13. August 2012, für den Erstattungsbetrag bestehe keine rechtliche Grundlage. Sie habe einen Eigenanteil in Höhe von 50 % der Kosten erbracht. Weder aus dem Zuwendungsbescheid noch aus den Förderrichtlinien oder den ANBest-G ergebe sich, dass tatsächlich angefallene Kosten für städtisches Personal nicht geltend gemacht werden könnten. Vielmehr stelle der Einsatz städtischen Personals eine besonders sparsame und wirtschaftliche Mittelverwendung im Sinne von Nr. 1.1 ANBest-G dar.
9Mit Schreiben vom 12. September 2012 teilte die Bezirksregierung der Klägerin mit, sie beabsichtige, den ihrem Schreiben beigefügten Rückforderungs-/Teilwiderrufsbescheid zu erlassen. Hiernach werde die in dem Zuwendungsbescheid vom 22. April 2009 i.d.F. vom 14. Juli 2010 festgesetzte Zuwendung gemäß § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwVfG NRW teilweise widerrufen und auf 225.975,73 Euro festgesetzt. Die Überbezahlung in Höhe von 11.524,27 Euro werde zurückgefordert. Zur Begründung verwies die Bezirksregierung auf einen Verstoß gegen Nr. 5.5 der Förderrichtlinie. Hiernach handele es sich bei den Kosten für städtisches Personal nicht um zuwendungsfähige Kosten. Denn in Nr. 5.5 der Förderrichtlinie sei ausdrücklich von Ausgaben die Rede. Eine Ausgabe sei jedoch immer mit einem Mittelabfluss verbunden. Durch den Einsatz von städtischem Personal seien der Klägerin zwar Kosten, aber keine Ausgaben entstanden. Dass diese Kosten von Nr. 5.5 der Förderrichtlinie nicht erfasst seien, ergebe sich auch aus der Förderrichtlinie vom 12. Mai 2003 zum Investitionsprogramm „Zukunft Bildung und Betreuung“ (IZBB-Programm), in dessen Rahmen die Klägerin ebenfalls Fördermittel erhalten habe. Dort habe es geheißen: „Der Schulträger hat für die Durchführung der geförderten Projekte einen Eigenanteil in Höhe von 10% der Gesamtkosten zu erbringen. Der Eigenanteil kann durch die mit den Investitionen verbundenen unbaren Dienstleistungen sowie durch Mittel aus der Schulpauschale erbracht werden.“ Im Gegensatz zu der Förderrichtlinie des 1000-Schulen-Programms sei in jener Förderrichtlinie nicht von Ausgaben, sondern von Kosten die Rede gewesen. Die Kosten des städtischen Bauhofs seien aber auch deshalb nicht förderfähig, weil die Klägerin die Personalkosten nicht in der ursprünglichen Kostenplanung angegeben habe, die Grundlage des Zuwendungsbescheids gewesen sei. Soweit die Klägerin auf Nr. 1.1 ANBest-G verweise sei festzuhalten, dass diese Regelung dazu diene, keine unnötigen Landesmittel zu verausgaben. Durch die Auszahlung der 11.524,27 Euro würden jedoch keine Landesmittel eingespart. Vielmehr würden lediglich städtische Mittel indirekt eingespart, da das ohnehin vorhandene Personal mit Landesmitteln refinanziert werde. Der Klägerin werde Gelegenheit gegeben, zu dem beabsichtigten Teilwiderruf und der beabsichtigen Teilrückforderung Stellung zu nehmen.
