Beschluss vom Verwaltungsgericht Göttingen (1. Kammer) - 1 B 231/15

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin begehrt die Sicherung ihres Bewerbungsverfahrensanspruchs.

2

Sie ist als Fernmeldeobersekretärin (Besoldungsgruppe A 7 BBesO) bei der H. n I. AG beschäftigt und gehört der Laufbahn des nichttechnischen Postverwaltungsdienstes an. Bis zum 28.11.2011 war sie zur Betreuung ihrer Kinder ohne Dienstbezüge beurlaubt. Im Zeitraum vom 29.11.2011 bis 30.06.2014 war ihr im Unternehmen H. I. R. S. GmbH (Q.) in Göttingen die höherwertige Tätigkeit einer „Sachbearbeiterin ORKA-Service“ zugewiesen. Die Funktion war mit der Stufe 3 bewertet. Dies entsprach der Besoldungsgruppe A 8. Seit dem 01.07.2014 nimmt die Antragstellerin bei der Q. die ebenfalls höherwertige Tätigkeit einer „Sachbearbeiterin Technische Kundenberatung“ wahr.

3

Die Aufgaben einer Sachbearbeiterin ORKA-Service waren für die Antragstellerin unstreitig laufbahnfremd. Sie sind dem mittleren posttechnischen Verwaltungsdienst zuzuordnen. Entsprechend war auf dem Dienstposten vor der Übernahme durch die Antragstellerin ein Fernmeldehandwerker (Beamter der technischen Postlaufbahn) eingesetzt.

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In der im August 2014 erstellten dienstlichen Beurteilung für den Zeitraum vom 01.06.2011 bis 31.10.2013 erzielte die Antragstellerin das Gesamtergebnis „Gut“ mit der Ausprägung „+“. Der Erstbeurteiler, Herr T., und die Zweitbeurteilerin, Frau U., stützen die Beurteilung dabei auf eine Stellungnahme der unmittelbaren Führungskraft, Herrn V., für den Zeitraum ab dem 29.11.2011. Gegen die dienstliche Beurteilung erhob die Antragstellerin am 08.07.2015 Widerspruch. Weder in der vorbereitenden Stellungnahme noch in der Beurteilung komme zum Ausdruck, dass sie eine laufbahnübergreifende und im Verhältnis zu ihrer Ausbildung fachfremde Tätigkeit ausgeübt habe. Über den Widerspruch ist noch nicht entschieden.

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Mit Schreiben vom 26.06.2015 teile die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, dass sie auf der Beförderungsliste „Q.“ nach A 8 aufgrund ihrer dienstlichen Beurteilung mit dem Ergebnis „Gut +“ geführt werde. Da den 17 freien Planstellen für eine Beförderung nach A 8 304 Beförderungsbewerber gegenüberstünden, reiche die Anzahl der zur Verfügung stehenden Beförderungsplanstellen nicht aus, um alle Beamten zu befördern. Es könnten nur solche Beamten befördert werden, die mit mindestens „Gut ++“ bewertet worden seien. Daher könne die Antragstellerin mit ihrem Beurteilungsergebnis nicht befördert werden.

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Der Beigeladene erzielte in der letzten Beurteilung das Gesamtergebnis „Gut ++“ und nimmt einen zur Beförderung führenden Ranglistenplatz ein.

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Gegen die Auswahlentscheidung hat die Antragstellerin am 13.07.2015 Widerspruch erhoben und um die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ersucht. Sie ist der Auffassung, die Auswahlentscheidung sei rechtswidrig, da ihre dienstliche Beurteilung wegen der fehlenden Berücksichtigung der laufbahnfremden Tätigkeit unrichtig sei. Zudem sei unklar, auf welcher Rechtsgrundlage dem Erstbeurteiler und der Zweitbeurteilerin die Befugnis zur Erstellung der Beurteilung übertragen worden sei.

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Die Antragstellerin beantragt,

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der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, die vorläufig freigehaltene und für den Beigeladenen vorgesehene Planstelle der Besoldungsgruppe A 8 in der Einheit „Q.“ mit dem Beigeladenen zu besetzen, bis über die Stellenbesetzung eine erneute Auswahlentscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts getroffen worden ist und zwei Wochen nach Bekanntgabe der neuen Auswahlentscheidung vergangen sind oder bis die an die Antragstellerin gerichtete Konkurrentenmitteilung vom 26.06.2015 bestandskräftig geworden ist.

