Urteil vom Verwaltungsgericht Düsseldorf - 9 K 9273/18
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin begehrt die Erteilung eines bauplanungsrechtlichen Vorbescheides für die Errichtung eines Lebensmittel-Discounters mit einer Verkaufsfläche von 1.400 m².
3Die Klägerin betreibt derzeit auf dem Grundstück T.-----straße 0 in 00000 N. (Gemarkung N. (0000), Flur 0, Flurstücke 0000, 0000, 0000, 0000– im Folgenden: Vorhabengrundstück) einen Lebensmittel-Discounter samt Stellplatzanlage. Nach der zuletzt erteilten Baugenehmigung der Beklagten vom 30. Juli 2013 für das Vorhaben „Neuerrichtung eines Pfandlagers mit Anbau eines Bake-off und einer Tiefkühl-Zelle an den bestehenden M. -Markt“ verfügt der Lebensmittel-Discounter unter Berücksichtigung eines Putzabzugs von 3 % über eine genehmigte Verkaufsfläche von 780,18 m².
4Das knapp 6.500 m² große Vorhabengrundstück ist ein Eckgrundstück im Bogen der T.-----straße , die hier in ihrem südlichen Verlauf an der Einmündung der Straßen T1. und Schellenberg nach Osten abknickt, und erstreckt sich von dort bis nahe an den Kreisverkehr T.-----straße / K. -G. -Straße / L. H. (im Folgenden: Kreisverkehr). Die Entfernung zur zentralen Fußgängerzone der Stadt N. beträgt fußläufig gut 500 m. Vor Aufnahme der Nutzung durch die Klägerin war auf dem Vorhabengrundstück ein T2. -Baumarkt angesiedelt.
5Auf der südwestlich gegenüberliegenden Seite der T.-----straße befindet sich der Gebäudekomplex eines großen Seniorenparks, in dem auch ein Restaurant untergebracht ist. Nordwestlich liegen ein langgestreckter Parkplatz und ein großer Wendekreis für Busse. Die T1. verläuft wegen des nach Norden zu stark abfallenden Geländes über eine Brücke. Vom Kreisverkehr aus verläuft die K. -G. -Straße nach Südwesten in Richtung der Innenstadt mit ihrer Fußgängerzone. Neben einem großen Gelände mit Gewerbe für Fahrzeugtechnik und Verbindungselemente sind im Straßenverlauf vorwiegend Wohngebäude und kleinteilige Gewerbenutzung anzutreffen.
6Nach Nordosten ist das ansteigende Gelände an der Grenze des Vorhabengrundstücks mittels einer etwa 2,30 m hohen Mauer mit darüber angelegter Busch- und Baumbepflanzung abgeböscht. Im nordöstlich sich anschließenden Gebiet im Bereich T.-----straße / P.------straße / nordwestlich der K. -G. -Straße liegen hauptsächlich großflächige Grundstücke mit Gewerbe- und Büronutzung, darunter zwei Autohäuser mit weiträumigen Außen- und Innenverkaufsflächen. An der K. -G. -Straße sind außerdem mehrere Wohngebäude sowie unter anderem ein Paketshop, eine Tankstelle und eine Spielhalle gelegen.
7Das Vorhabengrundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 129 „T. - / L1.-----straße “ (im Folgenden: Bebauungsplan) vom 22. Juni 2009, der Festsetzungen gemäß § 9 Abs. 2a BauGB enthält. Der Bebauungsplan umfasst ein Gebiet, das sich vom Vorhabengrundstück entlang der Nordwestseite der K. -G. -Straße und beiderseits der T.-----straße bis zur Einmündung der B. nach Nordosten erstreckt. Er ersetzt in seinem Gebiet den außer Kraft gesetzten Bebauungsplan Nr. 8 ‑ T.-----straße – von 1964, der mit der Ausweisung eines Industriegebietes in großen Teilen seines Geltungsbereiches nach rechtlicher Einschätzung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (im Berufungsverfahren gegen die erstinstanzlichen Urteile des erkennenden Gerichts vom 15. Dezember 2005 ‑ 9 K 1858/02 und 9 K 1037/03 –) funktionslos geworden war. Gegenstand des Rechtsstreits war die Ablehnung der Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben an der T.-----straße . In Folge des im Berufungsverfahren geschlossenen Vergleichs erteilte die Beklagte der Klägerin für das Vorhabengrundstück die Baugenehmigung für einen Lebensmittelmarkt mit einer Verkaufsfläche von knapp 800 m².
8Im Verfahren zur Aufstellung des Bebauungsplans machte die Klägerin mit Schreiben vom 2. Oktober 2008 die Anregung, den Lebensmittelmarkt in der vom Gesetzgeber vorgegebenen jeweils gültigen Obergrenze für Kleinflächigkeit textlich festzusetzen.
9Unter Ziffer 1 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans (im Folgenden: Festsetzung Ziffer 1) gemäß § 9 Abs. 2a BauGB ist bestimmt:
10„Im Plangebiet sind folgende im Einzelhandels- und Zentrenkonzept der Stadt N. v. Januar 2007 gem. der „N1. Sortimentsliste“ genannten, zentrenrelevanten Einzelhandelssortimente nicht zulässig:
11- 12
Lebensmittel
…
14- 15
Getränke
…“.
17Unter Ziffer 2 der textlichen Festsetzungen (im Folgenden: Festsetzung Ziffer 2) ist unter anderem festgesetzt:
18„Zur Absicherung des Bestandes und zur Berücksichtigung bereits erteilter Genehmigungen werden für folgende Teile des Plangebietes die nachstehenden ergänzenden Regelungen getroffen:
19- 20
Grundstück T.-----straße 0 (Flur 0, Flurstücke 0000, 0000, 0000 und 0000 Zulässig ist ein Lebensmittelmarkt mit einer Verkaufsfläche von max. 800 qm.
Ansonsten gilt der unter Ziffer 1. genannte Ausschluss von Einzelhandelssortimenten.“
22Ziffer 3 der textlichen Festsetzungen (im Folgenden: Festsetzung Ziffer 3) lautet:
23„Bei einer Einzelhandelsnutzung für nicht zentrenrelevante Kernsortimente sind die unter Ziffer 1. genannten zentrenrelevanten Sortimente als Randsortimente bis zu einem Anteil von max. 10 % der Verkaufsfläche zulässig, wenn sie sowohl in räumlicher als auch fachlicher Verbindung zum Kernsortiment stehen.“
24In der Begründung zum Bebauungsplan (im Folgenden: Begründung) wird unter Nr. 4. (Ziele der Planung / Planerisches Konzept) zum Ziel der Planung unter anderem ausgeführt:
25„Die Stadt N. verfolgt das Ziel, die Versorgungsfunktion der gewachsenen zentralen Versorgungsbereiche zu erhalten und zu stärken und Neuansiedlungen auf diese Versorgungszentren zu konzentrieren. Weiteres Ziel ist die verbrauchernahe Versorgung aller Bewohner, auch der nicht motorisierten Bevölkerung. … Grundlage für den Ausschluss des Einzelhandels an ungeeigneten Standorten ist das Einzelhandels- und Zentrenkonzept der Stadt N. von Januar 2007. … Für den vorliegenden Planbereich (Standortbereich 2 – Teilbereich T.-----straße ) trifft das Gutachten die Feststellung, dass der Gesamtstandort räumlich-funktional weder eine Verbindung zum Hauptgeschäftsbereich noch zu anderen Einzelhandelsstandorten besitzt. … Eine weitere Einzelhandelsnutzung, speziell des zentrenrelevanten Einzelhandels, soll für den gesamten Standortbereich ausgeschlossen werden. … Geschützt werden sollen … insbesondere das Stadtzentrum als Hauptversorgungsbereich.“
26Im Hinblick auf die Festsetzung Ziffer 2 heißt es in der Begründung:
27„Da inzwischen aufgrund der Klageverfahren baurechtliche Vorbescheide für einen Lebensmittelmarkt und einen Getränkemarkt erteilt werden mussten, werden für die betroffenen Teile des Plangebietes gesonderte Regelungen getroffen. … Eine Weiterentwicklung der genannten Märkte ist unter dem Gesichtspunkt der Erhaltung der Funktionsfähigkeit und Weiterentwicklung der zentralen Versorgungsbereiche der Stadt und der Sicherstellung einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung an diesem Standort nicht vertretbar und somit nicht gewollt. Die im gerichtlichen Vergleich vereinbarte Größenordnung wird daher festgeschrieben. Der Standort T.-----straße ist gemäß Einzelhandels- und Zentrenkonzept der Stadt N. für die Ansiedlung von zentren- und nahversorgungsrelevantem Einzelhandel nicht geeignet. Von einer Ansiedlung bzw. Ausweitung können schädliche Auswirkungen auf die Versorgungsfunktion zentraler Versorgungsbereiche, insbesondere des nahe gelegenen Stadtzentrums ausgehen. … Es ist auch darauf zu verweisen, dass der Lebensmittelmarkt mit 800 qm Verkaufsfläche bereits die Grenze zur Großflächigkeit erreicht hat und als Betrieb mit nahversorgungs- und zentrenrelevanten Sortimenten den Nachweis einer Atypik an diesem nicht integrierten Standort nicht erbringen könnte. Auch der vom künftigen Betreiber angeregten dynamischen Festsetzung kann nicht gefolgt werden, da einerseits eine Erweiterung nicht erwünscht ist und zum anderen derartige Festsetzungen unbestimmt und folglich rechtlich angreifbar wären.“
28Zu den Interessen der Eigentümer der im Plangebiet liegenden Grundstücke werden in der Begründung die folgenden Erwägungen angestellt:
29„Im Rahmen der planerischen Abwägung sind auch die Belange der Eigentümer hinsichtlich der Verwertung ihrer Grundstücke zu berücksichtigen. … Im Vordergrund steht zunächst … der Vertrauensschutz in die Fortgeltung der planerischen Ausweisung. … Bei der Verabschiedung des Bebauungsplans Nr. 8 war die Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben in Gewerbe- und Industriegebieten noch unüblich. Demzufolge ist die vorhandene Nutzungsstruktur auch eindeutig gewerblich geprägt. … Die mit dem Ausschluss verbundenen Nachteile für die Eigentümer halten sich … in engen Grenzen. Im Vordergrund steht dabei die mögliche Beschränkung der Verwertungsinteressen. Auf der anderen Seite sind die nachteiligen Auswirkungen für die Allgemeinheit und die Stadtentwicklung zu sehen. …“
30Zum Zeitpunkt der Abfassung des Einzelhandels- und Zentrenkonzepts der Stadt N. von Januar 2007 (im Folgenden: Einzelhandelskonzept 2007) war das Vorhabengrundstück nach der Aufgabe des T2. -Baumarkts ungenutzt. Unter Punkt 5.5.3 des Einzelhandelskonzepts 2007
31– S. 78 ff., aufrufbar unter: https://www.xxxxxxxxx.de/wirtschaft/pdf/einzelhandelskonzept.pdf –
32wird der Standortbereich 2 – T.-----straße / U.----straße ausgewiesen. Zum Bereich an der T.-----straße wird im Einzelhandelskonzept 2007 ausgeführt, der Einzelhandel sei dort derzeit nicht mehr vertreten. Es bestehe keine funktionale oder räumliche Verknüpfung zum Hauptgeschäftsbereich beziehungsweise zu anderen Einzelhandelsstandorten. Der Standortbereich sei wenig geeignet für zentrenrelevante Warengruppen, die nur in sehr begrenztem Umfang zu befürworten seien. In den Empfehlungen des Einzelhandelskonzepts 2007 für den Standortbereich 2 heißt es, es solle kein (zusätzlicher) speziell zentrenrelevanter Einzelhandel im gesamten Gewerbegebiet ermöglicht werden. Speziell zur Neuansiedlung von Einzelhandelsbetrieben auf dem Vorhabengrundstück wird ausgeführt, eine Neuansiedlung von Einzelhandelsbetrieben sei dort unter stadtentwicklungspolitischen Aspekten nicht zu begrüßen.
