Die Disziplinarverfügung der Hochschule für Polizei Baden-Württemberg vom 10.11.2020 wird aufgehoben.
Der Beklagte wird verpflichtet, das Disziplinarverfahren gegen den Kläger auf Grundlage der Einleitungsverfügung vom 14.05.2020 einzustellen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Berufung wird zugelassen.
| Der Kläger wendet sich gegen die Verhängung einer Geldbuße. |
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| Der am x geborene Kläger trat nach erfolgreichem Abschluss der Zweiten juristischen Staatsprüfung am 02.02.1996 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe im Amt des Regierungsrats zur Anstellung in den Dienst der Bundesrepublik Deutschland. Mit Wirkung vom 02.02.1999 wurde ihm die Eigenschaft eines Beamten auf Lebenszeit verliehen. Mit Wirkung vom 03.04.2006 wurde er von der Wehrbereichsverwaltung S... in S1... zum Kreiswehrersatzamt x versetzt. Am 24.09.2007 wurde er zum Regierungsdirektor ernannt. Ab dem 15.02.2012 befand er sich bis auf Weiteres in einer Abordnung an das x mit Dienstort in x, an welches er schließlich mit Wirkung zum 01.12.2012 versetzt wurde. Seit dem Sommersemester 2014 war er im Rahmen einer Nebentätigkeit als Lehrbeauftragter in den Fächern x an der Hochschule für Polizei Baden-Württemberg (nachfolgend: Hochschule für Polizei) tätig. Mit Verfügung vom 28.08.2019 wurde er schließlich für die Zeit vom 01.09.2019 bis zum 31.08.2024 an die Hochschule für Polizei abgeordnet. Der Kläger ist verheiratet und hat zwei Kinder. Er trat disziplinarrechtlich bislang nicht in Erscheinung. |
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| Im März 2020 wurde der Präsident der Hochschule für Polizei durch ein anonymes Schreiben der Studierendengruppe des 42. Jahrgangs auf Vorkommnisse im Vorfeld der am 19.02.2020 durchgeführten Modulprüfung im x - aufmerksam gemacht. Ausweislich des Schreibens sei am Abend des 18.02.2020 gegen 22:00 Uhr unter den Studierenden des Moduls eine WhatsApp-Nachricht verbreitet worden, in welcher konkrete Angaben zu dem in der Prüfung abgefragten Stoff gemacht worden seien. Diese Informationen habe ein Dozent des Moduls in seiner letzten Unterrichtseinheit weitergegeben. |
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| Nachdem die in der WhatsApp-Nachricht benannten Inhalte tatsächlich Gegenstand der Klausur geworden waren, ergaben Zeugenvernehmungen einiger Studierender und die sonstigen Ermittlungen der Hochschule für Polizei Anhaltspunkte dafür, dass solche Inhalte in der letzten Moduleinheit des Klägers angesprochen worden sein könnten. Die Modulprüfung im x wurde am 07.08.2020 wiederholt. |
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| Mit Verfügung vom 14.05.2020 leitete der Präsident der Hochschule für Polizei ein Disziplinarverfahren gegen den Kläger nach dem Landesdisziplinargesetz ein. Aufgrund eines anonymen Schreibens und der Zeugenaussagen bestehe der Verdacht, dass der Kläger einer Studiengruppe wesentliche Inhalte der Modulprüfung im x in der Unterrichtseinheit vor der Prüfung mitgeteilt habe. Dienstrechtlich bestehe der Verdacht des Verstoßes gegen § 33 Abs. 1 Satz 1, § 35 Abs. 1 Satz 2, § 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG. Zu den Beamtenpflichten gehöre unter anderem die in § 33 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG manifestierte Pflicht zur unparteiischen und gerechten Aufgabenerfüllung. Diese Pflicht bedeute, dass sich der Beamte bei der Amtsausführung allein von sachlichen Umständen leiten lasse. Jede Form der gleichheitswidrigen oder willkürlichen Amtsführung sei untersagt. Insbesondere sei bei der Amtsausführung stets der Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG zu wahren. Insofern sei der Kläger dazu verpflichtet, jegliche Bevorzugung oder Benachteiligung von betroffenen Personen aus sachwidrigen Beweggründen zu unterlassen. Insbesondere sei es untersagt, bestimmten favorisierten Gruppen im Rahmen des Amtes Vorteile zu verschaffen. Aufgrund der durchgeführten Zeugenvernehmungen bestehe der hinreichende Verdacht, dass der Kläger sein Amt im Vorfeld zu der am x anberaumten Modulprüfung nicht unparteiisch und gerecht ausgeführt habe. Es bestehe der Verdacht der Benachteiligung anderer nicht beteiligter Studiengruppen aus sachwidrigen Gründen. Darüber hinaus bestehe der Verdacht, dass der Kläger durch sein Verhalten gegen die Pflicht zur Befolgung von dienstlichen Anordnungen und allgemeinen Richtlinien verstoßen habe. |
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| Die Hochschule für Polizei fragte unter Übersendung der Einleitungsverfügung mit E-Mail vom 18.05.2020 bei der Bundeswehr an, ob beabsichtigt sei, das Verfahren an sich zu ziehen. Hierauf teilte der Vertreter des Zentrums Innere Führung der Bundeswehr mit E-Mail vom 20.05.2020 mit, dass der Kommandeur Zentrum Innere Führung als originär zuständiger Disziplinarvorgesetzter nicht beabsichtige, das Verfahren an sich zu ziehen. Es werde um eine gelegentliche Information zum Fortgang des Verfahrens gebeten. |
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| Es folgten weitere Vernehmungen unter anderem der Studiengruppensprecher und deren Stellvertreter, an welchen aus Termingründen weder der Bevollmächtigte des Klägers noch der Kläger persönlich anwesend waren. Das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen vom 21.09.2020 wurde dem Kläger mit Gelegenheit zur Stellungnahme am 29.09.2020 zugestellt. Der Kläger trat den Ausführungen der Hochschule für Polizei entgegen. |
