Urteil vom Verwaltungsgericht Freiburg - 3 K 1079/10

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen als Gesamtschuldner.

Tatbestand

 
Die Beigeladene betreibt in ... die ...-...-...-... (...-...), die im vorliegend streitigen Pflegesatzzeitraum vom 01.01.2009 bis zum 31.12.2009 mit 70 Betten auf dem Fachgebiet Frauenheilkunde und Geburtshilfe und mit 30 Betten auf dem Fachgebiet Kinderheilkunde in den Krankenhausplan des Landes ...-... aufgenommen und dort als perinatologischer Schwerpunkt ausgewiesen war (9 neonatologische Intensivbetten).
Nach der gem. §§ 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 13, 137 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V erlassenen Vereinbarung des Gemeinsamen Bundesausschusses über Maßnahmen zur Qualitätssicherung der Versorgung von Früh- und Neugeborenen (G-BA-Richtlinie) vom 20.09.2005 (BA 2005, Nr. 205, S. 15684), die am 01.01.2006 in Kraft getreten ist, soll die neonatologische Versorgung auf 4 Stufen erfolgen (Perinatalzentrum Level 1, Perinatalzentrum Level 2, perinataler Schwerpunkt und Geburtsklinik). Die Perinatalzentren Level 1 sind dabei für die Versorgung von Früh- und Neugeborenen mit höchstem Risiko zuständig (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 G-BA-Richtlinie). Nach den Aufnahmekriterien für Perinatalzentren Level 1 sind dies u.a. Frühgeborene mit einem geschätzten Geburtsgewicht von unter 1250 g (Anlage 1 zur G-BA-Richtlinie, Aufnahmekriterien für Perinatalzentren Level 1, B 1).
Die von einem Perinatalzentrum Level 1 zu erfüllenden Merkmale der Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität sind ebenfalls in der Anlage 1 unter Abschnitt 1 geregelt. Unter A 9 war ursprünglich bestimmt, dass Dienstleistungen bzw. Konsiliardienste u.a. auf dem Gebiet der Kinderchirurgie zur Verfügung stehen sollen.
Mit Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Änderung der Vereinbarung über Maßnahmen zur Qualitätssicherung der Versorgung von Früh- und Neugeborenen vom 18.12.2008, in Kraft getreten am 01.04.2009 (BA Nr. 65, S. 1574), wurden die Anforderungen an ein Perinatalzentrum Level 1 geändert. In der Anlage 1, Abschnitt 1 A 10 wird nunmehr verlangt, dass Dienstleistungen und Konsiliardienste u.a. auf dem Gebiet der Kinderchirurgie - gegebenenfalls auch auf der Grundlage von Kooperationsverträgen mit anderen Einrichtungen - kurzfristig zur Verfügung stehen müssen.
Die Beigeladene führte mit den Klägern am 28.07.2009 erfolglos Budgetverhandlungen für den Pflegesatzzeitraum 2009. Im Verfahren vor der daraufhin von der Beigeladenen angerufenen Schiedsstelle zur Festsetzung der Krankenhauspflegesätze für ...-... - Schiedsstelle - einigten sich Kläger und Beigeladene über die meisten der noch offenen Punkte (sonstige Entgelte nach § 6 KHEntgG, Erlössumme nach § 6 Abs. 3 KHEntgG sowie die Zu- und Abschläge und die Ausgleiche). Streitig blieb jedoch die Summe der Bewertungsrelationen und das Erlösbudget nach § 4 KHEntgG. Denn Kläger und Beigeladene konnten keine Einigung darüber erzielen, ob die Beigeladene auch die DRG (diagnosegestützte Fallpauschale) P 62 D und die DRG P 63 Z abrechnen kann und dementsprechend dafür Bewertungsrelationen in Ansatz zu bringen sind, die ihrerseits das Erlösbudget erhöhen. Die genannten DRGs beziehen sich auf die Behandlung von Neugeborenen mit einem Aufnahmegewicht von 750 bis 999 g bzw. von 1000 bis 1249 g, die Perinatalzentren Level 1 vorbehalten ist. Zwischen den Beteiligten blieb streitig, ob in der ...-Klinik ein kinderchirurgischer Konsiliardienst kurzfristig zur Verfügung steht und dieses Krankenhaus, das bereits seit 2006 als Perinatalzentrum Level 1 arbeitet, die Voraussetzungen dafür (weiterhin) erfüllt.
Mit Beschluss vom 16.12.2009 (Az.: 10/09) entschied die Schiedsstelle - soweit hier relevant -, dass die Beigeladene Anspruch auf die Vergütung von Leistungen (P 62 D und P 63 Z) gemäß der G-BA-Richtlinie (i.d.F. nach dem Änderungsbeschl. v. 18.12.2008) für ein Perinatalzentrum Level 1 hat. Der gegenteilige Antrag der Kläger wurde abgewiesen. Zur Begründung führte die Schiedsstelle aus, im Laufe der Verhandlungen hätten die Kläger und die Beigeladene weitgehend Einigkeit erzielt, dass die ...-Klinik die in der Anlage 1 zur G-BA-Richtlinie normierten geburtshilflichen Voraussetzungen für ein Perinatalzentrum Level 1 vollständig und hinsichtlich des kinderklinischen Teils (Neonatologie) weitgehend erfülle. Aber auch die Voraussetzung gemäß Anlage 1, Abschnitt 1, A 10 seien gegeben. Dienstleistungen und Konsiliardienste auf dem Gebiet der Kinderchirurgie stünden in der ...-Klinik auf der Grundlage von Kooperationsverträgen mit anderen Einrichtungen kurzfristig zur Verfügung. Entgegen der Auffassung der Kläger bedeute „kurzfristig“ nicht, dass der Kinderchirurg innerhalb von 30 Min. anwesend sein müsse. Schon der Kontext der G-BA-Richtlinie spreche gegen eine solche punktgenaue Konkretisierung im Sinne einer strikten Zeitangabe. So werde etwa innerhalb des Textes A 10 neben dem unbestimmten Rechtsbegriff „kurzfristig“ im nachfolgenden Halbsatz die präzise Fristbestimmung „wöchentlich auf Anforderung“ verwendet. An anderer Stelle finde sich die Vorgabe „innerhalb von 10 Min. im Kreißsaal und der Neugeborenenstation“. Auch die zur G-BA-Richtlinie gehörende „Checkliste zur Abfragung der Qualitätsanforderungen für die neonatologischen Versorgungsstufen von Früh- und Neugeborenen konkretisiere den Begriff „kurzfristig“ nicht im Sinne einer bestimmten Zeitspanne. Der Operationen- und Prozedurenschlüssel (OPS) 2009 8-98c enthalte zwar für die Basisprozedur „intensivmedizinische Komplexbehandlung im Kindesalter“ die Vorgabe „eigene Abteilung oder fester Kooperationspartner mit kurzfristiger, maximal 30 minütiger Einsatzbereitschaft“. Der OPS 2009 8-98c sei jedoch nicht auf die G-BA-Richtlinie bezogen und habe vor allem nicht die Qualität einer öffentlich-rechtlichen Norm, sondern sei ein von einem Institut (Deutsches Institut für medizinische Dokumentation und Information - DIMDI -, einer nichtrechtsfähigen Bundesanstalt im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit) herausgegebener Katalog mit konkretisierenden Vorgaben. Zudem sei der OPS 2009 8-98c auch nicht auf Früh- und Neugeborene anwendbar, sondern auf Kinder, die älter als 28 Tage und schwerer als 2500 g seien. Bei solchen Kindern kämen schwerpunktmäßig völlig andere kinderchirurgische Eingriffe in Betracht als bei den jüngeren und leichteren in einem Perinatalzentrum Level 1, daher sei auch der Erst-recht-Schluss der Kläger nicht gerechtfertigt. - Da kinderchirurgische Konsiliardienste auch auf der Grundlage von Kooperationsverträgen mit anderen Einrichtungen zur Verfügung stehen könnten, sei auch eine Auslegung des Merkmals „kurzfristig“ im Sinne von „sofort“ oder „jederzeit zur Verfügung“ nicht möglich. Unter A 10 seien auch sehr unterschiedliche Gebiete (Kinderchirurgie, allgemeine Kinderheilkunde, Kinderkardiologie, Neuropädiatrie, EEG, Mikrobiologie, Labor, bildgebende Diagnostik) aufgezählt und unterschiedliche Versorgungsformen (ggf. Kooperationsverträge) vorgesehen. Daher sei bei der Auslegung des Begriffes „kurzfristig“ im Hinblick auf die jeweiligen medizinischen Notwendigkeiten zu differenzieren. In Basisbereichen wie der Echokardiographie müsse die Dienstleistung bzw. der Konsiliardienst jederzeit und sofort zur Verfügung stehen. In der Kinderchirurgie sei dagegen ein großzügigerer Maßstab anzulegen. In Perinatalzentren stehe ein Neonatologe mit umfassender diagnostischer Kompetenz, die auch die Behandlung kompliziertester neonatologischer Krankheitsbilder umfasse, stets zur Verfügung. Komme er zu dem Ergebnis, dass ein chirurgisches Eingreifen indiziert sein könne, so könne er vorsorglich die dafür notwendigen Maßnahmen einleiten bzw. veranlassen (bildgebende Diagnostik, Kreislaufstabilisierung, maschinelle Beatmung, Herstellung der Operationsbereitschaft im Operationssaal mit Anästhesist und Operationsschwestern) und zugleich den Kinderchirurgen rufen. Da zur Herstellung der Operationsbereitschaft in aller Regel ca. 1 Stunde erforderlich sei, reiche es aus, wenn auch der Kinderchirurg in dieser Zeit eintreffe. Ihm genügten dann wenige Minuten, um die Diagnose und OP-Indikation des Neonatologen zu überprüfen und (im Regelfall) zu bestätigen oder (seltener) zu modifizieren. Die von der Schiedsstelle gehörten Auskunftspersonen (Dr. ..., Ltd. Arzt der Kinder- und Jugendklinik der Beigeladenen in ...; Prof.Dr. ..., bis 2005 Universitätsklinikum ... und Dr. ..., MDK ...-...) hätten keine bestimmten Krankheitsbilder benannt, bei denen es darauf ankomme, dass der Kinderchirurg vor Ablauf einer Stunde anwesend ist. Der bloße Gedanke, die zeitlichen Abläufe für Eventualfälle zu optimieren, könne die Forderung nach der kurzen Frist von 30 Min. nicht rechtfertigen. - Die von der Beigeladenen geschlossenen Kooperationsverträge (mit dem ... ... ... ... v. 01.05.2008 und v. 15.05.2009, mit dem Universitätsklinikum ... v. 25.05.2009/05.06.2009 und mit der Universitätsklinik ... v. 17.07.2007/ 20.07.2007 bzw. 24.04.2009/ 27.04.2009) erfüllten auch die Anforderungen aus der G-BA-Richtlinie als einer Maßnahme zur Qualitätssicherung. Sie böten in größtmöglichem Maße die Gewähr dafür, dass der Kinderchirurg sowohl in Fällen bloßer diagnostischer Mitberatung als auch bei indizierter Operation stets binnen der gebotenen Zeit von ca. 1 Stunde an Ort und Stelle sei. Zwar seien die Kooperationskliniken relativ weit entfernt, aber doch so nah, dass der Kinderchirurg auch nachts, wenn eine Benutzung des Hubschraubers nicht möglich sei (Nachtflugverbot), binnen 1 Stunde nach ... kommen könne. Der Kinderchirurg werde in allen Kooperationsverträgen nicht nur zur Mitwirkung an Operationen, sondern auch zur diagnostischen Mitberatung in der ...-Klinik verpflichtet, und zwar in zwei der drei Verträge an 365 Tagen im Jahr rund um die Uhr. Nur ein Notfall in der Kooperationsklinik werde als Hinderungsgrund anerkannt. Weil jeder Einsatz über die Jahrespauschale hinaus zusätzlich vergütet werde, sei auch nicht zu erwarten, dass die Kooperationspartner nach „Ausreden“ suchten, um nicht kommen zu müssen. Andererseits sei die vereinbarte zusätzliche Vergütung auch nicht so hoch, als dass sie von der Hinzuziehung des Kinderchirurgen abschrecken könne. Da insgesamt drei Kooperationsverträge bestünden, sei die Verfügbarkeit eines Kinderchirurgen auch im Falle der Verhinderung eines Kooperationspartners gewährleistet. Sollte sich erweisen, dass die abgeschlossenen Verträge die kurzfristige Verfügbarkeit eines Kinderchirurgen nicht gewährleisteten, so könnten die Kläger Nachbesserungen fordern oder bei den nächsten Pflegesatzverhandlungen die Anerkennung als Perinatalzentrum Level 1 versagen.
Mit Bescheid vom 21.05.2010 gab das Regierungspräsidium ... dem Antrag der Beigeladenen auf Genehmigung der Schiedsstellenentscheidung vom 16.12.2010 (Az.: 10/09) mit Nebenbestimmungen, die der Dokumentation und dem Nachweis der kurzfristigen Verfügbarkeit eines Kinderchirurgen dienen, statt. Den Antrag der Kläger auf Teilversagung der Genehmigung wies das Regierungspräsidium ... zurück.
