Beschluss vom Verwaltungsgericht Düsseldorf - 40 K 2401/18.PVL
Tenor
Es wird festgestellt, dass der Abschluss des Vertrages mit dem Therapiezentrum G. E. /N. über die Erbringung physiotherapeutischer Leistungen bei stationären Patientinnen und Patienten der Intensiv- und Intermediatecare-Stationen des Universitätsklinikums E. vom 19. Januar 2018 der Mitbestimmung des Antragstellers nach § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 20 Erster Mitbestimmungstatbestand LPVG NRW unterliegt.
Es wird festgestellt, dass der Einsatz von Mitarbeitern des Therapiezentrums G. E. /N. im Rahmen der Erbringung von physiotherapeutischen Leistungen bei stationären Patientinnen und Patienten der Intensiv- und Intermediatecare-Stationen auf Grundlage des Vertrags vom 19. Januar 2018 der Mitbestimmung des Antragstellers nach § 72 Abs. 1 Nr. 1, 1. Alt. LPVG NRW unterliegt.
Im Übrigen werden die Anträge abgelehnt.
1
Gründe
2I.
3Das Universitätsklinikum, dem der Beteiligte als kaufmännischer Direktor angehört, plante Anfang 2018, auf den Intensiv- und Intermediate-Care (= Intensivüberwachungspflege)-Stationen des konservativen und operativen Departments neuerdings auch an Sonn- und Feiertagen von 9:00 Uhr bis 13.00 Uhr physiotherapeutische Leistungen anzubieten. Es handelte sich zuletzt um sieben Stationen mit einem Gesamtvolumen von 7 x 4 Stunden = 28 Stunden pro Sonn- bzw. Feiertag. Hiermit wollte das Klinikum die Mobilisierung schwer erkrankter Patienten beschleunigen und verbessern. Zwar sind früher auch an Sonn- und Feiertagen physiotherapeutische Leistungen von Beschäftigten der Uniklinik erbracht worden. Seit dem Jahr 2014 wurde aus verschiedenen Gründen tatsächlich aber nur auf der Stroke Unit der Klinik für Neurologie (Abteilung für Schlaganfallpatienten) ein solches Angebot an Sonn- und Feiertagen mit eigenen Kräften aufrecht erhalten.
4Mangels eigener einsatzfähiger Kräfte – die Verfahrensbeteiligten streiten seit langem über die übergeordnete Frage, wie viele eigene Physiotherapeuten an wie vielen Sonn- und Feiertagen im Monat eingesetzt werden dürfen – sollten die physiotherapeutischen Leistungen zumindest übergangsweise von einem externen Anbieter erbracht werden. Parallel wurden Stellen für Physiotherapeuten ausgeschrieben.
5Unter dem 19. Januar 2018 schloss u.a. der Beteiligte für das Universitätsklinikum (UK) mit Herrn U. G. , dem Inhaber des Therapiezentrums G. , einen Vertrag über einen "Physiotherapeutischen Konsiliardienst" ab. Dieser lautet auszugsweise:
6§ 1 Vertragszweck
7- 8
1. Der Auftragnehmer verpflichtet sich, die vom UK jeweils angeforderten Physiotherapeutischer Konsiliarleistungen zu erbringen.
- 9
2. Physiotherapeutische Konsiliarleistungen i. S. dieses Vertrages bestimmen sich nach den Anforderungen des behandelnden/anfordernden Arztes:
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3. Die Physiotherapeutischen Konsiliarleistungen sollen grundsätzlich sonntags und an Feiertagen in der Zeit von 9.00 Uhr bis 13.00 Uhr auf den Intensiv- und IMC- Stationen des operativen und konservativen Departments nach Bedarf und Beauftragung durch den Auftraggeber erbracht werden.
§ 2 Rechtliche Stellung und Erbringung der Leistungen
12Der Auftragnehmer erbringt seine Leistungen selbstständig. Der Auftragnehmer führt die ihm übertragenen Aufgaben fachgerecht und in unternehmerischer Eigenverantwortlichkeit aus. Der Auftragnehmer stellt die erforderlichen Arbeitskräfte. Diese unterliegen ausschließlich seinem Weisungsrecht. Die Arbeitnehmer des Therapieteams stehen zum UK weder in einem Anstellungsverhältnis noch in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis. Der Auftragnehmer ist für die Überwachung der Arbeitsausführung selbst verantwortlich. (…)
13§ 3 Durchführung der physiotherapeutischen Konsiliarleistungen
14- 15
1. Der Auftragnehmer kann bei der Erbringung seiner Leistungen im UK dessen Räume, Einrichtungen in Anspruch nehmen.
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2. Sachmittel in Form von Diagnostik- und Therapiematerial werden vom UK gestellt.
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3. Der Auftragnehmer ist verpflichtet, unverzüglich nach Erbringung der konsularischen Leistungen diese zu dokumentieren. Der Dokumentationsaufwand wird nicht gesondert vergütet.
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4. Zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Patientenversorgung ist der Auftragnehmer verpflichtet, nach Absprache an interdisziplinären Teamsitzungen oder an Einzelgesprächen teilzunehmen, in deren Rahmen sie über die von ihm getätigten Dienstleistungen Bericht erstattet.
§ 4 Abrechnung der Konsiliarleistungen
20Pro abgeschlossener und nachgewiesener Patientenstunde erhält der Auftragnehmer (…) €
21§ 5 Haftung
22Die Erbringung des Konsiliardienstes im Rahmen der Behandlung von ambulanten, teilstationären bzw. vor- oder nachstationären bzw. vollstationären Patienten des UK ist von der Haftpflichtversicherung des UK umfasst. (…)
23§ 6 Vertragsdauer / Kündigung
24- 25
1. Das Vertragsverhältnis beginnt am 15.01.2018; es wird auf unbestimmte Zeit geschlossen.
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2. Der Vertrag kann mit einer Frist von sechs Wochen zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden.
- 27
3. Das Recht zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund bleibt unberührt. (…)
Der Beteiligte teilte dem Antragsteller den Vertragsschluss am Tag der Unterzeichnung im Wege der vertrauensvollen Zusammenarbeit mit, eröffnete ihm den Vertragstext aber nicht.
29Nachdem der Beteiligte der Forderung des Antragstellers, ein Mitbestimmungsverfahren durchzuführen, nicht nachgekommen war, hat der Antragsteller am 12. März 2018 das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren begonnen.
30Er ist der Ansicht, dass der Vertrag eine mitbestimmungspflichtige Arbeitnehmerüberlassung im Sinne des § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 20 LPVG NRW zum Gegenstand habe. Er meint, die im Universitätsklinikum eingesetzten Physiotherapeuten des Therapiezentrums seien weisungsgebunden im Sinne des § 611a Abs. 1 BGB in der seit dem 1. April 2017 geltenden Fassung, weil sie ihre Tätigkeit und Arbeitszeit nicht selbst bestimmen könnten. Sie erhielten für jeden Behandlungstag genaue Anweisungen der Ärzte, welche Patienten wie zu behandeln seien. Außerdem müssten sie sich angesichts der strikt überwachungsbedürftigen Patienten auf den Intensiv- und Intermediatecare-Stationen in den Stationsbetrieb einfügen. Eingewiesen und überwacht würden die externen Kräfte durch die Leitende Physiotherapeutin des Klinikums. Die ausschließlich an Sonn- und Feiertagen stattfindende Behandlung sei aus der Natur der Sache kein abgeschlossenes Werk im Sinne eines Werkvertrags, sondern lediglich Teil der physiotherapeutischen Gesamtbehandlung des jeweiligen Patienten.
31Weiterhin handele es sich bei den eingesetzten externen Therapeuten um Einstellungen nach § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 – Erster Mitbestimmungstatbestand LPVG NRW. Hierfür genüge die Eingliederung. Das neben der Eingliederung nötige arbeitsrechtliche Band sei mit dem Weisungsrecht des Beteiligten gegeben.
32Außerdem sei die Vergabe der Therapieleistungen an Sonn- und Feiertagen eine Privatisierung im Sinne von § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 22 LPVG NRW. Diese sei insbesondere auf Dauer angelegt, weil die Grundentscheidung des Beteiligten dahingehend gefallen sei. Die ausgeschriebenen Stellen für Physiotherapeuten seien bislang nicht besetzt.