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Die Antragsgegnerin beantragt,

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den Antrag abzulehnen.

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Sie trägt vor, der Bewerbervergleich werde zuvörderst anhand aktueller dienstlicher Beurteilungen vorgenommen. Der Erstbeurteiler und die Zweitbeurteilerin seien nach den Beurteilungsrichtlinien für die Erstellung der dienstlichen Beurteilung der Antragstellerin zuständig gewesen. Das Beurteilungsformular gewährleiste hinreichend, dass bei der Beurteilung der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung sowohl die Anforderungen des statusrechtlichen Amtes als auch die konkreten Tätigkeiten (Arbeitsposten) innerhalb des Beurteilungszeitraumes berücksichtigt würden. Es sei nicht ersichtlich, inwieweit dies bei der Antragstellerin nicht geschehen sein solle. Selbstverständlich hätten die Beurteiler die eingehende Stellungnahme des Herrn V. auch unter dem Blickwinkel geprüft, ob die Antragstellerin trotz des inne gehabten Statusamtes unter Umständen anderweitige Tätigkeiten, auch laufbahnfremde, wahrgenommen habe. Es sei nicht rechtsfehlerhaft, wenn weder die dienstliche Beurteilung noch der Beurteilungsbeitrag Hinweise auf eine evtl. bestehende Diskrepanz zwischen der konkret ausgeübten Tätigkeit und der Fachrichtung der jeweiligen Laufbahn des zu Beurteilenden enthielten.

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Der Beigeladene stellt keinen Antrag und äußert sich auch sonst nicht zur Sache.

14

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den beigezogenen Verwaltungsvorgang Bezug genommen.

II.

15

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat Erfolg. Die Antragstellerin hat glaubhaft gemacht, dass die Beförderung des Beigeladenen ihre subjektiven Rechte vereiteln könnte und eine Regelung nötig erscheint.

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1. Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Verwaltungsgericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung zur Abwehr wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Voraussetzung ist, dass der Antragsteller das Bestehen eines subjektiv-öffentlichen Rechts auf das begehrte Verwaltungshandeln (Anordnungsanspruch) und die Unzumutbarkeit glaubhaft gemacht hat, eine Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten (Anordnungsgrund; §§ 123 Abs. 3 VwGO, 920 Abs. 2, 294 ZPO).

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2. Ein Anordnungsgrund folgt bei Konkurrentenstreitverfahren regelmäßig - und auch hier - daraus, dass die Ernennung des Konkurrenten grundsätzlich unumkehrbar wäre.

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3. Die Antragstellerin hat auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht, denn die Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin trägt nicht dem in Art. 33 Abs. 2 des Grundgesetzes (GG) und § 9 des Bundesbeamtengesetzes (BBG) verankerten Leistungsprinzip und dem hieraus folgenden Grundsatz der Bestenauslese Rechnung und verletzt damit ihren Bewerbungsverfahrensanspruch.

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a) Beamtinnen und Beamte haben grundsätzlich weder einen Rechtsanspruch auf Übertragung eines höherwertigen Dienstpostens noch auf Beförderung, sondern nur ein aus Art. 33 Abs. 2 GG folgendes subjektiv-öffentliches Recht auf sachgerechte Auswahl, d.h. einen Anspruch auf rechtsfehlerfreie Entscheidung über die Bewerbung (sog. Bewerbungsverfahrensanspruch). Allerdings ist die der Beförderung vorangehende Auswahlentscheidung ein Akt wertender Erkenntnis, der nur in eingeschränktem Maße einer gerichtlichen Kontrolle unterliegt. Die verwaltungsgerichtliche Nachprüfung beschränkt sich dabei darauf, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat, ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften oder mit höherrangigem Recht vereinbare Richtlinien (Verwaltungsvorschriften) verstoßen hat (BVerwG, Urteil vom 16.08.2001 - 2 A 3.00 -, BVerwGE 115, 58; Nds. OVG, Beschluss vom 26.08.2003 - 5 ME 162/03 -, NVwZ-RR 2004, 197). Erweist sich anhand dieses Maßstabes die Auswahlentscheidung als fehlerhaft und lässt sich nicht ausschließen, dass der Antragsteller bei einer erneuten Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin ausgewählt werden wird (dazu: BVerfG, Beschluss vom 24.09.2002 - 2 BvR 857/02 -, NVwZ 2003, 200 f., juris; Nds. OVG, Beschluss vom 15.09.2010 - 5 ME 181/10 - und vom 04.11.2011 - 5 ME 319/11 -, jeweils juris), hat der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes Erfolg.