Am 22.06.2010 haben die Kläger verwaltungsgerichtliche Klage erhoben. Zur Begründung machen sie geltend, der Beschluss der Schiedsstelle vom 16.12.2009 (Az.: 10/09) sei materiell rechtswidrig und hätte daher nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KHG vom Regierungspräsidium ... nicht genehmigt werden dürfen. Gemäß §§ 11 Abs. 1 Satz 1, 8 Abs. 1 Satz 3 KHEntgG habe die Schiedsstelle bei ihrer Entscheidung den Versorgungsauftrag des Krankenhauses zu beachten. Die hier streitigen Fallpauschalen P 62 D und P 63 Z gehörten aber gerade nicht zum Versorgungsauftrag der ...-Klinik, denn sie erfülle nicht die in der G-BA-Richtlinie einheitlich für alle Patienten festgelegten Mindestanforderungen an die Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität eines Perinatalzentrums Level 1. Die Entscheidung darüber stehe weder im Ermessen der Schiedsstelle noch der Vertragsparteien. Gemäß § 5 Abs. 1 und 2 G-BA-Richtlinie habe das Krankenhaus zwar nachzuweisen, dass es die entsprechenden Anforderungen erfülle. Nach § 5 Abs. 3 G-BA-Richtlinie sei aber die Beurteilung, ob die Kriterien eingehalten seien, dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) vorbehalten. Die Schiedsstelle besitze keine eigene Kompetenz zur Auslegung der Kriterien der G-BA-Richtlinie. Der MDK habe aber festgestellt, dass der kinderchirurgische Konsiliardienst nicht kurzfristig erreichbar sei. - Bei der Auslegung dieses Merkmals sei auch zu beachten, dass die G-BA-Richtlinie der Qualitätssicherung diene. „Kurzfristig“ enthalte zunächst keine präzise (Zeit-)Vorgabe, sondern besage, dass die Frist eben kurz sein solle, und zwar je nach Zustand des Patienten individuell unterschiedlich. Unter Qualitätssicherungsaspekten werde die individuelle Bedarfsvielfalt einer einheitlichen Regelung in dem Sinne unterzogen, dass in den Zentren der höchsten Versorgungsstufe der Neonatologie eine Einsatzzeit von 30 Min. nicht überschritten werden dürfe. In einem Perinatalzentrum Level 1 müsse daher der „kurzfristig“ verfügbare Konsiliarius innerhalb von 30 Min. am Krankenbett sein, selbst wenn bei vielen Patienten eine so schnelle Intervention gar nicht erforderlich sei. Entgegen der Auffassung der Beigeladenen und der Schiedsstelle könne der G-BA-Richtline auch nicht entnommen werden, dass der Kinderchirurg erst hinzugezogen werden müsse, wenn der Neonatologe bereits die Indikation zur Operation getroffen habe. Der Kinderchirurg müsse vielmehr bereits bei der Feststellung der Indikation mitwirken. - Nach OPS 2009 8-98c werde für die Basisprozedur „intensivmedizinische Komplexbehandlung im Kindesalter“ eine eigene kinderchirurgische Abteilung oder ein fester Kooperationspartner mit kurzfristiger, maximal 30 minütiger Einsatzbereitschaft gefordert, und zwar für Kinder, die älter als 28 Tage und schwerer als 2500 g seien. Das müsse erst recht für die Neonatologie gelten. Denn bei jeglicher Intensivtherapie schwerkranker Früh- und Neugeborener bestehe eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass die Konsiliardienste wegen kinderchirurgisch mit zu beurteilender Komplikationen benötigt würden. Gerade bei sehr kleinen Frühgeborenen seien Komplikationen nach geplanten Eingriffen (elektive Operationen auf dem Gebiet der Kinderchirurgie bzw. Kinderkardiologie) häufig. Zu deren Verlaufsbeurteilung und Behandlung werde dann der kinderchirurgische Konsiliardienst mit der kurzen Einsatzzeit von 30 Min. benötigt. Die Situation sei mit der des schwerkranken, beatmeten und intensivtherapiepflichtigen Frühgeborenen vergleichbar. Die Auslegung des Merkmals „kurzfristig“ durch die Schiedsstelle im Sinne von „einer Stunde“ sei unter Qualitätssicherungsaspekten nicht vertretbar. Die besonders vulnerablen Patienten eines Perinatalzentrums Level 1 dürften weder auf das Notfalllabor, das Notfallröntgen oder den mikrobiologischen Schnelldienst, noch auf das kinderkardiologische, kinderchirurgische oder kinderneurologische Konsil am Krankenbett eine Stunde warten müssen, wenn der Bedarf akut bestehe. Unabhängig vom jeweiligen Bedarf im Einzelfall diene die Qualitätssicherung der Standardisierung der Anforderungen an eine konkrete Versorgungseinrichtung. Daraus, dass in der G-BA-Richt-linie mehrere Dienstleistungen und Konsiliardienste genannt würden, die kurzfristig zur Verfügung stehen müssten, folge, dass eine Strukturqualität angestrebt werde, die es ermögliche, die Patientenbeurteilung und Entscheidung über das weitere Vorgehen interdisziplinär zu treffen. Der Neonatologe solle nicht allein dem Kinderchirurgen den Weg vorgeben. Die Konsiliardienstleistung durch den Kinderchirurgen werde für eben diesen interdisziplinären Ansatz benötigt. Denn die Diagnose des Neonatologen könnte ansonsten auch von einem geschickten Allgemein- oder Viszeralchirurgen umgesetzt werden. Gerade in einer Einrichtung der höchsten Versorgungsstufe müsse aber bei schwerkranken, beatmeten und intensivtherapiepflichtigen Frühgeborenen die Indikation zur Operation von einem Kinderchirurgen gestellt werden. Die Schiedsstelle habe aber auch die von ihr selbst aufgestellten Anforderungen nicht beachtet. Die Kooperationsverträge mit den Universitätskliniken ... und ... sowie mit der Klinik in ... gewährleisteten gerade nicht, dass der Kinderchirurg stets innerhalb von 1 Stunde am Krankenbett sei. Nach den Angaben in den gängigen Routenplanern betrage die Fahrtzeit unter Zugrundelegung der genauen Adressen jeweils deutlich über 1 Stunde (niedrigster Wert: 1 Std. 19 Min.).
Die Kläger beantragen,
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den Bescheid des Regierungspräsidiums ... vom 21.05.2010 auf Genehmigung des Schiedsstellenbeschlusses vom 16.12.2009 aufzuheben, soweit darin entschieden wurde, dass die Beigeladene Anspruch auf die Vergütung von Leistungen (P 62 D und P 63 Z) gemäß der Vereinbarung des Gemeinsamen Bundesausschusses über Maßnahmen zur Qualitätssicherung der Versorgung von Früh- und Neugeborenen für ein Perinatalzentrum Level 1 hat.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beigeladene beantragt ebenfalls,
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die Klage abzuweisen.
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Der Beklagte und die Beigeladene machen geltend: Gemäß § 18 Abs. 5 KHG würden die von der Schiedsstelle festgesetzten Pflegesätze von der zuständigen Landesbehörde genehmigt, wenn sie den Vorschriften des Krankenhausfinanzierungsgesetzes und sonstigem Recht entsprächen. Der streitige Bescheid des Regierungspräsidiums ... vom 21.05.2010 sei danach nicht zu beanstanden, denn die Schiedsstelle habe in ihrem Beschluss vom 16.12.2009 zutreffend entschieden, dass die Klinik der Beigeladenen die Voraussetzungen für die Versorgungsstufe „Perinatalzentrum Level 1“ nach der G-BA-Richtlinie erfülle. Bereits das Regierungspräsidium ... sei als Genehmigungsbehörde bei der Überprüfung der Schiedsstellenentscheidung auf eine „reine Rechtskontrolle“ im Rahmen gebundener Verwaltungstätigkeit beschränkt gewesen. Dementsprechend heiße es etwa in § 14 Abs. 2 Satz 1 KHEntgG, die Vertragspartner und die Schiedsstelle hätten der zuständigen Landesbehörde die Unterlagen vorzulegen, die für die Prüfung der Rechtmäßigkeit erforderlich seien. Eine weitergehende Überprüfung der Schiedsstellen-entscheidung finde nicht statt, denn der Schiedsspruch ziele seiner Rechtsnatur nach auf einen Interessenausgleich zwischen den Parteien der Pflegesatzverhandlungen durch ein sachnahes und unabhängiges Gremium ab. Mit der paritätischen Zusammensetzung, dem Mehrheitsprinzip und der fachlichen Weisungsfreiheit der Schiedsstelle (vgl. § 18a KHG) wolle der Gesetzgeber die Freiheit der Schiedsstelle zur vermittelnden Zusammenführung unterschiedlicher Interessen und zu einer Entscheidungsfindung nutzen, die nicht immer die einzig sachlich Vertretbare sei und häufig Kompromisscharakter habe. Angesichts dieses Entscheidungsspielraums der Schiedsstelle habe das Gericht im Rahmen einer Klage gegen die Genehmigungsentscheidung ausschließlich zu prüfen, ob der Sachverhalt im Verfahren vor der Schiedsstelle fair und unter Wahrung rechtlichen Gehörs ermittelt, ob der bestehende Beurteilungsspielraum eingehalten und zwingendes Gesetzesrecht beachtet worden sei. - Zwar dürften Entgelte nur innerhalb des Versorgungsauftrags des Krankenhauses berechnet werden (§ 8 Abs. 1 Satz 3 KHEntgG). Da die Beigeladene mit der Fachrichtung Gynäkologie und Geburtshilfe in den Krankenhausplan des Landes ...-... aufgenommen und dort als perinataler Schwerpunkt ausgewiesen worden sei, umfasse der Versorgungsauftrag alle Leistungen, die der Fachrichtung Gynäkologie und Geburtshilfe sowie der perinatalen Medizin zuzuordnen seien. Zu den von der Schiedsstelle nach § 13 Abs. 1 Satz 2 KHEntgG zu beachtenden Normen gehöre aber auch die gem. §§ 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 13, 137 Abs. 1 SGB V erlassene G-BA-Richtlinie. Danach seien die DRG P 62 D und P 63 Z von der Schiedsstelle festzusetzen gewesen. - „Kurzfristig“ bedeute nicht „sofort und jederzeit“, denn der kinderchirurgische Konsiliardienst könne auch auf der Grundlage von Kooperationsverträgen mit anderen Einrichtungen erbracht werden. Da vergehe zwangsläufig eine gewisse Zeitspanne, bis der Kinderchirurg verfügbar sei. Ziel der Auslegung sei es zu ermitteln, wie lange diese Zeitspanne bei akut gegebenem Bedarf sein dürfe. Eine Bindung an die Entscheidung des MDK bestehe insoweit nicht. Dieser sei nach § 5 Abs. 3 G-BA-Richtlinie nur zur Überprüfung der tatsächlichen Verhältnisse berechtigt. Für eine fixe Konkretisierung der Zeitspanne „kurzfristig“ auf 30 Minuten seien der G-BA-Richtlinie keine Anhaltspunkte zu entnehmen. Wenn diese eine genau definierte Zeitspanne fordere, so werde das explizit gesagt („innerhalb von 10 Minuten im Kreißsaal und der Neugeborenenstation“). Auch der OPS 2009 8-98c könne schon wegen des unterschiedlichen Anwendungsbereichs (Früh- und Neugeborene einerseits, Kinder, die älter als 28 Tage und schwerer als 2500 g sind, andererseits) nicht zur Konkretisierung des Begriffes „kurzfristig“ im Sinne einer Zeitspanne von 30 Min. herangezogen werden. Auch sonst wichen die Anforderungen zwischen dem OPS 2009 8-98c und der G-BA-Richtlinie voneinander ab. Letztgenannte verlange etwa Konsiliarleistungen auf den Gebieten der Ophtalmologie, der genetischen Beratung und der entwicklungsdiagnostischen Nachuntersuchung. Nach dem OPS 2009 8-98c müsse spezielle Kinderradiologie verfügbar sein, die G-BA-Richtlinie begnüge sich dagegen mit der normalen Radiologie. Fehl gehe auch das Argument der Kläger, der Kinderchirurg müsse innerhalb von 1 Stunde anwesend sein, um mit dem Neonatologen interdisziplinär vorgehen zu können. Denn unabhängig von der für das Eintreffen des Kinderchirurgen geforderten Zeitspanne müsse die Indikation zu seiner Hinzuziehung zunächst vom Neonatologen gestellt werden und der Kinderchirurg könne dann dessen Diagnose lediglich überprüfen. Letztlich beschränke sich die Argumentation der Kläger darauf, dass es im Sinne einer in jedem Einzelfall optimalen Patientenversorgung angebracht sei, jederzeit einen Kinderchirurgen zur Verfügung zu haben. Weil dies der Richtliniengeber aber nicht verlange, müsse der Kinderchirurg eben binnen einer halben Stunde einsatzbereit sein. Woraus sich diese Zeitspanne ergebe, bleibe aber völlig im Dunkeln, denn die vor der Schiedsstelle angehörten Ärzte hätten keine Krankheit benennen können, bei der die Anwesenheit des Kinderchirurgen vor Ablauf von einer Stunde entscheidend sein könne. Denn nach der Stellung der Indikation zur Operation durch den Neonatologen werde es regelmäßig mindestens 1 Stunde dauern, bis der Patient operationsbereit sei. - Der Kinderchirurg könne von den Kooperationskliniken in ..., ... und ... aus auch sehr wohl innerhalb von einer Stunde in der ...-Klinik sein. Dies sei unproblematisch, wenn er den Weg per Helikopter zurücklege. Aber auch auf der Straße sei das regelmäßig möglich. Die Angaben aus den Routenplanern berücksichtigten nicht, dass die Anfahrt in der Nacht (Nachtflugverbot für den Helikopter) bei geringem Verkehrsaufkommen und unter Einsatz des Sondersignals (§ 38 Abs. 1 StVO) und unter Inanspruchnahme von Sonderrechten (§ 35 Abs. 5a StVO) erfolge. Weil insgesamt drei Kooperationsverträge abgeschlossen worden seien, könnten auch besondere Verhältnisse im Straßenverkehr (Staus) berücksichtigt werden.