33Im fortgeschriebenen Einzelhandelskonzept N. von 2017 (im Folgenden: Einzelhandelskonzept 2017)
34– S. 53, aufrufbar unter: https://www.xxxxxxxx.de/web/?page_id=558 –
35wird der Standort T.-----straße als solitäre Nahversorgungsanlage dargestellt. Zu derartigen Standorten wird ausgeführt, sie hätten zum Teil umfassende Bedeutung für die Versorgung im Nahbereich. Dies gelte im Besonderen für die Standorte D. und C.-----straße . Weiter heißt es: „Auch die sonstigen Lebensmittelstandorte (… T.-----straße ) übernehmen im gewissen Umfang entsprechende Versorgungsfunktionen für den jeweiligen Nahbereich, diese sind jedoch vorrangig als autokundenorientierte Standorte zu klassifizieren.“
36Unter dem 4. Juni 2018 beantragte die Klägerin bei der Beklagten für das Vorhabengrundstück die Erteilung eines Vorbescheides für die Errichtung eines Lebensmittel-Discounters mit einer Verkaufsfläche von 1.400 m² (im Folgenden: Vorhaben). Als Fragestellung zum Vorbescheid ist angegeben: „Ist ein Lebensmittel-Discounter mit einer Verkaufsfläche von 1.400 m² unter Ausklammerung des Gebotes der Rücksichtnahme nach der Art der baulichen Nutzung bauplanungsrechtlich zulässig?“.
37Mit Schreiben vom 21. Juni 2018 hörte die Beklagte die Klägerin zu der beabsichtigten Versagung des Antrags an.
38Zur Begründung führte sie aus: Dem Vorhaben stünden die Festsetzungen des rechtskräftigen Bebauungsplans entgegen. Nach den darin getroffenen Festsetzungen sei ein Lebensmittelmarkt in einer Größe von maximal 800 m² zulässig. Als der Bebauungsplan rechtskräftig geworden sei, habe bereits ein positiv beschiedener Bauantrag für die Errichtung eines Lebensmittelmarktes mit 799 m² Verkaufsfläche vorgelegen. Eine planungsrechtliche Befreiung gemäß § 31 BauGB komme nicht in Betracht, da eine Befreiung die Grundzüge der Planung berühre.
39Unter „Bestandsschutz“ heißt es weiterhin: Es müsse baurechtlich erwähnt werden, dass Gebäude, die abgebrochen würden, ihren Bestandsschutz verlören. Nach einem Abbruch des Lebensmittelmarktes liege keine bauordnungsrechtliche Verpflichtung mehr vor, einen gleichen Lebensmittelmarkt erneut zu bewilligen.
40In ihrem Schreiben vom 10. August 2018 zur Stellungnahme konkretisierte beziehungsweise ergänzte die Klägerin die gestellte Voranfrage hilfsweise dahin, ob ein Lebensmittel-Discounter mit einer Verkaufsfläche von 1.200, 1.000 und 800 m² bauplanungsrechtlich zulässig sei.
41Sie machte geltend:
42Ihr gehe es mit ihrem Vorhaben nicht um eine Flächenerweiterung zum Aufstellen neuer Regale, sondern maßgeblich um die Modernisierung des M. -Standorts unter Beibehaltung des Sortiments zur Sicherung des Bestands der Filiale und der bestehenden Filialstruktur in N. .
43Es treffe zwar zu, dass die textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans dem zur Zulassung stehenden Vorhaben entgegenstünden. Die Beklagte könne aber gemäß § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB eine Befreiung von der Verkaufsflächenbegrenzung auf maximal 800 m² erteilen.
44Durch die Erteilung der Befreiung würden die Grundzüge der Planung nicht berührt. Dies gelte jedenfalls für eine moderate (hier hilfsweise beantragte) Verkaufsflächenerweiterung auf 1.200 m² beziehungsweise 1.000 m². Die Grenze für die Erteilung einer Befreiung werde nicht überschritten, wenn die Abweichung von Festsetzungen nicht ins Gewicht falle oder wenn die Festsetzung, von der abgewichen werden solle, eher „zufällig“ beziehungsweise „isoliert“ erfolgt sei oder diese Planvorgabe auf einer Annahme beruhe, die später entfallen sei. Wenn schon eine vollständige Befreiung von der in einem Sondergebiet festgesetzten Nutzungsart möglich und am Maßstab des § 31 Abs. 2 BauGB zulässig sei, dann müsse dies erst recht für eine hier lediglich erforderliche (Teil-)Befreiung von einer Verkaufsflächenbeschränkung einer bestandsschützenden Festsetzung gelten.
45Aus der Begründung des Bebauungsplans gehe hervor, dass die dort getroffenen Festsetzungen auf das Einzelhandelskonzept 2007 gegründet seien. Dieses habe sich jedoch in seiner Fortschreibung im Jahr 2017 entscheidend gewandelt und gehe nunmehr für das hier in Rede stehende Vorhaben von anderen Annahmen aus. So stelle das Einzelhandelskonzept 2017 fest, dass es sich bei dem Standort T.-----straße 0 um eine solitäre Nahversorgungsanlage handele, die „der Versorgung der Bürger im Nahbereich mit Gütern des täglichen Bedarfs (diene)“.
46Die geringfügige Abweichung sei auch städtebaulich vertretbar im Sinne von § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB. Der Plangeber sei nicht an eine bei 800 m² Verkaufsfläche zu ziehende Grenze gebunden, sondern hätte dem M. -Markt auch eine Erweiterungsmöglichkeit einräumen können. Es bestehe kein Konflikt mit den Zielen der Raumordnung im Sinne von § 1 Abs. 4 BauGB, weil der Landesentwicklungsplan NRW (im Folgenden: LEP) in Ziel 6.5-7 auch (jedenfalls geringfügige) Erweiterungen für Bestandsbetriebe außerhalb von zentralen Versorgungsbereichen zulasse. Wenn dies für die Festsetzung eines entsprechenden Sondergebiets gelte, dann müsse es erst recht für eine wesensähnliche Festsetzung über einen erweiterten Bestandsschutz im Rahmen von § 9 Abs. 2a BauGB gelten.
47Bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB für eine Befreiung komme eine negative Ermessensbetätigung nur bei sehr gewichtigen entgegenstehenden städtebaulichen Interessen in Betracht, die hier nicht ersichtlich seien.
48Hinsichtlich der höchst hilfsweise gestellten Voranfrage bestehe ein Sachbescheidungsinteresse, falls sie sich für einen Abriss und den Neubau eines M. -Marktes mit einer Verkaufsfläche von 800 m² entscheiden sollte. Das Vorhaben sei zulässig. Durch die gewählte Festsetzungssystematik habe der Plangeber einen Lebensmittelmarkt auf dem Vorhabengrundstück bauplanungsrechtlich auf Dauer abgesichert.