20

Entscheidungen über die Vergabe eines Amts im statusrechtlichen Sinne dürfen nur leistungsbezogene Gesichtspunkte zugrunde gelegt werden, die darüber Aufschluss geben, in welchem Maße die Bewerber den Anforderungen ihres Amts genügen und sich in einem höheren Amt voraussichtlich bewähren werden. Der für die Bewerber-auswahl maßgebende Leistungsvergleich ist anhand aktueller dienstlicher Beurteilungen vorzunehmen (Nds. OVG, Beschluss vom 15.09.2010 – 5 ME 181/10 –, juris; auch: BVerwG, Beschluss vom 20.06.2013 - 2 VR 1.13 -, BVerwGE 147, 20 = juris, Rn. 21). Erweist sich dabei eine dienstliche Beurteilung als rechtsfehlerhaft, hat dies regelmäßig auch die Rechtswidrigkeit der auf ihr beruhenden Auswahlentscheidung zur Folge. Dabei ist die dienstliche Beurteilung lediglich der gleichen eingeschränkten gerichtlichen Prüfung zugänglich wie die Auswahlentscheidung selbst (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 19.12.2002 - 2 C 31.01 - Buchholz 237.9 § 20 SaarLBG Nr. 2; BVerwG, Urteil vom 21.03.2007 - 2 C 2.06 - Buchholz 232.1 § 40 BLV Nr. 27; Nds. OVG, Urteil vom 09.02.2010 - 5 LB 497/07 -, juris, Rn. 24). Die Eignung aktueller Beurteilungen als Vergleichsgrundlage setzt voraus, dass sie inhaltlich aussagekräftig sind. Hierfür ist erforderlich, dass sie die dienstliche Tätigkeit im maßgebenden Beurteilungszeitraum vollständig erfassen, auf zuverlässige Erkenntnisquellen gestützt sind, das zu erwartende Leistungsvermögen in Bezug auf das angestrebte Amt auf der Grundlage der im innegehabten Amt erbrachten Leistungen hinreichend differenziert darstellen sowie auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhen (BVerwG, Beschluss vom 20.06.2013 - 2 VR 1.13 -, BVerwGE 147, 20 = juris, Rn. 21).

21

Eine rechtsfehlerfreie Beurteilung setzt somit voraus, dass der Beurteiler ausgehend von zutreffenden Tatsachen und Werturteilen nachvollziehbar darlegt, aus welchem Grunde der zu beurteilende Beamte das ihm durch die dienstliche Beurteilung erteilte Gesamturteil erhalten hat. Der Beurteilungsmaßstab ergibt sich aus dem Statusamt, das der zu beurteilende Beamte innehat; an dessen Anforderungen sind die auf dem konkreten Dienstposten erbrachten Leistungen zu messen. Nur eine dienstliche Beurteilung, die dies berücksichtigt, kann ihre Zweckbestimmung erfüllen, Grundlage für eine Bewerberauswahl bei einem höheren Statusamt zu sein (BVerwG, Beschluss vom 04.12.2013 - 2 B 61.12 - und - 2 A 735.11 -, Rn. 6 und Urteil vom 04.11.2010 - 2 C 16.09 -, Rn. 45, 46, jeweils juris). Hieraus folgt, dass bei der Beurteilung auch der Schwierigkeitsgrad zu berücksichtigen ist, der sich aus den mit dem übertragenen Dienstposten verbundenen Aufgaben ergibt. Deshalb ist insbesondere zu beachten, ob der beurteilte Beamte einen Dienstposten, der seinem Statusamt der Bewertung nach entspricht, oder einen höherwertigen Dienstposten wahrgenommen hat. Die Wahrnehmung eines höher bewerteten Dienstpostens gibt besonderen Anlass, ein abschließendes Werturteil auch im Hinblick auf diesen Gesichtspunkt plausibel zu machen (Nds. OVG, Beschluss vom 04.07.2012 - 5 ME 98/12 -, juris, Rn. 7 ff.). Weist ein Dienstposten Besonderheiten auf, die die typischerweise in der Vergleichsgruppe desselben Statusamts anzutreffenden Anforderungen übersteigen, ist dies bei der Leistungsbewertung zu berücksichtigen (BVerwG, Beschluss vom 20.06.2013 - 2 VR 1.13 -, BVerwGE 147, 20 = juris, Rn. 54).