16 
Dem Gericht liegen die Akten des Regierungspräsidiums ... (ein Heft) und der Schiedsstelle (ein Leitzordner) vor. Darauf sowie auf die Gerichtsakte wird ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
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Die Klage ist als Anfechtungsklage gegen den Bescheid des Regierungspräsidiums ... vom 21.05.2010 ohne vorherige Durchführung des Widerspruchsverfahrens nach §§ 68 ff. VwGO im Verwaltungsrechtsweg zulässig, wie sich aus § 18 Abs. 5 KHG ergibt.
18 
Denn nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KHG werden die von der Schiedsstelle festgesetzten Pflegesätze (vgl. zum Begriff § 2 Nr. 4 KHG) von der zuständigen Landesbehörde genehmigt, wenn sie den Vorschriften des Krankenhausfinanzierungsgesetzes und sonstigem Recht entsprechen. Gegen die Genehmigung, d.h. den Genehmigungsbescheid vom 21.05.2010, ist dann nach § 18 Abs. 5 Satz 2 KHG der Verwaltungsrechtsweg gegeben. Nach Satz 3 der genannten Bestimmung findet ein Vorverfahren nicht statt. Diese Konstellation ist vorliegend gegeben.
19 
Mit streitigem Bescheid vom 21.05.2010 hat das Regierungspräsidium ... auf Antrag der Beigeladenen den Beschluss der Schiedsstelle vom 16.12.2009 gemäß §§ 18 Abs. 5 KHG, 14 Abs. 1 Satz 2 KHEntgG genehmigt. Die Entscheidung der Schiedsstelle, die paritätisch mit einem neutralen Vorsitzenden und Vertretern der Krankenhäuser und Krankenkassen in gleicher Zahl besetzt ist (§ 18a KHG), war auf Antrag der Beigeladenen zu treffen (§ 13 Abs. 1 KHEntgG), weil die in § 11 Abs. 1 KHEntgG vorgesehene Vereinbarung über das Erlösbudget und die Summe der Bewertungsrelationen zwischen den Klägern und der Beigeladenen als den Vertragsparteien nach § 18 Abs. 2 KHG teilweise nicht zustande gekommen ist. Sie konnten keine Einigung darüber erzielen, ob die Beigeladene Anspruch auf die Vergütung von Leistungen (P 62 D und P 63 Z) gemäß der G-BA Richtlinie hat und dementsprechend die Vergütung dafür im Erlösbudget (vgl. zum Begriff § 4 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG) und die Bewertungsrelationen dafür bei deren Summe zu berücksichtigen sind.
20 
Klagegegenstand ist der Genehmigungsbescheid des Regierungspräsidiums ... vom 21.05.2010. Richtige Klageart ist die Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 erste Alt. VwGO. Die Entscheidung der Schiedsstelle selbst hat keine Außenwirkung i.S. des § 35 VwVfG, diese kommt erst dem Genehmigungsbescheid zu, weshalb nur dieser, nicht aber die Entscheidung der Schiedsstelle als Verwaltungsakt zu qualifizieren ist (vgl. Quaas/Zuck, Medizinrecht, 2. Aufl. 2008, RN 299 zu § 25 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung).
21 
Die Klage ist nicht begründet. Der Bescheid des Regierungspräsidiums ... vom 21.05.2010 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
22 
Zu Recht hat das Regierungspräsidium ... mit Bescheid vom 21.05.2010 den Beschluss der Schiedsstelle vom 16.12.2009 gem. §§ 18 Abs. 5 Satz 1 KHG, 14 Abs. 1 Satz 2 KHEntgG genehmigt. Denn die Schiedsstelle hat zutreffend entschieden, dass die Beigeladene Anspruch auf Vergütung von Leistungen (P 62 D und P 63 Z) gemäß der G-BA-Richtlinie für ein Perinatalzentrum Level 1 hat. Der Beschluss der Schiedsstelle vom 16.12.2009 verstößt weder gegen die Vorschriften des Krankenhausfinanzierungsgesetzes oder des Krankenhausentgeltgesetzes noch gegen sonstiges Recht.
23 
Die Verwaltungsgerichte sind - wie zuvor das Regierungspräsidium ... als Genehmigungsbehörde - auf eine reine Rechtskontrolle beschränkt. Die den Vertragsparteien nach § 18 Abs. 2 KHG bei den Pflegesatzverhandlungen im Rahmen des § 11 KHEntgG zustehenden Gestaltungsmöglichkeiten, die grundsätzlich auch der Schiedsstelle im Rahmen des Schiedsspruchs zustehen, sind nicht Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung (vgl. BVerwG, Urt. v. 08.09.2005 - 3 C 41.04 -, BVerwGE 124, 209 und VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.09.2006 - 9 S 1383/04 -, juris).
24 
Die Rüge der Kläger, die Schiedsstelle habe in ihrem Beschluss vom 16.12.2009 nicht beachtet, dass die Leistungen eines Perinatalzentrums Level 1 und damit die hier streitigen DRG’s P 62 D und P 63 Z nicht zum Versorgungsauftrag der ...-Klinik gehörten, weshalb sie auch nicht abgerechnet werden dürften, greift nicht durch. Insoweit kommt es auch nicht darauf an, ob die ...-Klinik die Voraussetzungen für ein Perinatalzentrum Level 1 nach der G-BA-Richtlinie erfüllt.
25 
Richtig ist allerdings, dass - von Notfällen abgesehen - Entgelte nur im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses berechnet werden dürfen (§ 8 Abs. 1 Satz 3 KHEntgG). Auch im Rahmen der Pflegesatzverhandlungen ist folglich der Versorgungsauftrag des Krankenhauses bei der Vereinbarung des Erlösbudgets und der Summe der Bewertungsrelationen zu beachten (§ 11 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG).
26 
Der Versorgungsauftrag des Krankenhauses ergibt sich bei einem Plankrankenhaus aus den Festlegungen des Krankenhausplans in Verbindung mit den Bescheiden zu seiner Durchführung nach § 6 Abs. 1 in Verbindung mit § 8 Abs. 1 Satz 3 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes sowie einer ergänzenden Vereinbarung nach § 109 Abs. 1 Satz 4 SGB V (vgl. § 8 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 KHEntgG). Die ...-Klinik war im streitigen Zeitraum 2009 mit 70 Betten auf dem Fachgebiet Frauenheilkunde und mit 30 Betten auf dem Gebiet Kinderheilkunde in den Krankenhausplan aufgenommen und dort als perinatologischer Schwerpunkt mit 9 neonatologischen Intensivbetten ausgewiesen worden. Einschränkungen des sich daraus ergebenden Versorgungsauftrags sind nicht zu erkennen (vgl. die Antwort der Beklagten vom 30.03.2012 auf die gerichtliche Anfrage in der Verfügung vom 23.02.2012, wo die Kläger auf diesen Punkt überhaupt nicht eingehen). Warum eine als perinatologischer Schwerpunkt ausgewiesene Klinik krankenhausplanerisch und damit nach ihrem Versorgungsauftrag nicht zur Behandlung von Frühgeborenen mit einem Geburtsgewicht unter 1250 g berechtigt sein sollte, ist nicht zu erkennen. Auch die Kläger tragen dazu letztlich substantiiert nichts vor.
27 
Die Argumentation der Kläger geht bei genauer Betrachtung letztlich auch dahin, der Versorgungsauftrag der ...-Klinik umfasse nicht die Leistungen eines Perinatal-zentrums Level 1, weil sie die Anforderungen der G-BA-Richtlinie dafür nicht vollständig erfülle. Damit unterscheiden die Kläger nicht in der gebotenen Weise zwischen der Krankenhausplanung einerseits und der G-BA-Richtlinie andererseits. Während erstere auf die Sicherstellung einer bedarfsgerechten Versorgung der Bevölkerung gerichtet ist, besteht der Normzweck der G-BA-Richtlinie in der Qualitätssicherung der Versorgung von Früh- und Neugeborenen (vgl. Trefz, Das neonatologische Versorgungskonzept des G-BA, f & w 2010, 519/520). Wenn hier auch Interdependenzen bestehen, etwa in dem Sinne, dass leistungsfähig im krankenhausplanerischen Sinne des § 1 Abs. 1 KHG nur ein Krankenhaus sein kann, das auch den Anforderungen an die Qualitätssicherung genügt, so ist doch zwischen beiden Bereichen zu trennen und für jeden gesondert zu prüfen, ob die Voraussetzungen vorliegen.
28 
Zu dem nach §§ 18 Abs. 5 Satz 1 KHG, 14 Abs. 1 Satz 2 KHEntgG zu beachtenden sonstigen Recht gehören auch die vom Gemeinsamen Bundesausschuss beschlossenen Richtlinien, hier die der Qualitätssicherung dienende und auf der Grundlage von §§ 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 13, 137 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V ergangene G-BA-Richtlinie.
29 
Der Gemeinsame Bundesausschuss wird gemäß § 91 Abs. 1 SGB V von den Kassenärztlichen Bundesvereinigungen, der Deutschen Krankenhausgesellschaft (§ 108a SGB V) und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen gebildet. Sein Beschlussgremium besteht aus einem unparteiischen Vorsitzenden, zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern sowie aus Vertretern der Kassen(zahn)ärzte und Krankenhäuser einerseits bzw. der Krankenkassen andererseits in gleicher Zahl (§ 91 Abs. 2 SGB V). Gemäß § 92 Abs. 1 SGB V beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewährung für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten, zu denen auch die hier einschlägige G-BA-Richtlinie zur Qualitätssicherung zu rechnen ist. Nach § 91 Abs. 6 SGB V sind die Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses von hier nicht relevanten Ausnahmen abgesehen für dessen Träger nach § 91 Abs. 1 SGB V, deren Mitglieder und Mitgliedskassen sowie für die Versicherten und Leistungserbringer und damit auch für die Kläger und die Beigeladene verbindlich. Ohnehin werden die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses gestützt auf die historische Entwicklung im Krankenversicherungsrecht als verbindliche normative Regelungen anerkannt (vgl. dazu Quaas/Zuck, Medizinrecht, 2. Aufl. 2008, RN 38 und 45 ff. auch zur verfassungsrechtlichen Kritik).
30 
Damit stellt sich die Frage, ob die ...-Klinik die Voraussetzungen gemäß Anlage 1 , Abschnitt 1, A 10 der G-BA-Richtlinie erfüllt, ob also Dienstleistungen und Konsiliar-dienste auf dem Gebiet der Kinderchirurgie ggf. auf der Grundlage von Kooperationsverträgen mit anderen Einrichtungen kurzfristig zur Verfügung stehen.
31 
Die Kläger machen dazu zunächst geltend, aus § 5 der G-BA-Richtlinie ergebe sich, dass die Entscheidung darüber, ob ein Krankenhaus die Anforderungen an ein Peri-natalzentrum Level 1 einhalte, dem MDK vorbehalten sei. Dem ist nicht zu folgen.
32 
Der MDK ist eine Gemeinschaftseinrichtung der Krankenkassen (vgl. zu seinen Aufgaben und seiner Organisation §§ 275 ff. SGB V). Grundsätzlich besteht seine Funktion darin, die Leistungserbringung der Krankenkassen einzelfallbezogen zu beraten und zu begutachten. Wenn auch die Ärzte des MDK bei der Wahrnehmung ihrer medizinischen Aufgaben nur ihrem ärztlichen Gewissen unterworfen sind (§ 275 Abs. 5 SGB V), so steht der MDK doch „im Lager“ der Kläger. In der Sache machen die Kläger damit geltend, dass ihnen bei der Beurteilung der Frage, ob ein Krankenhaus die Anforderungen eines Perinatalzentrums Level 1 erfüllt, ein Letztentscheidungsrecht zustehe. Das ist indessen nicht der Fall.
33 
Zwar ist nach § 5 Abs. 2 G-BA-Richtlinie der Nachweis über die Erfüllung der Voraussetzungen zur neonatologischen Versorgung als Perinatalzentrum Level 1 gegenüber den Krankenkassen vor Ort im Rahmen der jährlichen Pflegesatzverhandlungen in Form der Checkliste gemäß Anlage 2 zur G-BA-Richtlinie bis spätestens 30.09. eines Jahres zu führen. § 5 Abs. 3 der G-BA-Richtlinie bestimmt dazu, dass der MDK berechtigt ist, die Richtigkeit der Angaben vor Ort zu überprüfen. Dazu sind ihm gegebenenfalls sämtliche erforderliche Unterlagen vorzulegen.
34 
In der Sache wird dem MDK damit die Funktion zugewiesen, die Angaben der jeweiligen Krankenhäuser dazu, dass sie Anforderungen an ein Perinatalzentrum Level 1 erfüllen, in tatsächlicher Hinsicht zu überprüfen. Das ist sinnvoll, denn die Beurteilung, ob die Anforderungen gemäß der Anlage 1 vorliegen, erfordert hinsichtlich zahlreicher Punkte ärztlichen Sachverstand und ist von einem medizinischen Laien nicht zu leisten.
