Urteil vom Verwaltungsgericht Greifswald (3. Kammer) - 3 A 249/15 HGW
Tenor
1. Der Bescheid des Beklagten vom 2. Dezember 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides 6. März 2015 und der Bescheid des Beklagten vom 2. Dezember 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. März 2015 werden aufgehoben.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Kläger Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten um die Heranziehung der Kläger zu einem Straßenausbaubeitrag.
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Die Kläger sind Eigentümer der beiden Grundstücke auf den Flurstücken G1 und G2 in D.. Die Grundstücke liegen an der auf einer Länge von etwa 385 m verlaufenden D.-Straße an.
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Der Beklagte baute die ursprünglich aus einer Betonsteinplattenbefestigung bestehende Straße aus. Die Straße erhielt einen 50 cm straken frostsicheren Unterbau und eine Fahrbahnentwässerung in Gestalt einer an die Regenwasserleitung angeschlossenen Sickerdrainage. Die Fahrbahn wurde auf einer Breite von etwa 3,50 m mit Betonsteinpflaster befestigt. Des Weiteren wurde ein etwa 1,20 m breiter Gehweg angelegt. Zudem wurde die Straßenbeleuchtung durch Einbau neuer Straßenlaternen erneuert.
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Mit den Bescheiden vom 2. Dezember 2014 zog der Beklagte die Kläger zur Zahlung eines Straßenausbaubeitrages für die Herstellung und Verbesserung der Fahrbahn, des Gehweges, der Beleuchtung und der Oberflächenentwässerung der D.-Straße D. zwischen der Kreisstraße und dem ländlichen Weg in Höhe von 1.924,72 Euro für das Grundstück G1 und in Höhe von 391,78 Euro für das Grundstück G2 heran. Der Beklagte ordnete die D.-Straße als Haupterschließungsstraße mit einem Anteil der Beitragspflichtigen am beitragsfähigen Aufwand von 30 vom Hundert für die Fahrbahn, 50 vom Hundert für den Gehweg, 30 vom Hundert für die Oberflächenentwässerung und 30 vom Hundert für die Straßenbeleuchtung ein. Der Beklagte ging daher von einem umlagefähigen Kostenaufwand von insgesamt 47.672,21 Euro und einem Abrechnungsgebiet mit der Ausdehnung von 36.262,82 m2 aus. Wobei sich ein Beitragssatz von 1,3147 Euro/m2 bei einer für die Grundstücke der Kläger zu berücksichtigenden Grundstücksfläche von 1.464 m2 für das Grundstück G1und von 298 m2 für das Grundstück G2 ergab.
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Den gegen die Beitragsbescheide vom 2. Dezember 2014 gerichteten Widerspruch der Kläger vom 9. Dezember 2014 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 6. März 2015 zurück.
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Am 18. März 2015 haben die Kläger Anfechtungsklage erhoben. Die Kläger sind der Auffassung, die angefochtenen Beitragsbescheide seien rechtswidrig und deshalb aufzuheben. Der Beitragsanspruch des Beklagten sei bereits verjährt, da die Baumaßnahme schon mit der Abnahme am 20. November 2008 abgeschlossen worden und die vierjährige Festsetzungsfrist bei Erlass der Beitragsbescheide damit abgelaufen gewesen sei. Außerdem sei die Ermittlung des Beitrages insoweit unzutreffend erfolgt, als dass die Kosten für 20 Straßenlaternen in Ansatz gebracht worden seien, obwohl an der ausgebauten D.-Straße selbst nur neun Straßenleuchten aufgestellt worden seien. Zudem liege eine Zusicherung des Beklagten in Gestalt eines Ergebnisprotokolls zu einer Einwohnerversammlung am 17. August 2008 (richtig wohl 17. September 2008) vor, aus dem hervorgehe, dass der Beitragssatz je Quadratmeter anzurechnende Grundstücksfläche nicht mehr als 0,60 Euro betragen werde. Die Einordnung der D.-Straße als Haupterschließungsstraße sei ebenfalls fehlerhaft. Stattdessen stelle die Straße eine Hauptverkehrsstraße dar, da sie von Berufspendlern genutzt werde, um die Hansestadt A-Stadt zu umfahren, und ein erheblicher Teil des landwirtschaftlichen Verkehrs über sie abgewickelt werde. Schließlich handele es sich bei dem Grundstück auf dem Flurstück G1 um ein Eckgrundstück, da zwischen diesem und dem Grundstück G3 ein Weg entlang führe. Es seien daher für das Grundstück nur 2/3 des eigentlichen Beitrages zu erheben.
