Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
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| | Die Klägerin wendet sich gegen eine im Hinblick auf von ihr vertriebene Tierfallen ergangene Ordnungsverfügung. |
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| | Die Klägerin ist ein Unternehmen mit Sitz in ..., das Totfang-Tierfallen u.a. über einen Online-Handel vertreibt. Im Februar 2020 übermittelte das Zollamt des Flughafen Stuttgart eine Mitteilung an das Regierungspräsidium T..., dass die Klägerin die Einfuhr von 144 aus Kanada importierten Tierfallen „X“ (conibearartige Fallen) beabsichtigte. Die Fallen wurden als nichtkonformes Erzeugnis bewertet und nicht zur Einfuhr freigegeben. Die Falle funktioniert, indem ihre Feder mit einer Spannzange gespannt, gesichert, die (mehrfach verwendbare) Spannzange entfernt und die Falle nach dem Verbringen in den sog. Fanbunker entsichert wird. Die Fallen dienen u.a. dem Fang von Marder, Iltis, Jungfuchs und Nutria. Seit September 2020 vertreibt die Klägerin vorübergehend keine Fallen mehr über ihren Online-Handel. |
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| | Mit Schreiben vom 09.03.2020 teilte das Regierungspräsidium T... der Klägerin mit, es fehlten zu der Importware ein Typenschild mit Angaben nach Anhang I, Ziffer 1.7.3 der Richtlinie 2006/42/EG vom 17. Mai 2006 über Maschinen und zur Änderung der Richtlinie 95/16/EG (nachfolgend: Maschinen-RL), die CE-Kennzeichnung auf dem Produkt (Art. 16 Maschinen-RL), die EG-Konformitätserklärung in deutscher Sprache (Anhang II 1.A. Maschinen-RL) und eine Betriebsanleitung in deutscher Sprache (Anhang I, Ziffer 1.7.4 Maschinen-RL). Das Regierungspräsidium T... bat um Vorlage dieser Unterlagen bis zum 16.03.2020. Die Frist wurde bis zum 27.03.2020 verlängert. Mit Schriftsatz vom 10.06.2020 legte die Klägerin folgende Nachweise vor: Certified trap identification sheet des „Fur Institute of Canada“ vom 01.07.2018 bezüglich der Falle „X“, zwei am 23.12.2013 ausgestellte „Internationale Humane Trapping Standards Compliance Certificates“ bezüglich der Fallen „X“ und „X“, ein Schreiben des „Fur Institute of Canada“ vom 20.09.2013, worin bestätigt wird, dass die genannten Fallen die Anforderungen erfüllten, die u.a. an den Eintritt der Bewusstlosigkeit des Tiers zu stellen sind, sowie eine Erklärung zum Agreement on international humane trapping standards (Übereinkommen über internationale humane Fangnormen zwischen der Europäischen Gemeinschaft, Kanada und der Russischen Föderation vom 14.02.1998, ABl. Nr. L 42 S. 43, nachfolgend: FangnormenÜ). In der vorgelegten Erklärung wird der Hintergrund des Abkommens beschrieben, u.a., dass man sich zur Vermeidung von Handelsblockaden (v.a. im Zusammenhang mit Fell produzierenden Staaten) auf international anerkannte Fangnormen geeinigt habe, die für das gefangene Tier im Sinne des Tierwohls als ausreichend bewertet werden könnten. Die Fallen würden anhand dieser Maßstäbe geprüft. |
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| | Nachdem die angeforderten Unterlagen nicht vorgelegt wurden, hörte das Regierungspräsidium T... die Klägerin mit Schreiben vom 07.09.2020 zum beabsichtigten Erlass der Ordnungsverfügung an. |
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| | Mit Ordnungsverfügung vom 08.10.2020, die der Klägerin am 13.10.2020 zugestellt wurde, verpflichtete das Regierungspräsidium T... die Klägerin, ihm bis zum 31.10.2020 Unterlagen zur EG-Konformitätserklärung in deutscher Sprache nach Anhang II 1.A. Maschinen-RL, eine Betriebsanleitung in deutscher Sprache nach Anhang I, Ziffer 1.7.4 Maschinen-RL) sowie eine Risikobeurteilung gemäß Anhang I Ziffer 1 Maschinen-RL vorzulegen (Ziffer 1). Die Bereitstellung der Tierfalle „X“ wurde auf dem deutschen Markt untersagt, bis alle Mängel behoben sind und die unter Ziffer 1 genannten Unterlagen vorgelegt sind (Ziffer 2). Für den Fall, dass die Klägerin Ziffer 1 und Ziffer 2 der Anordnung nicht oder nicht vollständig nachkomme, wurde ihr die Festsetzung eines Zwangsgeldes bezüglich Ziffer 1 i.H.v. 500,- Euro und bezüglich Ziffer 2 i.H.v. 1000,- Euro angedroht. Für die Ordnungsverfügung wurde eine Gebühr i.H.v. 340,- Euro erhoben (Ziffer 4). |
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| | Zur Begründung führte der Beklagte aus: Aufgrund ihrer Konstruktionsweise (Federspannung) unterfielen die Tierfallen dem Anwendungsbereich der Maschinen-RL. Zu Ziffer 1 führte der Beklagte aus, die Anforderung der Unterlagen sei erforderlich, da sie notwendig für die Bewertung der Frage sei, ob weitere Maßnahmen in der Sache zu veranlassen seien; bislang habe die Klägerin diese Unterlagen jedoch nicht vorgelegt. Die Anforderung sei verhältnismäßig, da die angeforderten Unterlagen der Klägerin bereits vorliegen müssten und somit kein zusätzlicher Aufwand entstünde. Zu Ziffer 2 führte der Beklagte aus, bei der Tierfalle „X“ handele es sich um eine Maschine i.S.d. Neunten Verordnung zum Produktsicherheitsgesetz vom 12. Mai 1993 (BGBl. I S. 704, nachfolgend: 9. ProdSV). Vor dem Inverkehrbringen des Produkts müsse sichergestellt werden, dass die Maschine den in Anhang I der Maschinen-RL aufgeführten Sicherheits- und Schutzanforderungen entspreche. Dies habe die Klägerin aber nicht durch Vorlage eines Typenschilds mit Angaben nach Anhang I, Ziffer 1.7.3 RL der Maschinen-RL und einer CE-Kennzeichnung auf dem Produkt nach Art. 16 der Maschinen-RL getan. Im Übrigen habe die Klägerin nicht die unter Ziffer 1 aufgeführten Dokumente vorgelegt, im Einzelnen eine EG-Konformitätsprüfung, eine Betriebsanleitung in deutscher Sprache und eine allgemeine Risikobeurteilung. Der Behörde stehe kein Entschließungsermessen zu. Das Auswahlermessen sei pflichtgemäß ausgeübt worden. Insbesondere sei die angeordnete Maßnahme erforderlich, da nur so sichergestellt werden könne, dass Produkte, die nicht die gesetzlichen Anforderungen erfüllten, nicht auf dem Markt bereitgestellt würden. Zugleich sei das Verbot, die Tierfallen auf den Markt zu bringen, mit einer auflösenden Bedingung versehen worden, sodass der Klägerin die Möglichkeit gegeben werde, selbst Einfluss auf die Untersagung zu nehmen. Die unter Ziffer 3 des Bescheids verfügte Androhung des Zwangsgeldes sei erforderlich, geeignet und angemessen, um diese Verpflichtungen durchzusetzen. Die Gebührenfestsetzung beruhe auf § 4 Abs. 1 und Abs. 2 Landesgebührengesetz vom 14. Dezember 2004 (GBl. 2004, 895, nachfolgend: LGebG) i.V.m. § 1 und § 2 Verordnung des Umweltministeriums über die Festsetzung der Gebührensätze für öffentliche Leistungen der staatlichen Behörden in seinem Geschäftsbereich vom 03.03.2017 (GBl. S. 181, nachfolgend: GebVO UM). Die Festsetzung der Gebühr folge aus Nr. 9.1.1. des Gebührenverzeichnisses, wonach für Anordnungen nach § 26 Abs. 2 ProdSG eine Gebühr i.H.v. 200,- Euro bis 5.000,- Euro erhoben werde. |