10Die Klägerin erwiderte mit Schreiben vom 30. Oktober 2012, es liege kein Auflagenverstoß vor. Dem Einwand der Bezirksregierung, die Personalkosten könnten nicht als zuwendungsfähige Kosten anerkannt werden, da diese in der ursprünglichen Kostenplanung nicht ausdrücklich genannt seien, könne nicht gefolgt werden. Im Bewilligungsantrag sei lediglich der Gesamtwert der Baumaßnahme prognostiziert worden. Mit dem Bewilligungsbescheid sei dieser Planung stattgegeben worden. Erst bei Prüfung der Durchführungsalternativen nach Bewilligung der Maßnahme sei dem städtischen Bauhof die Ausführung übertragen worden, mit dem Ziel, den Zeitverlust einer Fremdvergabe mit Ausschreibungspflicht und höheren Kosten zu vermeiden. Eine vorzeitige Anzeige der Beteiligung des Bauhofs sei nicht möglich gewesen. Überdies unterscheide der Antrag lediglich zwischen Bau- und Einrichtungskosten. Die Kosten für die Arbeiten des Bauhofs wären mithin ohnehin in den Baukosten enthalten gewesen und – ebenso wie die Personalkosten eines Dritten – nicht als Personalkosten ausgewiesen worden. Die von der Bezirksregierung vorgenommene Differenzierung zwischen Ausgaben und Kosten überzeuge nicht. Nr. 5.4 der Förderrichtlinie, der die Bemessungsgrundlage regele, laute: „Das Land gewährt eine Anteilsfinanzierung i.H.v. 50 v.H. der zuwendungsfähigen Gesamtkosten“. Die Begriffe Ausgaben und Kosten würden folglich – im Übrigen auch in den Förderrichtlinien des IZBB-Programms – alternierend und nicht durchgängig verwandt. Auch überzeuge es nicht, dass eine Fremdvergabe an einen städtischen Bauhof in der Rechtsform eines Eigenbetriebs oder einen GmbH mit Rechnungslegung zuwendungsfähig sei, nicht aber eine Vergabe an einen Bauhof, der als Regiebetrieb die Arbeiten durchführe. Schließlich sei entgegen der Auffassung der Bezirksregierung auch Nr. 1.1 ANBest-G zutreffend ausgelegt worden. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass die Zuwendungssumme bei einer Fremdvergabe viel höher ausgefallen wäre, da ein Dritter die Arbeiten nicht zu dem Preis des städtischen Bauhofs hätte durchführen können. Die Fördersumme hätte in diesem Fall vermutlich vollständig ausgeschöpft werden müssen.
11Mit Rückforderungs- und Teilwiderrufsbescheid vom 13. Dezember 2012 widerrief die Bezirksregierung die in dem Zuwendungsbescheid vom 22. April 2009 i.d.F. vom 14. Juli 2010 festgesetzte Zuwendung in Höhe von 276.000 Euro gemäß § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwVfG NRW und setzte die Zuwendung auf 225.975,73 Euro neu fest. Die Überbezahlung in Höhe von 11.524,27 Euro forderte sie zurück. Die Klägerin werde gebeten, den Betrag umgehend zu erstatten. Die Begründung entspricht den Ausführungen in dem mit Schreiben vom 12. September 2012 an die Klägerin versandten Bescheidentwurf.
12Die Klägerin hat gegen den Bescheid am 11. Januar 2013 Klage erhoben. Sie führt aus, der Bescheid vom 13. Dezember 2012 gebe fälschlicherweise den ursprünglich festgesetzten Betrag mit 276.000 Euro anstatt richtigerweise mit 267.000 Euro an. Im Übrigen wiederholt sie ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren und weist ergänzend darauf hin, der Bescheid sei zudem ermessensfehlerhaft, da die Bezirksregierung das ihr zustehende Ermessen nicht ausgeübt habe.