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| Mit Disziplinarverfügung der Hochschule für Polizei vom 10.11.2020 wurde dem Kläger eine Geldbuße in Höhe von 3.000,-- Euro auferlegt. Nach Abschluss der Ermittlungen entsprechend dem Verfahren des Landesdisziplinargesetzes lasse sich festhalten, dass der Kläger zumindest in vier von fünf Studiengruppen derart konkret Schwerpunkte der bevorstehenden Modulprüfung hervorgehoben habe, dass Aufschriebe von dieser Stunde vorlägen, die annähernd deckungsgleich mit der in Rede stehenden WhatsApp-Nachricht seien. Aufgrund dieses Sachverhalts und der erhobenen Beweise ergebe sich, dass der Kläger die Pflicht zur unparteiischen und gerechten Aufgabenerfüllung, zur Befolgung von dienstlichen Anordnungen und allgemeinen Richtlinien sowie zur Amtsführung nach bestem Gewissen verletzt habe. Auch liege ein Verstoß gegen seine Verschwiegenheitspflicht vor. Zu Verfahrensfehlern sei es nicht gekommen, vielmehr sei es dem Kläger möglich gewesen, seine Fragen an die Zeugen schriftlich zu übermitteln oder den Vernehmungen beizuwohnen. Die Tatsache, dass es zu einer Wiederholung der Modulprüfung gekommen sei, habe ihre einzige Ursache in dem Verhalten des Klägers. Durch die Dienstpflichtverletzung habe der Kläger das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit in die pflichtgemäße Aufgabenerfüllung erheblich erschüttert. Gerade im Bereich der Freiheit der wissenschaftlichen Lehre, in der die Kontroll- und Einflussmöglichkeiten des Dienstherrn beschränkt seien, müsse sich der Dienstherr auf die sorgfältige und integre Aufgabenerfüllung verlassen können. Die verdeckte Weitergabe von Prüfungsinhalten führe zu einer Verzerrung des Leistungsniveaus und einem erheblichen Vertrauensverlust im Hinblick auf die Loyalität, die Integrität und die ordnungsgemäße Amtsausführung. Die Folgen der Dienstpflichtverletzung in Form der Wiederholung der Modulprüfung seien erheblich. Mit dieser sei sowohl ein finanzieller Schaden als auch eine erhebliche Rufschädigung einhergegangen. Auch die Studierenden seien Leidtragende geworden. Das Verhalten des Klägers sei zumindest grob fahrlässig gewesen, weshalb die Dienstpflichtverletzung schuldhaft begangen worden sei. Es habe dem Kläger bewusst sein müssen, dass die Studierenden gerade in der letzten Unterrichtseinheit besonders aufmerksam zuhörten. Erschwerend sei der erhebliche Schaden für die Hochschule sowie die Studierenden zu berücksichtigen. Mildernd sei einzustellen, dass der Kläger den Studierenden „etwas Gutes“ habe tun wollen. Ebenfalls mildernd wirke sich aus, dass der Kläger bislang weder straf- noch disziplinarrechtlich in Erscheinung getreten und als untadeliger Beamter zu bezeichnen gewesen sei. Aufgrund dieser Erwägungen werde das vorgeworfene Verhalten als mittelschweres Dienstvergehen eingestuft. Da der Kläger keinen persönlichen Vorteil aus seinem Verhalten erlangt habe, sei in Anbetracht der mildernden Umstände eine mildere Disziplinarmaßnahme in Form der Geldbuße angezeigt. |
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| Nach Übersendung der Abschlussverfügung wurde seitens der Bundeswehr mit E-Mail vom 09.11.2020 mitgeteilt, dass der Kommandeur Zentrum Innere Führung mit der beabsichtigten Vorgehensweise einverstanden sei. |
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| Der Kläger hat am 10.12.2020 Klage beim Verwaltungsgericht Freiburg erhoben. Er führt aus, entgegen der Auffassung des beklagten Landes habe er im Rahmen seines Repetitoriums bei der Hervorhebung bestimmter Themenfelder das Maß des Zulässigen nicht überschritten. Er habe eine umfassende Wiederholung ohne eine Überbetonung des Wichtigen durchgeführt. Somit habe er kein Dienstvergehen begangen. Der Ermittlungsführer negiere eigene Verfahrensfehler und -verstöße. Unter Verletzung des Bestimmtheitsgrundsatzes werde an keiner Stelle ein genau bezeichneter Vorwurf dargelegt. |
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| die Disziplinarverfügung der Hochschule für Polizei Baden-Württemberg vom 10.11.2020 aufzuheben und das Disziplinarverfahren einzustellen. |
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| Der Beklagte verteidigt die angefochtene Disziplinarverfügung. Auf richterlichen Hinweis vom 11.05.2021 erwidert er weiter, die Anwendbarkeit des Landesdisziplinargesetzes für abgeordnete Bundesbeamte ergebe sich aus § 14 Abs. 4 Satz 2 BeamtStG i.V.m. § 27 Abs. 5 BBG. § 27 Abs. 5 BBG regele gerade die Rechtsfolgen der Abordnung eines Bundesbeamten zu einem Land und die Anwendbarkeit materiellen Rechts. Eine anderweitige Vereinbarung über zusätzlich nicht anzuwendendes Landesrecht sei zwischen dem Bund und dem beklagten Land nicht getroffen worden. Damit seien schon vom Wortlaut her sämtliche Vorschriften anwendbar, die Pflichten und Rechte regelten. Solche würden aber gerade im Landesdisziplinargesetz geregelt, welches unter anderem den Zweck verfolge, auf die betroffenen Beamten mit dem Ziel einzuwirken, sich künftig pflichtgemäß zu verhalten. Im Wege der Auslegung könne gefolgert werden, dass mit dem in § 27 Abs. 5 BBG verwendeten Begriff „Pflichten und Rechte“ auf den 6. Abschnitt des BBG (§§ 60-115 BBG) verwiesen werde. Bei Abordnungen in den Bereich eines Landes seien damit die entsprechenden Vorschriften des Landesbeamtenrechts des aufnehmenden Dienstherrn anzuwenden. Auch die disziplinarrechtlichen Bestimmungen des aufnehmenden Dienstherrn gälten dementsprechend für den abgeordneten Beamten. Das Beamtenstatusgesetz und das Bundesbeamtengesetz bestimmten damit ausdrücklich, dass das Disziplinarrecht einer Abordnung folge. Das Bundesdisziplinargesetz gebe keinen Anhaltspunkt für eine anderweitige Regelung oder Auslegung. § 17 Abs. 4 BDG normiere die Zuständigkeit der Disziplinarbehörde unter anderem bei einer Abordnung. Hierfür sei es aber zum einen bereits erforderlich, dass das Bundesdisziplinargesetz überhaupt Anwendung finde, was vorliegend nicht der Fall sei. Zum anderen solle mit dieser Vorschrift eine Regelung hinsichtlich der Anwendbarkeit materiellen Rechts gerade nicht getroffen werden, vielmehr regele § 17 Abs. 4 BDG die Zuständigkeit bei einem Vorliegen mehrerer Dienstherrn beispielsweise aufgrund von Abordnung im Geltungsbereich des Bundesdisziplinargesetzes und damit bei einer Abordnung innerhalb des Bundesdienstes. Auch aus § 1 BDG ergebe sich nichts anderes. Diese Norm regele zwar die grundsätzliche Anwendbarkeit des Bundesdisziplinargesetzes, Regelungen zu Fällen der Abordnung würden indes nicht getroffen. Einem solchen Verständnis stünden die abschließenden Regelungen des § 14 Abs. 4 Satz 2 BeamtStG i.V.m. § 27 Abs. 5 BBG entgegen. |
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| Der Kammer liegen die Personalakten (zwei Bände) sowie die Disziplinarakten (ein Band) vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf deren Inhalt sowie die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. |
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| Die zulässige Klage ist begründet. Die Disziplinarverfügung der Hochschule für Polizei vom 10.11.2020 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Der Beklagte ist verpflichtet, das Disziplinarverfahren nach § 37 Abs. 1 Nr. 4 LDG einzustellen (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO). |
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| Gemäß § 37 Abs. 1 LDG wird ein Disziplinarverfahren eingestellt, wenn ein Dienstvergehen nicht erwiesen ist (Nr. 1), ein Dienstvergehen zwar erwiesen ist, aber eine Disziplinarmaßnahme nicht angezeigt erscheint (Nr. 2), eine Disziplinarmaßnahme nach § 34 oder § 35 nicht ausgesprochen werden darf (Nr. 3) oder das Verfahren oder eine Disziplinarmaßnahme aus sonstigen Gründen unzulässig ist (Nr. 4). |
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| Vorliegend ist das Disziplinarverfahren aus sonstigen Gründen unzulässig, da der Kläger trotz seiner Abordnung zur Hochschule für Polizei als Landesbehörde weiterhin Bundesbeamter ist und somit der Anwendungsbereich des Bundes-, nicht aber des Landesdisziplinargesetzes eröffnet ist (so im Ergebnis auch Stehle, in: von Alberti/Burr/Düsselberg/Eckstein/Stehle/Wahlen, Disziplinarrecht Baden-Württemberg, 1. Aufl. 2021, § 1 LDG Rn. 4; Wittkowski, in: Urban/ders., BDG, 2. Aufl. 2017, § 1 Rn. 4; Schmiemann, in: Schütz/ders., Disziplinarrecht des Bundes und der Länder, 14. Lieferung Februar 2021, § 1 Rn. 4; Hummel/Baunack, in: Hummel/Köhler/Mayer/Baunack, BDG und materielles Disziplinarrecht, 6. Aufl. 2016, § 1 BDG Rn. 4a). |
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| Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 LDG regelt das Landesdisziplinargesetz die Verfolgung von Dienstvergehen, die Beamte und Ruhestandsbeamte des Landes, der Gemeinden, der Landkreise und der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts während ihres Beamtenverhältnisses, während eines früheren Dienstverhältnisses als Beamter, Richter, Berufssoldat oder Soldat auf Zeit oder nach der Beendigung eines solchen Dienstverhältnisses begangen haben. Um einen solchen Beamten handelt es sich bei dem Kläger nicht. |
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| Der Kläger war vor seiner Abordnung aufgrund seiner Ernennung Bundesbeamter und fiel somit in den Anwendungsbereich des Bundesdisziplinargesetzes, denn dieses Gesetz gilt für Beamte und Ruhestandsbeamte im Sinne des Bundesbeamtengesetzes (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 BDG). Beamte des Bundes sind Personen, die durch Aushändigung einer Ernennungsurkunde in das Beamtenverhältnis im Bundesdienst berufen sind (vgl. § 10 Abs. 2 BBG). Dem Begriff unterfallen zudem Beamte aus dem Länderbereich, die in die Bundesverwaltung versetzt worden sind, denn bei ihnen wird das Beamtenverhältnis mit dem Bund fortgesetzt (vgl. § 13, § 15 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG), ohne dass es einer erneuten Ernennung bedarf. |
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| Der Kläger hat durch seine Abordnung zum Land Baden-Württemberg seine Eigenschaft als Bundesbeamter und damit auch den Anwendungsbereich des Bundesdisziplinargesetzes für die Dauer der Abordnung nicht verloren. Auch ist die Eigenschaft als Landesbeamter nicht hinzugetreten. Dies lässt sich weder aus § 27 Abs. 5 BBG (1.) oder der Natur einer dienstherrenübergreifenden Abordnung an sich ableiten (2.), noch ergibt sich eine solche Rechtsfolge aus der Zuständigkeitsregelung des § 17 Abs. 4 BDG (3.). |