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| | Gegen den Bescheid vom 08.10.2020 hat die Klägerin am 28.10.2020 beim Verwaltungsgericht Freiburg Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie vor, die streitgegenständlichen Tierfallen seien ohne Einschränkungen durch das ProduktsicherheitsG (ProdSG) vermarktbar, sodass die unter Ziffer 1 des Bescheids aufgeführten Dokumente nicht vorzulegen seien. Denn die streitgegenständliche Falle unterfalle nicht dem Anwendungsbereich des ProdSG. Bei den Fallen handele es sich nicht um eine Maschine oder einen anderen in der Maschinen-RL aufgeführten Gegenstand. Insbesondere sei das FangnormenÜ zu berücksichtigen. Da die Definition einer Falle in Art. 1 FangnormenÜ vom Begriff der „Maschine“ i.S.d. Maschinen-RL abweiche, sei dies zu berücksichtigen, da beide Vorschriften vom selben Normgeber stammten. Es bedürfte vor diesem Hintergrund ggf. einer teleologischen Reduktion der deutschen Gesetze. Es liege zudem ein Anwendungsfall des § 1 Abs. 3 der 9. ProdSV vor. Art. 8 FangnormenÜ mache Vorgaben zu Fallen und deren Anwendung; eine Umsetzung in nationales Recht erfolge über § 31 Abs. 3 Jagd- und Wildtiermanagementgesetz vom 25. November 2014 (GBl. 2014, 550, nachfolgend: JWMG). Ohnehin bestünde angesichts der umfassenden Prüferfordernisse vor Inbetriebnahme der Totfangfallen, u.a. vor der Prüfungsstelle des Landesjagdverbandes (sog. „Fallen-TÜV“) mit vierjährigem Prüfungsrhythmus, keine Notwendigkeit, zusätzliche Sicherheitsanforderungen aufzustellen. Es seien zudem die ISO-Normen ISO 10990-4 (Stand: 1999) für Tierfallen (Säugetiere) - Methoden zur Prüfung von Tötungsfallensystemen, die auf dem Land oder unter Wasser eingesetzt werden, zu berücksichtigen. Nach den internationalen Standards sei ein ausreichendes Geflecht von Vorschriften zur Prüfung und Zertifizierung der Tierfallen vorgesehen, die eine weitergehende bzw. zusätzliche Prüfung nach den Regeln der europäischen bzw. nationalen Produktsicherheitsgesetze entbehrlich machten. Die streitgegenständlichen Fallen seien in Kanada nach den „international human trapping standards“ geprüft und zertifiziert worden. Im Rahmen der Prüfung würden alle Fallen nach internationalen Maßstäben getestet und erst dann an den sachkundigen Endverbraucher weitergegeben. |
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| | den Bescheid des Regierungspräsidiums T... vom 08.10.2020 aufzuheben. |
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| | Zur Begründung führt der Beklagte aus: Die Tierfallen unterfielen dem Anwendungsbereich des ProdSG, insbesondere, weil die Tierfalle über Federn betrieben werde; die manuelle Kraft entlade sich zum Zeitpunkt der Betätigung des Auslösemechanismus, ohne dass es weiterer Zwischenschritte bedürfe. Die Anordnungsverfügung ziele nicht auf den Schutz der Wildtiere, sondern auf die Umsetzung von (europäischen) Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen, insbesondere zugunsten des Schutzes vor Gefahren von Verbrauchern und Haustieren, die durch den Gebrauch von Fallen entstehen können. Hierzu zähle der Schutz des Aufstellers, aber auch unbeteiligter Dritter, die unbeabsichtigt in den Gefahrenbereich der Falle geraten könnten, etwa indem sie dort spazieren gingen und in Kontakt mit der Falle kämen. Aus fachlicher Sicht sei das Inverkehrbringen nur dann sicherheitstechnisch konform, wenn die Falle zumindest mit einer Umhausung ausgerüstet sei und das notwendige Werkzeug für das sichere Spannen und Entspannen beigelegt werde. Die Schutzziele der von der Klägerin aufgeführten Vorschriften stimme zudem nicht überein. Das FangnormenÜ sei nicht unmittelbar anwendbar und dem Tierschutz gewidmet. Die Ziele des JWMG seien auf den Schutz der Wildtierpopulation und der nachhaltigen Jagd ausgelegt und dienten daher nur dem Gebrach und Einsatzbereich von Fallen im Hinblick auf den Tier- und Naturschutz. Demgegenüber sei Schutzziel des ProdSG und seiner Durchführungsverordnungen die Abwehr von Gefahren für Anwender, Verbraucher und Dritte. Der Klägerin komme auch nicht die Vermutungsregelung des § 3 Abs. 5 der 9. ProdSV zugute, da die von ihr genannte ISO-Norm nicht im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden sei. Sie habe zudem – ebenso wie das FangnormenÜ – eine andere Zielstellung. |
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| | Mit Schriftsatz vom 27.09.2021 hat sich die Klägerin mit der Entscheidung durch die Berichterstatterin einverstanden erklärt und auf die Durchführung der mündlichen Verhandlung verzichtet. Mit Schriftsätzen vom 15.02.2021 und vom 08.10.2021 hat der Beklagte sein Einverständnis mit der Entscheidung durch die Berichterstatterin erklärt und auf die Durchführung der mündlichen Verhandlung verzichtet. |
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| | Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte, die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie die dem Gericht vorliegende Verwaltungsakte des Regierungspräsidiums T..., Abteilung Marktüberwachung, verwiesen. |
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| | Die Klage ist zwar als Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 2. Hs. VwGO statthaft und auch sonst zulässig. |
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| | Sie ist jedoch unbegründet. Die angefochtene Ordnungsverfügung des Regierungspräsidiums T... vom 08.10.2020 ist insgesamt rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). |
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| | Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt für die vorliegende Anfechtungssituation ist der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (vgl. Schübel-Pfister, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 113, Rn. 56), sodass insbesondere auf das Gesetz über die Bereitstellung von Produkten auf dem Markt (Produktsicherheitsgesetz - ProdSG) vom 08.11.2011 (BGBl. I S. 2178, 2179; 2012 I S. 131) in seiner vom 27.06.2020 bis 25.05.2021 gültigen Fassung abzustellen ist. |
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| | I. Die unter Ziffer 1 der Ordnungsverfügung vom 08.10.2020 angeordnete Verpflichtung zur Vorlage der dort aufgeführten Unterlagen ist rechtmäßig. |
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| | a) Rechtsgrundlage ist § 28 Abs. 2 Satz 1 a.E. ProdSG. Danach können die Marktüberwachungsbehörden und die von ihnen beauftragten Personen die für ihre Aufgabenerfüllung erforderlichen Unterlagen und Informationen anfordern. Zu diesen zählen nach § 8 Abs. 1 ProdSG i.V.m. den Vorgaben der 9. ProdSV i.V.m. den Vorgaben der Maschinen-RL die EG-Konformitätserklärung gemäß Anhang II Teil 1 Abschnitt A Maschinen-RL, die auszustellen und von der sicherzustellen ist, dass sie einer Maschine beiliegt (§ 3 Abs. 2 Nr. 5 der 9. ProdSV); die Zurverfügungstellung einer Betriebsanleitung in deutscher Sprache (§ 3 Abs. 2 Nr. 3 der 9. ProdSV i.V.m. Anhang I Maschinen-RL) und Informationen dazu, dass die Maschine den grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen der Maschinen-RL entspricht (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 der 9. ProdSV i.V.m. Anhang I Maschinen-RL). |
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| | b) In formeller Hinsicht bestehen gegen Ziffer 1 der Ordnungsverfügung keine Bedenken. |
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| | Das Regierungspräsidium T... ist die zuständige Marktüberwachungsbehörde für den Vollzug von Marktüberwachungsmaßnahmen nach dem ProdSG und der aufgrund des § 8 ProdSG erlassenen Rechtsverordnungen, insbesondere der 9. ProdSV (§ 1 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung der Landesregierung und des Umweltministeriums über Zuständigkeiten auf dem Gebiet der Produktsicherheit vom 13. Februar 2012, GBl. 2012, 62). Die Klägerin ist vor Erlass der Ordnungsverfügung angehört worden (§ 28 LVwVfG i.V.m. § 27 Abs. 2 Satz 1 ProdSG). |
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| | c) Auch in materieller Hinsicht erweist sich der angefochtene Bescheid hinsichtlich Ziffer 1 als rechtmäßig. |
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| | aa) Anders als die Klägerin meint, ist das ProdSG i.V.m. 9. ProdSV i.V.m. den Vorgaben der Maschinen-RL anwendbar. Sie werden nicht von Vorschriften des FangnormenÜ verdrängt. |