35 
Schon der Wortlaut des § 5 Abs. 3 G-BA-Richtlinie gibt damit aber nichts dafür her, dass dem MDK die Kompetenz eingeräumt werden sollte, letztverbindlich das Merkmal „kurzfristig“ in der Anlage 1 , Abschnitt 1, A 10 der G-BA-Richtlinie auszulegen und verbindlich darüber zu entscheiden, ob die Voraussetzungen dafür auch in tatsächlicher Hinsicht vorliegen. Ob es vor dem Hintergrund des Art. 19 Abs. 4 GG überhaupt zulässig wäre, dem MDK eine so weitgehende Befugnis - und noch dazu durch eine untergesetzliche Norm wie die G-BA-Richtlinie - zu gewähren, bedarf danach keiner Entscheidung mehr.
36 
Entgegen der Auffassung der Kläger ist das Merkmal „kurzfristig“ in der Anlage 1, Abschnitt 1, A 10 der G-BA-Richtlinie nicht in dem Sinne auszulegen, dass der kinderchirurgische Konsiliarius innerhalb einer Zeitspanne von 30 Minuten am Krankenbett des Neugeborenen sein muss. Schon der Wortlaut „kurzfristig“ gibt für eine solche Auslegung nichts her. Hätte der Gemeinsame Bundesausschuss tatsächlich verlangen wollen, dass der kinderchirurgische Konsiliarius binnen einer bestimmten Zeitspanne am Krankenbett ist, so hätte es nahegelegen, diese präzise zu benennen, wie dies etwa in Anlage 1, Abschnitt 1, A 4 geschehen ist. Dort heißt es ausdrücklich, das Blutgasgerät müsse innerhalb von 3 Minuten erreichbar sein. Zu Recht weist die Beigeladene auch daraufhin, dass der Gemeinsame Bundesausschuss auch noch an anderen Stellen in der Anlage 1 genaue Zeitvorgaben gemacht hat.
37 
Fehl geht vor diesem Hintergrund auch die Argumentation, nach dem OPS 2009 8-98c werde für die Basisprozedur „intensivmedizinische Komplexbehandlung im Kindesalter“ eine eigene kinderchirurgische Abteilung oder ein fester Kooperationspartner mit kurzfristiger, maximal 30 minütiger Einsatzbereitschaft gefordert, deshalb sei das Merkmal „kurzfristig“ auch hier im Sinne von maximal 30 Minuten auszulegen. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Gemeinsame Bundesausschuss überhaupt auf den OPS 2009 8-98c hat Bezug nehmen wollen. Zutreffend hat bereits die Schiedsstelle darauf hingewiesen, dass der OPS 2009 8-98c für ein anderes Patientenkollektiv gilt und nicht die Qualität einer öffentlich-rechtlichen Norm aufweist.
38 
Aus den Motiven des Gemeinsamen Bundesausschusses für die Aufnahme des Anforderungsmerkmals „kurzfristig“ ergeben sich gleichfalls keine Hinweise dafür, dass dieses im Sinne einer bestimmten, noch dazu besonders kurzen Zeitspanne wie etwa 30 Minuten auszulegen sein könnte. Wie bereits ausgeführt, war in der ursprünglichen Fassung der G-BA-Richtlinie in der Anlage 1, Abschnitt 1 unter A 9 für die Anerkennung als Perinatalzentrum Level 1 nur gefordert, dass Dienstleistungen bzw. Konsiliardienste u.a. auf dem Gebiet der Kinderchirurgie zur Verfügung stehen sollen. Erst mit Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Änderung der Vereinbarung über Maßnahmen zur Qualitätssicherung der Versorgung von Früh- und Neugeborenen vom 18.12.2008 wurden die Anforderungen an ein Perina-talzentrum Level 1 dahin verschärft, dass Dienstleistungen und Konsiliardienste u.a. auf dem Gebiet der Kinderchirurgie - gegebenenfalls auch auf der Grundlage von Kooperationsverträgen mit anderen Einrichtungen - kurzfristig zur Verfügung stehen müssen. In den Tragenden Gründen zum Beschlussentwurf des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Änderung der Vereinbarung über Maßnahmen zur Qualitätssicherung der Versorgung von Früh- und Neugeborenen vom 18. Dezember 2008 heißt es dazu unter dem Punkt „zu II. Nr. 1 j) (Anlage 1 Abschnitt 1. A Nr. 10)“, mit der Regelung werde festgelegt, welche Dienstleistungen und Konsiliardienste für die Versorgungsstufe 1 verfügbar sein müssten, und zum anderen, in welchem zeitlichen Fenster dies der Fall sein müsse. Dieses zeitliche Fenster wird aber nicht näher konkretisiert, insbesondere wird keine konkrete Zeitspanne (etwa 30 Minuten) genannt. Weiter heißt es vielmehr, leitender Gedanke der Regelung sei, dass nicht die schutzbedürftigen Früh- und Neugeborenen zu den Diensten transportiert werden müssten, sondern dass diese Dienste zu den Kindern kämen. Von diesem Grundsatz dürfe nur in begründeten Fällen abgewichen werden. Ausdrücklich genannt wird hier die Verlegung eines Kindes in stabiler Lage in eine Kooperationseinrichtung für eine erforderliche herzchirurgische Operation.
39 
Aus diesen Gründen für die Verschärfung der Anforderungen an ein Perinatalzen-trum Level 1 lässt sich ebenfalls keine konkrete Zeitspanne, erst recht keine besonders kurze im Sinne von 30 Minuten ableiten. Danach ist „kurzfristig“ eher so zu verstehen, dass der kinderchirurgische Konsiliarius spontan, d.h. ohne längere Voranmeldung gerufen werden können muss und bis zu seinem Eintreffen jedenfalls nicht mehr Zeit vergehen darf, als sonst allgemein für die Verlegung erforderlich ist. Rechnet man hier die Zeit ein, die benötigt wird, um den Transport eines Kindes vorzubereiten, so dürfte die Zeitspanne jeweils deutlich über einer Stunde liegen, zumal auch noch die für die Verlegung selbst benötigte Zeit addiert werden muss.
40 
Das Merkmal „kurzfristig“ kann daher allenfalls nach Sinn und Zweck der G-BA-Richtlinie dahin ausgelegt werden, dass der kinderchirurgische Konsiliarius innerhalb einer bestimmten Zeitspanne (seien es 30 Minuten oder ein längerer Zeitraum) anwesend sein muss. Ansatzpunkt ist dabei, dass die G-BA-Richtlinie nach ihrer rechtlichen Grundlage in §§ 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 13, 137 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V der Qualitätssicherung der ärztlichen Versorgung im Krankenhaus dient. Die Qualitätssicherung bezieht sich auf die Struktur-, die Prozess- und die Ergebnisqualität. Die für die Leistungserbringung vorgehaltenen Ressourcen (personelle und sachliche Ausstattung) - die Strukturqualität - und die Organisation und Koordination der Abläufe, vor allem in diagnostischer, therapeutischer und pflegerischer Hinsicht - die Prozessqualität - sollen so sein, dass optimale therapeutische Ergebnisse - Ergebnisqualität - erzielt werden können (vgl. zu den einzelnen Aspekten der Qualitätssicherung Quaas/Zuck, Medizinrecht, 2. Aufl., 2008, RN 120 zu § 26). Dafür ist einmal erforderlich, dass die Anwesenheit des kinderchirurgischen Konsiliarius innerhalb einer solchen Zeitspanne tatsächlich erforderlich ist oder doch erforderlich sein kann. Außerdem muss sich der G-BA-Richtlinie entnehmen lassen, dass sie entsprechend strenge Anforderungen tatsächlich stellen wollte.
41 
Die Kläger argumentieren, entgegen der Auffassung der Schiedsstelle sei es nicht ausreichend, wenn der Kinderchirurg erst hinzugezogen werde, nachdem der Neona-tologe bereits die Indikation zur Operation gestellt habe. Vielmehr müsse der Kinderchirurg in vielen Fällen schon in der Phase der Indikationenstellung mitwirken, um einen optimalen Behandlungserfolg zu erreichen. In ihrem Schriftsatz vom 30.03.2012 führen die Kläger dazu aus, bei allen erworbenen gastrointestinalen Erkrankungen der Frühgeborenen (nekrotisierende Enterokolitis, spontane/fokale intestinale Perforation des Darms und nicht fehlbildungsbedingter Volvulus) müsse die Diagnose interdisziplinär zwischen Kinderchirurg und Neonatologe erfolgen, weil nur dann auf der Grundlage eines anfänglich unspezifischen Beschwerdebildes eine zuverlässige Diagnose gestellt und ggf. der optimale Operationszeitpunkt festgelegt werden könne.
42 
Die Kläger haben dazu Prof.Dr. ..., den Geschäftsführenden Direktor der Klinik für Neonatologie und Neuropädiatrie der Universität ..., in die Sitzung mitgebracht. Im Rahmen seiner informatorischen Befragung hat er dazu angegeben, bei den genannten gastrointestinalen Erkrankungen, insbesondere bei der nekrotisierenden Enterokolitis, sei die frühzeitige Zuziehung des Kinderchirurgen erforderlich, weil nur dann in einer kollegialen Kooperation mit dem Neonatologen eine zutreffende Entscheidung getroffen werden könne, ob überhaupt und gegebenenfalls zu welchem genauen Zeitpunkt eine Operation erforderlich sei.
43 
Bezüglich der Auffassung der Beigeladenen wurden Prof.Dr. ..., bis 2005 Leiter der Sektion Neonatologie und pädiatrische Intensivmedizin der Universitätskinderklinik ..., und Dr. ..., der Leitende Arzt der Kinder- und Jugendklinik der ..., zu diesem Punkt informatorisch angehört. Sie stimmten mit Prof.Dr. ... darin überein, dass die Zuziehung eines Kinderchirurgen bereits in der Phase der Indikationenstellung erforderlich sein kann, sahen den Schwerpunkt der diagnostischen Kompetenz aber beim Neonatologen, weshalb nach ihrer Auffassung die Zuziehung des Kinderchirurgen nur in Ausnahmefällen - bei Unsicherheit des Neonatologen - erforderlich sein soll.
44 
Die Kammer muss nicht entscheiden, welchem Standpunkt zu folgen ist. Denn weder aus den Ausführungen des Prof.Dr. ... noch aus den Darlegungen der Kläger ist zu entnehmen, dass der kinderchirurgische Konsiliarius für die Mitwirkung bei der Diagnosestellung binnen 30 Minuten am Krankenbett sein muss.
45 
Prof.Dr. ... hat dazu angegeben, für die zuverlässige Stellung der Indikation zur Operation sei eine Beobachtung des Kindes über einen längeren Zeitraum, der von 24 bis 48 Stunden reichen könne, erforderlich. Er hat auch den Vortrag der Kläger bestätigt, bei Verdacht auf eine nekrotisierende Enterokolitis sei die Re-Evaluation der klinischen Symptome etwa alle drei bis sechs Stunden nach Vereinbarung zwischen Kinderchirurg und Neonatologe durchzuführen. Die Entscheidung zur Operation müsse individuell je nach Fortschreiten des Krankheitsbildes, klinischem Zustand und Reifegrad des Kindes getroffen werden, und zwar in enger Kooperation zwischen Neonatologen und Kinderchirurg. Die Mortalitätsquote sei dann deutlich niedriger, wie wissenschaftliche Studien aus Israel und Italien zeigten.
46 
Bei Intervallen für die Re-Evaluation der klinischen Symptome von drei bis sechs Stunden oder einer relativen Operationsindikation bei einer sich über 24 Stunden hinziehenden Beobachtungsphase kann es nicht entscheidend sein, dass der Kinderchirurg binnen 30 Minuten am Krankenbett ist. Da ist ersichtlich auch eine deutlich längere Zeitspanne ausreichend.
47 
Auch Prof.Dr. ... hat daher nicht gefordert, der Kinderchirurg müsse innerhalb von 15, 30 oder 60 Minuten am Krankenbett sein. Sein Anliegen - und letztlich auch das der Kläger - ist ein anderes. Er hält es aus medizinischen Gründen für geboten, dass der Kinderchirurg während des gesamten Zeitraums vom Auftreten der ersten Anzeichen für eine der oben genannten gastrointestinalen Erkrankungen bis zur abschließenden Klärung, ob eine OP erforderlich ist und eventuell auch noch in der postoperativen Phase im Krankenhaus selbst anwesend oder doch jedenfalls auf Abruf quasi sofort verfügbar ist, weil nur so eine zuverlässige Entscheidung über die Notwendigkeit und gegebenenfalls den Zeitpunkt der Operation getroffen werden könne. Müsse der Kinderchirurg immer erst aus einem weiter entfernt liegenden Krankenhaus mit einer längeren Anreise für die Mitwirkung bei der Stellung der Indikation zur Operation als Konsiliarius gerufen werden, so bestehe die Gefahr, dass vorschnell operiert werde, um eine sonst möglicherweise erforderliche neue Anreise zu vermeiden. Ist die ständige Präsenz des Kinderchirurgen aber nicht gewährleistet, so soll die Forderung nach einer möglichst kurzen Anreisezeit dazu dienen, die damit verbundenen Belastungen und Zeitverluste zu senken, um so zu gewährleisten, dass der Kinderchirurg wiederholt gerufen werden und somit schon im Vorfeld der Operation doch möglichst eng mit dem Neonatologen zusammenarbeiten kann. Dabei ist das Ziel, das Risiko einer unnötigen oder zum falschen Zeitpunkt vorgenommenen Operation zu reduzieren.
