Beschluss vom Verwaltungsgericht Düsseldorf - 2 L 2988/19
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf die Wertstufe bis 35.000,- Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2Der am 13. November 2019 gestellte Antrag,
3dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig – bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache – aufzugeben, die Lebensarbeitszeit der Antragstellerin durch Hinausschieben der Altersgrenze nach § 32 LBG NRW gemäß ihrem Antrag vom 8. Juli 2019 um mindestens ein weiteres Jahr zu verlängern,
4hilfsweise, dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig – bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache – aufzugeben, über den Antrag der Antragstellerin vom 8. Juli 2019 betreffend das Hinausschieben ihres Ruhestands um mindestens ein weiteres Jahr unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden,
5hat weder mit seinem Haupt- noch mit seinem Hilfsbegehren Erfolg.
6Er ist zulässig, aber unbegründet.
7Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann eine einstweilige Anordnung zur Sicherung eines Rechts der Antragstellerin getroffen werden, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung dieses Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach Satz 2 dieser Vorschrift sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig. Hierbei sind gemäß § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) die tatsächlichen Voraussetzungen für das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) und die besondere Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) glaubhaft zu machen.
8Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.
9Die Antragstellerin hat zwar einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht, denn ein wirksamer Rechtsschutz im Hauptsacheverfahren ist wegen der Kürze der Zeit bis zum Eintritt der Antragstellerin in den gesetzlichen Ruhestand mit Ablauf des Monats Dezember 2019 nicht zu erreichen. Der Zeitablauf würde zur Erledigung ihres Rechtsschutzbegehrens führen, da ihrem Begehren auf Hinausschieben des Eintritts in den Ruhestand sowohl im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes als auch im Hauptsacheverfahren nur stattgegeben werden kann, solange der Ruhestand noch nicht eingetreten ist.
10Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 21. Dezember 2011 - 2 B 94/11 -, juris; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 14. Juni 2011- 1 A 871/09 -, juris.
11Im vorliegenden Fall fehlt es aber an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs. Die Antragstellerin hat nach summarischer Prüfung keinen Anspruch auf Hinausschieben ihres Eintritts in den Ruhestand über den 31. Dezember 2019 hinaus.
12Gemäß § 32 Abs. 1 Satz 1 LBG NRW kann der Eintritt in den Ruhestand auf Antrag des Beamten um bis zu drei Jahre, jedoch nicht über das Ende des Monats, in dem das 70. Lebensjahr vollendet wird hinaus, hinausgeschoben werden, wenn dies im dienstlichen Interesse liegt. Der Antrag ist gemäß § 32 Abs. 1 Satz 2 LBG NRW spätestens sechs Monate vor Eintritt in den Ruhestand zu stellen.
13Nach dieser Maßgabe hat der Antragsgegner den von der Antragstellerin mit Schreiben vom 8. Juli 2019 gestellten Antrag auf Hinausschieben ihres Eintritts in den Ruhestand über den 31. Dezember 2019 hinaus bis zum 31. Dezember 2020 im Einklang mit den geltenden Vorschriften abgelehnt. Denn die Antragstellerin hat die sechsmonatige Antragsfrist nicht gewahrt.
14Die Antragstellerin hätte den Antrag nach § 32 Abs. 1 Satz 2 LBG NRW spätestens bis zum 30. Juni 2019 bei dem Antragsgegner stellen müssen. Denn sie tritt – nachdem ihr Eintritt in den Ruhestand im Jahr 2018 antragsgemäß um ein Jahr hinausgeschoben worden war – unstreitig mit Ablauf des 31. Dezember 2019 in den Ruhestand ein. Eine Antragstellung innerhalb dieser Frist ist indes – was ebenfalls unstreitig ist – nicht erfolgt, denn die Antragstellerin hat ihr Begehren erst mit Schreiben vom 8. Juli 2019 bei dem Antragsgegner angebracht.
15Das Versäumnis der Antragsfrist des § 32 Abs. 1 Satz 2 LBG NRW hat der Antragsgegner dem Verlängerungsantrag der Antragstellerin zu Recht entgegen gehalten.