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| | (1) Die 9. ProdSV setzt – also Verordnung i.S.d. § 8 Abs. 1 Satz 1 a.E. ProdSG – die unionsrechtliche Maschinen-RL in nationales Recht um (vgl. Wende, in: Klindt, ProdSG, 3. Aufl. 2021, § 8, Rn. 27). Die Maschinen-RL ist durch ihren weiten Anwendungsbereich gekennzeichnet und daher eine der wesentlichen europäischen Binnenmarktrichtlinien in der Harmonisierung des Produktsicherheitsrechts. Der verwendete Begriff „Maschinen“ ist dabei irreführend, denn in den Anwendungsbereich der Richtlinie bzw. der sie umsetzenden 9. ProdSV fallen nicht nur industrielle Fertigungsmaschinen oder Großgerätschaften. Vermittelt über § 1 Abs. 1 Nr. 1-Nr. 6 und § 2 Nr. 1 und Nr. 2 der 9. ProdSV zählen hierzu allgemein Gegenstände, die „mit einem anderen Antriebssystem als der unmittelbar eingesetzten menschlichen oder tierischen Kraft ausgestattete oder dafür vorgesehene Gesamtheit miteinander verbundener Teile oder Vorrichtungen, von denen mindestens eines bzw. eine beweglich ist und die für eine bestimmte Anwendung zusammengefügt sind“ (lit. a)). Zusammenfassend lassen sich Maschinen in diesem Sinne als Gerätschaften mit beweglichen Teilen und gespeicherter Energie beschreiben (vgl. Wende, in: Klindt, ProdSG, 3. Aufl. 2021, § 8, Rn. 28). |
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| | Bei den streitgegenständlichen Fallen handelt es sich um „Maschinen“ i.S.d. § 2 Nr. 2 lit. a) Maschinen-RL. Die Beklagte hat zugreffend ausgeführt, die Totschlagsfallen funktionierten über eine Federspannung und damit nicht nur über die unmittelbar menschlich oder tierisch eingesetzte, sondern auch über die gespeicherte Kraft. Die Feder bzw. der damit verbundene Hebel lösen einen beweglichen Mechanismus aus, nämlich das Zuklappen der Falle, wobei die Teile der Tötungsfalle gerade für diesen Zweck zusammengefügt sind. Weder die 9. ProdSV noch die Maschinen-RL kennen eine wirtschaftliche oder technische „Bagatellgrenze“. Auch kleinste oder einfach funktionierende Gerätschaften können daher als „Maschinen“ zu qualifizieren sein. So ist maschinenrechtlich auch eine mit einer Federspannung betriebene Mäusefalle eine „Maschine“ (vgl. Wende, in: Klindt, ProdSG, 3. Aufl. 2021, § 8, Rn. 28) und muss dies erst recht für eine mit einer Federspannung betriebene Tiertötungsfalle gelten. |
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| | (2) Demgegenüber ist das FangnormenÜ im Hinblick auf die Harmonisierung des Produktsicherheitsrechts nicht anwendbar bzw. geht es insofern nicht der 9. ProdSV i.V.m. der Maschinen-RL vor. Bereits aus den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen ergibt sich, dass es eine andere Schutzrichtung verfolgt: Das Abkommen widmet sich nämlich v.a. den Bedingungen, unter denen Tiere gefangen werden können. Ihm lag der Wunsch der damaligen Europäischen Gemeinschaft und der heutigen Europäischen Union zugrunde, sich mit Kanada und der Russischen Föderation auf internationale humane Fangnormen zu einigen und somit Handelsstreitigkeiten mit den wichtigsten internationalen Pelzexporteuren zu vermeiden (siehe Europäische Kommission, Umwelt - Additional tools Implementation of Humane Trapping Standard in the EU, verfügbar unter: https://ec.europa.eu/environment/biodiversity/animal_welfare/hts/index_en.htm, abgerufen: 08.12.2021). |
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| | Ziel des Übereinkommens ist nach Art. 2 FangnormenÜ daher die Festlegung von Normen für humane Fangmethoden (lit. a)), die Verbesserung der Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen den Vertragsparteien im Bereich der Anwendung und Ausarbeitung solcher Normen (lit. b)) und die Erleichterung des Handels zwischen den Vertragsparteien (lit. c)). Nach Ziffer 1.1 des Anhangs I zum FangnormenÜ ist Ziel die Gewährleistung eines ausreichenden Niveaus und weiterer Verbesserungen des Befindens der in den Fallen gefangenen Tiere. Das Abkommen bezieht sich nach seinem Geltungsbereich (Art. 3 FangnormenÜ) auf Fangmethoden und die Bescheinigung von Fallen zum Fang bestimmter wildlebender Land- oder halbaquatischer Säugetiere zur Nutzung und Regelung von Wildtierpopulationen einschließlich der Bekämpfung schädlicher Tiere (lit. a)), zur Gewinnung von Pelzen, Häuten oder Fleisch (lit. b)) und zum Fang von Säugetieren zu Erhaltungszwecken (lit. c)). Es verpflichtet die Vertragsstaaten nach Art. 7 FangnormÜ zu Maßnahmen, um zu gewährleisten, dass die zuständigen Behörden geeignete Verfahren für die Bescheinigung von Fallen, die den (Tierschutz-)Normen entsprechen, festlegen (lit a)), für normgemäße Fangmethoden sorgen (lit b)), den Einsatz von regelwidrigen Fallen verbieten (lit. c)) und von den Herstellern die Kennzeichnung der bescheinigten Fallen und Anweisungen für ihre Einstellung, sichere Bedienung und Wartung fordern (lit. d)). Nach Art. 12 Abs. 2 FangnormÜ erkennen die Vertragspartei die Fangmethoden jeder anderen Vertragspartei als gleichwertig an, wenn diese den Normen entsprechen. Nach Art. 12 Abs. 1 FangnormenÜ kann eine Vertragspartei die Verwendung von Fallen, die von einer anderen Vertragspartei bescheinigt worden sind, in ihrem Hoheitsgebiet zulassen. Zurückweisungen sind schriftlich zu begründen. |
|
| | Es bedarf vorliegend keiner Entscheidung, ob sich natürliche oder juristische Personen vor nationalen Gerichten überhaupt unmittelbar auf die Bestimmungen des nach Art. 3, 4, 207 und Art. 216 AEUV zwischen der Europäischen Union und Drittstaaten geschlossenen internationalen Abkommens berufen können, was u.a. von der Rechtsnatur, Systematik, Art und Struktur des Abkommens abhängt (Schmalenbach, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 6. Aufl. 2022, Art. 216 AEUV, Rn. 33 ff.). Denn jedenfalls verfolgen das FangnormenÜ und die 9. ProdSV i.V.m. der Maschinen-RL gänzlich andere Zielstellungen. Sie schließen sich nicht aus, sondern ergänzen sich im Hinblick auf ihre unterschiedlichen Schutzziele (Tierwohl des gejagten Tiers einerseits und Sicherheit und Gesundheit von Personen und Haustieren andererseits). |
|
| | Aus den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen ergibt sich bereits, dass das FangnormenÜ auf das Tierwohl des gejagten Tiers ausgerichtet ist. Soweit Produkte aber der Maschinen-RL unterfallen, dürfen sie nur auf den Markt gebracht werden, wenn die Sicherheit und Gesundheit von Personen oder sonstige in der Rechtsverordnung aufgeführte Rechtsgüter nicht gefährdet werden (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 ProdSG). Entsprechend folgt – worauf die Beklagte zutreffend hingewiesen hat – aus dem 3. Erwägungsgrund der Maschinen-RL, dass es den Mitgliedstaaten obliegt, die „Sicherheit und die Gesundheit von Personen, insbesondere von Arbeitnehmern und Verbrauchern, und gegebenenfalls von Haustieren und Sachen, insbesondere in Bezug auf Risiken beim Umgang mit Maschinen, zu gewährleisten“. Die Vorlage von Nachweisen, dass die von der Klägerin vertriebenen Fallen die Anforderungen des FangnormenÜ erfüllt, die u.a. an den Eintritt der Bewusstlosigkeit des Tiers zu stellen sind, ist folglich für die Beurteilung von Fragen der Produktsicherheit unerheblich. Unabhängig davon erlaubt Art. 12 FangnormenÜ aber auch ohnehin, dass Vertragsparteien nach ihrem Ermessen die Verwendung von Fallen, die von einer anderen Vertragspartei bescheinigt worden sind, in ihrem Hoheitsgebiet nicht zulassen (vgl. auch die englische und französische Sprachfassung: „may authorise“; „peut autoriser“). Selbst wenn das FangnormenÜ vorliegend den alleinigen rechtlichen Maßstab bildete, was nicht der Fall ist, wären also strengere Regelungen möglich und folgte aus der Anerkennung im Ausland nicht zwingend eine Anerkennungspflicht. |
