Beschluss vom Verwaltungsgericht Freiburg - A 1 K 3200/18

Tenor

Die Erinnerung der Erinnerungsführer gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 04.04.2018 - A 1 K 7566/17 - wird zurückgewiesen.

Die Erinnerungsführer tragen die Kosten des - gerichtskostenfreien - Erinnerungsverfahrens.

Gründe

 
Der Antrag auf Entscheidung des Gerichts (§§ 165, 151, 147 VwGO) ist nicht begründet. Der Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 04.04.2018 ist nicht zu beanstanden. Insoweit kann in vollem Umfang auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen werden. Ergänzend ist lediglich anzumerken:
Die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung und der Vorschuss hierauf werden auf Antrag des Rechtsanwalts von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts des ersten Rechtszugs festgesetzt (§ 55 Abs. 1 RVG). Der im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete Rechtsanwalt erhält die gesetzliche Vergütung in Verfahren vor Gerichten eines Landes aus der Landeskasse (§ 45 Abs. 1 RVG). Beteiligte des Erinnerungsverfahrens gegen die Vergütungsfestsetzung der aus der Staatskasse zu zahlenden Vergütung nach erfolgter Prozesskostenhilfebewilligung sind demzufolge nicht die Beteiligten des Ausgangsverfahrens, sondern der beigeordnete Rechtsanwalt (Erinnerungsführer) und die Staatskasse, vertreten durch die Bezirksrevisorin beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (Erinnerungsgegner).
Nach § 122 Abs. 1 Nr. 3 RVG können die beigeordneten Anwälte ihre Ansprüche auf Vergütung gegen die Partei nicht geltend machen (Groß in: Groß, Beratungshilfe/Prozesskostenhilfe/Verfahrenskostenhilfe, 13. Aufl. 2015, § 122 Rn. 16). Im Umfang der Bewilligung können ihre Kosten zur Erstattung aus der Staatskasse verlangen. Dies gilt jedoch nur, soweit die Bewilligung (OLG Nürnberg, Beschluss vom 06.03.2001 - 10 WF 62/01 - JurBüro 2001, 481) und die Beiordnung reicht (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.01.2008 - II-10 WF 33/07 - FamRZ 2008, 1767).
Im vorliegenden Fall ist allein umstritten, ob und wie es im Rahmen der Erstattung zu berücksichtigen ist, dass nur für einen Teil des Streitgegenstands Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist. In ihrem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 04.04.2018 - A 1 K 7566/17 - ist die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle davon ausgegangen, dass in einem solchen Fall keine uneingeschränkte Vergütung aus der Staatskasse erfolgt, sondern diese nur anteilig entsprechend der im Hauptsachverfahren zu erwartenden Kostenquote festgesetzt werden kann. Diese beträgt nach der Rechtsprechungspraxis der Kammer regelmäßig 50%, wenn eine Asylklage lediglich in Bezug auf die Gewährung subsidiären Schutzes Erfolg hat.
Diese Auffassung hält auch das Gericht für überzeugend.
1. Das Gericht folgt nicht der Auffassung des Erinnerungsgegners, wonach die dem Rechtsanwalt zustehenden Gebühren aus der Staatskasse anhand eines besonderen Prozesskostenhilfegegenstandswerts zu ermitteln wären (ebenso: VG Würzburg, Beschluss vom 09.04.2018 - W 8 M 18.30389 - juris); danach wäre bei einer nur teilweisen Bewilligung der Prozesskostenhilfe nur ein Teil des Gesamtgegenstandswerts heranzuziehen. Abweichend von § 30 RVG wäre nach dieser Auffassung für die Bemessung des Vergütungsanspruchs ein Gegenstandswert zu ermitteln, der dem Teil, auf den sich die bewilligte Prozesskostenhilfe bezieht, im Verhältnis zum Gegenstandswert der Klage insgesamt zukommt (so z.B. Thüringer Finanzgericht, Beschluss vom 29.11.2007 - 4 Ko 542/07 - juris). Dies entspräche im vorliegenden Fall einem Prozesskostenhilfestreitwert von 2.500 EUR bei einem Gesamtstreitwert von 5.000 EUR.