16Vgl. zu ähnlichen Fällen: OVG NRW, Beschlüsse vom 6. Juni 2016 – 6 B 495/16 –, juris, Rdnr. 17; zu § 4 Abs. 3 Satz 2 LRiStaG: vom 28. Januar 2016 – 1 B 62/16 –, juris; vom 26. Mai 2009 – 1 B 653/09 –, juris, Rdnr. 12; zu § 39 Abs. 2 Satz 1 LBG LSA a.F.: Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 23. Dezember 2014 – 1 M 149/14 –, juris, Rdnr. 6; zu § 4 Abs. 3 Satz 2 LRiStaG: VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 5. Januar 2016 – 12 L 6/16 –, juris, Rdnr. 15 ff.; zu § 39 Satz 2 LBG BW a.F.: VG Karlsruhe, Beschluss vom 8. Juli 2013 – 5 K 1338/13 –, juris, Rdnr. 21 ff.
17Zu einem anderen Ergebnis führen weder die Erlasse des Innenministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen (im Folgenden MIK) vom 18. März 2016 (Az.: 403-42.01.08), vom 21. September 2018 (Az.: 403-42.01.08-2/18) und vom 19. Juni 2019 (Az.: 403-42.01.08) (1.) noch liegen Gründe vor, die dem Antragsgegner ein Berufen auf die Fristversäumung verbieten oder eine Wiedereinsetzung rechtfertigen würden (2.).
181. Die genannten Erlasse des Innenministeriums führen nicht dazu, dass die Fristenregelung des § 32 Abs. 1 Satz 2 LBG NRW im Falle der Antragstellerin nicht anwendbar ist. Ein solcher Regelungsgehalt ist diesen nicht zu entnehmen. Sie verhalten sich einzig zu dem Tatbestandsmerkmal des „dienstlichen Interesses“, das dem Gestaltungsspielraum des Dienstherrn unterliegt. Auch die von der Antragstellerin bemühten Wendungen „ab sofort“ lassen diesen Rückschluss nicht zu, da sie sich jeweils auf das Gewinnen der betreffenden Personen für eine Verlängerung beziehen. Soweit es ferner heißt, dass Verlängerungen „ab sofort […] ausgesprochen werden“ können, ist dem ebenfalls nicht zu entnehmen, dass auch verspätet gestellte Anträge davon erfasst sein sollen. Inwiefern der Umstand, dass Verlängerungen gemäß dem Erlass vom 19. Juni 2019 auch monatsweise oder in Teilzeit möglich sein sollen, nach der Auffassung der Antragstellerin mit der Einhaltung der Antragsfrist in Zusammenhang zu bringen sein soll, erschließt sich nicht.
19Selbst wenn aber den genannten Erlassen ein Verzicht auf die Einhaltung der Sechs-Monats-Frist zu entnehmen sein sollte, hätte die Antragstellerin keinen Anspruch darauf, dass ihr das Fristversäumnis nicht entgegengehalten wird. Die Antragstellerin legt schon nicht dar, inwieweit eine in einem formellen Gesetz geregelte Frist per Erlass außer Kraft gesetzt werden kann. Sie hat auch nicht vorgetragen, dass die Fristenregelung in ständiger Verwaltungspraxis des Antragsgegners unbeachtet bleibe. Im Übrigen besteht angesichts der Bindung der vollziehenden Gewalt an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) kein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht. Eine dem Gesetz zuwiderlaufende Verwaltungspraxis dürfte hier – eine ständige Verwaltungspraxis unterstellt – aber wohl anzunehmen sein. Denn eine Verlängerung gesetzlicher Fristen ist – anders als bei behördlichen Fristen – grundsätzlich unzulässig. Eine Ausnahme hiervon gilt regelmäßig nur dann, wenn die Möglichkeit einer Verlängerung ihrerseits gesetzlich vorgesehen ist.
20Vgl. BVerwG, EuGH-Vorlage vom 25. Juni 2014 – 6 C 10/13 –, juris, Rdnr. 35 und Beschluss vom 18. Mai 1971 – II WDB 8/71 -, BeckRS 1971, 31329416; Ramsauer in Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz 17. Auflage 2016, § 31 Rdnr. 38.