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| 1. Eine Anwendbarkeit des Landesdisziplinarrechts ergibt sich zunächst nicht aus der Regelung des § 27 Abs. 5 BBG (a.A.: Schollendorf, in Brinktrine/Schollendorf, Beamtenrecht Bund, 23. Edition April 2020, § 27 BBG Rn. 41 mit Verweis auf: Burkholz, in v. Roetteken/Rothländer, BeamtStG § 14 Rn. 99, der die Frage aber letztlich offen lässt). |
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| § 27 BBG trifft Regelungen über die Abordnung von Bundesbeamten. Danach ist eine Abordnung die vorübergehende Übertragung einer dem Amt der Beamtin oder des Beamten entsprechenden Tätigkeit bei einer anderen Dienststelle desselben oder eines anderen Dienstherrn unter Beibehaltung der Zugehörigkeit zur bisherigen Dienststelle (§ 27 Abs. 1 Satz 1 BBG). Bei der Abordnung eines Bundesbeamten zu einem Land, einer Gemeinde, einem Gemeindeverband oder einer sonstigen nicht der Bundesaufsicht unterstehenden Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts gilt das Bundesbeamtengesetz nur eingeschränkt. Für diesen Fall trifft § 27 Abs. 5 BBG modifizierende Bestimmungen dazu, inwieweit Vorschriften des abordnenden bzw. aufnehmenden Dienstherrn gelten. Werden Beamtinnen und Beamte des Bundes zu einem Land, einer Gemeinde, einem Gemeindeverband oder einer sonstigen nicht der Bundesaufsicht unterstehenden Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts zur vorübergehenden Beschäftigung abgeordnet, sind, soweit zwischen den Dienstherren nichts anderes vereinbart ist, die für den Bereich des aufnehmenden Dienstherrn geltenden Vorschriften über die Pflichten und Rechte der Beamtinnen und Beamten entsprechend anzuwenden mit Ausnahme der Regelungen über Diensteid, Amtsbezeichnung, Zahlung von Bezügen, Krankenfürsorgeleistungen und Versorgung. |
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| Eine Anwendung des Landesdisziplinargesetzes lässt sich hieraus nicht begründen. Dieser Annahme steht neben § 1 Abs. 1 Satz 1 BDG bereits der Wortlaut des § 27 Abs. 5 BBG entgegen (vgl. zu Landesbeamten: § 14 Abs. 4 BeamtStG). Entgegen der Auffassung des Beklagten lässt sich aus der Regelung des § 27 Abs. 5 BBG weder ausdrücklich noch konkludent die Rechtsfolge ableiten, dass das Disziplinar(verfahrens)recht der Abordnung zu einer Landesbehörde folgt. Vielmehr beschränkt § 27 Abs. 5 BBG die anwendbaren landesrechtlichen Regelungen auf solche über die Rechte und Pflichten eines Beamten. Für den abgeordneten Beamten gelten damit beim aufnehmenden Dienstherrn die den §§ 60 - 115 BBG entsprechenden Vorschriften des Landesrechts mit Ausnahme von § 64 (Eidespflicht), § 80 (Beihilfen) und § 86 (Amtsbezeichnung). Die Norm knüpft dabei nach ihrem Wortlaut („Rechte und Pflichten“) unmittelbar an die entsprechenden Regelungen des Bundesbeamtengesetzes an, dessen sechster Abschnitt im Unterabschnitt 1 gerade mit „Allgemeine Pflichten und Rechte“ übertitelt ist. Sie beschränkt sich dabei auf die dort geregelten Sachverhalte und nimmt keinen Bezug auf disziplinarrechtliche Aspekte. Insoweit kann dem Beklagten auch nicht in seiner Annahme gefolgt werden, dass es sich bei den Regelungen des Bundesdisziplinargesetzes um Vorschriften zu Rechten und Pflichten im Sinne des § 27 Abs. 5 BBG handelt. Gegenstand des Disziplinar(verfahrens)rechts ist lediglich die Verfolgung der Verstöße gegen die ihrerseits im Beamtenstatusgesetz sowie Bundes- bzw. Landesbeamtengesetz normierten Pflichten. Regelungen über die Pflichten eines Beamten selbst werden im Disziplinar(verfahrens)recht hingegen nicht getroffen. Soweit der Beamte aus disziplinarrechtlichen Regelungen Rechte ableiten kann, beschränken sich diese grundsätzlich auf Verfahrensrechte. Aus einer Anwendbarkeit des Landesbeamtenrechts im aufgezeigten Umfang lässt sich somit nicht ableiten, dass der Beamte - hier der Kläger - die Eigenschaft eines Bundesbeamten im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 BDG i.V.m. § 1 BBG verliert. |
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| Eine Anwendbarkeit des Landesdisziplinargesetzes lässt sich auch nicht aus der Bestimmung des § 27 BBG an sich folgern. Dies ergibt sich schon aus der Systematik der Norm, die der Regelung des § 14 BeamtStG für Landesbeamte entspricht. Beide Bestimmungen gehen davon aus, dass die Frage der Anwendung der Vorschriften des empfangenden Dienstherrn einer ausdrücklichen Regelung bedarf. Hätte eine Abordnung zur Folge, dass ein Bundesbeamter im Rahmen seiner Abordnung als Landesbeamter im Sinne des Beamtenstatusgesetzes zu behandeln ist, wäre eine Regelung wie die des § 27 Abs. 5 BBG bzw. § 14 Abs. 4 BeamtStG überflüssig, da sich die dort vorgesehene Rechtsfolge bereits aus der vollzogenen Abordnung an sich ergäbe. Da die vorliegend einschlägige Regelung des § 27 Abs. 5 BBG indes keine Aussage zu den Auswirkungen einer Abordnung auf das Disziplinarrecht trifft, bleibt dieses von einer dienstherrenübergreifenden Abordnung im Ergebnis unberührt. |