49In einer internen Stellungnahme der Abteilungsleitung des Fachbereichs 3 (Stadtentwicklung, Umwelt, Bau), Abteilung 3.1 (Stadtplanung) der Beklagten vom 29. August 2018 zum Schreiben der Klägerin wird die höchst hilfsweise gestellte Voranfrage zur Zulässigkeit eines Lebensmittel-Discounters mit einer Verkaufsfläche von maximal 800 m² planungsrechtlich bejaht.
50Mit Versagungsbescheid vom 16. Oktober 2018 lehnte die Beklagte die Erteilung des Vorbescheides ab.
51Zur Begründung wurde im Bescheid weiter ausgeführt:
52Das Vorhaben mit einer Verkaufsfläche von 1.400 m² sei nicht zulässig, da es den Festsetzungen des Bebauungsplans widerspreche. Auf Seite 8 der Begründung zum Bebauungsplan werde explizit darauf hingewiesen, dass Erweiterungen nicht erwünscht seien. Es werde dort auch darauf verwiesen, dass der Lebensmittelmarkt mit 800 m² Verkaufsfläche bereits die Grenze zur Großflächigkeit erreicht habe und den Nachweis einer Atypik an diesem nicht integrierten Standort nicht erbringen könne.
53Die Voraussetzungen für eine planungsrechtliche Befreiung gemäß § 31 BauGB lägen nicht vor.
54Die Grundzüge der Planung würden berührt. Mit der Erhöhung der Verkaufsfläche gehe grundsätzlich eine gewichtige Abweichung der städtebaulichen Grundzüge einher, insbesondere wenn durch die Vergrößerung der Verkaufsfläche die Nutzung in die Großflächigkeit übergeleitet werde. Mit der in Festsetzung Ziffer 2 erklärten Einschränkung, zur Absicherung des Bestandes und zur Berücksichtigung bereits erteilter Genehmigungen einen Lebensmittelmarkt von 800 m² Verkaufsfläche für zulässig zu erklären, sei schon eine Ausnahme von der Festsetzung Ziffer 1 gemacht worden. Damals habe man den bereits erteilten Bauantrag berücksichtigen müssen.
55Für die gewünschte Größenordnung wäre eine Ausweisung als Sondergebiet im Sinne von § 11 Abs. 3 BauNVO erforderlich.
56Es treffe nicht zu, dass das fortgeschriebene Einzelhandelskonzept 2017 für das Vorhabengrundstück eine andere Aussage treffe, als das Einzelhandelskonzept 2007. Die von der Klägerin aufgeführten Unterschiede bezögen sich auf die jeweilige Bestandssituation und seien nachvollziehbar. Während das Konzept von 2007 die isolierte Lage des Standorts feststelle und auf eine nicht mehr zu verhindernde Einzelhandelsnutzung abziele, stelle das fortgeschriebene Konzept von 2017 lediglich klar, dass im Bestand eine solitäre Nahversorgungsanlage vorhanden sei. Die Folgerung, dass wegen der umfassenden Bedeutung für die Versorgung im Nahbereich auch solitäre Nahversorgungsanlagen und unter bestimmten Voraussetzungen auch großflächige Lebensmittelbetriebe zulässig sein sollten, werde für die T.-----straße nicht gesehen. Dieser Standort sei vorrangig als autokundenorientierter Standort einzustufen.
57Aus den landesplanerischen Vorgaben werde deutlich, dass an die Zulässigkeit großflächiger Einzelhandelsvorhaben besondere Anforderungen gestellt würden. Gemäß Ziel 6.5‑2 LEP dürften Kern- und Sondergebiete für Vorhaben im Sinne des § 11 Abs. 3 BauNVO mit zentrenrelevantem Kernsortiment nur in bestehenden zentralen Versorgungsbereichen sowie in geplanten zentralen Versorgungsbereichen dargestellt und festgesetzt werden. Außerhalb dieser Bereiche sei eine Festsetzung nur ausnahmsweise vorgesehen, wenn eine Lage in zentralen Bereichen nicht möglich, die Bauleitplanung der Gewährleistung einer wohnortnahen Versorgung diene und zentrale Versorgungsbereiche nicht wesentlich beeinträchtigt würden. Der Hinweis auf das Ziel 6.5‑7 LEP laufe ins Leere. Dieses Ziel treffe Aussagen zur Überplanung vorhandener Standorte mit großflächigem Einzelhandel, die als Sondergebiet festgesetzt werden sollten.
58Am 16. November 2018 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie trägt weiter vor:
59Der Bebauungsplan stehe dem Vorhaben nicht entgegen, weil er an zu seiner Gesamtunwirksamkeit führenden Mängeln leide. Die drei textlichen Festsetzungen seien unbestimmt und ließen sich nicht auf eine Rechtsgrundlage stützen.
60Die Festsetzung Ziffer 1 werde nicht von der Ermächtigungsgrundlage des § 9 Abs. 2a S. 1 HS. 1 BauGB getragen. Die Beklagte treffe keine Regelung zu einer auszuschließenden baulichen Nutzung, sondern einzig und allein zu zentrenrelevanten Einzelhandelssortimenten. Ein Einzelhandelssortiment stelle keine Nutzung einer baulichen Anlage dar.
61Die Festsetzung Ziffer 2 sei unbestimmt. Dem Planunterworfenen und auch der vollziehenden Bauverwaltung werde mit der einleitenden einschränkenden Zweckbestimmung „zur Berücksichtigung bereits erteilter Genehmigungen“ eine nicht zu rechtfertigende Unsicherheit über die Reichweite der Festsetzungen aufgebürdet. Dies zeige sich im Tatsächlichen daran, dass die Beklagte die einer Bestandsschutzfestsetzung grundsätzlich zukommende Funktion und Wirkweise selber nicht erkannt habe. Andernfalls lasse sich nicht erklären, warum sie im Anhörungsschreiben vom 21. Juni 2018 unzutreffend ausgeführt habe, nach einem Abbruch des Lebensmittelmarktes liege keine Verpflichtung mehr vor, einen gleichen Lebensmittelmarkt erneut zu bewilligen und warum sie ihre höchst hilfsweise gestellte Voranfrage nicht ausdrücklich bejaht habe, obwohl das Stadtplanungsamt im Aktenvermerk vom 29. August 2018 Funktion und Wirkungsweise der Festsetzung zum aktiven Bestandsschutz zutreffend erkannt habe.
62Für die Festsetzung Ziffer 2 bestehe ebenfalls keine Ermächtigungsgrundlage. Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen habe in einem Urteil vom 27. April 2020 – 10 D 32/19.NE – entschieden, dass die Absicherung einer über den passiven Bestandsschutz hinausgehenden Fortentwicklung der vorhandenen Nutzung über § 1 Abs. 10 BauNVO im Rahmen des § 9 Abs. 2a BauGB nicht erfolgen könne.
63Der Rat der Beklagten habe bei der Festsetzung Ziffer 2 unter dem 1. Aufzählungszeichen lediglich mit Blick auf mehrere Flurstücke einen Lebensmittelmarkt mit einer Verkaufsfläche von maximal 800 m² für (weiterhin) zulässig erklärt. Dabei sei verkannt worden, dass die katastermäßige Grundstückssituation ebenso wie die Eigentumsverhältnisse nicht statisch seien, sondern Veränderungen unterliegen könnten. So könne der Bebauungsplan naturgemäß nicht ausschließen, dass es zu einer Teilung des Flurstücks 0000 und/oder zu einer Vereinigung mit den benachbarten Flurstücken komme. Es könne zu einem „Windhundrennen“ potentieller Investoren um die Möglichkeit zur Errichtung eines einzigen Lebensmittelmarkts und/oder zur Ausnutzung der maximal zulässigen Verkaufsfläche kommen.
64Schließlich sei auch die Festsetzung Ziffer 3 des Bebauungsplans mangels Bestimmtheit unwirksam. Allerdings bestehe ein anerkanntes Verständnis der Begriffe Rand- und Kernsortiment. Es sei aber für den planunterworfenen Bauwilligen nicht nachvollziehbar, unter welchen Voraussetzungen ein zum Verkauf beabsichtigtes Randsortiment in räumlicher und fachlicher Verbindung zum Kernsortiment stehe. Insoweit existierten weder allgemeingültige Erfahrungssätze oder Kriterien in Rechtsprechung und Literatur, noch gebe die Planbegründung dazu nähere Auskunft. Der Plangeber wolle sich hier wohl an gängigen Festsetzungen zum sogenannten Handwerkerprivileg bei einem Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben im Übrigen orientieren. Diese Vorgabe passe aber nicht zu einem „echten“ Einzelhandelsbetrieb mit nicht zentrenrelevantem Kernsortiment. Die Beantwortung der Frage sei damit in das Belieben der Baugenehmigungsbehörde gestellt.
65Jeder der aufgezeigten Rechtsfehler führe zur Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans, weil er ersichtlich nur in seiner Gesamtheit habe beschlossen werden sollen.
66Das Vorhaben sei gemäß § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB zulässig.
67Die zur Abgrenzung der näheren Umgebung in den Blick zu nehmenden wechselseitigen Auswirkungen, die von dem Vorhaben auf die Umgebung bzw. von der Umgebung auf das Vorhabengrundstück ausgingen, seien nicht allein oder maßgeblich nach der Sichtbeziehung zu beurteilen, sondern es sei die gesamte städtebauliche Situation in den Blick zu nehmen. Für die Prägung eines Vorhabengrundstücks durch einen groß dimensionierten Einzelhandelsbetrieb sei nach der obergerichtlichen Rechtsprechung keine Sichtbeziehung erforderlich.