13Die Bezirksregierung hat mit Änderungsbescheid vom 5. März 2013 ihren Bescheid vom 13. Dezember 2012 abgeändert und die ursprünglich festgesetzte Zuwendung mit 267.000,00 Euro angegeben. Unter Nr. II. des Bescheides führt sie aus, die Voraussetzungen für einen Widerruf lägen vor. Die Klägerin habe nicht zuwendungsfähige Kosten in Höhe von 43.320,00 Euro abgerechnet. Dies stelle einen Auflagenverstoß gemäß Nr. 5.5 der Förderrichtlinie dar. Die Widerrufsentscheidung stehe im Ermessen der Bewilligungsbehörde. Hierbei sei das öffentliche Interesse an korrekter Bewirtschaftung von Haushaltsmitteln gegen das private Interesse am Bestand der Förderzusage abzuwägen. Das private Interesse müsse zurücktreten, wenn die Förderung auf unrichtige Angaben des Antragstellers zurückzuführen sei. Unter Ermessensgesichtspunkten sei ein Absehen von dem Teilwiderruf bzw. der Rückerstattung nicht möglich. Das öffentliche Interesse an korrekter Bewirtschaftung der Haushaltsmittel übersteige das private Interesse am Bestand der Förderzusage. Entscheidend sei, dass die abgerechneten Kosten nicht förderfähig seien und somit unrichtige Angaben darstellten. Zudem handele es sich bei der Klägerin um einen Schulträger, der schon an einer Vielzahl von Förderprogrammen partizipiert habe und daher über entsprechende Sachkenntnis in der Rechtsmaterie verfüge. Auch unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung aller Zuwendungsempfänger sei ein Widerruf erforderlich.
14Am 28. März 2013 hat die Klägerin auch gegen den Änderungsbescheid vom 5. März 2013 Klage erhoben.
15Sie beantragt,
16den Rückforderungs- und Teilwiderrufsbescheid der Bezirksregierung vom 13. Dezember 2012 in der Fassung des Änderungsbescheides der Bezirksregierung vom 5. März 2013 aufzuheben.
17Das beklagte Land beantragt,
18die Klage abzuweisen.
19Zur Begründung beruft sich das beklagte Land auf die Ausführungen in dem angegriffenen Rückforderungs- und Teilwiderrufsbescheid der Bezirksregierung und in dem Verwaltungsverfahren. Soweit die Klägerin vortrage, die Ausführung der Maßnahme sei erst mit pflichtgemäßer Prüfung der Durchführungsalternativen nach Bewilligung dem städtischen Bauhof übertragen worden, werde auf Nr. 5.2 ANBest-G verwiesen, wonach die Klägerin die Veränderung des Finanzierungsrahmens der Bezirksregierung hätte mitteilen müssen. Dann hätte schon zu jenem Zeitpunkt eine Beratung der Klägerin stattgefunden und der Zuwendungsbescheid wäre entsprechend geändert worden. Ferner werde auf das im Zuwendungsrecht geltende Subsidiaritätsprinzip verwiesen, das in § 23 LHO verankert sei. Zuwendungen könnten hiernach nur gewährt werden, wenn die Eigenmittel des Zuwendungsempfängers nicht ausreichten, um den Zweck der Maßnahme zu erreichen. Die Klägerin sei nicht gehindert, die Maßnahme durch ihren Bauhof ausführen zu lassen. Sinn der Fördermaßnahme sei es aber nicht, dass das Personal und der Fahrzeugbestand der Klägerin mit Landesmitteln finanziert werde. Dem Einwand der Klägerin, eine Ermessensentscheidung sei nicht dargelegt worden, sei man mit dem Änderungsbescheid vom 5. März 2013 nachgekommen.
20Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Bezirksregierung ergänzend Bezug genommen.
21Entscheidungsgründe:
22Die Klage ist in ihrer geänderten Form zulässig und begründet.
23Die mit der Einbeziehung des nach Klageerhebung erlassenen Änderungsbescheides der Bezirksregierung vom 5. März 2013 in das Klagebegehren erfolgte Klageänderung ist nach § 91 Abs. 1 VwGO zulässig, da das beklagte Land in die Klageänderung eingewilligt hat.
24Der Rückforderungs- und Teilwiderrufsbescheid der Bezirksregierung vom 13. Dezember 2012 in der Fassung des Änderungsbescheides der Bezirksregierung vom 5. März 2013 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
25Gemäß § 49 Abs. 3 Satz 1 VwVfG NRW kann ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden, wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zwecke verwendet wird (Nr. 1), oder wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat.