33Der Antragsteller beantragt,
34- 1.35
festzustellen, dass der Abschluss des als Werkvertrag bezeichneten Vertrages mit dem Therapiezentrum G. E. /N. über die Erbringung physiotherapeutischer Leistungen bei stationären Patientinnen und Patienten der Intensiv- und Intermediatecare-Stationen des Universitätsklinikums E. seiner Mitbestimmung nach § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 20 LPVG NRW unterliegt,
- 2.36
dem Beteiligten zu untersagen, im Rahmen der Erbringung physiotherapeutischer Leistungen bei stationären Patientinnen und Patienten der Intensiv- und Intermediatecare-Stationen des Universitätsklinikums E. Mitarbeiter des Therapiezentrums G. G. /N. ohne vorherige Zustimmung des Antragstellers oder bis zu einer abweichenden Vereinbarung mit dem Antragsteller oder bis zu einer Entscheidung einer Einigungsstelle einzusetzen, und für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 10.000,00 Euro aufzuerlegen,
hilfsweise,
38festzustellen, dass der Einsatz von Mitarbeitern des Therapiezentrums G. E. /N. im Rahmen der Erbringung von physiotherapeutischen Leistungen bei stationären Patientinnen und Patienten der Intensiv- und Intermediatecare Stationen der Mitbestimmung des Antragstellers nach § 72 Abs. 1 Nr. 1, 1. Alt. LPVG NRW unterliegt,
39- 3.40
festzustellen, dass die Vergabe der Aufgabe „Durchführung physiotherapeutischer Leistungen bei stationären Patientinnen und Patienten der Intensiv- und Intermediatecare Stationen an Sonn- und Feiertagen“ an Beschäftigte des Therapiezentrums G. E. /N. der Mitbestimmung des Antragstellers gemäß § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 22 LPVG NRW unterliegt.
Der Beteiligte beantragt,
42die Anträge abzulehnen.
43Er hält den Einsatz des Therapiezentrums nicht für mitbestimmungspflichtig, weil es sich um eine freie Mitarbeit handele. Insbesondere aus § 2 des Vertrags ergebe sich, dass der Auftragnehmer frei in seiner Gestaltung sei und Aufträge ablehnen könne. Er könne auch für andere Auftraggeber tätig werden. Es handele sich um eine selbstständige Tätigkeit, die mit einem (hohen) Stundenhonorar abgerechnet werde. Soweit das Uniklinikum die eingesetzten Fremdkräfte ein- und anweisen dürfe, handele es sich um das Anweisungsrecht, das etwa im Werkvertragsrecht vorgesehen sei. Ein Weisungsrecht des Uniklinikums bestehe nicht. Feste Arbeitszeiten seien nicht vereinbart; innerhalb der Leistungszeiten 9:00 Uhr bis 13:00 Uhr sei das Therapiezentrum frei in der Arbeitseinteilung. An einer arbeitnehmertypischen Eingliederung in die Krankenhausordnung fehle es. Das Therapiezentrum tauche zwar in den Dienstplänen an Sonn- und Feiertagen auf und erbringe seine Leistungen in den Klinikräumen. Die Mitarbeiter träten aber nicht als Beschäftigte der Klinik auf, sondern in Praxiskleidung des Therapiezentrums. Auch würden eigene Therapiehilfsmittel eingesetzt. Zwar seien die externen Kräfte in die Kette der Behandlungen einbezogen, das sei aber nicht entscheidend, weil sie nicht zu beliebigen (Neben-)Leistungen außerhalb des vertraglich Vereinbarten herangezogen werden könnten. Zudem müssten sie keine (nächtlichen) Bereitschaftsdienste übernehmen und nicht an Dienst- oder Teambesprechungen oder Weiterbildungsmaßnahmen teilnehmen. Die externen Kräfte würden von der Leitenden Physiotherapeutin der Klinik nicht eingewiesen oder überwacht; sie stehe nur für Rückfragen zur Verfügung.
44Die ärztliche Verordnung der Therapie spreche für sich gesehen nicht gegen eine Selbstständigkeit der Leistungserbringung. Die Leistungserbringung folge im Einzelnen den fachlichen Vorgaben und Standards sowie dem Leistungskatalog der Krankenversicherungen. Es erfolge auch kein arbeitsteiliges Zusammenwirken mit klinikangehörigen Physiotherapeuten.
45Das Therapiezentrum übernehme das unternehmerische Risiko allein. Vertraglich sei eine Haftungsregelung vereinbart. Die Vergütung richte sich nach nachgewiesener Patientenstunde. Die Vergütung liege deutlich über dem Arbeitsentgelt eines sozialversicherungspflichtig Angestellten.
46Der Antragsteller könne aus § 79 Abs. 3 Satz 3 LPVG NRW keinen Unterlassungsanspruch herleiten, da es sowohl an einem Verstoß als auch an dessen Grobheit fehle.
47Eine Privatisierung im Sinne von § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 22 LPVG NRW fehle, weil die Übertragung nicht auf Dauer angelegt sei. Die Stellenausschreibungen zeigten das. Die Physiotherapie an Sonn- und Feiertagen sei zudem seit 2014 auf den vertragsgegenständlichen Stationen jedenfalls faktisch nicht mehr von Beschäftigten des Klinikums durchgeführt worden.
48II.
49A. Der Antrag zu 1. hat Erfolg.
50Der Antrag ist zulässig. Für ihn besteht das erforderliche Feststellungsinteresse, obwohl der Abschluss des Vertrages, den der Antragsteller für mitbestimmungspflichtig hält, bereits erfolgt ist. Da der Vertrag beendet werden, der Vertragsschluss also zumindest für die Zukunft rückgängig gemacht werden kann, handelt es sich nicht um eine bereits abgeschlossene Maßnahme, für die nur unter besonderen Voraussetzungen das Rechtsschutzinteresse fortbesteht. Ein Mitbestimmungsverfahren ist jedenfalls für die Zukunft noch sinnvoll möglich, weil die Rechtslage weiterhin gestaltbar bleibt.
51Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 12. November 2002 – 6 P 2.02, PersV 2003, 189 (= juris, Rn. 9 und 11), vom 9. Juli 2007 – 6 P 9.06, NVwZ-RR 2008, 47 (= juris, Rn. 13), und vom 11. März 2014 – 6 PB 41.13, IÖD 2014, 132 (= juris, Rn. 7).
52Der Antrag ist begründet. Der Abschluss des Vertrages zwischen dem Universitätsklinikum und dem Therapiezentrum G. über die Erbringung physiotherapeutischer Leistungen bei stationären Patientinnen und Patienten der Intensiv- und Intermediatecare-Stationen des Universitätsklinikums E. vom 19. Januar 2018 unterliegt der Mitbestimmung des Antragstellers gemäß § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 20 – Erster Mitbestimmungstatbestand LPVG NRW, weil es sich um einen Arbeitnehmerüberlassungsvertrag handelt.
531. Nach § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 20 – Erster Mitbestimmungstatbestand LPVG NRW hat der Personalrat, soweit – wie hier – eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, mitzubestimmen über den Abschluss von Arbeitnehmerüberlassungsverträgen.
54Die Arbeitnehmerüberlassung regelt das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG). Eine Überlassung zur Arbeitsleistung liegt nach der Legaldefinition des § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG vor, wenn einem Entleiher Arbeitskräfte im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit zur Arbeitsleistung überlassen werden. Arbeitnehmer werden zur Arbeitsleistung überlassen, wenn sie in die Arbeitsorganisation des Entleihers eingegliedert sind und seinen Weisungen unterliegen, § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG. Dabei ist nicht jeder drittbezogene Arbeitseinsatz eine Arbeitnehmerüberlassung. Diese ist vielmehr durch eine spezifische Ausgestaltung der Vertragsbeziehungen zwischen Verleiher und Entleiher einerseits (dem Arbeitnehmerüberlassungsvertrag) und zwischen Verleiher und Arbeitnehmer andererseits (dem Leiharbeitsvertrag) sowie durch das Fehlen einer arbeitsvertraglichen Beziehung zwischen Arbeitnehmer und Entleiher gekennzeichnet. Notwendiger Inhalt eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrags ist die Verpflichtung des Verleihers gegenüber dem Entleiher, diesem zur Förderung von dessen Betriebszwecken Arbeitnehmer zur Verfügung zu stellen.