48 
Prof.Dr. ... und Dr. ... halten diese ständige Verfügbarkeit des Kinderchirurgen nicht für erforderlich, weil der Neonatologe eine umfassende Kompetenz für die Diagnose und Behandlung von schwierigen neonatologischen Krankheitsbildern habe und wegen seines ständigen Kontakts mit dem kranken Neugeborenen auch besser als der Kinderchirurg, der nur hin und wieder zugezogen werde, in der Lage sei, eine zutreffende Diagnose zu stellen.
49 
Vorliegend kann diese medizinische Streitfrage offen bleiben. Maßgeblich ist, dass eine - quasi ständige - Verfügbarkeit des Kinderchirurgen, wie sie von Prof.Dr. ... und den Klägern für erforderlich gehalten wird, in der G-BA-Richtlinie nicht verlangt wird, wie die nachfolgenden Überlegungen zeigen.
50 
Nach Anlage 1, Abschnitt 1 A 10 der G-BA-Richtlinie reicht es aus, dass Dienstleistungen und Konsiliardienste auf dem Gebiet der Kinderchirurgie auf der Grundlage von Kooperationsverträgen kurzfristig zur Verfügung stehen. Schließt ein Perinatalzentrum Level 1 einen solchen Kooperationsvertrag, so bedeutet dies im Regelfall, dass sich das Kooperationskrankenhaus - und damit auch der Kinderchirurg - in einer gewissen - regelmäßig größeren Entfernung - vom Perinatalzentrum Level 1 befinden wird, denn die Kinderchirurgie ist ein eher kleines ärztliches Gebiet, weshalb die Kinderchirurgen daher auch nicht flächendeckend vertreten sind (vgl. das Schreiben v. Prof.Dr. ..., des Vorsitzenden der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie, v. 28.11.2011 an die ...-... Krankenhausgesellschaft). Dem Gemeinsamen Bundesausschuss ist diese Situation schon aufgrund seiner Zusammensetzung (dazu näher bereits oben) sicher bekannt. Gleichwohl hat er für ein Perinatalzentrum Level 1 genügen lassen, dass Dienstleistungen und Konsiliar-dienste auf dem Gebiet der Kinderchirurgie gegebenenfalls über einen Kooperationsvertrag kurzfristig zur Verfügung stehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bringt damit zum Ausdruck, dass aus seiner Sicht die ständige Verfügbarkeit des Kinderchirurgen in der Phase der Diagnosestellung für die Anerkennung eines Krankenhauses als Perinatalzentrum Level 1 eben nicht gefordert wird. Denn es liegt auf der Hand, dass unter diesen Umständen die Anwesenheit oder doch kurzfristige Verfügbarkeit des Kinderchirurgen auf Abruf nicht über einen Zeitraum von 24 oder gar 48 Stunden gewährleistet sein kann. Die Forderung nach einer aus medizinischen Gründen nicht erforderlichen möglichst kurzen Anreisezeit kann dann nicht dazu dienen, das vom Gemeinsamen Bundesausschuss nicht geforderte Ziel, der quasi ständigen Verfügbarkeit des Kinderchirurgen doch noch zu erreichen.
51 
Wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, stellt auch die Beigeladene nicht in Frage, dass es Situationen gibt, in denen der Neonatologe den Kinderchirurgen wegen Unsicherheiten bei der Diagnose bereits in einem frühen Erkrankungsstadium und nicht erst zur Durchführung der Operation hinzuziehen muss. Die Möglichkeit dazu ist aber durch die Kooperationsverträge der Beigeladenen gewährleistet, weil danach die Kinderchirurgen der Kooperationspartner nicht nur zur Durchführung eventuell erforderlicher Operationen, sondern auch zur Mitwirkung an Vor-Ort-Konsilen im Rahmen der Diagnose - und gegebenenfalls Indikationenstellung zur Operation - verpflichtet sind, wie sich aus dem jeweiligen Ergänzungsvereinbarungen ergibt.
52 
Die Kläger haben der Feststellung der Schiedsstelle, dass die Indikation zur Operation auch von einem Neonatologen gestellt werden könne und es dann ausreiche, wenn der Kinderchirurg nach Abschluss der Operationsvorbereitungen eintreffe, widersprochen. Der Neonatologe könne zwar den Verdacht auf das Vorliegen einer durch den Kinderchirurgen operativ zu behandelnden Erkrankung äußern, die definitive Indikationenstellung müsse dann aber immer durch den Kinderchirurgen erfolgen. Auch daraus kann indessen nicht abgeleitet werden, der Kinderchirurg müsse binnen 30 Minuten am Krankenbett sein.
53 
Dabei ist zwischen zwei Fallgruppen zu differenzieren.
54 
Besteht eine zunächst noch unklare Symptomatik, aus der sich im weiteren Verlauf (mehrere Stunden bei den von den Klägern genannten Krankheitsbildern) die Indikation zu einem chirurgischen Eingreifen ergeben kann, gilt das oben Gesagte. Wichtig ist nicht, die möglichst kurze Zeitspanne bis zum Eintreffen des Kinderchirurgen, sondern dass dieser gegebenenfalls für ein Vor-Ort-Konsil angefordert wird. Die konkrete Zeitdauer bis zu seinem Eintreffen ist dann angesichts der regelmäßig zur Verfügung stehenden Zeitspannen weniger entscheidend. Der Neonatologe hat auch die Kompetenz, die Notwendigkeit der Hinzuziehung des Kinderchirurgen zu erkennen, sei es für ein Vor-Ort-Konsil, sei es sofort für die Durchführung einer Operation. Denn nach der Weiterbildungsordnung der Landesärztekammer ...-... gehört zur Weiterbildung im Schwerpunkt Neonatologie im Rahmen der definierten Untersuchungs- und Behandlungsverfahren auch die Behandlung von komplizierten neonatologischen Krankheitsbildern auch bei untergewichtigen Frühgeborenen mit einem Gewicht unter 1.500 g. Die auch von den Klägern wiederholt erwähnte nekroti-sierende Enterokolitis wird dabei ausdrücklich genannt.
55 
Ergibt sich akut die Notwendigkeit zur Operation, so muss die Indikation zwangsläufig von dem Neonatologen gestellt werden, wenn der Kinderchirurg nicht im Krankenhaus selbst tätig ist, sondern bei einem Kooperationspartner angefordert werden muss. Die Schiedsstelle hat dazu ausgeführt, dass in einem solchen Fall die Operationsvorbereitung vom Neonatologen getroffen werden kann, mindestens 60 Minuten dauert und es ausreicht, wenn der Kinderchirurg erst danach eintrifft. Bereits zuvor hatte Prof. Dr. ... von der Sektion Kinderchirurgie der Universitätsklinik ... seinem Schreiben vom 09.09.2009 ausgeführt, gerade in einem akuten Notfall könne die Diagnose von einem Neonatologen gestellt werden und es reiche aus, wenn der Kinderchirurg nach Abschluss der Operationsvorbereitung eintreffe, die erfahrungsgemäß weit mehr als eine bis eineinhalb Stunden in Anspruch nehme. Im gerichtlichen Verfahren hat die Beigeladene die Stellungnahme von Prof. Dr. ..., des Vorsitzenden der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie, vom 28.11.2011 gegenüber der ...-... Krankenhausgesellschaft vorgelegt, worin es heißt, die Einsatzzeit des Kinderchirurgen könne heute problemlos auf 60 bis 90 Minuten gestreckt werden. Die Kläger sind dem nicht substantiiert entgegengetreten. Sie haben vor allem nicht dargelegt, in welchen akuten Notfällen eine kürzere Einsatzzeit (30 Minuten) erforderlich sein könnte.
56 
Vor diesem Hintergrund geht die Kammer davon aus, dass es ausreicht, wenn der Kinderchirurg nach ca. 90 Minuten am Krankenbett eintrifft. Regelmäßig dürfte sogar eine längere Zeitspanne genügen. Im streitigen Bescheid vom 21.05.2010 hat das Regierungspräsidium ... der Beigeladenen aufgegeben, dass sie zum Nachweis der kurzfristigen Verfügbarkeit eines Kinderchirurgen in jedem Einzelfall eine entsprechende Dokumentation führen muss. Aus den vorgelegten Dokumentationsbögen ist zu ersehen, dass häufig eine größere Zeitspanne bis zum Eintreffen des Kinderchirurgen vergangen ist. Medizinische Probleme oder gar Komplikationen beim Neugeborenen haben daraus aber offensichtlich nicht resultiert.
57 
In der Zeit von 07.00 Uhr bis Sonnenuntergang kann der Kinderchirurg mit den Helikoptern der DRF anreisen. Er benötigt dann von allen Kooperationskliniken aus deutlich weniger als eine Stunde, um nach ... zu kommen, wie sich aus der von der Beigeladenen vorgelegten Tabelle mit den Helikopterflugzeiten ergibt. Nach Sonnenuntergang sind die Hubschrauberstationen in ...-... aus Kostengründen nicht besetzt. Die Hubschrauberstationen in der Schweiz (... und ...) fliegen aber auch nachts. Jedenfalls von ... und ... aus ist auf diese Weise auch in den Nachtstunden eine Anreise nach ... per Helikopter in weniger als einer Stunde möglich. Sollte die Anreise in der Nacht mittels der Schweizer Helikopter nicht möglich sein, so bleibt der Landweg. Den Klägern ist zuzugeben, dass die Fahrzeiten nach den gängigen Routenplanern jeweils deutlich über einer Stunde liegen. Von ... nach ... betragen sie nach den gängigen Routenplanern fast zwei Stunden (Zeitspanne: 1 Std. 43 bis 1 Std. 56). Hier ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Zeitdauer im Notfall durch den Einsatz des Sondersignals (§ 38 Abs. 1 StVO) und durch die Inanspruchnahme von Sonderrechten (§ 5 Abs. 5a StVO) deutlich verkürzt werden kann. Auch nach den gängigen Routenplanern liegt die Fahrzeit von ... bzw. ... nach ... jeweils noch unter 1 Stunde 30 Minuten.
58 
Unverständlich ist das Argument der Kläger, gerade bei sehr kleinen Frühgeborenen seien Komplikationen nach geplanten Eingriffen häufig, wofür dann der kinderchirurgische Konsiliardienst mit einer Einsatzzeit von 30 Minuten benötigt werde. Gerade im Falle eines geplanten Eingriffs kann die Präsenz eines Kinderchirurgen sichergestellt werden. Sollte sich plötzlich die Notwendigkeit einer zweiten Operation ergeben, so gilt das oben Gesagte. Es genügt, wenn der Kinderchirurg nach Abschluss der Operationsvorbereitungen eintrifft.
59 
Unabhängig davon hat die Beigeladene bereits aufgrund der Übergangsvorschrift in § 5 Abs. 4 der G-BA-Richtlinie, die bereits in der ursprünglichen Fassung enthalten war, im hier streitigen Pflegesatzzeitraum 2009 Anspruch auf Abrechnung der Fallpauschalen P 62 D und P 63 Z, und zwar selbst dann, wenn ein Kinderchirurg im Jahre 2009 nicht kurzfristig erreichbar gewesen sein sollte und die ...-Klinik damit die Anforderungen an ein Perinatalzentrum Level 1 nicht erfüllt hätte. Das ergibt sich aus nachfolgenden Überlegungen:
60 
Die G-BA-Richtlinie sah in ihrer ursprünglichen Fassung in Anlage 1, Nr. 1, A 9 nur vor, dass ein kinderchirurgischer Konsiliardienst überhaupt zur Verfügung stehen muss. Eine Zeitvorgabe „kurzfristig“ gab es nicht. Erst durch den Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Änderung der Vereinbarung über Maßnahmen zur Qualitätssicherung der Versorgung von Früh- und Neugeborenen vom 18.12.2008 wurde die hier streitige Zeitvorgabe eingeführt.
61 
Für den Fall, dass eine Anerkennungsvoraussetzung verschärft wird, bestimmt § 5 Abs. 4 der G-BA-Richtlnie, dass Krankenhäuser 12 Monate Zeit haben, die Anforderungen zu erfüllen und nachzuweisen. Erst wenn das Krankenhaus danach diese Anforderungen nicht erfüllt, darf es eine neonatologische Versorgung nur noch gemäß der Versorgungsstufe anbieten, deren Anforderungen erfüllt werden (vgl. zur Auslegung der Übergangsvorschrift Trefz, Das neonatologische Versorgungskonzept des G-BA, f & w 2010, 519/521). Eine solche Verschärfung liegt hier vor, denn in der ursprünglichen Fassung der Anlage 1 Abschnitt 1 zur G-BA-Richtlinie war unter A 9 eine Zeitvorgabe „kurzfristig“ nicht enthalten. Das Argument der Kläger, es handele sich nicht um eine Verschärfung, sondern nur um eine Präzisierung der Anforderungen, geht vor diesem Hintergrund fehl. Insbesondere ist in den Tragenden Gründen zum Beschlussentwurf des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Änderung der Vereinbarung über Maßnahmen zur Qualitätssicherung der Versorgung von Früh- und Neugeborenen vom 18.12.2008 eine entsprechende Aussage nicht enthalten. Zwischen einer Verschärfung der Anforderung und einer sprachlichen Präzisierung wird lediglich in der Begründung zu dem vorhergehenden Punkt: „Zu II. Nr. 1 h) (Anlage 1, Abschnitt 1, A 8)“ unterschieden. Da die Beigeladene bereits seit 2006 als Perinatalzentrum Level 1 tätig war, kann sie sich auf die genannte Übergangsvorschrift auch berufen.