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| | (3) Eine andere Einschätzung folgt nicht aus § 1 Abs. 3 der 9. ProdSV. Werden danach die in Anhang I der Maschinen-RL genannten Gefährdungen, die von einer Maschine ausgehen, ganz oder teilweise von Rechtsvorschriften genauer erfasst, durch die andere EU-Richtlinien in deutsches Recht umgesetzt werden, so gelten insoweit die Bestimmungen dieser Verordnung für diese Maschine und diese Gefährdungen nicht. Ein solcher Ausnahmefall folgt weder aus § 31 Abs. 3 JWMG noch aus Art. 8 FangnormenÜ. Beide stellen keine richtlinienumsetzenden Rechtsakte i.S.d. Art. 288 UAbs. 3, 291 Abs. 1 AEUV dar. Abgesehen davon dient auch der von der Klägerin erwähnte „Fallen-TÜV“ (nach dem JWMG) nicht dem Schutz der Jäger, sondern dem Wohl des gejagten Tiers. |
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| | (4) Der Klägerin kommt auch nicht die Vermutungsregelung des § 3 Abs. 5 der 9. ProdSV zugute, worauf der Beklagte zutreffend hingewiesen hat. Da die ISO-Normen ISO 10990-4 (Stand: 1999) für Tierfallen (Säugetiere) - Methoden zur Prüfung von Tötungsfallensystemen, die auf dem Land oder unter Wasser eingesetzt werden, nicht im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden sind, kann nicht i.S.d. § 3 Abs. 5 der 9. ProdSV davon ausgegangen werden, dass die Fallen den grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen entsprechen. |
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| | bb) Die Anforderung der Unterlagen und Informationen ist zur Aufgabenerfüllung der Marktüberwachungsbehörde gemäß § 28 Abs. 2 Satz 1 ProdSG auch erforderlich. |
|
| | Der Beklagte hat zutreffend ausgeführt, dass der Klägerin keine überzogenen Pflichten auferlegt werden. Die Pflicht zur Vorlage der angeforderten Unterlagen ergibt sich bereits aus § 3 ProdSG i.V.m. § 3 der 9. ProdSV. Danach ist ein allgemeines Sicherheits- und Gesundheitsschutzkonzept vorzulegen (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 der 9. ProdSV i.V.m. Ziffer Anhang I Maschinen-RL). Denn Fallen, die auf die Tötung von Tieren zielen, wohnt eine erhebliche Verletzungsgefahr sowohl bei der Aufstellung des Produkts, etwa durch eine falsche Handhabung, aber auch durch die ungewollte Verletzung Dritter inne, sodass eine Risikobeurteilung vorzulegen ist. Auch eine Bedienungsanleitung ist angesichts der hohen Verletzungsgefahr, die von den Tierfallen ausgeht, in deutscher Sprache beizufügen. Denn unabhängig davon, wie der Mechanismus im Einzelnen funktioniert, erfordert das Scharfstellen der Falle mehrere Handgriffe, die ohne Anleitung beispielweise zu einem verfrühten Auslösen und damit zu Verletzungen führen können; bei Produkten, die auf dem deutschen Markt angeboten werden, kann im Sinne des Verbraucherschutzes auch erwartet werden, dass eine Betriebsanleitung in deutscher Sprache beigefügt wird. Da die Klägerin ihre Artikel u.a. über einen Online-Shop vertreibt, kann gerade auch nicht immer sichergestellt werden, dass diese ausschließlich an Fachkundige wie z.B. den Bestimmungen des JWMG unterliegende und ausgebildete Jäger gelangen. Zuletzt ist auch eine Erklärung über die EG-Konformitätsprüfung zwingend beizufügen (§ 3 Abs. 2 Nr. 5 und § 4 der 9. ProdSV). |
|
| | Die Klägerin wird durch die Pflicht zur Vorlage der Unterlagen nicht übermäßig belastet. Während die Beilage einer Betriebsanleitung in jedem Fall erfolgen muss (Anhang I, Allgemeine Grundsätze Nr. 2 und Ziffer 1.7.4. der Maschinen-RL), ergibt sich die Notwendigkeit zur Vorlage eines Sicherheitskonzeptes gerade aus der Gefährlichkeit der Totschlagsfallen für die Benutzer und Dritte. Dass die EU-Konformitätserklärung nicht nur vorliegen, sondern auch der Maschine beigefügt sein muss, ist eine Besonderheit der 9. ProdSV. Sie gilt nach § 3 Abs. 2 Nr. 5 der 9. ProdSV i.V.m. Anhang II Buchstabe A Maschinen-RL für „klassische“ Maschinen, die mit einer CE-Kennzeichnung in Verkehr gebracht werden müssen (vgl. Wende, in: Klindt, ProdSG, 3. Aufl. 2021, § 8, Rn. 30). Vor dem Hintergrund, dass die Vorlage der Unterlagen ohne umfangreiche weitere Veranlassung möglich war, ist sie der Klägerin auch zumutbar. Für die Vorlage dieser Unterlagen wurde ihr auch ein ausreichend langer Zeitraum zur Verfügung gestellt. |
|
| | cc) Ziffer 1 des Bescheids hat sich auch nicht gemäß § 43 Abs. 2 LVwVfG erledigt. Zwar ist die Frist für die Vorlage der Unterlagen zum 30.10.2020 inzwischen fruchtlos abgelaufen. Allerdings dient sie dazu, die Pflicht zur Vorlage der erforderlichen Unterlagen (§ 3 Abs. 2 der 9. ProdSV) durchzusetzen. Dieser Zweck besteht auch nach dem Fristablauf unverändert fort. |
|
| | dd) Die Ordnungsverfügung richtet sich nach § 27 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 2 Nr. 29 ProdSG gegen die Klägerin als die Wirtschaftsakteurin, die beabsichtigt, die Fallen auf den Markt zu bringen (vgl. auch VG Düsseldorf, Urteil vom 26.02.2019 - 3 K 9147/18 - juris, Rn. 48). |
|
| | 2. Ziffer 2 des angefochtenen Bescheids ist ebenfalls rechtmäßig, wonach die Bereitstellung der Tierfalle „X“ auf dem deutschen Markt untersagt wird, bis alle Mängel behoben sind und die unter Ziffer 1 genannten Unterlagen vorgelegt worden sind. |
|
| | a) Rechtsgrundlage ist § 26 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 2 ProdSG i.V.m. § 7 Abs. 1 der 9. ProdSV. Die Marktüberwachungsbehörden treffen danach die erforderlichen Maßnahmen, wenn sie den begründeten Verdacht haben, dass ein Produkt nicht die gesetzlichen Anforderungen erfüllt. Sie sind insbesondere befugt, Maßnahmen anzuordnen, die gewährleisten, dass ein Produkt erst dann auf dem Markt bereitgestellt wird, wenn es die Anforderungen nach § 3 Abs. 1 oder Abs. 2 ProdSG erfüllt, also insbesondere die Sicherheit und Gesundheit von Personen nicht gefährdet wird. |
|
| | b) Hinsichtlich der formellen Rechtmäßigkeit wird auf die obigen Ausführungen verwiesen. |
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| | c) Die Anordnung unter Ziffer 2 ist auch in materiell-rechtlicher Hinsicht rechtmäßig. |
|
| | Nach § 3 Abs. 1 ProdSG darf ein Produkt, das – wie hier – einer Verordnung nach § 8 ProdSG (vorliegend der 9. ProdSV) unterliegt, nur auf dem Markt bereitgestellt werden, wenn es die darin vorgesehenen Anforderungen erfüllt (Nr. 1) und die Sicherheit und Gesundheit von Personen oder sonstigen in dieser Verordnung aufgeführten Rechtsgüter bei der bestimmungsgemäßen oder vorhersehbaren Verwendung nicht gefährdet (Nr. 2). Nach § 3 Abs. 1 der 9. ProdSV darf ein Hersteller Maschinen aber nur in den Verkehr bringen oder in Betrieb nehmen, wenn sie bei ordnungsgemäßer Installation und Wartung und bei bestimmungsgemäßer Verwendung oder vorhersehbarer Fehlanwendung die Sicherheit und die Gesundheit von Personen und die Sicherheit von Haustieren und Gütern und, soweit anwendbar, die Umwelt nicht gefährden (Nr. 1). Dabei muss der Hersteller vor dem Inverkehrbringen die unter § 3 Abs. 2 der 9. ProdSV aufgeführten Nachweise vorlegen. |
|