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Die Kläger beantragen,
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den Bescheid des Beklagten vom 2. Dezember 2014 und den Bescheid des Beklagten vom 2 Dezember 2014 jeweils in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. März 2015 aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig. Der Beitragsanspruch sei bei Erlass des Beitragsbescheides noch nicht verjährt gewesen, da die Festsetzungsverjährungsfrist erst am 31. Dezember 2015 abgelaufen sei, da erst mit Eingang eines Schreibens des Abwasserzweckverbandes A-Stadt - ... vom 18. April 2011, die Kosten der Maßnahme hätten ermittelt werden können. Auch die in Ansatz gebrachten Kosten seien gerechtfertigt. Die von den Klägern angeführte Zusicherung liege nicht vor. Zudem sei die D.-Straße im Hinblick auf die Rechtsprechung des OVG Greifswald nur als Haupterschließungs- und nicht als Hauptverkehrsstraße einzuordnen. Eine Eckgrundstücksvergünstigung sei nicht zu gewähren, da der an dem Grundstück vorbeiführende Weg nicht zum Anbau bestimmt sei.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen und die bei dem Beklagten entstandenen Verwaltungsvorgänge, die dem Gericht vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidungsfindung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
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Das Gericht kann den Rechtsstreit durch den Berichterstatter anstelle der Kammer, § 87a Abs. 2 und 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), und ohne mündliche Verhandlung, § 101 Abs. 2 VwGO, entscheiden, da die Beteiligten hierzu mit Schriftsätzen vom 26. Juli 2016 und 27. Juli 2016 ihr Einverständnis erteilt haben.
II.
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Die zulässige - insbesondere form- und fristgerecht erhobene - Klage ist begründet.
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Die angefochtenen Beitragsbescheide des Beklagten vom 2. Dezember 2014 sind in der Gestalt, die sie durch den Widerspruchsbescheid vom 6. März 2015 gefunden haben, rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
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1. Den angefochtenen Bescheiden fehlt es schon an der nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Kommunalabgabengesetz (KAG M-V) erforderlichen satzungsmäßigen Ermächtigungsgrundlage.
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Die vom Beklagten bei Erlass der Beitragsbescheide herangezogene „Satzung über die Erhebung von Beiträgen nach § 8 des Kommunalabgabengesetzes (KAG) für das Land Mecklenburg-Vorpommern für straßenbauliche Maßnahmen der Hansestadt A-Stadt vom 11.06.1997“ in der Fassung der vierten Änderungssatzung vom 23. März 2011 (Straßenausbaubeitragssatzung - SABS) ist nichtig.
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a) Die in § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SABS getroffene Regelung über die Verteilung des Vorteils zwischen der Hansestadt A-Stadt und den Beitragspflichtigen ist vorteilswidrig und rechtswidrig. Dies führt zur Nichtigkeit der Straßenausbaubeitragssatzung.