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| 2. Die dargelegte Rechtsauffassung wird durch die Rechtsnatur der Abordnung an sich bestätigt, die unter anderem darin besteht, dass die Zugehörigkeit der abgeordneten Person zur bisherigen Dienststelle erhalten bleibt (§ 27 Abs. 1 Satz 1 BBG; BT-Drs. 16/7076, 107). Die Abordnung lässt sowohl das Amt im statusrechtlichen Sinne als auch das Amt im abstrakt-funktionalen Sinne unberührt (vgl. Grigoleit, in: Battis, BBG, 5. Aufl. 2017, § 27 Rn. 3). Da die Disziplinarmaßnahmen der Zurückstufung (§ 9 BDG) und der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (§ 10 BDG) gerade auch den Status eines Beamten betreffen können, stellt sich eine Heranziehung der landesdisziplinarrechtlichen Regelungen auch vor diesem Hintergrund als problematisch dar (vgl. zu diesen Bedenken auch Baßlsperger, Die Abordnung des Beamten, ZBR 2016, 14 <25>). Eine Anwendung des Landesdisziplinargesetzes würde zur Heranziehung von Verfahrensvorschriften führen, die weder einen Dienstherrn des Landes im statusrechtlichen Sinne noch einen Landesbeamten zum Gegenstand haben. Hieraus ergibt sich, dass jedenfalls hinsichtlich solcher Disziplinarmaßnahmen, die den Status eines Bundesbeamten betreffen, weiterhin das Bundesdisziplinargesetz anzuwenden ist. Dies gilt umso mehr, als das Bundesdisziplinargesetz anders als das baden-württembergische Landesdisziplinargesetz in diesen Fällen die Erhebung der Disziplinarklage verlangt (§ 34 BDG), weshalb sich eine Anwendung des Landesdisziplinargesetzes gegebenenfalls rechtsschutzverkürzend auswirken würde. Aus den selben Gründen kann es schließlich nicht zur Disposition des Dienstherrn stehen, welches Disziplinarrecht anzuwenden ist. Genau diese Möglichkeit sieht § 27 Abs. 5 BBG bzw. § 14 Abs. 4 BeamtStG nur für die Frage der Anwendung „materiellen“ Beamtenrechts vor. Ergibt sich für solche Fälle eine Rechtfertigung aus der Sachnähe des empfangenden Dienstherrn und den Besonderheiten des Einzelfalls, drängen sich diese Erwägungen für das formalisierte Disziplinarrecht gerade nicht auf. |
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| Sprechen damit zwingende Gründe für die Anwendung des Bundesdisziplinargesetzes im Fall von statusberührenden Maßnahmen, kann für die übrigen Maßnahmen nichts Anderes gelten. Für eine solche Differenzierung bieten weder die bundes- noch die landesdisziplinarrechtlichen Regelungen Anhaltspunkte. Der Gesetzgeber unterscheidet bei der Frage des anzuwendenden Rechts nicht hinsichtlich der konkret drohenden disziplinarischen Maßnahme. Eine solche Unterscheidung würde eine vom Gesetz nicht vorgesehene, umfassende Vorprüfung der zulässigen disziplinarischen Maßnahme noch vor dem Erlass der Einleitungsverfügung erfordern, die mit den Anforderungen an ein formalisiertes Disziplinarverfahren und dem Beschleunigungsgebot nicht in Einklang zu bringen ist und zu erheblichen Rechtsunsicherheiten führen würde. |
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| 3. Abweichendes ergibt sich auch nicht aus der Zuständigkeitsregelung des § 17 BDG. Liegen zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vor, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen, obliegt dem Dienstvorgesetzten gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 BDG die Dienstpflicht, ein Disziplinarverfahren einzuleiten. Nach § 17 Abs. 4 BDG bleiben die Zuständigkeiten nach den Absätzen 1 bis 3 dieser Norm durch eine Beurlaubung, eine Abordnung oder eine Zuweisung unberührt. Jedoch geht im Fall einer Abordnung die sich aus Absatz 1 ergebende Pflicht hinsichtlich der während der Abordnung begangenen Dienstvergehen auf den neuen Dienstvorgesetzten über, soweit dieser nicht ihre Ausübung den anderen Dienstvorgesetzten überlässt oder soweit nichts anderes bestimmt ist (§ 17 Abs. 4 Satz 2 BDG). Hierbei handelt es sich um eine Zuständigkeitsregelung, die lediglich die Pflicht zur Einleitung eines Disziplinarverfahrens auf den empfangenden Dienstherrn übergehen lässt. Eröffnet diese Norm zweifelsohne eine Handlungsmöglichkeit für den empfangenden Dienstherrn, von der auch vorliegend insoweit im Ausgangspunkt zutreffend in Abstimmung mit dem abgebenden Dienstherrn Gebrauch gemacht wurde, kann sie indes nicht zur Beantwortung der Frage des anwendbaren Disziplinar(verfahrens)rechts herangezogen werden. Es ergibt sich vielmehr bereits aus der Natur der Regelung als Zuständigkeitsregelung, dass diese keine Aussage zur der Frage der Definition eines Bundesbeamten im Sinne des Bundesbeamtengesetzes oder der Anwendbarkeit des Bundesdisziplinargesetzes trifft, vielmehr setzt sie Letzteres gerade voraus. Auch hier spricht schließlich gegen ein Zurückgreifen auf die Regelung des § 17 Abs. 4 BDG in der Frage des anzuwendenden Rechts, dass die Frage des anwendbaren Disziplinarrechts im Unterschied zur Frage der Zuständigkeit nicht zur Disposition des Dienstherrn stehen kann und nach dem gesetzlichen Rahmen auch nicht zur Disposition gestellt wird. Ungeachtet dessen zeigt die Bestimmung des § 17 Abs. 4 Satz 2 BDG, dass der Gesetzgeber eine ausdrückliche Regelung zum Disziplinarrecht für erforderlich erachtet, d.h. der Anwendungsbereich des § 27 Abs. 5 BBG ist auch aus Sicht des Gesetzgebers insoweit begrenzt und erstreckt sich gerade nicht auf das Disziplinarrecht. |