62 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 und Abs. 3, 159 Satz 2, 162 Abs. 3 VwGO. Es besteht kein Anlass, das Urteil wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären.

Gründe

 
17 
Die Klage ist als Anfechtungsklage gegen den Bescheid des Regierungspräsidiums ... vom 21.05.2010 ohne vorherige Durchführung des Widerspruchsverfahrens nach §§ 68 ff. VwGO im Verwaltungsrechtsweg zulässig, wie sich aus § 18 Abs. 5 KHG ergibt.
18 
Denn nach § 18 Abs. 5 Satz 1 KHG werden die von der Schiedsstelle festgesetzten Pflegesätze (vgl. zum Begriff § 2 Nr. 4 KHG) von der zuständigen Landesbehörde genehmigt, wenn sie den Vorschriften des Krankenhausfinanzierungsgesetzes und sonstigem Recht entsprechen. Gegen die Genehmigung, d.h. den Genehmigungsbescheid vom 21.05.2010, ist dann nach § 18 Abs. 5 Satz 2 KHG der Verwaltungsrechtsweg gegeben. Nach Satz 3 der genannten Bestimmung findet ein Vorverfahren nicht statt. Diese Konstellation ist vorliegend gegeben.
19 
Mit streitigem Bescheid vom 21.05.2010 hat das Regierungspräsidium ... auf Antrag der Beigeladenen den Beschluss der Schiedsstelle vom 16.12.2009 gemäß §§ 18 Abs. 5 KHG, 14 Abs. 1 Satz 2 KHEntgG genehmigt. Die Entscheidung der Schiedsstelle, die paritätisch mit einem neutralen Vorsitzenden und Vertretern der Krankenhäuser und Krankenkassen in gleicher Zahl besetzt ist (§ 18a KHG), war auf Antrag der Beigeladenen zu treffen (§ 13 Abs. 1 KHEntgG), weil die in § 11 Abs. 1 KHEntgG vorgesehene Vereinbarung über das Erlösbudget und die Summe der Bewertungsrelationen zwischen den Klägern und der Beigeladenen als den Vertragsparteien nach § 18 Abs. 2 KHG teilweise nicht zustande gekommen ist. Sie konnten keine Einigung darüber erzielen, ob die Beigeladene Anspruch auf die Vergütung von Leistungen (P 62 D und P 63 Z) gemäß der G-BA Richtlinie hat und dementsprechend die Vergütung dafür im Erlösbudget (vgl. zum Begriff § 4 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG) und die Bewertungsrelationen dafür bei deren Summe zu berücksichtigen sind.
20 
Klagegegenstand ist der Genehmigungsbescheid des Regierungspräsidiums ... vom 21.05.2010. Richtige Klageart ist die Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 erste Alt. VwGO. Die Entscheidung der Schiedsstelle selbst hat keine Außenwirkung i.S. des § 35 VwVfG, diese kommt erst dem Genehmigungsbescheid zu, weshalb nur dieser, nicht aber die Entscheidung der Schiedsstelle als Verwaltungsakt zu qualifizieren ist (vgl. Quaas/Zuck, Medizinrecht, 2. Aufl. 2008, RN 299 zu § 25 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung).
21 
Die Klage ist nicht begründet. Der Bescheid des Regierungspräsidiums ... vom 21.05.2010 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
22 
Zu Recht hat das Regierungspräsidium ... mit Bescheid vom 21.05.2010 den Beschluss der Schiedsstelle vom 16.12.2009 gem. §§ 18 Abs. 5 Satz 1 KHG, 14 Abs. 1 Satz 2 KHEntgG genehmigt. Denn die Schiedsstelle hat zutreffend entschieden, dass die Beigeladene Anspruch auf Vergütung von Leistungen (P 62 D und P 63 Z) gemäß der G-BA-Richtlinie für ein Perinatalzentrum Level 1 hat. Der Beschluss der Schiedsstelle vom 16.12.2009 verstößt weder gegen die Vorschriften des Krankenhausfinanzierungsgesetzes oder des Krankenhausentgeltgesetzes noch gegen sonstiges Recht.
23 
Die Verwaltungsgerichte sind - wie zuvor das Regierungspräsidium ... als Genehmigungsbehörde - auf eine reine Rechtskontrolle beschränkt. Die den Vertragsparteien nach § 18 Abs. 2 KHG bei den Pflegesatzverhandlungen im Rahmen des § 11 KHEntgG zustehenden Gestaltungsmöglichkeiten, die grundsätzlich auch der Schiedsstelle im Rahmen des Schiedsspruchs zustehen, sind nicht Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung (vgl. BVerwG, Urt. v. 08.09.2005 - 3 C 41.04 -, BVerwGE 124, 209 und VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.09.2006 - 9 S 1383/04 -, juris).
24 
Die Rüge der Kläger, die Schiedsstelle habe in ihrem Beschluss vom 16.12.2009 nicht beachtet, dass die Leistungen eines Perinatalzentrums Level 1 und damit die hier streitigen DRG’s P 62 D und P 63 Z nicht zum Versorgungsauftrag der ...-Klinik gehörten, weshalb sie auch nicht abgerechnet werden dürften, greift nicht durch. Insoweit kommt es auch nicht darauf an, ob die ...-Klinik die Voraussetzungen für ein Perinatalzentrum Level 1 nach der G-BA-Richtlinie erfüllt.
25 
Richtig ist allerdings, dass - von Notfällen abgesehen - Entgelte nur im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses berechnet werden dürfen (§ 8 Abs. 1 Satz 3 KHEntgG). Auch im Rahmen der Pflegesatzverhandlungen ist folglich der Versorgungsauftrag des Krankenhauses bei der Vereinbarung des Erlösbudgets und der Summe der Bewertungsrelationen zu beachten (§ 11 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG).
26 
Der Versorgungsauftrag des Krankenhauses ergibt sich bei einem Plankrankenhaus aus den Festlegungen des Krankenhausplans in Verbindung mit den Bescheiden zu seiner Durchführung nach § 6 Abs. 1 in Verbindung mit § 8 Abs. 1 Satz 3 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes sowie einer ergänzenden Vereinbarung nach § 109 Abs. 1 Satz 4 SGB V (vgl. § 8 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 KHEntgG). Die ...-Klinik war im streitigen Zeitraum 2009 mit 70 Betten auf dem Fachgebiet Frauenheilkunde und mit 30 Betten auf dem Gebiet Kinderheilkunde in den Krankenhausplan aufgenommen und dort als perinatologischer Schwerpunkt mit 9 neonatologischen Intensivbetten ausgewiesen worden. Einschränkungen des sich daraus ergebenden Versorgungsauftrags sind nicht zu erkennen (vgl. die Antwort der Beklagten vom 30.03.2012 auf die gerichtliche Anfrage in der Verfügung vom 23.02.2012, wo die Kläger auf diesen Punkt überhaupt nicht eingehen). Warum eine als perinatologischer Schwerpunkt ausgewiesene Klinik krankenhausplanerisch und damit nach ihrem Versorgungsauftrag nicht zur Behandlung von Frühgeborenen mit einem Geburtsgewicht unter 1250 g berechtigt sein sollte, ist nicht zu erkennen. Auch die Kläger tragen dazu letztlich substantiiert nichts vor.
27 
Die Argumentation der Kläger geht bei genauer Betrachtung letztlich auch dahin, der Versorgungsauftrag der ...-Klinik umfasse nicht die Leistungen eines Perinatal-zentrums Level 1, weil sie die Anforderungen der G-BA-Richtlinie dafür nicht vollständig erfülle. Damit unterscheiden die Kläger nicht in der gebotenen Weise zwischen der Krankenhausplanung einerseits und der G-BA-Richtlinie andererseits. Während erstere auf die Sicherstellung einer bedarfsgerechten Versorgung der Bevölkerung gerichtet ist, besteht der Normzweck der G-BA-Richtlinie in der Qualitätssicherung der Versorgung von Früh- und Neugeborenen (vgl. Trefz, Das neonatologische Versorgungskonzept des G-BA, f & w 2010, 519/520). Wenn hier auch Interdependenzen bestehen, etwa in dem Sinne, dass leistungsfähig im krankenhausplanerischen Sinne des § 1 Abs. 1 KHG nur ein Krankenhaus sein kann, das auch den Anforderungen an die Qualitätssicherung genügt, so ist doch zwischen beiden Bereichen zu trennen und für jeden gesondert zu prüfen, ob die Voraussetzungen vorliegen.
28 
Zu dem nach §§ 18 Abs. 5 Satz 1 KHG, 14 Abs. 1 Satz 2 KHEntgG zu beachtenden sonstigen Recht gehören auch die vom Gemeinsamen Bundesausschuss beschlossenen Richtlinien, hier die der Qualitätssicherung dienende und auf der Grundlage von §§ 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 13, 137 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V ergangene G-BA-Richtlinie.
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Der Gemeinsame Bundesausschuss wird gemäß § 91 Abs. 1 SGB V von den Kassenärztlichen Bundesvereinigungen, der Deutschen Krankenhausgesellschaft (§ 108a SGB V) und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen gebildet. Sein Beschlussgremium besteht aus einem unparteiischen Vorsitzenden, zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern sowie aus Vertretern der Kassen(zahn)ärzte und Krankenhäuser einerseits bzw. der Krankenkassen andererseits in gleicher Zahl (§ 91 Abs. 2 SGB V). Gemäß § 92 Abs. 1 SGB V beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewährung für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten, zu denen auch die hier einschlägige G-BA-Richtlinie zur Qualitätssicherung zu rechnen ist. Nach § 91 Abs. 6 SGB V sind die Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses von hier nicht relevanten Ausnahmen abgesehen für dessen Träger nach § 91 Abs. 1 SGB V, deren Mitglieder und Mitgliedskassen sowie für die Versicherten und Leistungserbringer und damit auch für die Kläger und die Beigeladene verbindlich. Ohnehin werden die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses gestützt auf die historische Entwicklung im Krankenversicherungsrecht als verbindliche normative Regelungen anerkannt (vgl. dazu Quaas/Zuck, Medizinrecht, 2. Aufl. 2008, RN 38 und 45 ff. auch zur verfassungsrechtlichen Kritik).
30 
Damit stellt sich die Frage, ob die ...-Klinik die Voraussetzungen gemäß Anlage 1 , Abschnitt 1, A 10 der G-BA-Richtlinie erfüllt, ob also Dienstleistungen und Konsiliar-dienste auf dem Gebiet der Kinderchirurgie ggf. auf der Grundlage von Kooperationsverträgen mit anderen Einrichtungen kurzfristig zur Verfügung stehen.
31 
Die Kläger machen dazu zunächst geltend, aus § 5 der G-BA-Richtlinie ergebe sich, dass die Entscheidung darüber, ob ein Krankenhaus die Anforderungen an ein Peri-natalzentrum Level 1 einhalte, dem MDK vorbehalten sei. Dem ist nicht zu folgen.
32 
Der MDK ist eine Gemeinschaftseinrichtung der Krankenkassen (vgl. zu seinen Aufgaben und seiner Organisation §§ 275 ff. SGB V). Grundsätzlich besteht seine Funktion darin, die Leistungserbringung der Krankenkassen einzelfallbezogen zu beraten und zu begutachten. Wenn auch die Ärzte des MDK bei der Wahrnehmung ihrer medizinischen Aufgaben nur ihrem ärztlichen Gewissen unterworfen sind (§ 275 Abs. 5 SGB V), so steht der MDK doch „im Lager“ der Kläger. In der Sache machen die Kläger damit geltend, dass ihnen bei der Beurteilung der Frage, ob ein Krankenhaus die Anforderungen eines Perinatalzentrums Level 1 erfüllt, ein Letztentscheidungsrecht zustehe. Das ist indessen nicht der Fall.
33 
Zwar ist nach § 5 Abs. 2 G-BA-Richtlinie der Nachweis über die Erfüllung der Voraussetzungen zur neonatologischen Versorgung als Perinatalzentrum Level 1 gegenüber den Krankenkassen vor Ort im Rahmen der jährlichen Pflegesatzverhandlungen in Form der Checkliste gemäß Anlage 2 zur G-BA-Richtlinie bis spätestens 30.09. eines Jahres zu führen. § 5 Abs. 3 der G-BA-Richtlinie bestimmt dazu, dass der MDK berechtigt ist, die Richtigkeit der Angaben vor Ort zu überprüfen. Dazu sind ihm gegebenenfalls sämtliche erforderliche Unterlagen vorzulegen.
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In der Sache wird dem MDK damit die Funktion zugewiesen, die Angaben der jeweiligen Krankenhäuser dazu, dass sie Anforderungen an ein Perinatalzentrum Level 1 erfüllen, in tatsächlicher Hinsicht zu überprüfen. Das ist sinnvoll, denn die Beurteilung, ob die Anforderungen gemäß der Anlage 1 vorliegen, erfordert hinsichtlich zahlreicher Punkte ärztlichen Sachverstand und ist von einem medizinischen Laien nicht zu leisten.