- 19
Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 KAG M-V sind Beiträge, die als Gegenleistung dafür erhoben werden, dass den Beitragspflichtigen durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Einrichtungen Vorteile geboten werden, nach den Vorteilen zu bemessen. Das damit zum Ausdruck gebrachte Vorteilsprinzip gilt indessen nicht nur für die Verteilung des beitragsfähigen Aufwandes auf den Kreis Beitragspflichtigen, sondern gleichermaßen für die Verteilung des Aufwandes zwischen der beitragsberechtigten Gemeinde und den Beitragspflichtigen (vgl. jeweils m.w.N. VG Greifswald, Urt. v. 13.02.2012 - 3 A 1017/10 -, juris Rn. 16; OVG Weimar, Urt. v. 26.06.2013 - 4 KO 583/08 -, juris Rn. 53; Driehaus in: ders., Kommunalabgabenrecht - Band 2, § 8 Rn. 364, Stand 09/2012). Der Landesgesetzgeber hat mit § 8 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V lediglich vorgesehen, dass die Gemeinden mindestens 10 vom Hundert des Aufwandes zu tragen haben. Dass der Landesgesetzgeber damit keine fixe Regelung des Gemeindeanteils bewirken wollte, sondern die Festlegung des von der Gemeinde zu tragenden Anteils am Aufwand in deren Regelungsermessen stellen wollte, ergibt sich unschwer aus dem Wortlaut des § 8 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V, der von einem Gemeindeanteil von mindestens 10 vom Hundert spricht. Bei der Bemessung des von ihr zu tragenden Anteils am Aufwand ist die Gemeinde indessen nicht frei. Sie hat bei Ausübung ihres Regelungsermessens vielmehr zu berücksichtigen, dass der Gemeindeanteil dem Vorteil entsprechen muss, der der Allgemeinheit, deren Repräsentantin die Gemeinde ist, im Verhältnis zur Gruppe der Grundstückseigentümer durch die Inanspruchnahmemöglichkeit der ausgebauten Anlage geboten wird (vgl. OVG Weimar a.a.O. sowie OVG Magdeburg, Beschl. v. 08.12.2009 - 4 L 159/09 -, juris Rn. 4). Wegen des damit verbundenen unterschiedlichen Vorteils für die beiden aufwandsbelasteten Gruppen hat die Gemeinde bei der Festsetzung des Gemeindeanteils sowohl hinsichtlich der Verkehrsbedeutung der Anlage als auch hinsichtlich der einzelnen Teileinrichtung zu differenzieren (vgl. OVG Weimar, a.a.O.; Driehaus, a.a.O. Rn. 368). So vermittelt etwa eine Anliegerstraße, auf der kein oder nur wenig Durchgangsverkehr stattfindet, den Grundstückseigentümern im Vergleich zur Allgemeinheit einen größeren Vorteil als eine Hauptverkehrsstraße, die zu einem nicht nur unerheblichen Teil der Bewältigung von Durchgangsverkehr dient. Dem hat die Gemeinde mit der Festsetzung vorteilsgerechter Verteilungssätze Rechnung zu tragen.
- 20
Daran fehlt es hier. Für den hier betroffenen Fall einer Haupterschließungsstraße, die gemäß § 3 Abs. 4 Satz 1 lit. b) SABS als Straße, die der Erschließung von Grundstücken und gleichzeitig dem Verkehr innerhalb von Baugebieten oder innerhalb von im Zusammenhang bebauten Ortsteilen dienen, soweit sie nicht Hauptverkehrsstraßen sind, legaldefiniert ist, hat die Hansestadt A-Stadt in § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SABS einen Anteil der Beitragspflichtigen am Aufwand für die Fahrbahn, Radwege sowie Beleuchtung und Straßenentwässerung von 30 vom Hundert und für Parkstreifen und Gehwege von 50 vom Hundert festgesetzt. Das Gericht versteht die Definition der Haupterschließungsstraße - nicht zuletzt im Hinblick auf den Wortlaut der Vorschrift - dahin, dass diese lediglich dem Verkehr innerhalb desselben Baugebietes oder desselben im Zusammenhang bebauten Ortsteils dienen, was sich auch aus der notwendigen Abgrenzung zu Hauptverkehrsstraßen im Sinne von § 3 Abs. 4 Satz 1 lit. c) SABS, die ihrerseits auch dem innerörtlichen Verkehr dienen, ergibt. Straßen dieser Kategorie dienen danach vorrangig, wenn nicht sogar ausschließlich, der