55Vgl. BAG, Urteile vom 17. Januar 2017, 9 AZR 76/16, NZA 2017, 572 (= juris Rn. 21) und vom 20. September 2016 – 9 AZR 735/15, NZA 2017, 49 (= juris Rn. 29).
56Von der Arbeitnehmerüberlassung zu unterscheiden ist die Tätigkeit eines Arbeitnehmers bei einem Dritten aufgrund eines Werk- oder Dienstvertrags. In diesen Fällen wird der Unternehmer für einen anderen tätig. Er organisiert die zur Erreichung eines wirtschaftlichen Erfolgs notwendigen Handlungen nach eigenen betrieblichen Voraussetzungen und bleibt für die Erfüllung der in dem Vertrag vorgesehenen Dienste oder für die Herstellung des geschuldeten Werks gegenüber dem Dritten verantwortlich. Die zur Ausführung des Dienst- oder Werkvertrags eingesetzten Arbeitnehmer unterliegen den Weisungen des Unternehmers und sind dessen Erfüllungsgehilfen. Der Werkbesteller kann jedoch, wie sich aus § 645 Abs. 1 Satz 1 BGB ergibt, dem Werkunternehmer selbst oder dessen Erfüllungsgehilfen Anweisungen für die Ausführung des Werks erteilen. Entsprechendes gilt für Dienstverträge. Solche Dienst- oder Werkverträge werden vom AÜG nicht erfasst.
57Vgl. BAG, Urteile vom 27. Juni 2017 – 9 AZR 133/16, juris Rn. 27, und vom 20. September 2016– 9 AZR 735/15, NZA 2017, 49 (= juris Rn. 30).
58Die arbeitsrechtliche Weisungsbefugnis ist von der projektbezogenen werkvertraglichen Anweisung im Sinne des § 645 Abs. 1 Satz 1 BGB zu unterscheiden. Die werkvertragliche Anweisung ist sachbezogen und ergebnisorientiert. Sie ist gegenständlich auf die zu erbringende Werkleistung begrenzt. Das arbeitsrechtliche Weisungsrecht ist demgegenüber personenbezogen, ablauf- und verfahrensorientiert. Es beinhaltet Anleitungen zur Vorgehensweise und weiterhin die Motivation des Mitarbeiters, die nicht Inhalt des werkvertraglichen Anweisungsrechts sind.
59Vgl. BAG, Urteil vom 27. Juni 2017 – 9 AZR 133/16, juris Rn. 27 m.w.N.
60Für das Eingreifen des Mitbestimmungstatbestandes kommt es im Grundsatz allein auf die Ausgestaltung bzw. den Inhalt des Vertrages an, nicht aber auf seine tatsächliche Handhabung. Maßgeblich ist nicht, ob die Parteien einen Arbeitnehmerüberlassungsvertrag abschließen wollten und dies zum Ausdruck bringen, sondern die objektivierende Betrachtung gemäß §§ 133, 157 BGB. Die Vertragsbezeichnung ist für sich gesehen nicht aussagekräftig. Auch wenn dem Vertrag ein Hinweis auf das AÜG fehlt, lassen sich daraus noch keine Schlüsse auf die Vertragsnatur ziehen. Ein Arbeitnehmerüberlassungsvertrag liegt vielmehr vor, wenn der Verleiher dem Entleiher geeignete Arbeitskräfte überlässt, die der Entleiher nach eigenen betrieblichen Erfordernissen einsetzen kann.
61Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. März 2007 – 1 A 2037/05.PVL, PersR 2007, 393 (= juris Rn. 30); Cecior u.a., LPVG NRW (Stand: Nov. 2019), § 72 Rn. 1147.
62Nach der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung ist der Inhalt der Rechtsbeziehung zwischen dem Vertragsarbeitgeber und dem Dritten sowohl auf der Grundlage der ausdrücklichen Vereinbarungen der Vertragsparteien als auch unter Berücksichtigung der praktischen Durchführung des Vertrags zu bestimmen.
63Vgl. BAG, Urteil vom 20. September 2016 – 9 AZR 735/15, NZA 2017, 49 (= juris Rn. 32).
64Widersprechen sich beide, so ist die tatsächliche Durchführung des Vertrags maßgeblich, weil sich aus der praktischen Handhabung der Vertragsbeziehungen am ehesten Rückschlüsse darauf ziehen lassen, von welchen Rechten und Pflichten die Vertragsparteien ausgegangen sind, was sie also wirklich gewollt haben. Der so ermittelte wirkliche Wille der Vertragsparteien bestimmt den Geschäftsinhalt und damit den Vertragstyp.
65Vgl. BAG, Urteile vom 27. Juni 2017 – 9 AZR 133/16, juris Rn. 29, und vom 13. August 2008 – 7 AZR 269/07, juris Rn. 15 m.w.N.
66Die arbeitsgerichtlich formulierten Grundsätze lassen sich nicht unverändert auf das Personalvertretungsrecht übertragen. § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 20 – Erster Mitbestimmungstatbestand LPVG NRW geht nämlich – wie das Mitbestimmungsverfahren insgesamt – von einer Mitbestimmung vor der Umsetzung der Maßnahme aus, vgl. § 66 Abs. 1 Satz 1 LPVG NRW, hier also vor dem Abschluss und der Durchführung des Vertrages. Denn mitbestimmungspflichtig ist das Ob der Arbeitnehmerüberlassung. Mitbestimmungspflichtige Maßnahme ist der Abschluss des Vertrages beziehungsweise die Willenserklärung der Dienststelle, die zusammen mit der Erklärung des Vertragspartners den Vertragsschluss herbeiführt. In diesem Stadium kann es nach der Konzeption des LPVG NRW noch keine tatsächliche Durchführung des Vertrages geben, die vom Vertragstext abweichen könnte und die zur Auslegung des Vertrags oder zur Ermittlung des wirklichen Willens der Vertragspartner herangezogen werden könnte. Wird das Mitbestimmungsverfahren – wie gesetzlich vorgesehen – vor dem Vertragsschluss durchgeführt, kann der Wille der Vertragsparteien regelmäßig nur dem Entwurf des Vertragstextes sowie seiner Begleitumstände entnommen werden.
67Das bedeutet aber nicht, dass die von der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung betonte tatsächliche Vertragsdurchführung personalvertretungsrechtlich bedeutungslos wäre. Ist nämlich ein Vertrag zu beurteilen, den die Dienststelle nicht als Arbeitnehmerüberlassungsvertrag eingeordnet hat, und der deswegen ohne Beteiligung der Personalvertretung abgeschlossen worden ist und der inzwischen tatsächlich durchgeführt wird, kann die tatsächliche Vertragsdurchführung im Rahmen der gerichtlichen Tatsachenfeststellung durchaus Eingang finden. Im Einklang mit der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung ist der wirkliche Wille der Vertragsparteien in diesen Fällen auch vor dem Hintergrund der tatsächlichen Vertragsdurchführung zu ermitteln, die durch den Fortgang der Dinge als weitere Erkenntnisquelle neu zur Verfügung steht.
68Diese Betrachtungsweise entspricht auch dem Zweck des gerichtlichen Beschlussverfahrens bei bereits umgesetzten, aber noch nicht vollständig abgeschlossenen Maßnahmen, nämlich die Mitbestimmungspflichtigkeit für die Zukunft festzustellen. Gegenstand der Mitbestimmung ist die Maßnahme in der Gestalt, die sie inzwischen angenommen hat. Insofern kommt es in solchen Fallgestaltungen nicht nur auf das an, was die Vertragsparteien beim zurückliegenden Vertragsschluss zum Ausdruck gebracht haben, sondern auch darauf, wie sich die Maßnahme jetzt, ihrem aktuellen wirklichen Willen entsprechend darstellt, der sich in der tatsächlichen Vertragsdurchführung zeigt und die Gegenstand des nachzuholenden Mitbestimmungsverfahrens ist.