68Nach den von der obergerichtlichen Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen beginne die nähere Umgebung im Sinne der Vorschrift im Westen mit der T3.----------straße bis hin zum westlichen Teil der T.-----straße (in Nord-Süd-Richtung verlaufendes Teilstück) und erstrecke sich von dort nach Osten hin über die nördlich und südlich der T.-----straße (in West-Ost-Richtung) und an der K. -G. -Straße gelegenen Flächen. Die beiden genannten Straßen bildeten und verbänden ein einheitliches Geviert mit Wohngebäuden am Rande und einer Art von Südwesten nach Nordosten verlaufenden gewerblichen „Insel“ im Zentrum.
69Die Eigenart der näheren Umgebung entspreche keinem in der BauNVO geregelten Baugebietstyp. Nach der Art der baulichen Nutzung bestehe dort eine Gemengelage. In dem zu betrachtenden Gebiet befänden sich unter anderem umfangreich vorhandene Wohnbebauung, ein Alten- und Pflegeheim, der streitgegenständliche Lebensmittel-Discounter, ein Betriebshof der S. , eine Tankstelle, ein Großhändler sowie mehrere Autohäuser mit Innen- und Außenverkaufsflächen.
70Das Vorhaben füge sich nach der Art der baulichen Nutzung in die diffus bebaute nähere Umgebung ein. Insbesondere finde es entsprechende Vorbilder in den bereits vorhandenen Autohäusern, insbesondere auf der K. -G. -Straße 000, die ihrerseits als großflächige Einzelhandelsbetriebe zu qualifizieren seien.
71Die Klägerin beantragt,
72die Beklagte unter Aufhebung ihres negativen Vorbescheids vom 16. Oktober 2018 zu verpflichten, ihr den mit Formularantrag vom 4. Juni 2018 beantragten bauplanungsrechtlichen Vorbescheid für die Errichtung eines Lebensmittel-Discounters mit einer Verkaufsfläche von 1.400 m² auf dem Grundstück T.-----straße 0 in 00000 N. nach der Art der baulichen Nutzung unter Ausklammerung des Gebots der Rücksichtnahme zu erteilen.
73Die Beklagte beantragt,
74die Klage abzuweisen.
75Sie trägt vor:
76Der Bebauungsplan sei wirksam.
77Aus den Formulierungen in der Bebauungsplanbegründung werde hinreichend deutlich, dass sie mit der Festsetzung Ziffer 1 nicht allein die genannten Einzelhandelssortimente für unzulässig erklären wollte, sondern Einzelhandelsbetriebe mit den genannten (Haupt‑)Sortimenten nicht zulässig sein sollten. Dies ergebe sich im Übrigen auch eindeutig aus der Festsetzung Ziffer 3, in der ausdrücklich auf „Einzelhandelsnutzung“ abgestellt werde.
78Die Festsetzung Ziffer 2 finde in § 9 Abs. 2a S. 1 HS. 2 BauGB eine hinreichende Rechtsgrundlage. Dadurch, dass die dort genannten Flurstücke in der zugehörigen Planurkunde eindeutig abgelesen werden könnten, sei mehr als ausreichend bestimmt, für welchen „Teilgeltungsbereich“ des Bebauungsplans die Festsetzung zum erweiterten Bestandsschutz Geltung beanspruchen solle. Zudem sei hinreichend deutlich, dass mit der Festsetzung Ziffer 2 der passive Bestandsschutz zu einem aktiven Bestandsschutz erweitert werde. Sollten trotzdem Zweifel an der Wirksamkeit dieser Festsetzung verbleiben, führe dies nicht zu einer Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans. Sie habe ihr planerisches Konzept erkennbar nicht vom erweiterten Bestandsschutz zugunsten vorhandener beziehungsweise genehmigter Einzelhandelsbetriebe abhängig machen wollen.
79Die Begriffe Kern- und Randsortiment seien gängige Begriffe, die in der obergerichtlichen Rechtsprechung hinreichend klar definiert seien. Das Angebot des Randsortiments müsse dem Kernsortiment als Hauptsortiment sachlich zugeordnet und hinsichtlich des Angebots deutlich untergeordnet sein. Die Ergänzung der Festsetzung Ziffer 3 stelle lediglich zusätzlich nochmals klar, was die Definition des Randsortiments ohnehin voraussetze. Ebenso sei in der Praxis anerkannt, dass bei einem über 10 % liegenden Anteil an der Gesamtverkaufsfläche eher kein Randsortiment mehr vorliege.
80Im Übrigen sei auch hier davon auszugehen, dass aus einer etwaigen Teilunwirksamkeit der Festsetzung Ziffer 3 nicht die Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans resultiere.
81Äußerst hilfsweise weise sie der Vollständigkeit halber darauf hin, dass das Vorhaben auch nicht nach § 34 BauGB zulässig wäre. Das Vorhabengrundstück sei in Richtung Südwesten ausgerichtet. Der vorhandene Einzelhandelsbetrieb und die vorgelagerte Stellplatzfläche orientierten sich ausschließlich in Richtung Kreisverkehr und in Richtung der von dem Kreisverkehr in nordwestlicher Richtung verlaufenden Erschließungsstraße. Insofern sei auch in topographischer Hinsicht zu berücksichtigen, dass das Vorhabengrundstück wesentlich niedriger liege als die sich nordwestlich, nördlich sowie nordöstlich anschließenden Flächen. Dementsprechend seien das Grundstück und der aufstehende Baukörper, insbesondere aus nordöstlicher Richtung betrachtet, letztlich nicht wahrnehmbar. Das Vorhaben wirke sich damit ausschließlich auf die sich südwestlich anschließende Bebauung im Bereich Schellenberg und K. -G. -Straße aus. Die Bebauung in diesem Bereich präge und beeinflusse ihrerseits entscheidend den bodenrechtlichen Charakter des Vorhabengrundstückes. Dies sei wiederum auf die Topographie und die Ausrichtung der vorhandenen Nutzungen insbesondere zum Kreisverkehr zurückzuführen. Bei diesem Bereich handele es sich um ein faktisches Mischgebiet gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 6 BauNVO. Großflächige Einzelhandelsbetriebe und damit auch das zur Genehmigung gestellte Vorhaben seien im faktischen Mischgebiet unzulässig.
82Die Berichterstatterin hat die Örtlichkeit am 12. August 2020 in Augenschein genommen. Wegen der dabei getroffenen Feststellungen wird auf das Protokoll Bezug genommen.
83Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
84Entscheidungsgründe:
85Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 16. Oktober 2018 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO). Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Erteilung eines bauplanungsrechtlichen Vorbescheids für die Errichtung eines Lebensmittel-Discounters mit einer Verkaufsfläche von 1.400 m² auf dem Vorhabengrundstück.
86Gemäß § 71 Abs. 1 S. 1 BauO NRW 2000 (im Folgenden: BauO NRW)
87– die für die rechtliche Beurteilung maßgeblich ist, da für die Bauvoranfrage der Klägerin bis zum 31. Dezember 2018 vollständige Bauvorlagen ohne erhebliche Mängel eingereicht worden sind (vgl. § 90 Abs. 4 S. 1 BauO NRW 2018) –
88kann zu Fragen des Bauvorhabens ein Vorbescheid beantragt werden. Der Vorbescheid ist nach § 71 Abs. 2 BauO NRW in Verbindung mit § 75 Abs. 1 S. 1 BauO NRW zu erteilen, wenn dem Vorhaben im Hinblick auf die betreffenden Fragen öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht entgegenstehen.
89Das ist hier jedoch der Fall. Der Errichtung eines Lebensmittel-Discounters mit einer Verkaufsfläche von 1.400 m² steht Bauplanungsrecht entgegen, nämlich der im Bebauungsplan festgesetzte Einzelhandelsausschluss (vgl. § 30 Abs. 1 und 3 BauGB). Der Bebauungsplan ist wirksam. Das Vorhaben widerspricht den darin getroffenen Festsetzungen. Die Voraussetzungen für eine Befreiung von den Festsetzungen gemäß § 31 Abs. 2 BauGB liegen nicht vor.
90Der Bebauungsplan leidet nicht an beachtlichen Mängeln, er ist insbesondere in materieller Hinsicht nicht zu beanstanden. Rechtsgrundlage zu seinem Erlass ist § 9 Abs. 2a BauGB. Die Voraussetzungen für eine Festsetzung nach dieser Vorschrift sind erfüllt. Die Festsetzungen Ziffern 1, 2 und 3 erweisen sich als hinreichend bestimmt und als von der Ermächtigungsgrundlage gedeckt. Abwägungsfehler gemäß § 1 Abs. 7 BauGB sind nicht ersichtlich.
91Der Bebauungsplan beruht auf § 9 Abs. 2a BauGB. Danach kann für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34 BauGB) zur Erhaltung oder Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche, auch im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und der Innenentwicklung der Gemeinden, in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der nach § 34 Abs. 1 und 2 BauGB zulässigen baulichen Nutzungen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können (S. 1 HS. 1). Die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden (S. 1 HS. 2). Dabei ist insbesondere ein hierauf bezogenes städtebauliches Entwicklungskonzept zu berücksichtigen, das Aussagen über die zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereiche der Gemeinde oder eines Gemeindeteils enthält (S. 2).