26Die Tatbestandsvoraussetzungen für einen Widerruf liegen nicht vor.
27Die Bezirksregierung hat ihren angegriffenen Bescheid auf § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwVfG NRW und einen Verstoß der Klägerin gegen Nr. 5.5 der Förderrichtlinie gestützt. Diese Regelung bestimmt zu den vom Zuwendungsempfänger zu leistenden Eigenanteilen: „Der Schulträger hat für die Durchführung der geförderten Projekte einen Eigenanteil in Höhe von mindestens 50% der zuwendungsfähigen Gesamtausgaben zu erbringen. Der Eigenanteil kann durch Mittel aus der Bildungspauschale/Schulpauschale erbracht werden. Der Eigenanteil kann nicht durch Elternbeiträge erbracht werden.“ Ob überhaupt ein Verstoß gegen Nr. 5.5 der Förderrichtlinie vorläge, wenn die Personal- und Fahrzeugkosten des städtischen Bauhofs nicht als zuwendungsfähig anzuerkennen wären, oder in diesem Fall nicht vielmehr von einer zweckwidrigen Mittelverwendung nach § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwVfG NRW auszugehen wäre, bedarf keiner Entscheidung. Denn bei den von der Klägerin geltend gemachten Kosten des städtischen Bauhofs handelt es sich nicht um Positionen, die generell von der Zuwendungsfähigkeit ausgeschlossen waren.
28Die Personal- und Fahrzeugkosten des städtischen Bauhofs stellen unbare Eigenleistungen dar, d.h. geldwerte Leistungen, bei denen keine kassenwirksamen Geldzahlungen an Dritte (Ausgaben),
29zur Definition von Ausgaben s. Pieroth, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 104a Rdn. 2.
30sondern Kosten entstehen. Diese unbaren Eigenleistungen sind vorliegend zuwendungsfähig.
31Der Begriff der zuwendungsfähigen Ausgaben ist weder gesetzlich noch in den VV zur LHO definiert. Welche Positionen als zuwendungsfähige Ausgaben anerkannt werden, ist daher durch Auslegung zu ermitteln. Die Begriffsbestimmung hat dabei grundsätzlich unabhängig davon zu erfolgen, ob die Zuwendungen von den Grundsätzen der Kameralistik ausgehend auf Ausgabenbasis oder nach dem kaufmännischen Rechnungswesen auf Kostenbasis gewährt werden,
32vgl. Rossi, in: Gröpl, BHO/LHO, 2011, § 44 Rdn. 102.
33Der Begriff der zuwendungsfähigen Ausgaben kann mithin auch Kosten und unbare Eigenleistungen erfassen. Ein Grundsatz, der unbare Eigenleistungen grundsätzlich von der Zuwendungsfähigkeit ausnimmt, existiert nicht,
34s. z.B. die Regelung in Nr. 2.3.2 VVG zu § 44 LHO zur Berücksichtigung von bürgerschaftlichem Engagement als fiktive Ausgabe; vgl. ferner Dittrich, BHO, Loseblatt, April 2011, § 44 Rdn. 27.2 ff.
35Es obliegt der Zuwendungsbehörde, die Zuwendungsfähigkeit von Ausgaben zu bestimmen. Hierbei ist sie insbesondere an den Förderzweck und an etwaige Förderrichtlinien gebunden. Um eine einheitliche Förder- und Entscheidungspraxis sicherzustellen, schreiben die Grundsätze für Förderrichtlinien (Anlage 4 zu Nr. 13.2 VVG zu § 44 LHO) vor, dass die zuwendungsfähigen Ausgaben in den Förderrichtlinien möglichst konkret zu bezeichnen sind; Negativkataloge sollten nur dann Aufnahme finden, wenn dies unumgänglich ist (vgl. Nr. 5.4.1).