Bewältigung des Verkehrs, der durch die angrenzenden oder in näherer Umgebung befindlichen Grundstücke verursacht wird. Zwar differenziert die Hansestadt A-Stadt bei der Festsetzung des Gemeindeanteils insoweit nach einzelnen Teileinrichtungen, jedoch genügt sie gleichwohl nicht den oben dargestellten Maßgaben. Die Festsetzung eines Anliegeranteils von nur 30 vom Hundert (mithin eines Gemeindeanteils von 70 vom Hundert) für die Teileinrichtung Fahrbahn bildet die nach der Definition der Haupterschließungsstraße bestehende (weit) überwiegende Nutzung der Straße durch Anlieger nicht hinreichend in der Vorteilsverteilung ab. Soweit die Hansestadt A-Stadt für die Teileinrichtungen Parkstreifen und Gehwege einen Anliegeranteil von 50 vom Hundert festsetzt ist dies ebenso wenig vorteilsgerecht. Die Gemeinde lässt damit unberücksichtigt, dass Fußgängerverkehr überwiegend im Nahbereich stattfindet. Das erkennende Gericht hat bereits entschieden (vgl. VG Greifswald, a.a.O.), dass selbst in Fällen von Hauptverkehrsstraßen, die zusätzlich von inner- und überörtlichem Durchgangsverkehr geprägt sind, ein gleichgroßer Anlieger- und Gemeindeanteil für die Teileinrichtung Gehweg vorteilswidrig ist, dies muss daher erst recht für eine - annähernd ausschließlich - von Anliegerverkehr geprägte Haupterschließungsstraße gelten.
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In diesem Zusammenhang sei noch darauf hingewiesen, dass mit der vorteilswidrig zu niedrig erfolgten Festsetzung des Anliegeranteils für Haupterschließungsstraßen sich die Festsetzung eines Anliegeranteils von 50 vom Hundert für Anliegerstraßen sowie 10 vom Hundert für Hauptverkehrsstraßen für die Teileinrichtung Fahrbahn ebenso wie die Festsetzung eines Anliegeranteils von 60 vom Hundert für Anliegerstraßen und 50 vom Hundert für Hauptverkehrsstraßen für die Teileinrichtung Gehweg als vorteilswidrig erweist, da die festgesetzten Anliegeranteile vorteilsgerecht aufeinander abgestimmt sein müssen und sich in das System der für die anderen Straßenarten und Teileinrichten gewählten Anteilssätze einfügen müssen (vgl. m.w.N. Driehaus, a.a.O. Rn. 369a).
- 22
Dieser Fehler allein führt zur Nichtigkeit der Satzung (vgl. m.w.N. VG Greifswald a.a.O.).
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b) Ohne dass es für die Entscheidung des vorliegenden Falles noch darauf ankäme, weist das Gericht darauf hin, dass die vom Beklagten herangezogene Straßenausbaubeitragssatzung noch weitere Rechtsfehler aufweist. Ob diese unter Berücksichtigung des Grundsatzes der regionalen Teilbarkeit (vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 26.02.2004 - 1 M 242/03 -, juris Rn. 46) für sich genommen im hiesigen Fall ebenso zur Nichtigkeit der Straßenausbaubeitragssatzung führen, bedarf hier keiner Entscheidung.
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aa) Jedenfalls rechtsfehlerhaft ist die Bestimmung über den Kreis der Beitragsschuldner in § 5 Abs. 4 SABS, wonach in Fällen des § 286 Zivilgesetzbuches der DDR (ZGB-DDR) beitragspflichtig der Gebäudeeigentümer ist. Die Vorschrift entspricht nicht mehr den Vorgaben des § 7 Abs. 2 KAG M-V. Nach § 7 Abs. 2 Satz 4 KAG M-V sind nämlich die Inhaber eines dinglichen Nutzungsrechts im Sinne von Art. 233 § 4 EGBGB anstelle des Grundstückseigentümers beitragspflichtig. Soweit die Vorschrift des § 5 Abs. 4 SABS die abweichende Beitragspflicht nur für Fälle des § 286 ZGB-DDR anordnet, deckt sie den Anwendungsbereich des Art. 233 § 4 EGBG nicht vollständig ab, da dieser nach dessen Abs. 7 auch andere als die in § 286 ZGB-DDR genannten Nutzungsrechte erfasst. Es fehlt mithin an einer abschließenden Bestimmung des Kreises der Abgabenschuldner im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V.