92Die Voraussetzungen für eine Planfestsetzung gemäß § 9 Abs. 2a BauGB sind gegeben.
93Bei dem Plangebiet handelt es sich um einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil gemäß § 34 BauGB, dies ist auch unter den Beteiligten unbestritten.
94Die Festsetzungen erfolgen zur Erhaltung und Entwicklung eines zentralen Versorgungsbereichs im Sinne des Gesetzes, nämlich des Innenstadtbereichs der Stadt N. , wie unter Ziffer 4 der Begründung ausführlich dargelegt wird. So heißt es dort: „Geschützt werden sollen mit dem Einzelhandelsausschluss an nicht integrierten Standorten die zentralen Versorgungsbereiche der Stadt, insbesondere das Stadtzentrum als Hauptversorgungsbereich.“
95Zentrale Versorgungsbereiche sind räumlich abgrenzbare Bereiche einer Gemeinde, denen auf Grund vorhandener Einzelhandelsnutzungen – häufig ergänzt durch diverse Dienstleistungen und gastronomische Angebote – eine Versorgungsfunktion über den unmittelbaren Nahbereich hinaus zukommt.
96Vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. November 2017 – 7 A 2048/15 –, juris Rn. 52.
97Dies trifft auf das Zentrum von N. mit seiner Fußgängerzone – was auch unter den Beteiligten nicht umstritten ist – zu.
98In der Begründung wird ausgeführt, Ziel der Planung sei es, die Versorgungsfunktion der gewachsenen zentralen Versorgungsbereiche zu erhalten und zu stärken und Neuansiedlungen auf diese Versorgungszentren zu konzentrieren.
99Dabei handelt es sich, wie von der Vorschrift verlangt,
100– vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. November 2017 – 7 A 2048/15 –, juris Rn. 45 –,
101um den städtebaulich tragenden Grund für die Aufstellung.
102Der Bebauungsplan berücksichtigt auch ein städtebauliches Entwicklungskonzept im Sinne des § 9 Abs. 2a S. 2 BauGB.
103Mit der Forderung einer auf Erhaltung oder Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche gerichteten Planung stellt § 9 Abs. 2a BauGB zusätzliche, über § 1 Abs. 3 S. 1 BauGB hinausgehende Anforderungen an einen partiellen Einzelhandelsausschluss zentren- und nahversorgungsrelevanter Sortimente. Diese zusätzlichen Anforderungen bestehen nicht in besonders gewichtigen Gründen, sondern in Gründen, welche die betreffende Feindifferenzierung aus der konkreten Planungssituation heraus zu rechtfertigen vermögen. Abwägerische Elemente enthalten sie nicht. Die Ermächtigungsgrundlage des § 9 Abs. 2a BauGB ermöglicht es dem Plangeber, sich die rechtfertigende Wirkung des Entwicklungskonzepts im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB zunutze zu machen. Ausreichend ist, dass der Plan geeignet ist, einen Beitrag zur Umsetzung dieses Konzepts zu leisten. Sie knüpft nicht darüber hinaus daran an, dass schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche zu besorgen sind.
104Vgl. OVG NRW, Urteile vom 14. Oktober 2013 – 2 A 204/12 –, juris Rn. 79 und vom 15. November 2017 – 7 A 2048/15 –, juris Rn. 57.
105Den so zu verstehenden Vorgaben des § 9 Abs. 2a BauGB wird der Bebauungsplan gerecht. Der Ausschluss des aufgelisteten Einzelhandelssortiments im Plangebiet zielt auf die Verwirklichung des Einzelhandels- und Zentrenkonzepts der Stadt N. von Januar 2007. Die Nr. 4 der Begründung befasst sich ausführlich mit den Erwägungen und Vorgaben des Konzepts.
106Das Einzelhandelskonzept 2007 ist nachvollziehbar und in sich widerspruchsfrei, ist also mit städtebaulicher Steuerungskraft ausgestattet. Ausgehend von einer gründlichen Zusammenstellung und Analyse der Rahmenbedingungen des Einzelhandels in N. werden unterschiedliche Entwicklungsszenarien der Einzelhandelsentwicklung in N. dargelegt. Das darauf aufbauende Einzelhandels- und Zentrenkonzept beschreibt Prämissen und Hauptziele und erstellt die N1. Sortimentsliste zentrenrelevanter beziehungsweise nicht zentrenrelevanter Sortimente. Eine Reihe von Standortbereichen wird anhand eines Kriterienkataloges analysiert und auf ihre Zukunftsperspektiven geprüft. Daran anschließend werden Empfehlungen für die Standortbereiche formuliert und ein gesamtstädtisches Konzept entwickelt.
107Der Bebauungsplan ist auch geeignet, einen Beitrag zur Umsetzung des Konzepts zu leisten. Davon, dass ein Einzelhandelsausschluss zur Realisierung eines Einzelhandel- und Zentrenkonzepts beiträgt, ist grundsätzlich auszugehen, wenn in einem Zentrenkonzept die für die Funktionsfähigkeit der jeweiligen Zentren entscheidenden und mithin zentrenbildenden Sortimente festgelegt und diese Sortimente in einem Bebauungsplan für ein Gebiet außerhalb der Zentren ausgeschlossen werden.
108Vgl. BVerwG, Urteile vom 27. März 2013 – 4 CN 6.11 und 4 C 13.11 –, juris, jeweils Rn. 17 ff.; OVG NRW, Urteil vom 8. April 2019 – 2 A 204/12 –, juris Rn. 104.
109Die textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans erweisen sich als rechtmäßig. Sie sind insbesondere hinreichend bestimmt und mit dem danach ermittelten Inhalt von der Ermächtigungsgrundlage gedeckt.
110Die Festsetzung Ziffer 1 entspricht den durch die Vorschrift des § 9 Abs. 2a S. 1 BauGB eröffneten Festsetzungsmöglichkeiten, indem sie im Sinne der Vorschrift bestimmte Arten der nach § 34 BauGB zulässigen baulichen Nutzungen für nicht zulässig erklärt. § 9 Abs. 2a BauGB eröffnet ohne Weiteres insbesondere (auch) den Ausschluss von Nutzungsarten nach § 1 Abs. 5 BauNVO. Erfasst sind aber auch Unterarten im Sinne des § 1 Abs. 9 BauNVO, soweit der Zweck einer Erhaltung oder Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche verfolgt wird.
111Vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. Juni 2019 – 2 A 670/17 –, juris Rn. 52 ff.
112Auch Sortimentsbeschränkungen des Einzelhandels - wie die Regelung zur Unzulässigkeit bestimmter Einzelhandelssortimente in Festsetzung Ziffer 1 - sind zulässig, wenn diese Differenzierung marktüblichen Gegebenheiten entspricht.
113Vgl. BVerwG, Beschluss vom 4. Oktober 2001 – 4 BN 45.01 –, juris Rn. 22; OVG NRW, Urteil vom 22. November 2010 – 7 D 1/09 –, juris Rn. 120 ff; Battis / Krautzberger / Löhr, BauGB, 13. Aufl. 2016, § 9 Rn. 183.
114Hiervon kann ausgegangen werden, wenn in der Realität jedenfalls Einzelhandelsbetriebe anzutreffen sind, die über die genannten Sortimente hinaus ausschließlich andere, mit dem angegriffenen Bebauungsplan ausgeschlossene Sortimente führen.
115Vgl. OVG NRW, Urteil vom 22. November 2010 – 7 D 1/09.NE –, juris Rn. 124.
116Nach lebensnaher Betrachtung ist das hier der Fall.
117Die Festsetzung Ziffer 2 entspricht den Anforderungen an die Bestimmtheit von Rechtsnormen.
118Bebauungspläne müssen wie andere Rechtsnormen die Rechtslage für die Betroffenen eindeutig erkennbar umschreiben. Dies gilt allgemein sowohl für die Planzeichnung als auch für die textlichen Festsetzungen. Die rechtsstaatlich gebotene Bestimmtheit fehlt allerdings nicht schon dann, wenn die Festsetzung der Auslegung bedarf. Es ist ausreichend, wenn der Inhalt des Bebauungsplans durch Auslegung ermittelt werden kann, wobei die Interpretation nicht durch den formalen Wortlaut beschränkt wird. Ausschlaggebend ist vielmehr der objektive Wille des Plangebers, soweit er wenigstens andeutungsweise im Satzungstext einen Niederschlag gefunden hat.
119Vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Dezember 1995 – 4 N 2.95 –, juris Rn. 14; OVG NRW, Urteile vom 30. Juli 2015 – 2 D 38/14.NE –, juris Rn. 53 und vom 13. September 2012 – 2 D 38/11.NE –, juris Rn. 81.
120Diesen Anforderungen wird die Festsetzung Ziffer 2 gerecht. Zwar knüpft der Wortlaut zunächst an den damaligen Bestand und die bereits erteilte Baugenehmigung vom 9. Juni 2008 an. Die textliche Fassung der Festsetzung Ziffer 2 macht aber deutlich, dass damit ein erweiterter Bestandsschutz zugunsten eines grundsätzlich beliebig ausgestalteten Lebensmittelmarkts mit einer Verkaufsfläche von bis zu 800 m² begründet wird.