36Die Förderrichtlinie enthält indes weder eine konkrete Bezeichnung der zuwendungsfähigen Ausgaben, noch findet sich ein Negativkatalog der Positionen, für die keine Zuwendungen gewährt werden. Entgegen der Ansicht der Bezirksregierung lässt sich auch Nr. 5.5 der Förderrichtlinie nicht entnehmen, dass lediglich Ausgaben im Sinne der Kameralistik, aber keine Kosten und damit auch nicht die Personal- und Fahrtkosten des Betriebshofs förderfähig seien. Gegen die Auffassung der Bezirksregierung spricht zunächst, dass Nr. 5.5 der Förderrichtlinie nur den vom Schulträger zu leistenden Eigenanteil regelt. Auch der Hinweis in Nr. 5.5 Satz 2 „Der Eigenanteil kann durch Mittel aus der Bildungspauschale / Schulpauschale erbracht werden“ lässt nicht den Rückschluss zu, unbare Eigenleistungen seien im Rahmen des „1000-Schulen-Programms“ nicht zuwendungsfähig. Denn hiermit wird lediglich klargestellt, dass der Zuwendungsempfänger auch solche Zuweisungen als Eigenanteil einsetzen kann, die er vom Land zur Unterstützung kommunaler Aufgabenerfüllung sowie Investitionsmaßnahmen im Bereich der frühkindlichen Bildung nach dem Gemeindefinanzierungsgesetz erhält. Dass der Zuwendungsempfänger den Eigenanteil mit Mitteln aus der Bildungspauschale / Schulpauschale erbringen muss, schreibt Nr. 5.5 Satz 2 der Förderrichtlinie nicht vor. Vielmehr schließt es Nr. 5.5 Satz 3 der Förderrichtlinie lediglich aus, den Eigenanteil durch Elternbeiträge zu erbringen. Darüber hinaus bestimmt Nr. 5.4 der Förderrichtlinie zur Bemessungsgrundlage: „Das Land gewährt eine Anteilsfinanzierung in Höhe von 50 % der zuwendungsfähigen Gesamtkosten, höchstens bis zu 100.000 Euro pro Schule.“ Die Förderrichtlinie verwendet mithin bei der Bestimmung der Bemessungsgrundlage den Begriff der Kosten, dem sich auch unbare Eigenleistungen zuordnen lassen.
37Auch aus dem Förderzweck lässt sich nicht ableiten, dass Kosten bzw. unbare Eigenleistungen nicht zuwendungsfähig seien. Zuwendungszweck und Fördergegenstand werden in Nr. 1 und Nr. 2 der Förderrichtlinie geregelt. Nach Nr. 1 (Zuwendungszweck) werden im Rahmen des „1000-Schulen-Programms“ nach Maßgabe dieser Richtlinien und der Verwaltungsvorschriften zu § 44 LHO Investitionen zum Auf- und Ausbau von Ganztagsschulen sowie zur pädagogischen Übermittagbetreuung und zu Ganztags- und Betreuungsangeboten an allen Schulformen der Sekundarstufe I gefördert. Gegenstand der Förderung sind nach Nr. 2 Investitionsmaßnahmen für alle Schulen der Sekundarstufe I, die zum 1. Mai 2008 keine Ganztagsschule sind, zur Durchführung von Maßnahmen im Rahmen des Programms „Geld oder Stelle“. Der Zweck des Förderprogramms lag mithin in dem Ausbau der schulischen Ganztagsangebote. Dass darüber hinaus mit dem Förderprogramm z.B. auch lokale Wirtschaftsbetriebe unterstützt werden sollten, was der Zuwendungsfähigkeit unbarer Eigenleistungen entgegenstehen könnte, ist nicht ersichtlich.