| | Die Klägerin hat die angeforderten Unterlagen – eine allgemeine Risikoabwägung, eine Betriebsanleitung und eine EG-Konformitätserklärung in deutscher Sprache – aber bislang nicht vorgelegt. Die Beklagte hat zutreffend darauf hingewiesen, dass ihr vor diesem Hintergrund kein Entschließungsermessen zugestand (vgl. Wortlaut des § 26 Abs. 2 Satz 1 ProdSG). Das ihr eingeräumte Ermessen hinsichtlich der Maßnahmen, um die Sicherheit von Personen, Haustieren und Gütern beim Inverkehrbringen des Produkts nicht zu gefährden (Auswahlermessen), hat sie fehlerfrei ausgeübt (§ 40 LVwVfG, § 114 VwGO). Ermessensfehler sind nicht ersichtlich. Die von der Beklagten gewählte temporäre Unterlassungsverfügung entspricht vielmehr dem Regelbeispiel des § 26 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 ProdSG, wonach Maßnahmen anzuordnen sind, die gewährleisten, dass ein Produkt erst dann auf dem Markt bereitgestellt wird, wenn es den Anforderungen des § 3 Abs. 1 oder Abs. 2 ProdSG genügt. Das an die Vorlage der unter Ziffer 1 des Bescheids verfügten Unterlagen gekoppelte – und damit aufschiebend bedingte (vgl. § 158 Abs. 1 BGB) – Inverkehrbringen der Fallen stellte für die Klägerin keine unzumutbare Belastung dar, weil sie von der zeitnahen Beibringung der Unterlagen abhängig gemacht worden ist, welche die Klägerin von Gesetzes wegen ohnehin zu beschaffen hat. |
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| | 3. Auch die unter Ziffer 3 des Bescheids erfolgte Zwangsgeldandrohung für den Fall, dass die Klägerin den Verpflichtungen unter Ziffer 1 und Ziffer 2 nicht oder nicht vollständig nachkommt, ist rechtmäßig. |
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| | a) Rechtsgrundlage für die Androhung des Zwangsgeldes ist § 23 i.V.m. §§ 1, 2 Nr. 2, 18, 19 Abs. 1 Nr. 1 und § 20 LVwVG. Nach § 18 i.V.m. § 1 LVwVG können Verwaltungsakte, die zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung verpflichten, mit Zwangsmitteln vollstreckt werden. |
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| | b) Die Androhung des Zwangsgeldes ist formell rechtmäßig. Das Regierungspräsidium T... ist als Behörde, die den Grundverwaltungsakt erlassen hat, auch die zuständige Vollstreckungsbehörde (§ 4 Abs. 1 LVwVG). Eine vorherige Anhörung der Klägerin war entbehrlich (§ 28 Abs. 2 Nr. 5 LVwVfG). Die Zwangsgeldandrohung erfolgte schriftlich (§ 20 Abs. 1 LVwVG) und konnte mit dem Grundverwaltungsakt verbunden werden (§ 20 Abs. 3 LVwVG). |
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| | c) Gegen die Zwangsgeldandrohung bestehen auch in materiell-rechtlicher Hinsicht keine Bedenken. |
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| | Gemäß § 2 Nr. 2 LVwVG können Verwaltungsakte vollstreckt werden, wenn – wie hier – die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs entfällt (vgl. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. VwGO i.V.m. § 12 LVwVG). Als Zwangsmittel nennt § 19 Abs. 1 Nr. 1 LVwVG u.a. das Zwangsgeld (§ 23 LVwVG). Die Androhung des Zwangsgeldes i.H.v. 500,- Euro hinsichtlich Ziffer 1 und i.H.v. 1000,- Euro hinsichtlich Ziffer 2 des angefochtenen Bescheids bezog sich jeweils auf bestimmte Zwangsmittel (§ 20 Abs. 3 Satz 1 LVwVG). Sie wurden jeweils in konkreter Höhe angedroht (§ 20 Abs. 4 LVwVG). Der Klägerin wurde für die Erfüllung der Verpflichtung unter Ziffer 1 des Bescheids eine angemessene Frist gesetzt. Die Fristbestimmung begegnet keinen rechtlichen Bedenken und war ausreichend lang bemessen, um der Klägerin die Vorlage der Unterlagen zu ermöglichen. Da Ziffer 2 auf eine Unterlassung zielte – nämlich es zu unterlassen, die Tierfallen vor der Vorlage der Unterlagen auf den Markt zu bringen – war keine Fristsetzung erforderlich (§ 20 Abs. 1 Satz 2 LVwVG). |
|
| | Gegen die Auswahl des Zwangsgeldes als Zwangsmittel bestehen im Hinblick auf § 19 Abs. 2 LVwVG, wonach dasjenige Zwangsmittel anzuwenden ist, das den Pflichtigen und die Allgemeinheit am wenigsten beeinträchtigt, und im Hinblick auf § 19 Abs. 3 LVwVG, wonach Zwangsmittel in angemessenem Verhältnis zu ihrem Zweck anzuwenden sind, keine Bedenken. Ziffer 1, die die Klägerin zur Vorlage bestimmter Unterlagen, und Ziffer 2, die von ihr ein Unterlassen verlangte, sind nicht vertretbare Handlungen. Die Ersatzvornahme als Zwangsmittel gemäß § 25 LVwVG kam daher ohnehin nicht in Betracht. Die Höhe des jeweils auferlegten Zwangsgeldes ist verhältnismäßig. Insofern überwiegen die erheblichen Gefahren, die durch das Inverkehrbringen der Tierfallen ohne die erforderlichen Unterlagen entstehen können, gegenüber dem wirtschaftlichen Schaden, den die Klägerin dadurch erleidet, dass sie die Tierfallen nicht auf den Markt bringen kann. Ihr wirtschaftlicher Schaden kann insbesondere ggf. finanziell rückgängig gemacht werden, durch die Falsch- oder Fehlbenutzung der Fallen entstehende Verletzungen nicht. |
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| | 4. Auch gegen die unter Ziffer 4 des Bescheids festgesetzte Verwaltungsgebühr bestehen keine Bedenken. Gegen sie sind auch keine konkreten Einwände erhoben worden. |
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| | Die Gebühr beruht auf §§ 1, 4 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 LGebG i.V.m. § 1 und § 2 GebVO UM. Die Festsetzung der Gebühr folgt (hinsichtlich Ziffer 2 der Ordnungsverfügung) aus Nr. 9.1.1. des Gebührenverzeichnisses, wonach für Anordnungen nach § 26 Abs. 2 ProdSG eine Gebühr i.H.v. 200,- bis 5.000,- Euro erhoben werden kann. Die Festsetzung der Gebühr i.H.v. 340,- Euro bewegt sich im unteren Bereich des Gebührenrahmens der Ziffer 9.1.1. des Gebührenverzeichnisses (§ 12 Abs. 4 LGebG). Sie ist weder dem Grunde noch der konkreten Höhe nach zu beanstanden (§ 7 LGebG). |
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| | Für die in Ziffer 1 des Bescheids angeordnete Verpflichtung, bestimmte Unterlagen vorzulegen, ist gemäß § 52 Abs. 2 GKG der Regelstreitwert i.H.v. 5.000,- Euro anzusetzen (vgl. ähnlich VG Düsseldorf, Urteil vom 26.02.2019 - 3 K 9147/18 - juris, Rn. 61). Streitwerterhöhend wirkt sich die unter Ziffer 2 verfügte Untersagung des Inverkehrbringens der Fallen aus. Das wirtschaftliche Interesse der Klägerin ist anhand des Umsatzausfalls, der ihr durch die Befolgung der Untersagungsverfügung entstanden ist, zu bemessen (vgl. ähnlich VG Arnsberg, Beschluss vom 28.10.2016 - 1 L 1531/16 - juris, Rn. 41 sowie Ziffer 25.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2012/2013, Kopp/Schenke, VwGO, 25. Aufl. 2019, Anh. § 164, Rn. 14). Das Gericht legt für die 144 Fallen, die importiert werden sollen, einen für vergleichsweise Fallen anfallenden Stückpreis i.H.v. 50,- Euro zugrunde (insgesamt 7.200,00 Euro). Die unter Ziffer 3 der Ordnungsverfügung verfügte Zwangsgeldandrohung fällt nicht streitwerterhöhend ins Gewicht (vgl. Nr. 1.7.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2012/2013). |
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| | Die Klage ist zwar als Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 2. Hs. VwGO statthaft und auch sonst zulässig. |
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| | Sie ist jedoch unbegründet. Die angefochtene Ordnungsverfügung des Regierungspräsidiums T... vom 08.10.2020 ist insgesamt rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). |
|
| | Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt für die vorliegende Anfechtungssituation ist der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (vgl. Schübel-Pfister, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 113, Rn. 56), sodass insbesondere auf das Gesetz über die Bereitstellung von Produkten auf dem Markt (Produktsicherheitsgesetz - ProdSG) vom 08.11.2011 (BGBl. I S. 2178, 2179; 2012 I S. 131) in seiner vom 27.06.2020 bis 25.05.2021 gültigen Fassung abzustellen ist. |
|
| | I. Die unter Ziffer 1 der Ordnungsverfügung vom 08.10.2020 angeordnete Verpflichtung zur Vorlage der dort aufgeführten Unterlagen ist rechtmäßig. |
|