Diese Auffassung kann jedoch nicht überzeugen, weil sie die ausdrückliche Regelung des § 30 RVG außer Acht lässt, nach der von einem gesetzlich festgelegten Gegenstandswert auszugehen ist, der auch für die Vergütungsfestsetzung eines im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Prozessbevollmächtigten relevant sein muss. Denn die Festsetzung des Gegenstandswerts selbst ist inhaltlich nicht Gegenstand des Kostenfestsetzungs- und Erinnerungsverfahrens. Eine Festsetzung des Gegenstandswerts im Vergütungsfestsetzungsverfahren oder gar im nachfolgenden Erinnerungsverfahren scheidet nach der gesetzlichen Systematik aus (vgl. VG Würzburg, Beschluss vom 09.04.2018 - W 8 M 18.30389 - juris).
2. Ausgehend von § 30 RVG ist vorliegend ein Gegenstandswert von 5.000 EUR anzusetzen, aus dem sich die Gebühren und Auslagen errechnen, die - entgegen der Auffassung der Erinnerungsführer - anschließend zu halbieren sind. Denn nur so wird angemessen berücksichtigt, dass lediglich für einen Teil des Streitgegenstands Prozesskostenhilfe bewilligt und ein Bevollmächtigter beigeordnet worden ist. Insbesondere bei der von den Erinnerungsführern angestrebten vollen Vergütung aus dem Gesamtstreitwert von 5.000 EUR würde von den Gesamtkosten ein erheblicher Teil von der Staatskasse erstattet, obwohl für einen mit einer Quote von 50% zu bemessenden Teil des anhängig gemachten Streitgegenstands keine Prozesskostenhilfe bewilligt und kein Bevollmächtigter beigeordnet worden ist. Dies muss sich auch bei der Gewährung der Vergütung widerspiegeln. Bei der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für nur eines der anhängig gemachten Begehren kann ein Verfahrensbevollmächtigter demzufolge nur die Hälfte der Vergütung beanspruchen, die er bei uneingeschränkter Bewilligung von Prozesskostenhilfe erhalten hätte (vgl. OVG Bln-Bbg., Beschluss vom 26.7.2016 - OVG 3 K 40.16 - NVwZ-RR 2017, 73; VG Würzburg, Beschluss vom 09.04.2018 - W 8 M 18.30389 - juris).
Diese Lösung entspricht letztlich auch der Systematik des Kostenrechts bei teilweisem Unterliegen bzw. Obsiegen. Auch in diesem Fall wird kein gesonderter Teilgegenstandswert ermittelt. Vielmehr wird von dem Gesamtgegenstandswert ausgegangen und die Gebühr nach der Erfolgsquote berechnet. Die Prozesskostenhilfe soll eine Gleichberechtigung des bedürftigen Beteiligten gewährleisten, nicht aber seine Bevorzugung gegenüber einem nicht Bedürftigen, der von der Gegenseite auch nur eine Kostenerstattung entsprechend seiner Erfolgsquote verlangen kann.
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Schließlich würde die Auffassung, dass auch bei einer lediglich teilweisen Bewilligung von Prozesskostenhilfe die Bemessung der Vergütung uneingeschränkt aus dem Gesamtgegenstandswert zu erfolgen habe, zu einer ungerechtfertigten Privilegierung eines Klägers führen, der Streitgegenstände anhängig macht, denen von vornherein die hinreichende Aussicht auf Erfolg fehlt. Denn er würde die gleiche Vergütung erhalten wie ein Kläger, der sich darauf beschränkt hat, nur die erfolgversprechenden Streitgegenstände bei Gericht anhängig zu machen. Damit entfiele jeglicher Anreiz für einen Kläger, selbst vorab zu prüfen, welcher Streitgegenstand von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hat, und die Klage auf diejenigen Streitgegenstände zu beschränken, bei denen dies der Fall ist.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist gemäß § 83b AsylG gerichtskostenfrei.
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Das Gericht weist darauf hin, dass der vorliegende Beschluss gemäß § 80 AsylG trotz der Bestimmung des § 1 Abs. 3 RVG unanfechtbar sein dürfte (str., vgl. einerseits VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 28.02.2017 - A 2 S 271/17 - ESVGH 67, 250; VG Würzburg, Beschluss vom 09.04.2018 - W 8 M 18.30389 - juris; a. A.: OVG Bln-Bbg, Beschluss vom 26.07.2016 - OVG 3 K 40.16 - NVwZ-RR 2017, 73).

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