692. Um die Frage zu beantworten, ob eine Arbeitnehmerüberlassung vorliegt, wenn externe Kräfte auf vertraglicher Basis zur Behandlung von Patienten in einem Krankenhaus herangezogen werden, kann an die jüngste Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Versicherungspflicht dieser Personengruppe nach dem Arbeitsförderungsrecht (vgl. § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III) angeknüpft werden. Das Bundessozialgericht hat unter Rückgriff auf die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts an das Personalvertretungsrecht übertragbare Grundsätze dazu aufgestellt, unter welchen Bedingungen der im Krankenhaus eingesetzte Externe, der Leistungen an den Patienten erbringt, vom Krankenhaus beschäftigt wird.
70Beschäftigung ist gemäß § 7 Abs. 1 SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Diese sozialgesetzliche Legaldefinition stimmt inhaltlich mit dem Verständnis der Arbeitnehmerüberlassung nach § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 20 – Erster Mitbestimmungstatbestand LPVG NRW überein.
71Vgl. zum Rückgriff auf das SGB IV im LPVG NRW: OVG NRW, Beschluss vom 1. Juni 2017 – 20 A 965/15.PVL, PersV 2018, 22 (= juris Rn. 31). Im BPersVG: BVerwG, Beschluss vom 7. April 2010 – 6 P 6.09, BVerwGE 136, 271. Zur Bedeutung der neueren Rechtsprechung des BSG für das Personalvertretungsrecht: Ehmann jurisPR-ArbR 44/2019 Anm. 4 (lit. C.).
72Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts setzt eine abhängige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägen und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen.
73Vgl. BSG, Urteile vom 4. Juni 2019 – B 12 R 11/18 R, NZA 2019, 1583 (= juris Rn. 14) zu Honorarärzten, und vom 7. Juni 2019 – B 12 R 6/17 R, DStR 2019, 2494 (= juris Rn. 13) zu Honorarpflegekräften, jeweils m.w.N.
74Weisungsgebundenheit und Eingliederung in den Betrieb bzw. die Dienststelle stehen weder in einem Rangverhältnis zueinander, noch müssen sie stets kumulativ vorliegen. Selbst wenn das Weisungsrecht insbesondere bei Hochqualifizierten oder Spezialisten (Diensten höherer Art, z.B. Chefärzten) aufs Stärkste eingeschränkt sein kann, kann die Dienstleistung in solchen Fällen fremdbestimmt sein, wenn sie ihr Gepräge von der Ordnung des Betriebes erhält, in deren Dienst die Arbeit verrichtet wird. Die Weisungsgebundenheit des Arbeitnehmers verfeinert sich in solchen Fällen "zur funktionsgerechten, dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess".
75Vgl. BSG, Urteile vom 4. Juni 2019 – B 12 R 11/18 R, NZA 2019, 1583 (= juris Rn. 29), und vom 7. Juni 2019 – B 12 R 6/17 R, DStR 2019, 2494 (= juris Rn. 28), jeweils m.w.N.
76Bei der Bewertung der Tätigkeit sind Sinn und Zweck des Mitbestimmungstatbestandes zu berücksichtigen. Die von der Personalvertretung wahrzunehmenden Interessen der Beschäftigten der Dienststelle sind bei Arbeitnehmerüberlassungen berührt, weil mit der Einbeziehung dienststellenfremder Kräfte die Möglichkeit des Arbeitsplatzverlustes besteht ("personalvertretungsrechtliche Gefährdungslage").
77Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. März 2007 – 1 A 2037/05.PVL, PersR 2007, 393 (= juris Rn. 35, 37); Cecior u.a., LPVG NRW (Stand: Nov. 2019), § 72 Rn. 1143.
783. Diese Maßstäbe zugrunde gelegt, handelt es sich bei dem streitgegenständlichen Vertrag zwischen dem Therapiezentrum G. und dem Universitätsklinikum um einen Arbeitnehmerüberlassungsvertrag im personalvertretungsrechtlichen Sinne. Das Therapiezentrum überlässt als Verleiher dem Universitätsklinikum als Entleiher geeignete Arbeitskräfte in Gestalt von Mitarbeitern des Therapiezentrums, die das Universitätsklinikum nach eigenen Erfordernissen einsetzen kann, um auf bestimmten Stationen die Physiotherapie auch an Sonn- und Feiertagen durchzuführen.
79Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. März 2007 – 1 A 2037/05.PVL, PersR 2007, 393 (= juris Rn. 32).
80a) Der Vertragstext lässt keine eindeutigen Rückschlüsse zu. Die Bezeichnung "Physiotherapeutischer Konsiliardienst" (Deckblatt) bzw. "Physiotherapeutische Konsiliarleistungen" (§ 1 Nr. 1 des Vertrages) sind für die hier interessierende Frage für sich genommen nicht aussagekräftig. Abgesehen davon besitzt die gewählte Bezeichnung im Vergleich zu der tatsächlichen Vertragsdurchführung, die im hier nachgeholten Mitbestimmungsverfahren herangezogen werden kann, wenig Gewicht.
81Das Therapiezentrum und seine Mitarbeiter sind nicht konsiliarisch tätig; die Bezeichnung der zwischen dem Therapiezentrum und dem Krankenhaus getroffenen Vereinbarung als "Physiotherapeutischer Konsiliardienst" ist nicht zutreffend. Der Begriff des Konsiliums ist nicht legaldefiniert, hat im medizinischen Bereich aber eine hinreichend klare Bedeutung. Ein Konsilium ist nach ärztlichem Sprachgebrauch die Besprechung zweier oder mehrerer Ärzte nach vorausgegangener Untersuchung des Kranken zwecks Stellung der Diagnose oder Festlegung des Heilplans.
82Vgl. BSG, Urteil vom 18. Februar 1970 - 6 RKa 29/69, BSGE 31, 33, 37.
83Wesentliches Merkmal einer konsiliarärztlichen Tätigkeit ist, dass die Hinzuziehung zu einem Konsil stets im Einzelfall erfolgt.
84Vgl. BSG, Urteil vom 4. Juni 2019 – B 12 R 11/18 R, NZA 2019, 1583 (= juris Rn. 17) m.w.N. der Literatur.
85Im Gegensatz dazu wird das Therapiezentrum G. mit seinen Mitarbeitern nicht nur in konkreten Einzelfällen beratend herangezogen, sondern diese erbringen dauerhaft und flächendeckend an Sonn- und Feiertagen ihre Therapieleistungen für alle Patienten auf den einbezogenen Stationen des Klinikums.
86Die Festlegung in § 2 des Vertrages, dass die Arbeitskräfte des Therapiezentrums zum Universitätsklinikum weder in einem Anstellungsverhältnis noch in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis stehen, steht einer Arbeitnehmerüberlassung nicht entgegen. Vielmehr stehen überlassene Arbeitnehmer nie in einem solchen Verhältnis zum Entleiher.
87Gegen eine Arbeitnehmerüberlassung spricht die Regelung des § 2 des Vertrages, nach der die vom Therapiezentrum gestellten Arbeitnehmer ausschließlich seinem Weisungsrecht unterliegen. Auch wenn die Weisungsgebundenheit der an das Klinikum entsandten Arbeitskräfte bei der Erbringung der physiotherapeutischen Leistungen eingeschränkt sein sollte, ist sie nicht völlig entfallen. Ergeben sich etwa Arbeitsort und/oder Arbeitszeit bereits aus vertraglichen Vereinbarungen oder mit einer Tätigkeit verbundenen Notwendigkeiten, kommt es darauf an, ob nach den konkreten Vereinbarungen ein Weisungsrecht hinsichtlich aller Modalitäten der zu erbringenden Tätigkeit besteht oder aber ausgeschlossen ist, und sich die Fremdbestimmtheit der Arbeit auch nicht über eine funktionsgerecht dienende Teilhabe am Arbeitsprozess innerhalb einer fremden Arbeitsorganisation vermittelt.
88Vgl. BSG, Urteil vom 7. Juni 2019 – B 12 R 6/17 R, DStR 2019, 2494 (= juris Rn. 29) m.w.N.