38Dem Verwaltungsverfahren lässt sich ebenfalls nicht entnehmen, dass allein Ausgaben im Sinne der Kameralistik als zuwendungsfähig anerkannt werden. Vielmehr sprechen der Umstand, dass der Förderantrag der Klägerin vom 6. Oktober 2008 ausschließlich den Begriff der Gesamtkosten verwendet (vgl. Nr. 3, Nr. 4.1 des Antrags sowie den als Anlage 1 beigefügten Kostenplan) und die dort für das D. G. von X. -Gymnasium und die L. -L1. -Realschule genannten Kosten den in dem Zuwendungsbescheid vom 22. April 2009 genannten Betrag der zuwendungsfähigen Gesamtausgaben entsprechen, sowie der in den Änderungsbescheiden der Bezirksregierung vom 21. Mai 2009 und 14. Juli 2010 verwandte Begriff der „zuwendungsfähigen Gesamtkosten“ dafür, dass Kosten des Zuwendungsempfängers und damit auch unbare Eigenleistungen nicht von der Zuwendungsfähigkeit ausgeschlossen waren.
39Selbst wenn man die Zuwendungsfähigkeit der von der Klägerin geltend gemachten Kosten des städtischen Bauhofs verneinen und die Tatbestandsvoraussetzungen für einen Widerruf als erfüllt ansehen wollte, wäre die Widerrufsentscheidung dennoch rechtswidrig, da die Bezirksregierung jedenfalls das ihr im Rahmen des § 49 Abs. 3 S. 1 VwVfG NRW zustehende Ermessen nicht pflichtgemäß ausgeübt hat. Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (vgl. § 114 S. 1 VwGO). Zwar ist bei Vorliegen von Widerrufsgründen die Zuwendung im Regelfall aus den haushaltsrechtlichen Gründen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu widerrufen,
40vgl. OVG NRW, Urteil vom 20. April 2012 – 4 A 1055/09 –, juris.
41Die Zuwendungsbehörde hat aber stets auch die Besonderheiten des Einzelfalls in den Blick zu nehmen, die eine Abweichung vom Regelfall gebieten können (vgl. auch Nr. 8.3 VVG zu § 44 LHO). Die Bezirksregierung hätte vorliegend im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung jedenfalls berücksichtigen müssen, dass der Begriff der zuwendungsfähigen Ausgaben weder in den Förderrichtlinien noch in den Zuwendungsbescheiden definiert ist und in den Förderrichtlinien, den Zuwendungsbescheiden und dem Förderantrag die Begriffe der zuwendungsfähigen Ausgaben und zuwendungsfähigen Gesamtkosten synonym verwandt werden. Für den Zuwendungsempfänger war damit nicht klar, dass ausschließlich Ausgaben im Sinne der Kameralistik zuwendungsfähig sein sollten. Die Bezirksregierung hätte in ihre Ermessenserwägungen zudem einstellen müssen, dass sich durch eine Fremdvergabe wohl auch die Gesamtausgaben für die Maßnahme an der L. -L1. -Schule erhöht hätten, mit der Folge, dass die Klägerin einen höheren Zuwendungsbetrag abgerufen hätte und dem beklagten Land höhere Ausgaben entstanden wären.
42Erweist sich damit der (Teil-)Widerruf als rechtswidrig und war deshalb aufzuheben, liegen auch die Voraussetzungen des § 49a Abs. 1 VwVfG NRW für die in dem Bescheid festgesetzte Rückforderung nicht vor.
43Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 ZPO.
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Referenzen
- ZPO § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung 1x
- VwGO § 114 1x
- VwGO § 154 1x
- ZPO § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung 1x
- VwVfG § 49 Widerruf eines rechtmäßigen Verwaltungsaktes 5x
- § 44 LHO 4x (nicht zugeordnet)
- VwVfG § 49a Erstattung, Verzinsung 1x
- ZPO § 711 Abwendungsbefugnis 1x
- VwGO § 91 1x
- § 23 LHO 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 113 1x
- VwGO § 167 1x
- 4 A 1055/09 1x (nicht zugeordnet)