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| Nach alldem ist die vorliegend unter Heranziehung des Landesdisziplinargesetzes ergangene Disziplinarverfügung auf der Grundlage des falschen Verfahrensrechts erlassen worden. Ein solcher Fehler ist auch nicht unbeachtlich. Die Zugehörigkeit zu dem in § 1 LDG genannten Personenkreis (persönlicher Geltungsbereich) ist Zulässigkeitsvoraussetzung für ein Disziplinarverfahren nach dem Landesdisziplinargesetz (vgl. zu § 1 BDO: BVerwG, Beschluss vom 27.10.1993 - 1 DB 16.93 -, juris Rn. 6, vgl. zu § 1 LDG LT-Drucks. 14/2996, S. 57). Eine Umdeutung kommt in Anbetracht der in vielen Bereichen grundsätzlich unterschiedlichen Verfahrensregelungen auf Bundes- und Landesebene nicht in Betracht. Das Verfahren ist daher gemäß § 37 Abs. 1 Nr. 4 LDG einzustellen (vgl. hierzu auch Stehle, in: von Alberti/Burr/Düsselberg/Eckstein/Stehle/Wahlen, Disziplinarrecht Baden-Württemberg, 1. Aufl. 2021, § 1 LDG Rn. 1 m.w.N.). |
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| Die Berufung ist wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Die Frage des maßgeblichen Disziplinarrechts im Falle der Abordnung eines Bundesbeamten zu einer Landesbehörde ist in der Rechtsprechung nicht abschließend geklärt. |
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| Die zulässige Klage ist begründet. Die Disziplinarverfügung der Hochschule für Polizei vom 10.11.2020 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Der Beklagte ist verpflichtet, das Disziplinarverfahren nach § 37 Abs. 1 Nr. 4 LDG einzustellen (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO). |
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| Gemäß § 37 Abs. 1 LDG wird ein Disziplinarverfahren eingestellt, wenn ein Dienstvergehen nicht erwiesen ist (Nr. 1), ein Dienstvergehen zwar erwiesen ist, aber eine Disziplinarmaßnahme nicht angezeigt erscheint (Nr. 2), eine Disziplinarmaßnahme nach § 34 oder § 35 nicht ausgesprochen werden darf (Nr. 3) oder das Verfahren oder eine Disziplinarmaßnahme aus sonstigen Gründen unzulässig ist (Nr. 4). |
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| Vorliegend ist das Disziplinarverfahren aus sonstigen Gründen unzulässig, da der Kläger trotz seiner Abordnung zur Hochschule für Polizei als Landesbehörde weiterhin Bundesbeamter ist und somit der Anwendungsbereich des Bundes-, nicht aber des Landesdisziplinargesetzes eröffnet ist (so im Ergebnis auch Stehle, in: von Alberti/Burr/Düsselberg/Eckstein/Stehle/Wahlen, Disziplinarrecht Baden-Württemberg, 1. Aufl. 2021, § 1 LDG Rn. 4; Wittkowski, in: Urban/ders., BDG, 2. Aufl. 2017, § 1 Rn. 4; Schmiemann, in: Schütz/ders., Disziplinarrecht des Bundes und der Länder, 14. Lieferung Februar 2021, § 1 Rn. 4; Hummel/Baunack, in: Hummel/Köhler/Mayer/Baunack, BDG und materielles Disziplinarrecht, 6. Aufl. 2016, § 1 BDG Rn. 4a). |
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| Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 LDG regelt das Landesdisziplinargesetz die Verfolgung von Dienstvergehen, die Beamte und Ruhestandsbeamte des Landes, der Gemeinden, der Landkreise und der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts während ihres Beamtenverhältnisses, während eines früheren Dienstverhältnisses als Beamter, Richter, Berufssoldat oder Soldat auf Zeit oder nach der Beendigung eines solchen Dienstverhältnisses begangen haben. Um einen solchen Beamten handelt es sich bei dem Kläger nicht. |
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| Der Kläger war vor seiner Abordnung aufgrund seiner Ernennung Bundesbeamter und fiel somit in den Anwendungsbereich des Bundesdisziplinargesetzes, denn dieses Gesetz gilt für Beamte und Ruhestandsbeamte im Sinne des Bundesbeamtengesetzes (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 BDG). Beamte des Bundes sind Personen, die durch Aushändigung einer Ernennungsurkunde in das Beamtenverhältnis im Bundesdienst berufen sind (vgl. § 10 Abs. 2 BBG). Dem Begriff unterfallen zudem Beamte aus dem Länderbereich, die in die Bundesverwaltung versetzt worden sind, denn bei ihnen wird das Beamtenverhältnis mit dem Bund fortgesetzt (vgl. § 13, § 15 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG), ohne dass es einer erneuten Ernennung bedarf. |
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| Der Kläger hat durch seine Abordnung zum Land Baden-Württemberg seine Eigenschaft als Bundesbeamter und damit auch den Anwendungsbereich des Bundesdisziplinargesetzes für die Dauer der Abordnung nicht verloren. Auch ist die Eigenschaft als Landesbeamter nicht hinzugetreten. Dies lässt sich weder aus § 27 Abs. 5 BBG (1.) oder der Natur einer dienstherrenübergreifenden Abordnung an sich ableiten (2.), noch ergibt sich eine solche Rechtsfolge aus der Zuständigkeitsregelung des § 17 Abs. 4 BDG (3.). |
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| 1. Eine Anwendbarkeit des Landesdisziplinarrechts ergibt sich zunächst nicht aus der Regelung des § 27 Abs. 5 BBG (a.A.: Schollendorf, in Brinktrine/Schollendorf, Beamtenrecht Bund, 23. Edition April 2020, § 27 BBG Rn. 41 mit Verweis auf: Burkholz, in v. Roetteken/Rothländer, BeamtStG § 14 Rn. 99, der die Frage aber letztlich offen lässt). |