89Der genaue Inhalt der zu erbringenden Leistungen ist im "Konsiliarvertrag" nur pauschal umschrieben. Der konkrete Inhalt, die Durchführung und die Dauer der vom Therapiezentrum, bzw. der in dessen Auftrag handelnden Mitarbeiter, geschuldeten fachgerechten Physiotherapie bedurften der näheren Konkretisierung zumindest insoweit, als die entsandten Mitarbeiter für die Tätigkeit auf den erfassten IC- und IMC-Stationen eingeteilt werden und ihre Arbeitsleistung im Wesentlichen nach Maßgabe der Stations- und Physiotherapieplanung erbringen müssen. Insbesondere stellt sich die Physiotherapie an Sonn- und Feiertagen als arbeitsteiliges Zusammenwirken mit den Physiotherapeuten des Klinikums dar, die diese Leistungen an den Werktagen, also von Montag bis Samstag, erbringen musste. Der Beteiligte hat nichts dafür vorgetragen, dass die Physiotherapie, die eine Gesamtbehandlung darstellt, an Sonn- und Feiertagen unterbrochen und eine von der physiotherapeutischen Behandlung an den Werktagen der Woche völlig losgelöste Leistung erbracht wird. Es wäre seitens des Beteiligten darlegungsbedürftig, warum zwar einerseits die Therapieleistung an Sonn- und Feiertagen unbedingt nötig sind, die Therapie also nicht unterbrochen werden darf, die Leistungen andererseits aber so eigenständig sind, dass sie nicht mit denen verzahnt sind, die an Werktagen erbracht werden. Dazu hat er nichts Durchgreifendes vorgetragen.
90Die entsandten Mitarbeiter des Therapiezentrums sind in die Arbeitsabläufe auf den Stationen und damit des Klinikums eingegliedert. Das folgt daraus, dass der jeweilige Physiotherapeut eine vom Krankenhaus dem Patienten geschuldete (Teil-)Leistung innerhalb der von diesem vorgegebenen Organisationsabläufe erbringt, die Betriebsmittel des Krankenhauses nutzt (hierzu: § 3 Nr. 1 [Räume und Einrichtungen] und Nr. 2 [Diagnostik- und Therapiematerial] des Vertrages) und arbeitsteilig mit dem übrigen Personal in den vorgegebenen Strukturen zusammenarbeitet (vgl. § 3 Nr. 3 [Pflicht zur Teilnahme an Teamsitzungen] des Vertrages). Hieraus folgt, dass die Mitarbeiter in einer ihre Tätigkeit prägenden Art und Weise fremdbestimmt in den Betrieb des Krankenhauses eingegliedert sind. Dementsprechend könnten die von dem Therapiezentrum übernommenen Leistungen ebenso gut von den Physiotherapeuten des Klinikums erbracht werden, wie diese es auf der Stroke Unit tun und wie es bis zum Jahr 2014 auch auf den hier streitgegenständlichen Stationen gewesen ist.
91Vgl. BSG, Urteil vom 4. Juni 2019 – B 12 R 11/18 R, NZA 2019, 1583 (= juris Rn. 31) zur Eingliederung von Honorarärzten, obwohl diese wegen ihrer Therapiefreiheit umfassende Weisungsfreiheit genießen.
92Der Betriebsablauf folgt einem Dienstplan mit Schichtzeiten von 9:00 Uhr bis 13:00 Uhr, in die sich die entsandten Physiotherapeuten einordnen. Auch wenn der Dienstplan insofern eine gewisse Bandbreite der Einsatzzeit der Externen zulässt, sind sie gleichwohl in die Abläufe der Stationsorganisation einbezogen. Die Physiotherapeuten unterliegen zur Überzeugung der Fachkammer im Letzten der Leitenden Physiotherapeutin, die für die Sicherstellung der Qualität klinikintern verantwortlich ist. Die Mitarbeiter des Therapiezentrums setzen im Rahmen dieser Dienststellenstruktur – nicht anders als bei dem Universitätsklinikum angestellte Physiotherapeuten – ihre Arbeitskraft ein. Der Beteiligte hat nichts dafür vorgetragen, dass die externen Kräfte innerhalb der krankenhausbetrieblich vorgegebenen Ordnung – verglichen mit angestellten Physiotherapeuten – eine ins Gewicht fallende Freiheit hinsichtlich Gestaltung und Umfang der Arbeitsleistung innerhalb des Dienstes besitzen. Vielmehr führen auch die externen Kräfte die Physiotherapie nach den auf jeden Patienten bezogenen Verordnungen des behandelnden Arztes aus (vgl. § 1 Nr. 3 des Vertrages), und zwar in einem eng begrenzten Zeitfenster auf bestimmten Stationen.
93Dies gilt insbesondere, weil das Therapiezentrum sich – anders als der Beteiligte vorträgt – die zu behandelnden Personen nicht aussuchen kann. Nach § 1 Nr. 1 des Vertrages ist es vielmehr verpflichtet, die vom Klinikum angeforderten physiotherapeutischen Leistungen zu erbringen. Weder das Therapiezentrum noch dessen Mitarbeiter können sich entscheiden, ob und wen sie behandeln. Vielmehr genügt vertraglich die bloße Anforderung durch die Klinik, um die Behandlungspflicht zu konkretisieren und zu aktualisieren.
94Für die Eingliederung in den Krankenhausbetrieb spricht weiterhin, dass die externen Therapeuten in die Haftpflichtversicherung des Klinikums einbezogen sind (§ 5 Satz 1 des Vertrages). Eine solche Einbeziehung wäre bei einem Selbstständigen, der sich durch das Tragen des unternehmerischen Risikos – zu dem auch das Haftungsrisiko gehört – als Kehrseite der Gewinnerzielungsmöglichkeit auszeichnet, ausgeschlossen.
95Es lassen sich keine für Selbstständigkeit sprechenden Anhaltspunkte feststellen, die ein derartiges Gewicht hätten, dass sie die Weisungsgebundenheit und Eingliederung der externen Physiotherapeuten auf- oder überwiegen könnten. Insbesondere tragen weder das Therapiezentrum noch die von diesem eingesetzten Miterbeiter ein nennenswertes Unternehmerrisiko. Da sowohl das Therapiezentrum als auch die Mitarbeiter einen festen Lohn für geleistete Stunden erhalten, trägt keiner je das Risiko, für seine Arbeit nicht entlohnt zu werden. Umgekehrt fehlt auch die Chance, durch unternehmerisches Geschick die Arbeit so effizient zu gestalten, dass das Verhältnis von Aufwand und Ertrag zu günstig beeinflusst werden könnte. Im Kern erhalten alle Beteiligten für ihre Arbeit risikolos ein fest definiertes Honorar (§ 4 des Vertrages). Da es auch lediglich auf eine Betrachtung der konkreten Tätigkeit ankommt, ist das einzig in Betracht kommende Risiko von dem Krankenhaus keine weiteren Folgeaufträge zu bekommen. Dieses ist für die Frage des Status in der konkreten Tätigkeit irrelevant.
96Das Therapiezentrum setzt lediglich in geringem Umfang mit Arbeitskleidung, Büro- und Fahrtkosten eigene Betriebsmittel ein. Es liegt angesichts der Größe des Therapiezentrums, das vorwiegend auf Behandlung in eigenen Räumen ausgerichtet ist, fern, dass diese gerade im Hinblick auf die Tätigkeit an den Sonn- und Feiertagen im Klinikum angeschafft sowie eingesetzt wurden. Selbst wenn dies der Fall wäre, würden die Anschaffungen aber kein ins Gewicht fallendes Verlustrisiko begründen.
97Es spielt keine entscheidende Rolle, dass die Mitarbeiter des Therapiezentrums durch Arbeitskleidung und Namensschild als Krankenhausexterne auftreten. Die äußerliche Wahrnehmung der Tätigkeit durch Dritte ist für die rechtliche Bewertung der Eingliederung ohne Belang.
98Vgl. BSG, Urteil vom 7. Juni 2019 – B 12 R 6/17 R, DStR 2019, 2494 (= juris Rn. 31) m.w.N.