| | a) Rechtsgrundlage ist § 28 Abs. 2 Satz 1 a.E. ProdSG. Danach können die Marktüberwachungsbehörden und die von ihnen beauftragten Personen die für ihre Aufgabenerfüllung erforderlichen Unterlagen und Informationen anfordern. Zu diesen zählen nach § 8 Abs. 1 ProdSG i.V.m. den Vorgaben der 9. ProdSV i.V.m. den Vorgaben der Maschinen-RL die EG-Konformitätserklärung gemäß Anhang II Teil 1 Abschnitt A Maschinen-RL, die auszustellen und von der sicherzustellen ist, dass sie einer Maschine beiliegt (§ 3 Abs. 2 Nr. 5 der 9. ProdSV); die Zurverfügungstellung einer Betriebsanleitung in deutscher Sprache (§ 3 Abs. 2 Nr. 3 der 9. ProdSV i.V.m. Anhang I Maschinen-RL) und Informationen dazu, dass die Maschine den grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen der Maschinen-RL entspricht (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 der 9. ProdSV i.V.m. Anhang I Maschinen-RL). |
|
| | b) In formeller Hinsicht bestehen gegen Ziffer 1 der Ordnungsverfügung keine Bedenken. |
|
| | Das Regierungspräsidium T... ist die zuständige Marktüberwachungsbehörde für den Vollzug von Marktüberwachungsmaßnahmen nach dem ProdSG und der aufgrund des § 8 ProdSG erlassenen Rechtsverordnungen, insbesondere der 9. ProdSV (§ 1 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung der Landesregierung und des Umweltministeriums über Zuständigkeiten auf dem Gebiet der Produktsicherheit vom 13. Februar 2012, GBl. 2012, 62). Die Klägerin ist vor Erlass der Ordnungsverfügung angehört worden (§ 28 LVwVfG i.V.m. § 27 Abs. 2 Satz 1 ProdSG). |
|
| | c) Auch in materieller Hinsicht erweist sich der angefochtene Bescheid hinsichtlich Ziffer 1 als rechtmäßig. |
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| | aa) Anders als die Klägerin meint, ist das ProdSG i.V.m. 9. ProdSV i.V.m. den Vorgaben der Maschinen-RL anwendbar. Sie werden nicht von Vorschriften des FangnormenÜ verdrängt. |
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| | (1) Die 9. ProdSV setzt – also Verordnung i.S.d. § 8 Abs. 1 Satz 1 a.E. ProdSG – die unionsrechtliche Maschinen-RL in nationales Recht um (vgl. Wende, in: Klindt, ProdSG, 3. Aufl. 2021, § 8, Rn. 27). Die Maschinen-RL ist durch ihren weiten Anwendungsbereich gekennzeichnet und daher eine der wesentlichen europäischen Binnenmarktrichtlinien in der Harmonisierung des Produktsicherheitsrechts. Der verwendete Begriff „Maschinen“ ist dabei irreführend, denn in den Anwendungsbereich der Richtlinie bzw. der sie umsetzenden 9. ProdSV fallen nicht nur industrielle Fertigungsmaschinen oder Großgerätschaften. Vermittelt über § 1 Abs. 1 Nr. 1-Nr. 6 und § 2 Nr. 1 und Nr. 2 der 9. ProdSV zählen hierzu allgemein Gegenstände, die „mit einem anderen Antriebssystem als der unmittelbar eingesetzten menschlichen oder tierischen Kraft ausgestattete oder dafür vorgesehene Gesamtheit miteinander verbundener Teile oder Vorrichtungen, von denen mindestens eines bzw. eine beweglich ist und die für eine bestimmte Anwendung zusammengefügt sind“ (lit. a)). Zusammenfassend lassen sich Maschinen in diesem Sinne als Gerätschaften mit beweglichen Teilen und gespeicherter Energie beschreiben (vgl. Wende, in: Klindt, ProdSG, 3. Aufl. 2021, § 8, Rn. 28). |
|
| | Bei den streitgegenständlichen Fallen handelt es sich um „Maschinen“ i.S.d. § 2 Nr. 2 lit. a) Maschinen-RL. Die Beklagte hat zugreffend ausgeführt, die Totschlagsfallen funktionierten über eine Federspannung und damit nicht nur über die unmittelbar menschlich oder tierisch eingesetzte, sondern auch über die gespeicherte Kraft. Die Feder bzw. der damit verbundene Hebel lösen einen beweglichen Mechanismus aus, nämlich das Zuklappen der Falle, wobei die Teile der Tötungsfalle gerade für diesen Zweck zusammengefügt sind. Weder die 9. ProdSV noch die Maschinen-RL kennen eine wirtschaftliche oder technische „Bagatellgrenze“. Auch kleinste oder einfach funktionierende Gerätschaften können daher als „Maschinen“ zu qualifizieren sein. So ist maschinenrechtlich auch eine mit einer Federspannung betriebene Mäusefalle eine „Maschine“ (vgl. Wende, in: Klindt, ProdSG, 3. Aufl. 2021, § 8, Rn. 28) und muss dies erst recht für eine mit einer Federspannung betriebene Tiertötungsfalle gelten. |
|
| | (2) Demgegenüber ist das FangnormenÜ im Hinblick auf die Harmonisierung des Produktsicherheitsrechts nicht anwendbar bzw. geht es insofern nicht der 9. ProdSV i.V.m. der Maschinen-RL vor. Bereits aus den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen ergibt sich, dass es eine andere Schutzrichtung verfolgt: Das Abkommen widmet sich nämlich v.a. den Bedingungen, unter denen Tiere gefangen werden können. Ihm lag der Wunsch der damaligen Europäischen Gemeinschaft und der heutigen Europäischen Union zugrunde, sich mit Kanada und der Russischen Föderation auf internationale humane Fangnormen zu einigen und somit Handelsstreitigkeiten mit den wichtigsten internationalen Pelzexporteuren zu vermeiden (siehe Europäische Kommission, Umwelt - Additional tools Implementation of Humane Trapping Standard in the EU, verfügbar unter: https://ec.europa.eu/environment/biodiversity/animal_welfare/hts/index_en.htm, abgerufen: 08.12.2021). |
|
| | Ziel des Übereinkommens ist nach Art. 2 FangnormenÜ daher die Festlegung von Normen für humane Fangmethoden (lit. a)), die Verbesserung der Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen den Vertragsparteien im Bereich der Anwendung und Ausarbeitung solcher Normen (lit. b)) und die Erleichterung des Handels zwischen den Vertragsparteien (lit. c)). Nach Ziffer 1.1 des Anhangs I zum FangnormenÜ ist Ziel die Gewährleistung eines ausreichenden Niveaus und weiterer Verbesserungen des Befindens der in den Fallen gefangenen Tiere. Das Abkommen bezieht sich nach seinem Geltungsbereich (Art. 3 FangnormenÜ) auf Fangmethoden und die Bescheinigung von Fallen zum Fang bestimmter wildlebender Land- oder halbaquatischer Säugetiere zur Nutzung und Regelung von Wildtierpopulationen einschließlich der Bekämpfung schädlicher Tiere (lit. a)), zur Gewinnung von Pelzen, Häuten oder Fleisch (lit. b)) und zum Fang von Säugetieren zu Erhaltungszwecken (lit. c)). Es verpflichtet die Vertragsstaaten nach Art. 7 FangnormÜ zu Maßnahmen, um zu gewährleisten, dass die zuständigen Behörden geeignete Verfahren für die Bescheinigung von Fallen, die den (Tierschutz-)Normen entsprechen, festlegen (lit a)), für normgemäße Fangmethoden sorgen (lit b)), den Einsatz von regelwidrigen Fallen verbieten (lit. c)) und von den Herstellern die Kennzeichnung der bescheinigten Fallen und Anweisungen für ihre Einstellung, sichere Bedienung und Wartung fordern (lit. d)). Nach Art. 12 Abs. 2 FangnormÜ erkennen die Vertragspartei die Fangmethoden jeder anderen Vertragspartei als gleichwertig an, wenn diese den Normen entsprechen. Nach Art. 12 Abs. 1 FangnormenÜ kann eine Vertragspartei die Verwendung von Fallen, die von einer anderen Vertragspartei bescheinigt worden sind, in ihrem Hoheitsgebiet zulassen. Zurückweisungen sind schriftlich zu begründen. |
|
| | Es bedarf vorliegend keiner Entscheidung, ob sich natürliche oder juristische Personen vor nationalen Gerichten überhaupt unmittelbar auf die Bestimmungen des nach Art. 3, 4, 207 und Art. 216 AEUV zwischen der Europäischen Union und Drittstaaten geschlossenen internationalen Abkommens berufen können, was u.a. von der Rechtsnatur, Systematik, Art und Struktur des Abkommens abhängt (Schmalenbach, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 6. Aufl. 2022, Art. 216 AEUV, Rn. 33 ff.). Denn jedenfalls verfolgen das FangnormenÜ und die 9. ProdSV i.V.m. der Maschinen-RL gänzlich andere Zielstellungen. Sie schließen sich nicht aus, sondern ergänzen sich im Hinblick auf ihre unterschiedlichen Schutzziele (Tierwohl des gejagten Tiers einerseits und Sicherheit und Gesundheit von Personen und Haustieren andererseits). |
|