121So heißt es dort, zulässig sei „ein Lebensmittelmarkt mit einer Verkaufsfläche von 800 m².“ Diese Formulierung umschreibt gerade nicht die konkret genehmigte Betriebsform als Lebensmitteldiscounter mit einer Fläche von seinerzeit knapp unter 800 m² an einem bestimmten Standort auf dem Vorhabengrundstück. Sie stellt vielmehr klar, dass auf den genannten Flurstücken allgemein – auch in abweichender räumlicher Platzierung und Gestaltung – der Betrieb und Neubau eines Lebensmittelmarktes, gegebenenfalls auch etwa eines Vollsortimenters, mit einer Fläche bis zu 800 m² zugelassen wird.
122Für dieses Ergebnis spricht auch eine teleologische Auslegung unter Rückgriff auf die Begründung. Diese macht an mehreren Stellen deutlich, dass allgemein die Zulässigkeit eines Lebensmittelmarktes mit bis zu 800 m² Fläche „begründet“ – nicht lediglich bestätigt –und nur der Ausschluss einer Erweiterung über 800 m² hinaus festgeschrieben werden sollte. So heißt es ausdrücklich, die „Größenordnung“ werde festgeschrieben. Zudem wird ausgeführt, die bereits vorhandenen Einzelhandels“nutzungen“ (also nicht die konkrete Bausubstanz) sollten abgesichert werden.
123Gegen ein Verständnis als Regelung passiven Bestandsschutzes spricht im Übrigen, dass der Festsetzung in diesem Fall kein wirklicher Regelungscharakter zukäme; ein passiver Bestandsschutz begründet sich für genehmigte Vorhaben bereits unmittelbar aus dem verfassungsmäßig verbürgten Eigentumsrecht. Auch die einmalige Fehlinterpretation der Bestimmung durch einen Mitarbeiter der Beklagten ändert an dieser Auslegung nichts.
124Die Festsetzung Ziffer 2 als Regelung eines erweiterten Bestandsschutzes im beschriebenen Umfang findet ihre Ermächtigungsgrundlage in § 9 Abs. 2a BauGB. Gemäß dem letzten Halbsatz des Satzes 1 dieser Vorschrift können die Festsetzungen für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplanes unterschiedlich getroffen werden; bestimmte Arten der zulässigen baulichen Nutzung können nur ausnahmsweise zugelassen werden. In der Festsetzung Ziffer 2 wird im Unterschied zur allgemeinen Festsetzung für das Plangebiet auf dem Grundstück der Klägerin (konkretisiert durch die einzelnen Flurstücke, die das Grundstück bilden) ein Einzelhandel mit einem Teil der ansonsten untersagten Sortimente – als Ausnahme – gestattet. Die Festsetzung Ziffer 2 bezieht sich, wie in § 9 Abs. 2a Bau GB verlangt, nach ihrem Regelungsumfang und ihrem Wortlaut auf „Teile des Plangebietes“.
125Allerdings kann, wie die Klägerin geltend macht, die Absicherung einer über den passiven Bestandsschutz hinausgehenden Fortentwicklung der vorhandenen Nutzung im Anwendungsbereich des § 9 Abs. 2a BauGB nicht über § 1 Abs. 10 BauNVO erfolgen. Nach dieser Vorschrift kann im Bebauungsplan festgesetzt werden, dass Erweiterungen, Änderungen, Nutzungsänderungen und Erneuerungen unzulässiger Anlagen allgemein zulässig sind oder ausnahmsweise zugelassen werden können. Die Vorschrift greift nur bei Festsetzung eines Baugebiets nach den §§ 2 bis 9 BauNVO ein, die § 9 Abs. 2a BauGB gerade nicht vorsieht.
126Der einzig gangbare Weg zur planungsrechtlichen Absicherung bestehender Nutzungen ist es demgegenüber im Rahmen des § 9 Abs. 2a BauGB, von der Möglichkeit des letzten Halbsatzes von § 9 Abs. 2a S. 1 BauGB Gebrauch zu machen, nämlich für unterschiedliche Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedliche Festsetzungen zu treffen.
127Vgl. OVG NRW, Urteile vom 26. April 2013 – 10 D 39/11.NE –, juris Rn. 51 und vom 27. April 2020 ‑ 10 D 32/19.NE –, juris Rn. 17.
128Gerade von dieser Möglichkeit hat der Plangeber, wie dargelegt, bei der Festsetzung Ziffer 2 aber Gebrauch gemacht. Die Festsetzung Ziffer 2 trifft nicht, wie in § 1 Abs. 10 BauNVO vorgesehen, eine Regelung über die ausnahmsweise oder allgemeine Zulässigkeit von Erweiterungen, Änderungen, Nutzungsänderungen und Erneuerungen von Anlagen. Sie erklärt vielmehr für Teile des Plangebietes bestimmte Nutzungen – im Hinblick auf einzelne bereits erteilte Genehmigungen – abweichend von den allgemeinen Festsetzungen des Bebauungsplans für ausnahmsweise zulässig.
129Die in der Festsetzung Ziffer 2 getroffenen Regelungen beziehen sich im Sinne von § 9 Abs. 2a BauGB auf konkrete Teile des Plangebiets. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist durch die Bezugnahme auf einzelne Flurstücke zweifelsfrei feststellbar, auf welcher Fläche die jeweilige (erweitert) bestandsgeschützte Nutzung ausgeübt werden darf. Auch im Falle einer späteren Änderung der Zuschnitte der Flurstücke wäre dies durch einen Rückgriff auf die zeichnerische Darstellung im Bebauungsplan ohne erhebliche Schwierigkeiten möglich.
130Die Festsetzung Ziffer 2 ist auch nicht, wie die Klägerin geltend macht, als Festsetzung einer baugebietsbezogenen, vorhabenunabhängigen Verkaufsflächenobergrenze zur Steuerung des Einzelhandels unzulässig.
131Vgl. zu entsprechenden Festsetzungen auf der Grundlage von § 11 BauNVO: BVerwG, Urteil vom 3. April 2008 – 4 CN 3.07 –, juris Rn. 14 ff.
132Eine solche vorhaben- bzw. betriebsunabhängige Kontingentierung dürfte allerdings auch von der Ermächtigung des § 9 Abs. 2a BauGB nicht gedeckt sein. Sie öffnet das Tor für sogenannte „Windhundrennen“ potentieller Investoren und Bauantragsteller. Dies widerspricht dem der Baugebietstypologie (§§ 2 bis 9 BauNVO) zugrunde liegenden Regelungsansatz, demzufolge im Geltungsbereich eines Bebauungsplans im Grunde jedes Baugrundstück für jede nach dem Nutzungskatalog der jeweiligen Baugebietsvorschrift zulässige Nutzung soll in Betracht kommen können.
133Vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 17. Mai 2017 – 2 K 51/15 –, juris Rn. 74 m.w.N.
134Eine solche vorhaben- bzw. betriebsunabhängige Verkaufsflächenobergrenze wird in der Festsetzung Ziffer 2 jedoch nicht bestimmt. Vielmehr wird dort gerade in Bezug auf einen konkreten Bestand und eine im betreffenden Teil des Plangebiets bereits ausgeübte Nutzung, d.h. in Bezug auf einen konkreten Betrieb zum Schutz der verfassungsrechtlich geschützten Belange des Grundstückseigentümers, eine Ausnahme vom allgemeinen Verbot zentrenrelevanter Einzelhandelssortimente getroffen.
135Vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 21. September 2016 – 2 K 113/14 –, juris Rn. 4, 7 und 64 ff., das zu einer ähnlichen bestandsschützenden Regelung auf der Grundlage von § 9 Abs. 2a BauGB keine entsprechenden Bedenken erhoben hat.
136Im Übrigen dürfte unabhängig von diesem ausdrücklichen Betriebsbezug der Regelung die Gefahr eines „Windhundrennens“ auf dem Vorhabengrundstück auch deshalb nicht bestehen, weil dort bei lebensnaher Betrachtung nur ein Lebensmittelmarkt betrieben werden kann. Denn selbst gebietsbezogen formulierte, kontingentierende Festsetzungen wie die Begrenzung der Zulässigkeit auf einen einzigen Einzelhandelsbetrieb näher bestimmter Art können trotz des grundsätzlichen Verbots der Beschränkung der Anzahl der in einem bestimmten Plangebiet zulässigen Betriebe dann zulässig sein, wenn sie im Grunde vorhabenbezogen sind, weil nach den Festsetzungen über die Art der baulichen Nutzung im Zusammenspiel mit den weiteren Festsetzungen ein Baurecht nur für ein einheitliches Vorhaben begründet wird, etwa für einen großflächigen Einzelhandelsbetrieb. Erforderlich ist dafür, dass die Festsetzungen des Bebauungsplans bei realistischer Betrachtung nur die Errichtung eines einzigen Einzelhandelsbetriebs des fraglichen Nutzungstyps zulassen.
137Vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Februar 2011 – 4 BN 43.10 –, juris Rn. 7; OVG NRW, Urteile vom 9. Oktober 2017 – 2 D 98/15.NE –, juris Rn. 129 und vom 7. Juli 2011 – 2 D 39/09.NE –, juris Rn. 65 ff.
138Genauso dürfte sich jedoch die Situation auf dem von der Festsetzung Ziffer 2, 1. Spiegelstrich erfassten Vorhabengrundstück darstellen. Angesichts seiner beschränkten Größe und der Notwendigkeit der Anlage einer erheblichen Zahl von Stellplätzen für diesen nicht integrierten Standort sowie von Nebenanlagen wie Lagerräumen und Lieferzonen erscheint dort nur die Errichtung eines einzigen Lebensmittelmarktes realistisch.