99B. Der Antrag zu 2. ist hinsichtlich des auf Untersagung gerichteten Hauptantrags unbegründet.
100Die Fachkammer kann offen lassen, welche Voraussetzungen allgemein an einen Antrag gestellt sind, der darauf gerichtet ist, der Dienststelle auf der Grundlage von § 79 Abs. 3 LPVG i.V.m. § 23 Abs. 3 BetrVG ein bestimmtes Verhalten zu untersagen. Der Anspruch setzt zumindest einen groben Verstoß der Dienststelle gegen ihre personalvertretungsrechtlichen Pflichten voraus. Grobe Pflichtverletzungen müssen objektiv erheblich und offensichtlich schwerwiegend sein. Kein grober Verstoß liegt vor, wenn die Dienststelle in einer schwierigen und ungeklärten Rechtsfrage nach einer vertretbaren Rechtsansicht handelt.
101Näher: Lechtermann, PersV 2018, 90, 98 m.w.N.
102Hiernach lässt sich kein grober Verstoß des Beteiligten gegen seine personalvertretungsrechtlichen Pflichten feststellen. Ob der Einsatz externer Kräfte eine Arbeitnehmerüberlassung i.S.d. LPVG NRW darstellt, hängt einerseits von der in der personalvertretungsrechtlichen Rechtsprechung noch nicht gefestigten Definition der Arbeitnehmerüberlassung (einschließlich der Einstellung der Überlassenen im personalvertretungsrechtlichen Sinne) und andererseits von der Gestaltung des einzelnen Vertrags sowie dessen tatsächlicher Durchführung ab.
103Das zugrunde gelegt, hat der Beteiligte zwar gegen das LPVG NRW verstoßen und verstößt derzeit weiter dagegen (siehe vorstehend und sogleich zur Einstellung). Dieser Verstoß ist aber noch nicht als grober Verstoß einzuordnen. Es spricht zwar – wie gezeigt – vieles dafür, die jüngste Rechtsprechung des BSG zur Sozialversicherungspflichtigkeit von Honorarärzten und -pflegekräften im Krankenhaus auf das Personalvertretungsrecht zu übertragen. Das stellt jedoch noch keine gesicherte Erkenntnis dar. In der Rechtsprechung finden sich hierzu noch keine Judikate,
104vgl. BayVGH, Beschluss vom 21. Mai 2019 – 17 P 17.1115, NZA-RR 2019, 605 zu Fahrdiensten in einer Klinik, der die BSG-Rspr. nicht erwähnt,
105und die Literatur hat sich dazu – soweit ersichtlich – bislang noch nicht geäußert. Insofern ist nicht als erhebliches und schwerwiegendes Fehlverhalten des Beteiligten anzusehen, dass er den "Konsiliardienstvertrag" mit dem Therapiezentrum entsprechend der bisherigen sozialrechtlichen Handhabung nicht als Arbeitnehmerüberlassungsvertrag aufgefasst und den Antragsteller daher vor seinem Abschluss nicht beteiligt hat.
106C. Der Antrag zu 2. hat im Hilfsantrag Erfolg.
107Der Hilfsantrag ist zulässig.
108Der Zulässigkeit des Antrags steht – anders als vom Beteiligten gerügt – nicht entgegen, dass er sich nicht auf den Einsatz konkreter Personen bezieht, sondern eine von konkreten Vorgängen losgelöste Rechtsfrage aufwirft. Der Vertrag über den "Physiotherapeutischen Konsiliardienst" vom 19. Januar 2018 gestattet dem Therapiezentrum G. wie für Arbeitnehmerüberlassungen typisch, beliebige, gegebenenfalls auch wechselnde Personen für die Erbringung der vereinbarten Leistungen einzusetzen. Deshalb ist es sinnvoll, dass der Antragsteller von vornherein darauf abzielt, die in der Dienststelle streitig gewordene Rechtsfrage für die Zukunft allgemein klären zu lassen. Denn diese Rechtsfrage ist innerhalb der Dienststelle durch einen konkreten Anlass als entscheidungserheblich aufgeworfen worden und kann sich während der Laufzeit des Vertrages jederzeit erneut stellen.
109Vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 25. Januar 1995 – 6 P 19.93, BVerwGE 97, 316.
110Der Hilfsantrag ist auch begründet.
111Der Einsatz von Beschäftigten des Therapiezentrums G. als Leiharbeitnehmer im Rahmen der Erbringung von physiotherapeutischen Leistungen bei stationären Patientinnen und Patienten der Intensiv- und Intermediatecare-Stationen an Sonn- und Feiertagen auf der Grundlage des Vertrags vom 19. Januar 2018 unterliegt der Mitbestimmung des Antragstellers nach § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 – Einstellung LPVG NRW.
112Die Mitbestimmungstatbestände nach § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 20 und § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 – Einstellung LPVG NRW schließen sich nicht gegenseitig aus, sie ergänzen sich im Gegenteil. Das leuchtet schon aus den jeweils geregelten Gegenständen der Mitbestimmung ein: Die Mitbestimmung nach § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 20 LPVG NRW bezieht sich ausschließlich auf das Rechtsverhältnis zwischen Entleiher (hier dem Klinikum) und dem Verleiher (hier dem Therapiezentrum G. ), und zwar auf das Ob des Abschlusses eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrages. Die Frage, welche Personen auf der Grundlage eines solchen Vertrages konkret überlassen werden, ist insoweit ohne Bedeutung. Sie interessiert aber im Rahmen des Mitbestimmungstatbestandes der Einstellung nach § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LPVG NRW, die sich damit auf die – Belange der Beschäftigten des Beteiligten ohne weiteres berührende – Eignung der von dem Therapiezentrum konkret überlassenen Mitarbeiter(innen) und ihres Einfügens in den Dienststellenbetrieb erstreckt.
113Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. März 2007 – 1 A 2037/05.PVL, PersR 2007, 393 zum wortgleichen Vorgängertatbestand; Cecior u.a., LPVG NRW (Stand: Nov. 2019), § 72 Rn. 59.
114§ 14 Abs. 3 und 4 AÜG sperrt den Tatbestand ebenfalls nicht, weil er mangels entsprechender Landesregelung nur für den hier nicht einschlägigen Bereich des BPersVG gilt.
115Nach § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LPVG NRW hat der Personalrat unter anderem mitzubestimmen in Personalangelegenheiten bei Einstellung.
116Unter Einstellung (eines "neuen" Beschäftigten) ist die Eingliederung des Beschäftigten in die Dienststelle zu verstehen, die regelmäßig durch den Abschluss eines Arbeitsvertrags und die tatsächliche Aufnahme der vorgesehenen Tätigkeit bewirkt wird. Ob ein Arbeitnehmer in die Dienststelle eingegliedert ist, hängt dabei weder von der Dauer seiner Zugehörigkeit zu dieser Dienststelle noch von der Dauer seiner Arbeitszeit ab, sondern (nur) davon, ob er eine regelmäßige und dauernde, nicht bloß vorübergehende und auch nicht geringfügige Arbeit verrichtet.
117Vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. November 1991 – 6 P 15.90, PersR 1992, 198; OVG NRW, Beschluss vom 1. Juni 2017 – 20 A 965/15.PVL, PersR 2018, 59 m. w. N.
118Von einer tatsächlichen Eingliederung ist regelmäßig dann auszugehen, wenn Daueraufgaben der Dienststelle wahrgenommen werden, es sich insbesondere in ihrer Art und Zielsetzung nach um Aufgaben handelt, die so auch den bereits in der Dienststelle tätigen Beschäftigten obliegen. Dies sind jedoch nur Anhaltspunkte für die Entscheidung, ob tatsächlich eine Eingliederung erfolgt ist. Zu einer Eingliederung kommt es – auch wenn wie hier Daueraufgaben wahrgenommen werden – dann nicht, wenn Aushilfstätigkeiten ausgeübt werden, die ersichtlich zu keiner betrieblichen und sozialen Bindung an die Dienststelle führen, weil sie nur geringfügig und nur vorübergehender Natur sind. Entscheidend ist in diesen Fällen nicht die Art der wahrzunehmenden Aufgabe, sei sie dauernder oder nur vorübergehender Natur, sondern die (nur vorübergehende und geringfügige) Art der ausgeübten Tätigkeit.
119Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 1. Juni 2017 – 20 A 965/15.PVL, PersR 2018, 59 m. w. N.
120Für den Regelfall gilt die Vermutung, dass Tätigkeiten in einer Dienststelle dann geringfügiger und vorübergehender Natur sind, wenn sie aus besonderem Anlass anfallen und dabei – etwa konkretisiert durch eine Befristung – von vornherein auf längstens zwei Monate im Jahr begrenzt sind. Letzteres ist insbesondere der Fall, wenn schon bei Übertragung der Tätigkeit absehbar ist, dass die betreffende Aushilfstätigkeit – gerade auch mit Blick auf die konkreten Anlass gebenden Umstände – nicht für einen längeren Zeitraum als zwei Monate anfallen werden. Wenn sich nämlich derartige Tätigkeiten auf besonders veranlasste Einzelfälle von kurzzeitiger Dauer beschränken, kommt es in der Regel nicht zu einer sozialen Abhängigkeit des Arbeitnehmers von dem Empfänger der Dienstleistung. Auch die persönlichen und sozialen Kontakte zu den anderen Beschäftigten sind wegen der zeitlichen Begrenzung der nicht auf regelmäßige Wiederholung angelegten Aushilfsbeschäftigung notwendigerweise beschränkt. Die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit und die Höhe des Entgelts während dieser Tätigkeit sind dagegen grundsätzlich ohne Belang.
121Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 1. Juni 2017 – 20 A 965/15.PVL, PersR 2018, 59 m. w. N.
122Das Erfordernis, dass die Einstellung im Sinne des Personalvertretungsrechts neben der tatsächlichen Eingliederung ein – hier offensichtlich fehlendes – beamten- oder arbeitsrechtliches Band zu dem öffentlichen Dienstherrn voraussetzt, darf gerade in Fällen der Arbeitnehmerüberlassung nicht eng verstanden werden. Liegt einer Dienstleistung, die für die Dienststelle über eine nicht nur geringfügige Dauer erbracht wird, eine vertragliche Dreiecksbeziehung zugrunde, so ist nur ein Mindestbestand an arbeitsvertraglichen und/oder sonstigen arbeitsrechtlichen Rechtsbeziehungen zu fordern, auf deren Grundlage ein Weisungsrecht der Dienststelle in Bezug auf diese Dienstleistung und eine entsprechende Weisungsgebundenheit des dienstleistenden Arbeitnehmers rechtlich abgesichert ist. Lediglich im Zusammenhang mit der Geringfügigkeitsgrenze kommt es darauf an, ob die einzustellende Person "nach Inhalt und Umfang ihrer Tätigkeit in der Dienststelle" als Beschäftigte im Sinn des Personalvertretungsrechts anzusehen wäre. Ob die betreffende Person Beschäftigte im Sinne des Personalvertretungsrechts wäre, ist bei einer Tätigkeit jenseits der Geringfügigkeitsgrenze unerheblich. Ansonsten ist nur zu fordern, dass der Dienstleistende mit der ihm übertragenen Tätigkeit wie ein in dieser Dienststelle beschäftigter Arbeitnehmer im Rahmen der Aufbau- und Ablauforganisation der Dienststelle Aufgaben wahrnimmt, die dieser im öffentlichen Interesse obliegen.
123Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. März 2007 – 1 A 2037/05.PVL, PersR 2007, 393 (= juris Rn. 54) m.w.N.; Cecior u.a., LPVG NRW (Stand: Nov. 2019), § 72 Rn. 55.
124Es muss daher – bezogen auf die Dienstleistung – eine entsprechende persönliche Abhängigkeit von der Leitung der Dienststelle bestehen, in der sich der zum Dienst Verpflichtete befindet. Von Bedeutung sind dabei in erster Linie die Umstände, unter denen die Dienstleistung zu erbringen ist. Wird die Tätigkeit auf der Grundlage von Rechtsbeziehungen mit Dritten ausgeübt, ist die Bewertung bzw. Einordnung als Einstellung nicht an den Wünschen und Vorstellungen der Vertragspartner auszurichten; maßgeblich ist vielmehr, wie die (Vertrags-)Beziehungen nach dem Geschäftsinhalt und ihrer Umsetzung objektiv ausgestaltet sind. Von Interesse ist dabei namentlich, ob die Dienstleistung im Rahmen der von dem Dienststellenleiter bestimmten Arbeitsorganisation unter seinem Direktionsrecht erledigt wird oder in persönlicher Unabhängigkeit von der Dienststelle in eigener – weisungsunabhängiger – Organisation, wie bei freien Mitarbeitern, bzw. unter dem – vom Direktionsrecht der Dienststellenleitung unabhängigen – Direktionsrecht eines Dritten.
125Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. März 2007 – 1 A 2037/05.PVL, PersR 2007, 393 (= juris Rn. 56 ff.) m.w.N.
126Ausgehend von diesen Grundsätzen ist hier eine Eingliederung der vom Therapiezentrum G. überlassenen Physiotherapeuten in das Universitätsklinikum zu bejahen. Die entsandten Physiotherapeuten nehmen ihre vertragsgemäßen Aufgaben im Rahmen der der Dienststellenleitung zuzurechnenden Arbeitsabläufe und Organisation unter dem Direktionsrecht des Dienststellenleiters wahr. Insofern kann die Fachkammer auf die vorstehenden Darlegungen zu A. verweisen.
127Die Beschäftigung erfolgt auch nicht für eine Beschäftigungsdauer von weniger als zwei Monaten. Der Vertrag ist ausdrücklich auf unbestimmte Zeit geschlossen (§ 6 Nr. 1 des Vertrages) und damit auf einen dauerhaften Einsatz des Personals gerichtet. Dementsprechend endet er nicht durch Zeitablauf, sondern durch Kündigung, und zwar bei ordentlicher Kündigung mit einer sechswöchigen Kündigungsfrist zum Monatsende. Die Dauerhaftigkeit bestätigt, dass der Vertrag vom 15. Januar 2018 bis jetzt, also mehr als zwei Jahre, durchgeführt worden ist.
128Der Beteiligte hat nichts dafür vorgetragen, dass das Personal, das ihm vom Therapiezentrum gestellt wird, laufend wechselt und es daher nicht zu einer Eingliederung des einzelnen Entsandten kommt, auf den im Rahmen der Mitbestimmung wegen Einstellung abzustellen ist. Es liegt vielmehr nahe, dass es sich im Wesentlichen um denselben Personenkreis handelt, der – abwechselnd, insgesamt aber über einen längeren Zeitraum – an den Sonn- und Feiertagen eingesetzt wird.
129Es handelt sich bei den Physiotherapieleistungen nicht um Aushilfstätigkeiten, die vorübergehender Natur sind. Zwar hat der Beteiligte vorgetragen, der Einsatz solle nur so lange dauern, bis das Klinikum eigene Physiotherapeuten für den Sonn- und Feiertagsdienst eingestellt habe. Doch auch diese Einschränkung lässt die Dauerhaftigkeit nicht entfallen, weil der Beteiligte nicht erklärt hat, dass die Therapieleistungen bis zu einem bestimmten (überschaubar nahen) Zeitpunkt mit eigenen Kräften erfolgt sein wird. Der Beteiligte hat vielmehr bis heute nur dazu vorgetragen, dass die Uneinigkeit mit dem Antragsteller über ein übergreifendes Einsatzkonzept der Physiotherapeuten in der Uniklinik andauern und seit dem 27. April 2020 die Einigungsstelle damit befasst ist.
130Die vom Therapiezentrum gestellten externen Kräfte nehmen an jedem Sonn- und Feiertag, also an 52 Sonntagen und typischerweise 11 gesetzlichen Feiertagen in NRW, also an 63 Tagen, Physiotherapieleistungen von 9:00 Uhr bis 13:00 Uhr (4 Stunden) auf sieben Stationen im Klinikum vor. Daraus folgen 63 x 7 x 4 Stunden = 1.764 Stunden. Damit verrichten die externen Mitarbeiter eine dauernde und nicht bloß vorübergehende und auch nicht geringfügige Arbeit. Auf die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit kommt es – zumal bei der besonders belastenden Sonn- und Feiertagsarbeit nicht an.