| | Aus den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen ergibt sich bereits, dass das FangnormenÜ auf das Tierwohl des gejagten Tiers ausgerichtet ist. Soweit Produkte aber der Maschinen-RL unterfallen, dürfen sie nur auf den Markt gebracht werden, wenn die Sicherheit und Gesundheit von Personen oder sonstige in der Rechtsverordnung aufgeführte Rechtsgüter nicht gefährdet werden (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 ProdSG). Entsprechend folgt – worauf die Beklagte zutreffend hingewiesen hat – aus dem 3. Erwägungsgrund der Maschinen-RL, dass es den Mitgliedstaaten obliegt, die „Sicherheit und die Gesundheit von Personen, insbesondere von Arbeitnehmern und Verbrauchern, und gegebenenfalls von Haustieren und Sachen, insbesondere in Bezug auf Risiken beim Umgang mit Maschinen, zu gewährleisten“. Die Vorlage von Nachweisen, dass die von der Klägerin vertriebenen Fallen die Anforderungen des FangnormenÜ erfüllt, die u.a. an den Eintritt der Bewusstlosigkeit des Tiers zu stellen sind, ist folglich für die Beurteilung von Fragen der Produktsicherheit unerheblich. Unabhängig davon erlaubt Art. 12 FangnormenÜ aber auch ohnehin, dass Vertragsparteien nach ihrem Ermessen die Verwendung von Fallen, die von einer anderen Vertragspartei bescheinigt worden sind, in ihrem Hoheitsgebiet nicht zulassen (vgl. auch die englische und französische Sprachfassung: „may authorise“; „peut autoriser“). Selbst wenn das FangnormenÜ vorliegend den alleinigen rechtlichen Maßstab bildete, was nicht der Fall ist, wären also strengere Regelungen möglich und folgte aus der Anerkennung im Ausland nicht zwingend eine Anerkennungspflicht. |
|
| | (3) Eine andere Einschätzung folgt nicht aus § 1 Abs. 3 der 9. ProdSV. Werden danach die in Anhang I der Maschinen-RL genannten Gefährdungen, die von einer Maschine ausgehen, ganz oder teilweise von Rechtsvorschriften genauer erfasst, durch die andere EU-Richtlinien in deutsches Recht umgesetzt werden, so gelten insoweit die Bestimmungen dieser Verordnung für diese Maschine und diese Gefährdungen nicht. Ein solcher Ausnahmefall folgt weder aus § 31 Abs. 3 JWMG noch aus Art. 8 FangnormenÜ. Beide stellen keine richtlinienumsetzenden Rechtsakte i.S.d. Art. 288 UAbs. 3, 291 Abs. 1 AEUV dar. Abgesehen davon dient auch der von der Klägerin erwähnte „Fallen-TÜV“ (nach dem JWMG) nicht dem Schutz der Jäger, sondern dem Wohl des gejagten Tiers. |
|
| | (4) Der Klägerin kommt auch nicht die Vermutungsregelung des § 3 Abs. 5 der 9. ProdSV zugute, worauf der Beklagte zutreffend hingewiesen hat. Da die ISO-Normen ISO 10990-4 (Stand: 1999) für Tierfallen (Säugetiere) - Methoden zur Prüfung von Tötungsfallensystemen, die auf dem Land oder unter Wasser eingesetzt werden, nicht im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden sind, kann nicht i.S.d. § 3 Abs. 5 der 9. ProdSV davon ausgegangen werden, dass die Fallen den grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen entsprechen. |
|
| | bb) Die Anforderung der Unterlagen und Informationen ist zur Aufgabenerfüllung der Marktüberwachungsbehörde gemäß § 28 Abs. 2 Satz 1 ProdSG auch erforderlich. |
|
| | Der Beklagte hat zutreffend ausgeführt, dass der Klägerin keine überzogenen Pflichten auferlegt werden. Die Pflicht zur Vorlage der angeforderten Unterlagen ergibt sich bereits aus § 3 ProdSG i.V.m. § 3 der 9. ProdSV. Danach ist ein allgemeines Sicherheits- und Gesundheitsschutzkonzept vorzulegen (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 der 9. ProdSV i.V.m. Ziffer Anhang I Maschinen-RL). Denn Fallen, die auf die Tötung von Tieren zielen, wohnt eine erhebliche Verletzungsgefahr sowohl bei der Aufstellung des Produkts, etwa durch eine falsche Handhabung, aber auch durch die ungewollte Verletzung Dritter inne, sodass eine Risikobeurteilung vorzulegen ist. Auch eine Bedienungsanleitung ist angesichts der hohen Verletzungsgefahr, die von den Tierfallen ausgeht, in deutscher Sprache beizufügen. Denn unabhängig davon, wie der Mechanismus im Einzelnen funktioniert, erfordert das Scharfstellen der Falle mehrere Handgriffe, die ohne Anleitung beispielweise zu einem verfrühten Auslösen und damit zu Verletzungen führen können; bei Produkten, die auf dem deutschen Markt angeboten werden, kann im Sinne des Verbraucherschutzes auch erwartet werden, dass eine Betriebsanleitung in deutscher Sprache beigefügt wird. Da die Klägerin ihre Artikel u.a. über einen Online-Shop vertreibt, kann gerade auch nicht immer sichergestellt werden, dass diese ausschließlich an Fachkundige wie z.B. den Bestimmungen des JWMG unterliegende und ausgebildete Jäger gelangen. Zuletzt ist auch eine Erklärung über die EG-Konformitätsprüfung zwingend beizufügen (§ 3 Abs. 2 Nr. 5 und § 4 der 9. ProdSV). |
|
| | Die Klägerin wird durch die Pflicht zur Vorlage der Unterlagen nicht übermäßig belastet. Während die Beilage einer Betriebsanleitung in jedem Fall erfolgen muss (Anhang I, Allgemeine Grundsätze Nr. 2 und Ziffer 1.7.4. der Maschinen-RL), ergibt sich die Notwendigkeit zur Vorlage eines Sicherheitskonzeptes gerade aus der Gefährlichkeit der Totschlagsfallen für die Benutzer und Dritte. Dass die EU-Konformitätserklärung nicht nur vorliegen, sondern auch der Maschine beigefügt sein muss, ist eine Besonderheit der 9. ProdSV. Sie gilt nach § 3 Abs. 2 Nr. 5 der 9. ProdSV i.V.m. Anhang II Buchstabe A Maschinen-RL für „klassische“ Maschinen, die mit einer CE-Kennzeichnung in Verkehr gebracht werden müssen (vgl. Wende, in: Klindt, ProdSG, 3. Aufl. 2021, § 8, Rn. 30). Vor dem Hintergrund, dass die Vorlage der Unterlagen ohne umfangreiche weitere Veranlassung möglich war, ist sie der Klägerin auch zumutbar. Für die Vorlage dieser Unterlagen wurde ihr auch ein ausreichend langer Zeitraum zur Verfügung gestellt. |
|
| | cc) Ziffer 1 des Bescheids hat sich auch nicht gemäß § 43 Abs. 2 LVwVfG erledigt. Zwar ist die Frist für die Vorlage der Unterlagen zum 30.10.2020 inzwischen fruchtlos abgelaufen. Allerdings dient sie dazu, die Pflicht zur Vorlage der erforderlichen Unterlagen (§ 3 Abs. 2 der 9. ProdSV) durchzusetzen. Dieser Zweck besteht auch nach dem Fristablauf unverändert fort. |
|
| | dd) Die Ordnungsverfügung richtet sich nach § 27 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 2 Nr. 29 ProdSG gegen die Klägerin als die Wirtschaftsakteurin, die beabsichtigt, die Fallen auf den Markt zu bringen (vgl. auch VG Düsseldorf, Urteil vom 26.02.2019 - 3 K 9147/18 - juris, Rn. 48). |
|
| | 2. Ziffer 2 des angefochtenen Bescheids ist ebenfalls rechtmäßig, wonach die Bereitstellung der Tierfalle „X“ auf dem deutschen Markt untersagt wird, bis alle Mängel behoben sind und die unter Ziffer 1 genannten Unterlagen vorgelegt worden sind. |
|
| | a) Rechtsgrundlage ist § 26 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 2 ProdSG i.V.m. § 7 Abs. 1 der 9. ProdSV. Die Marktüberwachungsbehörden treffen danach die erforderlichen Maßnahmen, wenn sie den begründeten Verdacht haben, dass ein Produkt nicht die gesetzlichen Anforderungen erfüllt. Sie sind insbesondere befugt, Maßnahmen anzuordnen, die gewährleisten, dass ein Produkt erst dann auf dem Markt bereitgestellt wird, wenn es die Anforderungen nach § 3 Abs. 1 oder Abs. 2 ProdSG erfüllt, also insbesondere die Sicherheit und Gesundheit von Personen nicht gefährdet wird. |
|
| | b) Hinsichtlich der formellen Rechtmäßigkeit wird auf die obigen Ausführungen verwiesen. |
|
| | c) Die Anordnung unter Ziffer 2 ist auch in materiell-rechtlicher Hinsicht rechtmäßig. |
|