21Dies dürfte hier nicht der Fall sein. Es handelt sich bei der sechsmonatigen Antragsfrist des § 32 Abs. 1 S. 2 LBG NRW um eine gesetzliche (Ausschluss-)
22- vgl. zu § 39 Satz 3 LBG BW: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 20. Dezember 2017 – 4 S 2759/17 –, juris, Rdnr. 5; zu § 39 Abs. 2 Satz 1 LBG LSA: Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 23. Dezember 2014 – 1 M 149/14 –, juris, Rdnr. 6 und wohl auch OVG NRW, Beschluss vom 26. Mai 2009 – 1 B 653/09 –, juris, Rdnr. 12 -
23Frist, für die keine gesetzliche Verlängerungsmöglichkeit vorgesehen ist. Aus dem eindeutigen Wortlaut von § 32 Abs. 1 Satz 2 LBG NRW („ist spätestens“) lässt sich keine vom Gesetzgeber gewollte Dispositionsbefugnis der Behörde über die Antragsfrist ableiten. Schließlich besteht auch für eine anderweitige verfassungskonforme Auslegung kein Anlass, da die Einhaltung der Sechs-Monats-Frist dem Beamten zu Gunsten der erforderlichen personalwirtschaftlichen Planung zumutbar ist.
24Vgl. zur Verfassungskonformität des insoweit inhaltsgleichen § 4 Abs. 3 Satz 2 LRiStaG: VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 5. Januar 2016 – 12 L 6/16 –, juris, Rdnr. 17, bestätigt durch OVG NRW, Beschluss vom 28. Januar 2016 – 1 B 62/16 –, juris; vgl. zu § 39 Satz 2 LBG BW a.F.: VG Karlsruhe, Beschluss vom 8. Juli 2013 – 5 K 1338/13 –, juris, Rdnr. 26.
25Schließlich bedarf es keiner abschließenden Klärung, ob der Antragsgegner im Einzelfall von der Einhaltung der gesetzlichen Antragsfrist absehen kann, weil diese möglicherweise ausschließlich dem Schutz der Behörde dient (angemessener Vorlauf für Verlängerungswünsche wegen der erforderlichen Personalplanung). Ob die Behörde sich – ohne, dass der Betroffene hierauf einen Anspruch hätte – dieses Schutzes begeben kann, wenn ihre Interessen durch einen verspäteten Antrag nicht beeinträchtigt werden, ist hier nicht entscheidungserheblich. Denn der Antragsgegner hat sich zur Ablehnung des Verlängerungsantrags der Antragstellerin ausdrücklich auf die Fristsäumnis berufen.
262. Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin das Fristversäumnis auch zu Recht entgegengehalten. Dabei kann offenbleiben, ob es sich bei der Sechs-Monats-Frist des § 32 Abs. 1 Satz 2 LBG NRW um eine Ausschlussfrist (vgl. hierzu unter a.) oder um eine (einfache) gesetzliche Antragsfrist (vgl. hierzu unter b.) handelt.
27Vgl. zu einem ähnlichen Fall: VG Karlsruhe, Beschluss vom 8. Juli 2013 – 5 K 1338/13 –, juris, Rdnrn. 21 ff.
28Denn die Antragstellerin kann in beiden Fällen einen etwaigen Anspruch auf Hinausschieben ihres Eintritts in den Ruhestand nicht mehr geltend machen. Es liegen weder Gründe vor, die dem Antragsgegner ein Berufen auf die Fristversäumung verbieten (a.) noch sind die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung erfüllt (b.).
29a. Zwar ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass sich die Behörden unter bestimmten engen Voraussetzungen nicht auf den Ablauf einer die weitere Rechtsverfolgung abschneidenden oder die Anspruchsberechtigung vernichtenden Ausschlussfrist berufen dürfen, wenn deren Zweck dem nicht entgegensteht. Dies kann etwa der Fall sein, wenn nach Maßgabe der besonderen Umstände des Einzelfalls die Fristversäumnis maßgeblich auf das Verhalten der Behörde zurückgeht, ohne dass den Betroffenen in diesem Zusammenhang ein Verschulden trifft. Die Unzulässigkeit der Rechtsausübung kann jedoch auch darauf zurückgehen, dass der Berechtigte außer Stande gewesen ist, sich auf eine Ausschlussfrist einzurichten oder aus vom Dienstherrn zu berücksichtigenden Gründen gehindert war, den Antrag innerhalb der Frist zu stellen.
30BVerwG, Urteil vom 22. März 1984 - 6 C 33.83 -, BeckRS 1984, 05495, Rdnr. 20; VG Karlsruhe, Beschluss vom 8. Juli 2013 – 5 K 1338/13 –, juris, Rdnr. 23.
31Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat die Antragstellerin jedoch nicht glaubhaft gemacht. Sie ist der Ansicht, ihr sei das Fristversäumnis nicht entgegenzuhalten, da sie vor Ablauf der Antragsfrist am 30. Juni 2019 von dem Erlass des MIK vom 19. Juni 2019 wegen ihres Urlaubs vom 26. Juni bis zum 7. Juli keine Kenntnis gehabt hätte. Diese Rechtsansicht teilt die Kammer nicht. Auf ihre Kenntnis von dem Erlass kommt es für die Frage des Verschuldens des Fristversäumnisses nicht an. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern die Antragstellerin aufgrund der Nichtkenntnis von dem Erlass zu der (wenn auch nur vorsorglichen) Antragstellung außer Stande gewesen sein soll. Die Kenntnis von dem Erlass war nicht erforderlich, um den Antrag auf Verlängerung stellen zu können. Denn die – grundsätzliche – Möglichkeit des Hinausschiebens des Eintritts in den Ruhestand ergibt sich nicht aus dem Erlass, sondern aus der gesetzlichen Regelung des § 32 Abs. 1 LBG NRW. Ein Irrtum oder Zweifel über die Erfolgsaussicht eines Antrags stellen indes regelmäßig keine Verhinderung an dessen rechtzeitiger Einreichung dar.
32Vgl. zu Rechtsbehelfsfristen: OVG Lüneburg, Beschluss vom 20. November 2007 – 2 LA 626/07 –, juris, Rdnr. 6 m.w.N.
33Die Fristenregelung ergab sich ebenfalls eindeutig aus § 32 Abs. 1 Satz 2 LBG NRW und war der Antragstellerin, die bereits in der Vergangenheit fristgerecht einen Antrag auf Hinausschieben ihres Eintritts in den Ruhestand gestellt hatte, obendrein bekannt. Im Übrigen ginge aber auch eine mangelnde Rechtskenntnis zu ihren Lasten, da das geltende Recht allgemein als bekannt anzusehen ist.
34Vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Oktober 2009 – 9 B 83/09 –, juris, Rdnr. 3.
35Lediglich ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die Antragstellerin sich ebenso wenig darauf berufen könnte, ihr wäre seitens der Behörde suggeriert worden, dass auf die Einhaltung der Antragsfrist verzichtet oder diese großzügig gehandhabt würde. Dies gilt hinsichtlich der Erlasslage – ungeachtet der Frage, ob sich dieser eine solche Aussage überhaupt entnehmen lässt – bereits deshalb, weil der Antragstellerin der Erlass vom 19. Juni 2019, der den für sie maßgeblichen Zeitraum ab dem 1. Januar 2020 betrifft, vor dem Ablauf der Frist nach eigenem Bekunden gar nicht zur Kenntnis gelangt war. Soweit die Antragstellerin sich auf eine von dem Polizeipräsidium L. durchgeführte Informationsveranstaltung vom 19. Oktober 2018 beruft und die zugehörigen Präsentationsfolien vorlegt, in denen es heißt „Antrag möglichst 6 Monate vor Eintritt in den regulären Ruhestand…“, hat sie ebenfalls schon nicht angegeben, dass sie vor Ablauf der Frist hiervon Kenntnis erlangt hätte. Insbesondere hat sie weder vorgetragen noch ist angesichts ihrer Dienststelle in P. sonst wahrscheinlich, dass sie an einer Informationsveranstaltung des Polizeipräsidiums L. teilgenommen hätte. Im Übrigen sind die Äußerungen einer anderen Behörde der hiesigen Genehmigungsbehörde aber ohnehin nicht zurechenbar. Zudem dürfte davon auszugehen sein, dass der Begriff „möglichst“ lediglich diejenigen Fälle einschließen soll, in denen eine unverschuldete Verhinderung vorliegt.