131D. Der Antrag zu 3. ist aus den zu A. angeführten Gründen zulässig, aber unbegründet. Die im Januar 2018 getroffene Entscheidung des Beteiligten, die Physiotherapie auf sieben IC- und IMC-Stationen an Sonn- und Feiertagen durch das Therapiezentrum G. bzw. dessen Mitarbeiter durchführen zu lassen, ist nicht nach § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 22 LPVG NRW mitbestimmungspflichtig.
132Die Norm ist anwendbar, weil sie keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet.
133Vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Oktober 2003 – 6 P 8.03, PersR 2004, 33 zur Vorgängernorm des § 72 Abs. 3 Nr. 7 LPVG NRW 1974.
134Der Personalrat hat nach § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 22 LPVG NRW, soweit – wie hier – eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, mitzubestimmen über Übertragung von Arbeiten der Dienststelle, die üblicherweise von ihren Beschäftigten vorgenommen werden, auf Dauer an Privatpersonen oder auf Dritte in jeglicher Rechtsform (Privatisierung).
135Die Fachkammer geht davon aus, dass es sich bei der Erbringung physiotherapeutischer Leistungen bei stationär in die fraglichen IC- und IMC-Stationen aufgenommenen Patienten des Universitätsklinikums um Arbeiten der Dienststelle handelt. Arbeiten der Dienststelle im Sinne des Mitbestimmungstatbestandes sind sämtliche Tätigkeiten, die in der Dienststelle anfallen, gleich ob es sich um hoheitliche oder nichthoheitliche Aufgaben, um Hauptaufgaben oder zusätzliche Aufgaben handelt. Dies folgt aus der weiten Fassung und dem Schutzzweck der Vorschrift, die grundsätzlich alle privatisierungsfähigen Tätigkeitsfelder erfassen will.
136Vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Oktober 2003 – 6 P 8.03, PersR 2004, 33 (= juris Rn. 21).
137Dass die physiotherapeutische Behandlung der Patienten zu den der Dienststelle obliegenden Aufgaben gehört, die sie mit eigenen Beschäftigten erfüllt, wird bereits daraus ersichtlich, dass sie diese Aufgaben an den Werktagen mit eigenen Kräften ausführt. Darin bestätigt sich der umfassende Versorgungsauftrag einer Klinik der Hochschulmedizin als Einrichtung der maximalen Krankenversorgung.
138Diese Behandlung geschah zum maßgeblichen Zeitpunkt der Übernahme der Therapie durch das Therapiezentrum G. an Sonn- und Feiertagen aber nicht "üblicherweise" durch Beschäftigte des Universitätsklinikums. Das Merkmal "üblicherweise" verlangt bereits nach dem eindeutigen Wortlaut des Mitbestimmungstatbestandes eine konkrete dienststellenbezogene Betrachtungsweise. Es kommt daher nicht darauf an, ob die Erledigung der fraglichen Arbeiten durch verwaltungseigene Kräfte generell in den vom Geltungsbereich des Landespersonalvertretungsgesetzes erfassten Dienststellen üblich ist, sondern ob dies in der jeweiligen Dienststelle der Fall ist. Üblichkeit der Aufgabenerfüllung durch Verwaltungsbedienstete ist hiernach anzunehmen, wenn die Aufgabenerfüllung bislang – von Aushilfs-, Vertretungs- und sonstigen Ausnahmefällen abgesehen – regelmäßig Beschäftigten der Dienststelle übertragen war.
139Vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Oktober 2003 – 6 P 8.03, PersR 2004, 33 (= juris Rn. 23).
140Aus dem Schutzzweck der Vorschrift, nämlich der Sicherung der (vorhandenen) Arbeitsplätze, folgt, dass erstmals anfallende Arbeiten nicht erfasst werden. Denn dann diente die Mitbestimmung nicht dem Erhalt vorhandener, sondern der Schaffung neuer Arbeitsplätze.
141Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. Januar 2000 – 1 A 2193/98.PVL, PersR 2000, 460.
142Zu neuen Arbeiten, die nicht unter § 72 Abs. 4 Satz 1 Nr. 22 LPVG NRW fallen, gehören auch solche, die zwar in der weiter zurückliegenden Vergangenheit von Dienststellenangehörigen wahrgenommen worden sind, die aber seit geraumer Zeit vor der Übernahme durch den Privaten nicht mehr von Beschäftigten der Dienststellen erledigt worden sind. Waren infolgedessen die einst vorhandenen Arbeitsplätze zum Übernahmezeitpunkt endgültig weggefallen, handelt es sich nicht (mehr) um üblicherweise von den Beschäftigten der Dienststelle erledigte Arbeiten.
143So liegt es hier. Nach dem Vortrag des Beteiligten ist die Physiotherapie an Sonn- und Feiertagen zwar bis 2014 von eigenen Physiotherapeuten des Krankenhauses durchgeführt worden. Von 2014 bis Ende 2017 geschah das aber – aus welchen Gründen auch immer – nur noch auf der Stroke-Unit. Auf den übrigen Stationen wurde zumindest faktisch keine Physiotherapie mehr an Sonn- und Feiertagen durchgeführt. Das spricht durchgreifend dafür, dass die Arbeit "Physiotherapie an Sonn- und Feiertagen" vor 2014 üblicherweise mit eigenen Beschäftigten erledigt wurde, diese Arbeit aber seitdem weggefallen ist. Hierfür spricht in tatsächlicher Hinsicht weiterhin, dass der Beteiligte Stellen für diese Aufgaben erst neu ausschreiben musste, weil er hierfür nicht über eigenes Personal verfügte. Aus den Ausschreibungen ergibt sich weiterhin, dass der Vertrag mit dem Therapiezentrum keine vorhandenen Arbeitsplätze gefährdet, sondern lediglich die Schaffung neuer Arbeitsplätze. Der Zweck des Mitbestimmungstatbestandes ist also nicht berührt.
144Eine Kostenentscheidung unterbleibt im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren.
145Rechtsmittelbelehrung:
146Gegen diesen Beschluss kann binnen eines Monats durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster) Beschwerde eingelegt werden. Die Beschwerde ist binnen zwei Monaten zu begründen.
147Die Einlegung und die Begründung können schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen.
148Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Beschlusses, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Bekanntgabe (§§ 87 Abs. 1, 2; 66 Abs. 1 ArbGG). Bei der Einlegung und Begründung der Beschwerde müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Als Bevollmächtigte sind außer den bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwälten Personen mit der Befähigung zum Richteramt zugelassen, sofern sie einer der in § 11 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 4 und 5 des ArbGG bezeichneten Organisationen angehören oder von dieser beauftragt sind. Ein vertretungsberechtigter Beteiligter kann sich selbst vertreten. Für Richter und ehrenamtliche Richter als Bevollmächtigte gilt § 11 Abs. 5 ArbGG. Die Beschwerdeschrift muss den Beschluss bezeichnen, gegen den die Beschwerde gerichtet ist und die Erklärung enthalten, dass gegen diesen Beschluss die Beschwerde eingelegt wird. Die Beschwerdebegründung muss angeben, auf welche im einzelnen anzugebenden Beschwerdegründe sowie auf welche neuen Tatsachen die Beschwerde gestützt wird (§ 89 ArbGG).
149Die Beschwerdeschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
150Beschluss
151des Vorsitzenden der Fachkammer als Einzelrichter
152Der Gegenstandswert wird gem. § 23 Abs. 3 Satz 2, § 33 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 und Abs. 8 Satz 1, Halbs. 1 RVG entsprechend den zwei unterschiedlichen Gegenständen (§§ 2 Abs. 1, 22 Abs. 1 RVG), nämlich dem Vertragsschluss (Anträge zu 1 und 3) sowie der Einstellung nebst Untersagungsbegehren (Antrag zu 2), auf je 5.000 Euro, insgesamt also 10.000 Euro festgesetzt.
153Rechtsmittelbelehrung:
154Gegen den Beschluss über die Festsetzung des Gegenstandswertes kann innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird.
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