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Schon der Wortlaut des § 5 Abs. 3 G-BA-Richtlinie gibt damit aber nichts dafür her, dass dem MDK die Kompetenz eingeräumt werden sollte, letztverbindlich das Merkmal „kurzfristig“ in der Anlage 1 , Abschnitt 1, A 10 der G-BA-Richtlinie auszulegen und verbindlich darüber zu entscheiden, ob die Voraussetzungen dafür auch in tatsächlicher Hinsicht vorliegen. Ob es vor dem Hintergrund des Art. 19 Abs. 4 GG überhaupt zulässig wäre, dem MDK eine so weitgehende Befugnis - und noch dazu durch eine untergesetzliche Norm wie die G-BA-Richtlinie - zu gewähren, bedarf danach keiner Entscheidung mehr.
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Entgegen der Auffassung der Kläger ist das Merkmal „kurzfristig“ in der Anlage 1, Abschnitt 1, A 10 der G-BA-Richtlinie nicht in dem Sinne auszulegen, dass der kinderchirurgische Konsiliarius innerhalb einer Zeitspanne von 30 Minuten am Krankenbett des Neugeborenen sein muss. Schon der Wortlaut „kurzfristig“ gibt für eine solche Auslegung nichts her. Hätte der Gemeinsame Bundesausschuss tatsächlich verlangen wollen, dass der kinderchirurgische Konsiliarius binnen einer bestimmten Zeitspanne am Krankenbett ist, so hätte es nahegelegen, diese präzise zu benennen, wie dies etwa in Anlage 1, Abschnitt 1, A 4 geschehen ist. Dort heißt es ausdrücklich, das Blutgasgerät müsse innerhalb von 3 Minuten erreichbar sein. Zu Recht weist die Beigeladene auch daraufhin, dass der Gemeinsame Bundesausschuss auch noch an anderen Stellen in der Anlage 1 genaue Zeitvorgaben gemacht hat.
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Fehl geht vor diesem Hintergrund auch die Argumentation, nach dem OPS 2009 8-98c werde für die Basisprozedur „intensivmedizinische Komplexbehandlung im Kindesalter“ eine eigene kinderchirurgische Abteilung oder ein fester Kooperationspartner mit kurzfristiger, maximal 30 minütiger Einsatzbereitschaft gefordert, deshalb sei das Merkmal „kurzfristig“ auch hier im Sinne von maximal 30 Minuten auszulegen. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Gemeinsame Bundesausschuss überhaupt auf den OPS 2009 8-98c hat Bezug nehmen wollen. Zutreffend hat bereits die Schiedsstelle darauf hingewiesen, dass der OPS 2009 8-98c für ein anderes Patientenkollektiv gilt und nicht die Qualität einer öffentlich-rechtlichen Norm aufweist.
38 
Aus den Motiven des Gemeinsamen Bundesausschusses für die Aufnahme des Anforderungsmerkmals „kurzfristig“ ergeben sich gleichfalls keine Hinweise dafür, dass dieses im Sinne einer bestimmten, noch dazu besonders kurzen Zeitspanne wie etwa 30 Minuten auszulegen sein könnte. Wie bereits ausgeführt, war in der ursprünglichen Fassung der G-BA-Richtlinie in der Anlage 1, Abschnitt 1 unter A 9 für die Anerkennung als Perinatalzentrum Level 1 nur gefordert, dass Dienstleistungen bzw. Konsiliardienste u.a. auf dem Gebiet der Kinderchirurgie zur Verfügung stehen sollen. Erst mit Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Änderung der Vereinbarung über Maßnahmen zur Qualitätssicherung der Versorgung von Früh- und Neugeborenen vom 18.12.2008 wurden die Anforderungen an ein Perina-talzentrum Level 1 dahin verschärft, dass Dienstleistungen und Konsiliardienste u.a. auf dem Gebiet der Kinderchirurgie - gegebenenfalls auch auf der Grundlage von Kooperationsverträgen mit anderen Einrichtungen - kurzfristig zur Verfügung stehen müssen. In den Tragenden Gründen zum Beschlussentwurf des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Änderung der Vereinbarung über Maßnahmen zur Qualitätssicherung der Versorgung von Früh- und Neugeborenen vom 18. Dezember 2008 heißt es dazu unter dem Punkt „zu II. Nr. 1 j) (Anlage 1 Abschnitt 1. A Nr. 10)“, mit der Regelung werde festgelegt, welche Dienstleistungen und Konsiliardienste für die Versorgungsstufe 1 verfügbar sein müssten, und zum anderen, in welchem zeitlichen Fenster dies der Fall sein müsse. Dieses zeitliche Fenster wird aber nicht näher konkretisiert, insbesondere wird keine konkrete Zeitspanne (etwa 30 Minuten) genannt. Weiter heißt es vielmehr, leitender Gedanke der Regelung sei, dass nicht die schutzbedürftigen Früh- und Neugeborenen zu den Diensten transportiert werden müssten, sondern dass diese Dienste zu den Kindern kämen. Von diesem Grundsatz dürfe nur in begründeten Fällen abgewichen werden. Ausdrücklich genannt wird hier die Verlegung eines Kindes in stabiler Lage in eine Kooperationseinrichtung für eine erforderliche herzchirurgische Operation.
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Aus diesen Gründen für die Verschärfung der Anforderungen an ein Perinatalzen-trum Level 1 lässt sich ebenfalls keine konkrete Zeitspanne, erst recht keine besonders kurze im Sinne von 30 Minuten ableiten. Danach ist „kurzfristig“ eher so zu verstehen, dass der kinderchirurgische Konsiliarius spontan, d.h. ohne längere Voranmeldung gerufen werden können muss und bis zu seinem Eintreffen jedenfalls nicht mehr Zeit vergehen darf, als sonst allgemein für die Verlegung erforderlich ist. Rechnet man hier die Zeit ein, die benötigt wird, um den Transport eines Kindes vorzubereiten, so dürfte die Zeitspanne jeweils deutlich über einer Stunde liegen, zumal auch noch die für die Verlegung selbst benötigte Zeit addiert werden muss.
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Das Merkmal „kurzfristig“ kann daher allenfalls nach Sinn und Zweck der G-BA-Richtlinie dahin ausgelegt werden, dass der kinderchirurgische Konsiliarius innerhalb einer bestimmten Zeitspanne (seien es 30 Minuten oder ein längerer Zeitraum) anwesend sein muss. Ansatzpunkt ist dabei, dass die G-BA-Richtlinie nach ihrer rechtlichen Grundlage in §§ 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 13, 137 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V der Qualitätssicherung der ärztlichen Versorgung im Krankenhaus dient. Die Qualitätssicherung bezieht sich auf die Struktur-, die Prozess- und die Ergebnisqualität. Die für die Leistungserbringung vorgehaltenen Ressourcen (personelle und sachliche Ausstattung) - die Strukturqualität - und die Organisation und Koordination der Abläufe, vor allem in diagnostischer, therapeutischer und pflegerischer Hinsicht - die Prozessqualität - sollen so sein, dass optimale therapeutische Ergebnisse - Ergebnisqualität - erzielt werden können (vgl. zu den einzelnen Aspekten der Qualitätssicherung Quaas/Zuck, Medizinrecht, 2. Aufl., 2008, RN 120 zu § 26). Dafür ist einmal erforderlich, dass die Anwesenheit des kinderchirurgischen Konsiliarius innerhalb einer solchen Zeitspanne tatsächlich erforderlich ist oder doch erforderlich sein kann. Außerdem muss sich der G-BA-Richtlinie entnehmen lassen, dass sie entsprechend strenge Anforderungen tatsächlich stellen wollte.
41 
Die Kläger argumentieren, entgegen der Auffassung der Schiedsstelle sei es nicht ausreichend, wenn der Kinderchirurg erst hinzugezogen werde, nachdem der Neona-tologe bereits die Indikation zur Operation gestellt habe. Vielmehr müsse der Kinderchirurg in vielen Fällen schon in der Phase der Indikationenstellung mitwirken, um einen optimalen Behandlungserfolg zu erreichen. In ihrem Schriftsatz vom 30.03.2012 führen die Kläger dazu aus, bei allen erworbenen gastrointestinalen Erkrankungen der Frühgeborenen (nekrotisierende Enterokolitis, spontane/fokale intestinale Perforation des Darms und nicht fehlbildungsbedingter Volvulus) müsse die Diagnose interdisziplinär zwischen Kinderchirurg und Neonatologe erfolgen, weil nur dann auf der Grundlage eines anfänglich unspezifischen Beschwerdebildes eine zuverlässige Diagnose gestellt und ggf. der optimale Operationszeitpunkt festgelegt werden könne.
42 
Die Kläger haben dazu Prof.Dr. ..., den Geschäftsführenden Direktor der Klinik für Neonatologie und Neuropädiatrie der Universität ..., in die Sitzung mitgebracht. Im Rahmen seiner informatorischen Befragung hat er dazu angegeben, bei den genannten gastrointestinalen Erkrankungen, insbesondere bei der nekrotisierenden Enterokolitis, sei die frühzeitige Zuziehung des Kinderchirurgen erforderlich, weil nur dann in einer kollegialen Kooperation mit dem Neonatologen eine zutreffende Entscheidung getroffen werden könne, ob überhaupt und gegebenenfalls zu welchem genauen Zeitpunkt eine Operation erforderlich sei.
43 
Bezüglich der Auffassung der Beigeladenen wurden Prof.Dr. ..., bis 2005 Leiter der Sektion Neonatologie und pädiatrische Intensivmedizin der Universitätskinderklinik ..., und Dr. ..., der Leitende Arzt der Kinder- und Jugendklinik der ..., zu diesem Punkt informatorisch angehört. Sie stimmten mit Prof.Dr. ... darin überein, dass die Zuziehung eines Kinderchirurgen bereits in der Phase der Indikationenstellung erforderlich sein kann, sahen den Schwerpunkt der diagnostischen Kompetenz aber beim Neonatologen, weshalb nach ihrer Auffassung die Zuziehung des Kinderchirurgen nur in Ausnahmefällen - bei Unsicherheit des Neonatologen - erforderlich sein soll.
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Die Kammer muss nicht entscheiden, welchem Standpunkt zu folgen ist. Denn weder aus den Ausführungen des Prof.Dr. ... noch aus den Darlegungen der Kläger ist zu entnehmen, dass der kinderchirurgische Konsiliarius für die Mitwirkung bei der Diagnosestellung binnen 30 Minuten am Krankenbett sein muss.
45 
Prof.Dr. ... hat dazu angegeben, für die zuverlässige Stellung der Indikation zur Operation sei eine Beobachtung des Kindes über einen längeren Zeitraum, der von 24 bis 48 Stunden reichen könne, erforderlich. Er hat auch den Vortrag der Kläger bestätigt, bei Verdacht auf eine nekrotisierende Enterokolitis sei die Re-Evaluation der klinischen Symptome etwa alle drei bis sechs Stunden nach Vereinbarung zwischen Kinderchirurg und Neonatologe durchzuführen. Die Entscheidung zur Operation müsse individuell je nach Fortschreiten des Krankheitsbildes, klinischem Zustand und Reifegrad des Kindes getroffen werden, und zwar in enger Kooperation zwischen Neonatologen und Kinderchirurg. Die Mortalitätsquote sei dann deutlich niedriger, wie wissenschaftliche Studien aus Israel und Italien zeigten.
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Bei Intervallen für die Re-Evaluation der klinischen Symptome von drei bis sechs Stunden oder einer relativen Operationsindikation bei einer sich über 24 Stunden hinziehenden Beobachtungsphase kann es nicht entscheidend sein, dass der Kinderchirurg binnen 30 Minuten am Krankenbett ist. Da ist ersichtlich auch eine deutlich längere Zeitspanne ausreichend.
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Auch Prof.Dr. ... hat daher nicht gefordert, der Kinderchirurg müsse innerhalb von 15, 30 oder 60 Minuten am Krankenbett sein. Sein Anliegen - und letztlich auch das der Kläger - ist ein anderes. Er hält es aus medizinischen Gründen für geboten, dass der Kinderchirurg während des gesamten Zeitraums vom Auftreten der ersten Anzeichen für eine der oben genannten gastrointestinalen Erkrankungen bis zur abschließenden Klärung, ob eine OP erforderlich ist und eventuell auch noch in der postoperativen Phase im Krankenhaus selbst anwesend oder doch jedenfalls auf Abruf quasi sofort verfügbar ist, weil nur so eine zuverlässige Entscheidung über die Notwendigkeit und gegebenenfalls den Zeitpunkt der Operation getroffen werden könne. Müsse der Kinderchirurg immer erst aus einem weiter entfernt liegenden Krankenhaus mit einer längeren Anreise für die Mitwirkung bei der Stellung der Indikation zur Operation als Konsiliarius gerufen werden, so bestehe die Gefahr, dass vorschnell operiert werde, um eine sonst möglicherweise erforderliche neue Anreise zu vermeiden. Ist die ständige Präsenz des Kinderchirurgen aber nicht gewährleistet, so soll die Forderung nach einer möglichst kurzen Anreisezeit dazu dienen, die damit verbundenen Belastungen und Zeitverluste zu senken, um so zu gewährleisten, dass der Kinderchirurg wiederholt gerufen werden und somit schon im Vorfeld der Operation doch möglichst eng mit dem Neonatologen zusammenarbeiten kann. Dabei ist das Ziel, das Risiko einer unnötigen oder zum falschen Zeitpunkt vorgenommenen Operation zu reduzieren.