139Auch die Festsetzung Ziffer 3 begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Sie ist hinreichend bestimmt und entspricht der Ermächtigungsgrundlage des § 9 Abs. 2a BauGB.
140Insbesondere ist das zusätzliche Ausnahmemerkmal „in räumlicher als auch fachlicher Verbindung“ auslegungsfähig und damit hinreichend bestimmt.
141Dies gilt zum einen für die Forderung der fachlichen Verbindung. In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist bereits geklärt, dass die insoweit vergleichbare Formulierung, Randsortimente müssten „im funktionalen und räumlichen Zusammenhang“ zu einem ansässigen Betrieb stehen, unbedenklich ist. Die Forderung einer solchen „Verbindung“ beziehungsweise eines „Zusammenhangs“ meint, dass die im Wege des Annexhandels angebotenen Waren einen Sachbezug zu der Hauptgewerbetätigkeit auf dem Betriebsgrundstück vorweisen können müssen. Ansonsten wären sie kein bloßes „Anhängsel“ – kein „Annex“ – der Hauptnutzung mehr, das der Hauptnutzung ihre prägende Wirkung belässt.
142Vgl. OVG NRW, Urteil vom 12. Februar 2014 – 2 D 13/14.NE –, juris Rn. 111 f. m.w.N.
143Warum diese für eine entsprechende Regelung in Bezug auf einen produzierenden Gewerbebetrieb oder Handwerksbetrieb erfolgte Auslegung nicht auch für vergleichbare Vorgaben für Randsortimente des Einzelhandels wie in Festsetzung Ziffer 3 zutreffen soll, ist nicht ersichtlich.
144Dies gilt erst recht vor dem Hintergrund, dass schon nach dem herkömmlichen Verständnis des Begriffes Randsortiment erforderlich ist, dass die betreffenden Waren zu einem spezifischen Kernsortiment lediglich hinzutreten und dieses gleichsam ergänzend anreichern, mithin eine gewisse Beziehung und Verwandtschaft mit den Waren des Kernsortiments haben.
145OVG NRW, Urteil vom 27. April 2006 – 7 D 35/05.NE –, juris Rn. 143 sowie Beschluss vom 26. Januar 2000 – 7 B 2023/99 –, juris Rn. 19.
146Für die Forderung nach einer „räumlichen Verbindung“ ergibt sich vor dem Hintergrund dieses Verständnisses des Begriffes „Randsortiment“ nichts anderes. Nach lebensnaher Betrachtung kann hierunter nur verstanden werden, dass für Waren aus Randsortimenten nicht etwa räumlich gesonderte Verkaufsflächen geschaffen werden dürfen, auf denen etwa alle Randsortimentsangebote abgetrennt vom Hauptsortiment gemeinsam präsentiert werden.
147Die Festsetzung Ziffer 3 konnte mit diesem Inhalt auch aufgrund der Ermächtigungsgrundlage des § 9 Abs. 2a BauGB getroffen werden. Durch die Festsetzung Ziffer 3 wird klargestellt, dass der in der Festsetzung Ziffer 1 formulierte Einzelhandelsausschluss nur nahversorgungs- und zentrenrelevante Hauptsortimente erfasst, Randsortimente von der Untersagung jedoch ausnimmt. Eine solche inhaltliche Einschränkung des Einzelhandelsausschlusses begegnet im Rahmen des § 9 Abs. 2a BauGB keinen Bedenken. In der obergerichtlichen Rechtsprechung sind sogar Einzelhandelsausschlüsse, die eine solche Beschränkung auf Hauptsortimente nicht ausdrücklich vorsahen, in diesem Bedeutungssinn ausgelegt worden.
148Vgl. OVG NRW, Urteile vom 29. Oktober 2018 – 10 A 964/16 – juris Rn. 44 ff. und vom 14. Oktober 2013 – 2 D 103/12.NE –, juris Rn. 46 f.
149Allgemein ist untergeordneter Annexhandel eine in der Rechtsprechung ausjudizierte typische Gegenausnahme von Einzelhandelsausschlüssen und als solcher in der sozialen und ökonomischen Realität etabliert.
150Vgl. OVG NRW, Urteil vom 12. Februar 2014 – 2 D 13/14.NE –, juris Rn. 97 f. m.w.N.
151Der Bebauungsplan wird auch den Vorgaben von § 1 Abs. 7 BauGB gerecht. Danach sind bei der Aufstellung der Bauleitpläne die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.
152Das in § 1 Abs. 7 BauGB normierte Gebot, die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen, setzt neben einer sachgerechten Entscheidung voraus, dass in die Abwägung all das an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss. Unbeachtlich sind Belange (nur), wenn sie für die Gemeinde bei der Entscheidung über den Plan nicht erkennbar waren oder wenn sie keinen städtebaulichen Bezug haben, geringwertig oder makelbehaftet oder solche sind, auf deren Fortbestand kein schutzwürdiges Vertrauen besteht.
153Vgl. BVerwG, Urteil vom 9. April 2008 – 4 CN 1.07 - juris Rn. 22; OVG NRW, Urteil vom 14. Oktober 2013 – 2 A 204/12 –, juris Rn. 108.
154Des Weiteren darf die Bedeutung der Belange nicht verkannt und der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen nicht in einer Weise vorgenommen werden, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens ist dem Abwägungserfordernis schon dann genügt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde im Widerstreit verschiedener Belange für die Bevorzugung des einen und damit notwendigerweise für die Zurückstellung des anderen Belangs entscheidet.
155Vgl. OVG NRW, Urteil vom 14. Oktober 2012 – 2 A 204/12 –, juris Rn. 110.
156Verändert eine Gemeinde durch ihre Bauleitplanung die (bauliche) Nutzbarkeit von Grundstücken und schränkt dabei auch die privaten Nutzungsmöglichkeiten ein oder hebt sie auf, muss eine solche Beschränkung als ein wichtiger Belang bei der nach § 1 Abs. 7 BauGB gebotenen Abwägung der öffentlichen und der privaten Belange beachtet werden.
157Vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Mai 2013 – 4 BN 1.13 –, juris Rn. 17.
158Mit Blick auf die Bestandschutzinteressen setzt das Gebot zur Ermittlung und Bewertung des Abwägungsmaterials eine sorgfältige Bestandsaufnahme der im Plangebiet vorhandenen Nutzungen voraus.
159Vgl. OVG NRW, Urteil vom 13. Juli 2020 – 10 D 37/18.NE –, juris Rn. 38 ff. m.w.N.
160Werden vorhandene Nutzungen auf den bloßen passiven Bestandsschutz gesetzt, ist weiterhin regelmäßig zu prüfen, ob ihnen im Interesse einer Erhaltung der Nutzungsmöglichkeiten des privaten Eigentums in gewissem Umfang Möglichkeiten zu ihrer weiteren Entwicklung einzuräumen sind.
161OVG NRW, Urteil vom 19. Mai 2020 – 7 D 77/17.NE –, juris Rn. 52.
162Der Bebauungsplan setzt zwar zugunsten der Klägerin einen erweiterten Bestandsschutz fest, er ermöglicht aber keine beachtliche Erweiterung der Verkaufsfläche des Lebensmittelmarktes. Auch in diesem Fall muss sich der Plangeber mit der Frage auseinandersetzen, ob und in welchem Umfang der Bebauungsplan der herausgehobenen Stellung privaten Eigentums durch einen erweiterten Bestandsschutz Rechnung tragen kann und soll.
163Dass eine Absicherung vorhandener, künftig unzulässiger Nutzungen möglich ist, bedeutet aber nicht, dass dies auch regelmäßig zu erfolgen hat. Eine Gemeinde kann im Grundsatz die vorhandene Nutzung "festschreiben", um die mit Erweiterungen verbundenen Auswirkungen - etwa auf die Funktionsfähigkeit zentraler Versorgungsbereiche - zu verhindern. Ob eine derartige Festsetzung abwägungsfehlerfrei ist und ob dabei der Schutz des Eigentums seiner Bedeutung entsprechend gewichtet ist, beurteilt sich im Einzelfall danach, ob im konkreten Fall gewichtige, der Bestandsgarantie des Eigentums entgegenzuhaltende städtebauliche Gründe vorliegen, die die Zurücksetzung der privaten Belange des auf den passiven (bzw. nur begrenzt erweiterten) Bestandsschutz gesetzten Grundstückseigentümers rechtfertigen.
164Vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. November 2005 – 4 BN 36.05 –, juris Rn. 10; OVG NRW, Urteile vom 19. Mai 2020 – 7 D 77/17.NE –, juris Rn. 56 und vom 13. Juli 2020 – 10 D 37/18.NE –, juris Rn. 42.
165Nach diesen Maßstäben sind die bei der Aufstellung des Bebauungsplans von dem Rat der Beklagten angestellten Erwägungen nicht zu beanstanden. Der vorhandene Bestand an Nutzungen ist sorgfältig festgestellt worden. Die widerstreitenden Belange werden umfassend in den Blick genommen. Die darauf basierende Abwägung begegnet, auch im Hinblick auf eine besondere Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Möglichkeiten der Festsetzung eines Bestandsschutzes für vorhandene Nutzungen, keinen Bedenken. Eine Fehlgewichtung der widerstreitenden Interessen ist nicht erkennbar.