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| § 27 BBG trifft Regelungen über die Abordnung von Bundesbeamten. Danach ist eine Abordnung die vorübergehende Übertragung einer dem Amt der Beamtin oder des Beamten entsprechenden Tätigkeit bei einer anderen Dienststelle desselben oder eines anderen Dienstherrn unter Beibehaltung der Zugehörigkeit zur bisherigen Dienststelle (§ 27 Abs. 1 Satz 1 BBG). Bei der Abordnung eines Bundesbeamten zu einem Land, einer Gemeinde, einem Gemeindeverband oder einer sonstigen nicht der Bundesaufsicht unterstehenden Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts gilt das Bundesbeamtengesetz nur eingeschränkt. Für diesen Fall trifft § 27 Abs. 5 BBG modifizierende Bestimmungen dazu, inwieweit Vorschriften des abordnenden bzw. aufnehmenden Dienstherrn gelten. Werden Beamtinnen und Beamte des Bundes zu einem Land, einer Gemeinde, einem Gemeindeverband oder einer sonstigen nicht der Bundesaufsicht unterstehenden Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts zur vorübergehenden Beschäftigung abgeordnet, sind, soweit zwischen den Dienstherren nichts anderes vereinbart ist, die für den Bereich des aufnehmenden Dienstherrn geltenden Vorschriften über die Pflichten und Rechte der Beamtinnen und Beamten entsprechend anzuwenden mit Ausnahme der Regelungen über Diensteid, Amtsbezeichnung, Zahlung von Bezügen, Krankenfürsorgeleistungen und Versorgung. |
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| Eine Anwendung des Landesdisziplinargesetzes lässt sich hieraus nicht begründen. Dieser Annahme steht neben § 1 Abs. 1 Satz 1 BDG bereits der Wortlaut des § 27 Abs. 5 BBG entgegen (vgl. zu Landesbeamten: § 14 Abs. 4 BeamtStG). Entgegen der Auffassung des Beklagten lässt sich aus der Regelung des § 27 Abs. 5 BBG weder ausdrücklich noch konkludent die Rechtsfolge ableiten, dass das Disziplinar(verfahrens)recht der Abordnung zu einer Landesbehörde folgt. Vielmehr beschränkt § 27 Abs. 5 BBG die anwendbaren landesrechtlichen Regelungen auf solche über die Rechte und Pflichten eines Beamten. Für den abgeordneten Beamten gelten damit beim aufnehmenden Dienstherrn die den §§ 60 - 115 BBG entsprechenden Vorschriften des Landesrechts mit Ausnahme von § 64 (Eidespflicht), § 80 (Beihilfen) und § 86 (Amtsbezeichnung). Die Norm knüpft dabei nach ihrem Wortlaut („Rechte und Pflichten“) unmittelbar an die entsprechenden Regelungen des Bundesbeamtengesetzes an, dessen sechster Abschnitt im Unterabschnitt 1 gerade mit „Allgemeine Pflichten und Rechte“ übertitelt ist. Sie beschränkt sich dabei auf die dort geregelten Sachverhalte und nimmt keinen Bezug auf disziplinarrechtliche Aspekte. Insoweit kann dem Beklagten auch nicht in seiner Annahme gefolgt werden, dass es sich bei den Regelungen des Bundesdisziplinargesetzes um Vorschriften zu Rechten und Pflichten im Sinne des § 27 Abs. 5 BBG handelt. Gegenstand des Disziplinar(verfahrens)rechts ist lediglich die Verfolgung der Verstöße gegen die ihrerseits im Beamtenstatusgesetz sowie Bundes- bzw. Landesbeamtengesetz normierten Pflichten. Regelungen über die Pflichten eines Beamten selbst werden im Disziplinar(verfahrens)recht hingegen nicht getroffen. Soweit der Beamte aus disziplinarrechtlichen Regelungen Rechte ableiten kann, beschränken sich diese grundsätzlich auf Verfahrensrechte. Aus einer Anwendbarkeit des Landesbeamtenrechts im aufgezeigten Umfang lässt sich somit nicht ableiten, dass der Beamte - hier der Kläger - die Eigenschaft eines Bundesbeamten im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 BDG i.V.m. § 1 BBG verliert. |
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| Eine Anwendbarkeit des Landesdisziplinargesetzes lässt sich auch nicht aus der Bestimmung des § 27 BBG an sich folgern. Dies ergibt sich schon aus der Systematik der Norm, die der Regelung des § 14 BeamtStG für Landesbeamte entspricht. Beide Bestimmungen gehen davon aus, dass die Frage der Anwendung der Vorschriften des empfangenden Dienstherrn einer ausdrücklichen Regelung bedarf. Hätte eine Abordnung zur Folge, dass ein Bundesbeamter im Rahmen seiner Abordnung als Landesbeamter im Sinne des Beamtenstatusgesetzes zu behandeln ist, wäre eine Regelung wie die des § 27 Abs. 5 BBG bzw. § 14 Abs. 4 BeamtStG überflüssig, da sich die dort vorgesehene Rechtsfolge bereits aus der vollzogenen Abordnung an sich ergäbe. Da die vorliegend einschlägige Regelung des § 27 Abs. 5 BBG indes keine Aussage zu den Auswirkungen einer Abordnung auf das Disziplinarrecht trifft, bleibt dieses von einer dienstherrenübergreifenden Abordnung im Ergebnis unberührt. |
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| 2. Die dargelegte Rechtsauffassung wird durch die Rechtsnatur der Abordnung an sich bestätigt, die unter anderem darin besteht, dass die Zugehörigkeit der abgeordneten Person zur bisherigen Dienststelle erhalten bleibt (§ 27 Abs. 1 Satz 1 BBG; BT-Drs. 16/7076, 107). Die Abordnung lässt sowohl das Amt im statusrechtlichen Sinne als auch das Amt im abstrakt-funktionalen Sinne unberührt (vgl. Grigoleit, in: Battis, BBG, 5. Aufl. 2017, § 27 Rn. 3). Da die Disziplinarmaßnahmen der Zurückstufung (§ 9 BDG) und der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (§ 10 BDG) gerade auch den Status eines Beamten betreffen können, stellt sich eine Heranziehung der landesdisziplinarrechtlichen Regelungen auch vor diesem Hintergrund als problematisch dar (vgl. zu diesen Bedenken auch Baßlsperger, Die Abordnung des Beamten, ZBR 2016, 14 <25>). Eine Anwendung des Landesdisziplinargesetzes würde zur Heranziehung von Verfahrensvorschriften führen, die weder einen Dienstherrn des Landes im statusrechtlichen Sinne noch einen Landesbeamten zum Gegenstand haben. Hieraus ergibt sich, dass jedenfalls hinsichtlich solcher Disziplinarmaßnahmen, die den Status eines Bundesbeamten betreffen, weiterhin das Bundesdisziplinargesetz anzuwenden ist. Dies gilt umso mehr, als das Bundesdisziplinargesetz anders als das baden-württembergische Landesdisziplinargesetz in diesen Fällen die Erhebung der Disziplinarklage verlangt (§ 34 BDG), weshalb sich eine Anwendung des Landesdisziplinargesetzes gegebenenfalls rechtsschutzverkürzend auswirken würde. Aus den selben Gründen kann es schließlich nicht zur Disposition des Dienstherrn stehen, welches Disziplinarrecht anzuwenden ist. Genau diese Möglichkeit sieht § 27 Abs. 5 BBG bzw. § 14 Abs. 4 BeamtStG nur für die Frage der Anwendung „materiellen“ Beamtenrechts vor. Ergibt sich für solche Fälle eine Rechtfertigung aus der Sachnähe des empfangenden Dienstherrn und den Besonderheiten des Einzelfalls, drängen sich diese Erwägungen für das formalisierte Disziplinarrecht gerade nicht auf. |