36b. Sollte es sich bei der Sechs-Monats-Frist des § 32 Abs. 1 Satz 2 LBG NRW um eine (einfache) gesetzliche Antragsfrist handeln, die nicht zugleich eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist ist, kann die Antragstellerin nach der vorliegend erfolgten Fristversäumung ihren Anspruch auf Hinausschieben des Ruhestands ebenfalls nicht mehr geltend machen. Entgegen ihrer Auffassung führt auch die Versäumung einer gesetzlichen Frist, die keine materiell-rechtliche Ausschlussfrist ist, nicht dazu, dass die Behörde sich nach freiem Ermessen über die gesetzliche Fristenregelung hinwegsetzen könnte. Vielmehr ist in den Fällen von Fristenregelungen in einem formellen Gesetz, die keine Ausschlussfristen im Sinne von § 32 Abs. 5 VwVfG NRW sind, grundsätzlich die Wiedereinsetzungsregelung des § 32 Abs. 1 bis 4 VwVfG NRW einschlägig.
37Vgl. zu einem ähnlichen Fall: VG Karlsruhe, Beschluss vom 8. Juli 2013 – 5 K 1338/13 –, juris, Rdnr. 26; Ramsauer in Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz 17. Auflage 2016, § 31 Rdnr. 38 m.w.N.
38Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 32 VwVfG NRW liegen jedoch nicht vor.
39Nach § 32 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Ein Verschulden an der Fristversäumung kann nur dann verneint werden, wenn der Betroffene diejenige Sorgfalt hat walten lassen, die für einen gewissenhaften und seine Rechte und Pflichten sachgemäß wahrnehmenden Verfahrensbeteiligten geboten ist und ihm nach den gesamten Umständen des konkreten Falles auch zuzumuten war.
40Vgl. hierzu: BVerwG, Urteil vom 1. September 1988 - 6 C 56.87 - Buchholz 310 § 58 VwGO Nr. 54 zu § 60 VwVO, der insoweit gleich lautend zu § 32 VwVfG NRW ist.
41Daran fehlt es hier. Die Antragstellerin hat nicht glaubhaft gemacht, dass sie die Frist unverschuldet versäumt hat. Zur Begründung wird auf die unter 2. a. erfolgten Ausführungen verwiesen, die hier entsprechend zum Tragen kommen.
42Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 52 Abs. 6 Satz 4 i.V.m. Satz 1 Nr. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Da das Verfahren den Zeitpunkt der Versetzung der im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit stehenden Antragstellerin in den Ruhestand betrifft, ist der Streitwert nach der Hälfte der Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltfähiger Zulagen, hier der Besoldungsgruppe A 13 LBesO, zu bemessen. Von einer weiteren Reduzierung des Streitwerts hat die Kammer abgesehen, weil mit dem Beschluss im vorliegenden Eilverfahren faktisch die Vorwegnahme der Hauptsachenentscheidung begehrt wird. Der Hilfsantrag wirkt sich nicht erhöhend auf den Streitwert aus, da ihm keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung gegenüber dem Hauptantrag zukommt.
43Rechtsmittelbelehrung:
44(1) Gegen die Entscheidung über den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet.
45Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingelegt werden.
46Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) eingeht.
47Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.
48Die Beschwerdeschrift und die Beschwerdebegründungsschrift sind durch einen Prozessbevollmächtigten einzureichen. Im Beschwerdeverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen.
49Die Beschwerdeschrift und die Beschwerdebegründungsschrift sollen möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
50(2) Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird.
51Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
52Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
53Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt.
54Die Beschwerdeschrift soll möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
55War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
- 5 K 1338/13 2x (nicht zugeordnet)
- 1 B 653/09 2x (nicht zugeordnet)
- 12 L 6/16 2x (nicht zugeordnet)
- LBG § 39 5x
- VwGO § 123 1x
- 1 A 871/09 1x (nicht zugeordnet)
- 9 B 83/09 1x (nicht zugeordnet)
- 1 B 62/16 2x (nicht zugeordnet)
- 4 S 2759/17 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 58 1x
- Beschluss vom Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht (2. Senat) - 2 LA 626/07 1x
- 6 C 10/13 1x (nicht zugeordnet)
- 6 B 495/16 1x (nicht zugeordnet)
- LBG § 32 11x
- VwGO § 67 1x
- § 60 VwVO 1x (nicht zugeordnet)
- 1 M 149/14 2x (nicht zugeordnet)
- Beschluss vom Bundesverwaltungsgericht (2. Senat) - 2 B 94/11 1x
- Beschluss vom Verwaltungsgericht Karlsruhe - 5 K 1338/13 3x
- II WDB 8/71 1x (nicht zugeordnet)
- § 4 Abs. 3 Satz 2 LRiStaG 3x (nicht zugeordnet)
- VwVfG § 32 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand 5x