166Der Rat der Beklagten hat bei Beschluss des Bebauungsplans eine hinreichend sorgfältige Bestandsaufnahme der im Plangebiet vorhandenen Nutzungen vorgenommen. Unter Nr. 1. der Begründung, „Lage des Plangebietes / Bestand“, findet sich hierzu eine Aufzählung, die auch den seinerzeit erteilten Vorbescheid für den Lebensmittelmarkt der Klägerin erwähnt. Darüber hinaus nimmt der Bebauungsplan Bezug auf das Einzelhandelskonzept 2007, welches unter Nr. 5.5.3 – Standortbereich 2 – T.-----straße / U.----straße eine detaillierte Analyse der vorhandenen Nutzungen im Standortbereich T.-----straße durchführt und insbesondere die Einzelhandelsnutzungen in den Blick nimmt. Unter Nr. 5.5.4 werden die seinerzeit noch offenen Szenarien für die künftige Nutzung des ehemaligen T2. -Baumarktes erschöpfend erörtert.
167Die widerstreitenden Belange werden in der Begründung umfassend in den Blick genommen. Unter Nr. 4 werden insoweit insbesondere genannt: Erhaltung und Entwicklung der Versorgungsfunktion der gewachsenen zentralen Versorgungsbereiche, die verbrauchernahe Versorgung aller Bewohner, auch der nicht motorisierten Bevölkerungskreise, die Belange insbesondere der mittelständischen Strukturen der Wirtschaft, der Erhalt der vielfältigen Funktionen des Stadtzentrums mit seinen sozialen, kulturellen und administrativen Einrichtungen und als wichtiger öffentlicher Kommunikationsraum für die Bürger sowie auf der anderen Seite die Belange der Eigentümer hinsichtlich der Verwertung ihrer Grundstücke.
168Der in der Planfestsetzung getroffene Ausgleich zwischen den widerstreitenden Interessen erweist sich im Hinblick auf die objektive Gewichtigkeit der erwogenen Belange nicht als unangemessen.
169Der Rat der Beklagten stellt hinsichtlich der Gewichtigkeit der abgewogenen Eigentümerinteressen zutreffend in die Erwägung ein, bei dem Plangebiet handele es sich um ein seit den 60er Jahren genutztes Gewerbegebiet und die vorhandene Nutzungsstruktur sei eindeutig gewerblich geprägt. Der mit der ursprünglichen Planung verfolgte Gebietscharakter müsse gewahrt bleiben. Dem Eigentümer müsse es möglich sein, eine dem Nutzungstyp des Baugebietes entsprechende Nutzung auszuüben. Es sei nicht erforderlich, das vollständige Nutzungsspektrum eines Baugebietes an jeder Stelle des Gemeindegebietes zu ermöglichen. Es verbleibe ein umfangreiches gewerbliches Nutzungsspektrum, das den Eigentümern eine angemessene Verwertung ihrer Grundstücke gewährleiste. Die mit dem Ausschluss verbundenen Nachteile hielten sich daher in engen Grenzen. Der möglichen Beschränkung der Verwertungsinteressen der Eigentümer stünden die nachteiligen Auswirkungen für die Allgemeinheit und die Stadtentwicklung entgegen.
170Diese Begründung lässt deutlich erkennen, dass der Plangeber sich mit der Frage auseinandergesetzt hat, ob zugunsten der bestehenden Nutzungen ein weitergehender Bestandsschutz eingeräumt werden sollte. Speziell zum Lebensmittel-Discountermarkt der Klägerin wird auch die im Plangebungsverfahren angeregte dynamische Festsetzung zugunsten eines dauerhaft kleinflächigen Marktes in den Blick genommen. Es wird bei der Interessenabwägung die Erwägung angestellt, eine Weiterentwicklung sei unter dem Gesichtspunkt der Erhaltung der Funktionsfähigkeit und Weiterentwicklung der zentralen Versorgungsbereiche der Stadt und der Sicherstellung einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung an diesem Standort nicht vertretbar und somit nicht gewollt. Mit der Vergrößerung bestehender beziehungsweise genehmigter Betriebe könne eine Steigerung der Gesamtattraktivität des Standortbereiches verbunden sein, die die Nachteile eines nicht integrierten Standortes noch einmal verstärke. Sie könne damit zur Entwicklung eines – ungeeigneten und nicht gewollten – dezentralen Versorgungsschwerpunktes führen. Diese Erwägungen entsprechen der Lebenserfahrung und sind nachvollziehbar.
171Die nach alledem wirksamen Festsetzungen des Bebauungsplans stehen dem Vorhaben entgegen. Auf dem Vorhabengrundstück ist ein Lebensmittel-Discountermarkt mit einer Verkaufsfläche bis zu 800 m² zulässig, mit dem Vorhaben wird eine Verkaufsfläche von 1.400 m² angestrebt.
172Die Voraussetzungen für eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans gemäß § 31 Abs. 2 BauGB liegen nicht vor.
173Nach dieser Vorschrift kann von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und unter anderem 2. die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder 3. die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde.
174Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, da die Grundzüge der Planung durch die Errichtung eines Discount-Marktes mit einer Fläche von 1.400 m² berührt werden. Wie oben ausgeführt, ist zentraler Planinhalt die Umsetzung des Einzelhandelskonzepts 2007, in dem ausgeführt wird, potentielle Einzelhandelsnutzung sei in dem Standortbereich nicht empfohlen, eine weitere Einzelhandelsnutzung, speziell des zentrenrelevanten Einzelhandels, solle für den gesamten Standortbereich ausgeschlossen werden.
175Soweit die Klägerin geltend macht, das neu gefasste Einzelhandelskonzept 2017 treffe in dieser Hinsicht eine andere Wertung, vermag dies nicht zu überzeugen. Insoweit ist bereits fraglich, ob ein nachträglich verändertes Einzelhandelskonzept überhaupt die Grundzüge der ursprünglichen Planung korrigieren kann. Jedenfalls lässt sich dem Einzelhandelskonzept 2017 in Bezug auf den Einzelhandelsbetrieb auf dem Vorhabengrundstück keine grundsätzlich andere Bewertung der von diesem Standort ausgehenden Gefährdung zentraler Versorgungsbereiche der Beklagten entnehmen. Das Einzelhandelskonzept 2017 erkennt lediglich an, dass dort – entsprechend der bereits vor Erlass des Bebauungsplans eingetretenen Bindung der Beklagten – tatsächlich ein Lebensmittelmarkt besteht, der in gewissem Umfang die Versorgungsfunktion für den jeweiligen Nahbereich übernimmt. Anders als die solitären Nahversorgungslagen D. und C.-----straße , die im unmittelbaren Standortumfeld größere Wohnsiedlungsbereiche aufweisen und somit auch umfassende Versorgungsfunktionen im fußläufigen Einzugsbereich sicherstellen, stuft das Einzelhandelskonzept 2017 den Standort auf dem Vorhabengrundstück jedoch ausdrücklich als vorrangig autokundenorientiert ein (S. 53). Eine Erweiterung von großflächigen Betrieben mit nahversorgungsrelevanten Kernsortimenten in solitären Nahversorgungslagen erachtet es nur nach Einzelfallprüfung ausnahmsweise für zulässig, wenn der Standort insbesondere ein dichtes Wohnumfeld aufweist und ein vorhabenbezogenes Gutachten die Verträglichkeit für die zentralen Versorgungsbereiche sowie den Gebietsversorgungscharakter nachweist. Dementsprechend zieht es im Hinblick auf die bestehende Standortstruktur im N1. Stadtgebiet für eine solche Weiterentwicklung bestehender Versorgungsanlagen vor allem die genannten Standorte D. und C.-----straße in Betracht, da diese über entsprechende fußläufige Einzugsgebiete im unmittelbaren Nahbereich verfügen (S. 75 f.). Aus der zuvor dargestellten Klassifizierung des Standorts auf dem Vorhabengrundstück als vorrangig autokundenorientiert ergibt sich im Rückschluss ohne Weiteres, dass dort eine entsprechende Weiterentwicklung (weiterhin) gerade nicht gewollt ist. Insoweit greift daher der allgemeine Grundsatz des Einzelhandelskonzeptes 2017, dass insbesondere zum Schutz der N1. Innenstadt als Hauptzentrum der Entwicklung des Einzelhandels mit zentrenrelevanten Kernsortimenten an nicht integrierten Standortagglomerationen entgegenzuwirken ist (S. 72).
176Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs 1 VwGO.
177Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit § 709 S. 1 und 2 ZPO.
178Rechtsmittelbelehrung:
179Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
180Der Antrag kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingereicht werden.
181Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist.
182Die Berufung ist nur zuzulassen,
1831. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
1842. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
1853. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
1864. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein‑Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
1875. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
188Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen.
189Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen.
190Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen.
191Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
192Beschluss:
193Der Streitwert wird auf 157.500,00 Euro festgesetzt.
194Gründe:
195Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 1 GKG erfolgt und orientiert sich an den Ziffern 3.) b) und 5.) des Streitwertkataloges der Bausenate des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 22. Januar 2019. Dabei hat das Gericht den Wert für die Neuerrichtung eines Lebensmittel-Discounters mit einer Verkaufsfläche von 1.400 m² zugrunde gelegt (1.400 x 150 = 210.000 Euro) und hiervon für den begehrten bauplanungsrechtlichen Vorbescheid 75 % in Ansatz gebracht.
196Rechtsmittelbelehrung:
197Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird.
198Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
199Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
200Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt.
201Die Beschwerdeschrift soll möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
202War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
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