22

b) Hieran gemessen erweist sich die von der Antragsgegnerin zugunsten des Beigeladenen getroffene Auswahlentscheidung aller Voraussicht nach als rechtswidrig, weil die dienstliche Beurteilung der Antragstellerin vom 08./12.08.2014 nicht plausibel ist.

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aa) Zum einen geht aus der Beurteilung nicht ausreichend hervor, in welcher Weise die Beurteiler die höherwertige Aufgabenwahrnehmung der Antragstellerin beim Gesamtergebnis berücksichtigt haben. Zwar haben die Beurteiler erkannt, dass die Antragstellerin Aufgaben des nächsthöheren Statusamtes wahrgenommen hat. Inwieweit dieser Umstand Eingang in die Leistungsbewertung gefunden hat, ist jedoch nicht nachvollziehbar. Wenn die Leistungen der Antragstellerin bei zwei von sechs Einzelmerkmalen („Allgemeine Befähigung“; „Soziale Kompetenzen“) neben der Bewertung „Gut“ (zweithöchste Notenstufe) als „vorbildlich“ beschrieben werden, liegt bereits darin eine Bewertung im zumindest nicht unteren Bereich der Notenstufe „Gut“. Insoweit heißt es bei den Einzelkriterien

24

„Allgemeine Befähigung: […] Sie vertritt ihren Arbeitsbereich (und die H. I.) als kompetenten, zuverlässigen Partner nach innen und außen“

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„Soziale Kompetenzen: […] Sie respektiert ihr soziales Umfeld und arbeitet vorbildlich im Team zusammen […]“

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und in der Gesamtbewertung:

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„[…] vertritt ihren Arbeitsbereich in vorbildlicher Art und Weise […]“, „[…] arbeitet vorbildlich im Team zusammen […]“.

28

Allein auf Grund der Einschätzung der Merkmale „Allgemeine Befähigung“ und „Soziale Kompetenzen“ könnte eine Gesamtbewertung der Notenstufe „Gut“ (hier dritthöchste Notenstufe), Ausprägung „+“ gerechtfertigt sein. Ob und inwieweit sich in diesem Gesamtergebnis die Wahrnehmung der um ein Statusamt höherwertigen Aufgaben widerspiegelt, ist nicht nachvollziehbar. In der Begründung des Gesamtergebnisses (Seite 4 der Beurteilung) ist nicht ausgeführt, ob und wie die Gesamtbewertung durch die Leistungen der Antragstellerin auf ihrem höherwertigen Dienstposten gemessen an den Anforderungen ihres Statusamts begründet ist. Stattdessen werden im Wesentlichen die Ausführungen zu den Einzelmerkmalen und diejenigen des Beurteilungsbeitrags wiederholt und umformuliert.

29

Auch ein pauschaler „Leistungszuschlag“ für die Wahrnehmung höherwertiger Aufgaben - etwa „Gut ++“ statt „Gut +“ - ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unzulässig. Denn dabei werde verkannt, dass die undifferenzierte Anknüpfung an die Einstufung eines Dienstpostens für sich genommen kein leistungs-bezogenes Auswahlkriterium darstelle. Die Einschätzung der erbrachten Leistungen gemessen an den Anforderungen des Dienstpostens könne nur durch den beurteilenden Vorgesetzten erfolgen; dieser müsse ihr durch eine entsprechende Bewertung der Aufgabenerfüllung auf dem Dienstposten Rechnung tragen. Unzulässig sei hingegen die pauschale Schlussfolgerung, dass der Inhaber eines höherwertigen Dienstpostens leistungsstärker sei als der Inhaber niedriger bewerteter Dienstposten (BVerwG, Be-schluss vom 25.09.2012 - 1 WB 41.11 -, Rn. 39 ff. mit Hinweis auf BVerwG, Beschluss vom 24.09.2008 - 2 B 117.07 - und Urteil vom 17.08.2005 - 2 C 37.04 -, jeweils juris).

30

bb) Darüber hinaus ist die Beurteilung inhaltlich nicht aussagekräftig, weil aus ihr nicht hervorgeht, dass die Antragstellerin im Beurteilungszeitraum - unstreitig - laufbahnfremde Aufgaben wahrgenommen hat. Sie gehört der Laufbahn des nichttechnischen Postverwaltungsdienstes (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 1 Postlaufbahnverordnung - PostLV - i.V.m. § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 4 Postpersonalrechtsgesetz - PostPersRG -) an, während die ihr im Beurteilungszeitraum zugewiesenen Aufgaben der Laufbahn des  technischen Postverwaltungsdienstes (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. PostLV) zuzuordnen sind.