- 25
bb) Allein auf Grund des Alters der Straßenausbaubeitragssatzung und des Umstandes, dass die letzte Änderung der Satzung im Jahr 2011 nur andere Regelungsgegenstände betraf, bestehen Zweifel daran, ob die Vorschrift über die Tiefenbegrenzung in § 4 (A) Abs. 2 Nr. 2 SABS noch den von der neueren Rechtsprechung des OVG Greifswald (vgl. Urt. v. 14.09.2010 - 4 K 12/07 -, juris Rn. 72 ff.) entwickelten Anforderungen genügt.
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cc) Die Vorschrift über den nutzungsbezogenen Artzuschlag in § 4 (C) Abs. 2 SABS erweist sich zumindest dann ebenfalls als rechtsfehlerhaft, wenn sie in ihrer zweiten Variante (unbeplantes Gebiet) dahin zu verstehen sein soll, dass es sich um ein zwar unbeplantes aber gleichwohl faktisch bestehendes Bebauungsgebiet im Sinne der Baunutzungsverordnung (BauNVO) handeln muss. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Gerichts (vgl. VG Greifswald, Beschl. v. 28.08.2015 - 3 B 522/15, juris Rn. 15 sowie Urt. v. 15.10.2015 - 3 A 409/13 -, juris Rn. 23 f.) ist es weder mit dem Vorteilsprinzip des § 7 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V noch mit dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Grundgesetz (GG) zu vereinbaren, wenn die Entstehung des nutzungsbezogenen Artzuschlages davon abhängt, dass die gewerblich oder gewerbeähnlich genutzten Grundstücke in einem der in der Baunutzungsverordnung (vgl. §§ 2 ff. BauNVO) genannten faktischen (vgl. § 34 Abs. 2 Baugesetzbuch - BauGB) oder durch Bebauungsplan festgesetzten Baugebiete liegen.
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dd) Obgleich dies nicht zur Gesamtnichtigkeit der Satzung führen würde, bestehen Bedenken auch gegen die Rechtmäßigkeit der Eckgrundstücksvergünstigung in § 3 Abs. 8 SABS. Soweit die Vorschrift das Eingreifen der Vergünstigung auf Grundstücke in Wohngebieten im Sinne von §§ 2 bis 5 und 10 BauNVO sowie Wohngrundstücke in Gebieten nach § 6 BauNVO beschränkt, ist sie mit dem Grundsatz der Abgabengerechtigkeit nicht zu vereinbaren (vgl. VG Greifswald, Urt. v. 15.10.2015 - 3 A 409/13 -, juris Rn. 27). Denn sie ist nicht so auszulegen, dass ihr Anwendungsbereich auch tatsächlich bestehende Wohngebiete im Sinne von § 34 Abs. 2 BauGB erfassen soll. Daraus folgt, dass mehrfach erschlossene Grundstücke in faktischen Wohngebieten oder im unbeplanten Innenbereich im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB nach dem Willen des Ortsgesetzgebers nicht in den Genuss der Vergünstigung kommen sollen. Ein sachlicher Grund für diese Differenzierung ist aber nicht ersichtlich.
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2. Nach alledem bedarf die Rechtsanwendung durch den Beklagten an sich keiner Erörterung mehr, da allein die Nichtigkeit der zu Grunde gelegten Satzung zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führt.