48 
Prof.Dr. ... und Dr. ... halten diese ständige Verfügbarkeit des Kinderchirurgen nicht für erforderlich, weil der Neonatologe eine umfassende Kompetenz für die Diagnose und Behandlung von schwierigen neonatologischen Krankheitsbildern habe und wegen seines ständigen Kontakts mit dem kranken Neugeborenen auch besser als der Kinderchirurg, der nur hin und wieder zugezogen werde, in der Lage sei, eine zutreffende Diagnose zu stellen.
49 
Vorliegend kann diese medizinische Streitfrage offen bleiben. Maßgeblich ist, dass eine - quasi ständige - Verfügbarkeit des Kinderchirurgen, wie sie von Prof.Dr. ... und den Klägern für erforderlich gehalten wird, in der G-BA-Richtlinie nicht verlangt wird, wie die nachfolgenden Überlegungen zeigen.
50 
Nach Anlage 1, Abschnitt 1 A 10 der G-BA-Richtlinie reicht es aus, dass Dienstleistungen und Konsiliardienste auf dem Gebiet der Kinderchirurgie auf der Grundlage von Kooperationsverträgen kurzfristig zur Verfügung stehen. Schließt ein Perinatalzentrum Level 1 einen solchen Kooperationsvertrag, so bedeutet dies im Regelfall, dass sich das Kooperationskrankenhaus - und damit auch der Kinderchirurg - in einer gewissen - regelmäßig größeren Entfernung - vom Perinatalzentrum Level 1 befinden wird, denn die Kinderchirurgie ist ein eher kleines ärztliches Gebiet, weshalb die Kinderchirurgen daher auch nicht flächendeckend vertreten sind (vgl. das Schreiben v. Prof.Dr. ..., des Vorsitzenden der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie, v. 28.11.2011 an die ...-... Krankenhausgesellschaft). Dem Gemeinsamen Bundesausschuss ist diese Situation schon aufgrund seiner Zusammensetzung (dazu näher bereits oben) sicher bekannt. Gleichwohl hat er für ein Perinatalzentrum Level 1 genügen lassen, dass Dienstleistungen und Konsiliar-dienste auf dem Gebiet der Kinderchirurgie gegebenenfalls über einen Kooperationsvertrag kurzfristig zur Verfügung stehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bringt damit zum Ausdruck, dass aus seiner Sicht die ständige Verfügbarkeit des Kinderchirurgen in der Phase der Diagnosestellung für die Anerkennung eines Krankenhauses als Perinatalzentrum Level 1 eben nicht gefordert wird. Denn es liegt auf der Hand, dass unter diesen Umständen die Anwesenheit oder doch kurzfristige Verfügbarkeit des Kinderchirurgen auf Abruf nicht über einen Zeitraum von 24 oder gar 48 Stunden gewährleistet sein kann. Die Forderung nach einer aus medizinischen Gründen nicht erforderlichen möglichst kurzen Anreisezeit kann dann nicht dazu dienen, das vom Gemeinsamen Bundesausschuss nicht geforderte Ziel, der quasi ständigen Verfügbarkeit des Kinderchirurgen doch noch zu erreichen.
51 
Wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, stellt auch die Beigeladene nicht in Frage, dass es Situationen gibt, in denen der Neonatologe den Kinderchirurgen wegen Unsicherheiten bei der Diagnose bereits in einem frühen Erkrankungsstadium und nicht erst zur Durchführung der Operation hinzuziehen muss. Die Möglichkeit dazu ist aber durch die Kooperationsverträge der Beigeladenen gewährleistet, weil danach die Kinderchirurgen der Kooperationspartner nicht nur zur Durchführung eventuell erforderlicher Operationen, sondern auch zur Mitwirkung an Vor-Ort-Konsilen im Rahmen der Diagnose - und gegebenenfalls Indikationenstellung zur Operation - verpflichtet sind, wie sich aus dem jeweiligen Ergänzungsvereinbarungen ergibt.
52 
Die Kläger haben der Feststellung der Schiedsstelle, dass die Indikation zur Operation auch von einem Neonatologen gestellt werden könne und es dann ausreiche, wenn der Kinderchirurg nach Abschluss der Operationsvorbereitungen eintreffe, widersprochen. Der Neonatologe könne zwar den Verdacht auf das Vorliegen einer durch den Kinderchirurgen operativ zu behandelnden Erkrankung äußern, die definitive Indikationenstellung müsse dann aber immer durch den Kinderchirurgen erfolgen. Auch daraus kann indessen nicht abgeleitet werden, der Kinderchirurg müsse binnen 30 Minuten am Krankenbett sein.
53 
Dabei ist zwischen zwei Fallgruppen zu differenzieren.
54 
Besteht eine zunächst noch unklare Symptomatik, aus der sich im weiteren Verlauf (mehrere Stunden bei den von den Klägern genannten Krankheitsbildern) die Indikation zu einem chirurgischen Eingreifen ergeben kann, gilt das oben Gesagte. Wichtig ist nicht, die möglichst kurze Zeitspanne bis zum Eintreffen des Kinderchirurgen, sondern dass dieser gegebenenfalls für ein Vor-Ort-Konsil angefordert wird. Die konkrete Zeitdauer bis zu seinem Eintreffen ist dann angesichts der regelmäßig zur Verfügung stehenden Zeitspannen weniger entscheidend. Der Neonatologe hat auch die Kompetenz, die Notwendigkeit der Hinzuziehung des Kinderchirurgen zu erkennen, sei es für ein Vor-Ort-Konsil, sei es sofort für die Durchführung einer Operation. Denn nach der Weiterbildungsordnung der Landesärztekammer ...-... gehört zur Weiterbildung im Schwerpunkt Neonatologie im Rahmen der definierten Untersuchungs- und Behandlungsverfahren auch die Behandlung von komplizierten neonatologischen Krankheitsbildern auch bei untergewichtigen Frühgeborenen mit einem Gewicht unter 1.500 g. Die auch von den Klägern wiederholt erwähnte nekroti-sierende Enterokolitis wird dabei ausdrücklich genannt.
55 
Ergibt sich akut die Notwendigkeit zur Operation, so muss die Indikation zwangsläufig von dem Neonatologen gestellt werden, wenn der Kinderchirurg nicht im Krankenhaus selbst tätig ist, sondern bei einem Kooperationspartner angefordert werden muss. Die Schiedsstelle hat dazu ausgeführt, dass in einem solchen Fall die Operationsvorbereitung vom Neonatologen getroffen werden kann, mindestens 60 Minuten dauert und es ausreicht, wenn der Kinderchirurg erst danach eintrifft. Bereits zuvor hatte Prof. Dr. ... von der Sektion Kinderchirurgie der Universitätsklinik ... seinem Schreiben vom 09.09.2009 ausgeführt, gerade in einem akuten Notfall könne die Diagnose von einem Neonatologen gestellt werden und es reiche aus, wenn der Kinderchirurg nach Abschluss der Operationsvorbereitung eintreffe, die erfahrungsgemäß weit mehr als eine bis eineinhalb Stunden in Anspruch nehme. Im gerichtlichen Verfahren hat die Beigeladene die Stellungnahme von Prof. Dr. ..., des Vorsitzenden der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie, vom 28.11.2011 gegenüber der ...-... Krankenhausgesellschaft vorgelegt, worin es heißt, die Einsatzzeit des Kinderchirurgen könne heute problemlos auf 60 bis 90 Minuten gestreckt werden. Die Kläger sind dem nicht substantiiert entgegengetreten. Sie haben vor allem nicht dargelegt, in welchen akuten Notfällen eine kürzere Einsatzzeit (30 Minuten) erforderlich sein könnte.
56 
Vor diesem Hintergrund geht die Kammer davon aus, dass es ausreicht, wenn der Kinderchirurg nach ca. 90 Minuten am Krankenbett eintrifft. Regelmäßig dürfte sogar eine längere Zeitspanne genügen. Im streitigen Bescheid vom 21.05.2010 hat das Regierungspräsidium ... der Beigeladenen aufgegeben, dass sie zum Nachweis der kurzfristigen Verfügbarkeit eines Kinderchirurgen in jedem Einzelfall eine entsprechende Dokumentation führen muss. Aus den vorgelegten Dokumentationsbögen ist zu ersehen, dass häufig eine größere Zeitspanne bis zum Eintreffen des Kinderchirurgen vergangen ist. Medizinische Probleme oder gar Komplikationen beim Neugeborenen haben daraus aber offensichtlich nicht resultiert.
57 
In der Zeit von 07.00 Uhr bis Sonnenuntergang kann der Kinderchirurg mit den Helikoptern der DRF anreisen. Er benötigt dann von allen Kooperationskliniken aus deutlich weniger als eine Stunde, um nach ... zu kommen, wie sich aus der von der Beigeladenen vorgelegten Tabelle mit den Helikopterflugzeiten ergibt. Nach Sonnenuntergang sind die Hubschrauberstationen in ...-... aus Kostengründen nicht besetzt. Die Hubschrauberstationen in der Schweiz (... und ...) fliegen aber auch nachts. Jedenfalls von ... und ... aus ist auf diese Weise auch in den Nachtstunden eine Anreise nach ... per Helikopter in weniger als einer Stunde möglich. Sollte die Anreise in der Nacht mittels der Schweizer Helikopter nicht möglich sein, so bleibt der Landweg. Den Klägern ist zuzugeben, dass die Fahrzeiten nach den gängigen Routenplanern jeweils deutlich über einer Stunde liegen. Von ... nach ... betragen sie nach den gängigen Routenplanern fast zwei Stunden (Zeitspanne: 1 Std. 43 bis 1 Std. 56). Hier ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Zeitdauer im Notfall durch den Einsatz des Sondersignals (§ 38 Abs. 1 StVO) und durch die Inanspruchnahme von Sonderrechten (§ 5 Abs. 5a StVO) deutlich verkürzt werden kann. Auch nach den gängigen Routenplanern liegt die Fahrzeit von ... bzw. ... nach ... jeweils noch unter 1 Stunde 30 Minuten.
58 
Unverständlich ist das Argument der Kläger, gerade bei sehr kleinen Frühgeborenen seien Komplikationen nach geplanten Eingriffen häufig, wofür dann der kinderchirurgische Konsiliardienst mit einer Einsatzzeit von 30 Minuten benötigt werde. Gerade im Falle eines geplanten Eingriffs kann die Präsenz eines Kinderchirurgen sichergestellt werden. Sollte sich plötzlich die Notwendigkeit einer zweiten Operation ergeben, so gilt das oben Gesagte. Es genügt, wenn der Kinderchirurg nach Abschluss der Operationsvorbereitungen eintrifft.
59 
Unabhängig davon hat die Beigeladene bereits aufgrund der Übergangsvorschrift in § 5 Abs. 4 der G-BA-Richtlinie, die bereits in der ursprünglichen Fassung enthalten war, im hier streitigen Pflegesatzzeitraum 2009 Anspruch auf Abrechnung der Fallpauschalen P 62 D und P 63 Z, und zwar selbst dann, wenn ein Kinderchirurg im Jahre 2009 nicht kurzfristig erreichbar gewesen sein sollte und die ...-Klinik damit die Anforderungen an ein Perinatalzentrum Level 1 nicht erfüllt hätte. Das ergibt sich aus nachfolgenden Überlegungen:
60 
Die G-BA-Richtlinie sah in ihrer ursprünglichen Fassung in Anlage 1, Nr. 1, A 9 nur vor, dass ein kinderchirurgischer Konsiliardienst überhaupt zur Verfügung stehen muss. Eine Zeitvorgabe „kurzfristig“ gab es nicht. Erst durch den Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Änderung der Vereinbarung über Maßnahmen zur Qualitätssicherung der Versorgung von Früh- und Neugeborenen vom 18.12.2008 wurde die hier streitige Zeitvorgabe eingeführt.
61 
Für den Fall, dass eine Anerkennungsvoraussetzung verschärft wird, bestimmt § 5 Abs. 4 der G-BA-Richtlnie, dass Krankenhäuser 12 Monate Zeit haben, die Anforderungen zu erfüllen und nachzuweisen. Erst wenn das Krankenhaus danach diese Anforderungen nicht erfüllt, darf es eine neonatologische Versorgung nur noch gemäß der Versorgungsstufe anbieten, deren Anforderungen erfüllt werden (vgl. zur Auslegung der Übergangsvorschrift Trefz, Das neonatologische Versorgungskonzept des G-BA, f & w 2010, 519/521). Eine solche Verschärfung liegt hier vor, denn in der ursprünglichen Fassung der Anlage 1 Abschnitt 1 zur G-BA-Richtlinie war unter A 9 eine Zeitvorgabe „kurzfristig“ nicht enthalten. Das Argument der Kläger, es handele sich nicht um eine Verschärfung, sondern nur um eine Präzisierung der Anforderungen, geht vor diesem Hintergrund fehl. Insbesondere ist in den Tragenden Gründen zum Beschlussentwurf des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Änderung der Vereinbarung über Maßnahmen zur Qualitätssicherung der Versorgung von Früh- und Neugeborenen vom 18.12.2008 eine entsprechende Aussage nicht enthalten. Zwischen einer Verschärfung der Anforderung und einer sprachlichen Präzisierung wird lediglich in der Begründung zu dem vorhergehenden Punkt: „Zu II. Nr. 1 h) (Anlage 1, Abschnitt 1, A 8)“ unterschieden. Da die Beigeladene bereits seit 2006 als Perinatalzentrum Level 1 tätig war, kann sie sich auf die genannte Übergangsvorschrift auch berufen.
62 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 und Abs. 3, 159 Satz 2, 162 Abs. 3 VwGO. Es besteht kein Anlass, das Urteil wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären.

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