31

Da der Inhalt dienstlicher Beurteilungen auf das Statusamt bezogen ist und Beurteilungen eine Aussage dazu treffen, ob und in welchem Maße der Beamte den Anforderungen gewachsen ist, die mit den Aufgaben seines Amts und dessen Laufbahn verbunden sind (BVerwG, Beschluss vom 20.06.2013 - 2 VR 1.13 -, BVerwGE 147, 20 = juris, Rn. 18, 22; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24.10.2013 - 6 B 983/13 -, juris, Rn. 7 f.), muss in der Beurteilung naturgemäß erwähnt und berücksichtigt werden, wenn der Beamte laufbahnfremde Tätigkeiten wahrnimmt.

32

Die Zuweisung laufbahnfremder Aufgaben in einem mehr als unerheblichen Umfang berührt das Amt im statusrechtlichen Sinne. Denn das statusrechtliche Amt wird nicht nur durch das Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe und die dem Beamten verliehene Amtsbezeichnung gekennzeichnet, sondern auch durch die Zugehörigkeit zu einer Laufbahn und Laufbahngruppe (VG Aachen, Urteil vom 20.02.2014 - 1 K 1813/11 -, juris, Rn. 59 f. m.w.N.).

33

Die Behauptung der Antragsgegnerin, die Beurteiler hätten den Beurteilungsbeitrag auch unter dem Blickwinkel geprüft, ob die Antragstellerin andere - auch laufbahnfremde Tätigkeiten wahrgenommen habe - vermag nicht zu überzeugen. Denn es muss in der Beurteilung selbst dokumentiert werden, wenn ein Beamter laufbahnfremde Tätigkeiten wahrgenommen hat und wie dieser Umstand im Gesamturteil berücksichtigt wurde.

34

c) Die Kammer lässt offen, ob die Auswahlentscheidung auch deshalb rechtswidrig ist, weil die dienstliche Beurteilung der Antragstellerin nicht mehr hinreichend aktuell ist (dazu: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30.09.2015 - 6 B 1012/15 -, juris, Rn. 12 f.; BVerwG, Urteil vom 30.06.2011 - 2 C 19.10 -, BVerwGE 140, 83 = juris, Rn. 23). Da die Beurteilung der Antragstellerin aus vorstehenden Gründen rechtswidrig ist, sind auch ihre weiteren Einwendungen nicht (mehr) entscheidungserheblich.

35

d) Wird die Wahrnehmung höherwertiger und laufbahnfremder Aufgaben durch die Antragstellerin berücksichtigt, so ist möglich, dass sie bei einer neuen Beurteilung das Gesamtergebnis „Gut ++“ erzielt. Hieraus ergibt sich zugleich, dass sich nicht ausschließen lässt, dass sie nach Neubeurteilung im Beförderungsverfahren zum Zug kommt. Im Hinblick auf den dem Dienstherrn bei der Auswahlentscheidung zustehenden Beurteilungs- und Ermessensspielraum ist es nicht Aufgabe des Gerichts, den besser geeigneten Bewerber zu bestimmen und eine eigene Prognose der Erfolgsaussichten der Bewerbung vorzunehmen (st. Rspr., vgl. BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 24.09.2002 - 2 BvR 857/02 -, NVwZ 2003, 200 = juris, Rn. 16).

36

4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 und 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenden sind nicht erstattungsfähig, weil er keinen Antrag gestellt und damit kein Kostenrisiko übernommen hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).

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5. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1, Satz 2-4 GKG. Danach ist für ein Hauptsacheverfahren die Summe der für sechs Monate zu zahlenden Bezüge nach Besoldungsgruppe A 8 (bezogen auf den Zeitpunkt der Antragstellung: 3.097,80 Euro) zugrunde zu legen (6 x 3.097,80 Euro = 18.586,80 Euro). Eine Reduzierung dieses Werts im Hinblick auf den vorläufigen Charakter des Eilrechtsschutzverfahrens erfolgt nicht, da dieses Verfahren in Konkurrentenstreitverfahren die Funktion des Hauptsachverfahrens übernimmt (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 16.05.2013 - 5 ME 92/13 -, juris, Rn. 29).

 


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