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Nichtsdestotrotz weist das Gericht für den Fall einer neuerlichen Beitragserhebung auf Folgendes hin:
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Die von den Beteiligten aufgeworfene Frage der Verjährung des Beitragsanspruches stellt sich nicht mehr, da die vierjährige Festsetzungsverjährungsfrist erst mit Ablauf des Jahres zu laufen beginnt, in dem der Beitragsanspruch entstanden ist (§ 12 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 KAG M-V i.V.m. § 170 Abs. 1 Abgabenordnung - AO). Weil der Beitragsanspruch erst mit Vorliegen einer wirksamen Straßenausbaubeitragssatzung entsteht (vgl. m.w.N. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Auflage 2012, § 37 Rn. 10), es an einer solchen aber bisher fehlt, ist der Beitragsanspruch des Beklagten noch nicht entstanden und in der Folge noch nicht verjährt.
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Der Annahme einer wirksamen Zusicherung dahingehend, dass der Beitragssatz für die hier betroffene Ausbaumaßnahme nicht mehr als 0,60 Euro/m2 betragen werde, steht entgegen, dass die auf die Erhebung von Kommunalabgaben gemäß § 12 Abs. 1 KAG M-V anzuwendende Abgabenordnung das Institut der Zusicherung nicht kennt (vgl. VG Greifswald, Urt. v. 28.03.2002 - 3 A 2363/97 -, juris Rn. 36). Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, dass seitens der Hansestadt A-Stadt bei Ausfertigung des Ergebnisprotokolls zu der Einwohnerversammlung vom 17. September 2008 (Bl. 112 VV) der für die Bewirkung des mit der sogenannten Zusicherung verbundenen teilweisen Beitragsverzichts erforderliche Verzichtswille vorgelegen hat.
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Hinsichtlich des Einwands der Kläger, der Beklagte habe statt der angedachten 20 Straßenleuchten nur neun errichtet, lässt sich den Verwaltungsvorgängen nicht entnehmen, dass der Beklagte auch den Aufwand für mehr als diese in Ansatz gebracht hat. Der Beklagte wird aber im Falle einer neuerlichen Beitragserhebung zu berücksichtigen haben, dass im Rahmen der Beitragserhebung nur der Aufwand in Ansatz zu bringen ist, der auf die abgerechnete Anlage entfallen ist.
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Soweit der Kläger schließlich der Auffassung ist, die D.-Straße sei als Hauptverkehrsstraße einzuordnen, ist dem entgegenzuhalten, dass die D.-Straße mit einer Ausbaubreite (Fahrbahn) von nur 3,50 m nicht einmal den vom OVG Greifswald (vgl. Beschl. v. 09.07.2007 - 1 M 40/07 -, juris Rn. 15) entwickelten Anforderungen an eine Innerortsstraße genügt, sodass sie erst recht keine Hauptverkehrsstraße sein kann.
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Auf die Gewährung einer Eckgrundstücksvergünstigung haben die Kläger jedenfalls derzeit keinen Anspruch, da die maßgebliche Satzungsnorm, wie bereits dargelegt, nichtig ist. Ergänzend sei aber darauf hingewiesen, dass es im Straßenausbaubeitragsrecht, anders als der Beklagte im Schriftsatz vom 29. Juni 2015 zu erkennen gegeben hat, nicht auf das erschließungsbeitragsrechtliche Merkmal der Bestimmung des Weges zum Anbau ankommt, sondern vielmehr darauf abzustellen ist, ob es sich bei dem Weg um eine im straßenausbaubeitragsrechtlichen Sinne beitragsfähige Anlage handelt (vgl. VG Greifswald, Urt. v. 15.10. 2015 - 3 A 409/13 -, juris Rn. 48), da einzig dies dem Sinn und Zweck der Vergünstigungsvorschrift, den Grundstückseigentümer von einer doppelten Heranziehung zumindest teilweise zu entlasten, entspricht. Dem Zweck der Vorschrift kann nur genügt werden, wenn es sich bei der zweiten Anlage, hier also dem Weg, um eine solche handelt, die nach den straßenausbaubeitragsrechtlichen Maßstäben beitragsfähig ist. Dies wird der Beklagte im Falle einer neuerlichen Beitragserhebung ebenfalls zu berücksichtigen haben.
II.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Nebenentscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO). Gründe, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, § 124a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 VwGO, sind nicht ersichtlich.
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