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| Sprechen damit zwingende Gründe für die Anwendung des Bundesdisziplinargesetzes im Fall von statusberührenden Maßnahmen, kann für die übrigen Maßnahmen nichts Anderes gelten. Für eine solche Differenzierung bieten weder die bundes- noch die landesdisziplinarrechtlichen Regelungen Anhaltspunkte. Der Gesetzgeber unterscheidet bei der Frage des anzuwendenden Rechts nicht hinsichtlich der konkret drohenden disziplinarischen Maßnahme. Eine solche Unterscheidung würde eine vom Gesetz nicht vorgesehene, umfassende Vorprüfung der zulässigen disziplinarischen Maßnahme noch vor dem Erlass der Einleitungsverfügung erfordern, die mit den Anforderungen an ein formalisiertes Disziplinarverfahren und dem Beschleunigungsgebot nicht in Einklang zu bringen ist und zu erheblichen Rechtsunsicherheiten führen würde. |
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| 3. Abweichendes ergibt sich auch nicht aus der Zuständigkeitsregelung des § 17 BDG. Liegen zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vor, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen, obliegt dem Dienstvorgesetzten gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 BDG die Dienstpflicht, ein Disziplinarverfahren einzuleiten. Nach § 17 Abs. 4 BDG bleiben die Zuständigkeiten nach den Absätzen 1 bis 3 dieser Norm durch eine Beurlaubung, eine Abordnung oder eine Zuweisung unberührt. Jedoch geht im Fall einer Abordnung die sich aus Absatz 1 ergebende Pflicht hinsichtlich der während der Abordnung begangenen Dienstvergehen auf den neuen Dienstvorgesetzten über, soweit dieser nicht ihre Ausübung den anderen Dienstvorgesetzten überlässt oder soweit nichts anderes bestimmt ist (§ 17 Abs. 4 Satz 2 BDG). Hierbei handelt es sich um eine Zuständigkeitsregelung, die lediglich die Pflicht zur Einleitung eines Disziplinarverfahrens auf den empfangenden Dienstherrn übergehen lässt. Eröffnet diese Norm zweifelsohne eine Handlungsmöglichkeit für den empfangenden Dienstherrn, von der auch vorliegend insoweit im Ausgangspunkt zutreffend in Abstimmung mit dem abgebenden Dienstherrn Gebrauch gemacht wurde, kann sie indes nicht zur Beantwortung der Frage des anwendbaren Disziplinar(verfahrens)rechts herangezogen werden. Es ergibt sich vielmehr bereits aus der Natur der Regelung als Zuständigkeitsregelung, dass diese keine Aussage zur der Frage der Definition eines Bundesbeamten im Sinne des Bundesbeamtengesetzes oder der Anwendbarkeit des Bundesdisziplinargesetzes trifft, vielmehr setzt sie Letzteres gerade voraus. Auch hier spricht schließlich gegen ein Zurückgreifen auf die Regelung des § 17 Abs. 4 BDG in der Frage des anzuwendenden Rechts, dass die Frage des anwendbaren Disziplinarrechts im Unterschied zur Frage der Zuständigkeit nicht zur Disposition des Dienstherrn stehen kann und nach dem gesetzlichen Rahmen auch nicht zur Disposition gestellt wird. Ungeachtet dessen zeigt die Bestimmung des § 17 Abs. 4 Satz 2 BDG, dass der Gesetzgeber eine ausdrückliche Regelung zum Disziplinarrecht für erforderlich erachtet, d.h. der Anwendungsbereich des § 27 Abs. 5 BBG ist auch aus Sicht des Gesetzgebers insoweit begrenzt und erstreckt sich gerade nicht auf das Disziplinarrecht. |
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| Nach alldem ist die vorliegend unter Heranziehung des Landesdisziplinargesetzes ergangene Disziplinarverfügung auf der Grundlage des falschen Verfahrensrechts erlassen worden. Ein solcher Fehler ist auch nicht unbeachtlich. Die Zugehörigkeit zu dem in § 1 LDG genannten Personenkreis (persönlicher Geltungsbereich) ist Zulässigkeitsvoraussetzung für ein Disziplinarverfahren nach dem Landesdisziplinargesetz (vgl. zu § 1 BDO: BVerwG, Beschluss vom 27.10.1993 - 1 DB 16.93 -, juris Rn. 6, vgl. zu § 1 LDG LT-Drucks. 14/2996, S. 57). Eine Umdeutung kommt in Anbetracht der in vielen Bereichen grundsätzlich unterschiedlichen Verfahrensregelungen auf Bundes- und Landesebene nicht in Betracht. Das Verfahren ist daher gemäß § 37 Abs. 1 Nr. 4 LDG einzustellen (vgl. hierzu auch Stehle, in: von Alberti/Burr/Düsselberg/Eckstein/Stehle/Wahlen, Disziplinarrecht Baden-Württemberg, 1. Aufl. 2021, § 1 LDG Rn. 1 m.w.N.). |
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| Die Berufung ist wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Die Frage des maßgeblichen Disziplinarrechts im Falle der Abordnung eines Bundesbeamten zu einer Landesbehörde ist in der Rechtsprechung nicht abschließend geklärt. |
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