| | Nach § 3 Abs. 1 ProdSG darf ein Produkt, das – wie hier – einer Verordnung nach § 8 ProdSG (vorliegend der 9. ProdSV) unterliegt, nur auf dem Markt bereitgestellt werden, wenn es die darin vorgesehenen Anforderungen erfüllt (Nr. 1) und die Sicherheit und Gesundheit von Personen oder sonstigen in dieser Verordnung aufgeführten Rechtsgüter bei der bestimmungsgemäßen oder vorhersehbaren Verwendung nicht gefährdet (Nr. 2). Nach § 3 Abs. 1 der 9. ProdSV darf ein Hersteller Maschinen aber nur in den Verkehr bringen oder in Betrieb nehmen, wenn sie bei ordnungsgemäßer Installation und Wartung und bei bestimmungsgemäßer Verwendung oder vorhersehbarer Fehlanwendung die Sicherheit und die Gesundheit von Personen und die Sicherheit von Haustieren und Gütern und, soweit anwendbar, die Umwelt nicht gefährden (Nr. 1). Dabei muss der Hersteller vor dem Inverkehrbringen die unter § 3 Abs. 2 der 9. ProdSV aufgeführten Nachweise vorlegen. |
|
| | Die Klägerin hat die angeforderten Unterlagen – eine allgemeine Risikoabwägung, eine Betriebsanleitung und eine EG-Konformitätserklärung in deutscher Sprache – aber bislang nicht vorgelegt. Die Beklagte hat zutreffend darauf hingewiesen, dass ihr vor diesem Hintergrund kein Entschließungsermessen zugestand (vgl. Wortlaut des § 26 Abs. 2 Satz 1 ProdSG). Das ihr eingeräumte Ermessen hinsichtlich der Maßnahmen, um die Sicherheit von Personen, Haustieren und Gütern beim Inverkehrbringen des Produkts nicht zu gefährden (Auswahlermessen), hat sie fehlerfrei ausgeübt (§ 40 LVwVfG, § 114 VwGO). Ermessensfehler sind nicht ersichtlich. Die von der Beklagten gewählte temporäre Unterlassungsverfügung entspricht vielmehr dem Regelbeispiel des § 26 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 ProdSG, wonach Maßnahmen anzuordnen sind, die gewährleisten, dass ein Produkt erst dann auf dem Markt bereitgestellt wird, wenn es den Anforderungen des § 3 Abs. 1 oder Abs. 2 ProdSG genügt. Das an die Vorlage der unter Ziffer 1 des Bescheids verfügten Unterlagen gekoppelte – und damit aufschiebend bedingte (vgl. § 158 Abs. 1 BGB) – Inverkehrbringen der Fallen stellte für die Klägerin keine unzumutbare Belastung dar, weil sie von der zeitnahen Beibringung der Unterlagen abhängig gemacht worden ist, welche die Klägerin von Gesetzes wegen ohnehin zu beschaffen hat. |
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| | 3. Auch die unter Ziffer 3 des Bescheids erfolgte Zwangsgeldandrohung für den Fall, dass die Klägerin den Verpflichtungen unter Ziffer 1 und Ziffer 2 nicht oder nicht vollständig nachkommt, ist rechtmäßig. |
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| | a) Rechtsgrundlage für die Androhung des Zwangsgeldes ist § 23 i.V.m. §§ 1, 2 Nr. 2, 18, 19 Abs. 1 Nr. 1 und § 20 LVwVG. Nach § 18 i.V.m. § 1 LVwVG können Verwaltungsakte, die zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung verpflichten, mit Zwangsmitteln vollstreckt werden. |
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| | b) Die Androhung des Zwangsgeldes ist formell rechtmäßig. Das Regierungspräsidium T... ist als Behörde, die den Grundverwaltungsakt erlassen hat, auch die zuständige Vollstreckungsbehörde (§ 4 Abs. 1 LVwVG). Eine vorherige Anhörung der Klägerin war entbehrlich (§ 28 Abs. 2 Nr. 5 LVwVfG). Die Zwangsgeldandrohung erfolgte schriftlich (§ 20 Abs. 1 LVwVG) und konnte mit dem Grundverwaltungsakt verbunden werden (§ 20 Abs. 3 LVwVG). |
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| | c) Gegen die Zwangsgeldandrohung bestehen auch in materiell-rechtlicher Hinsicht keine Bedenken. |
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| | Gemäß § 2 Nr. 2 LVwVG können Verwaltungsakte vollstreckt werden, wenn – wie hier – die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs entfällt (vgl. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. VwGO i.V.m. § 12 LVwVG). Als Zwangsmittel nennt § 19 Abs. 1 Nr. 1 LVwVG u.a. das Zwangsgeld (§ 23 LVwVG). Die Androhung des Zwangsgeldes i.H.v. 500,- Euro hinsichtlich Ziffer 1 und i.H.v. 1000,- Euro hinsichtlich Ziffer 2 des angefochtenen Bescheids bezog sich jeweils auf bestimmte Zwangsmittel (§ 20 Abs. 3 Satz 1 LVwVG). Sie wurden jeweils in konkreter Höhe angedroht (§ 20 Abs. 4 LVwVG). Der Klägerin wurde für die Erfüllung der Verpflichtung unter Ziffer 1 des Bescheids eine angemessene Frist gesetzt. Die Fristbestimmung begegnet keinen rechtlichen Bedenken und war ausreichend lang bemessen, um der Klägerin die Vorlage der Unterlagen zu ermöglichen. Da Ziffer 2 auf eine Unterlassung zielte – nämlich es zu unterlassen, die Tierfallen vor der Vorlage der Unterlagen auf den Markt zu bringen – war keine Fristsetzung erforderlich (§ 20 Abs. 1 Satz 2 LVwVG). |
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| | Gegen die Auswahl des Zwangsgeldes als Zwangsmittel bestehen im Hinblick auf § 19 Abs. 2 LVwVG, wonach dasjenige Zwangsmittel anzuwenden ist, das den Pflichtigen und die Allgemeinheit am wenigsten beeinträchtigt, und im Hinblick auf § 19 Abs. 3 LVwVG, wonach Zwangsmittel in angemessenem Verhältnis zu ihrem Zweck anzuwenden sind, keine Bedenken. Ziffer 1, die die Klägerin zur Vorlage bestimmter Unterlagen, und Ziffer 2, die von ihr ein Unterlassen verlangte, sind nicht vertretbare Handlungen. Die Ersatzvornahme als Zwangsmittel gemäß § 25 LVwVG kam daher ohnehin nicht in Betracht. Die Höhe des jeweils auferlegten Zwangsgeldes ist verhältnismäßig. Insofern überwiegen die erheblichen Gefahren, die durch das Inverkehrbringen der Tierfallen ohne die erforderlichen Unterlagen entstehen können, gegenüber dem wirtschaftlichen Schaden, den die Klägerin dadurch erleidet, dass sie die Tierfallen nicht auf den Markt bringen kann. Ihr wirtschaftlicher Schaden kann insbesondere ggf. finanziell rückgängig gemacht werden, durch die Falsch- oder Fehlbenutzung der Fallen entstehende Verletzungen nicht. |
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| | 4. Auch gegen die unter Ziffer 4 des Bescheids festgesetzte Verwaltungsgebühr bestehen keine Bedenken. Gegen sie sind auch keine konkreten Einwände erhoben worden. |
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| | Die Gebühr beruht auf §§ 1, 4 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 LGebG i.V.m. § 1 und § 2 GebVO UM. Die Festsetzung der Gebühr folgt (hinsichtlich Ziffer 2 der Ordnungsverfügung) aus Nr. 9.1.1. des Gebührenverzeichnisses, wonach für Anordnungen nach § 26 Abs. 2 ProdSG eine Gebühr i.H.v. 200,- bis 5.000,- Euro erhoben werden kann. Die Festsetzung der Gebühr i.H.v. 340,- Euro bewegt sich im unteren Bereich des Gebührenrahmens der Ziffer 9.1.1. des Gebührenverzeichnisses (§ 12 Abs. 4 LGebG). Sie ist weder dem Grunde noch der konkreten Höhe nach zu beanstanden (§ 7 LGebG). |
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| | Für die in Ziffer 1 des Bescheids angeordnete Verpflichtung, bestimmte Unterlagen vorzulegen, ist gemäß § 52 Abs. 2 GKG der Regelstreitwert i.H.v. 5.000,- Euro anzusetzen (vgl. ähnlich VG Düsseldorf, Urteil vom 26.02.2019 - 3 K 9147/18 - juris, Rn. 61). Streitwerterhöhend wirkt sich die unter Ziffer 2 verfügte Untersagung des Inverkehrbringens der Fallen aus. Das wirtschaftliche Interesse der Klägerin ist anhand des Umsatzausfalls, der ihr durch die Befolgung der Untersagungsverfügung entstanden ist, zu bemessen (vgl. ähnlich VG Arnsberg, Beschluss vom 28.10.2016 - 1 L 1531/16 - juris, Rn. 41 sowie Ziffer 25.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2012/2013, Kopp/Schenke, VwGO, 25. Aufl. 2019, Anh. § 164, Rn. 14). Das Gericht legt für die 144 Fallen, die importiert werden sollen, einen für vergleichsweise Fallen anfallenden Stückpreis i.H.v. 50,- Euro zugrunde (insgesamt 7.200,00 Euro). Die unter Ziffer 3 der Ordnungsverfügung verfügte Zwangsgeldandrohung fällt nicht streitwerterhöhend ins Gewicht (vgl. Nr. 1.7.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2012/2013). |
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